Der Archipel der Schlaflosigkeit - António Lobo Antunes - E-Book

Der Archipel der Schlaflosigkeit E-Book

António Lobo Antunes

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Beschreibung

Der Archipel der Schlaflosigkeit erzählt eine Geschichte von der Allgegenwärtigkeit archaischer Gewalt, angesiedelt auf einem einst blühenden, nun verfallenen Landgut in Portugal, dargestellt von drei Generationen einer Familie. Im Mittelpunkt stehen die Themen, die das Werk dieses vielleicht größten portugiesischen Autors unserer Zeit bis heute prägen: der Aufstieg und Niedergang des Landes und seiner Menschen und die Frage, wie es dazu kommen konnte, der Schrei nach Liebe und menschlicher Wärme und die Suche nach dem Sinn unserer Existenz in einer grausamen Welt, in der selbst Gott, wie es scheint, den Menschen nicht mehr helfen kann.

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António Lobo Antunes

Der Archipelder Schlaflosigkeit

Roman

Aus dem Portugiesischen vonMaralde Meyer-Minnemann

Ein Landgut irgendwo in Portugal: Hier leben, über ein halbes Jahrhundert lang, drei Generationen einer Familie, gefangen im Würgegriff des patriarchalischen Großvaters, vor dessen tyrannischer Herrschaft es für sie fast kein Entrinnen gibt. Vor Jahrzehnten hat er das Gut gegründet und es mit äußerster Kälte, Rücksichtslosigkeit und Gewalt zu wirtschaftlicher Blüte geführt. Eine gefühlslose Gier, sowohl in materiellen wie in sexuellen Dingen, prägt ihn bis ins hohe Greisenalter. Er ist gewohnt, sich einfach zu nehmen, was er begehrt, er unterdrückt und betrügt seine Frau, und er verachtet seinen Sohn und seine Enkel, die er für Idioten und Schwächlinge hält … Oder sind all die Geschichten um das Landgut, das über die Jahre unaufhaltsam verfällt, um den kleinen Ort Trafaria mit der Mole am Tejo, gegenüber von Lissabon, um die beiden Enkel und um die Verwandten auf den Fotos an der Wand, die sich immer wieder eimischen, nur Träume – Wachträume, Alpträume, Visionen – von einem, der nicht schlafen kann?

ANTÓNIO LOBO ANTUNES wurde 1942 in Lissabon geboren und hat Medizin studiert. Während des Kolonoalkrieges war er als Militärarzt in Angola, arbeitete danach in der Psychiatrie und war lange Jahre Chefarzt in einer Psychiatrischen Klinik in Lissabon. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. Sein mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetes Werk ist in vierzig Sprachen übersetzt.

Die Originalausgabe erschien 2008 unter dem Titel

»O Arquipélago da Insónia« bei Publicações Dom Quixote, Alfragide, Portugal.

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Copyright © der Originalausgabe 2008 António Lobo Antunes und Publicações Dom Quixote

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 Luchterhand

Literaturverlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Umschlaggestaltung: semper smile, München

Umschlagmotiv: © plainpicture/stefanie-hoepner

CP · Herstellung: sc

ISBN 978-3-641-29854-8V001

www.btb-verlag.de

www.facebook.com/btbverlag

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Für Zé Francisco, meinen Freund, dem ich mehr verdanke, als er in seiner Bescheidenheit annimmt, und für Leonor, meine Freundin, der ich mehr verdanke, als meine Fehler es verdienen.

Inhaltsverzeichnis

I

1

2

3

4

5

II

1

2

3

4

5

III

1

2

3

4

5

I

1

Woher kommt nur mein Gefühl, dass in dem Haus, obwohl es unverändert ist, fast alles fehlt? Die Zimmer sind dieselben mit denselben Möbeln und denselben Bildern, und dennoch, so war es nicht, es war nicht so, alte Fotos anstelle meiner Mutter, meines Vaters, der Küchenangestellten und des Hustens meines Großvaters, der die Welt befehligte, nicht seine Gegenwart, nicht seine Anordnungen, sein Husten, ein Taschentuch kam aus der Tasche und zerzauste seinen Schnurrbart, mein Vater band das Pferd am Ring fest, und dann war da nur noch das Knistern des Grases, denn das ist immer noch da, ja, obwohl es sogar nach dem Regen trocken und hart ist, auf der Veranda der Blick über die Felder, die ich kenne und nicht kenne, die Reihe Zypressen, die zum Tor führte, dessen einer Pfosten umgestürzt war, die Korkeichen und der Weizen, die kleine Stadt, in der die Lichter die Dunkelheit unterstreichen, jedes Mal weiter entfernt, ein Ort der Verstorbenen, durch dessen Straßen ich an meinen Vater geklammert trabte, verschreckt von den leeren kleinen Fenstern und der Gewissheit, dass sie uns in einer Zeit, in der im Haus nichts fehlte, von den Schwarzerlen am Platz her ausspähten, im oberen Stockwerk parfümierte meine Mutter Truhen, die Tasse meiner Großmutter zitterte auf der Untertasse, und sie starrte mich mit dem Blick der Fotos an, der über Generationen hinweg von einem Picknick mit Damen mit Mittelscheitel und Herren mit Zelluloidkragen herrührte, ich überlegte, ob wohl alle die Menschen immer noch hier waren und Gespräche führten, die das Uhrenpendel im gemächlichen Herzen ertränkte, eines Nachmittags fand ich die Tasse und die Untertasse auf dem Rand des Tischchens mit der bodenlangen Decke vor und niemanden auf dem Stuhl, an einem anderen Nachmittag hörten die Truhen vom oberen Stockwerk auf zu duften, nur diesmal waren Autos im Hof, Herren, die mir mit freundschaftlichem Mitleid das Haar verstrubbelten

– Das Waisenkind

während die Küchenangestellten Blumen auf den Wagen häuften, auf dem sich, wie mir schien, langsam der Duft der Truhen verflüchtigte, mein Großvater mit Krawatte, er, der nie Krawatten trug, er trug einen Kupferknopf, der ihm den Hals verschloss, und mein Vater löste die Zügel aus dem Ring, ich sah ihn auf einem Hügelkamm anhalten, bevor er weitertrabte, er wurde gesehen, wie er außerhalb des Friedhofs zuschaute, wie die Blumen zum Grab getragen wurden, aber noch besser erinnere ich mich an eine Drossel auf einem Gipsengel und an den Oktobernieselregeln, Tropfen, die nicht fielen, sie änderten unter einem Wäschelaugenhimmel ihre Position, Männer mit Hacken, die Kreuze der in Frankreich gestorbenen Soldaten auf einem besonderen Teil des Friedhofs, in dem die Büsche ungestutzt wuchsen, und man hätte meinen können, sie jammerten, und mein Vater ritt, von Hundegebell umringt, Hühner aufscheuchend über die Felder, er, der nicht mit meiner Mutter sprach, sie nicht einmal begrüßte, im Zimmer neben der Küche schlief und ihr an der Gleichgültigkeit meines Bruders die Schuld gab, der noch mit mir in diesem Haus lebt, dem, obwohl es sich nicht verändert hat, fast alles fehlt, dieselben Treppen, dieselben Deckelvasen, dieselben Schabracken, das Pferd, das niemand mehr ritt, und mein Vater schoss am Abend von der Hintertreppe aus auf die wilden Kaninchen, während die kleine Stadt vor Gespenstern brodelte und der Duft der Truhen von muffigem Wäschegeruch ersetzt wurde, mein Großvater war Jahre zuvor gestorben, und niemand hat uns besucht außer ein oder zwei Männer in seinem Alter mit einem Kupferknopf, der ihnen den Hals verschloss, die ihrerseits niemand besuchte und die man ohne Blumen zum Friedhof schieben würde, wo keine Kerle mit Hacken mehr waren, er ließ uns inmitten des welken Weizens und des verbrannten Hafers zurück, und mein Vater kümmerte sich nicht um den Hafer, ein Fremder für mich so wie ich ein Fremder für ihn, ähnlich wie die Verwandten auf den Fotos in dem, was ich beharrlich Haus nenne, weil ich keinen anderen Namen finde, das zu groß für uns ist mit seinen zwei oder drei Palmen, und meine Großmutter

