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Wer hätte gedacht, dass der Kleine Odenwald eine so sagenhafte Gegend ist? In dieser reizvollen Landschaft tummeln sich Weiße Frauen und Wasserfräulein, spuken ruhelose Seelen, werden Zauber gewirkt und Hexenwerk gebannt, streiten edle Ritter und hinterhältige Schurken um wunderschöne Damen. Und dann sind da noch die geheimnisvollen Schatzverstecke, die nach Jahrhunderten ganz im Süden des mystischen Odenwaldes wieder gefunden werden wollen. Miriam und Peter Seisler haben 90 der schönsten Sagen des Kleinen Odenwaldes, sowie der angrenzenden Neckarstädte Eberbach, Hirschhorn und Neckargemünd gesammelt, ausgewählt und nacherzählt.
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Seitenzahl: 111
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Für unsere Söhne
Vorwort
Neckargemünd
Dieter Nezel
Der Schatz auf Burg Reichenstein
Uta von Reichenstein
Der Nonnenbrunnen
Königstuhl, Gaiberg, Bammental und Wiesenbach
Der Königstuhl
Der Riesenstein am Gaisberg
Der verhexte Wolfshund
Der spukende Teufel von Bammental
Der Zauberer vom Bammertsberg
Der gebannte Geist
Die Schlange im Kuhstall
Das Franzosenloch
Dilsberg, Mückenloch und Neckarhäuser Hof
Die Dilsberger Burglinde
Die Hochzeitsfeier auf dem Dilsberg
Die Rose vom Dilsberg
Die Bauern mit den Bienenkörben
Die betrogenen Bauern von Mückenloch
Das Sühnekreuz im Bannholz
Die sprechenden Tiere
Lobenfeld und Waldwimmersbach
Die große Rübe von Lobenfeld
Der schwarze Hund am Karfreitag
Der gespenstische Hund
Das zerstörte Schloss
Der Grenzsteingeist
Die weiße Frau von Waldwimmersbach
Das Knöbberle
Der Hexentanzplatz beim „Steinernen Tisch“
Aglasterhausen, Daudenzell und Reichartshausen
Die Wasserfräulein von Aglasterhausen
Der Jägerkarl
Die Karl-Ludwigs-Eiche
Schönbrunn mit Allemühl, Haag, Moosbrunn und Schwanheim
Vom Schatz im Schönbrunner Wald
Der Wechselbalg
Rotmännlein
Der weiße Mann über dem Wald
Der Wolf im Schafspelz
Das Sensemännlein am Grenzenstein
Das verwandelte Zettelchen
Vom Poppele oder „Schubkärchelsmann“
Der Allemühler Nachtkrabb
Die Häckelmutter
Das Pfannkuchenhäuslein
Das Heißeackermännl
Der Hexenmüller
Das Licht im Allemühler Wald
Helf dir Gott!
Die Haager Kirche
Pferdezöpfe in Haag
Die Hexenausfahrt
Der Schatz im alten Berg
Der schlaue Bauer
Die weiße Frau bei Moosbrunn
Das wilde Heer in Moosbrunn
Die Wasserfeen aus dem Totenbrunnen
Der Fluch der bösen Tat
Das versunkene Schloss
Die Hochzeitsgesellschaft
Der weiße Mann auf dem Reisighaufen
Hirschhorn
Das weiße Mäuschen
Die Pest in Hirschhorn
Der Gesang an der Ersheimer Kapelle
Die Christmette der Toten
Die Spielmannsfurt
Der letzte Ritter von Hirschhorn
Die Ritter am Pfaffental
Des Wucherers Strafe
Die Kindsmörderin beim Kapellengrund
Der Bund mit dem Teufel
Der Fuhrmann im Pfalzwald
Eine Hexe erkennen
Der Hexenturm von Hirschhorn
Eberbach, Rockenau und Pleutersbach
Die Nixen von der Gretenmühle
Die Zwerge vom Itterberg
Das weiße Burgfräulein von Eberbach
Das Borghelle-Newwele
Das Gratzertfräle
Die weiße Taube
Der Eberbacher Kuckuck
Die Eberbacher Säckbrenner
Der Schnupper
Die Hexe in Ziegengestalt
Der grüne Jäger
Vom Wildeweibelsberg
Der rote Bach
Der Grenzsteingänger
Die strickende Frau
Brot gegen Tod
Der Dreckplatscher
Der Goldschatz im Kessel
Der Mordstock auf dem Hebert
Seltsame Erscheinungen am Kirchel
Der Teufelsbrunnen
Burg Stolzeneck
