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Am ersten Dezember beginnt die Suche nach dem ersten Türchen, während man sich am Nikolaustag fragt, ob dieser einen vergessen haben könnte und Elefant Darjeeling muss auf einmal feststellen, dass gar nicht stimmt, was ihm Hilde immer erzählt hat. Es wird ein wunderbarer neuer Kleiderständer entdeckt, der sich am Ende als etwas anderes entpuppt und wieso leuchtet auf einmal die Wäscheleine? Ben hingegen lässt den Baum schon vor Heiligabend nadeln und dann wird die Zeit knapp, um die Gans noch rechtzeitig abzuholen. 24 Minutengeschichten, die jeden Tag gelesen, einem die Zeit bis zum Heiligabend verkürzen werden. Die Geschichten sind nicht besonders lang, können in weniger als fünf Minuten gelesen werden. Sie sind lustig, mal traurig und mal nachdenklich. In der einen oder anderen Geschichte wird man sich gewiss wiederfinden.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Inhaltsverzeichnis
1. Dezember: Wenn das erste Türchen fehlt
2. Dezember: Moderne Kunst
3. Dezember: Leuchtende Wäscheleine
4. Dezember: Wo ist der Stand?
5. Dezember: Drei ist keine zwei
6. Dezember: Vom Nikolaus vergessen?
7. Dezember: Die Qual der Tee-Wahl
8. Dezember: Streuselparadies
9. Dezember: Schöne Akustik
10. Dezember: Tannenbau-Transport
11. Dezember: Knoten für Weihnachten
12. Dezember: Weihnachtsmann und Nikolaus
13. Dezember: Kleiderständer mit besonderen Funktionen
14. Dezember: Fehlende Seite
15. Dezember: Haltet den Dieb!
16. Dezember: Adventsmusikkonzert im Altenheim
17. Dezember: Düstere Gestalten im Garten
18. Dezember: Nichts gesehen
19. Dezember: Es schmeckt auch ohne Butter
20. Dezember: Belegt
21. Dezember: Ben, lass die Nadeln dran
22. Dezember: Die Gans ist weg!
23. Dezember: Nimm mich mit!
24. Dezember: Die Zeit läuft
Voller Vorfreude lief Emil in die Küche zu seinem Adventskalender, um das erste Türchen zu öffnen.
Seit Tagen stand der Kasten auf der Fensterbank. Wie oft hatte er schon eines der Türchen heimlich öffnen wollen, aber sein Vater hatte geahnt, was er vorhatte und die Vorderseite nach hinten gedreht.
Jetzt durfte er das erste Türchen öffnen, es war der erste Dezember.
Er nahm seinen Adventskalender von der Fensterbank und suchte das erste Türchen. Links oben war es nicht, auch nicht in der Mitte. Weder links noch rechts, konnte er eine eins entdecken. Wo war das erste Türchen?
Emil wurde hektisch. Es konnte nicht sein, dass es die eins nicht gab. Die musste da sein. Jeder Adventskalender begann mit der eins. Wieso dieser nicht?
Da war nichts, dort auch nicht, hier ebenfalls nicht. Wo war das Türchen?
Emil suchte Vorder- und Rückseite nach der eins und konnte sie nicht finden. Was war das für ein blöder Adventskalender?
Wütend warf er den Karton über den Tisch auf den Boden. So was wollte er nicht haben. Wahrscheinlich gab es auch kein zweites Türchen.
“Emil, was machst du da?”, wollte seine Mutter wissen, die in die Küche gekommen war. “Was wirfst du deinen Adventskalender auf den Boden? Du hast ihn dir doch gewünscht, obwohl Papa und ich dir einen anderen kaufen wollten.”
Sie hob den bunten Karton auf und legte ihn auf den Tisch.
“Der ist blöd!”, sagte Emil und schob seinen Adventskalender von sich.
“Wieso denn? In den letzten Tagen hast du immer versucht, heimlich eines der Türchen zu öffnen.”
“Die eins ist nicht da”, jammerte ihr Sohn.
“Was, es gibt kein erstes Türchen?”, empörte sich seine Mutter. “Wie kann das sein?”
“Es ist nicht da!”
Emils Mutter zog den Karton zu sich heran und sah sich die Türchen an. Sie suchte einmal, sie suchte zweimal und sie suchte ein drittes Mal.
“Tatsächlich, es scheint das erste Türchen zu fehlen. Wollen wir noch einmal alles überprüfen? Vielleicht hat sich die eins irgendwo versteckt.”
“Ist nicht da!”
Emil wollte von der Sitzbank springen und in sein Zimmer laufen.
“Jetzt warte mal. Guck, sieht das nicht nach einer eins aus?”, fragte seine Mutter und zeigte auf ein Türchen links von der Mitte.
Widerwillig sah ihr Sohn auf die Zahl.
"Das ist eine zehn."
"Sieh mal genauer hin, Emil. Die zehn ist hier unten, aber dieses Türchen zeigt eine andere Zahl an. Welche?"
"Eine eins?"
Er sah genauer hin und jetzt erkannte er, dass der ovale Kreis, den er immer für eine null gehalten hatte, einen komischen Kringel darstellen sollte. Und er hatte die ganze Zeit gedacht, es würde keine eins geben. Dabei hätte ihm auffallen müssen, dass die zehn zweimal da war.
