An den Flüssen, die strömen - António Lobo Antunes - E-Book

An den Flüssen, die strömen E-Book

António Lobo Antunes

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Beschreibung

Die beeindruckende Chronik einer Krankheit.

In seinem persönlichsten, ergreifendsten Buch erzählt der weltberühmte Schriftsteller António Lobo Antunes ganz offen von seiner Erkrankung an Krebs. Er berichtet von den zwei langen Wochen, die »Senhor Antunes«, sein literarisches Alter Ego, in einem Krankenhaus verbringt, mit seinem Schicksal hadert, sich Operation und Behandlung unterzieht und sein Leben Revue passieren lässt. Seine täglichen Aufzeichnungen halten den Kampf ums Überleben fest, hier mischen sich Fieberträume und Verzweiflung, Schmerzen und Ängste, Erinnerungen an seine Kindheit, seine Eltern, aber auch an die Landschaft, die ihn prägte.

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Seitenzahl: 297

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António Lobo Antunes

An den Flüssen,die strömen

Roman

Aus dem Portugiesischenvon Maralde Meyer-Minnemann

Im Frühjahr 2007 verbringt »Senhor Antunes« zwei Wochen in einem Krankenhaus, um sich einer Darmkrebsoperation zu unterziehen. Seine täglichen Aufzeichnungen spiegeln wider, wie das Bewusstsein des Erzählers zwischen Fieberträumen, Ängsten und Erinnerungen hin und her springt und all diese Ebenen miteinander verwebt. Die für das Schreiben von António Lobo Antunes so typische Stimmenvielfalt ergibt sich hier aus den vielen Facetten eines einzigen Lebens, eines einzigen Menschen. Und dieser Mensch versucht sich im Angesicht des Todes seines Lebens zu vergewissern, der Menschen, die ihm wichtig waren, aber auch der Landschaft, die ihn prägte. Immer wieder kommt der Fluss Mondego ins Spiel, an dessen Quelle der Erzähler als Kind stand und der am Ende ins offene Meer mündet, der Fluss, der zugleich Bild des Lebens ist wie des Erzählens.

ANTÓNIO LOBO ANTUNES wurde 1942 in Lissabon geboren und hat Medizin studiert. Während des Kolonialkrieges war er als Militärarzt in Angola, arbeitete danach in der Psychiatrie und war lange Jahre Chefarzt in einer Psychiatrischen Klinik in Lissabon. Lobo Antunes’ mit zahlreichen Preisen, zuletzt dem Camões-Preis 2007, ausgezeichnetes Werk ist in über dreißig Sprachen übersetzt.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel»Sôbolos Rios Que Vão«bei Publicações Dom Quixote, Lissabon.

Copyright © der Originalausgabe 2010 António Lobo Antunes und Publicações Dom Quixote

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011 Luchterhand Literaturverlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Umschlaggestaltung: semper smile München

Umschlagmotiv: © plainpicture/mia takahara

CP · Herstellung: sc

ISBN: 978-3-641-13707-6V001

www.btb-verlag.de

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Für Tereza und für Rui

von Herzen

ANTÓNIO

Inhaltsverzeichnis

21. März 2007

22. März 2007

23. März 2007

24. März 2007

25. März 2007

26. März 2007

27. März 2007

28. März 2007

29. März 2007

30. März 2007

31. März 2007

1. April 2007

2. April 2007

3. April 2007

4.April 2007

21. März 2007

Vom Fenster des Krankenhauses in Lissabon aus sah er weder die Leute, die hineingingen, noch die Autos zwischen den Bäumen, noch einen Krankenwagen, er sah den Zug hinter den Kiefern, Häuser, noch mehr Kiefern und im Hintergrund das Gebirge, das der Nebel von ihm wegrückte, er sah den Vogel seiner Angst ohne einen Zweig, auf den er sich mit den zitternden Lippen seiner Flügel niederlassen konnte, die igelige Frucht eines Kastanienbaumes, der früher am Eingang des Gartens gestanden hatte, jetzt war sie in ihm, der Arzt nannte sie Krebs, und stumm wurde sie immer größer, kaum hatte der Arzt sie Krebs genannt, begann die Totenglocke der Kirche zu läuten, und ein Trauergeleit mit offenem Sarg und einem Kind darin zog sich zum Friedhof hin, weitere Kinder wachten, als Seraphim verkleidet, über den Sarg, Leute, von denen nur das Schurren der Stiefel zu hören war, und daher waren es keine Leute, Sohlen, Sohlen, als die Großmutter bei ihm an der Mauer aufhörte, sich zu bekreuzigen, spürte er den Duft der Kompotte in der Speisekammer, Gläser auf jeder Treppenstufe, und solange die Gläser unversehrt waren, passierte gar nichts, um ein Haar hätte er, als er auf der Krankentrage ausgestreckt nach der Untersuchung herausgeschoben wurde, den Arzt gefragt

– Es ist doch gar nichts passiert oder?

und es war gar nichts passiert, denn die Gläser waren unversehrt, die vor vielen Jahren gestorbene Großmutter war hier bei ihm, lebendig, der vor noch längerer Zeit verstorbene Großvater las, den Taubheitsapparat im Ohr, die Zeitung, das Schweigen des Großvaters schüchterte ihn ein, bewirkte, dass der Igel sich in seinen Eingeweiden weitete, piekste, schmerzte, ich lege ihn auf eine Granitplatte, haue mit dem Hammer darauf, und die Krankheit ist zermalmt, jemand, den er nicht sehen konnte, schob seine Krankenliege den Korridor entlang, er bemerkte den Regen, Gesichter, Schilder, die Haushälterin des Herrn Vikars unter dem Vordach, während er dachte

