Nachts, wenn die Klingel geht - Helen Hoffmann - E-Book

Nachts, wenn die Klingel geht E-Book

Helen Hoffmann

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Beschreibung

Es hätte eine ruhige Nacht werden können, wenn Kathrin nicht um halb drei der Meinung gewesen wäre, einen Geburtstagskuchen für meinen Mitbewohner backen zu müssen.

Leider konnte sie das nicht bei sich zu Hause machen, sondern musste dafür ihre beste Freundin, also mich, aufsuchen. Dass andere Menschen zu dieser Zeit schlafen wollen, scheint sie vergessen zu haben.

Natürlich funktioniert wieder nichts so, wie es soll. Erst fällt der Strom aus und schließlich schlägt auch noch der Rauchmelder Alarm.

Der Kuchen hat sich ein ein hartes Kohlebrikett verwandelt. Ob da noch was zu retten ist?

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Veröffentlichungsjahr: 2016

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Helen Hoffmann

Nachts, wenn die Klingel geht

Die Erlebnisse einer Großstädterin

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Nachts, wenn die Klingel geht

Unerbärmlich schrillt die Klingel durch die Wohnung bis in mein Zimmer und dringt an mein Ohr.

Das konnte nicht wahr sein! Wer besaß die Unverschämtheit, meine heilige Nachtruhe zu stören? Es ist mitten in der Nacht, was die Person dort draußen allerdings herzlich wenig zu stören scheint.

Wozu ist die Nacht eigentlich da, wenn nicht zum Schlafen? Nun ja, sang Gustaf Gründgens in dem Film Tanz auf dem Vulkan nicht das Lied Die Nacht ist nicht allein zum schlafen da? Das heißt nun noch lange nicht, dass ich mich daran halte. Wenn es Nacht ist, will ich schlafen. Und da hat mich dann niemand zu stören! Egal, wie wichtig die Nachricht sein sollte, die man mir mitteilen will. So etwas hat Zeit bis zum morgigen Tag. Jetzt wird geschlafen!

So weit zur Theorie.

Ich drehe mich auf die andere Seite um, ziehe mir die Decke über den Kopf und hoffe, dass der nächtliche Ruhestörer aufgeben und sich verziehen wird. Meine Augen habe ich sowieso nicht aufgemacht, würde mein Einschlafen nur erschweren. Irgendwie muss man sein Gehirn überlisten.

Da liege ich also im Bett und hoffe auf schöne Träume.

Leider zu früh gefreut. Gerade war ich wieder am wegdämmern, als erneut jemand die Klingel und meine Nerven malträtiert.

Ich ziehe mir wieder die Decke über die Ohren und hoffe, der nächtliche Ruhestörer möge aufgeben oder mein Mitbewohner möge ihn verscheuchen.

Nichts geschieht. Inzwischen schien der unbekannte Ruhestörer nach irgendeinem bestimmten Rhythmus, der sich mir nicht erschließt, die Klingel zu bedienen. An - Stille - An - An, wieder Stille.

Mein Herz klopft mir inzwischen bis zum Hals. An Schlaf ist nicht mehr zu denken.

Ich also aus dem Bett raus zur Tür. Mein Mitbewohner fröhnt noch immer dem Tiefschlaf, wie man seinem Schnarchen entnehmen kann. Wie ist es möglich, bei diesem Lärm zu schlafen? Nur wenn man sich leise unterhält, wacht er unter Garantie auf. Nein, ich verstehe es nicht.

Der nächtliche Ruhestörer versucht es unterdessen wieder mit seinem Dauerklingeln.

Genervt betätige ich die Gegensprechanlage.

"Wer stört?", frage ich in bester Oberst Klink-Manier.

"Mach schon auf. Es ist kalt", dringt blechern eine wohlbekannte Stimme an mein Ohr.

Herrje, ich muss träumen. Das kann einfach nicht wahr sein, dass dies die Wirklichkeit ist. Gleich werde ich erwachen und in meinem warmen Bett liegen.