– Der Garten

von den Kreuzen der Soldaten stieg Pulveratem auf, als die vor vielen Jahren verstorbenen Geschöpfe aus der kleinen Stadt begannen, uns zu umzingeln, in den Monaten der Revolution haben die Soldaten und die Bauern versucht, uns das Haus wegzunehmen

(die Tasse meiner Großmutter auf der Untertasse zitterte, nicht meine Großmutter, die Tasse, meine Großmutter saß gefasst auf dem Stuhl)

sie setzten den Getreidespeicher in Brand, schnitten dem Kleinvieh die Kehle durch und brachen den Schafen und den Kühen die Beine

(die Tasse auf der Untertasse, die Tasse zitterte unablässig auf der Untertasse)

meine Mutter im oberen Stockwerk versteckt, ich nehme an, sie weinte, wie damals, als mein Vater

– Wie bin ich bloß darauf gekommen dich vom Herd wegzuholen?

sie hatte mit den anderen in der Küche gearbeitet, bis er auf dem Weg in den Speicher

– Bring deine Sachen morgen ins obere Stockwerk

und meine Mutter verstand es nicht, verstand es, gehorchte, trug einen kleinen Karton die Treppe hinauf, während die Kolleginnen sie schweigend beobachteten, eifersüchtig oder mitleidig, ich weiß es nicht, sie sich schwanger mit meinem Bruder, schwanger mit mir vorstellten und dann, wie sie auf einem Schemel wartete, ich erinnere mich nicht daran, dass sie uns berührt hätte, ich erinnere mich daran, dass der Kamm das Haar herunterdrückte, so wie ich mich daran erinnere

(aber das werden Erinnerungen oder Vorkommnisse sein, die ich erfinde, nichts als Vorkommnisse, die ich erfinde)

wie mein Großvater die Soldaten und die Bauern herausforderte, und an meinen Vater, wie er mit dem Jagdgewehr galoppierte, das Pferd voller Angst, was man am Schweiß am Hals sah, während sie gleichzeitig den Mähdrescher und das Wasserreservoir umstürzten, aus dem Reservoir ergoss sich Wasser auf den Boden, und das Pferd bäumte sich im Wasserstrahl auf, eine der Küchenangestellten

– Die Kommunisten

die die Landgüter und die Bauernhöfe besetzten und aus der Ebene gekommen waren, wo die Fasane schreiend aufflogen, und ich nahm an, meine Mutter befände sich, meinem Vater ausweichend, mitten unter ihnen

– Bring deine Sachen morgen in mein Zimmer

eine Angestellte, die mein Großvater, ohne sich um uns zu scheren, am Handgelenk packte

– Komm her

er schloss sich kanarienvogelgierig mit ihr in der Speisekammer ein und kam, den Kupferknopf zurechtrückend, wieder heraus, ohne ihren Namen zu kennen oder sich um die Tasse meiner Großmutter zu kümmern, die auf der Untertasse schepperte, die Tukane flogen kreiselnd auf der Suche nach dem Wind von der Grenze, und wir inmitten der verwüsteten Felder in dem Haus, dem, obwohl es unverändert war, alles zu fehlen begann, die Geschöpfe auf den Fotos

– Und wann stirbst du?

sie boten uns Flaschen mit Wein an und ein erloschenes Lächeln, vor Anbruch der Dunkelheit tilgte der Schatten des Birnbaums unsere Körper, meine Mutter versuchte mit dem kleinen Karton zu fliehen, und mein Vater drängte sie mit dem Pferd ab

– Rein da

als würde er ein Tier treiben, die einzige Frau, die uns geblieben war, denn in der Küche herrschte die Stille der Verlassenheit, die Betten der Angestellten waren ungemacht, Teller und Gläser in der Spüle, kein Handtuch trocknete sie ab, und das Haus inmitten der von den Kommunisten zurückgelassenen Zerstörung, Schafe und Kühe, die wir schlachten mussten und die uns dabei resigniert ansahen, Vögel

(nicht die Tukane aus der Lagune, keine Milane, andere, dickere, größere, die deren aufgetriebene Haut mit den Fängen und dem Schnabel aufrissen)

eine Katze, die im Arbeitszimmer an einer Dose mit wer weiß was darin schnupperte, und die Truhen schwiegen, denn meine Mutter saß reglos dort oben, dachte wer weiß woran, plante wer weiß was, wünschte sich wer weiß was, ich weiß nicht, wer Sie waren, Senhora, einmal haben Sie mein Gesicht genommen, ich hatte Angst, Sie könnten mich küssen

– Komm her

und Gott sei Dank haben Sie mich nicht geküsst, Sie ließen mich enttäuscht los, wer garantiert mir, dass Sie nicht in der kleinen Stadt mit den anderen Gespenstern geboren wurden und nur ein Phantom waren wie sie, fehlende Augen spähten uns von den kleinen Fenstern her aus, oder jene körperlose Materie, aus der die Dunkelheit gemacht ist, bedrohte und verfolgte uns, daher glaube ich nicht, dass Sie mich geboren haben, meinen Bruder möglicherweise, der sich vor den Bilderrahmen aufgebaut hat und zu einem Foto wird, er hört weder die Uhr noch den Wind im Mais, will heißen in den jetzt gelben Blättern, denn nun sind nur noch wir zwei hier, wo uns, obwohl alles unverändert ist, alles fehlt, und im Keller, im Weinkeller, unter den Bögen der Weinpergolen höre ich manchmal eine Tasse auf einer Untertasse klirren oder ein Pferd, das laut schnaubend an einem Ring zerrt, die Landgüter ringsum verlassen und das Stück Getreidespeicher, das standhält, in dessen Winkel sich beim leisesten Geräusch ein Dachs oder ein Frettchen verbargen, denn in jener reglosen Wüste fürchtete sich alles vor allem, auch die Schreie der Tukane, die unermüdlich etwas wiederholten, was ich nicht verstand, so wie ich auch meinen Vater nicht verstand, als er vor zwei Jahren erkrankte und verlangte, dass wir ihn auf dem Dachboden, auf dem die Wäsche meiner Mutter an Haken hing, in das Bett legten, in dem er nie geschlafen hatte, es gab da so einen Christus, wie man ihn auf dem Jahrmarkt kauft, der schief an der Wand hing, das Bügelbrett mit einem Hemd meines Großvaters, und mein Vater zum Hemd

