Alpengold 338 - Marianne Burger - E-Book

Alpengold 338 E-Book

Marianne Burger

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Beschreibung

Als bekannt wird, dass die schöne Tochter des Sägewerksbesitzers Haubinger den Förster Simon Walden heiraten will, gibt es einen regelrechten Aufruhr bei den Burschen im Dorf. Irgendetwas muss an der Sache faul sein, behaupten die Klatschmäuler von Haiglbach, denn welches blutjunge, bildhübsche Madl heiratet freiwillig einen Mann, der dem Alter nach sein Vater sein könnte?
Tatsächlich hat Angelika diese seltsame Wahl nicht freiwillig getroffen. Ihr Vater hat sie kurz und bündig vor die Alternative gestellt: »Entweder heiratest du den Förster, oder ich kann mich aufhängen!«


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Inhalt

Cover

Impressum

Die seltsame Ehe des Försters

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0632-2

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Die seltsame Ehe des Försters

Als ein schönes Dirndl zur Heirat gezwungen wurde

Von Marianne Burger

Als bekannt wird, dass die schöne Tochter des Sägewerksbesitzers Haubinger den Förster Simon Walden heiraten will, gibt es einen regelrechten Aufruhr bei den Burschen im Dorf. Irgendetwas muss an der Sache faul sein, behaupten die Klatschmäuler von Haiglbach, denn welches blutjunge, bildhübsche Madl heiratet freiwillig einen Mann, der dem Alter nach sein Vater sein könnte?

Tatsächlich hat Angelika diese seltsame Wahl nicht freiwillig getroffen. Ihr Vater hat sie kurz und bündig vor die Alternative gestellt: »Entweder heiratest du den Förster, oder ich kann mich aufhängen!«

In diesem Jahr war der Frühling ungewöhnlich zeitig im Tal eingekehrt. Obwohl droben auf dem Hocheck noch Schnee lag, grünte und blühte es in den Bauerngärten von Haiglbach allenthalben.

Durch den Fremdenverkehr war so mancher in diesem Dorf zu bescheidenem Wohlstand gelangt. Den erfreulichen Aufschwung hatten die Dörfler in der Hauptsache dem Herrn Baron von Tannheim zu verdanken. Baron Albert war ein Mann, der mit der Zeit ging. Er hatte den Bürgermeister dazu überredet, sich dem Fortschritt nicht stur zu verschließen, wie dieser es bisher gehalten hatte.

Heute war der Bürgermeister Anton Simbacher sehr froh, dass er auf den Rat des Barons gehört hatte. Auch die Bauern und Kleinhäusler von Haiglbach waren überaus zufrieden.

Obwohl Baron Albert ein sehr reicher Herr war, der unweit des Dorfes ein schlossähnliches Haus bewohnte und außerdem eine florierende Tuchfabrik besaß, kannte er keinen Hochmut oder gar Standesdünkel. Wohlwollend, ja, freundschaftlich gab sich der Herr von Tannheim gegen jedermann. Wer Sorgen hatte oder in Nöten war, der fand beim Herrn Baron stets ein offenes Ohr und Hilfe.

Kein Wunder also, dass Baron Albert allenthalben geschätzt und verehrt wurde. Nicht allein von den Dörflern, sondern auch von seinen Arbeitern und Angestellten in der Tuchfabrik. Und die Dienstleute von Gut Tannheim wären allesamt für ihren Herrn durchs Feuer gegangen!

Der Förster Simon Walden gar hätte sich für seinen Herrn in Stücke reißen lassen.

Simon Walden saß eben mit seiner jungen Frau beim Mittagessen, als es an die Tür klopfte. Baron Albert von Tannheim betrat mit einem freundlichen Gruß die Stube. Er war ein hochgewachsener Mann mit schwarzem Haar, das an den Schläfen bereits feine Silberfäden zeigte. Baron Albert war mit seinen vierzig Jahren im besten Mannesalter.

Der Förster war aufgesprungen, um seinen Herrn zu begrüßen. Angelika, die junge Försterin, erwiderte mit einem scheuen Lächeln den Gruß des Gutsherrn und schob ihm einen Stuhl zu.

»Geli, bring uns was zu trinken«, bat der Förster seine Frau.

