"Weil die Hoffnung niemals stirbt" - Marie-Rose - E-Book

"Weil die Hoffnung niemals stirbt" E-Book

Marie-Rose

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Beschreibung

Schwester Marie-Rose ist Ordensschwester in Homs, Syrien. Als 2011 der Krieg in ihr Land kommt, hofft sie – wie alle anderen Bewohner auch – dass dieser nur eine kurze Episode darstellen würde. Doch das soll sich nicht erfüllen. Inmitten der Unruhen und Gräuel, die die Terrorgruppen wie ISIS oder Al Nusra verursachen, versucht sie ihr Möglichstes, um das Leid der Menschen im Land zu mildern. Sie gründet einen Kinderhort, in dem 300 vom Krieg traumatisierte Kinder Schulbildung und psychologische Betreuung bekommen, und kümmert sich um Familien und Ausharrende, denen der Krieg schweres Leid zugefügt hat. Die Geschichten, die sie erzählt, sind erschreckend und bewegend, und zugleich sind es Geschichten von herzlicher Begegnung, überwältigendem Mitgefühl und Freundschaft, die mitten im Leid zeigen: Gott hat Syrien nicht verlassen. Bewegende und hoffnungsmachende Geschichten aus Syrien.

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SCHWESTER MARIE-ROSE

„Weil die Hoffnung niemals stirbt“

Überlebensgeschichten aus Syrien

Aufgezeichnet von Iskandar A. Agobian

Aus dem Englischen übersetzt von Christian Rendel und Alexandra Campana

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-96140-052-2

© 2018 der deutschsprachigen Ausgabe by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelfoto: von Privat zur Verfügung gestellt

Satz: Brendow Web & Print, Moers

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort von Dr. John Eibner

Vorwort von Iskandar A. Agobian

Einleitung: Wie ein Vogel auf einem toten Ast

Ghassan

Antranik

Alte Freunde

Der Soldat

Kinderhort

Menschenhandel

Nabil Antaki

Interreligiöse Frauentreffen

Um Diab

Adra

Aleppo

Der Friseur

Die Christen von Syrien

Entführt

Bettlerkinder

Fatima

John Eibner

Kindersoldaten

Manar

Maha

Meine Familie

Kaugummis

Marie-Rose

Mayda

Okr

Reich und arm

Unser Konvent in Aleppo

Walaa

Warum?

Schluss

Hintergrundinformationen

Zeittafel

Karte

Der Krieg in Syrien

„Syrien ist mehr als das Leid, das wir jeden Tag im Fernsehen sehen. Es ist auch die Heimat von Menschen, die ihr Land nicht aufgeben wollen.

Es ist die Heimat von Menschen, die jeden Tag ihren Glauben an Gott leben und auf eine bessere Zukunft hoffen. Es ist auch meine Heimat.

Wenn Sie mich also fragen, wer ich bin, antworte ich Ihnen leidenschaftlich: Ich bin Syrerin.

Ich bin eine Ordensschwester mit verletztem Herzen, einer unbezwingbaren Liebe für meine Heimat und einer Botschaft der Hoffnung, die ich mit Ihnen teilen möchte.“

Schwester Marie-Rose

Vorwort Dr. John Eibner

Sie, ich, ja, wir alle werden nun schon seit Jahren mit Bildern unsäglichen Elends aus Syrien bombardiert. Die grausigen Schrecken des Krieges sind tatsächlich real. Auf meinen vielen Reisen nach Syrien habe ich sie selbst gesehen: die schlimmen Folgen der Bombardierungen, Enthauptungen, der Wirtschaftssanktionen und der mutwilligen Schändung von Kirchen. Wir alle wissen, dass die Flüchtlingswelle nach Europa weitgehend von der Gewalt in Syrien ausgelöst wurde. Aber das ist nicht die ganze Geschichte.

Wo immer ich in Syrien unterwegs bin, sehe ich auch viele Zeichen der Liebe Gottes, über die niemand berichtet – und das nirgends so deutlich wie im Leben und in der Arbeit von Schwester Marie-Rose.