– Sie schieben meinen Sarg

sie bot ihm Weintrauben an

– Wie wäre es mit ein paar Weintrauben Junge?

und verschwand sofort wieder, es beunruhigte ihn, sich nicht an den Namen der Haushälterin des Herrn Vikars erinnern zu können, er erinnerte sich an die Schürze, die Pantoffeln, das Lachen, er erinnerte sich nicht an ihren Namen, und da er sich nicht an ihren Namen erinnerte, würde er nicht wieder gesund werden, der Großvater faltete die Zeitung auf dem Sofa zusammen und würdigte ihn keines Blickes, er wollte bitten

– Können Sie nichts für mich tun?

aber er konnte allenfalls die zur Muschel geformte Hand am Ohr erhoffen

– Was?

und zu niemandem gewandte zusammengezogene Augenbrauen

– Was hat er gesagt?

also kreiste der Vogel seiner Angst weiter, er schaut auf seine Zehenwurzeln und die Finger, die Armen, die das Betttuch gepackt halten, diejenigen, die auf den Fahrstuhl warteten, ließen die Krankentrage zuerst hinein, starrten ihn einen Augenblick lang an und vergaßen ihn, er konnte nicht glauben, dass sie sich nicht an ihn erinnerten, der Großvater hatte ihm während der Weinlese einen Strohhut mit kaputtem Gummiband, aufgesetzt, warum bloß haben alle Strohhüte ein kaputtes Gummiband und warum fehlt fast allen Tassen ein Stückchen Henkel, er war sechs, sieben Jahre alt, er fand Glimmersteine und drehte sie hin und her, damit sie das Licht reflektierten, er konnte sich nicht vorstellen, dass sie von der zum Gebirge gewandten Veranda aus nicht bemerkten, wie er mit einer leeren Streichholzschachtel auf der Jagd nach Insekten in der Kletterpflanze war und niemals welche fing, er war nicht im März, bei Regen im Krankenhaus, er war im August in der kleinen Stadt, wenn sie ihn losschickten, Botengänge zu machen, wechselte er den Bürgersteig, bevor er das Haus erreichte, von dessen Stufen aus ihm Dona Lucrécia in ihrem Rollstuhl mit dem Spazierstock zuwinkte

– Komm mal her Junge

und niemand war da, der ihn beschützte, so wie ihn jetzt niemand beschützte, Dona Lucrécia erwartete ihn mitten auf der Station, in die man ihn brachte, er beschloss, vom Pfleger zu verlangen

– Werfen Sie zuerst einmal Dona Lucrécia raus

er hätte wetten mögen, dass eine muschelförmige Hand

– Was?

und die Zeitung kam mittags, mein Gott, wie sich alles wiederholt, was ist heute passiert, außer dem Krankenhaus und der Krankheit, immer, wenn der Großvater die Brille in die Tasche steckte, die Gewissheit, dass sich ein oder zwei Finger zusammen mit den Brillengläsern im Futter verloren, Dona Lucrécias Spazierstock

– Komm mal her Junge

und die Grimmigkeit der ununterbrochen kauenden Wangen, dieser Korridor, der nach der Apotheke in der kleinen Stadt roch, in der man sich erzählte, dass es früher im Winter bei der Schule Wölfe gegeben hatte, ihre Fußspuren waren auf dem Boden zu sehen und Überreste von Kälbern, die ihm nach der morgigen Operation glichen, eine Krankenhausärztin spähte durch die Tür wie früher seine Mutter, bevor sie das Licht ausmachte

– Schön ruhig sein

wenn das Licht brannte, die Mutter ohne Licht ein dunkler Umriss, Schritte, die sich in den Tausenden von Zimmern der Wohnung verteilten, oder keine Schritte, wie Perlen einer Kette, wenn die Schnur reißt, in wie viele Wesen die Mutter sich verwandelte, wenn sie wegging, Herrschaften, und keines blieb bei ihm, rettete ihn vor der Nacht, der Duft der Kompotte in der Speisekammer kam und ging, er war so dumm zu befehlen

– Duft bleib bei mir

fühlte sich noch einsamer und ängstlicher, was für eine merkwürdige Bezeichnung in Bezug auf ihn, Krebs, wie undenkbar zu sterben, und Sohlen, Sohlen in der kleinen Stadt, und eine Hündin steht da und schaut, auch wenn sie nicht weiß, was mit ihr passiert, ihr Geruchssinn weiß es, sie ahnen Unglück voraus, heulen mit zu den Hinterläufen zurückgeworfenem Hals, die Großmutter

– Hoffentlich hat der Schuster nicht zu viel getrunken damit er die Glocke ordentlich läutet

und vom Läuten der Totenglocke erschrecken die Tauben, wechseln zur verlassenen Kapelle über, kommen am Abend zurück und lassen sich auf den Giebeln des Rathauses nieder, ärgern sich über einen herabfallenden Kiefernzapfen und das fehlende Schmierfett der Gespanne, ein Esel bleibt unvermittelt mit gebleckten Zähnen stehen und schluchzt, schluchzt, der Großvater hört etwas, ohne das Geringste zu verstehen, und es ist, morgen operiere ich Sie, denn er blickt misstrauisch um sich, er sprach nie, wenn er herausfand, dass man über ihn redete, lächelte er, probier es mal mit dem Lächeln deines Großvaters, kein Lächeln, ein um Verzeihung bittender Gesichtsausdruck oder eine demütige Zustimmung, wenn er dich fütterte, hielt er dir den Löffel hin, und sein Mund rundete sich dabei, er wischte dich mit dem Taschentuch ab, ohne die Krümel zu treffen, fing wieder von vorn an

