Why We Stay - T.C. Daniels - E-Book

Why We Stay E-Book

T.C. Daniels

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Beschreibung

Ein Roadtrip, ein Wunschglas und Zeit, die mit jeder Sekunde kostbarer wird. Elliott traut seinen Augen nicht, als Aspen Banks plötzlich vor ihm steht. Nach vier langen Jahren! Vier Jahre, die ihm klar gemacht haben, dass ihn rein gar nichts mit Aspen verbindet und alles, was damals auf Tournee geschehen ist, einfach nur ein riesiger Fehler war. Elliott würde sich am liebsten auch gar nicht weiter mit Aspen befassen, denn er hat wirklich genug eigene Sorgen. Als die Presse jedoch ein pikantes Geheimnis lüftet, gerät Elliotts Leben noch mehr durcheinander. Auf einmal befindet er sich auf einem verrückten Roadtrip durch Amerika – mit Aspen an seiner Seite. Mit jeder Meile, die sie fahren, kommen sich die beiden Männer näher und Elliott muss sich zu seinem Entsetzen eingestehen: Nicht mal die lange Trennung hat etwas an der Anziehung zwischen ihnen geändert. Doch auch heiße Küsse und leidenschaftliche Nächte können Aspens Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Als sich die Ereignisse jedoch plötzlich überschlagen, verliert Elliott vollkommen den Halt. Wird es Aspen sein, der dieses Mal an seiner Seite bleibt? Dies ist der zweite und damit letzte Teil der Geschichte um Aspen und Elliott. Für das volle Lesevergnügen solltest du Teil 1 gelesen haben. Diese Geschichte enthält ein hart erarbeitetes Happy End. Um auf die Geschichte perfekt vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, Taschentücher bereitliegen zu haben. Bitte beachte die Content Warnung zu Beginn des Buches.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

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WHY WE STAY

T.C Daniels

Inhalt

Content Warning

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Epilog

Danksagung

Content Warning

Über den Autor

Worum geht es in diesem Buch?

Ein Roadtrip, ein Wunschglas und Zeit, die mit jeder Sekunde kostbarer wird.

Elliott traut seinen Augen nicht, als Aspen Banks plötzlich vor ihm steht. Nach vier langen Jahren!

Vier Jahre, die ihm klar gemacht haben, dass ihn rein gar nichts mit Aspen verbindet und alles, was damals auf Tournee geschehen ist, einfach nur ein riesiger Fehler war.

Elliott würde sich am liebsten auch gar nicht weiter mit Aspen befassen, denn er hat wirklich genug eigene Sorgen. Als die Presse jedoch ein pikantes Geheimnis lüftet, gerät Elliotts Leben noch mehr durcheinander. Auf einmal befindet er sich auf einem verrückten Roadtrip durch Amerika – mit Aspen an seiner Seite.

Mit jeder Meile, die sie fahren, kommen sich die beiden Männer näher und Elliott muss sich zu seinem Entsetzen eingestehen: Nicht mal die lange Trennung hat etwas an der Anziehung zwischen ihnen geändert. Doch auch heiße Küsse und leidenschaftliche Nächte können Aspens Verhalten und seine Vergangenheit nicht ungeschehen machen.

Als sich die Ereignisse jedoch plötzlich überschlagen, verliert Elliott vollkommen den Halt. Wird es Aspen sein, der dieses Mal an seiner Seite bleibt?

Content Warning

In diesem Buch werden Themen angesprochen, die schlechte Gefühle in dir auslösen könnten. Bitte überlege selbst, ob du im Moment in der Lage bist, so eine Geschichte zu lesen.

Da die Themen potentiell spoilernd sind, findest du sie hinten im Buch. Klicke einfach auf untenstehenden Link.

Zu den Triggerthemen

Zeig mir deine Narben, damit ich weiß, wo ich dich am meisten lieben muss.

1

Aspen

»Da bist du ja! Lass dich drücken!« Überschwänglich zog Jace Aspen in seine Arme.

Die Umarmung fühlte sich merkwürdig an. Fremd. Und das, obwohl sie schon seit Jahren in einer mehr oder weniger intensiven On-off-Beziehung steckten. Das fremde Gefühl erzählte von den vielen Wochen, die sie ohne einander verbracht hatten.

»Du siehst verdammt gut aus«, sagte Jace. »Wie immer.« Er schob Aspen einen Schritt von sich und betrachtete ihn aufmerksam, dann zog er ihn wieder an sich und küsste ihn.

Aspen versuchte, die Überraschung und das leichte Unwohlsein abzuschütteln. Was hatte er denn erwartet? Natürlich holte Jace ihn von der Klinik ab, aus der er soeben entlassen worden war. Natürlich freute er sich, ihn zu sehen. Natürlich küsste er ihn.

Die Frage war nur: Wo war Aspens Freude über ihr Wiedersehen?

Er zwang sich dazu, nicht zu genau darüber nachzudenken. Es fühlte sich nur so komisch und fremd an, weil er jetzt wieder draußen war, in der echten Welt mit echten Menschen und Problemen. Er hatte sich auch die vergangenen Male komisch gefühlt, nachdem er entlassen worden war.

Als müsste er seinen Platz in der Welt erst wieder finden.

»Komm mit, ich habe große Pläne«, sagte Jace gut gelaunt. Seine dunkelblonden Haare waren wie immer so gestylt, dass sie aussahen, als käme er gerade aus dem Bett. Er besaß blaue Augen und in Aspens schwachen Momenten gestand er sich ein, dass er wohl eine besondere Schwäche für die Farbe Blau besaß. Es gab da blaue Augen, die ihn bis heute in seinen Erinnerungen verfolgten.

Aber über dieses Thema wollte er auf keinen Fall nachdenken.

Jace griff nach Aspens Reisetasche und schwang sie sich über die Schulter. Er war etwas größer als Aspen und dank seiner täglichen Workouts auch um einiges muskulöser. Eine weitere Tatsache, die Aspen …

Stopp.

Diese Gedanken mussten aufhören.

Er folgte Jace zu seinem Ferrari, ein kostspieliges Geschenk, das Aspen ihm vor einem Jahr zum Geburtstag gemacht hatte. Natürlich war er vollkommen high gewesen, als er den Kaufvertrag unterschrieben hatte. Aber Jace hatte sich so gefreut, deshalb bereute er es nicht. Dieses Geschenk hatte dafür gesorgt, dass die Fronten zwischen ihnen wieder geradegerückt worden waren. Eine Weile lang hatte Aspen nämlich befürchtet, Jace zu verlieren. Dieses Gefühl war nach dem Ferrari-Geschenk vollkommen verschwunden.

»Eigentlich will ich nur duschen und dann eine Runde schlafen«, sagte Aspen und unterdrückte ein Gähnen. Der Gedanke an sein eigenes Bett in seinem eigenen Haus war unfassbar verführerisch. Er würde die nächsten achtundvierzig Stunden einfach nur schlafen. Und danach würde er hoffen, dass er es dieses Mal schaffte, clean zu bleiben.

