ALARMSTUFE ROT (Project 14) - Alex Lukeman - E-Book

ALARMSTUFE ROT (Project 14) E-Book

Alex Lukeman

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Beschreibung

Verschollene Reliquien, mystische Schätze und geheimnisvolle Artefakte – begeben Sie sich zusammen mit der streng geheimen Regierungsorganisation PROJECT auf die weltumspannende Jagd nach den letzten Rätseln der Menschheit. Vor der Küste Nordkoreas wird ein amerikanisches Atom-U-Boot entdeckt und versenkt. Einen Tag später stirbt der chinesische Botschafter in Washington bei einem Attentat. Nordkoreas unberechenbare Führung bereitet sich mit Hilfe einer schrecklichen Waffe auf einen Angriff auf Amerika vor. Der US-Präsident ruft das PROJECT zu Hilfe, welches immer dann auf den Plan tritt, wenn anderen Geheimdiensten die Hände gebunden sind. Das Team musste schon einige gefährliche Missionen bestreiten, doch dieses Mal befinden sie sich in einem Wettlauf gegen einen unbekannten, wahnsinnigen Gegner, der das Ende der gesamten Menschheit einläuten will. Er wird nicht eher ruhen, bis die ganze Welt in eine radioaktive Hölle verwandelt wurde. Kann das PROJECT-Team ihn rechtzeitig finden und daran hindern, ein nukleares Armageddon auszulösen? ★★★★★ »Alex Lukeman schreibt mit einem sicheren Gespür für filmische Atmosphäre. Seine fesselnden Romane mit ihren griffigen Plots sind einfach absolute Hits.« - MCSFilm Review Team

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Alarmstufe Rot

Project – Band 14

Alex Lukeman

übersetzt von Peter Mehler

Copyright © 2020 by Alex LukemanDieses Werk ist Fiktion. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln vervielfältigt, verbreitet oder übertragen werden, außer nach vorheriger und ausdrücklicher Genehmigung des Autors. (Dieses Werk ist Fiktion.) Namen, Charaktere, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder vom Autor frei erfunden oder als fiktives Element verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen lebenden oder toten Personen ist rein zufällig.

Impressum

Deutsche Erstausgabe Originaltitel: HIGH ALERT Copyright Gesamtausgabe © 2024 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Peter Mehler Lektorat: Manfred Enderle

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2024) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-855-3

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

Inhaltsverzeichnis

Alarmstufe Rot
Impressum
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Anmerkungen
Danksagungen
Über den Autor

Prolog

Wŏnsan, Nordkorea, Heute

Die USS California lag auf Tauchgang außerhalb des Hafens von Wŏnsan, dem Sitz der nordkoreanischen Ostflotte. Kapitän Richard Paulson schaute durch das Periskop und war nicht begeistert von dem, was er sah. Der Hafen war überfüllt mit Patrouillenbooten und kleinen Schiffen. Das war normal. Was jedoch nicht normal war, waren die Hunderte von nordkoreanischen Landungsbooten, die auf der endlosen Dünung des Japanischen Meeres wogten.

Der Große Führer der DVRK drohte erneut mit einer Invasion des Südens. Das war nichts Neues, aber dieses Mal schien etwas dran zu sein. Wenn Yun seine Drohungen wahrmachen wollte, würde er mit einem Angriff auf Wŏnsan beginnen.

Das Pentagon wollte wissen, was die Koreaner planten, aber der schwer bewachte Hafen war getarnt, um die Aktivitäten vor den amerikanischen Satelliten zu verbergen, die den Luftraum beobachteten. Paulsons Auftrag lautete, die Sache aus der Nähe zu beobachten. Sollte der Norden die Boote nach Süden schicken, würde sich der Kern der Mission in aktive Abschreckung wandeln.

Die USS California war ein U-Boot der Ohio-Klasse, das für Marschflugkörper umgebaut wurde. Sie hatte genügend Tomahawks mit Nuklearwaffen an Bord, um Nordkoreas Armeen in radioaktive Asche zu verwandeln.

Paulson hielt es für einen Fehler, sein milliardenschweres U-Boot so nahe an Nordkoreas paranoiden und ausgeklügelten Verteidigungsanlagen zu platzieren, aber Befehl war Befehl. Fortschrittliche Tarnkappentechnologie verbarg das U-Boot vor den nordkoreanischen Sonargeräten, die nach jemandem wie ihm suchten, der sich unter Wasser versteckte. Trotzdem bestand immer die Gefahr, entdeckt zu werden.

Ungeheuer viel Aktivität. Es gibt mehr von diesen Landebooten als gestern. Sie bereiten sich auf etwas vor.

Er drehte das Periskop und suchte den Hafen und die Küstenlinie ab. Eine dünne, weiße Spur verwirbelten Wassers zog hinter dem schlanken Rohr her.

Es mochte Dinge geben, die in Nordkorea nicht gut funktionierten, aber Radar gehörte nicht dazu. Leutnant Kim Chul war der diensthabende Offizier, der für die Überwachung der Sperrzone außerhalb des Hafens zuständig war. Der Soldat, der die Radaranzeige beobachtete, rief nach ihm.

»Was gibt es?«

»Ich glaube, da ist ein U-Boot außerhalb des Hafens.«

»Eins von unseren?«

»Nein, das glaube ich nicht. Es hat keine Erkennungssignale abgegeben.«

Kim lief zu dem Bildschirm hinüber. »Zeigen Sie es mir.«

»Hier.« Er deutete darauf. »Das sieht für mich wie ein Periskop aus.« Der Soldat an der Radarabtastung zeigte auf die markante Signatur auf dem Bildschirm.

Plötzlich war sie weg.

»Was ist mit dem Sonarnetz? Irgendwelche Anzeichen?«

»Nein, Leutnant.«

Kims Befugnis reichte nicht aus, um Gegenmaßnahmen anzuordnen. Dafür war ein höherer Rang erforderlich. Er wählte den direkten Draht zum Hauptquartier und fragte nach dem Kommandanten der Basis.