– Nur noch zweieinhalb

dies auf der zum Gebirge gewandten Veranda, und die Kastanienbäume still, das Geschirr still, fast alles still in der Kindheit, nur nicht die Pumpe, die Grünalgen aus dem Brunnen holte, das Knistern des Mais und der Verrückte, der, eine Wolldecke über den Schultern, den Ziegen verkündete

– Die ganze Welt gehört mir ihr Armseligen kein Stern bewegt sich wenn ich es ihm nicht befehle

er im Krankenhaus benutzt keine Worte, wozu, der Verrückte hatte alles im Griff

– Bringen Sie mir das hier in Ordnung Borges

und im Wohnzimmer über dem Schlafzimmer schlug jemand kräftig mit den Absätzen, vergnügt, die Sätze unterstreichend, Senhor Borges ging um einen Bretterzaun herum, und das Buchenwäldchen verschluckte ihn, Nervosität versetzte ihm einen Krallenhieb aus Angst und Tränen ins Herz, schwierig, es heimlich im Gleichgewicht zu halten, kein Schrei, trotz so vieler Schreie in ihm, jede Geste, die er nicht machte, schrie, jede Kopfbewegung schrie, jedes Stück Haut am Betttuch schrie, würden die Absätze einen Augenblick lang schweigen, würden sie hören

– Was ist mit dem Kleinen los?

los ist, dass faule Zellen in den Eingeweiden ihn überfallen, die Lunge, die Knochen, die Leber zerstören, und als Seraphim verkleidete Kinder mit wacklig an die Schultern gehefteten Flügeln, wie schrecklich und komisch der Tod doch ist, er macht sich über dich lustig, verachtet dich, im Geschichtsbuch die Geburtsdaten und Todesdaten der Könige, die ihm gleichgültig waren, da es nicht seine waren, der Bischof schloss Dom João II. die Augenlider, und Dom João II.

– Noch nicht

die Urgroßeltern im Album ebenfalls

– Noch nicht

der mit dem Schnurrbart, der Glatzkopf, der in der Hauptmannsuniform mit Medaillen, wenn er eine Seite umblätterte, sofort ein vergilbtes

– Noch nicht

das er sich zu hören weigerte, das Herz geriet aus dem Gleichgewicht, ohne dass es ihm bewusst wurde, denn die Wangen nass, als der braune Ochse starb, mussten sie ihm die Knöchel brechen, damit er in die Grube passte, die Lider des Ochsen

– Noch nicht

obwohl sie von Schmeißfliegen bedeckt waren, und wir kümmern uns nicht um sein Leiden oder die nassen Wangen, er erinnerte sich an den Klang der Erde auf der Trommel der Lende, an einen Regenwurm, den eine Hacke in zwei Teile getrennt hatte, die sich gegenseitig gierig verschlangen, und an die Eidechse, die lernte, ein Stein in einem Mauerspalt zu sein, und da spielte der Vater im Hotel der Engländer von der Wolframmine Tennis, und er rannte, um die Bälle zu finden, die über den Zaun hüpften, den letzten bekam er beim Schwimmbad zu fassen, wo eine blonde Ausländerin sich abtrocknete, und er stand da, den Ball an die Brust gedrückt, und lernte voller unbekanntem Hochgefühl, auch Stein zu sein.

– Was ist das?

der Wunsch erwachsen zu sein, Schüchternheit, Schamhaftigkeit, wenn die blonde Ausländerin ihn anlächelte, würde er niederknien oder fliehen, wie geheimnisvoll das Leben war, sie badeten ihn in einem Bottich in der Küche und die Pein, vor den Augen des Dienstmädchens nackt zu sein, klein, mager, unterwürfig wie auf der Krankenstation, wieder mager und unterwürfig, die blonde Ausländerin ging mit einem Körbchen voller Cremes ins Hotel zurück und jede ihrer Hinterbacken ein Schöpfkübel, der sich mit ihm füllte, oder ihn ausschüttete, ihn zurückließ, er brachte den Ball nicht zurück, denn es war kein Ball, es war sein hitziges Blut, selbst heute sein Blut hitzig, wenn er an sie dachte, er verwahrte den Ball in der Wäschetruhe, und hin und wieder liebkoste er ihn mit einer Zärtlichkeit, die in all diesen Jahren nie wieder vorgekommen war, vom Fenster des Krankenhauses aus weniger Leute und weniger Autos, bald würde es Abend werden, und das Elend seines Körpers im Dunkeln, seine Stimme, von ihm unabhängig

– Nein

und wie viele Wochen lang würde er noch eine Stimme haben, wie viele Wochen lang

– Nein

bis die Kehle ihrerseits verfaulte, und wenn die Kehle verfault war, welche Echos, er wäre gern zur Quelle des Mondego zurückgekehrt, ein Rinnsal zwischen Felsen fast ganz oben im Gebirge, und er fand das Rinnsal nicht, erinnerte sich an Moos, und im Krankenhaus kein Moos, sein Vater