Jace schnalzte mit der Zunge. »Schlafen kannst du auch noch, wenn du tot bist. Heute wird nicht geschlafen, heute wird gefeiert.«

Aspen fuhr zu Jace herum und starrte ihn an. Er versuchte, in seinen Augen zu erkennen, ob das sein Ernst war. Ob er wirklich vorhatte, eine Party zu feiern. Direkt, nachdem er aus der Entzugsklinik entlassen worden war.

Partys waren nicht gut.

Auf Partys gab es Alkohol. Und Drogen. Zigaretten. Menschen, die high waren. Also alles, was Aspen meiden sollte, wenn er nicht zurück in die Drogensucht rutschen wollte.

»Was guckst du denn so?«, fragte Jace lachend. »Sei froh, dass ich dir überhaupt davon erzähle. Die meisten wollten dich nämlich überraschen, aber ich weiß doch, dass du Überraschungen hasst.«

»Ja«, sagte Aspen langsam. »Danke. Ich meine … danke, dass du eine Party für mich schmeißen willst, wirklich. Ich weiß nur nicht …«

Jace legte Aspen den Arm um die Schultern. »Entspann dich, Aspen. Du warst echt zu lange in diesem Knast. Wahrscheinlich hast du vollkommen vergessen, was es bedeutet, Spaß zu haben.«

»Ich …« Aspen wusste nicht, was er darauf sagen sollte, denn ja, besonders viel Spaß hatte er in der Entzugsklinik nicht gehabt. Zumindest nicht in der Form, wie er Spaß noch vor einigen Monaten definiert hätte. Seine Tage waren mit Therapiegesprächen, Gruppensitzungen, Sporteinheiten und Spaziergängen gefüllt gewesen. Von Party keine Spur weit und breit. Doch die Wahrheit war: Er hatte es nicht vermisst. Er hatte die Ruhe genossen. Genauso wie den Luxus, nicht von Paparazzi verfolgt zu werden. Er konnte schwimmen und im Park lesen, ohne befürchten zu müssen, dass er dabei fotografiert wurde und die Presse sich hanebüchene Lügen über ihn ausdachte.

Er war einfach nur Aspen Banks mit einem Drogenproblem.

»Hör mal«, unterbrach Jace seine Gedanken. »Ich wollte dir eine Freude mit der Party machen. Du warst wochenlang weg. Deine Freunde haben dich vermisst. Es ist nur fair, wenn du dich mal wieder blicken lässt, verstehst du?«

Aspen blinzelte. Ein bisschen klang Jace’ Aussage wie ein Vorwurf, doch das meinte er bestimmt nicht so. Aspen überlegte, ob er Jace darauf aufmerksam machen sollte, dass ihn während seines Klinikaufenthaltes kein einziger seiner sogenannten Freunde besucht hatte – eingeschlossen ihm selbst. Und das galt nicht nur für diesen Entzug, sondern auch für jeden anderen, den er seit seinem Rauswurf bei 4Reasons mitgemacht hatte.

Doch Aspen schwieg, weil er seine Entlassung nicht mit einem Streit mit Jace ruinieren wollte. Er meinte es nur gut und eine kleine Party würde ihm nicht schaden. Er müsste ja nicht lange bleiben.

Der kleine Zettel mit der Telefonnummer, den ihm sein Lieblingstherapeut zum Abschied gegeben hatte, brannte sich in seine Hosentasche. Darauf standen die Kontaktdaten für einen Psychologen, der bereit war, Aspen auch nach seiner Entlassung weiter zu betreuen – sofern er sich bei ihm meldete. Das war machbar, oder? Er musste nur anrufen und einen Termin vereinbaren. In der Klinik war ihm eingebläut worden, dass eine weiterführende therapeutische Betreuung nach der Entlassung essentiell war, wenn er clean bleiben wollte. Er würde diesen Dr. Raine anrufen. Später. Wenn er richtig angekommen war.

* * *

Blauweiße Scheinwerfer umgaben ihn, als er den Ice Cube betrat. Der ganze Club war so eingerichtet, dass er seinem Namen alle Ehre bereitete. Die Wände bestanden aus dickem Glas, das bläulich schimmerte, in den Getränken schwammen die ausgefallensten Eiswürfelkreationen und es gab mehrere Eisstatuen, die durch eine spezielle Technik gefroren blieben und so als Dekoelemente dienten.

Aspen hatte den Club einmal geliebt. Hier drinnen hatte er einige der coolsten Partys gefeiert und einige der intensivsten Orgasmen erlebt.

Heute holte er tief Luft und fühlte sich, als würde er in eine Schlacht ziehen, deren Ausgang unsicher war.

Er befand sich in einem Club, er wusste genau, wo er den Stoff bekam, der ihn seit Jahren begleitete – oder sollte er eher verfolgte sagen? Er wusste, wer ihm Stoff verkaufen würde, wer den guten Shit bei sich hatte, wo er einen kleinen Freundschaftsrabatt bekam – nicht dass das für ihn je eine Rolle gespielt hätte. Es wäre ein Leichtes für ihn, einen Dealer anzusprechen und sich zu kaufen, wonach sein Körper auch nach wochenlangem Entzug gierte.

Der körperliche Entzug mochte abgeschlossen sein, das bedeutete jedoch nicht, dass sich nicht jeder seiner Gedanken um das weiße Pulver drehte. Im Laufe der Jahre war es ihm ein Freund geworden. Eine Möglichkeit, mit der verrückten Welt, die ihn umgab, umzugehen. Mit den Verlusten und Niederlagen, die er eingesteckt hatte. Das weiße Pulver hüllte ihn in einen Kokon, in dem er nicht nachdenken musste, der ihn vor seinen traurigen Gedanken schützte.

Und jetzt war er hier. Aspen leckte sich über die Lippen und ließ den Blick nervös über die bereits anwesenden Menschen gleiten. Ein paar umarmten ihn, andere riefen ihm zu, wie schön es war, dass er wieder hier war.

Keine der Begrüßungen berührte sein Herz. Sie waren oberflächlich, genau wie die Bekanntschaften an sich. Sie waren nicht echt und manchmal kotzte das Aspen so sehr an.

Aber dann nahm er sein Zeug und dachte nicht länger darüber nach.

»Komm mit, ich habe eine Überraschung für dich«, sagte Jace.

Noch mehr Überraschungen?

Jace umfasste Aspens Hand und zog ihn hinter sich her in die Menge tanzender Menschen. Der Club war gut gefüllt, obwohl an diesem Abend nur geladene Gäste hergekommen waren. Von Jace handverlesen.

Vielleicht sah Aspen auch zu schwarz. Vielleicht sollte er sich einfach entspannen und versuchen, Spaß zu haben. Was schadete es schon? Er ließ die Finger von den Drogen und dem Alkohol, tanzte zur Musik und feierte sein neues Leben.

»Überraschung!«, rief Jace und hielt vor einem Mann an, den Aspen nur zu genau kannte.

Er versteifte sich unwillkürlich und es vergingen einige Sekunden, in denen er Norman schweigend anstarrte.

»Begrüß ihn schon!«, zischte Jace ihm ins Ohr.

Sein verärgerter Tonfall rüttelte Aspen auf. Er pflasterte ein unechtes Lächeln auf sein Gesicht und schüttelte Norman die Hand.