Admiral Park Hwan hatte bereits dem Vater des Großen Führers gedient. Park neigte nicht dazu, die Befehle seiner Vorgesetzten infrage zu stellen, und man konnte sich darauf verlassen, dass er tat, was nötig war. In einem Land, das von Misstrauen und Paranoia geprägt war, war er einer der wenigen hochrangigen Offiziere, denen man noch vertraute. Deshalb hatte man ihm diese wichtige Aufgabe übertragen. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die unteren Ränge zu ermutigen, im Falle einer schwerwiegenden Verletzung der Sicherheit zuerst mit ihm zu sprechen. Deshalb konnte Kim ihn sofort anrufen. Soweit Kim wusste, hatte das noch nie jemand getan, aber er verschwendete keine Zeit mit dem Anruf.

»Ja?«

»Hier spricht der diensthabende Hafenwachoffizier, Leutnant Kim. Das Radar hat etwas aufgefangen, was ein feindliches U-Boot zu sein scheint, das vor der Küste liegt. Ein Periskop wurde entdeckt.«

»Sind Sie sicher?«

Kim holte tief Luft. Wenn er sich irrte, würde er bald in einem der Rehabilitationslager landen.

»Ich bin mir nicht ganz sicher, Admiral. Aber ich glaube, es war ein U-Boot. Es kann keins von unseren sein. Keines von uns befindet sich in diesem Gebiet. Der Signatur nach zu urteilen ist es ein amerikanisches.«

»Es wird ein amerikanisches U-Boot in der Nähe vermutet. Nun gut. Kehren Sie auf Ihren Posten zurück. Wir werden uns darum kümmern. Aber Sie sollten besser Recht behalten.«

»Jawohl.«

Kim legte das Telefon auf. Seine Hand schwitzte. Sie sollten besser Recht behalten.

»Achten Sie auf weitere Anomalien«, befahl er dem Radartechniker.

»Jawohl.«

Sie werden Patrouillenboote schicken, dachte Kim, mit Wasserbomben.

Admiral Park öffnete eine Schublade seines Schreibtisches und nahm einen Briefumschlag heraus, der mit dem roten Code für Staatsgeheimnisse versehen war. Bis jetzt war es nicht nötig gewesen, die darin enthaltenen Anweisungen zu befolgen.

Die Befehle kamen vom Obersten Führer selbst. Es war müßig, auf die Komplikationen hinzuweisen, die sich bei ihrer Ausführung ergeben würden. Niemand widersprach dem Obersten Führer oder deutete an, dass sein Urteilsvermögen vielleicht nicht immer perfekt war. Es sei denn, man wollte vor einem Erschießungskommando enden.

Oder Schlimmeres.

Park erhob sich von seinem Schreibtisch und grunzte, als er die Schmerzen seiner arthritischen Knie spürte. Er hob den Umschlag auf und ging durch den Flur in die Einsatzzentrale. In diesem Raum, der rund um die Uhr besetzt war, wurden alle Kommunikations- und Verteidigungssysteme sowie alle mit der Kommunikation zusammenhängenden Vorgänge koordiniert. Der Kommunikationsbereich nahm eine ganze Seite des großen Raumes ein. Die Radar-, Funk- und Satellitenkommunikationsanlagen waren so gut wie das, was die Chinesen besaßen, was in der Tat sehr gut war. Das war kein Geheimnis. Fast die gesamte Ausrüstung wurde in China hergestellt, und die Personen, die sie bedienten, wurden von ihren militärischen Kollegen in Peking ausgebildet.

Admiral Park wandte sich an den zuständigen Funkoffizier, einen Mann namens Bak. Seine Schulterklappen trugen den einzigen Stern und zwei rote Streifen eines Kapitänleutnants. Bak sprang auf, als der Admiral sich ihm näherte, und nahm Haltung an. Der Admiral war stolz auf seine Männer und wusste, dass sie ihn respektierten. Respekt war alles. Sie würden seine Befehle befolgen, ohne zu fragen.

»Admiral.«

Park zog ein einzelnes Blatt Papier aus dem Umschlag. Es enthielt eine Funkfrequenz und eine Reihe von Computercodes.

»Ein mögliches feindliches U-Boot liegt abgetaucht vor der Küste. Ich möchte, dass Sie dies an sie weiterleiten.«

»Sir, entschuldigen Sie, aber unsere Übertragungen werden sie nicht erreichen, solange sie keine Antenne ausgefahren haben.«

»Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Senden Sie die Codes auf dieser Frequenz. Sie werden sie erreichen, falls sie dort sind.«

Bak nahm die Frequenz in Augenschein. »Ah. Sofort, Admiral.«

Er brachte das Papier zu einem Soldaten, der an einer Konsole in der Nähe saß. »Schicken Sie das sofort raus.«

»Jawohl.«

Der Funker zog die Augenbrauen hoch, als er die Frequenz sah.

Er gab sie ein und begann zu senden. Nach einer Minute war er fertig.

»Ist mit einer Antwort zu rechnen?«, fragte der Techniker.

Admiral Park hatte sich in die Nähe von Bak gestellt. »Das glaube ich nicht«, antwortete er.

In den Gewässern der Wŏnsan-Bucht erwachte eine Unterwasserdrohne. Ihr amerikanischer Codename lautete Black Dolphin. Die Nordkoreaner hatten sie in Righteous Anger umbenannt, den gerechten Zorn. Lieutenant Commander Bak wies die Drohne an, nach einem möglichen abgetauchten U-Boot zu suchen.

Die Drohne schaltete in den Jagdmodus und entdeckte den enormen Umriss der California, die sich außerhalb des Hafens versteckte. Sie glitt leise durch das Wasser und setzte sich mit einem dumpfen Schlag, der durch das Schiff hallte, am Rumpf fest.

An Bord des U-Boots fragte jemand: »Was war das?«

Der Computer in der Drohne löste ein Gerät aus, welches das Tarnmaterial an der Außenseite des U-Boots durchdrang, und begann dann, Hochgeschwindigkeits-Codesignale zu senden, wobei er den Metallrumpf des U-Boots als Antenne nutzte.

Der Wachleiter saß an seiner Station und hatte alle Funktionen des Schiffes im Blick. Nun wandte er sich alarmiert an den Kapitän.

»Sir, jemand hat Zugriff auf unsere Computer.«

»Was? Das ist nicht möglich.«

Auf der anderen Seite des Raumes meldete sich der Chief Petty Officer, der die Konsolen der Kampfsteuerung beaufsichtigte.