– Hier entspringt der Mondego

und er glaubte es nicht, eine bergabwärts fließende Nässe, die nicht einmal die Wangen netzen konnte, gelbe Blüten, Käfer, kein Vogel, der mit den Lippen seiner Flügel zitterte, wie alt er wohl war, nicht der Krankenpfleger hatte ihm Blut abgenommen, es war Dona Irene gewesen, die bei den Abendgesellschaften Harfe spielte und ihn kleiner António nannte, der Notar mit eintausend Kugelschreibern in der Jackentasche, wahrscheinlich inmitten der Kugelschreiber auch ein oder zwei Finger, er besuchte sie nach dem Abendessen, und ein paar Minuten später war die Harfe zu hören, das Blut im Röhrchen nicht rot, wie er gedacht hatte, dunkel, würde der Bischof seine Augenlider schließen, würde er nicht

– Noch nicht

sagen, er würde schweigen, Dona Irene drückte einen Wattebausch auf seinen Arm, und die tausend Kugelschreiber des Notars funkelten

– Kleiner António, Antoninho

und Dona Irene erhob sich

– Ich habe Ihnen doch nicht wehgetan mein Freund?

in weißem Kittel und einer kopfüber mit einer Sicherheitsnadel an den Kittel gehefteten Uhr, wenn er morgen operiert wird, bricht ihm der Gärtner, nicht der Arzt, mit der Hacke die Knöchel, damit er in die Grube passt, und in der Ferne deutlich das Gebirge, Dona Irene ging, ein Röhrchen schüttelnd, weg und in ihr das Poltern der Schaufeln voller Erde, auf dem Korridor gestikulierte das Telefon, und eine Männerstimme erklärte

– Dr. Hélder ist runter in den Block

der Geruch seiner Nervosität überdeckte den Krankenhausgeruch, aber nicht den Duft der Kompotte, Dona Irene

– Harfe spielen ist eine Frage des Handgelenks

während sie Armreife bewegte, eine Frage des Handgelenks, der Sechsuhrschnellzug rüttelte die Gläser durch und verrückte das Bild über dem Wägelchen mit der Zuckerdose und der Teekanne, zur Abendbrotzeit schoben sie Dona Lucrécia vom Vordach ins Haus

– Eine kleine Hühnerbrühe Dona Lucrécia

und gleich, noch am Anfang der Hühnerbrühe, sie

– Ich bin müde

obwohl sie ihm am nächsten Tag, unter den Glasgefäßen im Operationssaal sitzend,mit dem Spazierstock wedelnd befahl

– Komm näher Junge

und der Krankenpfleger, der die Krankenliege auf das Kruzifix über dem Trauerkleid und die geschwollenen Beine zuschob, würde die Großmutter ihm den Strohhut aufsetzen, würde er nicht sterben, sondern durch den Weinberg streifen, auf der Suche nach in den Granit gefügten Schnecken, die aus der Zeit stammten, als das Meer die Welt bedeckte und der Geist Gottes, wie wohl der Geist Gottes aussah, über den Wassern schwebte, nächste Woche, sagte der Arzt, können wir, wieder das Telefon, die Männerstimme

– Doktor Hélder ist noch nicht vom Block zurück

auf der Grundlage von mehr Daten etwas sagen, und solange die Daten nicht kamen, legte die Großmutter auf dem Esstisch eine Patience und wanderte mit der Nase über die Karten

– Siehst du zufällig die Pik-Neun?

und er sah die Herzdame sich am Rand des Schwimmbeckens abtrocknen, schwierig, das Herz heimlich im Gleichgewicht zu halten, er hatte nicht gedacht, dass so viele Tränen dort hineinpassten, wenn sie wenigstens dort hineinfallen würden, anstatt in dem Augenblick sein Gesicht zu nässen, in dem die Anästhesistin ihm Fragen stellte, und er zur Anästhesistin, die sich nicht mit dem Badehandtuch abtrocknete

– Verzeihung

und das Elektrokardiogramm registrierte die Tränen auf einem Papierstreifen, so etwas Dummes, hätte er einen Strohhut übrig, würde er ihn der Anästhesistin leihen und ihr die Schnecken aus der Zeit zeigen, in der der Geist Gottes über den Wassern schwebte

– Meine Mutter kurierte alles mit Aspirin

überzeugt, dass ihm ein Lächeln gelungen war, das schwerer im Gleichgewicht zu halten war als das Herz, ohne dass seine Bemühungen bewundert wurden, sie kurierte alles mit Aspirin, Kopfschmerzen, Anginen, Angst vor Tieren, Schlaflosigkeit, sie gab ihm kein Thermometer, legte ihre Wange an seine

– Dir geht es prima

und sekundenlang die Süße von Parfüm und ein Geschmack von lebendigem Fleisch, das Wort Sohn ergibt einen Sinn, ich bin Ihr Sohn, und indem ich Mutter sage, sage ich etwas Wahres wie das Wort Tasse oder das Wort Decke, nicht das Wort Tod, legte ich jetzt die Wange an Ihre, glauben Sie es oder auch nicht, aber es würde helfen, der Ochse würde trotz der Schmeißfliegen atmen, brecht ihm nicht die Knöchel, und die Hacke erhoben in der Schwebe

– Was ist mit dir Junge?