"Genau. Es gibt nämlich keine Adventskalender mit weniger als 24 Türchen. Mit 32 hingegen schon. Der geht bis Neujahr."
Emil hörte schon gar nicht mehr, was seine Mutter sagte, sondern hatte das allererste Türchen geöffnet und spielte mit dem Auto, dass er dort gefunden hatte. All die Aufregung war vergessen, dass er die eins nicht gefunden hatte.
Der Kreidestift lag bereit, die Anleitung in dem Buch, das sie sich gekauft hatte, war aufgeschlagen. Es konnte losgehen. Halt, erst musste sie die Scheibe noch einmal gründlich von Fettfingern und anderem säubern. Nicht, dass nachher der Stift an einigen Stellen nicht malte, weil jemand die Scheibe angefasst hatte. Löcher in den Motiven wollte sie unbedingt vermeiden.
Karla wischte sich die Hände an der Hose ab. Vor lauter Aufregung, weil sie gleich ein winterliches Motiv auf die Fensterscheibe zaubern würde, hatte sie ganz feuchte Finger.
Seit Jahren hatte sie neidisch auf die Fenster der Nachbarn geblickt, die so schön von ihren Bewohnern mit einem Kreidefilzstift verschönert worden waren. Erst hatte sie diesen blöden Stift nicht bekommen und als sie den endlich hatte, war ihr nichts eingefallen, was sie hätte zeichnen können. Fröhliche Weihnachten in besonders schönen Lettern zu schreiben, war ihr zu einfallslos gewesen. Jetzt hatte sie dieses Buch mit fünfzig Vorlagen und aus diesen hatte sie sich etwas zusammengestellt, um das Wohnzimmerfenster auszufüllen.
Ihre Freundin Inga würde nachher Augen machen, wenn sie zu Besuch kam. Jetzt würde sie sich daran machen, die Motive auf die Fensterinnenseite zu malen. Zum Glück konnte sie das von der warmen Stube aus machen und musste nicht draußen rumturnen. Bei dem Wetter würde sie in zwei Minuten ihre Finger nicht mehr spüren, weil sie eingefroren waren.
Im Zeichnen war sie immer gut gewesen, hatte es aber seit der Schulzeit nicht mehr gemacht. So was verlernte man nicht. Mit Eifer ging Karla an die Arbeit.
Erschöpft legte sie den Stift weg und wischte sich die Stirn. So einfach, wie sie es sich vorgestellt hatte, war es am Ende nicht gewesen, aber jetzt war das Fenster mit weihnachtlichen Motiven vollgemalt und konnte von draußen bewundert werden.
Es klingelte an der Tür, gerade richtig war sie fertig geworden.
Aufgeregt lief sie in den Flur und konnte es kaum abwarten zu erfahren, was Inga zu ihrem Werk sagen würde.
"Stell dir vor, was ich eben gesehen habe, als ich die Straße überquert habe. Da hat jemand, dem jegliches Zeichentalent fehlt, ein Fenster vollgemalt", wurde sie von ihrer Freundin begrüßt.
"Vielleicht war das ein Kind", meinte Karla. "Manche Eltern finden die Zeichnungen ihrer Kinder total süß, auch wenn es sich nur um Gekrakel handelt."
"Gekrakel, du sagst es. Genauso sah das aus."
"Ich habe auch ein Fenster weihnachtlich verziert. Das gibt jetzt diese Vorlagenbücher."
"Ach ja, ich habe die gesehen, aber für mich wäre das nichts. Ich würde nicht einmal einen Tannenzapfen richtig hinmalen, wenn die Vorlage auf dem Fensterglas aufliegen würde. Du kennst mein Talent. Ich hatte im Zeichnen immer eine Vier und das war noch nett gemeint."
"Komm mit und sag mir, wie du es findest."
Stolz führte Karla ihre Freundin ins Wohnzimmer und wies auf die verzierte Fensterscheibe. Inga wäre in diesem Augenblick am liebsten im Boden versunken. Was sie von draußen gesehen und für Krickelkrakel gehalten hatte, war Karlas Zeichnung gewesen. Was auch immer das darstellen sollte, sie konnte es nicht erkennen. Was sagte sie nur, um ihre Freundin nicht zu verärgern?
"Sehr schön! Ist das moderne Kunst?"
Die Leine kam ihr gerade recht, um die nasse Wäsche aufzuhängen. Ihr Sohn hatte einen Wäschetrockner, aber so was benutzte man nur, wenn man keine Möglichkeit hatte, die feuchte Wäsche an der frischen Luft zu trocknen. Der Balkon war ideal. Es wehte ein wenig, aber nicht zu stark und die Sonne ließ sich ab und an auch blicken.
Sie konnte sich denken, was Sohn und Schwiegertochter sagen würden, wenn sie sahen, dass sie die Wäsche auf dem Balkon trocknete, aber das war viel umweltfreundlicher. Wurde den Menschen heutzutage nicht ständig gepredigt, sie sollten nicht so viel Strom verschwenden und gut mit ihrer Kleidung umgehen, damit sie nicht jedes Jahr was Neues kaufen mussten, weil nichts länger hielt als ein paar Monate?