Ich zwicke mich in die Wange. Es schmerzt und ich stehe immer noch an der Tür, den Hörer der Gegensprechanlage in der Hand.

Es ist die Wirklichkeit, ich bin wach und träume definitiv nicht. Wieso ist die Realität immer schlimmer als ein Alptraum?

Wieder klingelt es.

"Was willst du, Kathrin?", blaffe ich in den Hörer.

Ich muss mich zusammenreißen, um ruhig zu bleiben.

"Ich friere, lass mich rein!"

Wie schön, wenn einem die Fragen nicht beantwortet werden, sondern man stattdessen Befehle erhält.

Also drücke ich seufzend auf den Türöffner. Was bleibt mir anderes übrig? Kathrin würde so lange den Klingelknopf drücken bis entweder der Draht durchglüht oder ich einen Nervenzusammenbruch samt Herzinfarkt erleide.

Ganz ehrlich: Ich kann das Läuten der Türklingel nicht vertragen, bekomme jedes Mal Herzrasen, wenn jemand diese betätigt. Dabei bin ich nun wirklich nicht von zartem Gemüt.

Ich schließe die Tür auf, öffne sie und lehne sie an, damit Kathrin hereinkommen kann.

Derweil frage ich mich, was sie bloß um diese nachtschlafende Zeit von mir will. Falls sie sich wieder einmal mit ihrer Mutter gezofft hat, kann sie gleich wieder nach Hause gehen. Deren Streitereien sind beinahe alltäglich.

"Wieso hast du denn die Tür noch zu?", höre ich die gedämpfte Stimme meiner besten Freundin hinter der abgelehnten Tür.

Noch bevor ich den Griff nehmen und die Tür öffnen kann, schlägt diese mir gegen die Stirn. Ein gedämpfter Schmerzenslaut entfährt mir und für einen kurzen Augenblick sehe ich Sterne vor meinen Augen aufleuchten. Orientierungslos wanke ich ein paar Schritte rückwärts.

"Die ist ja auf", höre ich Kathrin murmeln.

Bevor sie mir das massive Holz noch einmal an meine lädierte Birne schlagen kann, bringe ich mich aus dem Gefahrenbereich.

Meine Freundin betritt meine Wohnung und sieht sich suchend um.

Ich halte mir die Stirn, die höllisch wehtut. Hoffentlich habe ich mir keinen Schädelbruch oder ähnliches zugezogen. Die Wucht, mit der ich die Tür an den Kopf bekommen habe, würde diesen Schluss zulassen. Vielleicht sollte ich auf meinen harten Schädel vertrauen. Bisher hat der einiges ausgehalten, ohne zu Bruch zu gehen.

"Ach, da bist du", sagt Kathrin, als sie mich endlich entdeckt hat. "Wieso versteckst du dich denn?"

"Verstecken?" Ich weiß überhaupt nicht, worauf sie hinauswill. "Sei froh, wenn ich dich nicht gleich wieder rausschmeiße. Mir einfach die Tür an den Kopf zu schlagen. Geht's noch?", sage ich und reibe mir über die immer noch schmerzende Stirn.

"Jeder normale Mensch steht in der Tür, um seinen Besuch zu empfangen", entgegnet meine Freundin.

"Und jeder normale Mensch klingelt nicht mitten in der Nacht andere aus dem Bett", erwidere ich.

Die Kritik ging leider an Kathrin vorbei. Wie so vieles, was man ihr sagt. Wahrscheinlich hat sie deshalb öfters Stress mit ihrer Mutter.

"Gib mir einen Schlüssel und du hast das Problem nicht."

Das wurde immer schöner. Ich müsste lebensmüde sein, Kathrin jemals diesen Gefallen zu tun.

"Was willst du eigentlich?"

"Einen Kuchen backen", erwidert meine Freundin strahlend und nimmt ihren Rucksack ab. "Hier hab ich alles drin, was ich brauche."