Die schöne Williswinde
Der Schatz auf der Stolzeneck
Der geheime Gang
Jukunde von Stolzeneck
Der Schatz im Burgkeller
Das „Schlossmändel“ von der Stolzeneck
Der Bruderstreit
Die Minneburg
Minna von Horneck
Die Herren von Habern
Hug und Ida
Die zwölf Jungfrauen vom Minneberg
Neunkirchen, Schwarzach und Obrigheim
Das Kirschenfräulein
Der Wesch
Unheimlicher Besuch im Pfarrhaus
Der Spuk im Wald
Die Nixen von Neunkirchen
Das versunkene Kloster
Der Mordstock von Neunkirchen
Die Schatzgräber von Neunkirchen
Der Ritter von Schwarzach
Der Sieben-Saure-Suppenstein
Der geheimnisvolle Weiher
Die Neuburg und die drei Wasserfräulein
Literaturverzeichnis
Mit diesem Buch halten Sie die zweite überarbeitete und erweiterte Auflage von „Zauber, Spuk und Wasserfräulein“ in den Händen. Erweitert, weil wir bei unseren Recherchen zu anderen Projekten auf mehr als zwanzig weitere hochinteressante Sagen aus dem Kleinen Odenwald gestoßen sind, die wir Ihnen auf keinen Fall vorenthalten möchten.
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit Jahren besuchen wir alte Burgen und andere sagenumwobene Orte im Odenwald, aber auch in den angrenzenden Regionen. Wenn wir dann unseren Kindern die spannenden Sagen erzählten, die wir zu diesen besonderen Plätzen kannten, hörten sie jedes Mal fasziniert zu. Da wir es jedoch nicht bei diesen Geschichten belassen wollten, wuchs der Bücherstapel zuhause immer mehr. Nur für unsere Heimat, den Kleinen Odenwald, konnten wir kein eigenes Sagenbuch finden.
So war die Idee geboren, Sagen für genau diesen Teil des Odenwaldes zu sammeln. Wir haben allein für unsere Heimatgemeinde Schönbrunn über zwanzig Sagen zusammengetragen.
Falls Sie noch nicht wissen, wo dieses schöne Fleckchen Erde liegt: Der Kleine Odenwald ist der südlichste Zipfel des Odenwaldes und liegt „uff de anner Neckarseite“ in Nordbaden. Ein kleines Eck, der Hirschhorner Stadtteil Ersheim, gehört zu Hessen.
Die Städte Neckargemünd, Hirschhorn und Eberbach sind die Tore des Neckartals zum Kleinen Odenwald. Da jeweils Teile der Stadtgebiete links und rechts des Neckars liegen, haben wir die Sagen dieser Orte mit aufgenommen. Außerdem sind ihre Geschichte und Geschichten so sehr mit dem Kleinen Odenwald verbunden, dass es schade gewesen wäre, sie auszuklammern.
Das würde zwar auch für die Stadt Heidelberg gelten, aber die vielen Sagen der ehemaligen kurpfälzischen Residenzstadt reichen schon allein für ein eigenes Buch. Wir wollten den ländlichen Kleinen Odenwald etwas aus seinem Dornröschenschlaf holen und zeigen in welch spannender und interessanter, ja „sagenhafter“ Gegend wir leben.
Zauber und Spuk sind wichtige Bestandteile vieler Sagen, genauso wie sie in der Welt unserer Vorfahren eine bedeutende Rolle gespielt haben. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war das „Brauchen“, die Verwendung einfacher Zauber zum Schutz oder zur Bekämpfung von Krankheiten, in weiten Teilen des Odenwaldes lebendig. Auch die Angst unerklärliche Schicksalsschläge könnten ihre Ursache in der schädlichen Magie von Hexen und Zauberern haben, hat ihre Spur in unserem kollektiven Gedächtnis hinterlassen. Und doch lebten die Menschen vergangener Tage nicht nur von der Natur, sondern auch mit ihr im Rhythmus der Jahreszeiten. Vielleicht sahen oder ahnten sie manche Dinge, von denen wir heute, bei all dem Stress und der Hektik, weit entfernt sind.