herrenlose Hunde, die uns konkav vor Hunger ausspähen oder, die Nase in den Kiefernadeln, nach Kaninchen schnüffeln, ganz bestimmt trotten sie im Krankenhaus herum und suchen ihn, das da im Korridor sind keine Krankenpfleger, sie sind es, die Art zu atmen, ein speicheltropfendes Innehalten, nächste Woche, sagte der Arzt, während ein Tropfen auf dem Schuh seine Kompetenz schrumpfen ließ, können wir auf der Basis von mehr Daten etwas sagen, die Hacke zerstörte meine Knöchel, die Pik-Neun der Großmutter tauchte unter dem Herzkönig auf, ich möchte wetten, dass auch er einen Tropfen auf dem Schuh hätte, gäbe es ihn die Taille abwärts, Doktor Hélder wird vom Block zurück sein, denn das Telefon schweigt jetzt, als er mit dem Vater zum Tennisplatz des Hotels der Engländer zurückkehrte, säuberten sie das Schwimmbecken, und niemand, er sammelte an jenem Nachmittag keine Bälle ein, hockte sich desinteressiert in einen Winkel des Zauns, während die Wipfel der Kiefern wie üblich miteinander flüsterten und die Sonnenflecken verschoben, einer entwischte, bevor er ihn abreiben konnte, von seiner Hose, er spürte ihn im Nacken, er griff schnell danach und verlor ihn ebenfalls, die Gewissheit, dass er in dieser Nacht trotz der Tablette im kleinen Plastikbecher nicht schlafen würde, die Tablette glitt heraus und verschwand in einer Falte des Betttuches, und anstelle der Tablette der auf den Stoff gedruckte Stempel des Krankenhauses, würde der Großvater ihm die Brille leihen, würde er das Medikament finden, er erinnerte sich an das Bettzeug mit den Bärchen, das er als kleiner Junge gehabt hatte, alle Bärchen mit Schal und Mütze, überglücklich, nicht fünf Finger wie wir, vier, und vier Finger reichten, dank der Bärchen, die Krankheit bei den Antipoden, der Wunsch sich anzuziehen und in den Regen hinauszugehen

– Die Ärzte haben sich geirrt

die Großmutter hörte die Züge auf dem Friedhof, wo die Grabsteine so eng beieinanderlagen, dass es schwierig war, zwischen ihnen zu gehen, und sie erkannte die Waggons an der Art, wie sie auf den Schwellen tanzten

– Das ist der Elfuhrgüterzug das ist der Vieruhrpostzug

und dennoch, trotz des Irrtums der Ärzte ein Gefühl von Enge, Übelkeit, ein Fastschmerz, der abnimmt und dableibt, Dona Irenes Harfe ein Erschauern, das an Dichte gewann und zu einem Schwall von Tropfen wurde, die sich über ihn ergossen, und er lebendig unter den Tropfen, fröhlich, man kann Krebs haben und fröhlich sein, aber ja doch, der Tod würde ihn nicht mitten in der Musik zu fassen bekommen, denn die Tropfen verbargen ihn, so wie die Kastanienbäume und das unter Efeu versteckte Haus ihn verbargen, der Onkel schnäuzte sich gerührt und hinter dem Taschentuch ein weiteres Taschentuch wie bei den Zirkusartisten, zig, Dutzende, Hunderte von Taschentüchern, und schließlich die Nationalfahne, der Onkel im Frack zog sich unter Winken und Verbeugungen hinter einen Vorhang zurück, das Gefühl von Enge verlagerte sich in die Wirbelsäule, wo die Knochen zerbröselten, und der Tropfen auf dem Schuh zeigte etwas Unverständliches auf einer Röntgenaufnahme

– Dieser Wirbel gefällt mir nicht

also können sie dem Ochsen die Knöchel brechen, ich habe mich geirrt, schießen Sie nicht auf die Hunde, Großvater, schießen Sie auf mich, ihr Geifer, ihr Hunger, kein Schrei trotz so vieler Schreie, jede Geste, die er nicht machte, schrie, jede Kopfbewegung auf dem Kissen schrie, jeder Zentimeter Haut schrie, wie schwer, diese Angst zu verbergen, der Großvater immer allein, er aß mit Bewegungen, die unseren nicht ähnelten, er hörte die Igel nicht herunterfallen, jeder Zug derselbe Zug, und dennoch hörte er die Züge, so wie er den Duft der leeren Parfümflakons hörte und deren gewichtslose Worte, die ihn riefen

– Carlos

die Patin, die Mutter, Damen, die existierten, damit wir im Album über sie stolperten, während sich um sie herum die Welt zu einem endgültigen Strand weitete und zusammenzog, die Zeit der alten Uhren ohne Beziehung zu unserer, da die Stunden schon größer waren, die Verstorbenen verblieben in einem Leben, das parallel zu diesem verlief, in dem die Möbel auf merkwürdige Weise knacken und die Flüssigkeit in den Vasen rostet, die Großmutter

– Wer seid ihr?

ohne zu begreifen, welcher Epoche sie angehörte, der der Patin und der Mutter oder unserer, ist mein Enkel der da im Krankenhaus, dem ein Krankenpfleger einen Tennisball statt einer Tablette gibt, während die Wölfe die Schule umkreisen, und da sind sie mit hängendem Kiefer und die Glöckchen der Herden auf dem Gebirge ein weiterer Schwall Tropfen, die niemanden verbergen, weniger zahlreich, schwächer, er hatte nicht vermutet, dass Krankenhäuser so hell sind, nur Putz und Metall, auch nicht, dass Leiden so sein würde, das schwer im Gleichgewicht zu haltende Herz widersteht, widersteht nicht, widersteht, sieben Stunden auf den alten Uhren und wie viele in ihm, zerknüllt, verbogen, schau die Finger an, die das Betttuch zerknüllen, und was ist schon ein Betttuch wert, weder einen Glimmerstein noch einen Tennisball auf der Handfläche, eine dieser Schokoladenmäuschen, die er als Kind geschenkt bekam und deren Ohren und Schnurrhaare auf das Silberpapier gemalt waren, wenn du das Mäuschen runterschluckst, lässt das Gefühl von Enge nach, und du kannst schlafen, vielleicht träumst du von der Quelle des Mondego und wanderst zusammen mit den Flüssen in einem Nebel aus Licht, ich bin geheilt, die Kaninchen in der kaputten Hütte werden die Krankheit zusammen mit dem Gras zernagen, und der Tropfen auf dem Schuh hat ein Ende, die Patin meines Großvaters

