Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Warum ticken Politiker, wie sie ticken? Und wie ticken Wähler, die solche Politiker wählen? Was ist alles faul im Staate? Welche Folgen hat welcher Erziehungsstil für das politische Klima? Warum taugt unser Bildungssystem nichts? Weshalb funktioniert unsere Demokratie nicht? Wie könnte alles besser laufen? Dieses Buch gibt Antworten, woher das große Unbehagen kommt und wie man die Probleme bei der Wurzel packt.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 329
Veröffentlichungsjahr: 2017
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Was für Ticker ist ein Politiker?
...und wie ticken seine Wähler?
Marion Wolf
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Impressum
Text: © Marion Wolf
Umschlag: © Marion Wolf
Fremde Zitate sind mit Namen gekennzeichnet und dem Web-Portal Aphorismen.de entnommen. Ihre Verwendung erlaubt das Zitaterecht.
Verlag: Marion Wolf Birkenstraße 11 26524 Berumbur
Druck: epubli, ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
Was ich für eine bin...
Fangen wir mal mit meiner Vorgeschichte an – die der Menschheit kommt später: Es war einmal eine Idealistin mit einer gehörigen Portion Widerspruchsgeist gegen Verhältnisse, die weder gerecht, noch sinnvoll sind.
Heute bin ich genauso, nur nicht mehr so naiv, wie damals, und mit klaren Vorstellungen, wie alles besser liefe...“
Im Alter von 15 Jahren begann ich zu philosophieren: Nach dem Mittagsmahl legte ich mich bäuchlings aufs Bett und brütete darüber, was diese Welt im Innersten zusammenhält. Der Spruch aus Goethes Faust faszinierte mich schon als Schulmädel. Ich dachte dabei an ewige Werte, Verhaltensstrukturen, Gesprächs-Psychologie, ohne diese Begriffe zu kennen.
Ab der 10. Klasse besuchte ich im Gymnasium nebenan die Wahlfächer Rhetorik, Psychologie und Philosophie. Diese Kurse begannen morgens um 7 Uhr – einer Zeit, zu der bei mir die Welt nur in Ordnung war, wenn ich schlief, was sich auf Sonntage und Ferien beschränkte. Wer sich nun vorstellt, was es für eine Nachteule heißt, auch im Winter dreimal die Woche früh um 6 aufzustehen, um kurz darauf 2 km mit schwerer Schultasche durch den Tiefschnee zu stapfen, weil noch kein Bus fuhr und das Rad stecken blieb, erahnt, wie wichtig mir diese Fächer waren.
Samstagmittags gesellte ich mich im Stehcafé-Treff zu den Studenten und verwickelte sie in tiefsinnige Gespräche. Bald unterstellte mir einer, Hegel gelesen zu haben – hatte ich mangels Büchern nicht, war aber mächtig stolz, mit dem berühmten Philosophen verglichen zu werden. Die Lektüre seiner Werke habe ich mir deshalbgespart. 40 Jahre später erkannte mich ein ehemaliger Studienfreund der Theologie bei einem Filmgespräch in Straubing an meiner dialektischen Argumentation…
Von einem Buch des DalaiLama war ich enttäuscht – ich hatte mir in unersättlichem Streben nach Erleuchtung neue Erkenntnisse erhofft, doch der Exil-Tibeter schrieb nur, was ich eh schon dachte – ferner Gedankenfreund.
Doch auch schon früher lebten kluge Leute:
Die Demokratisierung des Staates fördert bei allen edlen Seelen die Heilighaltung von Recht und Gesetz, bei unedlen dagegen verleitet sie zu Pöbelherrschaft und Anarchie.
Wilhelm Roscher 1817 - 1894
Tatsächlich treiben Demokratien die abartigsten Blüten, denn die gewählten Abgeordneten tanzen den Bürgern auf der Nase herum. Das sah ein englischer Völkerrechtler, der im 17. Jahrhundert den U. S. Bundesstaat Pennsylvania gründete und einen Europa-Rat zur Sicherung des Friedens vorschlug, schon lange voraus:
Macht das Volk glauben, dass es regiert, und es wird sich regieren lassen.
William Penn 1644 - 1718
Ein Zeitgenosse sprach mir mit seinem schwarzen Humor und seinen geistreichen Wortspielen aus dem Herzen:
Der 2011 verstorbene Kabarettist Georg Kreisler. Ihm widme ich posthum dieses Buch. Zuvor erlaubte er mir, den Refrain eines seiner Schwarzen Gesänge als Titel zu verwenden. Die folgende Einleitung hat er noch gelesen und wenn es ein Jenseits gibt, hoffe ich, dass er über das Buch schmunzeln möge.
Der geneigte Leser sollte es in diesem Sinne verstehen:
Oft ist Satire Wirklichkeit.Noch öfter jedoch ist die Wirklichkeit reinste Satire!
Stefan Wittlin *1961
Was mich damals bewegte...
Es begann zu meiner Studentenzeit: Im Sommersemester 1971 hielt Professor Zöchbauer am Institut für Zeitungswissenschaften an der Uni München Gastvorlesungen über Manipulation im Film. Beeindruckt von seinem Vortrag wollte ich für ein Gastsemester an die Uni Salzburg, wo er Seminare abhielt.
So auch eine Kommilitonin, die sich mit mir verbündete. Sie kannte einen jungen Mann mit Auto, der uns zwei in die Mozart-Stadt mitnahm, wo er einen Freund traf, während wir unsim Einschreibebüro und bei der Zimmervermittlung der Hochschülerschaft schlau machten.
Unser Chauffeur war bucklig und ging auf Krücken, glänzte mit brillantem Geist und dem Charme eines vollendeten Kavaliers – beeindruckend zu einer Zeit, wo Büffeleien bei jungen Männern gang und gäbe waren. Ich mochte ihn.
In der Dämmerung fuhren wir ins winterliche Berchtesgaden, wo die Familie meiner Freundin ein Haus geerbt hatte. Darin wohnte die letzte Lebensgefährtin des verstorbenen Opas. Sie kam uns entgegen und begrüßte uns freundlich, doch meine Kameradin verhielt sich seltsam abweisend. Beim Ausladen der Reisetaschen begründete sie dies damit, ihrer Familie sei es ein Dorn im Auge, dass diese Frau Wohnrecht im Haus habe. Mir leuchtete das nicht ein, da es genug Räumlichkeiten für die Erben gab, um dort Ferien mit der ganzen Familie zu machen.