»Sir, ich verliere die ersten Funktionen. Wir werden gehackt.«

»Blockieren Sie es. Sofort!«

»Aye, Sir.«

Die Hände des CPO flogen über die Tastatur, während er versuchte, die Störung auszugleichen.

»Sir, der Computer verliert Speicher.«

In seiner Stimme lag ein Hauch von Panik. Überall auf dem Schiff ertönten Alarmsignale. Die Computeranzeigen im Kontrollraum begannen, sich nach und nach zu verdunkeln. Die Notbeleuchtung flackerte auf.

»Verdammt, Mann, halten Sie es auf.«

»Sir …«

Mit einer plötzlichen, unheilvollen Bewegung neigte sich das U-Boot abrupt nach unten. Captain Paulson wurde quer durch den Raum und hart gegen ein Schott geschleudert. Er blieb bewusstlos liegen. Rufe und Schreie hallten aus anderen Teilen des Bootes.

Das U-Boot ging in einen vertikalen Tauchgang. Dann fielen alle Lichter aus.

Kapitel 1

Nick Carter parkte vor dem PROJECT-Hauptquartier unter einem dunklen Himmel, aus dem Schneegestöber fiel. Die Sonne war nirgends zu sehen. Es war zwar erst die erste Dezemberwoche, aber das Wetter war bereits auf dem besten Weg für einen weiteren miserablen Ostküstenwinter. Als er aus dem warmen Auto stieg, schlug ihm die Kälte entgegen und ließ ihn seine zweiundvierzig Jahre deutlich spüren. Als er den Eingang des Gebäudes erreichte und auf den Identitätsscan wartete, taten ihm seine alten Wunden weh.

Er zog seinen Mantel aus und hängte ihn an die viktorianisch anmutende Garderobe nebst Spiegel im Eingangsbereich. Das Gesicht, das ihn aus dem Spiegel anstarrte, hatte dunkle Ringe unter den Augen. In den letzten Wochen hatte er nicht viel Schlaf abbekommen. Nicht mehr, seit er aus Syrien zurückgekehrt war. Nick betrachtete sein Spiegelbild und rieb sich das vernarbte Ende seines linken Ohrs, wo das Ohrläppchen von einer chinesischen Kugel zerfetzt worden war.

In seinen Haaren zeigten sich bereits erste graue Strähnen. Er hatte beschlossen, es ein wenig wachsen zu lassen, und war noch dabei, sich an den neuen Look zu gewöhnen. An das Grau hatte er sich aber noch nicht gewöhnen können.

Seine Chefin lag im Walter-Reed-Krankenhaus im Koma, nach einem Autounfall, der sie fast umgebracht hätte. Niemand konnte sagen, wann Elizabeth Harker wieder aufwachen würde. Bis sie zurückkehrte, war Nick zusammen mit Stephanie Willits, Harkers Stellvertreterin, für das PROJECT verantwortlich. Er war früher gekommen, um genug Zeit zu haben, den Tag zu planen. Er ging in Harkers Büro und setzte sich an ihren Schreibtisch.

Ein riesiger orangefarbener Kater schlenderte herbei, rieb sich an Nicks Bein und ließ dabei seine Haare auf den grauen Teppich fallen. Der Kater schnurrte, ein lautes Brummen, das Nick an einen Miniatur-Mack-Truck erinnerte.

»Hey, Burps. Hast du Hunger?«

Die Katze sah auf, sabberte und schnurrte. Nick stand auf, ging zu einem Schrank neben der Kaffeemaschine und holte eine Dose Katzenfutter heraus. Er öffnete sie, schüttete das Futter in eine Schale und stellte sie zusammen mit einer Schüssel Wasser auf den Boden. Er stellte die Kaffeemaschine an und ging zurück an den Schreibtisch, während Burps das Frühstück hinunterschlang. Während er darauf wartete, dass der Kaffee fertig wurde, lehnte sich Nick in Elizabeths Stuhl zurück, schloss die Augen und kämpfte gegen die Müdigkeit an.

Seit er aus Syrien zurückgekehrt war, herrschte Aufruhr. Die Mission war schon schwierig genug gewesen, die Auswirkungen aber verwirrend. Irgendetwas hatte sich verändert, aber er war sich nicht sicher, was es war. Am ehesten konnte er sagen, dass er die Geschehnisse in der Welt etwas weniger pessimistisch betrachtete und etwas mehr Hoffnung hatte, dass sich die Dinge irgendwie von selbst regeln würden.

Die Leitung des PROJECTs bestand aus endlosen geistigen Aufgaben, die Zeit und Konzentration erforderten. Eine Fehleinschätzung konnte Menschenleben kosten und sogar dazu führen, dass ein Krieg ausgelöst wurde. Nick fand, dass es im Einsatz viel einfacher war, wenn die Leute auf einen schossen. Dann wusste man, was man zu tun hatte. Aber das hier war anders. Ohne die Hilfe von Clarence Hood, dem Direktor der CIA, wäre das Pensum überwältigend gewesen.

Die Beziehung zwischen dem PROJECT und Langley war jahrelang umstritten gewesen, bis der ehemalige Direktor als Verräter entlarvt wurde und Hood die Leitung übernahm. In den letzten Wochen hatten sich Hood und Elizabeth Harker auf eine Beziehung eingelassen, die über ihre beruflichen Interaktionen hinausging.

Die CIA und das PROJECT waren in mehr als einer Hinsicht miteinander verbunden. Stephanie war mit Lucas Monroe verheiratet, dem Direktor der National Clandestine Services in Langley.

Das ist ja beinahe inzestuös, dachte Nick.

Der Duft von Kaffee erfüllte das Büro. Nick erhob sich aus dem Stuhl, ging zu dem Tresen und schenkte sich eine Tasse ein. Mit der Tasse in der Hand lief er zu der Terrassentür und blickte über das Gelände. Die Blumenbeete hatten sich in den Wintermodus zurückgezogen, braun und kahl, und stachen durch die Schneedecke des letzten Sturms.

Das Schneegestöber hatte sich in Schnee verwandelt. Nick nippte an seinem Kaffee und sah auf die Uhrenreihe an der Wand gegenüber dem Schreibtisch. Der Rest des Projektteams würde innerhalb in der nächsten Stunde eintreffen.

