Bad Earth Sammelband 6 - Science-Fiction-Serie - Manfred Weinland - E-Book

Bad Earth Sammelband 6 - Science-Fiction-Serie E-Book

Manfred Weinland

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Beschreibung

Der sechste Sammelband der atemberaubenden Science-Fiction-Serie jetzt zum Supersparpreis

Am Vorabend des Krieges

Cy, der Aurige, und Algorian, der Aorii, haben das Komplott der Jay'nac aufgedeckt und konnten CLARON, die Allianz der organischen Völker, vor den heimtückischen Absichten der Jay'nac warnen. Doch es ist bereits abzusehen, dass die Anorganischen sich dadurch nicht von ihren dunklen Zielen abbringen lassen.

Und als eines Tages ein erster Schatten über Crysral, der Zentralwelt der Allianz, fällt, kommt es zu Ereignissen, die den Beginn des "Großen Krieges" auslösen könnten ...


Bad Earth - das spektakuläre Weltraum-Abenteuer in die Zukunft der Menschheit. Ein atemberaubender Trip in fremde Galaxien, zu epischen Raumschlachten und inmitten eines intergalaktischen Konflikts voller Intrigen.

Die digitale Neuausgabe der Space Opera von Manfred Weinland jetzt endlich auch im Sammelband.

Dieser Sammelband umfasst die Folgen 26 - 30 der Serie Bad Earth.


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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die digitalen Originalausgaben: Copyright © 2017/2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Covergestaltung: © Tanja Østlyngen und Guter Punkt, München www.guter-punkt.de unter Verwendung von Motiven © thinkstock: Aphelleon|PaulFleet|DutchScenery|Zoonar RF ISBN 978-3-7325-8590-8

Alfred Bekker, Susan Schwartz, Marc Tannous

Bad Earth Sammelband 6 - Science-Ficiton-Serie

Inhalt

Alfred BekkerBad Earth 26 - Science-Fiction-SerieAm Vorabend des Krieges Cy, der Aurige, und Algorian, der Aorii, haben das Komplott der Jay'nac aufgedeckt und konnten CLARON, die Allianz der organischen Völker, vor den heimtückischen Absichten der Jay'nac warnen. Doch es ist bereits abzusehen, dass die Anorganischen sich dadurch nicht von ihren dunklen Zielen abbringen lassen. Und als eines Tages ein erster Schatten über Crysral, der Zentralwelt der Allianz, fällt, kommt es zu Ereignissen, die den Beginn des "Großen Krieges" auslösen könnten ... Bad Earth - das spektakuläre Weltraum-Abenteuer in die Zukunft der Menschheit. Ein atemberaubender Trip in fremde Galaxien, zu epischen Raumschlachten und inmitten eines intergalaktischen Konflikts voller Intrigen. Die digitale Neuausgabe der Space Opera von Manfred Weinland jetzt endlich und nur als eBooks erhältlich. Jetzt herunterladen und sofort loslesen!Jetzt lesen
Susan SchwartzBad Earth 27 - Science-Fiction-SerieFlucht aus der Magellanschen Wolke Die RUBIKON II verlässt das Sonnensystem mit Kurs auf die Ewige Stätte im Zentrum des Aqua-Kubus. Dort angekommen, vollzieht sich ein jahrtausendealter Plan. Überragende außerirdische Technologie kommt zum Einsatz und multipliziert die Arche der Foronen. Aus dem kampfstarken Wunderschiff werden plötzlich Dutzende baugleiche Giganten ... Doch wie ist das möglich? Wie entstand dieser riesige Kubus, diese unglaubliche Schiffswerft? Und welche Ziele verfolgen die Foronen mit ihrer neugewonnenen Flotte? Bad Earth - das spektakuläre Weltraum-Abenteuer in die Zukunft der Menschheit. Ein atemberaubender Trip in fremde Galaxien, zu epischen Raumschlachten und inmitten eines intergalaktischen Konflikts voller Intrigen. Die digitale Neuausgabe der Space Opera von Manfred Weinland jetzt endlich und nur als eBooks erhältlich. Jetzt herunterladen und sofort loslesen!Jetzt lesen
Bad Earth 28 - Science-Fiction-SerieSie erschufen die Ewige Stätte - und kannten keine Skrupel Noch immer befinden sich Cloud, Scobee und Jarvis unfreiwillig an Bord der RUBIKON II, inmitten von Tovah' Zara. Dort erzählt das sonderbare Wesen Taurt fort, wie es zur Entstehung des Aqua-Kubus kam - und von der Rolle, die die Foronen dabei spielten. Die Stimmung an Bord ist angespannt. Wie wird es weitergehen? Welche weiteren Pläne verfolgen die Foronen? Da verlässt die Flotte der Giganten den Aqua-Kubus. Doch mit welchem Ziel? Bad Earth - das spektakuläre Weltraum-Abenteuer in die Zukunft der Menschheit. Ein atemberaubender Trip in fremde Galaxien, zu epischen Raumschlachten und inmitten eines intergalaktischen Konflikts voller Intrigen. Die digitale Neuausgabe der Space Opera von Manfred Weinland jetzt endlich und nur als eBooks erhältlich. Jetzt herunterladen und sofort loslesen!Jetzt lesen
Bad Earth 29 - Science-Fiction-SerieDie RUBIKON strandet im Nichts Die RUBIKON II ist gestartet, um die Milchstraße mit Ziel Große Magellansche Wolke zu verlassen. Von dort flohen die Foronen einst vor einem unbarmherzigen Feind. Doch der Weg dorthin ist weit, und noch vor Erreichen des eigentlichen Leerraumes zwischen den Galaxien, bremst das Rochenschiff völlig unerwartet immer weiter ab. Was ist die Ursache? Ist es ein Angriff? Selbst die Foronen scheinen besorgt, denn ohne intaktem Antrieb am Rande der Galaxis, sind sie gestrandet im Nichts ... Bad Earth - das spektakuläre Weltraum-Abenteuer in die Zukunft der Menschheit. Ein atemberaubender Trip in fremde Galaxien, zu epischen Raumschlachten und inmitten eines intergalaktischen Konflikts voller Intrigen. Die digitale Neuausgabe der Space Opera von Manfred Weinland jetzt endlich und nur als eBooks erhältlich. Jetzt herunterladen und sofort loslesen!Jetzt lesen
Marc TannousBad Earth 30 - Science-Fiction-SerieDie Macht der Pflanzen Nachdem John Cloud und seine Gefährten erste Hinweise auf das geheimnisvolle Antriebsprinzip der RUBIKON II erfahren haben, setzt das Schiff die lange Reise fort. Es gilt, einen Abgrund von 185.000 Lichtjahren zu überwinden. Doch die Einsamkeit des sternlosen Raumes macht besonders einem zu schaffen: Jelto. Und während Scobee und Jarvis die Arche der Foronen erkunden, fällt der Florenhüter in seine schwerste Krise ... Bad Earth - das spektakuläre Weltraum-Abenteuer in die Zukunft der Menschheit. Ein atemberaubender Trip in fremde Galaxien, zu epischen Raumschlachten und inmitten eines intergalaktischen Konflikts voller Intrigen. Die digitale Neuausgabe der Space Opera von Manfred Weinland jetzt endlich und nur als eBooks erhältlich. Jetzt herunterladen und sofort loslesen!Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Über diese Folge

Über die Autoren

Was bisher geschah

Impressum

Schatten über Crysral

In der nächsten Folge

Über diese Folge

Folge 26: Schatten über Crysral

Am Vorabend des Krieges

Cy, der Aurige, und Algorian, der Aorii, haben das Komplott der Jay’nac aufgedeckt und konnten CLARON, die Allianz der organischen Völker, vor den heimtückischen Absichten der Jay’nac warnen. Doch es ist bereits abzusehen, dass die Anorganischen sich dadurch nicht von ihren dunklen Zielen abbringen lassen.

Und als eines Tages ein erster Schatten über Crysral, der Zentralwelt der Allianz, fällt, kommt es zu Ereignissen, die den Beginn des »Großen Krieges« auslösen könnten …

Bad Earth – das spektakuläre Weltraum-Abenteuer in die Zukunft der Menschheit. Ein atemberaubender Trip in fremde Galaxien, zu epischen Raumschlachten und inmitten eines intergalaktischen Konflikts voller Intrigen.