– Weck ihn nicht auf

ohne zu bemerken, dass er wach war, und bat

– Noch nicht

Gott bat, der in Australien oder in China ist, nicht hier, der überlegt, welcher Wunderhebel dafür zuständig ist, Blinden das Augenlicht wiederzugeben oder Fische zu vermehren, ich habe Angst, mich zu irren und, anstatt die Fische zu vermehren, das Rote Meer auszukippen und die Ägypter zu ertränken, der Schwall der Harfe ergießt sich nicht mehr über ihn, der die ganze Nacht damit verbringen wird, auf das Fenster zu starren, während die Übelkeit zunimmt, du bist Senhor Antunes von Bett elf, und Dona Irene unterbricht das Harfenspiel

– Antoninho

kämmt mit den Fingerspitzen eine saitenlose Leere, die Gewissheit, dass er, wenn sie damit über seinen Körper striche, anfangen würde zu singen, Doktor Hélder am Telefon gleichgültig

– Ein Walzer

und anstelle von Doktor Hélder die Hacke, die dem Ochsen die Knöchel bricht, und die Sehnen von Senhor Antunes, nicht von Antoninho, Antoninho wartet auf dem Rasen beim Schwimmbad, zerrissen, Antoninho warf Steine auf einen Skorpion, dessen Stachel das Gift auf ihn gerichtet hatte, ihn beunruhigten die unendlich vielen Gefahren, die ihn verfolgten, Schlangen, Raben, die es darauf abgesehen hatten, seine Brust zu durchbohren, das Raunen der Dunkelheit, das ihn warnte

– Weh dir

während das Schlafzimmer ihn hinter dem Rücken der Eltern zerquetschte, zerquetschte, würde er es ihnen erzählen, das Zimmer mit gesenktem Blick

– Kommt nicht wieder vor versprochen

und eine brennende Lampe, schon eine brennende Lampe reichte, um zu verhindern, dass man ihm Böses antat, die Autorität der Lampen war größer als die des Vorsitzenden der Gemeindeverwaltung, Besitzer eines goldenen Eckzahns, der das Domino im Café erstarren ließ, Senhor Antunes versuchte an die Oberfläche des Schlafes zu gelangen, um sich zu versichern, dass die in den Stuck geschraubte Lampe ihm weiterhin half, das Kopfkissen unter Kapokgemurmel

– Gestern habe ich ein Nest gesehen

und tatsächlich zerrupften Störche die Bedachung der Villa, bei der es einen kleinen Jungen aus Ton gab, der es nicht schaffte, in den Teich zu pinkeln, Papier und trockene Zweige, das Gespenst eines Fisches kam an die Oberfläche und tauchte mit dem Gespenst einer kleinen Libelle wieder ab, die in seinem Maul protestierte, Chalé Zulmira, auf einem Schild aus bemalten Fliesen mit einer Umrandung aus geflochtenen Körbchen, der Veranda im ersten Stock fehlten Schnörkel, aber ein Blumentopf war da mit herabhängendem Flieder, wahrscheinlich kein Flieder, Tulpen, wahrscheinlich keine Tulpen, ich gebe es auf, ein Blumentopf mit herabhängenden Pflanzen, Schluss, aus, was macht das schon für einen Unterschied, wo ich doch sterben werde und die Gewebefetzen, die übrig bleiben, sich an nichts erinnern werden, schon gar nicht an Blumen, welchen Anzug von den dreien, die auf den Bügeln hängen, werden sie mir anziehen, den mit den Streifen, den für die Hochzeiten, den mit dem gestopften Ärmel, sie brauchen einige Zeit für die Krawatte

– Die die er immer trug und die ich nicht mag oder die blaue die er nie anhatte und die ihm besser stand?

gewichste Schuhe und die Clownsschuhe, die riesigen aus Lackleder, er hätte es gern, wenn sie ihm die Lackschuhe anzögen, Ringelstrümpfe und eine scharlachrote Nase, wenn sie ihm das Saxophon für einen Paso doble gäben, während die Familie im Takt klatschte, und Dona Irene

– Was für ein mieser Künstler

und eine Empörungsfurche, die niemand bemerkte, auf den geschminkten Wangen, der Arzt

– Morgen operieren wir den Clown mit dem Krebs

und er nicht

– Woran sterben wohl die Clowns?

er

– Ich weiß schon wie die Clowns sterben

will heißen, die Clowns, nachdem der Bauch aufgeschnitten ist, die riesigen Lackschuhe, obwohl sie ihm das Saxophon weggenommen haben, wird der Paso doble immer lauter, wie Sie sehen, hat das Schokoladenmäuschen nicht geholfen, Großmutter, ich starre immer noch auf das Fenster, und das Gefühl von Enge hört nicht auf, es tut so, als würde es nachlassen, aber verlässt mich nicht, hoffentlich vergisst es mich, so wie ich die Blumen auf der Veranda der Villa vergessen habe, Petunien, nein, Dahlien auch nicht, ist egal, im Gegensatz dazu hat er die Eidechse in der Mauerspalte nicht vergessen, deren linke Füße einen Schritt weit vor den anderen stehen, der Kopf wachsam, in diesem oder im nächsten Monat sein Name auf der Seite mit den Todesanzeigen mit einem Kreuz darüber, der Angestellte am Bahnhof stapelte die Zeitungspakete mit Bergen von Kreuzen, die sich auf ihn bezogen und die niemand bemerkte, oder wenn jemand sie bemerkt hätte