Viele der Sagen haben einen uralten mythologischen Kern. So gehen die drei Wasserfräulein, Nixen oder Seejungfrauen auf die alte Göttin Frau Holle, und auf ihre dreifache Erscheinung als Jungfrau, Mutter und weise Alte in den Farben Weiß, Rot und Schwarz zurück. Lange Zeit wurden sie im Odenwald, besonders an Quellen und Brunnen verehrt. Das weibliche Dreigespann erinnert an die drei Nornen der nordischen Mythologie, die drei Bethen aus dem Alpenraum oder an die Matronen. Für die Verehrung der Matronen, einer keltisch-germanischen Göttinnentrinität, gibt es hier im Odenwald sogar archäologische Nachweise.
Hunderte von Jahren wurden die alten Geschichten nur mündlich überliefert. Gerade in den Spinnstuben, wo sich die Frauen und Mädchen zur gemeinsamen Handarbeit trafen, ging es sehr gesellig zu. Leider hatte die kirchliche Obrigkeit nicht viel für derlei Dinge übrig und die Spinnstuben waren den Kirchenmännern suspekt und wurden manchmal sogar verboten. So verloren besonders die weiblichen Göttinnen nach der Christianisierung immer mehr an Bedeutung. Doch ihre Sagen wurden im Volksmund über Jahrhunderte trotzdem weitergegeben. Aus alten Göttinnen wurden dann eben weiße Frauen oder Wasserfräulein, die sonst hier auf der Erde nicht mehr weiter existieren konnten. So blieben uns diese Geschichten erhalten und auch die Orte ihrer Verehrung gibt es teilweise bis heute.
Wir brauchen nicht immer weit zu reisen und fremde Länder zu besuchen, um Neues zu finden. Unsere Heimat ist reich an geheimnisvollen Orten, wunderbaren Sagen und großartiger Natur, es gilt sie nur zu entdecken und zu bewahren.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen,
Miriam und Peter Seisler
Als die Macht des Rittertums begann dahin zu schmelzen und aufstrebende Kaufleute drohten diesen Kriegern den Rang abzulaufen, verlegten sich viele von ihnen darauf mit Wegelagerei und Raub ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Einer dieser Raubritter war Dieter Nezel. Ein übler Kerl, welcher die Täler von Neckar, Elsenz und Wiesenbach in Angst und Schrecken versetzte. Seine Opfer raubte er oft bis auf das letzte Hemd aus und beim geringsten Widerstand schreckte er auch nicht vor Mord zurück. In seiner Burg Reichenstein, kaum zugänglich über Neckargemünd gelegen, fühlte er sich vor allen Verfolgern so sicher, dass er alle Mahnungen und Drohungen mit einem Achselzucken quittierte.
Selbst als eines Tages der Kaiser selbst einen Boten mit dem schriftlichen Befehl, sofort mit seinen Missetaten aufzuhören, schickte, zerriss er hohnlachend den, wie er es nannte, „Wisch“. Zur Abschreckung ließ er den Überbringer der Botschaft gut sichtbar an einer Eiche aufknüpfen. Doch damit war er dieses Mal zu weit gegangen. Ein kaiserliches Heer zog vor Burg Reichenstein auf, belagerte und erstürmte schließlich das Raubritternest. Die Burg wurde geschliffen und Dieter Nezel zum Tode verurteilt. Man hängte ihn an demselben Baum auf, den er als Galgen für den armen Boten benutzt hatte. Während sich die Krähen an seinem aufgedunsenen Leichnam gütlich taten, trauerte einzig und allein des Nezels struppiger schwarzer Köter, indem er den baumelnden Leichnam anheulte, bis er selbst verhungert war. Alle anderen, egal ob Mensch, ob Tier, waren froh von diesem Übel befreit zu sein.
Obwohl es mit Burg Reichenstein kein gutes Ende nahm oder gerade deshalb, erzählt man sich, dass sie alle hundert Jahre in ihrem ursprünglichen Zustand zu sehen sei. Allerdings stehe sie lichterloh in Flammen und man könne die ehemaligen Bewohner der Burg mit weißen Tüchern winkend in den Fenstern sehen. Ob es sich dabei um die Folgen eines Fluchs handelt oder ein Hinweis auf einen versunkenen Schatz, kann niemand genau sagen. Eine interessante Geschichte erzählt auf jeden Fall davon, dass einst ein Bauer, der mit seinem Fuhrwerk unterwegs war, bei der Ruine eine weiße Frau sah. Neben ihr trottete ein Pudel, der ihr in seinem Maul einen Schlüssel hinterhertrug. Der brave Mann schaffte es dem Hund jenen Schlüssel abzujagen und schon offenbarten sich ihm sonst verborgene Kellerräume, in denen er eine große Kiste voll mit Münzen fand. Die Frauenerscheinung ließ ihn mitsamt der Kiste ziehen. Er schleppte so schwer an seinem Schatz und hatte solche Schwierigkeiten ihn auf seinen Karren zu wuchten, dass er vor lauter Erleichterung ein „Gott sei Dank!“ in die Nacht hinaus ächzte. Doch kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, verschwand die Kiste mit einem Schlag.