Über die Autoren

Manfred Weinland schrieb bereits für renommierte Serien wie Perry Rhodan Taschenbuch, Ren Dhark, Maddrax, Dino-Land, Jerry Cotton, Gespenster Krimi, Professor Zamorra u.a., ehe er das Konzept für die Serie Bad Earth ausarbeitete. Zusammen mit Erfolgsautoren wie Alfred Bekker, Luc Bahl, W. K. Giesa, Peter Haberl, Horst Hoffmann, Claudia Kern, Achim Mehnert, Susan Schwartz, Conrad Shepherd, Marc Tannous, Michael Marcus Thurner und Marten Veit, die ebenfalls alle bereits jahrelange Erfahrung im Schreiben von Science-Fiction-, Action- und Abenteuer- oder Horrorromanen haben, gelang eine ebenso spannungsgeladene wie komplexe Science-Fiction-Serie, die sich einem Thema widmet, das alle interessiert: Der Zukunft der Erde und der Menschheit.

Was bisher geschah

Das Jahr 2252 ist eine düstere Zeit, in der die Menschen Erinjij – »Geißel der Galaxis« – genannt werden und sich hemmungslos über den Orion-Arm der Milchstraße ausbreiten. Dabei annektieren sie auch Welten, die bereits von anderen intelligenten Geschöpfen bewohnt sind oder in Besitz genommen wurden.

Die irdischen Astronauten John Cloud und Scobee hat es aus dem Jahr 2041 in diese Zukunft verschlagen – im Zuge einer von den Keelon initiierten Invasion der Erde und des gesamten Solaren Systems.

Seither regieren die Keelon-Master auf der fremd gewordenen, hinter einem Schattenschirm verborgenen Erde – und bedrohen den Frieden der ganzen bekannten Galaxis.

Widerstand leistet die Allianz CLARON – ein Bündnis aus sechs Hauptvölkern, die allesamt organischer Natur sind. Ihnen gegenüber stehen neben den Erinjij die Jay’nac, anorganische Intelligenzen, die inzwischen als Kriegstreiber entlarvt sind … und die offenbar beabsichtigen, CLARON mit geklonten Kopien seiner Anführer zu unterwandern.

Cy, der Aurige, und Algorian, der Aorii, haben das Komplott der Jay’nac aufgedeckt und CLARON warnen können. Doch es ist abzusehen, dass die Anorganischen sich dadurch nicht von ihren dunklen Zielen abbringen lassen.

Und tatsächlich fällt eines Tages ein erster Schatten über Crysral, die Zentralwelt der Allianz. Es kommt zu Ereignissen, der den von den Jay’nac offenbar begrüßten »Großen Krieg« auslösen könnten …

Alfred Bekker

Schatten über Crysral

Ein unruhiges Zittern erfasste Kerrghs grazilen Körper. Es war eine Reaktion der Nerven, die höchste emotionale Erregung signalisierte. Allzu lange hatte Kerrgh Fassung bewahren und den wahren Zustand seiner Seele verschleiern müssen.

Er war schließlich der Erste der Rogh.

Der oberste Repräsentant eines der sechs galaktischen Völker, die sich in der Allianz CLARON zusammengeschlossen hatten.

Die Rogh waren von ausgesprochen filigraner, zartgliedriger Gestalt mit großen, beinahe durchsichtigen Flügeln. Die Erinjij verglichen sie mit kleinen, harmlosen Tierchen ihres Heimatplaneten – mit Schmetterlingen.

Doch trotz der Tatsache, dass sie auf Angehörige anderer Spezies sehr zerbrechlich wirkten, wussten sich die Rogh durchaus ihrer Haut zu wehren und verfügten über eine Flotte von bewaffneten, zylinderförmigen Raumschiffen. Einen mehrere Dutzend Lichtjahre durchmessenden Raumsektor um die Heimatwelt Farsal herum hatten sie unter ihrer Kontrolle. Stützpunkte und Kolonien befanden sich auf einer ganzen Reihe von Planeten.

Aber das Volk der Rogh stand jetzt an einem Wendepunkt in seiner Entwicklung. Genau wie die gesamte Allianz CLARON.

Die Krise stand unmittelbar bevor.

Kerrgh spürte es mit jeder Faser seines zerbrechlich wirkenden Körpers. Auch wenn viele in seinem Volk sich vor dieser Erkenntnis noch drückten – es half nichts, die Augen vor dem Unvermeidlichen zu verschließen.

Kerrgh stieß ein paar Töne im Hochfrequenz-Bereich aus, die nicht einmal das feine Gehör eines Rogh noch wahrzunehmen vermochte. Allerdings hatten diese unhörbaren Laute eine beruhigende Wirkung auf die Psyche. Sie waren Teil eines Rituals der Arrlagh-Meditationsschule. Es war üblich, dass die geistige und politische Elite von Farsal bei Arrlagh-Lehrern die Kunst der Selbstbeherrschung gelernt hatte. Mit Hilfe bestimmter Übungen und Rituale sollte unter höchster psychischer oder physischer Belastung ein Zustand des Gleichgewichts erreicht werden. Ein Nebeneffekt war die weitgehende Beherrschung äußerlich sichtbarer Anzeichen emotionaler Regungen. Die Veränderungen der Flügelfärbung gehörten dazu.

Kerrgh trat an die von innen durchsichtige Wand seiner Residenz. Seine langen, sehr dünnen Bein-Extremitäten verliehen ihm dabei ein erstaunliches Maß an Stabilität.

Die Residenz des Ersten der Rogh lag hoch über As-Farsal.

»Perle von Farsal« – so könnte man diesen Namen übersetzen.

As-Farsal war die größte und bedeutendste Stadt auf der Heimatwelt der Rogh. Die kokonartigen Gebäude waren nahezu perfekt an die natürliche Umgebung angepasst.

Der einzige Kontinent Farsals war zum Großteil mit dichtem Dschungel bedeckt. Die Luftfeuchtigkeit war enorm, und der hohe Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre sorgte für einen beträchtlichen Treibhauseffekt. Die Vegetation neigte unter diesen Bedingungen zu Riesenwuchs. Bäume von bis zu dreihundert Metern Höhe waren durchaus keine Seltenheit.

Die kokonartigen Gebäude der Rogh hingen wie reife Früchte von den gewaltigen Ästen dieser aus extrem hartem Holz bestehenden Bäume. Manche von ihnen konnten bis zu zwanzigtausend Umkreisungen der Sonne alt werden, die wie ein verwaschener Lichtfleck durch die Wolken hindurchleuchtete.

Ka-La-Farsal wurde sie in der Sprache der Rogh genannt. Das große Licht von Farsal.

Im Gegensatz dazu gab es in der Nacht die kleinen Lichter von Farsal. So bezeichneten die Rogh sowohl die drei bei Nacht sichtbaren Monde ihres Heimatplaneten als auch den Nachbarplaneten Tasaragh, der von Farsal aus wie eine gewaltige tiefblau leuchtende Scheibe wirkte.

Außer den Nachtmonden besaß Farsal auch noch drei Trabanten, die vom Tageslicht überstrahlt wurden und daher unsichtbar waren.

Sämtliche Planeten und Monde des Heimatsystems der Rogh wurden durch röhrenartige Konstrukte miteinander verbunden. Die sechs Monde umliefen Farsal deshalb in geostationären Bahnen, die die Rogh vor langer Zeit mit großem technischem Aufwand synchronisiert hatten.

Die Umlaufgeschwindigkeit der anderen Planeten des Systems war ebenfalls an Farsals Umlauf um seine Sonne angeglichen worden.

Gemeinsam umkreisten sie ihr Zentralgestirn Ka-La-Farsal.

Die Verbindungen zu den Trabanten und Nachbarwelten waren nicht fest verankert. Die röhrenartigen, aus einem überraschend dünnen, karbonartigen Material bestehenden Bauwerke waren durch ein Energiefeld mit der Planetenoberfläche verbunden. Durch Eigenrotation wanderten sie und erschienen Tag für Tag zur gleichen Uhrzeit wieder exakt am selben Ort. Durch diese Verbindungen verkehrte eine Art interplanetarer Rohrpost. Es gab Fracht- und Personenkabinen, die unablässig zwischen den einzelnen Welten hin und her pendelten.