Das abhörsichere Telefon auf dem Schreibtisch signalisierte einen Anruf. Nick betrachtete das blinkende Licht.

Langley. Jetzt geht’s los, dachte er. Er hob ab. »Hier spricht Carter.«

»Guten Morgen, Nick, obwohl er besser sein könnte.« Es war Clarence Hood. »Wir haben ein Problem.«

»Was ist passiert?«

»Wir haben eines unserer Marschflugkörper-U-Boote vor Nordkorea verloren. Die California ist vor neunzehn Stunden mit ihrer gesamten Besatzung gesunken.«

»Alle?«

»Ja.«

»Was ist passiert?«

»Deswegen rufe ich an. Es war kein Unfall. Wir glauben, dass Nordkorea dafür verantwortlich ist.«

»Die Nordkoreaner haben sie versenkt? Haben die den Verstand verloren?«

»Der Geheimdienst vermutet, dass Yun eine Invasion im Süden plant. Die California hat den Hafen von Wŏnsan im Auge behalten.«

»Wo sie eine Invasionsflotte aufbauen«, sagte Nick. Das war keine Frage.

»Exakt. Die DVRK ist gut darin, Dinge vor unseren Satelliten zu verbergen. Das Pentagon wollte eine direkte Sichtung, um unsere Informationen zu bestätigen, und wir haben keine Mittel am Boden, um das zu überprüfen. Der Befehl der California lautete, die Vorgänge zu beobachten und dabei nicht entdeckt zu werden.«

»Sind wir sicher, dass es Pjöngjang war und kein Unfall?«, fragte Nick.

»Es war definitiv kein Unfall«, sagte Hood. »Sie wurde mit unserer eigenen Technologie versenkt. Niemand sonst dürfte über sie verfügen. Die Notfallboje zeichnete auf, was mit dem U-Boot geschah, und übermittelte die Informationen, als sie die Oberfläche erreichte. Die Übertragungen aber wurden eingestellt. Die Nordkoreaner haben sie aus dem Wasser geholt.«

»Welche Art von Technologie?«

»Jetzt, wo Sie an Elizabeths Stelle handeln, kann ich es Ihnen sagen. Die DARPA hat eine Unterwasserdrohne namens Black Dolphin entwickelt, die sich an den Rumpf eines feindlichen Schiffes heftet. Sie hackt sich in die Computer des Zielobjekts und schaltet sie ab. An der Oberfläche würde ein Schiff alle computergesteuerten Funktionen verlieren und hilflos umhertreiben. Ein U-Boot hingegen würde sich in einen großen Felsen verwandeln. Genau das ist mit der California passiert.«

»Wie sind die Nordkoreaner in den Besitz unserer streng geheimen Technologie gelangt?«

»Das ist die große Frage, nicht wahr?«

»Verrat«, sagte Nick. »Jemand muss sie ihnen gegeben haben.«

»Das ist die einzige Möglichkeit. Und nicht nur das – niemand hätte ohne die richtigen Codes die Firewalls eines unserer Atom-U-Boote durchbrechen können. Es muss jemand sein, der weit oben in der Kommandostruktur sitzt und Zugang zu diesen Informationen hat.«

»Das grenzt das Feld zumindest ein.«

»Wir werden ihn finden, wer auch immer es ist«, sagte Hood.

»Wie geht es weiter?«

»Präsident Rice wird die Nordkoreaner nicht ungestraft davonkommen lassen. Es mag Sache seines Nachfolgers werden, zu Ende zu bringen, was er begonnen hat, aber Rice wird eine Rettungsmission für den Fall starten, dass einige unserer Leute noch am Leben sind. Das U-Boot ist in nordkoreanischen Gewässern gesunken. Yun ist labil, niemand weiß, wie er reagieren wird. Das könnte einen Krieg auslösen.«

Präsident Rice befand sich in den letzten Tagen seiner zweiten Amtszeit. Es blieb abzuwarten, was geschehen würde, wenn der neu gewählte Präsident sein Amt antrat. Niemand wusste, welche Haltung er gegenüber der Welt der Geheimnisse, in der das PROJECT operierte oder den schwarzen Kassen, mit denen es finanziert wurde, einnehmen würde.

»China wird das nicht gefallen«, sagte Nick.

»Sie haben gerade den Finger in eine der Wunden gelegt. Die Chinesen waren nicht bereit, Yuns Irrsinn mit seinen Raketen und seinem Nuklearprogramm zu beenden. Jetzt tritt es ihnen in den Hintern. Sie haben Angst, dass wir ihn provozieren könnten, seine Atombomben einzusetzen.«

»Es ist also unsere Schuld, wenn er es tut?«

»Heutzutage ist alles unsere Schuld. Im Laufe des Tages wird im Weißen Haus ein Treffen mit dem chinesischen Botschafter stattfinden, um die Situation zu besprechen. Präsident Zhang wird per Telefon zugeschaltet sein. Rice will, dass Selena dabei ist, um zuzuhören.«

Selena Connor war Teil des Einsatzteams. Allen Widrigkeiten zum Trotz hatten sie und Nick im Jahr zuvor geheiratet. Selena sprach fließend Chinesisch und verstand die wichtigen Nuancen, die bei der Übersetzung verloren gehen konnten oder ausgelassen wurden. Ihr Onkel war ein enger Freund des Präsidenten gewesen, und sie kannte Rice schon seit ihrer Kindheit. Er hatte sie schon einmal gebeten, ihm zu helfen, die Denkweise der Männer zu verstehen, die China regierten.

»Sie wird bald hier sein«, sagte Nick. »Um wie viel Uhr ist das Treffen?«

»Um sechzehn Uhr. Rice will sie eine halbe Stunde vorher im Weißen Haus sehen, und er will, dass Sie und Ihr Team sich draußen positionieren. Wenn die Geschichte durchsickert, wird es Proteste geben.«

»Der Secret Service kann das regeln. Wir sind keine Polizisten. Warum sollte er uns brauchen? Ist es ihm vielleicht in den Sinn gekommen, dass ich gerade ein wenig beschäftigt bin?«

»Für uns geht es um Leben und Tod, Nick. Was der Präsident will, bekommt er auch.«

Nachdem er aufgelegt hatte, lehnte sich Nick zurück und dachte über die California nach.