2012 mussten Schwester Marie-Rose und ihre Mitschwestern aus ihrem Konvent in der Altstadt von Homs fliehen. Er war von bewaffneten Gruppen eingenommen worden. Was früher ein Zentrum für behinderte Kinder war, wurde das Hauptquartier eines mörderischen Al-Kaida-Anführers.

Ich sah Schwester Marie-Rose weinen, als sie ein Jahr später erfuhr, dass auch ihr Geburtsort – Maalula, ein antikes christliches Dorf – von bewaffneten Gruppen überrannt worden war. Die Kirchen von Maalula waren schwer beschädigt, und die Angehörigen von Schwester Marie-Rose waren gezwungen, sich den Scharen verarmter Vertriebener anzuschließen. Derartige unheilvolle Szenen spielten sich damals fast in ganz Syrien ab.

Hätte sie es gewollt, könnte Schwester Marie-Rose jetzt in Frieden und Sicherheit in Europa leben. Sie hätte sich der Flüchtlingswelle anschließen können. Doch sie entschied sich dafür, bei den Menschen in Syrien zu bleiben – den Christen, Muslimen und Alawiten. „Warum?“, fragte ich sie. „Seit ich ein Kind war, habe ich die Liebe Gottes in meinem Leben erfahren“, antwortete sie mir, „und ich habe mich entschlossen, diese Liebe mit den Ärmsten zu teilen.“ Das waren keine leeren Worte.

Schwester Marie-Rose und ihre Mitschwestern zogen von Homs in die friedliche Küstenstadt Tartus, wo Hunderttausende Binnenflüchtlinge Zuflucht gesucht haben. Hier begann sie, Pläne zu schmieden, wie sie auf die katastrophale menschliche Tragödie vor ihren Augen reagieren könnte. Sie entwickelte erbauende Programme für die Vertriebenen, zum Beispiel Nahrung und Unterkunft für Heimatlose, medizinische Behandlung für Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten und Ausbildung für Straßenkinder und schutzbedürftige Frauen.

Die Arbeit von Schwester Marie-Rose stillt nicht nur die menschlichen Grundbedürfnisse. Sie berührt auch die Herzen mit der Liebe Gottes. Wann immer ich Schwester Marie-Rose bei der Arbeit erlebte, sah ich, wie sich sorgenvolle Gesichter von Christen, Muslimen, Alawiten und Atheisten aufhellten.

Mitten in den für das syrische Volk düstersten Stunden hörte ich Schwester Marie-Rose sagen: „Die Kirche im Nahen Osten wird eine Kirche der Hoffnung bleiben.“ Dieser starke Glaube wurzelt in der tiefen Überzeugung, dass keine böse Macht Gottes Liebe auslöschen kann. Gottes Liebe wurde nicht ausgelöscht, als Gottes Sohn ans Kreuz geschlagen wurde, und sie gilt bis heute – auch wenn ein so großer Teil der Menschheit durch Tod und Zerstörung gegangen ist. Schwester Marie-Rose ist eine der führenden Fackelträger Syriens, die auch inmitten tiefster Dunkelheit das Licht am Leuchten halten.

Die Gewaltszenen, die uns von den Medien gezeigt werden, gehörten nicht immer schon zu Syrien. Mein erster Kontakt zu Syrien ereignete sich noch vor den Unruhen des „Arabischen Frühlings“ 2011. Damals war das Land noch ein Zufluchtsort für mehr als eine Million Flüchtlinge aus dem benachbarten Irak. Viele dieser vertriebenen Iraker beschrieben mir das Syrien vor dem „Arabischen Frühling“ als ein Paradies im Vergleich zu ihrer eigenen vom Krieg zerstörten Heimat. Wenn auch die Hälfte der Bevölkerung flüchten musste, eine halbe Million Menschen getötet, die wirtschaftliche Infrastruktur zerstört wurde und der Staat zunehmend Schwierigkeiten hat, soziale Dienste, fließendes Wasser und Elektrizität zu gewährleisten – Syrien ist kein hoffnungsloses Land.