»Lange nicht gesehen«, sagte Norman und lächelte ihn an. Er hielt ein Cocktailglas in der Hand. Die Eiswürfel darin leuchteten weißblau und Aspens Blick saugte sich daran fest. Es war ein cooler Effekt und passte zum Club.

Diese verdammten Eiswürfel hielten ihn davon ab, die aufsteigende Panik in seinem Innern zu sehr zu spüren. Trotzdem war sie da. Ihm wurde kalt und seine Hände begannen zu zittern.

Norman Parker war der frühere Manager von 4Reasons. Mit strenger Hand hatte er die Band geführt und dabei jeden Auftrag ausgeführt, den Storm Records ihm gegeben hatte. Im Laufe der Zeit hatte Normans Anblick ausgereicht, um Aspen in ein Bündel Angst zu verwandeln. Sein Drogenkonsum war immer weiter angestiegen, bis Storm Records ihn aus der Band geworfen hatte.

»Ja, kann man so sagen«, erwiderte Aspen mit trockenem Mund.

»Glückwunsch zum Entzug.«

Aspen würde sich am liebsten umdrehen und beim nächsten Dealer Kokain kaufen. Es wäre so viel leichter, dieses Gespräch zu ertragen, wenn er high wäre. Dann wären ihm Norman und alles, was er mit ihm verband, nämlich egal.

»Danke«, gab Aspen zurück. Das eine Wort kam so verdammt schwer aus seinem Mund.

»Ich habe ihn eingeladen, weil ich dachte, dass er dir eine neue Richtung in deinem Leben geben könnte«, sagte Jace und lächelte ihn an.

»Eine neue … Richtung?« Aspen hasste es, wie er stammelte und um jedes einzelne Wort rang. Es war eine Mammutaufgabe, zu sprechen.

»Ja, du weißt schon … eine Aufgabe. Die Rückkehr ins Musikbusiness, um das zu tun, was du gut kannst.«

Aspen riss die Augen auf und starrte Jace an, der so aussah, als glaubte er jedes verdammte Wort, das er von sich gab.

»Aber …«

»Es ist Zeit, Aspen«, sagte Jace mit sanfter Stimme.

»Ich will aber nicht …«

»Es würde mich sehr freuen, wenn wir uns darauf einigen könnten, zusammenzuarbeiten«, unterbrach Norman das Gespräch mit Jace.

Aspen runzelte die Stirn. »Vielleicht hast du es vergessen, aber Storm Records hat die Zusammenarbeit mit mir beendet.«

»Ich bin nicht länger für Storm Records tätig«, erwiderte Norman. »Ich vertrete meine Klienten nun ohne Musiklabel, vielmehr fungiere ich als Vermittler. Dabei sind meine zahlreichen Kontakte in der Musikbranche richtungsweisend für viele Künstler.«

Die Musik, die ihn umgab, das Gemurmel und Gelächter der Menschen und Normans Aussagen bereiteten Aspen Kopfschmerzen.

»Ich vertrete inzwischen sehr viele Solokünstler. Sehr erfolgreich«, fügte Norman hinzu, als Aspen weiterhin still blieb.

Aspen schwirrte der Kopf. Ihm wurde schwindelig, weshalb er sich ohne ein weiteres Wort von Norman abwandte und an die Bar stolperte. Er wollte so, so verdammt gern einen Drink haben. Einen von der Sorte, der sich seinen Weg von seinem Mund bis in den Magen hinab brannte, der einen dazu brachte, sich zu schütteln wie ein nasser Hund. Er wollte alles betäuben, was ihn gerade umgab. Die Verwirrung, die Überforderung, das Gefühl, dass er diese Dinge nicht empfinden durfte, die absolute Richtungslosigkeit, die ein Nachhall eines jeden Entzugs gewesen war.

Er mochte frei von den Drogen sein, aber war man wirklich frei, wenn man keine Ahnung hatte, in welche Richtung man gehen sollte?

»Ein Wasser, bitte«, würgte Aspen hervor und wartete ungeduldig auf sein Getränk, das er in einem Zug leerte, als der Barkeeper es zu ihm schob.

»Ist dir klar, was für eine Chance Normans Angebot eigentlich ist?«, fragte Jace. Eine latente Aggressivität schwang in seiner Stimme mit.

Aspen drehte sich zu ihm um und musterte den Mann, der die letzten drei Jahre mit ihm durchs Leben gegangen war. Jace hatte seine Fehler, aber er wollte nur das Beste für ihn, das wusste er.

»Ich bin einfach überrascht«, gab Aspen zurück. »Ich habe noch nicht mal darüber nachgedacht, ob ich wieder Musik machen will.«

»Nun, es ist das Einzige, was du wirklich kannst, nicht wahr? Wie lange willst du dich denn noch in deinem Haus verstecken?«

Jace’ Worte schmerzten. Sie waren wie anklagende Pfeile, die auf ihn abgefeuert wurden und gegen die er sich nicht zur Wehr setzen konnte. Er konnte nicht ausweichen, er konnte sich nicht ducken und es gab auch keine Mauer, hinter der er sich verstecken konnte. Da war einfach nur er mit all seinen Schwächen. Und die leise Stimme in seinem Kopf, die ihm zuflüsterte, dass Jace ja eigentlich recht hatte.

Seit er damals, vor zehn Jahren, von der Farm seines Großvaters geflüchtet war, hatte er immer nur Musik gemacht. Er kannte nichts anderes und er konnte nichts anderes. Aber inzwischen machte er nicht einmal mehr das.

Es war dem riesigen Erfolg von 4Reasons zu verdanken, dass er die Freiheit hatte, einfach in den Tag hineinzuleben. Er würde bis ans Ende seines Lebens genug Geld haben, um herumzusitzen.

»Ich bin erst heute aus der Klinik entlassen worden und habe mir noch keine Gedanken gemacht, wie …«

»Manche Gelegenheiten muss man beim Schopf packen«, gab Jace unbarmherzig zurück. Er griff nach dem kristallenen Tumbler, den der Barkeeper ihm hingestellt hatte, und nippte an der goldbraunen Flüssigkeit.

Aspen sah weg.

»Die Leute lieben deine Musik. Du solltest wirklich auf die Bühne zurückkehren.«

Aspen konnte Jace nicht vorwerfen, dass er solche Dinge zu ihm sagte. Er hatte mit ihm nie über seine Bühnenangst gesprochen. Über die Panikattacken, die jeden seiner Auftritte begleitet hatten, über die Angst vor den Massen, den Fans, den Fotografen. Bis sich die Angst so tief in ihm eingenistet hatte, dass er dem Wahnsinn näher war als allem anderen.

Jace wusste nichts davon, also konnte er leicht reden. Aspen dachte einen Moment darüber nach, Jace seine Vorbehalte zu erklären, dann verwarf er die Idee wieder. Der Ice Cube war weder der rechte Ort noch war gerade die beste Zeit für so eine Art Gespräch.

»Ich wollte dir nur helfen«, sagte Jace und warf ihm einen lodernden Blick zu. Er mochte es nicht, wenn Aspen ihm widersprach.

»Ich weiß«, gab Aspen zurück. Er wollte Jace besänftigen, doch der wandte sich ab und verschwand in der Menge.