Beim Abendessen in einer Pizzeria gelang es mir, meine Freundin davon zu überzeugen. Zur Heimkehr gab sie sich versöhnlich, wir tranken mit der Stiefoma Tee, probierten ihre selbst gebackenen Plätzchen und wurden nach einer fröhlichen Plauderei zum Frühstück eingeladen.
Am späteren Abend machten wir es uns in Opas Bibliothek unterm Dach bequem.
Die Biedermeier-Möbel dort strahlten die Gemütlichkeit der guten alten Zeit aus. Ich ließ mich in den Ohrensessel fallen und fühlte mich geborgen, wie einst auf Großmutters Schoß. Der Ofen prasselte, meine Freundin holte Wein aus dem Keller und unser Begleiter kruschte in Opas Musiksammlung. Als der Plattenspieler aus den 50igern in Gang gebracht war, zündeten wir Kerzen und Räucherstäbchen an, lauschten erst Gregorianischen Gesängen, dann dem großen Morgen- und Abendlob von Rachmaninow und später den Liedern von Zarah Leander. Nach tief schürfenden Gesprächen über Religionen und Ideologien offenbarte uns meine Freundin, Nymphomanin zu sein. Ich schaute verdutzt und sie klärte mich auf, was das sei.
Zur Geisterstunde holten wir das Album Everblacks 1 von Georg Kreisler aus dem Auto. Dabei steckte mir meine Freundin, ihr Kumpel sei schwul. Ich fiel aus allen Wolken – der war doch so charmant! Sie erwiderte, Homosexuelle seien besonders galant zu Frauen – Heteros hielten das nicht für nötig. Da fragte ich mich, in welch verkehrter Welt wirlebten. Dass unser Begleiter auf Männer stand, war seine Sache – doch warum waren Männer, die auf Frauen standen, nicht ebenso liebenswürdig?
Ich dachte zurück an die Trampel in der Pizzeria: Wir zwei Mädels waren bildhübsch – doch mussten sie uns deshalb wie Schmeißfliegen auf die Pelle rücken und sich dabei mit seichtem Schmäh anwanzen? Wir waren doch kein Stück Scheiße! Was waren das doch früher noch für Zeiten. Ich träumte von galanten Operetten-Helden, wie sie Rudolf Schock im Fernsehen darstellte…
Da saßen wir nun in einer Dachstube des 19. Jahrhunderts, wo es wie bei meiner Omi roch, einträchtig bei einander: Ich Freigeistin mit blonder Mähne und blauen Augen, eine kesse kleine Schwarzhaarige mit grünen Augen und Katzenblick und ein schwuler Krüppel mit geistreichem Charme. Die Stimmung war auf kuriose Weise anregend und dabei wunderbar harmonisch. Wir schlürften den Wein, genossen Gespräche über Gott und die Welt und in den Denkpausen lauschten wir verzückt schmunzelndGeorg Kreislers 'Schwarzen Gesängen': Während des Tangos von den „Zwei alten Tanten“ hingen wir schlüpfrigen Gedanken nach, beim „Musikkritiker“ feixten wir über die schrägen Töne und beim „ping“ des Triangelspielers jauchzten wir lauthals mit. Bei „Schützen wir die Polizei“ gedachten wir der Münchner Studenten-Demo vom Sommer1971 und beim „General, wo der Schaden schon total“ ist, hielten wir unsdie Bäuche vor Lachen – ein wahrer Seelenschmaus für Pazifisten. Ein Refrain aus Georg Kreislers sarkastischen Balladen sollte mir jedoch lebenslang das Hirn löchern:
Aber was für Ticker ist ein Politiker, woher kommt er und was will er von der Welt?
Georg Kreisler
Dieser Satz ließ mich alle Wahljahre wieder grübeln, was wohl hinter den Gesichtern auf den Plakaten steckte. Was motivierte diese Leute, in die Politik zu gehen, wie ehrlich waren ihre Absichten und was bekamen die im Amt dann tatsächlich gebacken?
Mir gingen diese Fragen durch den Kopf, wenn ich in eine Partei eintrat – und erst recht, wenn ich wieder austrat. Zu Zeiten Brandt-Scheels versuchte ich es bei der FDP und 20 Jahre später bei den Grünen. Doch zielführende Diskussionen über politische Fragen fanden nur zäh am Rande statt.
Jeder beäugte jeden, wer an der Spitze kandidieren dürfe und gemeinsam sorgte man sich, wie Wähler mobilisiert. Ich beobachtete, wie Ehrgeizlinge Seilschaften knüpften, um sich in der Partei hoch zu hangeln und wollte bei solch albernen Amigospielchen nicht mitmachen. Eine Witwe flirtete auf einer Inforeise in Bonn mit allen Männern und legte ihnen beim Tanzen ihren Sohn ans Herz.
Ein Jugendfreund meines Verlobten lud sogar die regionale Parteiprominenz auf seine Hochzeit ein, um sich für den frei werdenden Vorsitz des Ortsvereins zu empfehlen. Mir waren solche Anbiederungsmanöver zuwider. Offenbar hatte ich mit meiner Argumentationsweise auf einer Ortsversammlung mehr überzeugt, denn als wir umzogen, schrieb mir der Regionalvorsitzende einen Brief, er bedaure meinen Wegzug, er hätte mich als Ortsvorsitzende vorschlagen wollen. Sowas aber auch – das verdatterte G'schau des beflissenen Möchtegerns hätte ich genossen. Am neuen Wohnort begegnete mir die Ortsgruppe dann mit ungewohnter Hochachtung, was mir ein Rätsel war.
40 Jahre lang dachte ich nun bei jedem Wahlkampf an Kreislers Lied: Ob nun einer beim Fernseh-Auftritt hohle Schlagworte drosch, der nächste im Suff seinen Größenwahn offenbarte, oder seine Nachfolgerin unsicher herum stammelte – immer wieder überlegte ich: Was bringen die eigentlich für Voraussetzungen mit, um der hohen Aufgabe gerecht zu werden? Wie ticken diese Politstars und warum verhalten die sich so primitiv? Ich erwarte von so einem Spitzenpolitiker einfach mehr Format…
Als Pädagogin meine ich, wenn jeder im Volke für jedes politische Amt kandidieren darf, sollte auch jedes Kind eine königliche Erziehung genießen. Doch das wird gründlich versäumt. Vielmehr zeitigen Prinzen aus altem Adel regelrecht Gossenmanieren. Schlechtes Benehmen ist salonfähig geworden und hat sich auch im Fernsehen breitgemacht.
Im Internetz tummeln sich blasierte Bildungsbanausen, die nicht mal ihre eigene Muttersprache beherrschen und diese Schlamperei auch noch hoffärtig verteidigen.
