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In dieser Zeitreise beschreibt der Autor seine Kindertage vor 80 Jahren im Harzvorland. Dort verbringt er wechselhafte, aufregende Tage.
Das E-Book Wandertage eines Jungen vor achtzig Jahren wird angeboten von Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Kindheit, Heimat, alter ego, Harzvorland, Biografie
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Seitenzahl: 54
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Jeder Mensch ist
ein Kind seiner Zeit
Ein Stadtkind der ersten Generation
Im Krähengeschrei
Wege auf dem Salzkoth
Erlebnis Schilfgrube
Schüler und Spaß in der Schule
Auf die Seilbahn ist kein Verlass
Tonkuhlen haben einen besonderen Reiz Enttäuschte Erwartungen
Die Pferde-Eine als Fenster zum Mittelalter
Der Gondelteich ist uns einen Besuch wert
Nachgefragt
Wenn der Großvater Erinnerungen aus seiner Kindheit erzählt, dann lassen wir ihn meistens erwartungsvoll gewähren.
Wenn er das, was er zu berichten weiß, mit dem Ort des Geschehens verbindet, dann wird seine Geschichte Wirklichkeit. Im Folgenden geht es um eine kleine Stadt im Harzvorland. Lassen wir den alten Herren doch mal berichten.
Die Geschichte handelt hauptsächlich in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als die meisten von uns noch gar nicht geboren waren. Da war unser Großvater ein halbwüchsiger Junge, der noch nicht einmal ein Handy besaß.
Die Heimat ist für jeden der Ort, wo er geboren ist, die Muttersprache gelernt hat und zur Schule gegangen ist.
Der Heimatort ist für den Jungen von damals der gleiche geblieben wie am Tag seiner Geburt. Doch der alte Herr wohnt jetzt weit entfernt im Land Brandenburg. Die kleine Stadt, die Heimat, lebt nur noch in seiner Erinnerung.
Schon als junger Mensch hat er nie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen wollen. Das ist ihm auch oft geglückt. Wer nicht zum Mittelpunkt des Geschehens drängt, kommt selten zu Ruhm und Ehren. Wer hingegen von Ruhm und Ehren nicht so viel hält und seine Freiheit in der Natur sucht, der macht sich frei von manchen Zwängen.
Seine Vorstellung von Freiheit wurde in der Natur geprägt. In ihr spielen Rücksichtnahme auf Mensch und Umwelt und die Fähigkeit zum selbständigen Handeln eine entscheidende Rolle. Am nächsten kommen ihm in seinem Wesen wohl diejenigen, die ihn für einen Menschen halten, der nur das macht, was er für richtig hält. Das tun viele andere Menschen natürlich auch. Er selbst hält sich für einen Menschen, der die Fähigkeit zum kurz entschlossenen Handeln für wichtiger hält als den vorauseilenden Eifer.
Keiner von uns hat seine Kindheit verpasst. Jeder hat sie erlebt. Das Leben hat jeden zu einer eigenen Persönlichkeit werden lassen. Dazu gehört auch das Verhältnis, das man zu seinem Heimatort hat. Dieses Verhältnis gestaltet jeder selbst.
Es ist merkwürdig. Wenn er heute, nach so vielen Jahren, durch die Straßen seiner Heimatstadt geht, stellt er auf Schritt und Tritt fest, dass die meisten Straßen und Plätze anders aussehen, als er sie in Erinnerung hatte. Er wird sich bewusst, dass er seit mehreren Generationen nicht mehr ein Bürger dieser Stadt ist, sondern nur ihr Gast. Er wohnt nicht mehr hier.
Auch als Gast befindet er sich gern in dieser nahe am Harz gelegenen Stadt. Hier hat er alle Höhen und Tiefen seiner Kindheit erlebt. Hier hat er ein Handwerk gelernt und von hier aus ist er in die weite Welt gezogen. Er hat später seiner Stadt mit unzähligen Besuchen und Aufenthalten seinen Respekt und seine Zuneigung erwiesen. Heute ist ihm nur noch die Erinnerung an diese Stadt geblieben.
