Von A wie Angst bis Z wie Zwang - Ladina Bosshard - E-Book

Von A wie Angst bis Z wie Zwang E-Book

Ladina Bosshard

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Beschreibung

«Liebe Angststörung, du kannst mich ausbremsen, aber du bringst mich nicht zum Stillstand.» Als Ladina 15 Jahre alt war, wurde ihr von ihrem Kinderarzt geraten, eine Psychotherapie zu beginnen. Das war der Startschuss für jahrelange Therapien, sowohl ambulant als auch (teil-) stationär. Während dieser Zeit kämpfte sie gegen ihre Angst- und Zwangserkrankungen. Lange hat sie sich für ihre Erkrankungen geschämt und sie versteckt. Doch nun hat sie beschlossen, nicht länger zu schweigen, sondern ihre Geschichte mit anderen Menschen zu teilen. In ihrem Buch erzählt sie nicht nur ihre Geschichte, sondern sie teilt mit ihren Lesern auch ihre Gedanken und Gefühle aus ihrem Heilungsprozess und gibt Tipps, was ihr beim Gesundwerden geholfen hat und noch immer hilft.

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Über die Autorin

Ladina Bosshard wurde im Jahr 2000 geboren und ist seit Kindesalter eine begeisterte Leserin. Nun hat sie sich dazu entschlossen, selbst den Stift in die Hand zu nehmen und ihre Geschichte niederzuschreiben. Ihre Liebe zur Literatur lebt sie aktuell in ihrem Germanistik- und Romanistikstudium aus. Wenn sie nicht gerade liest oder schreibt, dann ist sie leidenschaftliche Tänzerin. «Von A wie Angst bis Z wie Zwang» ist ihr bisher grösstes Projekt.

«Was vergangen ist, ist vergangen, und du weißt nicht, was die Zukunft dir bringen mag. Aber das Hier und Jetzt, das gehört dir.»

DER KLEINE PRINZ

Schwebende Schatten

Licht aus – Gedanken an.

Mein Körper ist müde,

Mein Geist ist hellwach.

Schatten erscheinen.

Nacht für Nacht.

Die Schatten schweben

Im scheinbar stillen Raum.

Keiner sieht sie.

Keiner spürt sie.

Nur ich muss sie ertragen.

Nacht für Nacht.

Sie umschlingen mich,

Ziehen mich in ihre Spirale.

Erdrücken mich.

Rauben mir den Atem.

Bis ich glaube zu ersticken.

Nacht für Nacht.

Nur ich alleine

Mit Schatten und Scherben.

Mit unerträglicher Stille

Und noch schlimmerem Lärm.

Nur ich und meine Sorgen.

Nacht für Nacht.

Licht an – Gedanken aus.

Mein Geist ist müde,

Mein Körper ist hellwach.

Die Schatten sie bleiben.

Tag für Tag.

INHALT

Vorwort

Meine Motivation – Wozu dieses Buch?

Teil 1: Meine Geschichte

Teil 2: Hypochondrie

Die hypochondrische Störung im ICD-10

Meine Hypochondrie

Tipps bei Hypochondrie

Teil 3: Zwangsstörung

Die Zwangsstörung im ICD-10

Meine Zwangsstörung

Tipps bei Zwangsstörung

Teil 4: Panikstörung

Die Panikstörung im ICD-10

Meine Panikstörung

Tipps bei Panikstörung

Teil 5: Generalisierte Angststörung

Die generalisierte Angststörung im ICD-10

Meine Angststörung

Tipps bei Angststörung

Teil 6: Das Auf und Ab des Gesundwerdens

Nachwort

Danksagung

Meine Buchtipps zum Thema psychische Erkrankungen

Anmerkungen und Quellen

VORWORT

Liebe*r Leser*in,

ich kann es kaum glauben, dass ich diese Worte gerade getippt habe. In diesem Buch nehme ich dich auf meinem Heilungsprozess von verschiedenen psychischen Erkrankungen mit. Als Grundlage dazu dienen Gedichte und Texte aus meinen Tagebüchern und Mails an meine Therapeutinnen. Texte mitten aus meinem Leben. In diesen Texten stecken so unglaublich viele Gedanken und Gefühle, die einen tiefen Einblick in meine Seele geben. Ich mache mich sehr verletzlich, indem ich all das mit anderen Menschen teile. Lange habe ich überlegt, ob ich diesen Schritt wagen soll. Aber ich habe mich dafür entschieden, und zwar aus einem ganz wichtigen Grund: Ich will dir da draussen zeigen, dass du nicht allein bist. Ich bin keine Psychologin, keine Ärztin, und schon gar keine Therapeutin. Aber wenn ich sage, dass ich weiss, wie hart der Kampf gegen psychische Krankheiten ist, sowohl aufgrund deren Symptome als auch der Stigmatisierung, dann weiss ich, wovon ich rede. Weil ich diesen Kampf selbst führe. Jeden Tag. Weil mich psychische Erkrankungen seit Jahren begleiten. Und nun habe ich beschlossen, die Erfahrungen, die ich auf diesem Weg bereits machen durfte, mit dir da draussen zu teilen. Was ich aber anmerken möchte, ist Folgendes: Dieses Buch ersetzt keine Therapie. Die Tipps, die ich dir gebe, stammen alle aus meiner eigenen Erfahrung. Aber jeder Mensch hat eine individuelle Geschichte mit einem individuellen Heilungsweg, weshalb nicht alle Tipps für jeden passen werden.