Yrgadh nannten die Rogh diesen Weltenverbund.

Ein Begriff, den bisher niemand wirklich zufriedenstellend in eine der anderen Allianz-Sprachen hatte übersetzen können.

Er bedeutete gleichermaßen so etwas wie System, Verbund, aber auch Heimat oder vertrauter Kokon – und noch etwas ganz anderes, was sich Nicht-Rogh nicht einmal vorzustellen vermochten.

Kerrgh ließ den Blick über die Stadt schweifen. Seine Residenz hing am höchsten Ast eines besonders großen Urwaldriesen. Gut sechshundert Meter ragte dieser fast hundert Meter durchmessende Stamm empor und war damit selbst für farsalische Verhältnisse von außergewöhnlicher Größe. Nirgends in As-Farsal gab es einen Punkt, von dem aus man eine bessere Sicht über die gesamte Stadt gehabt hätte.

Ein Rascheln erfüllte die Luft.

Sensoren übertrugen dieses Geräusch ins Innere der Residenz.

Der Erste der Rogh wollte es so.

Es beruhigte ihn zusätzlich.

Ist es nicht paradox?, überlegte er. Einerseits möchte ich allein sein, um durch die Rituale der Arrlagh-Meditation neue Kraft für die vor mir liegenden Aufgaben und Prüfungen zu schöpfen – andererseits hole ich mir per Sensorschaltung »das Rascheln« in meine Einsamkeit.

Das Rascheln wurde einerseits durch die Blätter verursacht, die der leichte Nordwest-Wind bewegte. Andererseits gab es Hunderttausende von Rogh-Flügeln, die diesem Rascheln eine spezielle Note hinzufügten. Es wimmelte nur so von schmetterlingshaften Rogh, die von einem Gebäude zum anderen flogen.

Das Rascheln war für einen Rogh nicht einfach irgendein Geräusch. Schon gar nicht für Anhänger der Arrlagh-Meditationsschule. Das Rascheln hatte eine spirituelle Bedeutung. Es versicherte einem Rogh die Anwesenheit seiner Artgenossen und vermittelte dadurch ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Rogh, die auf einsamen Stützpunkten, draußen im All ihren Dienst tun mussten und nur Kontakt zu einer Handvoll Crewmitglieder hatten, ließen sich das Rascheln per Hyperfunk übertragen. Tonträgeraufzeichnungen kamen dafür nicht infrage. Um das richtige Gefühl zu erzeugen, musste das Rascheln live aus einer der Städte auf Farsal übertragen werden. Notfalls taten es auch Sendungen von anderen Welten, die zum Weltenverbund des Yrgadh gehörten.

Kerrgh blickte nach Westen.

Ein Gebilde, das zunächst wie ein gewaltiger Strich aussah, den jemand in den Himmel hineingemalt hatte, näherte sich und wurde rasch größer.

Die Verbindung nach Tasaragh, erkannte Kerrgh sofort.

Pünktlich wie stets. Das Energiefeld, das die interplanetare Röhrenverbindung an die Oberfläche Farsals band, ließ die Vegetation am Boden vollkommen unbeschadet. Es strich über die Oberfläche wie ein heftiger Wind. In den Wanderschneisen der interplanetaren Fahrstühle befanden sich selbstverständlich keine Siedlungen.

Kerrgh beobachtete, wie der Fahrstuhl nach Tasaragh sich immer weiter näherte.

In der Umgebung stiegen mit Antigravaggregaten ausgestattete Gleiterkabinen empor und verschwanden nach und nach in der Öffnung des Fahrstuhls. Aus derselben Öffnung kamen im Gegenzug Dutzende von Kabinen ins Freie und landeten nach kurzem Flug in der Umgebung.

Wir sind ein Teil der Natur geblieben, trotz all des technischen Fortschritts, den wir erreicht haben!, ging es Kerrgh durch den vergleichsweise winzigen Kopf, der auch keineswegs seine gesamte Gehirnmasse beherbergte. Aber nun steht unsere Zivilisation am Scheideweg …

Die Rogh hatten sich der Allianz CLARON angeschlossen, um Schutz vor den aggressiven Erinjij zu erhalten, jenen vollkommen rücksichtslosen Eroberern, die sich ein Planetensystem nach dem anderen einverleibten. Ihre Eroberungsgier schien dabei keine Grenze zu kennen. Kein noch so geschickter diplomatischer Schachzug konnte sie stoppen. Außerdem waren sie die Einzigen, die bislang die Wurmloch-Passage von Raumschiffen beherrschten.

Diese Technologie brachte sie gegenüber allen anderen bekannten organischen Lebensformen in Vorteil.

Zwar waren die Erinjij dadurch nicht schneller als zum Beispiel die Rogh-Raumer, doch es war auch nicht möglich, sie zu verfolgen und die Koordinaten ihres Heimatsystems zu erfahren. Bislang war es der Allianz nicht gelungen, die Technik der Wurmloch-Passage zu kopieren oder wenigstens eines der Erinjij-Schiffe in ihre Hände zu bekommen. Lieber vernichteten sich die skrupellosen Eroberer selbst, bevor sie es zuließen, dass ihre Technik in die Hände ihrer Gegner geriet.

Gut dreißig Farsal-Jahre lang suchte diese Pest nun schon das Universum heim. Und die Vorstöße der Erinjij wurden immer dreister.

Einen Planeten nach dem anderen verleibten sich die unersättlichen zweibeinigen Eroberer ein, und es schien niemanden zu geben, der willens oder in der Lage war, ihnen Einhalt zu gebieten.

Seit einiger Zeit existierte etwa zwanzig Lichtjahre von Farsal entfernt eine Wurmloch-Passage der Erinjij, durch die bereits große Truppenverbände geschleust worden waren.

Lange Zeit war die Gefahr durch die Erinjij für die meisten Rogh etwas Abstraktes gewesen. Ein weit entfernter Schatten, der sich nur langsam näherte und dessen Existenz sich zwischenzeitlich immer wieder aus dem Bewusstsein drängen ließ.

Aber diese Zeiten waren vorbei.

Die Gefahr manifestierte sich jetzt in unmittelbarer Nähe jener Zone, die die Rogh als ihr Einflussgebiet definiert hatten. Mehrere Planetensysteme hatten die Eroberer bereits an sich gerissen. Jegliche Proteste und diplomatische Annäherungsversuche waren ungehört verhallt. Die Erinjij setzten ihre Eroberungspläne ohne den Hauch irgendeiner Rücksicht in die Tat um. Sie waren davon überzeugt, dass sie ihren Gegnern überlegen waren und niemanden zu fürchten brauchten.

Es gab vereinzelt Stimmen in der Allianz, die sich für ein entschiedenes militärisches Auftreten gegenüber den Erinjij aussprachen. Auch im Rat der Rogh waren solche Stimmen inzwischen laut geworden.

Aber sie waren weit davon entfernt, die Mehrheitsmeinung zu repräsentieren. Die Rogh waren ein Volk, das Gewalt in jedweder Form zutiefst verabscheute. Die militärischen Kräfte waren weitgehend defensiv ausgerichtet und für machtpolitische Muskelspiele nur bedingt geeignet.

Der Rat belügt sich selbst, dachte Kerrgh und seine Fühler bewegten sich dabei leicht. Die Tatsache, dass die Erinjij bislang lediglich Planeten besetzt haben, auf denen es keine Rogh-Siedlungen gibt, sollte uns nicht in trügerischer Sicherheit wiegen …

Das Interkomsystem meldete sich mit einem Summton.

»Der Erste der Rogh ist in seiner heiligen Zeit ansprechbar«, sagte Kerrgh und sprach damit eine rituelle Formel aus, die gleichzeitig das Interkom aktivierte.

Heilige Zeit war die Rogh-Bezeichnung für Zeitspannen, die nicht von Arbeit oder Schlaf erfüllt waren. Zeiten, die, nach allgemein unter den Rogh verbreiteten Ansicht, der mentalen Regeneration und der Meditation gewidmet werden sollten. Jemanden während seiner heiligen Zeit anzusprechen oder gar mit einem dienstlichen oder geschäftlichen Anliegen zu belästigen, wurde normalerweise als Sakrileg angesehen.