Was er über seine Stadt zu berichten weiß, das ist Geschichte. Er hat als Kind und junger Mensch alle Straßen der Altstadt zur Genüge durchwandert. Vieles ist in seiner Erinnerung wach geblieben. Manches hat er vergessen.
Daran wird er beim Anschauen erst wieder erinnert. Manches ist für ihn in dieser Stadt neu.
Woran ihn niemand zu erinnern braucht, das sind die erhalten gebliebenen Teile der alten Stadtmauer mit dem imposanten Johannisturm. Da sind die Figur auf dem Holzmarktbrunnen, die eiserne Elle am Rathausturm, das Plätschern des Wassers in der Pferde-Eine, die Hochwassermarken in der Straße Am Steintor und natürlich die Nienefee.
Er ist ein Stadtkind der ersten Generation. Seine Eltern kamen aus dörflichem Milieu. Da ist es nicht verwunderlich, dass er das Leben in der freien Natur dem Leben in der Stadt vorzieht. Außerhalb von Mauern und Zäunen hat er stets sein Dasein genossen, auch in seiner kleinen Stadt und in Zeiten des Marschierens und der strengen Reglementierungen. Von dem, was er als heranwachsender Mensch am Rande der Stadt gesehen, erlebt und erfahren hat, soll im Weiteren die Rede sein.
Die Tage seiner Kindheit und frühen Jugend hat er in der Obhut seines Elternhauses verbracht. Was er als Kind jenseits aller politischen Zwänge erlebt und erfahren hat, ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Geschehen in jener ereignisreichen Zeit.
Hier hat es angefangen. Wenn du durch die Bahnhofstraße gehst, kommst du gleich hinter dem Siebzehner Berg auf die Appelallee und danach wieder auf die Bahnhofstraße. Nach der nächsten Straßenkreuzung bist du schon Im Busch. Trotz der irreführenden Straßennamen kannst du dich gar nicht verlaufen. Doch jetzt aufgepasst! Wenn du hier geradeaus weiter gehst, kommst du vom rechten Weg ab.
Nach wenigen Schritten findest du auf der rechten Straßenseite einen schmalen Durchgang, eine Schlippe, wie man hier sagt. Wenn du da einbiegst, bist du genau richtig. Das ist der kürzeste Weg ins Krähengeschrei. Dieser Weg hat sich damals für uns Halbwüchsige eine Zeitlang als Weg in die Freiheit angeboten, wo man tun und lassen konnte, was man wollte. Nur zu essen gab es hier nichts. Dieser Mangel störte uns am Anfang des Krieges nicht. Da war Hunger noch ein Fremdwort für uns.
Die Schlippe war ursprünglich für den Abfluss von Regenwasser eingerichtet worden, das sich auf der Straße Im Busch sammelte und keinen Abfluss hatte. Die Abflussrinne nimmt die halbe Breite der Gasse ein. Daneben verläuft ein Trampelpfad. Den kann man nur im Gänsemarsch begehen. Daneben steht eine Lehmwand. Sie hat eine ungleichmäßige Höhe, so wie der Zahn der Zeit an ihr genagt hat. Durch eine größere Lücke kannst du das dahinter liegende Grundstück einsehen.
Hier hat der Osterhase seinen Garten. Der steht voller Blumen. Der Osterhase ist bekanntlich männlich wie der Weihnachtsmann und der Gartenzwerg. Genauso komisch wie die beiden ist er auch.
Wir nannten den älteren Mann, der hier seinen Garten pflegte, den Osterhasen. Er hatte sich diesen Ruf wegen seiner Erscheinung zugezogen. Er kam immer mit dem Fahrrad und hatte eine Kiepe auf dem Rücken. Passend dazu paffte er stets eine Shagpfeife. Wenn er dann wieder wegfuhr, hatte er die Kiepe voller Blumen. Wir begegneten ihm mit Respekt, wussten wir doch, dass er das Abbild des wahren Osterhasen war.
Sein Garten reichte von der Straße bis zum weiter unten verlaufenden Mühlgraben. Das Wasser im Mühlgraben kam von der Kreuzmühle her, wo es sein Werk als Energiespender verrichtet hatte, und floss zur Buschmühle, die etwas weiter stromabwärts stand.