Vor sehr langer Zeit lebte auf der Burg oberhalb von Neckargemünd ein streitbarer Ritter mit seiner schönen Tochter. Dieses Mädchen hatte einen Raben gezähmt und ihm das Sprechen einiger Worte beigebracht, am besten aber konnte er ihren Namen krächzen: Uta!
Als schöne Tochter eines mächtigen Ritters war sie selbstverständlich eine gute Partie und einer ihrer Freier war der Ritter Bligger von Steinach. Doch das Werben des Bliggers stieß bei Uta auf taube Ohren, woraufhin der Zurückgewiesene völlig ungehalten reagierte. Als ihr Vater wieder einmal aus der Burg auszog, nutzte der Abgewiesene diese Gelegenheit schamlos aus, drang auf Reichenstein ein, zerschlug das Schlafzimmerfenster der jungen Frau, packte sie und schleppte sie ans Ufer des Neckars. Dort zog er sie ins Wasser und schwamm mit seiner sich verzweifelt wehrenden Gefangenen ans andere Ufer. Leider gab es für sie keine Möglichkeit dem groben Kerl zu entwischen und er entführte sie auf seine Burg, das Schwalbennest, um sie dort in einen Kerker zu sperren.
Erschöpft schlief Uta in ihrem Gefängnis ein. Als sie am nächsten Morgen erwachte, war es ihr als würde jemand ihren Namen rufen. Tatsächlich war es ihr Rabe, der ihr von nun an Nüsse und Beeren brachte, um die Ärmste vor dem Hungertod zu bewahren. Eines Tages entdeckte Bligger den schwarzen Gesellen. Voller Zorn nahm er seine Armbrust, um auf den Raben zu schießen. Doch kaum hatte er angelegt, stürzte sich der Vogel auf den Ritter, um ihm die Augen auszuhacken. Der von Steinach versuchte den Angreifer abzuschütteln und ihm rückwärts auszuweichen. Dabei kam er ins Straucheln und stürzte über die Brüstung hinab in die Tiefe.
Bei Neckargemünd im Wald liegt der Nonnenbrunnen und man erzählt sich, dass es dort ein versunkenes Frauenkloster geben soll.
Zu bestimmten Zeiten steigt es aus seinem unterirdischen Reich empor und zeigt sich. Auch Nonnen kann man darin sehen und, wenn man ganz still ist, sogar singen hören.
Einmal waren zwei Neckargemünderinnen im Wald, um Holz zu holen. Da vernahmen sie einen so wunderbaren Gesang, wie sie ihn noch nie gehört hatten und das Läuten eines Kirchenglöckleins. Vor ihnen tauchte das Kloster aus dem Erdboden auf. Nebel waberte und ein seltsames Licht umhüllte die Erscheinung.
Die Frauen betrachteten alles mit großen Augen und konnten nicht glauben, was da geschah. Überwältigt von dem Anblick fielen sie fassungslos in Ohnmacht.
Schließlich erwachten sie aus einem fast todesähnlichen Schlaf und machten sich eilig auf den Heimweg. Zurück in Neckargemünd suchten sie ihre Familien und Häuser. Doch vergebens, denn alles sah verändert aus. Sie sprachen mit den Menschen vor Ort und erfuhren, dass ihre Kinder schon längst gestorben waren. Die allerdings hatten immer von ihren Müttern erzählt, die in den Wald gegangen und nie mehr wiedergekommen wären. Den Frauen grauste es und sie schauten sich an. Ihre Haare waren schlohweiß geworden und wie vom Schlag getroffen fielen sie um und waren auf der Stelle tot.
Fast aus jedem Winkel der Kurpfalz kann man die höchste Erhebung des Kleinen Odenwaldes, den Königstuhl, sehen. Doch wie kam dieser Berg zu seinem schönen Namen?