In der Position des ersten Rogh konnte man das Privileg einer unantastbaren heiligen Zeit natürlich nur eingeschränkt in Anspruch nehmen. Schließlich musste Kerrgh im Ernstfall jederzeit erreichbar sein. Mochte sich das auch noch so sehr mit den Traditionen sämtlicher Rogh-Meditationsschulen beißen.

Aber diesen Besucher hatte Kerrgh erwartet.

»Hier spricht Shatragh, dein Meister, der dir den Weg in die Harmonie deiner Heiligen Zeit zeigen wird«, kam die ebenfalls formelhafte Erwiderung über den Interkomlautsprecher.

»Tritt ein, Meister Shatragh!«, forderte Kerrgh sein Gegenüber auf.

Eine Schiebetür öffnete sich. Dahinter lag ein röhrenartiger Gang.

Ein Rogh schwebte herein. Er trug das traditionelle Purpur-Gewand der Arrlagh-Meditationsschule. Er war gekommen, um mit Kerrgh einige der Meditationsübungen der Arrlagh-Schule durchzuführen.

Die Flügelmembrane des Meisters hatte ein verwaschenes Muster aus ineinander laufenden Pastelltönen angenommen. Das äußere Zeichen innerer Harmonie und Ausgeglichenheit.

Und Kontrolle, überlegte Kerrgh.

Denn um die Kontrolle seines Selbst ging es letztlich in den Lehren sämtlicher Rogh-Meditationsschulen. Das Ziel war die absolute Selbstbeherrschung in Harmonie mit der Umgebung. Die nahezu perfekt ihrer Umwelt angepassten Siedlungen und Städte der Rogh waren wie ein Spiegelbild dieses Ideals.

Meister Shatragh ließ sich auf dem Boden nieder. Die aus hauchdünner Membran bestehenden Flügel stellten ihre Bewegungen ein und wurden leicht nach hinten geklappt. Die Bewegungen, mit denen Meister Shatragh sich auf seinen Gastgeber zubewegte, waren federnd.

Der Purpurgekleidete neigte Kopf und Fühler. »Sei gegrüßt, Erster unter den Rogh.«

»Ich grüße dich ebenfalls, Meister Shatragh.«

»Du hast nach mir gerufen.«

»Ich nehme an, du kennst den Grund dafür.«

»Gewiss. Du wirst in nächster Zeit viel Kraft brauchen, Erster der Rogh.«

Kerrgh bewegte bestätigend die Fühler. »Unser Rat findet es wichtiger, über die Frage zu debattieren, ob das volle Bürgerrecht nicht bereits im Raupenstadium verliehen werden muss!«

»Die Frage der Raupen-Emanzipation ist ein alter Streitpunkt«, erwiderte Meister Shatragh.

»Angesichts der Gefahr, in der sich unser Volk befindet, ist es geradezu lächerlich. Es gibt zu viele, die ihre Fühler ins Moos stecken …«

Kerrgh führte Meister Shatragh zu einer Sitzmatte, wie sie bei den Rogh üblich war. Dort ließen sich beide nieder.

»Die heilige Zeit ist ein kostbares Gut, Erster unter den Rogh«, mahnte Shatragh.

»Du sagst es!«

»Verschwende sie nicht mit Gedanken an die Politik, so drängend dir die damit zusammenhängenden Probleme auch erscheinen mögen.«

»Ich werde es versuchen«, versprach Kerrgh.

»Du wirst die innere Kraft brauchen, um jene Prüfungen zu bestehen, denen du entgegensiehst.«

»Ich weiß.«

Die nächsten Ratsversammlungen zählte Kerrgh ebenso zu diesen Prüfungen, wie seine nächste Reise nach Crysral, der Zentralwelt der Allianz CLARON. Sobald sich die Krise zuspitzte, würde man ihn dorthin rufen.

Kerrgh versuchte, die Gedanken von allem Ballast zu befreien.

Aber es wollte ihm nicht gelingen.

Wertvolle heilige Zeit verrann.

Dann ertönte erneut der Summton des Interkom.

Das Signal hatte diesmal eine andere Tonhöhe, was dem Ersten der Rogh sofort deutlich machte, dass es sich um eine Alarmmeldung der Prioritätsstufe eins handelte.

Eine Projektion wurde automatisch aktiviert.

Das dreidimensionale holografische Abbild eines Rogh in Raumflottenuniform erschien mitten im Raum. Deutlich trug er das Abzeichen der Allianz CLARON. »Hier spricht Kommandant Trarigh.«

Kerrgh wandte den Kopf in Richtung der Projektion.

»Was ist los, Kommandant?«, fragte er ihn, um gleich zur Sache zu kommen. Es musste etwas Außergewöhnliches geschehen sein. Andernfalls wäre er niemals während seiner heiligen Zeit mit dieser holografischen Botschaft belästigt worden.

»Die Erinjij haben das Marala-System angegriffen! Der Kontakt zu unserem Stützpunkt ist abgebrochen.«

Die Fühler des ersten Rogh erstarrten für einen Moment. Der Rotton seiner Flügelmembran wurde deutlich dunkler.

»Irgendwann musste das ja kommen!«, stieß Kerrgh hervor.

***

»Kontaktversuch mit dem Hauptquartier gescheitert!«, meldete Suarrgh, der Kommunikationsoffizier des Rogh-Stützpunkts auf Pa-Marala, dem vierten Planeten des Marala-Systems.

Die Flügelmembrane des Stützpunktkommandanten Lerrogh war dunkelrot. Er starrte auf die Projektionen, die den Angriff der Erinjij zeigten. Über ihre nahe gelegene Wurmloch-Basis konnten sie jede beliebige Menge an Nachschub herbeischaffen. Ihre Raumschiffe schwebten über allen wichtigen Städten der reptiloiden aber warmblütigen Ureinwohner des Planeten.

Die Rogh bezeichneten sie aufgrund ihrer schuppigen Haut als Sharaj – die Gepanzerten.

Die Sharaj lebten in oft untereinander verfeindeten Staatsverbänden und waren gerade dabei, zu erkennen, dass Pa-Marala keine Scheibe, sondern eine Kugel war. Erste Feuerwaffen waren entwickelt worden, mit denen die Anhänger des Sonnengottes ihren Glauben zu verbreiten versuchten.

Den Invasoren konnten sie natürlich keinerlei nennenswerten Widerstand entgegensetzen.

Die Begegnung mit den Erinjij musste ein kulturhistorischer Schock für die Reptiloiden sein. An die Möglichkeit, dass es Leben auf fernen Sternen gab, hatte auf Pa-Marala noch nie jemand gedacht. Für die Sharaj waren die Sterne nichts anderes als Lichter, die der Sonnengott erschaffen hatte, um auf Pa-Marala die Nacht zu erhellen.

Der Rogh-Stützpunkt, den es seit etwa 50 Farsal-Jahren auf Pa-Marala gab, war stets getarnt gewesen. Die intelligenten Ureinwohner des Planeten ahnten nichts davon, dass eine andere Spezies einen Beobachtungsposten auf dieser Welt unterhielt.

Die Rogh folgten einer Doktrin, die für alle Angehörigen der Allianz CLARON galt. Danach konnten von intelligenten Spezies besiedelte Welten nicht einfach besetzt und kolonisiert werden. Vielmehr wurde jeder Spezies ein Recht auf eigenständige Evolution zugesprochen. Dieses Recht zog natürlich weitreichende Einschränkungen im Handel und im Technologietransfer nach sich.

Einschränkungen, die so weit gehen konnten, dass in Einzelfällen sogar jedwede Kontaktaufnahme unterbleiben musste, da sie einen zu starken Eingriff in die kulturelle Evolution des jeweiligen Planeten darstellte.

Die Erinjij waren in dieser Hinsicht weit weniger rücksichtsvoll.

Stützpunktkommandant Lerrogh ließ sich auf der Sitzmatte des Kommandanten nieder. Noch immer betrachtete er schweigend die verschiedenen Projektionen. Hunderte von Beobachtungssonden sandten diese Aufnahmen zum Stützpunkt, sodass sich für dessen Besatzung ein ziemlich genaues Bild der planetaren Lage ergab.