Wozu das führt?
Mehrheitsentscheidungen der Dummen:Immunschwäche der Demokratie.
Michael Marie Jung *1940
Politikermentalität
Im Laufe meines Lebens hatte ich Gelegenheit, so allerlei Zeitgenossen kennen zu lernen. Als Wahlhelferin fragte ich mich da oft, was im Hirn so mancher Leute vorginge und wieso Besoffene oder extra her gekarrte Schwachsinnige wählen dürfen. Denen fehlt es doch am Verstand, Politik mitzubestimmen!
Bei den politisch Aktiven sind Kalkül und Spezlwirtschaft gang und gäbe. Idealisten bleiben in den Parteien meist in der zweiten Reihe, wenn sie über kurz oder lang diesem verlogenen Affenzirkus nicht sowieso fliehen.
Eines jedoch scheint alle zu beflügeln: Das breite Volk überhöht bekannte Gesichter zu Halbgöttern – seien es Popstars, Schauspieler, Fußballer, Könige, oder Politiker. Die Medien hauen dazu kräftig auf die Pauke und treten deren Auftritte und Skandale breit, weil das hohe Auflagen oder Zuschauerquoten bringt…
In Wahrheit sind 'Promis' Leute, die sich beim Rummel um ihre Person entweder blöd vorkommen, oder das Getue selbstverliebt genießen und nach Applaus und Blitzlichtgewitter regelrecht süchtig werden.
Charismatische Politiker haben das Imponiergehabe von Oberaffen drauf – man beobachte die Gestik fanatischer Despoten. Bescheidenere schleimen sich auf Marktplätzen mit Blumen und Luftballons bei den Wählern ein undalle buhlen auf riesigen Plakaten mit billigen Schlagworten um die Wählergunst. Das Regierungsprogramm ist unwichtig – Hauptsache, das Volk glaubt, man vertrete seine Interessen, auch wenn man die hernach mit Füßen tritt und stattdessen die Anliegen der Konzerne erhört. Deren Lobby geht im Bundestag ein und aus, wobei sich die Altparteien in rechtswidriger Weise weigern, ihre Kontakte zu offenbaren. Ein Schelm, wer dabei Bestechlichkeit wittert.
Mit Entscheidungen zum Wohle der Allgemeinheit hat das Polit-Theater wenig zu tun und ich frage mich, wie Politiker bei Amtsantritt schwören können, nach bestem Wissen und Gewissen Schaden vom Volk abzuwehren, wenn sie hinterher von der Industrie geschmiert genau das Gegenteil tun? Ein himmelschreiendes Beispiel ist der dreiste Alleingang von Landwirtschaftsminister Schmidt, der bei der EU einer Verlängerung von Glyphosat zustimmte, obwohl er sich der Stimme enthalten sollte. Wäre es nicht seine Aufgabe, Gifte zu verbieten, die das Bienensterben verursachen und so die Bestäubung der Obstbäume gefährden?
Partei-Funktionäre machen sich hinter vorgehaltener Hand über Idealisten in ihren eigenen Reihen lustig und Minister verteufeln Bürgerinitiativen, die auf der Straße oder übers Internetz gegen Missstände protestieren.
In Ländern, Bezirken und Kommunen ist es möglich, über Volksbegehren auf die Politik einzuwirken. Ich frage mich allerdings, wozu wir Politiker bezahlen, wenn brave Bürger ehrenamtlich das tun, was eigentlich deren Aufgabe wäre...
Gegen das Wohl des Volkes zu handeln sollte ein Relikt vergangener Diktaturen sein – leider haben die politischen Strukturen totalitärer Zeiten überlebt und werden weiterhin für volksfeindliche Machenschaften missbraucht.
Hinterhältige Verwaltungen gängeln die Bevölkerung und werden selbst dann nicht belangt, wenn sie gegen Gesetze verstoßen. Der Gang zum Gericht ist für die Betroffenen frustrierend, da die Mühlen der Justiz im Schneckentempo mahlen. Manchmal scheinen sich Richter als Marionetten der Beklagten zu gerieren. Zügiges Vorgehen und sich kurz und klar auszudrücken scheint Juristen ohnehin unbekannt und obendrein gibt es viel zu viele Fälle zu bearbeiten, was nicht der Fall wäre, wenn in den Amtsstuben Gesetzestreue und Gerechtigkeitssinn herrschte…
Doch dieser Trott wird unermüdlich fortgeführt.
Fortschrittsgläubige sind oft blind, wenn es darum geht, die Folgen von Neuerungen zu bedenken. Oder glauben Sie, die Bevölkerung der Nachkriegszeit hätte dem Bau von Kernkraftwerken zugestimmt, wenn sie über Risiken und Abfallprobleme aufgeklärt worden wäre und man sie gefragt hätte, ob sie dieses Wagnis eingehen wollte?
In den 60igern beschlossen Politiker und Großkapitalisten die Einführung der riskanten Technologie über die Köpfe des Volkes hinweg und in gezielten Presse-Erklärungen wurde Kernkraft als großer technischer Fortschritt bejubelt.
Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.
Albert Schweitzer
Um die zukünftige Elite auf ihre Seite zu ziehen, wurden wir in der 11. Klasse ins Kernkraftwerk Ohu geladen, wo uns nach dem Rundgang bei Häppchen und Limo Atom-Energie als Meilenstein der Technik angepriesen wurde. Eine mögliche Havarie wurde auf Nachfrage als Restrisiko im Promillebereich abgetan. Nur 20 Jahre später verseuchte der Supergau in Tschernobyl 150.000 km2 und im Berchtesgadener Land fiel radioaktiver Hagel mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren. Mein Kopf bekamvon derStrahlungwas ab, weil ich während des Unwetters auf den Balkon ging, um meine Blumen vor den Hagelkörnern zu schützen. Meine kleine Tochter lief mir mit offener Schlafanzugjacke bis zur Balkontür hinterher und bekam dortRötungen, wo die nackte Haut rausgeschaut hatte.
Jahrelang spürte ich einen ominösen Druck auf den Kopf, später wurde eine geschrumpfte Hirnrinde festgestellt, doch kein Arzt räumte ein, der unerklärliche Befund sei auf die radioaktive Strahlung zurückzuführen. Ich bekam ein Medikament verordnet, um die Hirndurchblutung zu verbessern und alles schien gut.
