Weihnachtswunder - Barbara Bellmann - E-Book

Weihnachtswunder E-Book

Barbara Bellmann

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Beschreibung

Man erzählt sich von Wundern, die immer zur Weihnachtszeit geschehen. Man weiß, es gibt sie. Man hat sie auch schon erlebt und ein klein wenig freut und hofft man immer wieder darauf, erneut eines zu erleben. Acht Autoren erzählen uns von verschiedenen Weihnachtswundern, die so passiert sein können oder nicht. Auf jeden Fall steigern sie die Vorfreude auf Weihnachten. ___ Der Erlös der Anthologie wird ausnahmslos an das "Büro Aktiv Tübingen e.V." gespendet, um die Flüchtlingshilfe voranzutreiben.

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Seitenzahl: 79

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Weihnachtswunder

Eine Anthologie

Auflage 1 │ November 2015

© 2014 Alea Libris Verlag, 72149 Neustetten

Titelbildgestaltung: Marion Reinhardt

Satz: Michaela Harich

Lektorat: Sanja Döttling

ISBN 978-3-945814-05-5

Alle Rechte vorbehalten

Online zu finden auf:

www.alealibris.de.to

oder auf Facebook

Inhaltsverzeichnis

Der Hase ohne Nase – Antonia Wurm

Die silberne Flöte – Andrea Lutz

Winter-Vivi – Miriam Rademacher

Wundersames wie Delphine – Sigrid Gross

Abgefahren – Bernd Daschek

Das hässliche Bäumchen – Alina Becker

Mia und die Reise zu den Polarlichtern – Barbara Bellmann

Jenseits der Kamine – Florian Geiger

Der Hase ohne Nase – Antonia Wurm

„Ist das ein Ohr?“, misstrauisch beäugte Nana das ehrgeizige Projekt ihrer Freundin Inga.

„Das wird der Kopf!“, empört stemmte Inga ihre mit dicken Fäustlingen bewehrten Hände in die Seite. Ihre Freundin warf abwehrend die Hände in die Höhe. „Achsoooo!“

Schon seit den frühen Morgenstunden bauten sie aus wunderbar pappigen Neuschnee eine ganze Armada aus Waldtieren im Garten auf. Die zehn und neun Jahre alten Freundinnen hatten bereits einen Fuchs, eine Feldmaus und einen kugeligen Dachs geformt. Mit entschlossenen Mienen bauten sich Inga und Nana vor dem neuesten Projekt der beiden auf, einem kleinen Schneehasen.

„Du kannst die Ohren machen, Nana“, schlug Inga vor.

Nana wiegte skeptisch den Kopf hin und her. „Na gut“, willigte sie schließlich ein und ließ sich in den Schnee plumpsen, wobei sie haarscharf den Fuchs verfehlte – sein erschrockenes Zucken hatte sie zum Glück nicht bemerkt.

In den folgenden Minuten herrschte konzentriertes Schweigen, als die beiden Mädchen versuchten, das Beste aus seinem Werk herauszuholen. Vorsichtig setzten sie die Körperteile des Schneehasen aufeinander. Das rechte Ohr geriet Nana ein wenig zu klein - und ein wenig zu schief, was ihrem Hasen einen Ausdruck permanenter Skepsis im lächelnden Gesicht verlieh. Die Augen glänzten munter, sie waren aus zwei alten Schokodrops, die Inga in ihrer Jackentasche gefunden hatte. Den lächelnden Mund hatte Inga fein säuberlich mit einem dünnen Zweig eingeritzt, nur die Stupsnase fehlte noch.

In diesem Moment öffnete Ingas Mutter mit einem Quietschen die Terrassentür. Sie wickelte sich in ihre dünne Stickjacke, als die Kälte von draußen ins Wohnzimmer drang, und rief den beiden Mädchen zu: „Nana! Inga! Wenn ihr nicht bald hereinkommt, werdet ihr so weiß und kalt wie eure Schneetiere! Los, zurück ins Haus, ihr bekommt einen heißen Tee verordnet!“

Inga wollte protestieren, doch Nana, die ihre Mutter gut kannte, schob ihre Freundin kurzerhand in Richtung Tür.

„Wir kommen nachher wieder!“, versprach Nana dem Schneehasen, der selig lächelnd ihren Abgang verfolgte.