Jemand hatte den Nordkoreanern die Technologie überlassen. Wer auch immer es war, Nick hoffte, dass der Bastard gefunden wurde, bevor er noch mehr Schaden anrichten konnte.

Er hörte, wie sich die Tür öffnete und jemand im Eingangsbereich mit den Füßen stapfte. Einen Moment später kam Lamont Cameron herein. Er warf seinen Mantel über die Lehne der Couch gegenüber von Harkers Schreibtisch und setzte sich. »Mann, ich hasse dieses kalte Wetter. Wie wär’s mit einer Mission, irgendwo, wo es warm ist …«

»Man munkelt, dass es uns vielleicht in die Arktis verschlägt«, antwortete Nick.

»Witzig, Nick. Du hast eine echte Zukunft als Komiker.«

Lamont war einer von vier Personen, die zusammen mit Nick, Selena und Ronnie Peete das PROJECT-Team bildeten. Er war etwas kleiner als Nick mit seinen ein Meter achtzig, schlank und muskulös. Er war die meiste Zeit seiner Militärkarriere ein Navy SEAL gewesen und besaß Narben, die das bewiesen.

Ein Schrapnell im Irak hatte eine lange, rosafarbene Linie in seinem braunen Gesicht hinterlassen. Sie begann über seiner rechten Augenbraue, zog sich über den Nasenrücken und dann über seine linke Wange. Sie verlieh ihm ein piratenhaftes Aussehen, was seinen unbeschwerten Humor verbarg.

Selena und Ronnie kamen durch die Tür und schüttelten den Schnee von ihren Stiefeln. Im Eingangsbereich hatte sich eine Wasserpfütze gebildet.

»Ich glaube nicht, dass der Schnee liegen bleibt«, sagte Ronnie, als er sich setzte. »Es riecht nicht danach. Es reicht, um alles durcheinanderzubringen.«

»Bei deiner Nase nehme ich das wörtlich«, sagte Lamont.

»Das ist eine römische Nase«, sagte Ronnie, »ein Zeichen von Intelligenz und Intuition.« Er schnupperte. »Der Schnee wird aufhören.«

Es stimmte, dass Ronnie eine große Nase hatte. Das passte zu seinem Navajo-Erbe. Er hatte den stämmigen Körperbau, die hellbraune Haut, die breiten Schultern und die schmalen Hüften seines Volkes. Er ließ sich neben Lamont auf die Couch fallen. Selena setzte sich neben ihn.

Die Kleiderordnung im PROJECT-Hauptquartier war leger. Selena trug eine schwarze Hose und Stiefel, dazu einen dunkelblauen Pullover, der die violette Farbe ihrer Augen betonte, und außer ihrem Ehering keinen Schmuck. Der Schnitt ihres rotblonden Haars umrahmte hohe Wangenknochen, die auf einen slawischen Vorfahren in ferner Vergangenheit hindeuteten. Sie hatte die Art von unbefangener Schönheit, die immer einen zweiten Blick auf sie zog. Ein natürlicher Schönheitsfleck oberhalb ihrer Lippe gab ihr den letzten Schliff.

Nick war es nicht gewohnt, das Team von dieser Seite von Elizabeths Schreibtisch aus zu betrachten. Er fühlte sich nicht wohl mit dem Gefühl der Trennung, das dadurch entstand, aber das gehörte dazu.

Eine freundlich aussehende, dunkelhaarige Frau betrat den Raum und nahm in der Nähe des Schreibtisches Platz. Stephanie Willits wusste, wie das politische Spiel in Washington funktionierte. Sie war Elizabeths Stellvertreterin und wusste, wo alle Leichen begraben waren. Eigentlich hätte sie diejenige sein müssen, die auf Harkers Stuhl saß, aber sie und Nick hatten dieses Spiel schon einmal gespielt. Es gab keinen Wettbewerb zwischen ihnen. Sie teilten eine gemeinsame Entschlossenheit, einen Job zu erledigen.

Sie hatte dafür gesorgt, dass jemand tagsüber bei ihrem neugeborenen Sohn blieb, während sie arbeitete. Normalerweise war Steph voller Energie. Heute schien sie müde zu sein, ihr fröhliches Gesicht zeigte den Stress, denn es bedeutete, ein neugeborenes Baby und einen der härtesten Jobs in Washington zu vereinen.

»Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Matthew hat mich die halbe Nacht wachgehalten.«

»Kein Grund, dir Sorgen zu machen, Steph.«

Nick beschloss, die Sitzung zu beginnen und gleich zur Sache zu kommen.

»Ich habe gleich heute Morgen einen Anruf von DCI Hood erhalten. Es gibt ein Problem.«

»Es gibt immer ein Problem«, sagte Ronnie.

»Gestern ist eines unserer ballistischen U-Boote mit der gesamten Besatzung untergegangen«, sagte Nick. »Die California hatte einhundertfünfundsechzig Offiziere und Soldaten an Bord und war mit nuklearen Marschflugkörpern bestückt.«

Lamont seufzte. »Scheiße. Ich hatte einen Kumpel auf der California.«

»Wie ist das passiert? Wo war sie?«, fragte Selena. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Es war eine Geste, die Nick zu lieben gelernt hatte.

»Das Wie ist genau das, worüber wir sprechen werden. Das Wo liegt vor der Ostküste Nordkoreas, in achthundert Metern Wassertiefe.«

»Haben die Koreaner sie versenkt?«

»Ziemlich sicher sogar. Sie sind im Moment die logischen Verdächtigen.«

»Wissen wir, was passiert ist?«, fragte Lamont.

»Ja und nein. Wir wissen einiges davon. Ihr Notsignal wurde ausgelöst, als sie unterging. Das Funkfeuer gibt nicht nur den Standort an, sondern speichert auch alle relevanten Daten und Funktionen des Schiffes bis zum Zeitpunkt seiner Auslösung.«

»Wie die Blackbox eines Flugzeugs?«, fragte Selena.