– Gehen Sie

mein Vater

– Lassen Sie mich allein mit ihr

nicht mit meinem Bruder oder mit mir, allein mit ihr, Worte, die ich nicht mitbekam, bis ich mich seinem Mund genähert hatte, ich hätte schwören mögen

– Ich bin zurückgekommen

oder nicht

– Ich bin zurückgekommen

ich habe mich geirrt, bekam es weiter nicht mit, würde es weiterhin nicht mitbekommen, mein Vater war nicht so ein Christus, wie man ihn auf dem Markt kauft, er war ein Mann, der einer Küchenangestellten befahl

– Bring deine Sachen morgen ins obere Stockwerk

und die Angestellte, die nicht den Mut hatte, sich ihm zu widersetzen, erhob sich, strich dabei ihre Bluse glatt, war außerstande sich zu weigern

– Lassen Sie mich los

meine Mutter, siebzehn oder allenfalls achtzehn Jahre alt, die sich weinend für ihn wusch, die Schuhe anzog, sich zurechtmachte und dabei die Tränen aus balancierte, wer vor uns hier gewohnt hat und uns nicht aufsucht wie die Leute im Wohnzimmer, hat uns vergessen, und mit dem Vergessen haben wir aufgehört zu existieren, wir sind nicht, waren nicht, sind nie geworden, meine Mutter war nicht, ich bin nicht, mein Bruder ist nicht, und dennoch verkündet mein Vater ihr

– Ich bin zurückgekommen

als existierten sie beide, nicht wir, am Tag der Beerdigung hat er vom Zaun aus heimlich auf den Friedhof geschaut und ist mit an den Eisen des Bauchgurts klingelnden Steigbügeln verschwunden, mein Vater zu meiner verstorbenen Mutter

– Leg dich hier zu mir

dessen bin ich mir sicher

– Leg dich hier zu mir

nicht im Tonfall von

– Bring deine Sachen morgen ins obere Stockwerk

eine hilflose Stimme, möglicherweise vom Fieber, möglicherweise vor Schwäche, aber doch stärker als das Fieber und die Schwäche

– Leg dich hier zu mir

und niemand an Ihrer Seite, Sie, Vater, ganz allein, und dennoch auf der Suche, Ihre Hände hielten, was Sie für die Hände meiner Mutter hielten oder die Zügel, die nicht da waren, immer noch auf dem Weg vom Friedhof zur kleinen Stadt, in der die Gespenster wohnten, denen Sie mit erhobener Reitgerte zuriefen

– Versteckt euch nicht vor mir

die Ihnen aber nicht antworteten, denn da ist niemand, der Ihnen Bedeutung beimisst, flehen Sie nicht

– Verlass mich nicht

den Pullover und den Rock eines Mädchens an, das Ihnen nicht aus Zuneigung gehorchte, sondern aus Angst und das Sie wahrscheinlich ebenfalls aus Angst hasste und das reglos neben Ihnen saß, nachts dem Wiegen der Bäume und der Erde zuhörte, die sich, den Wolken folgend, hob und senkte, das Traben des Pferdes umkreiste das Haus und hielt an der Stelle inne, an der die Schweine aufgeschlitzt wurden, und es war, als würde das Blut des Tieres oder das meiner Mutter, als ich geboren wurde, weiter in die Wanne tropfen, so dass ich sie in dem Augenblick, in dem mein Vater

– Verlass mich nicht

in Ihrem Gesicht gesucht habe, der Sie litten, wenn mein Großvater

– Komm her

das Jagdgewehr nahmen, Sie in der Zimmertür, mein Großvater, während er, von Ihnen angewidert, auf die Läufe starrte

– Idiot

und Sie senkten das Jagdgewehr und gingen besiegt davon, Sie schossen auf die Tukane, und jeder Tukan ein Kupferknopf, der Ihnen den Hals verschloss, jeder Tukan der Besitzer des Weizens und des Maises, und Sie machten sich nicht die Mühe, die Hunde loszuschicken, um sie zu holen, Sie, auch wenn meine Mutter mit meinem Großvater

– Verlass mich nicht

trotz des verschlossenen Mundes, Sie, ein Idiot, Vater, und da begriff ich, dass es nicht die Kommunisten waren, die den Getreidespeicher angezündet, das Wasserreservoir umgekippt und meinen Großvater getötet hatten, Sie waren es, und nicht mit dem Gewehr, sondern mit der Hacke, die Bauern und die Soldaten und die Küchenangestellten starrten Sie in dem Augenblick stumm an, in dem Sie

– Senhor

mit einer Stimme, die lauter wurde, ohne dass Sie sich des Lauterwerdens bewusst wurden, während Sie die Hacke hoben

– Senhor

Sie niemals

– Vater

Sie immer

– Senhor

aus Unterwürfigkeit, aus Gewohnheit, mein Großvater verspottete Sie

– Es wurde auch höchste Zeit

glaubte Ihnen nicht und verstummte, als die Hacke ihm eine Schulter zertrümmerte, die andere Schulter, ein Bein, beharrlich

– Senhor

immer noch aus Unterwürfigkeit und aus Gewohnheit, mein Großvater

– Was soll das?

und das am Ring festgebundene Pferd wurde vom Geruch der Knochen unruhig, mein Großvater auf Knien im Hof, mein Großvater, auf dem Hof liegend

– Idiot

die Tukane ergriffen die Flucht, einer der Bauern

– Jesus

das Gras neigte sich in schwarzem Raunen, und mein Großvater, mit zerstörtem Gesicht, verspottete Sie

– Idiot

ein Kupferknopf verschloss seinen Hals, mein Vater, ohne die Hacke loszulassen, mit einem letzten

– Senhor

jetzt nicht mehr mit immer lauter werdender Stimme, mit der üblichen Stimme oder mit dem Zittern einer Tasse auf einer Untertasse, falls sie es schaffen würde

– Senhor

um dann erschrocken zu verstummen, die Finger meines Großvaters schlossen und öffneten sich, und mein Vater küsste sie, so wie er sie immer küsste, bevor er sich an den Tisch setzte, ich erinnere mich daran, wie er mich anstarrte, und möchte schwören, dass er mich nicht sah, er sah das

– Senhor

unbeirrbar

– Senhor

erschrocken über die Stille, betrachtete er die Hacke und ließ sie los, mein Großvater ohne jegliche Majestät, ein Auge geöffnet und das andere nicht

– Idiot

nicht

– Komm her

resigniert, er ritt nicht auf einem Pferd wie mein Vater, er ritt auf einem Maulesel, der fast kein Fell mehr hatte und dessen einer Hinterlauf lahmte, der so alt war wie er und imstande, ganz allein mit langsamer Gewissheit die Pfade im Weizen zu finden, wer für uns arbeitete, zog den Hut