Seufzend sah Aspen ihm nach, ehe er ihm folgte. Er fand ihn in der Herrentoilette, wo er einen Geldschein glattstrich und in seine Hosentasche zurücksteckte.

Dass Jace mit den Drogen aufhörte, hatte nie zur Debatte gestanden. Über die Drogen hatten sie sich überhaupt erst kennengelernt und im Gegensatz zu ihm hatte Jace seinen Konsum seit Jahren gut im Griff. Er genoss es, zu konsumieren, während Aspen die Drogen brauchte um zu funktionieren. Trotzdem war es schwer, zu ignorieren, dass sein Freund Drogen konsumierte, während er … nicht versagen durfte. Nicht heute Abend. Dann wären die ganzen letzten Wochen für die Katz gewesen, und er hätte sich den Klinikaufenthalt sparen können. Das konnte er nicht riskieren, also wandte Aspen den Blick vom Waschbeckenrand ab, auf dem er noch Spuren des weißen Pulvers sehen konnte.

»Was ist? Willst du was von dem Zeug haben?«, fragte Jace herausfordernd. Ein spitzes Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Eins von der Sorte, das nett aussehen sollte, aber nicht nett gemeint war.

Weil Aspen ihn wütend gemacht hatte.

»Ich bin clean und will es auch bleiben.«

»Natürlich.« Jace’ Stimme war ätzend wie Batteriesäure. Sie fraß sich durch Aspens ohnehin schon sehr dünne Selbstbeherrschung. Dieser Abend war ein einziger Albtraum. Als ob die laute Musik und die vielen Menschen nicht schon gereicht hätten. Dann war ausgerechnet Norman auf der Bildfläche erschienen, und jetzt stritt er sich auch noch mit Jace, während die Verführung in Form von Drogen die ganze Zeit direkt um die Ecke lauerte.

Dieser Abend war kein guter Abend. Er fühlte sich nicht willkommener, als wenn er einfach allein in seinem Haus auf der Couch eingerollt gelegen und Netflix geguckt hätte.

All diese widerstreitenden, negativen Gefühle überrollten ihn wie eine Walze und ihm fiel nur ein Weg ein, wie er ihnen entkommen konnte. Aspen umfasste Jace’ Hüften mit den Händen und dirigierte ihn auf direktem Weg in eine Toilettenkabine, die er mit einem Knall hinter ihnen verschloss.

»Baby, was tust du?« Jace grinste träge.

Aspen antwortete nicht. Die laute Musik dröhnte sogar hier drinnen in seinen Ohren, als würde er direkt neben den Boxen stehen. Er ging auf die Knie und zuckte zusammen, als er den harten Fliesenboden berührte. Jace’ Hosenstall befand sich auf Höhe seines Mundes. Eine Beule, die den Stoff anhob, zeigte Aspen, dass er das Richtige tat.

Wenigstens das konnte er noch.

»O ja, das habe ich so sehr vermisst«, sagte Jace und ließ eine Hand durch Aspens braune Locken fahren. Plötzlich ballte er die Hand zur Faust zusammen, sodass er hart an seinen Haaren zog.

Aspen blinzelte. Das war nichts Neues. Er wusste, dass Jace gern die Kontrolle beim Sex hatte, und er gab sie ihm widerspruchslos. Er ordnete sich unter und manchmal benutzte er Sex, um Jace von Konflikten abzulenken.

Aspen öffnete Jace’ Hose, sodass sein geschwollener Schwanz hervorschnellte und auf und ab wippte. Er umfasste den Schaft und streichelte ihn, doch Jace signalisierte ihm mit einem kräftigen Ruck, dass er etwas anderes von ihm wollte.

Er zog Aspens Kopf nach hinten und dirigierte seinen Schwanz direkt in seinen Mund. Es war eine Menge zu schlucken und Jace’ Schwanz stieß gegen seinen Rachen. Aspen versuchte zurückzuweichen, doch das verhinderte Jace’ harter Griff.

»Ich weiß doch, wie gern dein Mund von meinem Schwanz gefickt wird, Baby«, sagte Jace lächelnd. Seine Pupillen waren riesengroß. Wenn er high war, konnte er gemein sein. Und gierig. Unersättlich. Das hatte Aspen schon mehr als einmal erfahren müssen, doch meist hatte es ihn nicht groß gekümmert, weil er selbst high gewesen war.

Aspen schluckte verzweifelt um Jace’ riesige Erektion herum. Er versuchte, seinen Würgereflex zu unterdrücken, doch spätestens als erste Tränen aus seinen Augenwinkeln perlten, musste auch Jace wissen, dass er zu grob war.

Aber Jace hörte nicht auf. Mit harten Stößen fickte er Aspens Mund, ohne Rücksicht. Aspen versuchte, sich innerlich zu entspannen. Es würde nicht ewig dauern, außerdem mochte er es, beim Sex dominiert zu werden. Schon immer. Er war nur etwas eingerostet und vielleicht auch etwas dünnhäutig geworden. Jace würde über seine Gedanken lachen und ihm sagen, dass er sich nicht so anstellen solle, also schwieg und schluckte er. Hin und wieder gab er ein ersticktes Keuchen von sich und versuchte unauffällig, seine schmerzenden Knie zu entlasten.

»Himmel, Aspen, könntest du dich bitte auf das Wesentliche konzentrieren?«, zischte Jace auf einmal und zog seinen Schwanz aus seinem Mund.

»Tut mir leid, ich … ich bin müde und …«

»Fuck, Aspen, du bringst mich dazu, meine Geduld mit dir zu verlieren! Ich habe dort draußen eine riesige Party organisiert und du läufst rum wie ein geprügelter Hund! Du bist unfreundlich zu Norman und trinkst Wasser. Ich erkenne dich nicht wieder! Wo ist der Aspen, der auf jeder Party die Hauptattraktion ist?«

»Ich …«, sagte Aspen, dann verstummte er kläglich. Er fühlte sich klein und unzulänglich. War er wirklich ein Langweiler geworden?

»Dreh dich um, Aspen«, sagte Jace mit kehliger Stimme, die Aspen immer auf Touren brachte. Diese Stimme sagte ihm, dass er dominiert werden würde, dass es vielleicht sogar wehtun würde. Diese Stimme garantierte, dass er bekam, wonach sein Körper sich sehnte.

Ob er das jedoch in einer Toilettenkabine wollte, war fraglich. Kleine Erinnerungssplitter von einem anderen Mal, als er in einer Toilettenkabine Sex mit einem Mann gehabt hatte, bohrten sich in seine Gedanken. Es war wild und hemmungslos gewesen, und nur schon daran zu denken, machte ihn traurig, weshalb er den Gedanken abschüttelte und sich umdrehte.

»Gut so, Baby. Ich werde dir deine ganz persönliche Willkommensparty verschaffen«, raunte Jace, als er Aspen die Hose herunterzog.

Er zog seine Arschbacken auseinander und spuckte direkt auf sein Loch. Mit den Fingern verteilte er die Nässe und dann war da sein Schwanz.

Aspen blieb keine Zeit, ihn darum zu bitten, es langsam angehen zu lassen oder von irgendwoher Gleitgel zu besorgen. Er gab einen überraschten Schrei von sich, als Jace in ihn eindrang und ihn ausfüllte.

