Warum ich (k)ein Moralist bin - Rainer Erlinger - E-Book

Warum ich (k)ein Moralist bin E-Book

Rainer Erlinger

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Beschreibung

"Die Moral ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Moral." (William K. Frankena) Ein "Moralist" zu sein kann laut Rainer Erlinger drei Dinge bedeuten: Erstens, sich direkt oder indirekt der philosophiegeschichtlichen Strömung des Moralismus um Francois de La Rochefoucauld verbunden zu fühlen. Zweitens, moralischen Hochmut auszuüben und seine Umwelt erziehen zu wollen. Drittens, schlicht über Moral zu sinnieren. Für jede dieser Definitionen liefert Erlingers Essay eine plausible Erklärung, ob es sich nun lohnt, Moralist zu sein oder nicht.

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Rainer Erlinger

Warum ich (k)ein Moralist bin

Eine kleine Begriffsbiografie

Wer möchte schon »Moralist« sein? Moralist – eine Bezeichnung, die irgendwie angestaubt klingt, bieder, ein wenig nach moralinsauer, belehrend, spaßfeindlich. Oder – wenn man historisch denkt – nach einer mehr oder weniger fest umschriebenen Gruppe von Autoren um das 17. Jahrhundert herum. Andererseits steckt das Wort »Moral« darin, und das hat gerade Konjunktur. Ein moralischer Mensch möchte man schon sein, aber es scheint schwierig, die Frage, ob oder warum man »Moralist« oder eben keiner sein möchte, eindeutig zu beantworten.

Was ist ein Moralist?

Ein Zweifelsfall also? »Maßgebend in allen Zweifelsfällen« konnte man früher (1967) im Duden lesen, vielleicht kann er helfen, die Verwirrung aufzulösen. Die Zeiten der rigorosen Rechtschreibregeln sind ja – bis auf ein paar Ausnahmen von Orthografiemoralisten (oder wären das dann in Analogie zur Bildung des Wortes Moralisten »Orthografisten«?) – glücklicherweise vorbei. In vielen Fällen macht der Duden nur noch Vorschläge. Aber er verfolgt den Anspruch, sich nach dem Sprachgebrauch zu richten1 und kann vielleicht deshalb am besten wiedergeben, was das Wort »Moralist« heute bedeutet und wie es gebraucht wird.

Tatsächlich verzeichnet der Duden in seiner Onlineversion zwei Bedeutungen des Begriffs:

»Moralist, der

1. (bildungssprachlich) jemand, der, besonders als Literat, Philosoph o. Ä., den Moralismus (1) vertritt

2. (oft abwertend) jemand, der alle Dinge in übertriebener Weise moralisierend (2) beurteilt«.

Folgt man den Verweisen, heißt es weiter:

»Moralismus, der

1. Haltung, die die Moral als verbindliche Grundlage des zwischenmenschlichen Verhaltens anerkennt

2. übertreibende Beurteilung der Moral als alleiniger Maßstab für das zwischenmenschliche Verhalten«

bzw.:

»moralisieren

1. (bildungssprachlich) die Moral betreffende Betrachtungen anstellen

2. (oft abwertend) Moral predigen«.2

Nimmt man die im Duden fehlende fachspezifische Bedeutung3 des Moralismus als Strömung in der Philosophiegeschichte hinzu, zeichnen sich demnach drei unterschiedliche Bedeutungen ab: der »Moralist« als Angehöriger der Gruppe der europäischen Moralisten, allen voran die französischen François de La Rochefoucauld und Michel de Montaigne, aber auch Baltasar Gracián, Baldassare Castiglione oder Thomas Browne – oder, heute, als Anhänger der entsprechenden Auffassungen und Denkweisen. Der »Moralist« als Moralprediger, Moralapostel, der seine Mitmenschen drangsaliert, erziehen und belehren will. Und schließlich ganz allgemein der »Moralist« als Mensch, der sich mit Moral beschäftigt. Und weil es sich um drei ziemlich unterschiedliche Positionen handelt, muss ich die Frage, warum ich (k)ein Moralist bin, für die drei Positionen unterschiedlich beantworten.

Warum ich (k)ein Moralist bin