Schwester Marie-Rose ist überzeugt davon, dass der Friede zurückkehren und das Land wieder aufgebaut werden kann und dass die Kirche weiterhin ein lebendiges Zeugnis für die Liebe Gottes sein wird. Ihre Berufung ist es, diese Ziele zu erreichen. Indem Sie Schwester Marie-Rose Ihre helfende Hand entgegenstrecken, werden diese Ziele auch Teil Ihrer Berufung. Ich bin dankbar, dass die gleichen Ziele Teil meiner Berufung mit Christian Solidarity International (CSI) geworden sind.

Dezember 2017

Dr. John Eibner

Nahost-Verantwortlicher

Christian Solidarity International

Christian Solidarity International (CSI) ist eine christliche Menschenrechtsorganisation für Religionsfreiheit und Menschenwürde. CSI wurde 1977 gegründet nach Schweigemärschen für verfolgte Christen hinter dem Eisernen Vorhang. Im Laufe der 1990er Jahre wurde CSI durch das Sklavenbefreiungsprogramm im Sudan einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

CSI will dort tätig sein, wo religiöse Minderheiten besonders bedroht sind. Die rasante Verschlimmerung der Situation im Nahen Osten – religiöse Minderheiten sind besonders hart betroffen – führte dazu, dass CSI Hilfsprogramme für die Menschen in Ägypten, im Irak und später auch in Syrien startete. Der Grundsatz von CSI blieb über all die Jahre gleich: Aus christlicher Motivation allen Menschen helfen, die in Not sind – mit dem Schwerpunkt auf Christinnen und Christen und Angehörigen anderer religiöser Minderheiten. Zusätzlich zur humanitären Hilfe mobilisiert CSI die Öffentlichkeit und berät Fachleute, Politiker und Regierungsvertreter, um eine Verbesserung der Situation herbeizuführen.

www.csi-schweiz.ch | www.csi-de.de | www.middle-east-minorities.com

Vorwort Iskandar A. Agobian

Ich bin ein Armenier aus Aleppo, der zweitgrößten Stadt in Syrien. Im Herbst 2012 musste ich meine Heimatstadt wegen der sich rapide verschlechternden Sicherheitslage verlassen. Ich zog nach Khrab, einem Dorf an der syrischen Mittelmeerküste, etwa 20 Kilometer von Tartus entfernt. Meine Partnerin aus der Schweiz begleitete mich. Schon bald nach unserer Ankunft begannen wir, Freizeitaktivitäten für Flüchtlingskinder aus der Umgebung von Idlib anzubieten.

Schwester Marie-Rose hatte in unserem Dorf einen Frauentreff aufgebaut und besuchte das Dorf deshalb regelmäßig. Während einem dieser Treffen lernte meine Partnerin sie kennen. Sie erfuhr von dem riesigen Hilfsprogramm, das Schwester Marie-Rose insbesondere für die christlichen Familien gestartet hatte, die das „Tal der Christen“ zwischen Homs und Tartus hatten verlassen müssen. Sie sorgte für Hilfe und Bildung für fast 2000 Familien und etwa 500 Kinder. In dieser Zeit begann auch die finanzielle Unterstützung von Christian Solidarity International.

Wir arbeiten seither eng mit Schwester Marie-Rose zusammen und haben sie dadurch gut kennengelernt. Schwester Marie-Rose ist eine sehr demütige und aufrichtige Person. Wenn man sie sieht, würde man nie erwarten, dass sie eine so riesige Verantwortung trägt: Sie ist die Leiterin der „Kongregation der Schwestern der heiligen Herzen von Jesus und Maria“ in Syrien. Trotz einer Unmenge von Leitungsaufgaben hat sie immer Zeit zu beten, zu kochen, beim Putzen des Konvents mitzuhelfen, mit den Kindern zu spielen, zu lesen und sogar fernzusehen. Mit ihrer unverfälschten Art könnte man sie direkt für ein 16-jähriges Mädchen halten – dabei ist sie schon 60 Jahre alt!