Er war in seinem Mund schon groß gewesen. Aber es war kein Vergleich zu dem, wie er sich in seinem Arsch anfühlte. Es war zu hart, zu schnell, zu viel. Aspen klammerte sich mit den Händen an den Toilettenwänden an seiner Seite fest. Übelkeit überrollte ihn und Speichel sammelte sich in seinem Mund, während er hastig atmete, damit Jace nicht bemerkte, was in ihm vorging.

Er hasste es, wenn Jace wütend auf ihn war. Und er hatte ihn zu sehr gereizt, deshalb bekam er jetzt, was er verdiente.

Jace begann sich in ihm zu bewegen und was folgte, waren Minuten bitteren Schmerzes, der durch Aspens Körper wütete wie ein Hurrikan.

Als Jace sich schließlich mit einem tiefen Stöhnen in ihm entlud, atmete Aspen zittrig ein. Sein Körper fühlte sich an wie nach einem Marathon. Er zitterte, ihm war schlecht und er war schweißgebadet. Haltlos stolperte er vorwärts, als Jace sich aus ihm zurückzog.

»Baby, das war der Hammer«, sagte Jace.

»Ja«, erwiderte Aspen. Wenn er auch nur ein weiteres Wort sagte, müsste er kotzen.

Jace trat hinter ihn und legte die Arme um seinen Bauch. Er zog ihn mit dem Rücken gegen seine Brust und küsste seinen Hals. »Ich habe dich so sehr vermisst, Babe.«

»Ich dich auch«, wisperte Aspen. Er schloss die Augen und atmete tief durch, suchte nach dem Gefühl in sich, dass er sonst gehabt hatte. Wenn es ihm gut gegangen war, nachdem Jace mit ihm fertig geworden war. Er fand es nicht.

»Lass uns nach draußen gehen, ich habe noch eine Überraschung für dich«, sagte Jace und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.

»Jace, ich weiß nicht … ich brauche eine Dusche und …«

»Komm schon. Früher hat es dich auch angeturnt, wenn mein Saft aus deinem Loch gelaufen ist, während du mitten auf der Tanzfläche gestanden hast.«

»Ja, aber …« Aspen holte tief Luft. Es gab absolut kein Argument, das er hervorbringen könnte, also nickte er und rang sich ein Lächeln ab, das bleischwer an seinen Mundwinkeln hängen blieb. »Okay, geh schon mal vor, ich brauche nur einen Moment.«

»Sehr gut. Ich hoffe wirklich, du freust dich.«

Jace verließ die Toilettenkabine und Aspen lehnte sich gegen die Tür. Er lauschte Jace’ Schritten, dann war er allein auf der Toilette. Er atmete tief durch und versuchte, die Tränen zurückzudrängen, die auf einmal in seinen Augen brannten. Er reagierte irrational und überempfindlich. Kein Wunder, dass Jace seine Geduld mit ihm verlor.

Aspen presste die Handballen gegen seine Augen und wartete, bis das Brennen nachließ. Jetzt brannte seine Nase, aber das war ihm egal. Er spürte, wie Jace’ Sperma aus ihm heraustropfte, nahm sich Toilettenpapier und reinigte sich so gut es ging. Er ignorierte das Blut, das neben dem Sperma zu sehen war.

Nachdem er sich hergerichtet hatte, verließ er auf wackligen Beinen die Kabine. Er vermied einen Blick in den Spiegel. Ganz kurz blieb er am Waschbecken hängen. Wenn er sich Mühe gab, könnte er den Rest von Jace’ Pulver zusammenschieben und es selbst konsumieren. Nur ein klein wenig. Damit würde es weniger wehtun und er wäre entspannter.

Doch Aspen straffte die Schultern und verließ die Toilette. Zurück im Hauptbereich des Clubs hielt er Ausschau nach seinem Freund, als auf einmal die Musik verstummte. Niemand tanzte mehr und Aspen hatte das schreckliche Gefühl, dass das etwas mit Jace’ Überraschung zu tun hatte.

Plötzlich flammten Wunderkerzen auf, die auf einer dreistöckigen Torte platziert waren, auf der sich eine Porzellanfigur mit zwei Männern befand.

Jetzt wurde ihm richtig schlecht.

Das lag zum einen an den Blicken, die alle auf ihn gerichtet waren. Es lag aber auch an Jace, der auf einmal einen Anzug trug. Woher kam dieser Anzug?

Aspen konnte sich darüber nicht länger Gedanken machen, denn Jace ging vor ihm auf ein Knie und sah zu ihm auf. Seine Pupillen waren riesig. Er war high. Und er kniete vor ihm und sagte: »Aspen, du bist die Liebe meines Lebens. Heirate mich.«

Aspen blinzelte. Dann holte er Luft, ohne dass auch nur ein Sauerstoffmolekül in seine Lunge gelangte. Er atmete, aber da kam nichts an. Er spürte die Blicke auf sich, das Tuscheln, Jace’ Blick, der zunehmend ungehalten wurde.

Aspen schluckte, und dann nickte er.

Die anderen Gäste begannen zu applaudieren und zu jubeln, doch das bekam Aspen nur am Rande mit. Auch den Verlobungsring, den Jace ihm über den Finger zog, spürte er kaum. Genauso wenig wie den Kuss, den er ihm gab.

Es gab nur ihn und diese verfluchte Panik, die längst die Herrschaft über seinen Körper übernommen hatte und ihn anführte.

Und diesen einen Gedanken, der durch seinen Kopf kreiste:

Ich kann Jace nicht heiraten, denn ich bin noch immer mit Elliott Spencer verheiratet.

2

Aspen

Er lag wach im Bett und lauschte Jace’ regelmäßigen Atemzügen. Nach dem Heiratsantrag im Ice Cube, nachdem er Ja gesagt hatte, und nachdem sie in sein Haus zurückgekehrt waren, setzte die Ernüchterung ein.

Er konnte Jace nicht heiraten, solange er noch mit Elliott verheiratet war. Und das eröffnete ein weiteres Problem: Jace wusste nicht, in welcher Verbindung er zu Elliott stand. Im Grunde genommen wusste er gar nichts von ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Und ganz ehrlich? Aspen wollte daran auch nichts ändern.

Elliott gehörte seiner Vergangenheit an. Er musste einfach nur die Scheidung durchsetzen, dann wäre alles in Ordnung.

Er glaubte nicht, dass es ein großes Problem werden würde, immerhin hatte Elliott ihm im Laufe der letzten vier Jahre zweimal Scheidungspapiere zugeschickt. Zweimal hatte Aspen sie überflogen, zerrissen und weggeworfen.

Im Nachhinein wusste er nicht warum, denn es bestand keine Verbindung mehr zwischen Elliott und ihm. Sie hatten für ein paar Wochen ihr Leben miteinander geteilt und sehr viele Dinge falsch interpretiert.

Sobald Jace am Morgen ins Fitnessstudio gegangen war, würde er Elliott anrufen und ihn darum bitten, ihm erneut die Scheidungspapiere zukommen zu lassen. Das konnte ja wohl nicht so schwer sein. Vermutlich wäre es eine Sache von wenigen Tagen, nur unwesentlich länger, als ihre Ehe von Bedeutung gewesen war, und dann wären sie geschiedene Leute.