»Richtig, nur ausgeklügelter. Wenn es einen Unfall gibt und die Bake die Oberfläche erreicht, sendet sie alles an einen Satelliten. Die Bake der California sendete alles, was sie aufgezeichnet hatte, bevor die Nordkoreaner sie in die Hände bekamen.«

»Haben wir eine Rettungsaktion gestartet?«

»Ja. Das ist ein Teil des Problems. Das U-Boot patrouillierte außerhalb des Hafens von Wŏnsan. Pjöngjang behauptet, es handelte sich um eine Kriegsprovokation und benutzt es als Propagandamittel.«

»Die maximale Tauchtiefe dieser großen Atom-U-Boote liegt bei knapp siebenhundert Metern«, sagte Lamont, »aber sie könnten auch tiefer überleben. Die Besatzung könnte noch am Leben sein.«

»Das ist möglich. Wir können das hoffen, aber das ist nicht unsere Aufgabe. Es ist deshalb eine heikle Situation, weil Nordkoreas Führer unberechenbar ist. Niemand weiß, was er tun wird.«

»Warum hast du ja und nein dazu gesagt, als es darum ging, wie sie versenkt wurde?«, fragte Selena.

»Das U-Boot ist gesunken, weil ein Virus in seine Computer übertragen wurde. Das wissen wir aufgrund der Aufzeichnung der Bake. Das ist der ›Ja‹-Teil.«

»Ich dachte, man kann so etwas nicht unter Wasser übertragen«, sagte Lamont.

»Normalerweise kann man das nicht. Salzwasser blockiert die Übertragung von allem, außer von niederfrequenten oder extrem niederfrequenten Übertragungen. Der Virus wurde nicht auf diese Weise gesendet. Bevor die Computer des U-Boots ausfielen, zeichnete die Notfallboje eine eindeutige Signatur auf. Dies geschah durch ein streng geheimes Gerät, das von unseren eigenen Leuten entwickelt wurde.«

»Was für ein Gerät?«, fragte Ronnie. Er lehnte sich mit den breiten Schultern gegen die Couch und rieb sich die Nase.

»Eine Unterwasserdrohne mit dem Codenamen Black Dolphin. Sie ist darauf programmiert, sich an ein feindliches Schiff zu heften und das Virus zu übertragen, indem sie den Rumpf als Antenne benutzt. Hood hat mir davon erzählt, als wir heute Morgen telefoniert haben. Technisch gesehen darf keiner von euch etwas darüber wissen. Ihr dürft es niemandem gegenüber erwähnen.«

»Warte mal«, sagte Lamont. »Die Computer auf unseren Atom-U-Booten haben so viele Firewalls, dass niemand ohne die richtigen Codes durchkommen kann.«

Nick sah ihn nur an.

»Oh, Mann«, sagte Lamont. »Jemand hat den Koreanern die Codes gegeben?«

Nick nickte. »Ja. Was wir nicht wissen, ist, wer es war. Das ist der ›Nein‹-Teil, Selena. Wer auch immer es war, irgendwo in unserer Kommandostruktur gibt es einen Verräter.«

»Das ist harter Tobak, Nick«, sagte Ronnie.

»Eine andere Erklärung gibt es nicht. Diese Technologie ist so geheim wie nur irgendwas. Nur ein hochrangiger Offizier würde die Codes kennen oder Zugang zu den Plänen für die Drohne haben.«

»Und wir sind sicher, dass es so passiert ist?«, fragte Stephanie.

»Die Bake hat eine spezifische Signatur aufgezeichnet, welche die Black Dolphin identifizierte. Die Computer des U-Boots wurden kompromittiert und offline geschaltet. Ihnen wird keine Zeit mehr geblieben sein, etwas zu unternehmen, bevor das Schiff in den negativen Auftrieb ging und nach unten sank.«

»Wo kommen wir ins Spiel?«

»Ich bin mir noch nicht sicher, aber ihr könnt darauf wetten, dass Rice sich etwas einfallen lassen wird. Er wird nicht vor diesen Männern weglaufen. Er ist auf die DEFCON 2 gegangen.«

»Das ging schnell«, sagte Ronnie.

»Die ganze Situation ist verdammt gefährlich«, sagte Nick. »Nordkoreas sogenannter Großer Führer scheint sich darauf vorzubereiten, in den Süden einzumarschieren. Deshalb lag die California vor Wŏnsan, um ihre Vorbereitungen zu beobachten.«

»Da haben wir es wieder«, sagte Lamont. »Der Typ ist ein Spinner. Er gibt nie auf.«

»Wenn Pjöngjang im Süden einmarschiert, kommt China ins Spiel«, sagte Selena. »Ganz zu schweigen von Russland. Orlow wird nicht untätig bleiben.«

Nick nickte. »Peking weiß, dass wir nicht zulassen werden, wenn der Norden Südkorea angreift. Wir würden intervenieren, so wie wir es in den Fünfzigerjahren getan haben. Es liegt nicht in Beijings Interesse, dass ein Krieg zwischen Nord- und Südkorea ausbricht, aber ihr könnt verdammt sicher sein, dass sie nicht wollen, dass wir die Halbinsel übernehmen.«

»Wir könnten es mit einem neuen Koreakrieg zu tun bekommen«, sagte Selena.

»Du meinst die Polizeiaktion, die niemand als Krieg bezeichnen will?«, fragte Ronnie.

»Rice hat vor einer Stunde mit Chinas Präsident Zhang gesprochen und ihm gesagt, dass wir glauben, dass Nordkorea das U-Boot versenkt hat. Er sagte ihm, dass wir eine Rettungsmission entsenden werden, ob Pjöngjang dem zustimmt oder nicht, und dass wir uns gegen jeden Versuch wehren werden, uns davon abzuhalten. Voraustrupps der Siebten Flotte sind bereits von Yokosuka aus unterwegs. Wenn die Nordkoreaner zu schießen beginnen, werden wir zurückschießen.«

»Ich wette, das hat Zhangs Tag gerettet«, sagte Ronnie.