– Chef

worauf mein Großvater nicht einmal mit einem Winken antwortete, er stand aufrecht neben dem Zaun und rief den Verwalter, der ihm, die Mütze vor der Brust, zuhörte, während der Maulesel, von den Fröschen der Lagune und den Schlangen beunruhigt, die sich glöckchenzischelnd im Schlamm wanden, die Ohren nach hinten drehte, mein Vater versetzte ihm im Stall einen Fußtritt

– Geh mir aus den Augen

der Maulesel verschwand im Wissen, wer jetzt das Sagen hatte, in Richtung Schilf, und wir haben ihn nie wiedergesehen, es gibt Augenblicke, in denen mir so ist, als würde ich ihn auf dem Dreschplatz sehen, ich öffne das Fenster, aber ich habe mich geirrt, wahrscheinlich haben ihn die Hühnerhunde erlegt, und in den Brombeerbüschen ein halbes Dutzend Knorpel, mein Vater zwischen den Truhen

– Verlass mich nicht

zu einem Pullover und ein paar Röcken, über die mein Großvater spöttisch

– Lumpen

mundlos, und er verspottete die Röcke, so wie er meinen Vater verspottete

– Du warst nie ein richtiger Mann

und mich

– Man sieht gleich nach wem du kommst

mein Großvater, der immer noch in diesem Haus ist, in dem alles fehlt, obwohl es unverändert ist, da sind die Uhr, die Fotos, und er besetzt enttäuscht das Sofa, auf das sich niemand von uns zu setzen wagt

– Wie traurig das hier ist

die Hand streicht über die Stirn und gibt in der Tasche auf, die Schultern sacken ab, bis unvermittelt ein zorniger Befehl

– Nervt mich nicht ihr Idioten

und der Verdacht, dass Tränen, er ist schon auf dem Flur, als er sich schnäuzt, und ich bin sicher, dass

– Mutter

wobei er eines der Fotos meinte, welches weiß ich nicht, welcher Mittelscheitel, welches gebauschte Kleid, einen Maulesel als Gefährten, und das war‘s, ich verstand nur nicht die Kraftlosigkeit und den Verdacht, dass da Tränen waren, ich erinnere mich an eine Kommode mit vielen kleinen Schubladen, in der er die Rechnungen verwahrte, inmitten der Rechnungen Briefe, die nicht einmal mit einer Schleife zusammengebunden waren, eine kindliche Schrift auf Schulpapier, die Bitte um Spielzeug, Buntstifte, Besuche, nicht

– Komm her

keine Frau, Spielzeug, Buntstifte, Besuche, und nach einem förmlichen Abschied am Ende der vollständige Name, wobei ich mir dachte

– Würde ich sie ihm zeigen würde er so tun als sähe er sie nicht

der Maulesel humpelte unter dem Fenster entlang, er allein und dann meine Großmutter

(eine Tasse auf einer Untertasse)

und dann mein Vater, der durch die kleine Stadt galoppiert und die Fenster fragt oder in der Küche hinter den Angestellten her ist, die sich verweigern und sich in der Getreidekiste verstecken, mein Vater, mit dem der Verwalter von gleich zu gleich redet, die Mütze auf dem Kopf, denn es war mein Großvater, der das Sagen hatte, nicht er, der Verwalter, dem meine Mutter gehorchte

– Komm her

selbstverständlich nicht im Haus, sondern in der Kammer mit dem Saatgut, wenn mein Vater in der Stadt war, als könnte er nur in der Stadt lebendig sein, wenn er über den Staub der Toten herrschte

(es gibt Augenblicke, in denen ich mich frage, ob wir nicht alle tot sind außer meinem Bruder, der die Uhr betrachtet, von der das Email der Zahlen mit der Zeit abgefallen ist)

beharrlich

– Verlass mich nicht

nicht mehr zu meiner Mutter, zu mir, der ich ihn beobachtete und nicht den Mut hatte, mich ihm zu nähern, und er unvermittelt

– Senhor

als könnte ihm mein Großvater helfen oder als hätte er ihm irgendwann einmal geholfen, und dennoch war er der einzige Mensch, der ihn retten konnte, auch wenn es nur durch Spott und Verachtung war, die Uhr schreckte für einen Augenblick auf und bewegte dann erneut die Zeiger über einer Abwesenheit von Zahlen, so dass auch die Zeit aufhörte, Mitternacht, siebenundsiebzig Uhr morgens, achtundvierzig Uhr nachmittags, was bedeuten schon die Stunden, in keiner von ihnen regten die Olivenbäume ein Blatt oder erschauerte der Mais, eine Tasse zitterte auf einer Untertasse und ich mit ihr, möglicherweise wollte mein Vater, dass ich das Jagdgewehr oder die Hacke brachte und ihm zu seinem Ende verhalf, ich hörte das Pferd, das versuchte, sich aus dem Ring zu befreien, und einen Frosch, groß wie ein Mann, der ich niemals sein würde, in der Lagune zappeln

(mein Großvater?)

die Pumpe vom Brunnen, in der Rost schwerfällig die Richtung der Stille korrigierte, nicht die Stille der Abwesenheit von Lärm, eine Stummheit, die aus den sich gegenseitig aufhebenden Vibrationen vieler auf einmal redender Menschen entsteht, und wir bemerken nur die Münder, die sie nicht haben, und den Dunst der Erde, der Insekten gebiert, ich stieg, um mich von meinem Vater zu entfernen, die Treppe hinunter

(was empfinde ich für Sie?)

mied das Wohnzimmer, in dem die Tasse wer weiß was erklärte, wer weiß was mitteilte, vor wer weiß was warnte, ein alter Mann erschien unter dem Vordach

– Vorsicht

vielleicht kein Alter, ein Geschöpf, das ich erfunden habe

(erfunden haben muss)

denn es hatte kein Gesicht und löste sich in der Mauer auf, mein Bruder in der Küche, und mein Großvater wurde seinetwegen von Unruhe erfasst, er gab ihm zu essen, half ihm, sich anzuziehen, zwang den Verwalter, die Mütze abzunehmen

– Mein Enkel

regte sich auf, weil er keine Angst vor der Lagune, dem Brunnen hatte

– Wo ist bloß der Junge?

und mein Bruder schüttelte ihn mit dem Arm ab, denn für ihn existiert niemand, wir sind Leute in Bilderrahmen, mit dem Knacken des Fußbodens vermischtes Lächeln, uns gibt es nicht, und daher hat es das, was ich sage, nie gegeben, welches Jagdgewehr denn, welche Hacke, welche Truhen, welche Finger schreiben dies, es bleiben die Tukane der Lagune auf ihrem Weg zur Grenze und mein Großvater, der den Nacken meines Bruders festhält, nicht so, wie er das Handgelenk meiner Mutter festhielt

– Komm her

sondern voll gerührter Fürsorge

– Er wird sich einmal um all das hier kümmern

oder besser gesagt, um Abwesenheiten, und ich fragte mich, warum er nicht mich ausgewählt hat, sich um all das zu kümmern, aus meinem Bilderrahmen den anderen Rahmen Befehle zu geben, und die zu mir