Doch nach der hirnrissigen Gesundheitsreform wurde das nebenwirkungsfreie Mittel nicht mehr bezahlt. Das kostenfreie Folge-Medikament enthielt einen weiteren Stoff, der eine Schaltstelle meines Hirns lahmlegte. Ich bekam Wahnvorstellungen, baute einen Unfall und wurde verurteilt.
Ein Jahr hatte ich keinerlei Gefühle mehr, meine Kreativität war verschwunden, mein Kurzzeitgedächtnis setzte aus und alte Erinnerungen waren weg. Seitdem brauche ich Ginkgo-Präparate zur besseren Durchblutung der Hirnrinde und dank hochdosiertem Vitamin B12 und Übungen konnte ich alle Hirnfunktionen wieder erlangen. Sobald ich die Pillen längere Zeit absetze, bekomme ich wieder Aussetzer.
Staatliche Stellen haben auf die Meldung dieser eklatanten Nebenwirkungen jahrelang nicht reagiert, die letzte hat mich mit Allgemeinplätzen abgewiegelt. Die Pharma-Firma weist jede Verantwortung ab, die Folgekosten darf ich allein tragen. Eine junge Ärztin bestätigte später die Symptome.
Als ich durch einen mit einem Desinfektionsmittel (das man roch) belasteten Lebkuchen krank wurde, wiegelte mich der Hersteller ab und das Gesundheitsamt zeichnete nicht zuständig. Ein andermal floss beim Garen extrem viel Wasser aus den Rouladen und nach dem Genuss bekam ich – längst in der Menopause – Schmierblutungen. Mein Arzt bestätigte die Vermutung, die Rinder seien mit Hormonen behandelt worden. Der Hersteller schickte als Wiedergutmachung ein Geschirrtuch und drohte im Begleitschreiben mit seinen Anwälten, wenn ich das öffentlich behaupte…
In was für einem Staat leben wir eigentlich? Warum gibt es kein staatliches Labor, wo Bürger auffällige Lebensmittel einsenden können, um verbotene Substanzen festzustellen? Erweist sich die Vermutung als richtig, müsste doch sofort eingegriffen werden, um die Ursachen zu beseitigen. Doch den Staatsorganen liegen die Profite der Wirtschaft offenbar mehr am Herzen, als die Gesundheit des Volkes…
Hippie-Bohème
Zurück ins München von 1968: Bei der nachfolgenden Rundfahrt imponierte mir der Baustil des Maximilianeums, die Bavaria erschien mir als bairische Freiheitsstatue und das neugotische Rathaus gefiel mir sehr. Nur die Suppe im Hofbräuhaus schmeckte fad. Durchs Siegestor neben der Universität spazierten wir zur Leopoldstraße, wo Studenten der Kunstakademie Bilder und Kunsthandwerk unter den Alleebäumen anboten. Verzaubert von der Künstlerszene beschloss ich, nach dem Abitur in München zu studieren.
München wurde für den Rest meiner Schulzeit das Ziel meiner Sehnsüchte. Wenn Scott Mc Kenzie im Radio von 'San Franzisco' sang, träumte ich, über den Schwabinger Freiluft-Kunstbasar zu schlendern und in den Hörsälen am Geschwister-Scholl-Platz meine Wissbegier zu befriedigen. Amerika war weit weg und die Landeshauptstadt so nah…
Im 3. Programm liefen Bilder aus der Schwabinger Hippie-Szene –ich konnte es kaum erwarten, dem fränkischen Kleinstadtmief zu entfliehen…
Während ich noch fürs Vorabitur büffelte, begannen die Studentenrevolten. Wir Kleinstadtmädchen müpften in der Schule recht gesittet auf, doch ein ewig gestriger Lehrer wollte sich nicht auf kritische Gespräche einlassen und floh aus dem Klassenzimmer, als fürchte er um Leib und Leben –dabei hatten wir Mädels von ihm nur höflich einen anspruchsvolleren Sozialkunde-Unterricht gefordert…
Im Fernsehen sah ich, wie Demonstrationen der APO und des SDS von der Polizei niedergeknüppelt wurden.
Was dachten sich die Politiker dabei? In der Schule wurden wir auf demokratische Werte hin getrimmt, lasen Dramen von Brecht und Dürrenmatt –doch sobald wir die Verhältnisse von hier und jetzt anprangerten, wurden wir autoritär abgewiegelt.
Kritik war nur an vergangen Zeiten erlaubt, dafür wurden uns die Gräuel des Dritten Reichs vor Augen geführt – doch vom Eichmann-Prozess abgesehen wurden Täter kaum verfolgt und die Mächtigen im Lande dachten weiterhin in autoritären Kategorien, wie zu Kaisers Zeiten. Wer sich dem nicht unterwarf, wurde als Staatsfeind angesehen. Und von dieser Willkür-Mentalität ist bis heute in manchen Amtsstuben noch einiges zu spüren…
Folge dieser rechtsradikal handelnden Staatsgewalt war eine linksextreme Gegengewalt in Form der RAF, die vom Staat mit Hysterie bekämpft wurde, während altvordere Nazis ungestört auf Waldfesten ihre Parolen trällerten und sich heimlich bewaffneten. Ein linksliberaler Jugendfreund wardazu eingeladen, weil er einen adligen Namen trug und man ihn deshalb als Gleichgesinnten ansah. Er gab sich nicht als Andersdenkender zu erkennen, genoss üppige Festessen, wurde mit den Töchtern der Gastgeber bekannt gemacht und gewann Einblicke in Geheimbünde, aus denen die NPD hervorging.
Der BND beobachtete das Treiben, schritt aber nicht ein. Wären Politiker damals nicht auf dem rechten Auge blind gewesen, sondern hätten den Anfängen gewehrt, hätte die braune Saat im Westen nicht erneut Früchte getragen…
Die Justiz der Weimarer Republik ließ einen Adolf Hitler einst frei, statt ihn wegen aufrührerischer Machenschaften hinzurichten. Den Zweiten Weltkrieg und die Auswüchse in den Konzentrationslagern, wie auch die heutige Nazibrut haben wir demokratiefeindlichen Richtern zu verdanken.
Fehlurteile sind bis heute an der Tagesordnung und das Winkeladvokatentum treibt seine Blüten – doch Studenten der Jurisprudenz auf ihre Gesinnung hin zu prüfen, ist noch keinem Politiker eingefallen. Dabei gibt es genügend schwarze Schafe, die dreisten Rechtsbruch begehen.
Das Recht darf die Gerechtigkeit nicht beugen!
Wie ticken Menschen?