»Es wird nicht einmal Stunden dauern, bis die Erinjij Pa-Marala unter ihre Kontrolle gebracht haben!«, stellte Lerroghs Stellvertreter Quossrrgh fest.

Kommandant Lerrogh konnte dem nicht widersprechen.

Der Stützpunkt lag zwar in einer entlegenen Gegend, weit ab der großen Sharaj-Metropolen. Aber es war dennoch nur eine Frage der Zeit, wann die Erinjij den Stützpunkt entdeckten. Da half auch die relativ ausgefeilte Tarn-Technik der schmetterlingshaften Rogh auf die Dauer nicht weiter. Den Erinjij standen Mittel und Wege zur Verfügung, die Tarnung der Station zu überwinden. Schließlich gab es genügend verräterische Emissionen.

Zur Station gehörte ein unterirdischer Hangar mit zwei kleinen zylinderförmigen Raumschiffen.

Aber um diese zu starten, war es jetzt zu spät.

Ein im Orbit befindliches Beobachtungsschiff der Rogh war von den Invasoren ohne Vorwarnung abgeschossen worden.

Dasselbe galt für den Satelliten, über den normalerweise die Kommunikation mit Farsal abgewickelt wurde. Es war anzunehmen, dass den im Stationshangar befindlichen Raumern dasselbe Schicksal drohte, sobald sie den Tarnschirm verlassen hatten.

»In Kürze werden die Invasoren damit beginnen, intensiv nach uns zu suchen«, vermutete Quossrrgh. »Was werden wir dann tun, Kommandant?«

»Uns so gut wie möglich verteidigen«, erwiderte Kommandant Lerrogh. »Ansonsten müssen wir auf Hilfe von außen hoffen.«

»Eine Art Geleitschutz für die beiden Raumer im Hangar?«

»Ja«, stimmte Lerrogh zu.

Quossrrgh blieb skeptisch. Er ließ sich auf der Sitzmatte des stellvertretenden Kommandanten nieder. Auf der Matte gab es ein Sensorfeld. Quossrrgh berührte es und aktivierte damit eine holografische Konsole.

Der Blick von Kommandant Lerrogh war hingegen auf eine der Drei-D-Projektonen gerichtet. Die Bilder wiederholten sich. Erinjij-Schiffe schwebten über den Städten der Reptiloiden. Unter Sharaj breitete sich Panik aus. Die meisten von ihnen glaubten, dass sie sich den Zorn des Sonnengottes zugezogen hatten, der nun seine furchtbaren Heerscharen aussandte, um die Ungehorsamen zu strafen.

Sturmshuttles wurden ausgeschleust.

Sie trafen auf keinerlei ernst zu nehmenden Widerstand, landeten an strategisch wichtigen Plätzen und schleusten Truppen aus.

Die Übertragungen der Rogh-Sonden zeigten, wie schwer bewaffnete Erinjij-Raumsoldaten ausschwärmten. Sie trugen Strahlwaffen im Anschlag.

Sofern vereinzelte Sharaj es wagten, mit ihren primitiven Waffen Widerstand zu leisten, wurde rücksichtlos von der Waffe Gebrauch gemacht. Hier und da blitzten Strahlschüsse auf. Mit Schwertern, Äxten und Armbrüsten versuchten Sharaj-Kämpfer an mehreren Orten, sich gegen die Invasoren zu wehren. Aber die Widerständler hatten nicht den Hauch einer Chance. Das Blasterfeuer der Erinjij verbrannte sie zu Asche.

»Der Großteil der Bevölkerung wird sich sehr schnell in sein Schicksal ergeben«, vermutete Quossrrgh.

Lerrogh bog seine Flügelmembrane etwas nach hinten. Eine Körperhaltung, die Anspannung und Konzentration signalisierte.

Seine Augen wirkten starr.

Plötzlich wandte er sich an den Kommunikationsoffizier. »Ich möchte die letzte Videosequenz wiederholt haben!«

»Jawohl, Kommandant.«

Die Sequenz, die eine der Rogh-Sonden in der Sharaj-Stadt Rroshrrar aufgezeichnet hatte, zeigte, wie die Erinjij-Soldaten damit begannen, scheinbar willkürlich Gefangene unter der Bevölkerung zu machen.

Die Reptiloiden wurden aus ihren Häusern geholt, mit Handschellen gefesselt und in große Mannschaftsgleiter verschleppt, die in der Nähe gelandet waren.

»Ich frage mich, was da vor sich geht«, sagte Kommandant Lerrogh.

Der Rotton seiner Flügel war etwas heller geworden und ging hier und da bereits in verwaschene Pastellfarben über. Ein Zeichen dafür, dass das erste unmittelbare Entsetzen über die Invasion der Erinjij im Abklingen war.

»Mir scheint, wir sollten uns im Augenblick lieber Sorgen um unser eigenes Schicksal machen«, erwiderte sein Stellvertreter Quossrrgh in einem Frequenzbereich, der selbst für die Ohren von Rogh als schrill empfunden wurde. »Ich schlage zum Beispiel vor, sämtliche Systeme auf Minimalniveau zu fahren, um verräterische elektromagnetische Emissionen so weit wie möglich zu vermeiden. Außerdem sollten wir den Kontakt zu sämtlichen Sonden abbrechen.«

»Einen Augenblick!«, schritt Kommandant Lerrogh ein.

»Die Impulse, die von den Sonden ausgehen, sind zwar stark gedämpft, könnten aber die Erinjij trotzdem auf uns aufmerksam machen. Beim strahlenden Licht von Ka-la-Farsal! Die Erinjij werden uns keinen freien Abzug gewähren!«

Lerrogh wusste, dass Quossrrgh mit seiner letzten Bemerkung Recht hatte. Jegliche diplomatischen Bemühungen in Bezug auf die Eroberer waren gescheitert. Die Erinjij folgten einfach ihrem Eroberungsplan und ließen sich dabei von niemandem von ihren Zielen abbringen.

Da der Allianz CLARON die Koordinaten des Heimatplaneten der Aggressoren bislang vollkommen unbekannt waren, gab es auch nicht die Möglichkeit eines Vergeltungsschlags.

Lerrogh erhob sich von seiner Sitzmatte. Er bewegte sich auf Kommunikationsoffizier Suarrgh zu, dessen oberste Extremitäten über ein Terminal glitten.

»Es gibt ähnliche Szenen aus anderen Sharaj-Städten«, erklärte dieser.

Mehrere Projektionsfelder erschienen und zeigten Bilder aus unterschiedlichen Ortschaften.

»Ich will wissen, was da vor sich geht«, sagte Lerrogh mehr zu sich selbst als an seine Crew gerichtet.

Ein sehr hoch gewachsener und mit besonders langen Extremitäten und Fühlern ausgestatteter Rogh, der bislang geschwiegen hatte, mischte sich nun in das Gespräch ein. »Es scheint immer nach demselben Muster abzulaufen«, stellte er fest. »Die Sharaj werden aus ihren Häusern geholt, in die Erinjij-Gleiter gebracht und wenig später wieder auf freien Fuß gesetzt.«

Kommandant Lerrogh wandte sich an den Langbeinigen, der als exzellenter Experte über die Sharaj-Kultur galt.

»Könnte es sich um irgendeine Art der Registrierung handeln, der die Bevölkerung unterworfen wird, Wertugh?«

Der Angesprochene wollte sich in dieser Hinsicht nicht endgültig festlegen. »Es wäre möglich. Allerdings wundert es mich, dass sie damit so früh beginnen und nicht abwarten, bis sie den Widerstand vollständig gebrochen haben.«

Der Kommunikationsoffizier meldete sich zu Wort. »Ich lasse eine Rechneranalyse durchführen.«

Auf einer der Projektionsflächen erschien ein Sharaj, der gerade gefangen genommen worden war und jetzt zum offen stehenden Außenschott eines Mannschaftsgleiters geführt wurde. »Auf Standbild umschalten«, befahl Suarrgh dem Rechner. Die Projektion gefror. Ein Fenster bildete sich, in dem gezeigt wurde, was danach geschah. Wenige Minuten später verließ der Sharaj den Mannschaftsgleiter wieder. Einer der Erinjij nahm ihm die Fesseln ab. Suarrgh sorgte erneut dafür, dass ein Standbild erzeugt wurde.