Aspen drehte sich auf die Seite. Sein Arsch schmerzte noch immer von Jace’ grober Behandlung, denn natürlich hatten sie ihre Verlobung ausgiebig in seinem Bett gefeiert, ehe Jace eingeschlafen war.

Er wälzte sich noch eine weitere Stunde lang von einer Seite auf die andere, ehe er aufstand. Gleich am ersten Tag nach seiner Entlassung eine Nacht durchzumachen, war vermutlich nicht das, was die Therapeuten in der Klinik unter einem geregelten Lebensrhythmus verstanden.

Aspen schlenderte durch sein stilles, dunkles Haus. Intelligente LED-Lichter verfolgten seinen Weg, denn sie wurden bei Bewegung aktiviert. Er durchquerte den riesigen Wohn- und Essbereich, den er noch nie gemocht hatte. Warum sollte man auf einem Sofa chillen, wenn im Hintergrund jemand in der Küche werkelte? Wie konnte so etwas gemütlich sein?

Er passierte ein Badezimmer und ein Büro, das er noch nie benutzt hatte. Allgemein bestand sein Haus vor allem aus Räumen, die ungenutzt blieben. Sein Haus war kein Zuhause. Zumindest nicht für ihn. Es war der Ort, an dem er von seinem High herunterkam, an dem er zu viele schlechte Entscheidungen traf, schmutzigen Sex hatte und eingerollt auf dem Sofa lag, während zum Glück absolut niemand in der Küche kochte.

Aspen erreichte eine Treppe, die ihn ein halbes Geschoss nach unten führte, in einen Raum, den er seit Monaten nicht mehr betreten hatte, weil die Erinnerungen zu schmerzhaft waren. Die Deckenspots leuchteten auf und beschienen seinen Klavierflügel und die verschiedenen Gitarren, die an der Wand hingen.

Aspen konnte die Instrumente nur anstarren. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, seit sie eine Bedeutung in seinem Leben gehabt hatten. Früher, als er unter der Fuchtel seines Großvaters gestanden hatte, waren sie seine Zuflucht gewesen. Seine einzige Quelle der Freude. Heute waren sie der Grund für immer wiederkehrende Panikattacken.

Nach seinem Beitritt zu 4Reasons waren die Instrumente weit in den Hintergrund gerückt, zugunsten komplizierter Choreographien und schneller Songs, die nicht mal seinem Geschmack entsprachen.

Aspen trat an den glänzenden schwarzen Flügel. Er wusste nicht mal, woher er den hatte. Er hatte einfach hier gestanden. So war sein Leben eine lange Zeit lang abgelaufen.

Andere Menschen trafen Entscheidungen für ihn, ohne ihn auch nur um seine Meinung zu bitten. Sie gaben sein Geld aus, bestimmten, was er mit seinen Tagen anfing, wohin er reiste und mit wem er dort seine Zeit verbrachte. Sie impften ihm Standardphrasen ein, die er wie ein programmierter Roboter vor der Presse von sich gab.

Aspen hatte viele einsame, unverstandene Tage im Haus seines Großvaters erlebt. Aber die wahre Einsamkeit hatte er erst kennengelernt, als er von Dutzenden Menschen umgeben gewesen war.

Ein bitteres Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er den Klavierdeckel anhob und die Fingerspitzen über die einzelnen weißen und schwarzen Tasten gleiten ließ, ohne einen Ton zu erzeugen.

Die Musik war schon lange kein Bestandteil seines Lebens mehr. Er spielte nicht, er textete nicht, er erfand keine Melodien. Die Inspiration hatte ihn verlassen, die Freude an der Musik und der Wunsch, etwas Größeres zu erschaffen.

Alles, was er erreicht hatte, waren ein paar unbedeutende Preise und Rekorde. Aber das, was er verloren hatte, wog viel schwerer. Freundschaften, Menschen, die ihm wirklich etwas bedeutet hatten, seine Integrität und zuletzt auch seinen Seelenfrieden.

Nach jedem Entzug wollte er ein neues Leben beginnen, doch es dauerte nie lange, bis er wieder in einen Kreislauf aus Drogen und bedeutungslosen Partys fiel. So betäubte er effektiv alle Gedanken, die ihn zweifeln ließen, die ihn traurig machten und seine gesamte Existenz hinterfragten.

Aspen drückte eine der Tasten und ein hoher, vollkommener Ton erklang. Er war weich in seiner Perfektion und schmiegte sich in Aspens Gehör.

Aspen schloss die Augen und ließ den Ton nachhallen. Dann wandte er sich ab und kehrte ins Bett zurück.

3

Aspen

Drei Tage versteckte sich Aspen vor der Realität. Zusammen mit Jace bestellte er sich Pizza und suchtete irgendwelche Netflixserien. Es war herrlich, einfach nur auf dem Sofa liegen zu können und nichts zu tun. Er musste zu keinen Therapiesitzungen, er musste keinen Sport machen und er hatte keine Termine. Er schaute fern, aß und hatte Sex mit Jace.

Und trotzdem nagte eine Erkenntnis an ihm: Er war verlobt mit Jace, während er offiziell noch immer mit Elliott verheiratet war. Und während er ständig darüber nachdachte, schlich Elliott sich immer häufiger in seine Gedanken. Aspen träumte von ihrer Hochzeit in Vegas. Von dem Helikopterflug, ihrer Flucht, von Tucker. Er träumte von der Tournee, wie verzweifelt und allein er sich so oft gefühlt hatte. Erinnerungen, die er über Jahre in seinem Kopf ganz nach hinten geschoben hatte, kamen jetzt hervor. Wenn er nachts wach lag, dachte er an Dean, Jenson und Legend. Die drei waren ein so wichtiger Teil in seinem Leben gewesen. Und dann war Elliott gekommen. Mit der Wucht einer Dampfwalze war er in sein Leben gerast und hatte ihn vollkommen umgeworfen.

Elliott war der erste Mann gewesen, der ihm gesagt hatte, dass er ihn liebte. Elliott war der erste Mann gewesen, der geblieben war, obwohl Aspen wirklich viele Fehler begangen hatte.

Elliott war der beste Mensch, den Aspen jemals kennengelernt hatte.

Elliott war der Mann gewesen, der ihn verlassen hatte, weil Aspen zu viele Grenzen übertreten hatte.

Sie hatten sich getrennt, weil er versagt hatte. Er hatte Elliott von sich gestoßen, weil er mit seinem Leben nicht klargekommen war. Echte und intensive Gefühle waren verdammt schnell wert- und belanglos geworden.

»Bis später«, sagte Jace und drückte ihm einen Kuss auf den Hals. Er weckte Aspen aus seinen Tagträumereien und warf ihm ein verführerisches Lächeln zu. »Wie wäre es, wenn wir heute Abend mal wieder weggehen?«

»Äh …«

»Tanzen. Spaß haben. Kontakte knüpfen.«

Aspen zwang sich zu einem Lächeln. »Klar, warum nicht?«

Jace war besessen davon, Kontakte zu knüpfen. Es war ihm wichtig, gut vernetzt zu sein, und so hatte er sich über die Jahre hinweg ein großes Netzwerk in L.A. aufgebaut. Doch das blieb nur solange bestehen, wie er sichtbar war und sich um seine Bekannten kümmerte.