Man glaubt es kaum, auch Politiker sind Menschen. Bei manchen merkt man das – Norbert Blüm ist so ein netter Feger und Walter Scheel hatte Charme. Andre tragen stets die gleiche Fratze vor sich her und faseln immer dieselbe Leier. Einige kommen von ihrer Großspurigkeit gar nicht mehr runter und dreschen nur noch griffige Schlagworte, um Dummköpfe zu beeindrucken.
Groteske Gestalten laufen manchmal auch auf unseren Straßen herum und es gibt landauf-landab bescheidene Gutmenschen. Die Masse jedoch besteht aus Leuten, die nie über den eignen Tellerrand hinaus gucken und nur ihr eigenes Wohl im Kopf haben. Bleiben noch Ganoven, an deren Untaten sich das Volk ergötzt, solange es nicht selbst von Übergriffen betroffen ist. Der klägliche Rest am Rande sind ideologisch beflissene Aussteiger und Ausgebootete, die haltlos durchs Leben gammeln.
Wenn wir nun wissen wollen, warum die einen so und die andern anders ticken, stellt sich die Frage, was uns denn so gemacht hat, wie wir geworden sind. Verhaltensweisen sind nämlich hirngesteuert – sogar die von Politikern …
Bei Herrn Trump frage ich mich allerdings, ob er Onkel Dagobert und Donald Duck in einer Person verkörpert, oder glaubt, das Volk bestehe aus Tick, Trick und Track.
Er hält den Armen eine Karotte vor die Nase und regiert in die eigene Tasche. Selbst seine Minister halten ihn für einen Trottel und so wird im Weißen Haus Washingtons ständig Bäumchen-wechsle-dich gespielt. Warum setzt ihn keiner ab, obwohl er im Hauruckverfahren seine Schlaumeierei durchsetzen will? Sieht die republikanische Elite der USA diesen albernen Twitter-Präsidenten als Experiment an? Tatsächlich wiegelt er die Staaten in Nahost gegeneinander auf und verkauft allen Waffen.
„Amerika first“ bedeutet offenbar, um des Profits willen Kriege heraufzubeschwören. Vernunftgelenktes Denkenist ihm fremd. Er handelt ohne Hintergrundwissen und beharrt auf seinem Standpunkt, weil er der Präsident ist – welch seltsames Demokratieverständnis. Donald Trump trifft Bauchentscheidungen – was auch auf seine Wähler schließen lässt, denn "gleich zu gleich gesellt sich gern".
Dummköpfe sind nicht lernwillig, sie verteidigen nur ihre plumpen Vorurteile.
Das tun viele denkfaule Menschen und handeln nur nach Bauchgefühl–einer Vernetzung eigenerErfahrungen mit erlernten Wertvorstellungen und unbefriedigten Trieben. Das Hirn versucht, unbewusste Inhalte und Wünsche in Einklang zu bringen und signalisiert dann gefühlsmäßig, wohin dieReise gehen soll. Wenn Leute etwas aus dem Bauch heraus meinen, spiegelt sich darin ihr persönliches Befinden vermischt mit dem Weltbild ihrer Subkultur und der einverleibten Medienwirklichkeit. Mit einer logischen Betrachtung von Tatsachen hat daswenig zu tun.
Putin beteiligt sich am Krieg Assads gegen das eigene Volk, stellt sich bei der UNO quer – undin Europa streitet man sich, wer die Flüchtlinge aufnimmt. Auf die Idee, Konfliktbeteiligte von Abstimmungen auszuschließen, kommt bei der UNO offenbar niemand. Sowas stinkt zum Himmel.
Wie entstehen Verhaltensweisen?
Jeder hat im Dunstkreis seiner Herkunft beobachtet, wie sich Familienangehörige, Nachbarn und Freunde verhalten oder ließ sich durch Filme und Werbung vorgaukeln, wie 'man' sich verhält. Nach diesen Vorbildern programmiert das Hirn, wie wir Eindruck schinden, uns beliebt machen, durchsetzen oder durchmogeln. Ob wir dann hochnäsig, untertänig, hilfsbereit, selbstsüchtig, wohlwollend, angriffslustig, hinterhältig oder anständig werden, hängt von den Rollenvorstellungen ab, die wir erlernt haben.
Bereits ein Sechsjähriger kann sich schlaue Strategien zurecht legen oder moralische Vorgaben erfüllen. Ab 10 vermögen Kinder abstrakt zu denken, dabei eigene und fremde Verhaltensweisen zu hinterfragen – deshalb sind sie für ihre Taten auch verantwortlich. Leider werdenBackfischehierzulande von der Justiz nicht zur Rechenschaft gezogen.
Weil man gedankenlosen 12-14- Jährigen nicht den Lebensstart verbauen will, sollen deren Opfer auf ihrem Schaden sitzen bleiben? Das verführt zum Missbrauch durch die halbwüchsigen Flegel und motiviert Eltern nicht gerade dazu, ihrer Brut Vorsicht im Straßenverkehr und Anstand beizubringen. Ob Jugendliche und Erwachsene angemessen bestraft werden, hängt vom Mut ihres Umfeldes ab.
Funktionäre trifft es nur selten, denn die Mehrheit der Duckmäuser erduldet viel, ehe sieauf die Barrikaden geht.
In Justizpalästen sitzen oft Richter mit obrigkeitshörigem Weltbild. Wie sonst käme es zu unterschlagenen Fällen? Helmut Kohls Parteispenden-Affäre wurde unter den Tisch gekehrtund F.J. Strauß war für die Justiz trotz des Schwarzbuchs, das verbieten zu lassen, ihm misslang, tabu.
Warum lassen sich vieleBürger alles gefallen?
Und wer ist anfälliger für Untertanenmentalität?
Je einsamer und verlorener gequälte Seelen sind, desto mehr Mut müssen sie aufwenden, um sich zu wehren. Die meisten trauen sich nicht, für ihre Rechte zu kämpfen und das wird ihnen von mächtigen Konzernen und Behörden ja auch schwer gemacht. Doch je besser das Volk vernetzt ist, desto eher tun sich Ohnmächtige zusammen.
Seit es Staaten gibt, wurde politischer Widerstand mit Versammlungsverboten gebremst und oftmals blutig beendet. Auch in der BRD gibt es staatliche Willkürakte.
In den 80iger Jahren stürmte Polizei einen vorlesungsfreien Hörsaal an der Ludwig Maximilians Universität, in dem Studenten friedlich über ihre soziale Situation diskutierten.