– Senhor

die Mütze vor der Brust, mein Großvater prüfte den Mais, den Weizen und den Zaun, überzeugt davon, dass es Mais und Weizen und ein Zaun waren, und dabei war es nur eine Fläche voller Unkraut, Fliegen in einer Korkeiche und ein Dachs, der sich vor uns in Sicherheit brachte, wenn man auf mich zeigen würde

– Dieser Unglücksrabe kommt nach seinem Vater

will heißen, eines Tages nimmt er das Pferd, das ihm nicht gehorcht, denn nicht einmal mit Tieren kommt er klar, und verschwindet in der kleinen Stadt, ich habe das Tier beim Ring gesucht, und in mir der Jahrmarktschristus gekrümmt an seinen Nägeln

– Verlass mich nicht

die Uhr, die aufhörte, sich zu bewegen, von den Hunden verschonte Hühner, die Steinchen aufpickten, und in der Ferne trieb das Gebirge dahin, mein Bruder zu den Grünalgen des Brunnens gebeugt

– Mein einziger Enkel

voller Neugier für die Gesichtszüge, die ihn ebenfalls neugierig anstarrten, und der einzige Enkel setzte sich zusammen, löste sich auf und setzte sich im Wasser wieder zusammen, mal mit breiten, mal mit schmalen Wangen, Ohren, die ihre Form veränderten, Haar, das immerfort schwebend im Wasser schwamm, anders als das Haar oben, als wäre mein Bruder nur im Brunnen, oder ich hätte ihn in der Hoffnung gestoßen

– Ich bin stärker als du

dass mein Großvater mich hörte, aber er hörte nicht zu, mein Bruder, den ich gestoßen haben musste

(den ich gestoßen habe?)

den ich gestoßen haben musste, bis kein Bild mehr da war, ruhiger Schlamm, Steine, der Brunnen, der, einmal abgesehen von dem, der sich zwischen meinen Großvater und mich stellte, zu nichts nutze war, und ich

(habe ich den ertränkt, der sich zwischen meinen Großvater und mich stellte?)

der Kadaver eines Schafes

(nicht seiner, nicht der von beiden)

bewegte sich auf dem Grund, und die Gaumen des Schafes die meines Bruders, deckungsgleich, Gesichtszüge, die mich emotionslos beobachteten, und ich zu dem Tier, so wie mein Vater zu meiner Mutter

– Verlass mich nicht

wo mich doch alles verlässt, die Küchenangestellten, der Verwalter, es bleiben nur die Gespenster, die mich bei sich haben wollen und sich in einem Rest Gardine um mich streiten, der unablässig meinen Namen ausspricht, es bleiben Zistrosen über Zistrosen bis zu den Felsen im Gebirge und die Hütten der Hirten in den Mulden des Weges, das Pfeifen der Agaven und das metallische Raspeln der Beeren in den Büschen, und da brachte der, der nicht sein einziger Enkel war, den Sattel und das Zaumzeug aus dem Stall und bat

– Verlass mich nicht

nicht eine Frau oder einen Sohn, denn ich bin kein Mann, der es zu einem Sohn bringen würde, sondern ein Pferd, derjenige, der nicht mein einziger Enkel war, ist nicht im Brunnen verschwunden und dabei sollte er verschwinden, was nützt mir ein Idiot, der das Pferd sattelt, das zur Seite springt und zu einem Hufschlag ansetzt, der sich in der Luft auflöst, so wie sich das Haus auflöst, in dem, obwohl es unverändert ist, heutzutage alles fehlt, das Pferd ließ sich schließlich die Decke und den Sattel auflegen, ich entwirrte die Steigbügel, legte ihm das Zaumzeug an und schlug ihm dabei auf den Kopf

(sehen Sie, Großvater, ich bin ein Mann, sagen Sie den Leuten, dass auch ich Ihr Enkel bin, zeigen Sie stolz auf mich

– Der da ist übrigens auch mein Enkel)

das Pferd, das lange braucht, bis es gehorcht, im Hof herumtrabt, weil es an meinen Vater gewöhnt ist, bis es dann doch die Hand spürt, die es am Zügel zieht, ich hätte es gern gerufen, damit Sie

– Auch mein Enkel

und die Freunde mit dem Kupferknopf, der ihnen den Hals verschließt

(ich habe jetzt Lust, Mutter zu schreiben, Mutter, Mutter)

sind mit mir einverstanden, ich verlasse euch

(– Verlass mich nicht)

brauche euch nicht, wozu, wo doch niemand existiert, was mache ich mit Lügen, Erinnerungen, Buntstiften, Spielzeug, sie besuchten mich nie in der Schule der Priester zwischen grauenhaften Frömmlern in der eiskalten Kirche und düsteren Pausen, in denen ein Pater den Rosenkranz durch die Finger gleiten ließ

– Im Hause Gottes wird nicht gelaufen

also standen wir unter den Ulmen und kein Besuch, kein Spielzeug, kein Buntstift, Idioten wie ich, die nie Männer sein würden, und die Schulglocke und das Lernen, ich trabte ums Haus, löste mich von ihm, im Taubenschlag eine Feder, die den Boden streifte, und da war der Brunnen und der einzige Enkel

(– Der da ist übrigens auch mein Enkel)

der bald den Platz des Schafes einnehmen und sich in den Grünalgen auflösen und wieder zusammensetzen würde, damals hatten wir Dutzende davon, als das Haus existierte und wir noch nicht, das Haus ja, riesig, und morgens ein Gespenst am Zaun, das dem Verwalter Anweisungen gab, womöglich keine Anweisungen, womöglich

– Mein Enkel

– Mein einziger Enkel

womöglich

– Er wird sich eines Tages um all das hier kümmern

will heißen um den Müll und die Uhr ohne Zahlen, der die Zeit gleichgültig ist, was bedeutet schon die Zeit, die auch nicht existiert, es existiert die Stille, die nicht einmal die Hufe des Pferdes beleben, und mein Vater dicht am Jahrmarktschristus

– Verlass mich nicht

niemand da, der bei ihm blieb und ihm die Illusion von Gesellschaft gab, wer hat Ihnen bis heute Gesellschaft geleistet, Senhor, nicht meine Mutter, nicht mein Großvater, nicht ich, vielleicht dieses Pferd, Finger, die Sie küssten, bevor Sie sich an den Tisch setzten, nichts, und wozu ein Nichts bitten

– Verlass mich nicht

wenn das Nichts niemals bei Ihnen war, nur Fotos von Geschöpfen, die ebenso unwirklich sind wie wir, mein Bruder begriff, zum Brunnen gebeugt, nicht, wer er war, und mein Großvater zufrieden

– Meine Enkel

bereit, mich zu umarmen, wäre da nicht das Pferd auf dem Weg zum Zaun und durch eine Lücke im Zaun auf dem Weg zur kleinen Stadt, deren Lichter eines nach dem anderen angingen

(wer wohl zündete sie an?)

und Straßen, Pfade zwischen Mauern, der Musikpavillon, der einst wenn auch nur von Spatzen belebt gewesen war, der Esel des Maultiertreibers kam den Hügel herunter, verschwand auf einem Weg, und als ich den Weg hinunterschaute, kein Esel, Hufeisenklappern, das umgehend verklang, ich erinnere mich an meine Großmutter

– Junge

und wie sie sich, dies bereuend, in sich selber einschloss, die Teekanne auf dem Tischchen mit der bodenlangen Decke und der

– Junge

nicht ich, sie fragte sich überrascht

– Junge?

es gelang ihr nicht zu verstehen, was

– Junge

bedeutet, aber machen Sie sich deshalb keine Sorgen, Großmutter, es war das Schaf, das in den Grünalgen seine Stellung wechselte, ein Pullover und ein paar Röcke, die niemand trug, Dinge, aus denen dieses Haus gemacht war, und ich ging durch die Gerste, wo niemals Gerste war, poröse Erde, Ginster, das Gefühl, dass jemand

(mein Vater?)