Auch wenn sie täglich mit vielen schlimmen Geschichten konfrontiert ist, hat sie das nicht abgestumpft. Sie konnte sich oft der Tränen nicht erwehren, während sie mir von den persönlichen Schicksalen erzählte, die nun in diesem Buch vorliegen. Ich weiß, sie litt viel und leidet weiterhin an den tieftraurigen Geschichten, die sie zu hören bekommt. Doch sie zeigt ihre Traurigkeit selten, im Gegenteil: Ihr freundliches Lachen ist heilsame Medizin für viele.

Es ist für mich ein enormes Privileg, Schwester Marie-Rose zu kennen und Teil ihrer Arbeit – und jetzt auch dieses Buchs – zu sein.

Iskandar A. Agobian

Dezember 2017

Einleitung: Wie ein Vogel auf einem toten Ast

Syrien gilt als ein Land der Zerstörung. Seit vor über sechs Jahren der Krieg ausbrach, liefert es immer wieder Anlass für schreckliche Schlagzeilen. Gewalt und Tod bestimmen die Berichterstattung in den Medien, und die Massen von Flüchtlingen beunruhigen die Welt weit über Syrien hinaus. Doch Syrien ist mehr als das. Es ist auch die Heimat von Menschen, die ihr Land trotz all des Leids, dem sie ausgesetzt sind, nicht aufgeben wollen. Es ist die Heimat von Menschen, die jeden Tag ihren Glauben an Gott leben und auf eine bessere Zukunft hoffen. Es ist auch meine Heimat. Wenn Sie mich also fragen, wer ich bin, antworte ich Ihnen leidenschaftlich: Ich bin Syrerin. Ich bin eine Ordensschwester mit verletztem Herzen, einer unbezwingbaren Liebe für meine Heimat und einer Botschaft der Hoffnung, die ich mit Ihnen teilen möchte.

Syriens Landkarte ist nicht bloß eine geografische Karte. Sie steht auch für die Geschichte des syrischen Volks. In meiner täglichen Arbeit vor Ort mit Binnenflüchtlingen, die wegen des Kriegs zwar ihre Häuser, nicht aber das Land verlassen haben, darf ich diese Menschen auf einem Wegstück ihrer Geschichte begleiten. Wir befinden uns zweifellos in einem dunklen Kapitel, und wollte man die Karte des heutigen Syriens farblich darstellen, so müsste man sie rot färben: im Rot des Blutes, das durch diesen schrecklichen Krieg vergossen wird. Aber inmitten der Dunkelheit gibt es auch Licht. Von genau diesem Licht handelt dieses Buch. Es legt Zeugnis ab von der Hoffnung, dass unser geliebtes Syrien nicht untergehen wird.

Als Christen sind wir tief in der syrischen Erde verwurzelt. Der Nahe Osten ist nicht nur die Wiege der menschlichen Zivilisation, er ist auch die Wiege des Christentums, dessen Geschichte hier vor über 2000 Jahren begann. Hier wurden die Jünger Jesu das erste Mal als „Christen“ bezeichnet, und die heutigen Christen der Region werden ihre angestammte Heimat nicht leichtfertig aufgeben. So treffe ich in meiner Arbeit immer wieder auf Menschen, deren Lebenswille und unerschütterliches Gottvertrauen mich tief berühren. Von diesen Menschen möchte ich Ihnen erzählen – ohne politische Umschweife und Analysen, sondern direkt von Herz zu Herz.