Der Dekan befürchtete Unruhen wie in den 60iger Jahren und rief voller Hysterie den bayrischen Innenminister um Hilfe an, obwohl niemand gestört oder bedroht wurde. Aus der friedlichen Versammlung wurdenTheologie-Studenten wie Verbrecher abgeführt und mit Kommilitonen anderer Fakultäten wie Terroristen erkennungsdienstlich behandelt. Wegen dieser staatlichen Übergriffe gab es Sammelklagen.
Heutzutage ermöglicht das Internetz weltweit Solidarität und lässt die Macht derer bröckeln, die ihre Positionen missbrauchen. Totalitäre Staaten, wie China, beschneiden deshalb den Zugang. Ein Staat, der das für nötig erachtet, stellt sich selbst ein Armutszeugnis aus.
Wikileaks folgt dem Enthüllungsjournalismus von Günter Wallraff und die Jagd nach Edward Snowden zeigt, dass die politische Elite Amerikas nicht diskussionsfähig ist. Trotz Sympathie der Deutschen gewährt ihm Deutschland kein Asyl, was die Unterwürfigkeit deutscher Politiker gegenüber den USA zeigt. Oder will man hierzulande die Begeisterung für Offenheit und Transparenz bremsen?
Gesellschaftliche Umwälzungen finden jedoch nicht nur friedlich statt, wie der Arabische Frühling zeigt. Länder, in denen mittelalterliche Denkweisen vorherrschen und selbst Analphabetentum verbreitet ist, schaffen den Sprung in die Neuzeit kaum. Man kann von einer traditionsverhafteten, ungebildeten Bevölkerung auch nicht erwarten, dass sie in einem Jahrzehnt 500 Jahre Entwicklungsgeschichte der Menschheit nachvollzieht. Geistige Eliten setzen sich mit klugen Einsichtenüberall nur im Schneckentempo durch.
Auch im aufgeklärten Europa hielten sich althergebrachte Mythen über Jahrhunderte – man denke an Galileo Galilei, den der Vatikan erst 1992 rehabilitierte. Mit dem Glauben wurde und wird bis heute der ärgste Schindluder getrieben. Der Islamismus gleicht der fanatischen Inquisition. Nur wird dort gesteinigt, wo hier verbrannt wurde.
Beschränkte Denkweisen behinderten seit jeher den Fortschritt. So fand in der DDR keine Entnazifizierung statt: Als 1945 die Russen anrückten, verbrannte die SS eiligst ihre Hakenkreuze, hisste rote Fahnen und nannte sich STASI. Wen wundert da PEGIDA?
Wenn es dummen Leuten schlecht geht, übertragen sie ihr Unbehagen auf ein Feindbild. Fremdenhass ist ja auch viel einfacher, als sich an die eigene Nase zu fassen und den Dreck vor der eigenen Tür zu kehren. Wer keine religiöse Erziehung genossen hat und nie über das Gleichnis vom barmherzigen Samariter nachdachte, kennt kein Erbarmen und zündet johlend Asylantenheime an.
Andererseits müssen wir im eigenen Land keine Ausländer dulden, die sich übergriffig verhalten oder klammheimlich ein terroristisches Netzwerk gründen, weil sie von einer muslimischen Weltherrschaft träumen. 2017 schrieb mich ein turkmenischer Predigeraus Berlin per SMS an, der mit Geldern aus Katar ein Emirat gründen und den Salafisten Pierre Vogel als Herrscher in Ostfriesland einsetzen wollte.
Beim Versuch, das anzuzeigen, wurde ich von Pontius nach Pilatus geschickt. Das Bundeskriminalamt verwies mich an die Landespolizei. Da zwei Bundesländer betroffen waren, schrieb ich beide an. Was dabei rauskam, erfuhr ich zufällig in den Fernsehnachrichten…
Überhaupt scheinen Behörden aufmerksame Bürger nicht als hilfreiche Partner anzusehen. 2018 kam ich einem Internetzbetrüger auf die Schliche, der offenbar weltweit agiert. Im August meldete ich das dem deutschen Standort von Interpol in Wiesbaden, erhielt von dort aber keine Antwort. Die Landespolizei leitete die Anzeige an die örtliche Polizei weiter, diese an die regionale Staatsanwaltschaft und die stellte das Verfahren ein. Der Kriminelle kann sich freuen.
Behörden sind Gestüte für Amtsschimmel.
Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger *1939
Staats-Gewalt
Wenn auf dieser Erde Blut vergossen wird, ist das nicht nur der Denkweise derer geschuldet, die ihre Interessen mit Gewalt durchsetzen wollen, sondern auch jener, die Mordwerkzeuge herstellen oder mit Waffen handeln. Mitschuldig an all den Gräueln sind korrupte Beamte, Politiker, die sie in Kauf nehmen, und Bürger, die solche Politiker wählen, obwohl die Skandale aufgedeckt wurden.
Doch wie kommt es zu derartiger politischer Hilflosigkeit? Unser Volk fühlt sich dem System ausgeliefert, das vorgibt, demokratisch zu sein, sich aber einen Dreck um Moral oder Bürgermeinungen schert. Wie lässt sich das ändern?
Wir sollten Weisheit statt Waffen exportieren, doch das wird erst geschehen, wenn sich die Denkweise der Mehrheitaller Menschen von Grund auf ändert. Solange das Schielen nach dem eigenen Vorteil, Faulheit und Feigheit die Welt regieren, bleibt diese Erde ein Jammertal. Wohlmeinende Appelle nutzen nichts, weil sie für die Sozialisation viel zu spät kommen. Der Volksmund weiß warum:
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Zwar können Menschen später noch umlernen, doch das ist mühsam und ohne Not tut das keiner.
Umdenken setzt Denken voraus.
© Walter Ludin *1945
Man frage also:
Wie werden aus unschuldigen Neugeborenen verbohrte Raffgeier, die alles Wertvolle zerstören?
Wodurch verwandeln sich Wonneproppenin unterwürfige Feiglinge, die alles hinnehmen?
Fangen wir bei den Anfängen der Charakterbildung an, dann werden wir auch die Denkweise vieler Politiker und Wähler besser verstehen.
Verankerte und Ausgegrenzte
Verhaltensweisen entstehen durch die Art und Weise, wie Eltern mit ihren Kindern umgehen. Das kann verheerende Folgen haben. Manchmal zeigt sich dies bereits während der ersten Trotzphase, aus der manche nie herauskommen. Doch der Reihe nach:
Angenommen, eine Frau wird unerwünscht schwanger, und ihr Umfeld erwartet, das Kind großzuziehen (Adoptiveltern würden ihr diese Last gerne abnehmen). Wie verhält sich diese Mutter wider Willen ihrem Kind gegenüber?