Anschließend wurde ein Abgleich durchgeführt.

Eine Markierung blinkte auf. Sie bezeichnete eine Stelle am Nacken des Reptiloiden.

»Vergrößern«, befahl Suarrgh über die Spracheingabe.

Der markierte Bildausschnitt wurde maximal vergrößert.

Nur bei genauem Hinsehen konnte man die Veränderung auf den Schuppen sehen.

»Sieht aus wie eine frische Narbe!«, stellte Lerrogh fest.

»Der Rechner teilt diese Ansicht, Kommandant«, sagte Suarrgh und deutete auf ein Anzeigefenster.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei der markierten Stelle um frisch vernarbtes Gewebe handelte, wurde mit 98 Prozent angegeben.

»Infrarot!«, befahl jetzt Kommandant Lerrogh.

Das neue Farbspektrum zeigte dort, wo sich die Narbe befand eine etwa daumennagelgroße Region, deren Temperatur erheblich vom Niveau des übrigen Körpergewebes abwich.

»Ein Implantat!«, vermutete Quossrrgh.

Lerrogh bewegte leicht die Fühler. »Fragt sich nur, wozu es dient.«

»Vermutlich wird es den Bewohnern unterworfener Welten zur besseren Lokalisierung und Überwachung eingesetzt«, war Suarrghs Vermutung.

»Möglich«, gestand der Kommandant zu. »Andererseits erscheint mir der Aufwand bei einer technologisch derart rückständigen planetaren Bevölkerung stark übertrieben …«

»Und worum handelt es sich Ihrer Meinung nach, Kommandant?«, hakte Quossrrgh nach.

»Wenn ich das wüsste …«

Kommandant Lerrogh kam nicht mehr dazu, weiter über diese Frage nachzudenken. Die Datenübertragung der Sonde brach ab. Die Projektion verblasste und wurde von einer entsprechenden Fehlermeldung des Zentralrechners überblendet.

»Scheint so, als wäre unsere Sonde einem Magnetfeld zum Opfer gefallen«, meldete der Kommunikationsoffizier.

»Ich nehme nicht an, dass dieses Magnetfeld natürlichen Ursprungs war«, vermutete Lerrogh.

Suarrgh wandte sich seiner Konsole zu und blickte angestrengt auf die Displays. »Ich denke, es war ein gezielter Angriff auf unsere Sonden. Etwa neunzig Prozent von ihnen sind ausgefallen.«

»Jetzt wird es ernst«, erklärte Quossrrgh.

»Die Verbindung zu sämtlichen noch intakten Sonden abbrechen und Energieniveau der Station auf Minimum herunterfahren«, befahl Lerrogh. »Wir spielen jetzt tote Raupe.«

Quossrrgh unterdrückte ein Zittern seiner Fühler. »Wenn es dazu mal nicht längst zu spät ist, Kommandant.«

***

Schlaf im eigentlichen Sinn kannte der Metabolismus eines Rogh nicht. Vielmehr verbrachte ein Rogh auf dem Höhepunkt seiner täglichen heiligen Zeit ein bis zwei Stunden in einem tranceartigen Zustand, der dafür sorgte, dass sich der Geist regenerieren konnte.

Ein schrillendes Alarmsignal weckte Kommandant Lerrogh aus dieser Trance. Ein schmerzhaftes Erwachen. Er fühlte sich benommen und schwindelig. Einige Augenblicke lang drehte sich alles vor seinen Augen.

Eine Erschütterung erfasste die Station.

Offenbar war es den Erinjij gelungen, den Beobachtungsposten der Rogh ausfindig zu machen und die Tarnung zu neutralisieren.

Jetzt begann der Angriff.

Lerrogh erhob sich von seiner Matte, schwankte dann, als erneut eine Erschütterung das gesamte Gebäude zittern ließ.

Er schwebte zur Tür. Sie glitt lautlos zur Seite. Auf den Korridoren der Station herrschte Chaos. Über Interkom waren die Anweisungen des stellvertretenden Kommandanten Quossrrgh zu hören, der während Lerroghs heiliger Zeit die Befehlsgewalt innehatte.

Offenbar hatte Quossrrgh eine Evakuierung der oberirdischen Bereiche angeordnet.

Etwa ein Drittel des Stützpunktes befand sich unter der Oberfläche Pa-Maralas.

Lerroghs empfindlicher Geruchssinn registrierte einen beißenden Geruch. Es roch nach geschmolzenem Metallplastik.

Der oval geformte oberirdische Teil der Station war offenbar bereits schwer durch Energiefeuer in Mitleidenschaft gezogen worden.

Einer der diensthabenden Offiziere, Leutnant Sirragh, schwebte ihm mit dunkelrot gefärbten Flügeln entgegen. »Schnell, Kommandant! Hier wird in Kürze alles zerstört sein!«

Lerrogh versuchte ein Interkom-Aggregat zu aktivieren. Es war defekt. Daraufhin schwebte er dem Offizier hinterher.

Ein Teil der Decke stürzte plötzlich in sich zusammen und begrub den Leutnant unter sich.

Lerrogh bremste gerade noch rechtzeitig seinen Flug. Er schwebte zurück.

Für den Offizier konnte er nichts mehr tun.

Wieder durchlief ein Zittern das gesamte Gebäude. Risse durchzogen die Wände. Weitere Teile der Decke krachten hinab. Staub raubte Lerrogh beinahe den Atem. Die Lungen der Rogh waren sehr fein strukturiert und an eine hohe Luftfeuchtigkeit gewöhnt. Staub konnte einen Rogh schnell in akute Lebensgefahr bringen.

Während hinter ihm alles im Chaos versank, flog Lerrogh so schnell es ging den Korridor zurück. Es ging um wenige Augenblicke. Die Atmung fiel ihm bereits schwer. Eine Wolke aus grauweißem Staub folgte ihm.

Schon spürte er ein leichtes Schwindelgefühl – der Vorbote akuten Sauerstoffmangels –, und wenn er das Bewusstsein verlor, war es aus.

Detonationen grollten dumpf durch das Gebäude.

Lerrogh erreichte einen Schacht, der hinunter in den unterirdischen Teil des Stützpunktes führte.

Der Kommandant schwebte hinab. Mehr als zwanzig Meter sank er in die Tiefe. Das Summen seiner vibrierenden Flügelmembranen verlor sich in den Explosionsgeräuschen.

Lerrogh erreichte schließlich den Fuß des Schachtes und passierte ein Schott, das sich selbsttätig öffnete und hinter ihm wieder schloss.

Offenbar befand er sich nun in einem Teil des Stützpunktes, in dem die internen Systeme noch einigermaßen funktionierten.

Lerrogh passierte ein weiteres Schott und gelangte in den Kontrollraum für die Raumschiff- und Gleiter-Hangars.

Suarrgh und Quossrrgh befanden sich dort zusammen mit einem halben Dutzend weiterer Besatzungsmitglieder der Pa-Marala-Station. Einer der Rogh war schwer verletzt. Zwei andere kümmerten sich um ihn und leisteten erste Hilfe.

»Schön, dass Sie es geschafft haben, Kommandant«, wurde Lerrogh von Quossrrgh begrüßt.

»Schadensbericht?«, fragte Lerrogh.

»Zwei Drittel der Stationsbesatzung dürften tot sein. Der oberirdische Gebäudeteil ist zum Großteil zerstört.« Quossrrgh deutete auf eine schematische Darstellung. Daneben waren Drei-D-Aufnahmen angreifender Erinjij-Kampf-Gleiter zu sehen. »Glücklicherweise funktionieren einige unserer Außensensoren noch. Sie sehen, dass sich insgesamt fünf schwere Kampfgleiter der Erinjij über der Station positioniert haben und sie mit konzentriertem Blasterfeuer unter Beschuss nehmen. Da wird nichts weiter als ein großer Aschehaufen übrig bleiben.«

»Was ist mit den Raumschiffen?«

»Einige von uns sind gerade dabei, die beiden Einheiten startklar zu machen.« Quossrrgh deutete erneut auf die schematische Darstellung der Station.