»Zhang könnte beschließen, dass China seinem Verbündeten helfen muss. Oder er könnte sich vergewissern, dass Yun sich nicht in die Rettungsmission einmischt. Er könnte beschließen, dass sie genug von Yuns unberechenbarem Verhalten haben und den Norden ganz übernehmen. Das ist ein weiteres Szenario, das wir nicht tolerieren werden. Was auch immer passiert, wenn wir anfangen, mit den Nordkoreanern Schüsse auszutauschen, könnte das zu einer Konfrontation mit China führen.«

»Der Koreakrieg ist schon lange her«, sagt Ronnie. »Heute ist alles anders.«

»Raketen und Atomwaffen sind der Unterschied«, sagte Nick. »Wenn ein Krieg zwischen Nord und Süd beginnt, wird er eskalieren. Yun kann nicht gewinnen, aber er ist verrückt und arrogant genug, zu glauben, dass er es kann. Er glaubt, dass seine riesige Armee Seoul in ein paar Tagen einnehmen kann. Er hätte damit vielleicht auch recht, wenn wir nicht für Südkoreas Sicherheit garantieren würden. Er besitzt Atomwaffen, wie er immer sagt. Wenn er glaubt, dass er verlieren wird, wird er sie einsetzen.«

Selena fragte: »Wo kommen wir ins Spiel?«

»Weißt du noch, wie wir den Chinesen geholfen haben, einen Putsch zu verhindern?«

»Wie könnte ich das vergessen?«

Diese Mission hatte Nick und Selena zusammengebracht. Die hohen Berge Tibets und eine alte Festung, die das Grab eines Kaisers bewachte, waren der Schauplatz von Selenas Initiation in die Kämpfe des PROJECTs gewesen.

»Rice und Zhang haben für heute Nachmittag eine Telefonkonferenz im Weißen Haus angesetzt. Die Chinesen sind genauso besorgt über einen Krieg in Korea wie wir. Der chinesische Botschafter wird als Zhangs persönlicher Vertreter anwesend sein. Rice möchte, dass du zuhörst, wenn er mit Zhang spricht. Er vertraut dir. Nicht nur, weil du Chinesisch sprichst, sondern auch wegen deiner Intuition, deiner Fähigkeit, zu erspüren, was hinter den Worten steht.«

»Ich fühle mich geschmeichelt, aber er überschätzt meine Fähigkeiten.«

»Ich glaube nicht, dass er das tut. Erinnere dich an das letzte Mal.«

»Und was ist mit dem Rest von uns?«, fragte Lamont.

»Es wird Proteste geben, wenn die Nachricht über das U-Boot durchsickert. Alles, was mit Nordkorea, den Chinesen oder Atom-U-Booten zu tun hat, bringt die Leute auf die Straße. Der Rest von uns wird vor Ort sein und mit dem Geheimdienst in Verbindung stehen, während Rice mit Zhang spricht«.

Lamont sagte: »Diese Jungs sind ziemlich territorial. Sie werden uns maximal das Plumpsklo des Weißen Hauses bewachen lassen.«

»Die haben ein Plumpsklo?«, fragte Ronnie.

»Wenn es keins gibt, werden sie wahrscheinlich extra für uns eins bauen.«

»Wir werden mit ihnen arbeiten, nicht für sie«, sagte Nick. »Ich weiß nicht, warum Rice uns dort haben will, aber wir haben keine andere Wahl. Wir werden draußen sein. Wenn es Ärger gibt, dann wird er dort stattfinden. Die Leute wollen immer einen Schuldigen finden für das Schlamassel, in dem wir stecken, und es gibt mächtige Interessen, die ihnen gerne helfen werden.«

»Es ist ja aber nicht so, dass Zhang persönlich zugegen sein wird«, sagte Selena.

»Sein Botschafter wird da sein. Jetzt, wo die Regierung Rice auf dem Weg nach draußen ist, gibt es im Weißen Haus mehr undichte Stellen als auf der Titanic. Irgendjemand wird eine Demonstration organisieren. Es könnte um Tibet gehen oder um Atomkraft oder um den amerikanischen Neokolonialismus in Korea. Es spielt keine Rolle.«

»Was für ein großartiges Land«, sagte Lamont.

»Weißt du, Nick, du musst nicht unbedingt mitkommen«, sagte Ronnie. »Das ist nur ein Schaulaufen, da wird nichts passieren.«

»Ich brauche eine Pause von diesem Schreibtisch«, sagte Nick. »Außerdem hat Rice darum gebeten, dass ich mit den anderen dabei bin.«

»Ja, aber du sollst die Dinge leiten und nicht solche Routinearbeiten machen.«

»Hey, ich muss dich doch im Auge behalten, oder?«

Kapitel 2

Der Untergang der USS California wurde vor Mittag bekannt. Der Pressesprecher des Weißen Hauses meldete, dass eine Rettungsmission aus Japan entsandt worden sei. Weiter sagte er, dass Rice im Laufe des Tages mit dem chinesischen Präsidenten über die ›regionale Stabilität‹ sprechen werde und dass der chinesische Botschafter ins Weiße Haus eingeladen worden sei, um an dem Gespräch teilzunehmen.

Um zwei Uhr befanden sich mehr als tausend Menschen vor den Absperrungen auf der Pennsylvania Avenue vor dem Weißen Haus. Sie trugen selbstgebastelte Schilder, auf denen sie gegen Atomwaffen, den Klimawandel und die chinesische Besetzung von Tibet protestierten. Eine Stunde später tauchten neue Schilder auf, die so gedruckt waren, dass sie aussahen, als seien sie selbst gemacht. Diese forderten den Abzug der US-Truppen aus Südkorea.

Das Wetter hatte sich erwärmt und der Schnee war zu Schneematsch geworden. Nick und die anderen warteten an der Kreuzung von East Street und 17th auf der Westseite des Geländes des Weißen Hauses. Der Secret Service war nicht glücklich über ihre Anwesenheit, aber sie konnten nicht viel dagegen tun. Rice wollte Nick und die anderen vor Ort haben, und damit war die Sache erledigt.

Bewegliche Barrieren, die von der Stadtpolizei besetzt waren, blockierten alle Querstraßen. Botschafter Li kam von der Constitution Avenue die 17th hinauf, um dem wachsenden Mob auf der Pennsylvania Avenue auszuweichen. Von dort aus betrat er das Gelände des Weißen Hauses auf der E, bog in die West Executive Avenue ein und fuhr durch das Southwesttor, bis er den Eingang zum Westflügel erreichte.

Selena war bereits drinnen. Die Agenten hatten sie direkt in den Sitzungssaal geführt, wo Präsidentin Rice Zhangs Anruf entgegennehmen würde.