Früher hatte das Aspen nicht groß interessiert, bedeutete doch dieses Kontakte knüpfen für ihn, dass sie Party machten, dass sie tranken, Spaß hatten. Und natürlich gehörten auch Drogen vollkommen selbstverständlich dazu. Heute ängstigte ihn der Gedanke. Es war ein Tanz am Abgrund. Nur ein falscher Schritt und er würde fallen und da wäre absolut niemand, der ihn auffangen würde.

Nachdem Jace ins Fitnessstudio verschwunden war, nahm Aspen sein Handy hervor und drehte es in der Hand, in der festen Absicht, Elliott anzurufen und ihn darum zu bitten, ihm die Scheidungspapiere zuzuschicken.

Aber es ging nicht. Er schaffte es einfach nicht, Elliotts Kontakt aufzurufen und ihn anzurufen.

Stattdessen hatte er irgendwann – weil er nicht vollkommen nutzlos sein wollte – die Nummer des Psychologen herausgekramt, den ihm einer der Therapeuten in der Klinik empfohlen hatte.

Und dann war alles ganz schnell gegangen. Er hatte sich vorgestellt und am Nachmittag bereits einen Termin bei Dr. Raine. Er wusste nicht, wie das möglich war. Gab es nicht wochenlange Wartelisten?

Vielleicht nicht für einen Promi wie ihn, egal wie abgehalftert er auch sein mochte.

Nur wenige Stunden später stand er Dr. Raine gegenüber. Er war genau einer der Menschen, in dessen Anwesenheit Aspen sich unwohl und unzulänglich fühlte. Er strahlte eine natürliche Autorität aus, die nichts mit seinen maßgeschneiderten Klamotten zu tun hatte. Auch nicht mit seinen durchdringenden Augen, die ihn durch seine Designerbrille musterten. Seine Ausstrahlung hatte rein gar nichts mit dem Wert seiner Garderobe zu tun. Es war vermutlich eher der feste Händedruck und der ernste Blick, den er ihm zuwarf, als er ihn bat, Platz zu nehmen.

Aspen setzte sich auf einen limonengrünen Drehsessel und schlug die Beine übereinander. Er sah sich schweigend im Raum um und beobachtete Dr. Raine dabei, wie er zwei Gläser mit Eiswasser einschenkte, die er zu dem kleinen Tisch trug, der zwischen ihnen stand.

Dann ließ er sich auf einem ockerfarbenen Sessel nieder und sah Aspen schweigend an.

Wer auch immer Dr. Raine gesagt hatte, dass sich zwei Möbelstücke in Limonengrün und Ocker im gleichen Raum aufhalten sollten, gehörte ordentlich durchgeschüttelt. Aspen würde Dr. Raine ja anbieten, dass er seine Einrichtungsexperten bei ihm vorbeischickte, aber er sprach das Angebot nicht aus.

Aspen seufzte leise. Er hasste Therapiesitzungen und vermied sie, wo er konnte. Dr. Raine war der erste Arzt, den er außerhalb einer Entzugsklinik aufsuchte, und er war sich nicht sicher, ob er überhaupt hier sitzen sollte. Er hatte den Entzug hinter sich. Was sollte Dr. Raine schon ausrichten?

»Ich freue mich sehr, dass Sie sich dazu entschieden haben, eine weiterführende psychotherapeutische Betreuung in Anspruch zu nehmen«, begann Dr. Raine die Sitzung.

Also schien zumindest er davon überzeugt zu sein, dass Aspen hier richtig war. Immerhin.

»Ich bin, offen gestanden, nicht sicher, was ich hier soll.«

Dr. Raine lächelte, dann nickte er. »So geht es vielen meiner Klienten.«

Aspen presste die Lippen aufeinander. Das war jetzt nicht unbedingt ein Slogan, mit dem er werben würde, aber was wusste er schon?

»Wollen Sie mir erzählen, was Sie seit Ihrer Entlassung so getan haben?«

Aspen schluckte. Mit der Frage hatte er nicht gerechnet. »Also … ich habe eine Serie über Flugzeugabstürze angesehen.«

»Leiden Sie unter Flugangst?«

Aspen grinste. »Jetzt schon.«

Dr. Raine lächelte. Sollte er sich nicht irgendwelche Notizen machen?

»Sonst noch etwas? Was haben Sie gegessen?«

»Nicht sehr gesunde Sachen, fürchte ich.«

»Waren Sie einkaufen?«

Aspen runzelte die Stirn. »Ich gehe nicht oft raus.« Außer, um Kontakte zu knüpfen.

»Warum nicht?« Die Frage klang so arglos, aber Aspen wusste nach Jahren im Showbiz, dass die harmlosesten Fragen genau die waren, die einen in Schwierigkeiten brachten.

»Weil ich … weil ich nie einkaufe?«

Dr. Raine legte den Kopf schief. »Wie kommen Sie dann an Lebensmittel? Nutzen Sie einen Lieferdienst?«

»Meine Putzfrau kauft manchmal für mich ein, aber meistens esse ich entweder in Restaurants oder bestelle mir Essen.«

»Wussten Sie, dass dem Zubereiten von Mahlzeiten eine meditative Wirkung nachgesagt wird?«

»Äh … nein.« Warum fragte er ihn so merkwürdige Sachen?

Dr. Raine nickte. »Tut es aber. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, ihre freie Zeit zu füllen.«

»Indem ich einkaufe?«

»Das bleibt Ihnen überlassen. Aber Sie könnten sich Rezepte aus dem Internet heraussuchen und die nachkochen.«

Aspen hatte keine Ahnung, warum er zweihundert Dollar in der Stunde an einen Mann zahlte, der ihn dazu zu animieren versuchte, zu kochen. Das war absurd.

»Das wäre Ihre Aufgabe, bis wir uns nächste Woche wiedersehen.«

»Kochen?«, fragte Aspen fassungslos. Seiner Meinung nach konnte man das sehr gut aus seiner Stimme heraushören.

Dr. Raine lächelte. Er stellte die Beine nebeneinander und lehnte sich etwas vor. »Genau. Sie kochen. Und Sie schreiben mir etwas auf.«

»Und was?«

»Drei Dinge, die Sie schon seit einer langen Zeit vor sich herschieben.«

»So etwas wie abstauben?«

»Nein. Nicht so etwas.« Dr. Raine blickte ihm fest in die Augen. »Dinge, die Sie schon lange tun wollten und sollten, aber immer unter irgendwelchen Vorwänden vor sich hergeschoben haben. Unangenehme Dinge.«

Es war erschreckend, wie viele Beispiele ihm auf Anhieb einfielen. Dafür müsste er keine Woche investieren. Er könnte Dr. Raine hier und heute ein Dutzend Dinge aufzählen, die er tun sollte, aber ganz sicher nicht tun wollte.