Still verließ Angelika die Stube und kam Minuten später mit einer Flasche Enzian und zwei Stamperln zurück. Mit anmutigen Bewegungen goss sie ein. Baron Albert sah ihr zu. Angelikas zarte blonde Schönheit berührte sein Herz auf eine seltsame Weise.

Es war nun bereits fast zehn Jahre her, dass seine über alles geliebte Frau Bianca im Kindbett gestorben war. Das Kleine – es war ein Büberl gewesen – hatte sie mit sich fortgenommen ins dunkle Reich des Todes.

Seither hatte Baron Albert sehr einsam gelebt.

Doch an der blühenden Schönheit Angelikas hätte wohl kein Mann unberührt vorübergehen können. Angelika war die einzige Tochter des reichen Sägemühlenbesitzers Haubinger. Sie hätte unter vielen Freiern wählen können, doch Angelika hatte zur allgemeinen Verwunderung der Leute den Gutsförster Simon Walden geheiratet, obwohl dieser altersmäßig ihr Vater hätte sein können.

Vor einem Jahr hatte dieses ungleiche Paar den Bund fürs Leben geschlossen. Aber noch immer fragte sich Baron Albert oft, was Angelika an diesem alternden Mann gefunden haben mochte. Freilich, Simon war ein rechtschaffener Mensch, ehrlich und herzensgut. Aber dass die junge, schöne Angelika ausgerechnet ihn zum Ehemann genommen hatte, das blieb dem Baron nach wie vor rätselhaft.

Die Ehe der Förstersleute schien glücklich zu sein.

Als Angelika jetzt den beiden Männern »Wohl bekomm's!« wünschte und hinausgehen wollte, hielt Simon sie zurück.

»Magst du net ein Glas mit uns trinken, Geli? Oder fürchtest du dich gar vor unserem Herrn Baron?«, fragte er und lachte gutmütig.

Unwillkürlich furchte Baron Albert die Stirn. Er fand es unangebracht, dass Simon den schönen Namen Angelika derart verstümmelte.

»Mit Verlaub, ich habe in der Küche zu tun«, erwiderte die junge Frau jetzt mit ihrer sanften, melodischen Stimme. »Will auch net weiter stören, falls der Herr Baron was Dienstliches mit dir zu besprechen hat.«

Sie neigte anmutig den Kopf vor dem Gast, dann entfernte sie sich rasch.

»Ja, mein lieber Simon, ich habe etwas mit dir zu bereden. Es geht um das Wildgehege, das ich droben im Wald, genauer gesagt beim Fuchswinkel, einrichten möchte. Dieser Plan liegt mir schon lange im Sinn, wie du ja weißt. Jetzt möchte ich die Sache endlich realisieren. Es wäre doch schön, wenn die Urlauber dort hinaufwandern und sich die Tiere aus nächster Nähe anschauen könnten. Für Haiglbach wäre es eine Attraktion, die gewiss noch mehr Feriengäste herbeiziehen würde. Außerdem habe ich mir überlegt, dass damit auch dem Einödbauern, dem Ronacher, ein schönes Stück Geld zufließen würde.«

»Wie das, Herr Baron?«, fragte der Förster verwundert.

»Nun, wenn man zum Fuchswinkel hinauf will, kommt man doch am Hof des Jakob Ronacher vorbei. Ich werde dem Jakob Geld vorschießen, damit er seinen alten Kälberstall umbaut – er zieht ja schon seit vielen Jahren kein Jungvieh mehr auf. Ich dachte mir, dass man aus dem ehemaligen Stall eine Jausenstation machen könnte. Dort würden die Fremden gewiss gern einkehren auf dem Weg zum Wildgatter. Für den Ronacher wäre das ein hübscher Nebenverdienst.«

»Ah so«, brummelte der Förster und strich sich nachdenklich den eisgrauen Bart. »Ja, freilich, das wär' schon eine gute Idee, Herr Baron. Aber ich frag mich, was wird der Haubinger zu diesem Projekt sagen? Der Weg zum Einödhof hinauf ist schmal und unkommod, jedenfalls für die städtischen Urlauber. Da müsste man wohl Abhilfe schaffen – gar eine richtige Straße ausbauen, damit die Leute per Auto bis zum Einödhof gelangen können. Aber da sehe ich schwarz, Herr Baron! Erstens müsste ja der Gemeinderat seinen Segen dazu geben, und zum zweiten bräuchten Sie das Einverständnis vom Haubinger, dem ja ein gutes Stück Grund da droben gehört. Der wird bestimmt net verkaufen!«

Das hörte sich so grimmig an, dass Baron Albert verwundert aufhorchte. Es klang so, als sei Simon Walden dem Sägemühlenbesitzer spinnefeind. Dabei war Richard Haubinger doch Simons Schwiegervater! Aber Simon sprach von ihm immer nur als vom Haubinger.