Den ganzen Nachmittag wartete er auf ihre Rückkehr, nicht ahnend, dass Nanas Mutter den beiden verboten hatte, noch mehr Zeit draußen in der klirrenden Kälte zu verbringen. Als es schließlich Abend wurde und die langen Lichtstreifen von drinnen auf die kleine Gruppe Tiere im Garten fiel, wurde der Hase allmählich nervös. Wie lange sollte er hier draußen denn noch regungslos stehen bleiben, ganz ohne Nase? Etwas verärgert schüttelte er den Neuschnee ab, der sich wie eine zusätzliche Speckschicht um seinen schmalen Körper gelegt hatte. Er hielt das Warten einfach nicht mehr aus! Er erhob sich, die Pfoten vorsichtig aus dem umliegenden Schnee ziehend, und hoppelte aufgeregt in Richtung Terrassentür. Angestrengt schniefend erklomm er die meterhohen Stufen zur betonierten Terrasse und drückte neugierig sein nicht vorhandenes Näschen an der dicken Glastür platt. Er wollte herausfinden, ob das Mädchen, das versprochen hatte zurückzukommen, ihn etwa vergessen hatte. Mit einem schockierten Quieken musste der Hase feststellen, dass Nana drinnen auf dem Sofa lag, in eine dicke Decke gehüllt. Sie schlief tief und fest, die Wangen immer noch rot von der Kälte. Dabei hatte sie doch versprochen, ihn heute noch einmal zu besuchen! Angesichts dieser Frechheit konnte der arme Tier nicht einmal die Nase rümpfen! Enttäuscht wendete er das kleine Gesicht ab und seine Schokodrops-Augen glänzten feucht, als er schniefend zurück über die Stufen in den Schnee purzelte.

„Na du?“, fragte der Dachs mit einem kräftigen Bass (ihm hatten Nana und Inga einen Tennisball als Nase spendiert, weshalb er die durchdringende Stimme eines Opernsängers hatte). Betrübt schüttelte der Schneehase den Kopf.

„Mach dir nichts draus“, quietschte die Feldmaus und stupste ihm mit einer winzigen Pfote aufmunternd in die Seite, „Morgen kommt sie doch wieder und dann bekommst du eine Nase, so groß wie eine Walnuss!“ Der Gedanke munterte den Hasen beträchtlich auf.

„Ja, du hast Recht. Aber wie soll ich denn meine Gesicht putzen ohne Nase?“, erwiderte er verzweifelt und strich sich mit beiden Pfoten über das nasenlose Gesicht.

„Wenn du so dringend eine Nase brauchst, hätte ich dir einen Vorschlag zu machen“, schaltete sich plötzlich der Fuchs ins Gespräch ein. Bisher hatte er nur schweigend das Geschehen verfolgt. Alle Tiere sahen den Fuchs gespannt an.

„Wünsch' dir doch eine zu Weihnachten!“, brüllte er heraus und kugelte sich vor Lachen im Schnee. Naseweiser Fuchs!

„Hey, aufpassen!“, quiekte die Feldmaus erbost, und sprang gerade noch zur Seite, bevor der Fuchs sie im Schnee vergraben konnte. Auch wenn der Fuchs selbst nicht daran glaubte, hatte er den Schneehasen dennoch auf eine gute Idee gebracht. Sollte das kleine Mädchen vergessen ihm eine Nase zu bauen, so würde er sie sich einfach vom Weihnachtsmann eine wünschen. Er sagte zum Fuchs: „Du wirst schon sehen! An Weihnachten wird er kommen und mir eine bringen.“

„Aber es weiß doch jedes Kitz, dass der Weihnachtsmann nur für die Menschen kommt“, antwortete der immer noch kichernde Fuchs.

„Bis dahin heißt es wohl abwarten und Schnee trinken“, seufzte der Hase.

„Tee!“, verbesserte die Maus.

Die Tiere verfielen in einträchtiges Schweigen, während sie den Versuchen des Fuchses zusahen, auf die große rote Schaukel im Garten zu klettern - erfolglos. Nach zahlreichen Versuchen rollte er sich grummelnd in einer Schneewehe zusammen. Die anderen Tiere taten es ihm gleich und schlossen müde die Augen.

Am nächsten Morgen, als bereits die ersten Sonnenstrahlen die anderen Tiere in der Nase kitzelten, kam Nana aus dem Haus gestürmt. Erwartungsvoll richtete der Schneehase die Ohren auf: erinnerte sie sich noch an ihn? Tatsächlich steuerte sie die kleine Gruppe Waldtiere an und wünschte ihnen höflich einen guten Morgen.

„Hallo!“, sagte sie munter, „Inga ist heute nicht da und sie hat mir verboten, dich alleine fertig zu bauen, weißt du?“ Der Hase sah sie stumm an, doch wenn man genau hinsah, erkannte man, wie er bei ihren Worten erbleichte.