"Den Kuchen kannst du auch bei dir Zuhause backen und musst mich nicht nachts heimsuchen. Warum willst du überhaupt einen Kuchen backen? Ostern war doch erst."

"Hat dein Mitbewohner morgen...", Kathrin sieht auf die Uhr, die im Flur hing und korrigierte sich, "besser heute Geburtstag?"

"Und deshalb schmeißt du mich aus dem Bett? Spinnst du?" "Nicht mehr als du", entgegnete Kathrin ruhig.

Sie versteht es, einem den Wind aus den Segeln zu nehmen.

"Gut, du willst für meinen Mitbewohner einen Kuchen backen", stelle ich fest, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll, aber nicht schweigen will.

"Korrekt", bestätigt meine beste Freundin und hievt den Rucksack wieder auf ihren Rücken. "Ich geh dann mal in die Küche."

Sprachlos sehe ich ihr hinterher, bevor ich mich besinne und ihr in die Küche folge.

Kathrin ist gerade dabei, den Rucksack zu leeren. Mehl, Zucker und Nüsse stehen bereits auf dem Küchentisch. Es folgt ein zerknauschtes Stück Butter, eine Packung Eier und eine Guglhupfform.

Hoffentlich merkt Kathrins Mutter nicht, dass ihre Tochter eine Kuchenform entwendet hat, sonst ist der nächste Ärger vorprogrammiert.

Schließlich holt sich Kathrin aus meinen Schränken noch Teigschüssel und Mixer. Immer wieder erstaunlich, dass sie sich bei mir bald besser auskennt als ich. Ob mein Mitbewohner sie manchmal heimlich einlässt? Vielleicht sollte ich ein ernstes Wörtchen mit ihm reden.

Schweigend sehe ich zu, wie Kathrin Mehl und Zucker im Messbecher abmisst und es in die Teigschüssel schüttet.

Anschließend wendet sie sich den Beuteln Haselnüssen zu.

"Hast du eine Küchenmaschine, wo wir die Nüsse zerkleinern können?"

"Klar, aber nicht um diese Uhrzeit", erwidere ich.

"Wieso?", fragt Kathrin allen Ernstes.

"Weil es mitten in der Nacht ist. Du wirst alle im Haus mit dem Krach aufwecken. Aber von Nachtruhe hast du eh noch nie etwas gehört, sonst hättest du hier nicht um...", ich blicke zur Uhr, "um halb drei Sturm geklingelt und mich aus dem Bett geworfen. Ich brauche meinen Schlaf - im Gegensatz zu dir."

Natürlich geht auch diese Strafpredigt an Kathrin vorbei. Manchmal kann ich verstehen, dass sie ihre Mutter zur Weißglut treibt.

"Und wie kriege ich die Nüsse gemahlen? Soll ich sie in deine Kaffeemühle stecken?"

Ich merke, wie sich meine Augen weiten. Die Idee war absolut nicht gut. Vor einiger Zeit hatte sie mir die Kaffeemühle meiner Oma ruiniert. Um eine neue zu besorgen, brauchte ich eine Ewigkeit, weil kein Laden so etwas zu haben schien. Dabei sind Kaffeemühlen doch wieder total in, oder nicht?

"Nicht meine Kaffeemühle", sage ich hastig. "Aber wenn du es unbedingt per Hand machen willst. Ich habe da noch eine Handreibe."

"Das dauert doch ewig", höre ich meine Freundin hinter mir rummaulen, als ich zu einer Kommode im Flur gehe.

Die Handmühle mit den verschiedenen Reiben stammt ebenfalls aus dem Bestand meiner Oma. Hat mir schon gute Dienste erwiesen und ist so robust, dass Kathrin sie nicht zerstören kann. - Hoffe ich jedenfalls.

"Hier, macht keinen Krach und gibt Kraft in den Armen", sagte ich und lege die Handmühle auf den Esstisch.