Nick und Ronnie verfolgten die Lage. Lamont kam herüber, die Hände tief in die Taschen seines Mantels gestopft. Er trug eine Wollmütze und hatte sich einen dicken Schal um den Hals gewickelt.

»Ich fühle mich wie ein fünftes Rad am Wagen«, sagte er. »Sie wollen uns hier nicht haben.«

Er deutete auf zwei Secret-Service-Agenten in der Nähe. Sie sahen aus, als wären sie der gleichen Schote entsprungen, beide ohne Hut und in dunklen Mänteln, mit polierten, vom Schneematsch bespritzten Schuhen, Sonnenbrillen und Ohrsteckern, von denen weiße, gewundene Schnüre aus den Ohren hingen. Sie taten ihr Bestes, um Nick und die anderen zu ignorieren. Das Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit.

»Man kann es ihnen nicht verübeln«, sagte Nick. »Sie haben ihren Job zu erledigen. Für sie sind wir nur ein weiteres Problem, auf das sie ein Auge haben müssen.«

»Wenigstens ist der größte Teil der Menge auf der Vorderseite.«

Lamont zeigte auf eine wachsende Menschenmenge von etwa hundert Personen, die auf der anderen Seite der Polizeiabsperrung standen, wo die E Street die 17th kreuzte, bevor sie auf das Gelände des Weißen Hauses führte.

»Ja, aber einige von ihnen haben herausgefunden, dass die Action hier unten stattfinden könnte.«

»Sieht aus, als wäre ihnen kalt«, sagte Ronnie. »Sieh dir den Asiaten an, der da vorne steht. Er ist so dick eingemummelt, als wäre er in Alaska.«

Einer der Secret-Service-Agenten berührte seinen Ohrhörer und sagte etwas. Er und sein Partner blickten nach Süden zur Constitution Avenue.

»Achtung«, sagte Nick. »Der chinesische Botschafter kommt immer näher.« Eine schwarze Limousine bog in die 17th Street ein. Die Flaggen der chinesischen Volksrepublik wehten auf den vorderen Kotflügeln. Auf der anderen Seite des Weges ging ein Ruck durch die Menge, die auf der anderen Seite der Absperrung wartete. Sie schrien und schwenkten Schilder.

»Freies Tibet! Freies Tibet! Freies Tibet! «

Die Limousine verlangsamte, um auf das Gelände des Weißen Hauses einzubiegen. Der dick eingemummelte Mann, auf den Ronnie hingewiesen hatte, sprang plötzlich über die mobile Absperrung. Er rannte auf das Auto zu, warf sich auf die Motorhaube und verschwand in einer gewaltigen Explosion aus Lärm und Flammen.

Die Explosion riss Nick von den Füßen. Das Wrack der Limousine rollte ein paar Meter weit und blieb dann stehen. Eine große schwarze Rauchwolke stieg in den grauen Himmel über ihnen auf.

Nick stützte sich mit der Hand auf dem nassen Boden ab und stemmte sich auf ein Knie. Lamont stolperte herbei und half ihm auf. Er sagte etwas. Nick sah, wie sich seine Lippen bewegten, konnte aber nichts hören.

Nick zeigte auf sein Ohr. »Ich kann dich nicht hören.« Seine Stimme war ein dumpfes Echo in seinem Kopf.

Die rauchenden Überreste der Limousine des Botschafters sahen aus, als hätte jemand mit einer riesigen Hand herabgegriffen und sie aufgerissen. Das Dach war wie der Deckel einer Konservendose zurückgezogen. Vom Innenraum war nichts übriggeblieben als verbogenes Metall, das mit Blut und Fleischfetzen bedeckt war. Die Türen waren aufgesprengt worden. Ein abgetrennter Fuß mit einem glänzenden Schuh lag in der Nähe auf dem Bürgersteig. Blut tropfte aus den offenen Türen.

Auf Nicks Mantel waren Blutflecken zu sehen. Auf der anderen Seite des Weges standen einige der Demonstranten benommen nur da, während sich andere ziellos und geschockt umherbewegten. Jemand war auf die Knie gesunken und weinte. Auf dem Boden lagen Leichen. Einer der Secret-Service-Agenten war ebenfalls zu Boden gegangen, und sein Partner schrie in sein Mikrofon.

Irgendwo ertönte eine Sirene.

Kapitel 3

In einer sicheren Moskauer Enklave, die hochrangigen Regierungsbeamten vorbehalten war, träumte General Alexej Iwanowitsch Vysotsky unruhig, wie er eine Gruppe von Männern beobachtete, die über ihn tuschelten. Sie blickten ständig in seine Richtung und warfen ihm unfreundliche Blicke zu. Einer von ihnen holte ein altmodisches Telefon mit einer Wählscheibe aus der Tasche und drehte diese mit dem Finger. Das Telefon gab ein anhaltendes Summen von sich.

»Hört auf damit«, sagte Vysotsky in seinem Traum.

Der Mann hielt das Telefon hoch und grinste ihn mit einem Mund voller stählerner Zähne an.

Das Summen hielt an. Alexej öffnete die Augen. Das Handy, das auf dem Tisch neben seinem Bett lag, vibrierte und drehte sich im Kreis. Er griff danach.

»Ja?«

Dann hörte er einen Moment lang zu.

»Ja«, sagte er wieder. »Sofort.«

Er unterbrach die Verbindung und legte das Telefon zurück auf den Tisch.

Der Direktor des SVR, des russischen Auslandsgeheimdienstes, setzte sich im Bett auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Der Anruf hatte ihn in den Kreml gerufen und ihn über den Anschlag in Washington informiert. Das versprach einen schlechten Tag.

Vysotsky benutzte das Badezimmer. Als er sich rasierte, spiegelte das Gesicht, das ihm aus dem Spiegel entgegenblickte, die Last wider, die mit der Macht in Russland einherging. Das letzte Jahr hatte tiefe Falten in seinem breiten, bäuerlichen Gesicht hinterlassen und die schweren Augenbrauen und dunklen Augen betont, die ihm seine Vorfahren vererbt hatten. Sein einst kohlrabenschwarzes Haar wies silberne Strähnen auf und begann, zurückzuweichen.