– Verlass mich nicht

endlich hatte ich Frieden und die Gewissheit, dass die kleine Stadt näher kam, nicht das Pferd, da waren die geöffneten Fenster und das Flattern der Gardinen, die Fotos, die zufrieden auf mich warteten, und indem ich mich zu ihnen gesellte, war auch ich verstorben

(ich war nicht immer verstorben, werde ich nicht immer verstorben sein?)

jemand, den ich nicht kenne, parfümiert die Truhen im oberen Stockwerk eines Ortes, den es nicht gibt.

2

In der kleinen Stadt hörte man die Hufe nicht, obwohl das Pferd weitertrabte, so wie man auch das Klingeln der Steigbügel nicht hörte, die engen Pfade zwischen Mauern wirkten dunkel, trotz des Tages über den Feldern, der vor den ersten Gärten innehielt, wo ein Eimer, eine Gießkanne, eine zerbrochene Schüssel standen, eine Frau sang und verstummte unvermittelt, oder man hatte ihr befohlen zu schweigen, und das Geräusch von Schuhen in einem Haus, gefolgt von dem des Türdrückers, ich hatte mir immer Gespenster anstelle von Menschen vorgestellt, und am Ende waren es Menschen, aber wer, keine Bauern, keine Zigeuner, keine Armen, denn trotz der leeren Fensterhöhlen gab es manchmal in einem Fenster eine Solitärvase oder einen Lüster, ein Mann in einem Hauseingang schaute mich an, war angezogen wie die Verwandten auf den Fotos, und in seinem Gesicht

– Wer ist denn der da?

etwas von meinem Großvater in Nase und Schnurrbart, etwas von mir, der ich nicht weiß, wem ich ähnlich sehe, danach zu urteilen, wie der Körper sich bewegte, ein sehr alter Mann

– Ich glaube ich weiß wer das ist aber es fällt mir nicht ein

eine mit Draht reparierte Brille, die er aus der Tasche zog und sich dabei an den Bügeln verhedderte, er für einen Augenblick ganz wieder da und fragte

– Der Enkel meines Sohnes?

denn man hörte, obwohl es keinen Ton gab, deutlich die Worte, auf einem Tischchen mit bodenlanger Decke eine Keramikkatze, ich erinnere mich daran, wie ich sie mit amputierten Ohren im Keller gefunden habe, hinter ihr lugte eine Dame hervor, der Mann zur Dame

– Findest du nicht?

und das Traben des Pferdes war wieder zu hören, als die Dame

– Ich weiß nicht

ein Milan, zwei Milane in Kreisen und dennoch reglos, wie es bei Milanen üblich ist, die unbewegt schweben, innehalten, zurückkehren, auf- und abfliegen, ohne sich von der Stelle zu rühren, die Erde ist es, sie verändert sich, faltet sich, weitet sich, und sie stehen still, außer es gibt einen Aufruhr von Flügeln und Schnäbeln im Hof, eine kleine Staubwolke, einen umgestoßenen Ziegelstein

(die Dame, die nicht auf die Milane achtete, unschlüssig

– Ich weiß nicht)

und die Milane kletterten, den Kopf zwischen den Schultern, die Luft hinauf, in den Klauen ein Huhn, ich fand heraus, dass sie ihre Nester in Felsen bauen, auf die ich nicht hinaufzuklettern wagte, damit sie nicht auch mich mitnahmen, mir die Federn ausrupften, einmal habe ich einen oben auf dem Schornstein entdeckt, der mich anstarrte, ich habe mich im Feuerholz versteckt

– Ein Milan

eine der Angestellten trat mit dem Fischmesser hinaus unters Vordach, machte vorwurfsvoll kehrt

– Da ist überhaupt kein Milan

und tatsächlich war da kein Milan, das Kleinvieh ruhig, nur der Maulesel schreckte Hunde und Truthähne auf, denn mein Großvater schuf um sich herum eine Aura der Angst

– Chef

(und die Tasse klirrte kräftiger auf der Untertasse, wie war er in meinem Alter, Großmutter?)

die Dame verschwand, ihr Haar richtend, und da erinnerte ich mich an ein Foto, auf dem sie an einem Tisch mit einem Geranienblumentopf lehnte, das Pferd wiegte die Hüfte, spürte die Menschen, denn es war zu der Zeit, in der es weder das Haus noch das Gut noch das gab, was mein Großvater gebaut hat, ein Wogen von Zistrosen, eine Gutshofkapelle ohne Turm und Glocke, und mein Vater beruhigte das Pferd, hinderte es daran, zurückzuweichen, als wäre da Totengeruch, ein weiterer Mann unter einer Art Pergola

– Bist du zurückgekommen?

überzeugt, dass ich ebenso dort hingehörte wie das Röhricht und die Steine, die einen Bach ankündigten, an dem mein Großvater als Kind mich anschaute, ein barfüßiger Junge, der mir gehorchen würde, wenn ich

– Mach dies mach das

einstweilen noch nicht

– Das ist nicht mein Enkel

noch befahl er meiner Mutter

– Komm her

ein kleiner Junge ohne Autorität oder Verwalter, außerstande sich vorzustellen, dass die Hacke meines Vaters ihn von Schulter zu Schulter zerstückeln würde, nicht ich zu ihm

– Senhor

er zu mir

– Senhor

er war am Pferd interessiert, wollte, dass ich es ihm lieh, damit er allein darauf reiten konnte, so wie er später auf dem Maulesel unterwegs sein würde, um die Ernte zu überprüfen, während die Geschöpfe auf den Fotos aus dem Nichts auftauchten, gestärkte Hemdbrüste, altmodische Mantillas, die man nicht einmal mehr auf dem Dachboden fand, Leute, die sich gegenseitig Stück für Stück auseinandernahmen, die da arbeitet, die da nicht, und was bringt es mir, dass sie arbeitet, mehr Lebenszeit wozu, ich schaute staunend den Milanen zu, wie sie sich auf den Eiern aufplusterten oder wie sie mit ruckartigen Bewegungen einen Hahn zerstückelten, in der Ferne der Zug oder das Pfeifen des Buschwerks, und ich beschloss