„Sie kommt aber noch mal zum Spielen“, beschwichtigend tätschelte Nana den Kopf des Schneehasen und bemerkte nicht die vorwurfsvollen Blicke der anderen Tiere, denn kaum hatte sie den Satz beendet, war sie schon wieder ins Haus gestürmt. Einige Minuten lang herrschte Stille. Keins der Tiere sagte ein Wort, man hörte nur das leise Rauschen des Windes, bis plötzlich der Fuchs stellvertretend für alle ein lautes Heulen anstimmte und der Schneehase begann zu weinen.

„Ruhe!“, zischte die Maus, die von allen noch die vernünftigste war, „Ihr könnte doch nicht mitten am Tag so ein Höllenspektakel veranstalten!“

„Aber sie hat es versprochen“, schmollte der Hase.

„Hör auf zu heulen! Du bist doch kein Wolf“, sagte der Dachs streng zum lärmenden Fuchs, der augenblicklich verstummte.

„Jetzt zieh nicht so ein Gesicht“, sagte die Maus freundlich zum Hasen, „Wir suchen für dich einfach selber eine Nase, ja?“ Ungläubig stellte der Hase ein Ohr auf.

„Wirklich? Oh, das ist ja eine tolle Idee“, seine Schokoladenaugen leuchteten vor Begeisterung.

„Jaaaa!“, rief der Fuchs, „Lass uns alle suchen!“

Augenblicklich fingen Dachs, Fuchs, die Maus und natürlich der Hase an, den gesamten Garten auf den Kopf zu stellen, auf der Suche nach einer passenden Nase für ihren Freund. Den ganzen Tag blickten sie unter jeden Blumentopf und drehten jeden ausgebuddelten Stein um. (Der Dachs konnte gerade noch verhindern, dass die Maus sich einen Weg ins Gartenhaus grub). Als sie fertig waren, scharrten sie sich um den kleinen Haufen ihrer Funde. Der Dachs hatte eine kleine Sandschaufel und einen alten Bleistift, der Fuchs die Büschel eines Besens und die Maus eine gelbe Blumenzwiebel angeschleppt. Der Schneehase hatte sich zwar an der Suche eifrig beteiligt, aber nichts gefunden, das seiner Meinung nach ein angemessener Ersatz für eine Hasennase gewesen wäre. Kritisch beäugte er die Gegenstände und versuchte vergeblich an der Schaufel zu schnuppern - vor der Zwiebel wich er allerdings zurück.

„Ich kann doch keine Zwiebel als Nase nehmen!“, sagte er empört.

„Du riechst es doch gar nicht“, erwiderte die Maus beleidigt und es entbrannte eine hitzige Diskussion, ob man denn nun mit einer Blumenzwiebel als Nase herumlaufen konnte, oder nicht.

„Ich kannte mal einen Schneemann, der hatte eine Karotte als Nase“, warf der Fuchs mit beschwörender Stimme ein, „Er hat erzählt, nach nur zwei Tagen hatten sich schon die Spatzen darauf niedergelassen und seine Nase war schnurstracks voller Löcher!“ Den Schneehasen schüttelte es vor Entrüstung und auch die anderen Tiere waren nicht mehr so begeistert von der Zwiebel-Idee.  Ratlos sahen sie sich an, und gaben für heute auf. Enttäuscht vergrub die Maus die Zwiebel wieder im Beet und auch die anderen schleppten ihre Fundstücke davon. Der arme Hase blieb am Boden zerstört zurück. Gab es denn überhaupt keine Hoffnung für ihn auf ein Weihnachtsfest mit Nase?

Um sie alle aufzumuntern, vertrieb der Dachs ihnen die Zeit, indem er ihnen Weihnachtslieder vorsang. Vollmundig ertönte seine tiefe Stimme in der winterlichen Stille des Gartens, zu seinem Missfallen fiel der Fuchs nach der zweiten Strophe von „Stille Nacht“ kreischend mit ein und die Maus hielt sich die Ohren zu. Der Hase applaudierte höflich mit seinen kräftigen Hinterpfoten auf dem gefrorenen Grund. Allmählich senkte sich wieder Dunkelheit auf die kleine Gesellschaft – der Weihnachtsabend rückte immer näher. Ein dunkles Königsblau hüllte die Schneetiere ein und in der Dunkelheit schienen sie noch mehr zu glitzern als am Tage. Der Hase legte den Kopf in den Nacken und betrachtete zusammen mit den anderen Tieren die Sterne, die nacheinander am Nachthimmel aufleuchteten und den verschneiten Garten in ein geheimnisvolles Licht tauchten.

„Ach, wie wunder-, wunderschön“, seufzte die Maus und stellte sich auf die Pfotenspitzen, wie als wollten sie an den gelben Sternen schnuppern.