Umgekehrt schien Richard Haubinger seinen Schwiegersohn auch nicht besonders gut leiden zu können. Dennoch hatte er ihm seine Tochter zur Frau gegeben. Eine sonderbare Geschichte ...

»Der Haubinger ist freilich ein arger Dickschädel«, nahm Baron Albert das Gespräch wieder auf. »Aber er ist auch geldgierig, und wenn man ihm einen guten Preis für seinen Grund bietet, wird er schon weich werden. Zuerst einmal werde ich mit dem Bürgermeister reden, damit er die Sache vor den Gemeinderat bringt. Inzwischen habe ich einen Auftrag für dich, Simon.«

»Stets gern zu Ihren Diensten, Herr Baron«, erwiderte Simon Walden mit Respekt.

»Ich habe mich mit der Firma Mohr in Verbindung gesetzt. Du weißt ja, dass man dort gesundes Gatterwild zu reellen Preisen kaufen kann. Rehe und Hirsche haben wir ja selber im Revier, aber ich möchte ein Rudel Muffelwild und einige Sauen kaufen. Das Gehege wird groß genug sein, so werden sich die Tiere miteinander vertragen. Da, lies den Brief, den ich heute von der Firma Mohr erhalten habe, Simon. Morgen früh fährst du nach Ulm und schaust dir das Wild gut an, das die Leute dort haben. Hier ist auch eine Vollmacht, die du brauchst, um in meinem Namen einzukaufen. Die Tiere sollen natürlich erst dann geliefert werden, wenn das Wildgatter erstellt ist.«

Der Förster nahm die Papiere entgegen, die sein Dienstherr ihm reichte.

»Mit Verlaub, Herr Baron, aber was ist hernach, falls dieses Projekt net zustande käm – sei es, dass der Gemeinderat net zustimmt, sei es, dass der Haubinger querschießt?«, gab er zu bedenken.

Baron Albert erhob sich und klopfte seinem treuen Förster leutselig auf die Schulter.

»Es wird klappen, da bin ich ganz sicher, Simon. Also, morgen in der Frühe fährst du los. Mach deine Sache gut, ich verlasse mich ganz auf dich.«

»Sehr wohl, Herr Baron.«

***

Simon ging zu seiner Frau in die Küche und erzählte ihr, was der Baron ihm aufgetragen hatte.

»Dann will ich gleich deine Sachen herrichten und ein Köfferl packen. Du kannst ja net vor übermorgen zurück sein«, meinte Angelika in ihrer fürsorglichen Art.

»Ich bring' dir auch was Schönes mit von der Reise, Geli«, versprach Simon und nahm sein junges Weib um die Mitte. Er küsste sie zärtlich. Angelika hielt ganz still, doch sie gab die Zärtlichkeit nicht zurück.

Simons bärtiges Gesicht verdüsterte sich. Er gab Angelika frei und murmelte rau: »Ich mache noch einen Gang ins Revier. Bis zum Dunkelwerden bin ich zurück.«

Mit schweren Schritten verließ er den Raum, und bald darauf hörte sie ihn aus dem Haus gehen. Simon hatte seinen Jagdhund aus dem Zwinger geholt. Der Brandl freute sich unbändig, dass es jetzt ins Revier ging. Übermütig umtanzte er seinen Herrn.

Angelika räumte das gespülte Geschirr in den Wandschrank und eilte hinauf in den Oberstock, wo die Schlafräume lagen. Sie suchte einen Sonntagsanzug heraus, den Simon morgen auf die Reise anziehen sollte, bürstete sorgsam seinen grünen Rock aus und packte die Reisetasche. Danach schaute sie sinnend aus dem Fenster.

Die hellen Blauaugen der jungen Frau verdunkelten sich. Um ihren feingeschwungenen Mund erschien ein bitterer Zug. Bis auf den heutigen Tag wusste sie nicht, was ihren Vater vor Jahresfrist dazu bewogen hatte, sie zur Heirat mit dem Gutsförster Simon Walden zu drängen.