– Ich gehe weg

blieb aber, denn der Zug war zu weit entfernt und die Grenze hinter der Lagune, aber wo ist die Lagune, wir sprachen von der Lagune, ohne sie je gesehen zu haben, so wie wir von der Grenze sprachen, ohne zu wissen, wo sie lag und was dahinter war

(Steinsäulen mit dem Wappen Portugals und einem Kreuz darauf, Inseln, Statuen?)

eingeschlossen auf dem Landgut und im Haus, das sich verändert hatte, ohne dass ihm etwas fehlte, die Verstorbenen nicht auf dem Friedhof, in der kleinen Stadt, Grabsteine, die niemanden bedeckten außer die Soldaten aus Frankreich, und daher parfümierte meine Mutter

(– Bring morgen deine Sachen ins obere Stockwerk)

die Truhen in irgendeiner Gasse, ihren kleinen Karton bei sich in einer Ecke, sie redete nicht mit uns, sie kümmerte sich nicht um uns, vielleicht würde sie mich jetzt, wo sie gestorben war

– Sohn

nennen, und was konnte sie außer

– Sohn

schon zu mir sagen, was haben wir miteinander gemein, Mutter, was gibt es zwischen uns, ich stieg die Treppe hinauf und blieb an der Tür stehen, ohne dass sie

– Was willst du?

als meine Großmutter zu einem Foto wurde, ein Bild von ihr allein, das lächelte, ganz bestimmt, die Verachtung meines Großvaters

– Die da

wenn er sie an der Wand bemerkte, und meine Großmutter hörte auf zu lächeln, vielleicht hätten wir beide einander verstehen, den Ehemann erwähnen, erklären können

– Er hat alles allein gemacht

den Mais und den Weizen und den Getreidespeicher und das Haus, er flüsterte dem Maulesel etwas zu, und das Tier gehorchte, der Mann unter der Weinpergola

– Er wird eines Tages reich sein

der Milan schrie, und ich rannte stolpernd vom Fuß des Felsens weg, warf Steine um, die bis zum Mittelpunkt der Erde hinabrollten und die auf den Erhebungen im Gras balancierenden Ziegen erschreckten, der zweite Mann zählte, die Hände vervielfältigend, an den Fingern ab

– Vor wie langer Zeit sind wir gestorben?

also bin ich wahrscheinlich auch tot, denn ich verstand ihre Sprache, die Stimmen deutlich in mir, wie sie Finger für Finger die Jahre seit der Beerdigung zusammenzählten, sieben, acht, ich beschloss

– Ich glaube diesen Gespenstern nicht

denn sie lügen böswillig, und doch sind wir genauso verstorben wie sie, der zweite Mann war mit einem Mispelbaum verwoben, so dass seine Finger zu Blättern wurden, und ich

– Er wendet sich nicht an einen Menschen er wendet sich an einen Baum

denn wer garantiert mir, dass die Toten die Dinge nicht durcheinanderbringen und sich bei der Zahl nicht vertun, der Wind brachte den Mispelbaum zum Erschauern, und dreißig Finger, er ging weg, und elf, inmitten der Finger kleine Früchte, die mit süßem Schimmer reiften, wozu dieses Haus, dieser Weizen, diese Treppe, die den Eindruck vermittelte, viele Menschen seien da, dabei war nur ich es, der auf meine Mutter zuging und nie zu ihr gelangte, ich näherte mich dem Duft der Truhen, näherte mich nicht ihr

– Meine Mutter?

und das Rascheln von gewaschener Wäsche, die auf Tabletts zusammengelegt wird, ich sah sie nie zum Landgut herunterkommen, nur wenn die Zigarette des Gehilfen des Verwalters wartete, und dann Steine, die bis zum Mittelpunkt der Erde rollten, wie am Felsen der Milane, und ich eine verschreckte Ziege, die sich mit tanzenden Fußknöcheln an einem Buschwerkswipfel festhielt, ein barfüßiges Kind

(mein Großvater?)

lief durch die Zistrosen, nicht meinem Vater ähnlich, nicht mir ähnlich, verfolgte einen Truthahn

(und eine Frau in Trauerkleidern

– Wo bleibt denn nun dieser Truthahn?)

der gegen eine Art Netz rannte, der zweite Mann wies auf das Kind, während der Wind lautlos in den offenen Fenstern

– Ich habe gehört du bist der Enkel von meinem Neffen

während ich versuchte, mir vorzustellen, wie die Verstorbenen miteinander kommunizieren, aber ich glaube nicht, dass ich Enkel eines Kindes sein konnte, das gerade so groß war und den Truthahn an einem Bein packte und ihn hinter sich herschleifte, ich erinnere mich an die Familie auf den Bildern im Wohnzimmer, die über uns flüsterten, ich hörte meine Großmutter zu sich selber

– Sag nichts

sie, die niemals sprach, sie saß auf dem Stuhl und zog Tage vom Leben ab, vor wie vielen Jahren sind Sie gestorben, Senhora, und die Teekanne mit nichts weiter als einem Restchen Melisse auf dem Grund, die Gardinen der kleinen Fenster beobachteten uns heimlich, meine Großmutter, die, bevor sie bei uns lebte, auch in der kleinen Stadt gewohnt hatte, auf dem Kirchhof mit den Mandelbäumen und den Birken, auf dem die Ziegen sich meckernd durch die Bretterverschläge zwängten, außer den Brettern Hecken, wo die Gemüsegärten endeten, und ein umgekipptes Fuhrwerk, das mich an meinen Vater denken ließ

– Verlass mich nicht

der nicht meine Mutter, sondern mich um Hilfe bat, oder besser gesagt, jemanden, den er nicht sah und den er für meine Mutter hielt, denn ich starrte ihn an, wäre mein Großvater da gewesen

– Nicht mal sterben kannst du Idiot

und auf den Regenrinnen warteten Gänsegeier, die von der Grenze gekommen waren, wo es möglicherweise ein Land wie dieses und einen verbrannten Mähdrescher gab, so groß wie die Milane, aber dicker, kahlköpfig, ich hörte die Schritte des Verwalters auf dem Dreschplatz, und ein Huhn

– Tötet mich nicht

das Pferd schnaubte, als es dessen Todeskampf spürte, presste sich gegen die Reste des Tores, mein Vater, der nie eine Frau, ein Landgut, eine Familie nur für sich gehabt hatte, wohnte mit einer auf einer Untertasse klirrenden Tasse zusammen und Küchenangestellten, die sich hinter der Getreidekiste versteckten

– Umarmen Sie mich nicht was soll das

und der wahrscheinlich auch keine Kinder gehabt hat, er fragte einen Körper, der Truhen parfümierte

– Sind das meine Kinder?

will heißen ich, mein Bruder und die Stille in den Schulpausen, das

– Verlass mich nicht

am Ende zu wem, dem Verwalter, der ihn verachtete, dem von der Hacke zerstückelten Vater oder dem Pferd, das vor Entsetzen wiehernd durch die kleine Stadt galoppierte, vielleicht hassen uns die Verstorbenen, weil wir das behalten, was einmal ihnen gehört hatte, die Köchin, das Besteck, und mein Vater, voller Angst, sie würden ihn in ihre Mitte nehmen