Normalerweise war es in der Rogh-Architektur unüblich, unterirdisch zu bauen. Dass sich ein Teil der Station unter der Planetenoberfläche befand war aus Sicherheitsgründen geschehen. Aus den unterirdischen Hangars führten lange Tunnel in einer Entfernung von mehreren Rogh-Meilen an die Oberfläche. Sie hatten die Aufgabe, eine Flucht im Fall eines Angriffs auf die Station selbst zu ermöglichen. Schließlich hatte der Stützpunkt auf Pa-Marala neben der Erfoschung der Sharaj auch strategischen Zwecken gedient.

»Wir müssen sehen, dass wir schnell hier herauskommen!«, war Quossrrghs Ansicht. »Es wird zwar schwierig sein, das Marala-System zu verlassen, aber ich fürchte, es bleibt uns keine andere Wahl.«

»Ist ein Notsignal gesendet?«, erkundigte sich Lerrogh.

»Ja. Auch auf einer verschlüsselten Geheimdienst-Frequenz.«

Über Interkom meldete sich ein Rogh-Offizier. »Hier Pilot Draragh. Beide Raumschiffe startklar.«

»Wir sind schon unterwegs«, erklärte Quossrrgh. »Der Kommandant hat übrigens wider Erwarten überlebt und ist soeben zu uns gestoßen.«

»Der großen Ur-Raupe sei Dank! Wenigstens eine gute Nachricht!«

Lerrogh blickte nachdenklich auf die Anzeigen der Kontroll-Displays. »Gibt es da oben wirklich keine Überlebenden?«, fragte er.

»Wenn doch, dann können wir ihnen nicht helfen, Kommandant«, drang Quossrrghs Stimme in sein Bewusstsein.

Lerrogh wusste nur zu gut, dass sein Stellvertreter Recht hatte.

Dennoch fiel es ihm schwer, einen Großteil der Rogh, für die er Verantwortung getragen hatte, einfach abzuschreiben. Lerrogh versuchte mit Hilfe einer Arrlagh-Technik seine Atmung zu kontrollieren und damit auch seine Psyche zu stabilisieren.

Inneres und Äußeres sind einander Spiegelbild und beeinflussen sich gegenseitig, so lautete einer der Arrlagh-Lehrsätze, die ihm dabei in den Sinn kamen.

»Die Systeme arbeiten noch einwandfrei. Und soweit es möglich war, haben wir alles nach Lebenszeichen gescannt, aber zuletzt nichts mehr gefunden.«

***

Insgesamt gab es nur etwa zwei Dutzend Überlebende unter der Stützpunktbesatzung. Sie verteilten sich an Bord der beiden zylinderförmigen Raumschiffe der Tasaragh-Klasse, von denen jedes normalerweise eine Besatzung von bis zu sechzig Rogh beherbergen konnte.

Quossrrgh hatte sich jedoch für einen Fluchtversuch mit beiden Raumern ausgesprochen, um das Risiko aufzuteilen.

Quossrrgh ging an Bord der KA-LA-FARSAL, Lerrogh hingegen begab sich an Bord des zweiten Raumers, der KA-LA-YRGADH.

Beide Raumschiffe starteten kurz hintereinander und schossen zur gleichen Zeit durch den Tunnel, der zur Außenrampe führte. Normalerweise vermied man es aus Sicherheitsgründen, dass sich zwei Raumfahrzeuge gleichzeitig im Tunnel befanden. Aber jetzt spielte das keine Rolle.

Nur Augenblicke später schossen beide Raumer in die Atmosphäre Pa-Maralas hinein. Das Außenschott des Tunnelausgangs schloss sich hinter ihnen. Nur Sekunden später wurde dieses Außenschott aus seinen Halterungen herausgesprengt und in die Höhe geschleudert. Eine Feuerzunge spuckte aus der Tunnelöffnung heraus.

»Scheint, als wären wir gerade noch rechtzeitig vor der völligen Zerstörung des Stützpunktes geflohen!«, stellte Pilot Draragh fest, der die Steuerkonsole der KA-LA-YRGADH bediente.

»Maximale Geschwindigkeit!«, befahl Lerrogh.

Schnell gewannen die Raumer an Höhe. Die Beschleunigung war so extrem, dass trotz der Ausgleichsysteme noch ein Teil der Auswirkungen spürbar blieben. Lerrogh fühlte sich, als würde er an seine Sitzmatte gedrückt. Im Bezug auf die Auswirkungen von starken G-Kräften, wie sie bei extremer Beschleunigung auftreten konnten, waren die zerbrechlichen Rogh-Körper sehr empfindlich. Zumindest sobald sie das Falter-Stadium erreicht hatten.

»Eine Raupe müsste man jetzt sein«, meinte Kommunikationsoffizier Suarrgh schleppend, was deutlich machte, welche Probleme er beim Atmen durch die Auswirkungen der G-Kräfte hatte. Seine Flügelmembran hatte fast sämtliche Farbpigmentierung verloren.

»Gravitatonsabsorber auf maximales Level schalten!«, befahl Lerrogh.

»Das ist längst geschehen, Kommandant!«, erwiderte der Pilot. »Wir werden übrigens verfolgt.«

»Kampfgleiter?«

»Auch. Aber die werden uns nicht lange folgen können. Ich spreche von Raumjägern der Erinjij, die sich auf Abfangkurs befinden.«

Die Projektion einer schematischen Positionsdarstellung erschien.

Die nahenden Erinjij-Jäger waren darauf als rote Punke zu sehen.

»Schutzschilde aktivieren!«, befahl Lerrogh. »Feind-Einheiten ins Visier nehmen!«

»Jawohl.«

Eine Erschütterung erfasste die KA-LA-YDRAGH. Alarmsignale schrillten. Die Anzeigen flackerten, Projektionen verblassten oder wurden von Fehlermeldungen überblendet. Die Andruckabsorber fielen offenbar vollkommen aus. Die Rogh an Bord der KA-LA-YDRAGH hatten für einige Augenblicke das Gefühl, durch zentnerschwere Lasten an den Boden gedrückt zu werden. Sie waren unfähig sich zu bewegen. Über die Spracheingabe versuchte Pilot Draragh die KA-LA-YDRAGH unter Kontrolle zu halten. Vergeblich.

Die Kunststimme des Rechners betete einen erschütternden Schadensbericht herunter, verbunden mit allerhand Sicherheitswarnungen.

Die KA-LA-YDRAGH verlor an Höhe, begann der Oberfläche entgegenzutrudeln. Das Haupttriebwerk war ausgefallen. Der Andruck normalisierte sich wieder, sodass Draragh seine Konsole bedienen konnte.

»Machen Sie dem verdammten Kokon eine Membran!«, rief Lerrogh. Einem Kokon eine Membran machen war eine Rogh-Redewendung, die bedeutete, dass etwas oder jemand beschleunigt werden sollte. Andere Spezies hätten vielleicht von »Beine machen« gesprochen.

»Leichter gesagt als getan, Kommandant!«, rief Draragh. »Das Haupttriebwerk ist nicht mehr funktionstüchtig …«

»Rekalibrieren Sie es!«

»Rekalibrierung erfolglos. Ich kann nur versuchen, mit den Nebentriebwerken eine einigermaßen weiche Landung hinzubekommen.«

Erneut erfasste eine Erschütterung die KA-LA-YDRAGH.

Kommunikationsoffizier Suarrgh wurde von seiner Konsole weggeschleudert. Lerrogh konnte sich nur mit Mühe halten.

»Erneuter Treffer?«, rief der Kommandant.

»Nein. Auswirkungen einer Druckwelle«, erklärte Draragh.

»Druckwelle?«, echote der Kommandant. Mit den Augen suchte er die Anzeigen und Displays ab. Die meisten Systeme waren ausgefallen.