– Der Enkel vom Tauben?

vielleicht der Apotheker oder der mandantenlose Anwalt mit dem kleinen Toupet, der im Straßencafé die Kreuzworträtsel löste und von seiner Frau lebte, das kleine Toupet lockerte sich wegen des Schweißes, und man konnte einen kleinen Kreis aus Klebstoff sehen, die Frau resigniert

– Keiner hat mir rechtzeitig die Augen geöffnet

während das kleine Toupet immer schiefer saß und mit seinen Strohsträhnen zum Nacken wanderte, würde ich klingeln, käme Dona Irene als Krankenschwester verkleidet mit der kopfüber hängenden Uhr, wo ist Ihre Harfe, Dona Irene, wenn er es sich recht überlegte, dann fehlte ihr eine Saite

– Ich habe keine Anweisungen Ihnen eine weitere Schokoladenmaus zu geben halten Sie so durch

also starrte er zum Fenster und zum Regen an den Scheiben oder weder Fenster noch Scheiben, die Dachluke, durch die er, auf den Wäschetrog geklettert, das Dienstmädchen beobachtete, wie es sich entkleidete, er hat weder das Dienstmädchen noch die blonde Ausländerin in der Beichte je erwähnt, und daher ist die Krankheit möglicherweise eine Strafe, die Haushälterin des Herrn Vikars zog die Weintrauben zurück

– Du hast gesündigt

und er kam mit dem Mondego herunter, hier eine Stufe, dort eine Stufe, und er wanderte am Fluss entlang, mehr als einmal die Frage, warum er sich teilte, um sich wieder mit dem Nebel zu vermischen, der vom Wasser aufstieg, und Büsche und Bäume und kleine Tiere, er, fast so mager wie heute, rutschte auf dem Gras aus, ein paar Augenblicke lang glaubte er eingeschlafen zu sein, aber er war immer noch wach, dazu seine Angst und seine Tränen, sicher, dass kein einziger Schrei trotz so vieler Schreie, wäre der Onkel aufmerksam

– Was ist mit dem Kleinen?

aber wie sollte er ihn in Lissabon so weit weg von der kleinen Stadt treffen, ich habe seit Jahren keine Familie mehr, und dennoch spielt der Vater im Hotel der Engländer Tennis, und die Mutter zieht ihm einen Scheitel ins Haar

– Nun hör doch mal auf dich zu schütteln

mit einem anderen Duft, dem Duft einer Alten, sie sah ihre Hände prüfend an

– Sind das meine?

eine zu weite Bluse, Augen, die ihn nicht erkannten

– Wer bist du?

Ringe, die der Großmutter gehört hatten, also würde die Mutter ihm vielleicht die Züge erklären, den Mittagszug mit der Zeitung für den Großvater, der Brille und Finger in der Tasche hatte, den Postzug, den Güterzug, den Schnellzug, die Mutter schutzlos und winzig im verlassenen Haus, würde er

– Mutter

sagen, ein zögerlicher Seitenblick, im Krankenhaus Regen, die Kastanienbäume sicher schwarz, der Teller an der Wand mit einer daraufgedruckten Heiligen Jungfrau lockert sich und fällt herunter, wenn die Mutter ihre Wange an seine legen würde, obwohl sie alt ist, obwohl sie blind ist, das Wort Sohn ergäbe einen Sinn, nicht das Wort Krankheit, nicht das Wort Tod, während er, ohne dass irgendetwas ihn störte, vom Paso doble eines fernen Saxophons begleitet, mit den Flüssen zum Meer wanderte.

22. März 2007

Der Eselskarren fuhr mit ratternden Brettern und Scharnieren auf dem Brombeerpfad, und er saß nicht mit Virgílio vorn auf dem Kutschbock, vom Wunsch erfüllt, ihn zu bitten, ihm die Zügel zu übergeben, damit die Großmutter

– Mein Prinz

verstand, wer das Sagen hatte, er lag hinten auf den Kartoffeln, die ihm an den Rippen wehtaten, bleich im schwachen Siebenuhrschiffbruchslicht, wobei er nicht wusste, ob der Schiffbruch in ihm oder außerhalb von ihm stattfand, Virgílio fuhr an Krankenstationen, Paravents, einem Rollstuhl vorbei und bemerkte die Hecken nicht, die das Gartentor ankündigten, er bemerkte, wie sich die Bretter und Scharniere quietschend nach links bewegten, und der Esel langsamer auf dem Linoleum ohne Furchen und Steine und Harztiegel an den Kiefern, man schnitt mit einem kleinen Beil in die Rinde, und die Adern des Holzes langsam rinnende Traurigkeiten, eine Frau in grüner Bluse, die bestimmt Angestellte im Hotel der Engländer von der Wolframmine war, wies Viríglio an