»Abstauben kann ziemlich unangenehm sein.«

Dr. Raines Lächeln war fein. Es passte nicht zu den scharfen, unbarmherzigen Worten, die sich in sein Fleisch bohrten wie vergiftete Pfeilspitzen. »Es wird Zeit, dass Sie in Ihrem Leben aufräumen, Aspen. Schonungslos und unbarmherzig. Ich werde nicht nett zu Ihnen sein, nur weil Sie ein Weltstar waren.«

Aspen schnaubte. »Autsch.«

»Sie sind, wer Sie sind, und Sie tun, was auch immer Sie tun wollen. Aber vielleicht – ganz vielleicht – ist heute der erste Tag eines neuen Lebens. Der Tag, an dem Sie entscheiden, dass Sie etwas verändern wollen. Der Tag, an dem Sie Ihr verdammtes Leben in die Hand nehmen und es in etwas Gutes und Lebenswertes verwandeln.«

Aspen starrte Dr. Raine an. »Ich habe einen Termin bei Ihnen vereinbart, weil man mir sagte, dass Sie ein guter Therapeut wären. Nett. Netter, als Sie gerade zu mir sind.«

Dr. Raine lächelte etwas zu glatt. Seine Zähne blitzten haifischartig und Aspen fühlte sich verdächtig wie die auserkorene Beute, die hilflos vor ihm im Wasser trieb.

»Sie brauchen keine Nettigkeit, Aspen. Was Sie brauchen, ist ein Grund, von diesen Drogen wegzukommen und den Rest Ihres Lebens endlich zu genießen.«

»Ich bin erst achtundzwanzig«, protestierte Aspen.

»Ein gutes Alter, um endlich Verantwortung zu übernehmen. Wenn Sie mich nächste Woche besuchen, dann möchte ich, dass Sie mir drei Dinge nennen, die Sie ändern würden, wenn es in Ihrer Macht stünde.«

»Ich könnte ja auch kochen lernen«, schlug Aspen vor.

»Sie können beides tun. Sieben Tage sind eine Menge Zeit. Kochen Sie. Und denken Sie für einen Moment mal an jemand anderen als an sich selbst.«

Dr. Raine erhob sich abrupt und Aspen verfolgte seine Schritte quer durch den Raum mit einer Art Erstaunen. Das hier war die merkwürdigste Therapiesitzung, die er jemals gehabt hatte. Er hatte noch nie so viel Geld dafür gezahlt, von einem anderen Mann so zusammengefaltet zu werden.

Dr. Raine verließ den Raum, ohne einen Blick zu Aspen zurückzuwerfen. Nachdem er fünf Minuten gewartet hatte, wurde ihm klar, dass Dr. Raine nicht zurückkommen würde. Ein Blick auf seine Armbanduhr sagte ihm, dass seine Stunde auch um war.

Der Arzt war also einfach aufgestanden und gegangen. Funktionierte Psychotherapie so? Aspen hätte wirklich gern gewusst, an welcher verrückten Universität Dr. Raine studiert hatte. Vielleicht hatten sie dort irgendwelche Experimente mit Elektroschocks gemacht. Aspen fragte sich ernsthaft, ob er nächste Woche wirklich hierher zurückkommen wollte. Wer wusste schon, was dieser Mann dann mit ihm vorhatte?

Aspen erhob sich und verließ die Praxis wie betäubt. Er setzte sich in seinen Porsche und fuhr durch die Stadt bis nach Beverly Hills, während seine Gedanken bei dem mysteriösen Dr. Raine zurückgeblieben waren.

Kochen und Dinge aufschreiben. Das sollte also der Weg sein, der ihn von den Drogen fernhielt, nach denen sein verräterischer Körper bereits seit seiner Entlassung aus der Entzugsklinik verlangte.

Er hatte es sich nicht eingestehen wollen, aber das war die Wahrheit. Bei dem Gedanken an das weiße Pulver und all die Pillen, die in den letzten Jahren sein Leben begleitet hatten, wurde ihm warm. Das Verlangen nahm zu. Nur für eine Minute vergessen, in der weichen Schwerelosigkeit versinken, in der nichts eine Rolle spielte. Nur ein Moment.

»Fuck!«, stieß Aspen hervor. Mit quietschenden Reifen wendete er seinen Wagen mitten auf der Straße und erreichte kurz darauf einen Delikatessenladen. Er brauchte eine Weile, bis er einen Parkplatz gefunden hatte und musste dann einen Block zurücklaufen, ehe er das Geschäft betrat.

Er hielt inne und wartete. Darauf, dass ihn jemand erkannte, ein Autogramm haben wollte oder ihn fragte, wann 4Reasons wieder zusammen auftreten würden. Als ob das jemals der Plan gewesen wäre.

Aber es passierte nichts. Die Kühltruhen gaben ein leises Surren von sich und im hinteren Teil des Ladens hörte er eine Frau lachen, aber sonst war da gar nichts.

Der ältere Herr an der Kasse sah nicht mal in seine Richtung.

Aspen wusste, was er erwartet hatte, und dass das nicht eintrat, war irgendwie ein Schock. Er war es so gewohnt, von Paparazzi und Fans ununterbrochen verfolgt zu werden, dass er keine Ahnung hatte, was er jetzt mit sich anfangen sollte, wo sich niemand für ihn interessierte. Auf einmal war da nur er, und das war doch viel zu wenig, oder?

Sein Blick glitt zu den Einkaufskörben, die auf einer Seite aufeinandergestapelt waren. Wie betäubt ging er dorthin und nahm sich einen. Und dann schlenderte er wie ein vollkommen normaler Mensch durch die Gänge des Lebensmittelladens. In seiner Kindheit war er oft in dem kleinen Lebensmittelladen in Hillsboro einkaufen gewesen. So, wie Kinder eben einkaufen gingen. Er hatte sich Gummischlangen und Kaugummis gekauft. Aber noch nie zuvor war er in einem Laden gewesen und hatte dort Lebensmittel eingekauft. Dinge, die man zubereiten konnte, um sie anschließend zu essen.

Und die erschreckende Erkenntnis traf ihn sofort: Er hatte keine Ahnung, welche Zutaten er kaufen musste, um eine Mahlzeit zuzubereiten. War das nicht etwas lächerlich? Mit achtundzwanzig Jahren war er eine Jungfrau. Zumindest, was das Kochen anging.

Und was ihn am meisten ärgerte: Warum wusste Dr. Raine ausgerechnet von dieser Schwäche? Hatte er nicht genug negative Seiten an sich, die man als Psychotherapeut unter die Lupe nehmen sollte? Nein, er kam ausgerechnet mit dem Kochen daher. Und Aspen war auf einmal wild entschlossen, dass er nicht scheitern würde. Er würde kochen und Dr. Raine beweisen, dass es keinen Grund gab, ihn so von oben herab zu behandeln.

Auch wenn er vielleicht etwas recht hatte …

Aspen verscheuchte die Stimme mit einem Kopfschütteln aus seinen Gedanken und blieb vor dem Regal mit den Teigwaren stehen. Nudeln gingen immer, oder? Man musste nicht studiert haben, um Nudeln mit Tomatensoße zuzubereiten. Das war nicht schwer.

4

Aspen

Es stellte sich heraus, dass Tomatensoße die Angewohnheit hatte, wie ein wütender Geysir zu blubbern.

---ENDE DER LESEPROBE---