Von erschütternden Fällen abgesehen, wo Neugeborene ausgesetzt oder Säuglinge erschlagen werden, gibt es auch unglückliche Kinder, die gut genährt und gekleidet, jedoch seelisch drangsaliert werden. Tagtäglich kriegen sie aufs Butterbrot geschmiert, sie seien ein Schandfleck, ähnelten ihrem Erzeuger, kosteten zu viel Geld und wären nur ein Klotz am Bein. Daraus entstehen Minderwertigkeitsgefühle, die zu Misstrauen und Schüchternheit führen, denn wer von klein auf Herabsetzungen schluckt, lebt ständig in der Angst vor Zurückweisung.
Ringt sich so ein gedemütigtes Wesen irgendwann durch, jemandem zu vertrauen und wird dann enttäuscht, bricht im Kopf dieses Menschen eine Welt zusammen. Das sind dann jene Unglücklichen, die im Kummer ertrinken und aus ihrer Verzweiflung schwer wieder herauskommen.
Vom privaten Seelenschmerz abgesehen macht man ohne Selbstvertrauen auch keine Karriere, denn Mitschüler oder Kollegen spüren jede Unsicherheit und tanzen demjenigen – zumal, wenn derjenige mehr Grips hat – höhnisch auf der Nase herum. Sensible Geister werden vom Pöbel gemobbt und wissen sich nicht zu helfen, weil ihre Argumente an überheblichen Sturschädeln abprallen. Dagegen hilft nur, die Angreifer bloßzustellen – bloß lernt das keiner.
Wie kann man solch eine Entwicklung verhindern?
Bestimmt nicht, indem man Säuglinge in Kinderkrippen ablegt, wo sie mangels ausreichender Betreuung verkümmern, und nach Feierabend gestressten Eltern überlässt.
Babys brauchen ständige Zuwendung und Erwachsene müssen richtige Pflege und Erziehung lernen, bevor sie Kinder in die Welt setzen! Wer keine eigenen Kinder hat, begegnet ihnen und sollte sich dann auch richtig verhalten.
Erzieher und Grundschullehrer nervt es, wenn sie kleine Teufel bis Mittwoch bändigen müssen, um sie am Freitag in ein Elternhaus zu entlassen, aus dem sie montags wieder gestört in Kindergarten oder Schule erscheinen.
Viele Lehrer weiterführender Schulen haben auch wenig Ahnung von Sozialpsychologie und wissen nicht, wie sie sich gegenüber auffälligen Schülern verhalten sollen.
Der Zweck der Erziehung ist, die Kinder dem Spiel des Zufalls zu entreißen.
Johann Friedrich Herbart 1776 - 1841
Was ständiges Hin und Her für die Betroffenen bedeutet, darüber denkt keiner nach: Es verstört Kinder, wenn sie sich gegenteiligen Werthaltungen anpassen sollen, denn sie wissen dann nicht mehr, woran sie sich nun halten sollen. Gelten die Regeln der Eltern –sofern es bei denen überhaupt nachvollziehbare gibt, oder jene der Schule?
Oft fällt die Entscheidung zugunsten der Familie, denn in öffentlichen Einrichtungen sind sie nur eins von vielen und als Störenfriede weder bei anderen Kindern, noch bei den Betreuern beliebt.
Das menschlichste Geschäft ist es, Menschen zu erziehen.
Friedrich Rückert 1788 - 1866
Warum aber sind Eltern unfähig, ihre Kinder zu erziehen?
Und welche Auswirkungen hat das auf die Politik?
Entwicklungshindernisse
Babys brauchen eine Glucke, die sie liebevoll umsorgt und dann schrittweise ins Leben entlässt. Dieser Vorgang des Behütens und Loslassens, des Förderns und Forderns erstreckt sich über 20 Jahre, wobei die Leine schrittweiseso lange gelockert werden muss, bis sie überflüssig wird.
Viele Menschen vollziehen diese Entwicklung nie, weil die Eltern ihnen keine Verhaltensmaßstäbe erklären oder sie maßlos überbehüten. In der Folge suchen Unsicheredann Orientierung beim Partner, in Religionen und Subkulturen, bei esoterischem Hokuspokus, oder politischen Führern.
Die sklavische Hingabe des nordkoreanischen Volkes zeigt, zu welch abartiger Hysterie Menschen fähig sind. Unter Hitler rief das Deutsche Volk ebenso „Führer befiehl, wir folgen Dir“ –und das taten sie bis zum Untergang.
Unreife Geister kennen keine Eigenverantwortung.
Sie legen ihr Wohlergehen lieber in die Hand des Partners, einer Gottheit, eines Gurus, oder des Staatsoberhaupts, das für sie Entscheidungen trifft. Ist solch ein Untertanengeist mit seinem Los unzufrieden, sind natürlich andere schuld – was Volksverhetzern Tür und Tor öffnet. Ansonsten wird über das scheinbar unausweichliche Schicksal gejammert.
Kriminelle suchen gezielt nur nach dem eigenen Vorteil und scheren sich nicht die Bohne um Recht und Gesetz.
Leute mit solchen Denkweise sind nicht demokratiefähig. Deshalb muss uns daran liegen, geistig und seelisch intakte Menschen großzuziehen, die selbständig denken können.
Es fragt sich also:
Wie entwickelt sich ein Kind am besten?
Was sollten Eltern tun und was vermeiden?
Welche Regeln müssen gelten,um moralisch einwandfrei zu ticken?
In erster Linie sollte ein Kind von Eltern und Umfeld vorbehaltlos angenommen zu werden. Schenkt eine unreife Mutter ihrem Sprössling kaum Beachtung, weil für sie das Vergnügen wichtiger ist, als das Wohlergehen des hilflosen Säuglings, kriegt das Baby einen Knacks ab. Es kann kein Urvertrauen entwickeln und scheut sich später, Freundschaften einzugehen. Wann immer so ein Mensch zu einer Person Nähe aufbaut, beschleicht ihngleichzeitig die Furcht vor Enttäuschung – und je größer die Zuneigung, desto stärker ist die Angst vor Zurückweisung.
Fatalerweise hat ein seelisch vernachlässigtes Kind einen großen Nachholbedarf an Liebe und ist dadurch leicht zu beeinflussen – ein gefundenes Fressen für hinterhältige Verführer. So gerät eine geschundene Seele in Abhängigkeit von Leuten, die ihre Zuneigung schamlos ausnutzen. Mir fiel das auf, wenn ich als Studentin an der Leopoldstraße entlang lief. Immer, wenn es mir schlecht ging, wurde ich von Typen angelabert, die auf den Bänken herum lungerten und Ausschau nach Opfern hielten.