Als im Frühling 2011 der Krieg ausbrach, waren Tausende Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten dazu gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Die meisten von ihnen flohen an die syrische Mittelmeerküste. Ich teile diese Erfahrung der Flucht mit ihnen, denn auch ich gehörte zu den Vertriebenen. Nach über 25 Jahren des Lebens und Wirkens in der Stadt Homs war ich gezwungen, 2012 meinen dortigen Konvent zu verlassen und in die Region Tartus zu fliehen. Hier konzentriere ich mich seither auf die Westküste und das Wadi al-Nasara, das „Tal der Christen“ zwischen Homs und Tartus. Ich kümmere mich um Binnenflüchtlinge aller Religionen, die in diesem vom Krieg größtenteils verschonten Gebiet nach Schutz und einer neuen Perspektive suchen. Gleich zu Beginn der Krise fingen wir in der Kongregation der Schwestern der heiligen Herzen von Jesus und Maria an, die Binnenflüchtlinge auf seelsorgerischer und materieller Ebene zu unterstützen. Bei uns finden die Menschen ein offenes Ohr für ihre Anliegen, werden in der Verarbeitung ihrer traumatischen Erlebnisse begleitet und mit Nahrungsmitteln, Kleidung und Medikamenten versorgt.

Schnell wurde uns klar, dass die Kinder der vertriebenen Familien besondere Unterstützung brauchen. Die Erfahrung des Krieges hat tiefe Spuren in ihren verletzlichen Seelen hinterlassen. Mit der wertvollen Hilfe einer Gruppe jugendlicher Freiwilliger starteten wir ein Programm, das Kindern und Jugendlichen zwischen 7 und 15 Jahren Schulbildung, psychologische Betreuung und ein sinnvolles Freizeitangebot ermöglicht. Es wird getanzt und gebastelt, wir feiern Feste, spielen Theater, und die älteren Kinder besuchen Kurse in gewaltfreier Kommunikation. Inzwischen betreuen wir in diesem Programm über 300 Kinder, nicht zuletzt dank der finanziellen Unterstützung von Christian Solidarity International. Diese Hilfe kommt der gesamten Familie zugute, weil so auch die Eltern Halt finden können in einer Gemeinschaft von anderen Betroffenen. Vor allem in den Workshops, die wir speziell für Frauen und Mütter anbieten, erlebe ich immer wieder, wie die Teilnehmerinnen neuen Mut schöpfen. Eine 28-jährige Mutter von drei Kindern, die ich bei einer unserer Veranstaltungen kennenlernte, hat es so ausgedrückt: „Wenn die Welt für uns hier zu klein wird, dann haben wir immer noch den Himmel – wir werden nicht verzweifeln.“ Diese unerschütterliche Hoffnung und das hartnäckige Festhalten an einer besseren Zukunft stehen in starkem Gegensatz zu dem Leid, das die an Körper und Seele verletzten Menschen durchstehen mussten.

Syrien war schon immer ein Land der Gegensätze, auch rein landschaftlich gesehen. Dem Flachland im Osten steht das Gebirge im Westen gegenüber. Die Wüste gehört ebenso zum Landschaftsbild wie die Küstenregion am Mittelmeer. Und weltberühmte Städte wie Damaskus, Aleppo und Homs existieren neben kleinen, unscheinbaren Dörfern, die es selten in die internationale Medienberichterstattung schaffen. Inmitten dieser Gegensätze wurde ich 1951 geboren, im christlichen Dorf Maalula, rund 60 Kilometer nordöstlich von Damaskus. In Maalula werden die Häuser direkt in die Felswände des Qalamun-Gebirges hineingebaut, so dass auf den ersten Blick klarwird: Der Mensch ist hier eins mit der Natur, die ihn umgibt. Aber nicht nur die Natur, sondern auch die christliche Geschichte gehört hier untrennbar zu den Menschen. Denn in Maalula spricht man noch immer Aramäisch, die Sprache von Jesus Christus. Schon früh durfte ich also Gottes frohe Botschaft kennenlernen.

Meine allererste Schule wurde von Schwestern der Kongregation geleitet, der ich heute angehöre. Am meisten beeindruckte mich die Hingabe, mit der sich diese Schwestern für uns Dorfbewohner einsetzten. Immer wieder gaben sie schon uns Kindern Aufgaben, die dem Gemeinwohl dienten, seien es Besuche bei Kranken oder Hilfestellungen für Familien mit vielen Kindern. Ich spürte, dass ich in diesen Aufgaben aufging, und fühlte mich je länger, desto stärker zu diesem Leben im