Als ich 15 Jahre alt war, hörten meine Eltern und ich von meinem Kinderarzt zum ersten Mal die Worte «Ich empfehle Ihnen eine Psychotherapie für Ihre Tochter». «Psychotherapie – ich?», dachte ich. Aber was wusste ich schon. Also begann ich auf Anraten meines Arztes eine Therapie. Was ich damals noch nicht wusste, war, dass das der Startschuss für jahrelange Therapien, sowohl ambulant, als auch (teil-) stationär, war. Ich wusste damals nicht, wie viel Verzweiflung und wie viele Tränen auf mich zukommen würden. Aber genauso wusste ich auch nicht, wie viel ich während dieses Prozesses über mich selbst lernen und wie sehr ich mich emotional weiterentwickeln würde. Ich hätte gerne jemanden gehabt, der in seinem Heilungsprozess schon weiter war als ich und mir gesagt hätte: «Hey, es wird hart, aber du wirst es schaffen.» Diese Person hatte ich damals nicht. Aber mittlerweile bin ich selbst an einem Punkt, an dem ich hoffe, anderen mit meiner Geschichte weiterhelfen zu können. Ich möchte mit dir meine Gedanken und Gefühle teilen, um dir zu zeigen, wie hart der Kampf ist, aber auch gleichzeitig, dass er sich lohnen wird.

DEINE LADINA

(Ps: Schreib mir gerne auf Instagram: @mein.konfetti.regen)

Mister X

Er ist immer bei mir,

wohin ich auch gehe.

Er begleitet mich

auf jedem meiner Wege.

Er verfolgt mich

ständig und überall.

Denn Mister X ist immer da.

Ich will schneller laufen,

ihn hinter mir lassen.

Doch laufe ich schneller,

so tut er dies auch.

Ich will ihm entkommen,

doch kann ich es nicht.

Denn Mister X ist immer da.

MEINE MOTIVATION – WOZU DIESES BUCH?

Folgenden Tagebucheintrag habe ich am 8.11.2017 verfasst:

Liebes Tagebuch!

Ich will nicht, dass die anderen meine Angst auch spüren. Darum versuche ich, gegen aussen eine Maske aufzusetzen. Meine Ängste und ich, wir müssen diese Sache unter uns klären. Die anderen dürfen davon nichts wissen. Sie würden es nicht verstehen. Sie würden mir vermutlich sagen, ich solle mich einfach beruhigen. Ich würde mich ja beruhigen, aber manchmal geht das einfach nicht. Und darum versuche ich, meine Angst nicht gegen aussen zu zeigen. Ich will nicht abgestempelt werden.

Wenn ich diesen Tagebucheintrag von mir lese, dann macht es mich traurig, wie ich damals gedacht habe. Über drei Jahre ist dieser Eintrag her, und seitdem habe ich mich sehr weiterentwickelt. Aber vor allem bin ich in diesen drei Jahren offener in Bezug auf meine Erkrankungen geworden. Damals habe ich mich so sehr geschämt, psychisch krank zu sein und zur Therapie zu gehen. Ich hatte eine riesige Angst, einen Stempel aufgedrückt zu bekommen. So sehr, dass ich nie freiwillig jemandem davon erzählt hätte. Auch wenn das vielleicht gutgetan hätte. Niemand wusste in der Schule davon. Weder die Mitschüler noch die Lehrer. Ich habe meine Therapiestunden so gelegt, dass sie sich nicht mit dem Unterricht überschnitten haben. Auch wenn das hiess, dass ich dafür meine Mittagspause opfern musste oder in Freistunden oder nach der Schule noch Therapie hatte.

Heute ist das nicht mehr so. Heute habe ich mich entschieden, laut zu werden. Ich habe mich bewusst dazu entschieden, nicht mehr zu schweigen, sondern über meine Erfahrungen zu reden. Denn mittlerweile weiss ich, dass ich mit meinen Ängsten und Zwängen nicht allein bin. Ich weiss jetzt, dass es da draussen Menschen gibt, die sich in meinen Worten wiederfinden werden. Denn psychische Erkrankungen können wirklich jeden treffen. Viele reden nur nicht darüber, so wie ich es lange getan habe. Also habe ich beschlossen, dass ich darüber rede. Ich möchte zeigen, wie real psychische Erkrankungen sind. Sie sind Teil unserer Gesellschaft, aber dennoch sind sie noch viel zu sehr stigmatisiert. Und dagegen möchte ich mit meiner Geschichte ankämpfen.