Fallen unglückliche Menschen auf solche Gefühlsgeier rein und durchschauen zu spät das falsche Spiel, fürchten sie oft Widerstand zu leisten, weil sie Angst davor haben, allein zu bleiben. Sie zahlen einen hohen Preis für ihre Scheu, Ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen.
Manche verfallen in ihrer Verzweiflung in Promiskuität, weil sie Sex mit Liebe verwechseln. Die Sehnsucht nach Zuneigung führt bei Selbstbewussten oft auch dazu, sich als Angeber aufzuspielen, hochnäsig herumzuzicken, oder mit bizarren Frisuren und schrulligem Verhalten aufzufallen.
ÄngstlicheNaturen entwickeln sich manchmal auch zu Vollkommenheitsfanatikern, die ihr inneres Gleichgewicht davon abhängig machen, unangreifbar zu sein. Bei jeder kleinen Blöße befürchten sie ihren Untergang und sobald jemand etwas an ihnen bemängelt, drehen sie durch.
Sorgfältige Arbeit verdient Anerkennung, übertriebener Ehrgeiz hingegen stresst die Seele, nervt die Umwelt und gebiert Eigenbrötlerei. Ein gesundes Selbstwertgefühl hingegen macht Leute gelassen und lässt Selbstkritik zu.
Die gleichen Folgen hat die Ablehnung von Verwandten, Nachbarn, Spiel-, Schul- oder Sportskameraden:
Wird ein Kind gehänselt, weil es abweicht – ob es nun eine schiefe Nase, schäbige Kleidung, ein Gebrechen oder eine fremde Herkunft hat – wächst es in der Vorstellung auf, minderwertig zu sein und wird sich deshalb nichts zutrauen –oder aber ständig auf sich aufmerksam machen wollen: Der notorische Störenfried oder Klassenkasper.
Schlimmstenfalls sinnt so ein Außenseiter auf Rache und kapselt sich in seine eigene Wunschwelt ab – der Beginn krankhafter Machtgier, religiöser Wahnideen, ideologischer Verbohrtheit oder einer Verbrecherlaufbahn.
Stecken schon die Eltern voller Komplexe, übertragen sie ihre Ängste aufs Kind. Mit der Geschlechtsreife wurde nämlich noch keiner im Kopf erwachsen ‒ dazu bedarf es gründlicher Denkprozesse. Andre nehmen bescheidene Verhältnisse hin, wiegen sie mit Proletenstolz auf und erwarten, dass ihr Kind darin verharrt. Damit verbauen sie intelligenten Nachkommen die Karriere. Es gibt auch heute noch Arbeiter und Bauern, die hoch begabten Kindern eine höhere Schule oder ein Studium verweigern, weil der Nachwuchs nichts Besseres werden darf, als sie selbst.
Bevormundung durch Eltern, die ihre Macht ausspielen, obwohl es ihnen am Durchblick fehlt, hat arge Folgen:
Ein Mädchen beklagte bei gf ihre Angst vor Eltern, die sie bevormunden und rechthaberisch anschreien, weil sie sich mit Elektronik besser auskennt und nur helfen wollte. Sie fragte, was mal aus ihr werden soll, wenn sie sich nicht mehr traut, ihre Meinung zu sagen. Elternrecht darf nicht willkürlich ohne jegliche Kompetenz ausgeübt werden!
Selbst wenn ein Kind aus kleinen Verhältnissen studiert, sucht es nach Möglichkeiten, sich hervorzutun:
Anfang der 70iger Jahre lief im AK-Film des Olympiadorfs eine Studentin mit Turban herum, wie die Filmdiven der Vorkriegszeit. Sie stammte aus dem Arbeitermilieu und wollte mit ihrer albernen Aufmachung offenbar betonen, zu Höherem berufen zu sein. Zur Wende stolzierten zwei hässliche Mädchen aus dem Osten in ähnlichem Aufzug durch ein Kuhdorf nahe Salzburg und kamen sich toll vor, weil sie nun im Westen zur Schauspielschule gingen.
Ein junger Assistenzarzt in einer Kurklinik trank in jeder Mittagspause mit den Schwestern Sekt, riss pausenlos Witze und sonnte sich in Bewunderung. Dass bei dem Gejohle die Patienten ringsum keine Ruhe fanden, kam ihm nicht in den Sinn. Eine Benimmschule an Universitäten wäre wohl bei vielen zukünftigen Akademikern angebracht…
Bestimmt das Wunschdenkenakademischer Eltern den Bildungsweg der Sprösslinge, kann das genauso auf Abwege führen, denn ein eher handwerklich begabtes Kind kann durch schulische Überforderung in Verzweiflung geraten oder sich hochmütig überschätzen und nach Fehlschlägen den Halt verlieren. Manche hangeln sich dann mit Hilfe von Ghostwritern für Diplomarbeiten durch.
Typisch für die Vermessenheit verzogener Kinder sind jene voice-kids, die gleich damit prahlen, siegen zu wollen und bereits bei der blind audition durchfallen.
Männer, die sich minderwertig fühlen, verunsichern gern Frauen, indem sie deren Fähigkeiten verächtlich machen oder grundlos an ihnen herum mäkeln. Mein Ex hatte für meine Studienerfolge nur ein abschätziges „so?“ übrig, ein Mann mit 10kg Übergewicht bekrittelte meine Idealfigur.
Offenbar putscht herablassendes Getue ein geringes Selbstwertgefühl auf – nett zu intelligenten Frauen sind nur kluge Männer, die keinen Grund sehen, an sich zu zweifeln.
Ein besonderes Problem sind überbehütende Mütter: Aus Angst, dem Nachwuchs könne ein Unheil geschehen, wird das Kind ständig ausgebremst. Jede sich bietende Möglichkeit, sich auszuprobieren und oder durch Erfolgserlebnisse Selbstbewusstsein zu entwickeln, wird dem Kind verwehrt. Hier ein Beispiel:
Auf dem Spielplatz am Schliersee hielt ich meiner 15 Monate alten Tochter hilfreich die Hand unter den Hintern, als sie unbedingt die Leiter zu einer kleinen Rutsche hinauf klettern wollte. Sie konnte erst sechs Wochen laufen und zitterte vor Anstrengung, hangelte sich aber mit eisernem Willen hoch. Oben sitzend zögerte sie. Ich reichte ihr die Hand und lief beim Hinunterrutschen neben ihr her.