– Jesus Christus

zu einer Jahrmarktspuppe, die außerstande war, Wunder zu tun, er versuchte, sich an ein Gebet zu erinnern, das nicht kam, mein Großvater warf den Pfarrer raus

– Niemand braucht Sie hier auf dem Landgut und was Gott bis heute getan hat mache in Zukunft ich denn ich bin hier auf dieser Welt und ich bin jünger

und der Verwalter brachte ihn auf dem Maulesel zu ein paar vertrockneten Nussbäumen hinter der kleinen Stadt

– Herr Pfarrer

der Pfarrer schaute auf die ohne Eile aus der Tasche erschienene Pistole und auf den Verschluss, der zurückglitt und eine Kugel annahm, suchte nach Hilfe, aber weder Stimmen noch Menschen, ihm war so, als ob ein Hund, aber kein Tier auf den Gassen, nur Echos, das Echo der Nussbaumzweige, ein Schemel, den sie wegschoben, um ihn besser zu sehen, und die Fotos

– Der Pfarrer

wobei der Verwalter sie nicht bemerkte, wie immer im März brodelte die Lagune vor Kaulquappen und unfertigen Bienen, die zu sein lernten, der Pfarrer zum Verwalter

– Was willst du mit der Pistole?

und der Verwalter bekreuzigte sich, nachdem er darum gebeten hatte, ihm die Beichte abzunehmen

– Ihnen helfen den Abgang zu machen Herr Pfarrer

nicht hitzig, respektvoll, denn die Hölle macht Angst, beim ersten Schuss, der gegen das Gatter prallte, erbebte kaum eine Ulme, der Verwalter nahm beim Zielen die andere Hand zu Hilfe

– Sie haben mir doch schon die Absolution erteilt oder?

und schoss mit geschlossenen Augen, spürte, wie der Pfarrer auf die Knie fiel, brachte ausreichend Kraft auf, um die Augen zu öffnen, sah ihn mit dem Gesicht auf der Erde liegen, und da ihm die Absolution erteilt worden war, klappte er das Messer auf und schnitt ihm die Kehle durch, bis er den Widerstand der Wirbel fühlte, dann dachte er nach und tauschte seine Schuhe gegen die des Toten aus, obwohl der linke Fuß schwer hineinging, und jetzt sollen ihn die Wiesel und die Dachse fressen, mein Großvater zornig

– Gib dem Mann die Schuhe wieder damit er im Leben hingehen kann wohin er will

mein Großvater zornig

– Hindere niemals einen Verstorbenen daran herumzugehen wo er will

und der Verwalter kämpfte unter den Nussbäumen mit den Schuhen, beachtete die Bäume nicht, so wie er auch aus Unachtsamkeit den Pfarrer trat, der in der Erde verschwand, und eine Frau mit einer Schüssel, mehr Frauen, ein Alter in einem Schlammberg, der mit ihm einen Körper bildete, die Augenlider schauten heraus und folgten ihm wie die auf den Fotos mit Metallverzierungen, Röschen, Lilien, Mädchen, die an der die Lungenharfe spielenden Schwindsucht gestorben waren, Celeste, Leonora, Angelina, die Sternchen aus Papier ausschnitten und klaglos husteten, sie wurden in kleinen Särgen aus weißem Satin begraben, und die Milane zogen über ihnen ihre stillen Kreise, in welcher Gasse der kleinen Stadt versteckst du dich und starrst mich an, Maria Adelaide, ohne um etwas zu bitten, ohne dich zu beklagen, der Mund zwei zitternde Klöppelspitzen

– Ich fühle mich gut

sie haben mich mitgenommen, dich im Krankenhaus zu besuchen, aber ich erinnere mich nicht an die Station, ich erinnere mich an den Gärtner, der die Beete sprengte, einen Daumen am Ende des Schlauchs, damit sich das Wasser verteilte, an jemanden, der sich schnäuzte, Kekse und Äpfel in einer Pappschachtel wieder mitnahm, und der Gärtner war, ohne diese Person zu beachten, mit einem Stängel beschäftigt, Maria Adelaide mit Zöpfen vorn auf der Brust, und ich in die Zöpfe verliebt, nach der Beerdigung verwahrte die Mutter sie in der Schublade, und das trockene Haar erschauerte, während der Verwalter unter knackenden Nussbäumen dachte, dass es keinen Menschen gab, dem die Schuhe schwerer anzuziehen waren als einem Pfarrer, er musste mit den Fußknöcheln kämpfen, um sie vom Boden hochzuheben, damit der nicht in einen Bilderrahmen hineinging, ihn anklagte

– Dieb

und länger brauchte, um sich an den Tod zu gewöhnen

– Ich habe das Zeitliche gesegnet

wenn er die Erdklumpen sah, aus denen die Haut gemacht war, und wie die Paramente langsam verblassten, eine Eule streifte seinen Nacken und verschwand in einem Schornstein, dem Teile fehlten, mit einer Stimme, die der meines Vaters ähnelte

– Verlass mich nicht

jetzt, wo nur mein Bruder und ich noch in der Küche voreinander sitzend übrig geblieben sind, warten, das Pferd ist am Ring festgebunden, und die Lichter der kleinen Stadt kommen und gehen mit den Wolken, zeigen einen Schuppen, zwei Schuppen, den Schulhof, auf dem der Wind mit einem Stückchen Papier spielte, jetzt lege ich dich hierhin, jetzt lege ich dich dorthin, und das arme Stückchen Papier wirbelte mit den Blättern, bei genauerem Hinsehen war das Papier auch ein Blatt, woher kommen nur die Blätter, denn es gibt hier kaum Büsche, sag mir das mal einer, im Hof wachsen kleine Kakteen zwischen den Fliesen am Boden, im Taubenschlag leichtfüßig ein Fuchs, und oben an der Treppe mein Vater mit seinem Jahrmarktschristus, und das Pferd wartet auf ihn, ich bemerkte, dass mein Bruder mich beobachtete, so wie er sich selber im Brunnen beobachtete, im Köfferchen des Pfarrers die Messgegenstände und der Brief einer Frau mit Blumen darin

(welcher Frau?)

die Schuhe begannen sich in der Erde aufzubrauchen, und bald schon wird ein Bilderrahmen zwischen den restlichen Rahmen den Verwalter anklagen, die Tasse zittert auf der Untertasse, eine Angestellte sammelt Eier in einem Korb ein, und dennoch sind mein Bruder und ich allein im Haus, das sich verändert hat, obwohl es gleich geblieben ist, ein Flehen im Schatten der kleinen Stadt

– Tötet mich nicht

wahrscheinlich ein Bauer, der sich verirrt hat, im Brief im Gepäck des Pfarrers ein Duft ähnlich wie der der Truhen, und doch habe ich meine Mutter nie in der leeren Kirche gesehen

(mein Großvater zum Verwalter

– Der Pfarrer äußert sich gegen uns das geht nicht)