– Stellen Sie die Krankenliege dort ab

und wieder Bretter, Scharniere, die heruntergefallene Kartoffel, die eine Alte sofort aufsammelte, um sie in ihrem Umschlagtuch zu verbergen, sie essen sie mit Schale, kochen sie nicht einmal, oder sie stecken sie in ein Loch, in dem Lumpen zu erkennen sind, andere Angestellte des Hotels der Engländer, ebenfalls in grüner Bluse, betteten ihn in das Bett seiner Kindheit um, aber ohne Decke oder Kissen, und ihn beschämte seine Nacktheit unter einem gestärkten Betttuch, das, anstatt seine Füße zu bedecken, sie dem Hohn der Lampen auslieferte, Füße, die ihm vertauscht vorkamen, wem gehören diese Füße, die Eukalyptusbäume buchstabierten den Wind rings ums Hotel, oder waren es redende Leute, von den Wipfeln ausgesprochene Silben, und man braucht sie nur zusammenzufügen, um Worte zu erhalten, Worte der Überraschung, Worte des Schreckens, die Angestellten des Hotels näherten und entfernten sich in einem Bienentanz, Virgílio blickte auf das Eselsgespann, bevor er ging, und vergaß die Brombeeren und die Alte, die die Kartoffel tiefer in ihr Umschlagtuch steckte, er dachte, die Großmutter würde ihm helfen, indem sie ihm einen Keks gab

– Mein Prinz

aber die Kastanien waren so weit weg und die zum Gebirge gewandte Veranda verloren, geblieben war die Pumpe am Brunnen, deren Schwengel, wie von Geisterhand bewegt, auf und ab ging, oder aber allein das Geräusch zerfetzte die Nussbäume, er sah die Köchin ein Huhn auswählen, und die Landschaft mit Schiffen aus dem Arbeitszimmer, während die Pumpe die Überraschung und den Schrecken an die Oberfläche beförderte, sie werden mich töten, eine Nadel im Arm, den er nicht als seinen fühlte, und die Silben der Eukalyptusbäume schneller, was kündigten sie an, er hatte Mitleid mit der Einsamkeit der Füße, die den im Obstgarten pickenden Raben ausgeliefert waren, eine der Hotelangestellten legte ihm eine Muschel auf Nase und Mund, und die Füße sammelten in sich die Überraschung und den Schrecken, die Alte rückte mit geizigem Ingrimm die Kartoffel in ihrem Umschlagtuch zurecht, die Alten redeten nie, sie humpelten, die Säcke ihrer Körper schleppend, umher, er wunderte sich, dass die Pumpe lautlos arbeitete, die Raben lautlos krächzten und die Silben der Eukalyptusbäume und der Hotelangestellten Lautlosigkeit wiederholten, Dona Irenes Harfe unhörbar, obwohl der Schwall aus Tropfen ihn wieder bedeckte, ihn vom Arzt mit ebenfalls grüner Bluse trennte, der im Nebel des Mondego schlecht zu erkennen war, und die Überraschung und der Schrecken verließen ihn, eine von nirgendwoher kommende Finsternis färbte ihn innerlich ein, beschränkte sein Leben auf unzusammenhängende Farben und diffuse Formen, die in einem Abflussloch in ihm verschwanden, von dessen Existenz er keine Ahnung gehabt hatte, obwohl er nicht dachte, glaubte er zu denken

– Wer bin ich?

und was bedeutete denken, was bedeutete, ich denke gerade, und das Ich verschwand seinerseits in dem Abflussloch, er glaubte, die Kirchenglocke läuten zu hören, und obwohl er wusste, dass sie nicht läutete, hörte er sie weiter in gedämpftem Rhythmus, die Glocke, die Züge, und der Großvater öffnete seinen eigenen Mund, wenn er ihm den Löffel mit dem Mittagessen hinstreckte, er unterhielt sich mit niemandem, las die Zeitung, ging durch den Weinberg oder verbrachte Stunden auf der Veranda, ohne sich für das Gebirge zu interessieren, wahrscheinlich verschwand sein Leben in einem Abflussloch wie dem seinen und machte ihn zu einem Gespenst, das allen fremd war, und dennoch war immer noch ein Gefühl in ihm, das ihn dazu brachte, sich zum Bett hinunterzubeugen, wo der Enkel ihn nicht sehen konnte, während ein Messer ihm im Rhythmus eines Zirkus-Paso-doble den Bauch öffnete, und die Familie klatschte im Takt

– Sie operieren Antoninho

dessen Füße vertauscht waren und dem ein Schlauch im Rachen steckte, den eine der Angestellten überwachte, Antoninho ohne Überraschung oder Schrecken oder nasse Wangen, als er verlor, was er war, verlor er die Brombeeren des schmalen Pfades, auch die Überreste der Häuser, die aus den Büschen herausragten, ein Stück von der Wand, vom Schornstein, Stufen, Virgílio, der ihm die Zügel nicht überließ, weil er fürchtete, die Achse würde sich in einem Graben verziehen, und der Großvater suchte in der Tasche nach der Brille, um ihn sich genauer anzusehen, er erinnerte sich an die Mutter der Großmutter, die auf dem kleinen Weidensessel stickte, unter der Decke die Fußknöchel, die man ihr, als sie starb, nicht brach, der Sessel knackte noch, nachdem die Mutter der Großmutter begraben war, und der Onkel

– Was ist mit dem Sessel los

verwundert über die Unruhe der Dinge, was wollen sie, was wollen sie von uns, die Küchenutensilien verbogen sich absichtlich

– Sie kümmern sich nicht um uns ist doch so

und bestimmte Krüge, bestimmte Töpfe, ein gewisses Erzittern der Gardinen, die Unverständliches zu übermitteln versuchen, das der Großvater möglicherweise versteht, der ihn im Speisesaal des Hotels der Engländer beobachtet, während die Wasserpumpe des Blutes sich bewegt, und Klemmen und Zangen, der Arzt mit dem Tropfen auf dem Schuh zum Hotelbesitzer, während er ihm den Igel der Krankheit zeigt