Zuerst hatte sie sein Ansinnen für einen Scherz gehalten. Aber bald war ihr klar geworden, dass der Vater es bitterernst meinte.

Angelika hatte sich zuerst gesträubt, an eine Verehelichung mit dem so viel älteren Mann auch nur zu denken. Doch ihr Vater hatte nicht nachgegeben. Aber erst als der Haubinger flehentlich zu seiner Tochter sagte: »Madl, du musst den Simon Walden zum Mann nehmen, sonst passiert ein Unglück! Dann muss ich mich aufhängen! Willst du deinen Vater in den Tod treiben?« – Ja, erst als Richard Haubinger so an ihr Gewissen und ihre Kindesliebe appellierte, erst da hatte Angelika genickt und Simons Antrag angenommen.

Sie hatte diese Heirat nie bereuen müssen. Simon liebte sie von ganzem Herzen und verwöhnte sie nach Kräften. Doch sie vermochte seine Liebe nicht gleichermaßen zu erwidern. Der Altersunterschied war zu groß.

Ihr Lebtag lang hatte Angelika in Simon Walden so etwas wie einen Onkel gesehen; und jetzt war er auf einmal ihr Ehemann.

Sie hatte sich damals an ihrem Hochzeitstag unbeschreiblich vor der Nacht gefürchtet, vor dem Augenblick, da sie ihrem Mann angehören sollte. Dennoch hatte sich Angelika geschworen, ihm eine gute Frau zu sein und ihn glücklich zu machen.

Aber als dann jener Augenblick kam, vor dem sie sich heimlich gefürchtet hatte, nahm Simon sie nur liebevoll in seine Arme, gab ihr ein Busserl und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich bin sehr glücklich, dass du mein Weiberl geworden bist, Geli. Solang ich lebe, will ich es dir danken, das gelob' ich dir heut. Schlaf gut, Herzerl.«

In ihrer Jugend und Unerfahrenheit war es Angelika nicht bewusst geworden, dass die Zurückhaltung Simons einen sehr realen Grund hatte. Nach dem Tod seiner ersten Frau hatte er viele Jahre allein gelebt. Jetzt, wo er sein blutjunges Weib im Arm hielt, fürchtete er, als Mann zu versagen – eben weil er Angelika so liebhatte.

Zudem vermochte Simon keine Sekunde lang die bittere Tatsache zu vergessen, dass Angelika ihm nicht aus Liebe das Jawort gegeben hatte, sondern nur, weil ihr Vater es von ihr forderte – fordern musste, aus einem Grund heraus, den Angelika nicht kannte und niemals erfahren sollte.

Simon und Angelika führten also eine Josefsehe; und all die Männer drunten im Dorf, die den alten Rauschebart heimlich oder auch ganz offen um seine schöne junge Frau beneideten, hatten keine Ahnung davon, dass die Eheleute wie Bruder und Schwester zusammenlebten.

Manchmal hatte Angelika ein schlechtes Gewissen und klagte sich selbst an, Simon keine gute Frau zu sein. Doch sie konnte sich einfach nicht dazu überwinden, den ersten Schritt zu tun und ihrem Mann entgegenzukommen.

Sie fühlte sich bei Simon behütet und aufgehoben, sie hatte ihren Mann herzlich lieb und war zufrieden. Nur manchmal, wenn sie des Nachts hellwach neben dem friedlich Schnarchenden lag, überkamen sie seltsame Gedanken, heimliche Wünsche, vor denen sie selbst erschrak. Eine ziehende Sehnsucht spürte sie dann ganz tief in ihrem Herzen, das den Hauch der Liebe noch niemals empfunden hatte, ein schmerzliches Verlangen nach einem Glück, das sie nicht kannte und wohl auch niemals kennenlernen würde.

Eine dumme, verdrehte Gans nannte Angelika sich selbst, wenn ihr dergleichen Gedanken in den Sinn kamen. Und sie schämte sich abgrundtief, als sie eines Nachts einen Traum hatte, in dem ihr der Baron von Tannheim erschien. Ganz deutlich sah sie ihn vor sich, seine hohe Gestalt, sein schmales, männlich markantes Gesicht, seine dunklen Augen, die oft so schwermütig blickten.

Er streckte die Arme nach ihr aus und sagte zärtlich: »Angelika, du bist schön wie ein Engel. Ich liebe dich.«