Zudem wollte ich ein Buch schreiben, in dem konkrete Tipps sowohl für Betroffene als auch für Angehörige enthalten sind, ohne dass grosses psychologisches Vorwissen nötig ist. Konkrete Tipps geben ist immer schwierig, da jeder Mensch individuell ist, aber ich habe dennoch einige Tipps aus meiner Erfahrung zusammengestellt, die ich gerne weitergeben möchte.

So, jetzt geht es richtig los, und ich wünsche dir eine gute Lesezeit mit «Von A wie Angst bis Z wie Zwang».

TEIL 1:MEINE GESCHICHTE

Bis ich 11 Jahre alt war, hatte ich eine sehr schöne Kindheit. Eine Kindheit mit liebevollen Eltern und einer tollen Schwester. Ich war gut in der Schule, hatte Hobbys und war an sich ein glückliches Kind. Und dann wurde ich krank. Noch davor wurde aber mein Grosspapi schwer krank. Lungenkrebs. Schon als er krank war, habe ich gemerkt, dass ich anders mit der Erkrankung umgehe als der Rest meiner Familie. Ich habe es fast nicht mehr ertragen, ihn zu sehen, als er krank war und habe mich eher von ihm distanziert, anstatt die restliche gemeinsame Zeit zu nutzen. Um das zu rechtfertigen, habe ich mir eingeredet, dass ich ihn besuchen würde, sobald er wieder gesund war. Dass er vielleicht nicht mehr gesund werden würde, das wollte ich damals nicht wahrhaben. Aber kann man mir das übel nehmen? Schliesslich war ich erst 11 Jahre alt und noch voller kindlicher Naivität. Doch dann ist er gestorben, und dieser Tag war für mich nicht nur einer der schlimmsten Tage meines Lebens, sondern auch ein Schlüsselmoment für meine Krankheit. Relativ kurz nach seinem Tod habe ich nämlich angefangen, physische Symptome zu bekommen, die ich mit seiner Krankheit in Verbindung gebracht habe. Ich habe panische Angst bekommen, weil ich dachte, dass ich wie er Krebs hätte und jetzt auch sterben müsse. Ich hatte wirklich Todesangst. Ich war beim Kinderarzt, ich wurde untersucht, und es war alles in Ordnung. Ich war erleichtert auf der einen Seite, aber ich dachte mir dann: «Wenn physisch bei mir alles in Ordnung ist, wo kommen dann meine Symptome her?» Heute weiss ich, dass das der Beginn meiner hypochondrischen Störung war. Damals dachte ich, ich hätte mir die Symptome eingebildet. Ein paar Monate nach dem Tod meines Grosspapis ist ein Mitschüler an einem Unfall auf dem Schulweg verstorben. Ein weiteres schlimmes Ereignis, das meinen sich gerade entwickelnden Ängsten einen guten Nährboden gegeben hat. Und so ging das dann einige Zeit weiter, dass ich immer stärkere Angst vor dem Tod entwickelt habe, vor allem vor Tod durch Krankheit. Zudem habe ich angefangen, mir zwanghaft die Hände zu waschen und zu desinfizieren. Dass es zwanghaft war, wusste ich zu der Zeit allerdings noch nicht. Die Angst vor Lungenkrebs habe ich nach einiger Zeit überstanden, doch dafür hatte mein 13-jähriges Ich plötzlich panische Angst vor Darmkrebs. Darmkrebs im Alter von 13 Jahren. Da hätte ich wohl einen Eintrag im Guinness-Buch der Weltrekorde bekommen als die jüngste Darmkrebspatientin aller Zeiten. Eine 13-Jährige, die Angst vor Darmkrebs hat, das zeigt, wie irrational meine Ängste waren. Ich war beim Arzt und wurde nur belächelt. In dem Alter gäbe es keinen Darmkrebs. Schön zu hören, aber meine Ängste waren noch immer da. Eine Situation, die sich mir sehr ins Gedächtnis eingebrannt hat, ist eine Situation aus der Schule. Da müsste ich so etwa 14 gewesen sein. Die Lehrerin hat uns verkündet, dass wir ein paar Wochen später einen Weihnachtsmarkt besuchen würden, und mein erster Gedanke war: «Hoffentlich lebe ich bis dann noch.» Dass ich damals diesen Gedanken hatte, macht mich so unendlich traurig, weil es kein Gedanke ist, den eine 14-Jährige haben sollte. So gingen die Ängste und die Zwänge weiter, bis zu einem Arzttermin im Herbst