»Es war die KA-LA-FARSAL«, erklärte der Pilot mit Blick auf die Ortungsanzeige, die zumindest teilweise funktionierte. »Sie ist explodiert.«

***

Die KA-LA-YDRAGH schrammte über die Baumwipfel eines ausgedehnten Waldgebietes im Westen des Nordkontinents von Pa-Marala. Die Bäume bremsten den Flug etwas ab. Draragh blickte hochkonzentriert auf die Positionsanzeigen seiner Konsole. Da nur ein Teil der Systeme einwandfrei arbeitete, fehlten ihm wichtige Daten zur Landung. Er hatte auf manuelle Steuerung geschaltet, da er sich auf das Rechnersystem nicht mehr ausreichend verlassen konnte.

Nur die eigentlich zur Navigation im Unterlichtflug gedachten Nebentriebwerke standen dem Piloten für sein Landemanöver zur Verfügung.

Bei den Rogh war die Unterweisung in einer der Meditationsschulen für Piloten obligatorisch. Draraghs Flügelmembrane hatte einen blassen Pastellton angenommen. Er war also in einem Zustand psychischer Stabilität.

Die KA-LA-YDRAGH setzte viel zu schnell auf dem Boden auf und verlor dabei ein Teil des ohnehin beschädigten Hecks. Das Raumschiff rutschte über den Boden, mähte Dutzende von Bäumen nieder und grub sich einen halben Meter tief in den weichen Waldboden, ehe es schließlich liegen blieb.

Die Insassen waren durcheinander gewirbelt worden. Ein Besatzungsmitglied war sogar verletzt und hatte sich einen schmerzhaften Fühlerbruch zugezogen.

Kleinere Blessuren bis zu einem leichten Flügelmembranriss hatten auch andere Besatzungsmitglieder erlitten.

Aber sie waren alle noch flugfähig.

»Wir müssen weg hier!«, bestimmte Kommandant Lerrogh. »Unsere Verfolger werden das Gebiet weiträumig absuchen …«

In aller Eile wurden Handfeuerwaffen und eine Notausrüstung verteilt. Darunter auch Nährstoffkonzentrate und Tabletten, die den im Vergleich zu Farsal geringeren Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre von Pa-Marala ausgleichen sollten.

Keines der Außenschotts war noch passierbar. Die Besatzung verließ über den Hüllenbruch im Heck die KA-LA-YDRAGH. Einer nach dem anderen schwebten sie hinaus in die feuchtheiße Dschungelluft. Abgesehen von der Tatsache, dass es hier weniger Kohlendioxid in der Atmosphäre gab und keinen Baum, der größer als dreißig Meter emporwuchs, erinnerten die Umweltbedingungen stark an die von Farsal.

Die ein Dutzend Überlebenden des Rogh-Stützpunktes schwebten zwischen den schlanken Baumstämmen daher.

Sie waren jetzt vollkommen auf sich gestellt.

Jagdbeute für die Erinjij, die nicht zögern würden, sie zu töten.

Was mag es sein, was dieses Volk zu seiner grausamen Eroberungslust antreibt?, ging es Lerrogh während des Flugs durch den Kopf. Warum können sie nicht auf die Kooperationsangebote der Diplomatie eingehen?

Jegliche Versuche in dieser Hinsicht waren bislang gescheitert. Es machte den Anschein, dass die brutalen Zweibeiner mit ihrer offensichtlich ethisch vollkommen unterentwickelten Kultur gar nicht die Absicht hatten, sich mit irgendwem zu verständigen. Es war ihnen gleichgültig, was der Rest der Galaxis von ihnen hielt. Wer sich ihnen nicht fügte, der wurde an die Wand gedrückt.

***

In der Nähe einer Sharaj-Siedlung sanken die Rogh zu Boden. Wie schnell die Erinjij daran gingen, das Gebiet um die Abschussstelle abzusuchen, hing davon ab, für wie wichtig sie die ganze Angelegenheit hielten und ob sie überhaupt glaubten, dass jemand den Absturz überlebt hatte.

»Ich hoffe, wir haben jetzt erst einmal ein bisschen Luft«, meinte Lerrogh.

Die Rogh waren vom Flug vollkommen erschöpft. Derartige körperliche Anstrengungen war keiner von ihnen gewöhnt. Sie hatten ihren Kräften das Äußerste abverlangen müssen.

Lerrogh hatte den Befehl gegeben, sämtliche Ortungsgeräte und andere technischen Ausrüstungsgegenstände zunächst zu deaktivieren, um keine verräterischen Energie-Signaturen abzustrahlen. Nur ab und zu nahmen sie eine kurze Ortung der Umgebung vor, um sich zu orientieren. In unregelmäßigen Abständen hatte der Kommandant mit Hilfe eines Impulsgebers ein codiertes Geheimsignal abgesetzt, von dem die Rogh nur hoffen konnten, dass es das Farsal-System erreichte.

Das Ydragh.

Den heimatlichen, vertrauten Kokon.

Lerrogh war Realist genug, um zu wissen, dass selbst dann die Chancen für eine Rettung nicht gut standen. Alles hängt vom Mut der Verantwortlichen ab, war ihm klar. Riskierten sie einen offenen Konflikt mit den Erinjij oder hielten sie einfach still? In der irrigen Annahme, man könnte vielleicht doch noch zu irgendeiner Form der Verständigung gelangen.

»Es geht jetzt darum, dass wir durchhalten«, stellte Lerrogh an die anderen Rogh gewandt fest. »Wir müssen uns tot stellen und darauf hoffen, dass jemand kommt, um uns hier herauszuholen.«

»Eine ziemlich vage Hoffnung, würde ich sagen«, meinte Kommunikationsoffizier Suarrgh. Seine Fühler zitterten.

Er braucht dringend seine heilige Zeit, erkannte Lerrogh. »Wir werden einen Platz zum Lagern suchen«, erklärte er. »Und außerdem sollten wir uns die Sharaj-Siedlung hier in der Nähe mal ansehen.«

»Es werden Erinjij dort sein«, gab Draragh zu bedenken.

Lerrogh machte eine bestätigende Geste mit den Fühlern.

»Eben deshalb!«, sagte er.

»Sie wollen doch nicht etwa vorschlagen, dass wir versuchen, den Erinjij ein Raumschiff abzunehmen.«

»Das wäre natürlich das Beste.«

»Niemand garantiert uns, dass wir überhaupt im Stande wären, es zu fliegen. Davon abgesehen, sind alle bisherigen Versuche, in den Besitz eines Erinjij-Raumers zu gelangen, gescheitert. Die Erinjij sind eher bereit, ihre eigenen Schiffe zu zerstören, als auch nur eines davon in unsere Hände fallen zu lassen.«

»Das ist mir bekannt«, erwiderte Lerrogh. »Wahrscheinlich werden wir in dieser kleinen Siedlung auch gar kein Erinjij-Raumschiff finden. Aber ein funktionstüchtiger Gleiter wäre doch schon ein Anfang. Wir könnten damit in eine entferntere Region flüchten, wo wir es vielleicht schaffen, uns auf Dauer versteckt zu halten.«

Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen unter den Rogh.

Suarrgh war der Erste, der sich zu Wort meldete.

»Auf Dauer?«, echote er niedergeschlagen. »Sie rechnen wohl damit, dass wir eine Weile hier bleiben müssen, was?«

Lerroghs Antwort war glasklar und ehrlich.

»Ja«, sagte er. »Wir müssen uns darauf einstellen, sehr lange hier zu bleiben.«

***

Die Dämmerung brach herein. Es wurde rasch dunkel und die drei Purpur-Monde von Pa-Marala erschienen am Nachthimmel.

Die Rogh-Gruppe suchte sich im Schutz des Unterholzes einen Lagerplatz.

Lerrogh brach zusammen mit Draragh in Richtung der nächsten Sharaj-Siedlung auf. Im Schutz der Dunkelheit konnten sie hoffen, dass man sie vielleicht mit den etwa gleichgroßen aber nicht-intelligenten Riesenlibellen verwechselte, die in den Wäldern des Nordkontinents von Pa-Marala zu finden waren.

Es dauerte nicht lange, bis sie die Siedlung der Sharaj erreichten. Sie befand sich auf einer gerodeten Fläche und bestand aus vergleichsweise primitiven Holzbauten.

Ein großer Kampfgleiter der Erinjij war auf dem Mittelplatz gelandet, um den herum die Holzbauten gruppiert waren. Lagerfeuer brannten. Außerdem erhellten zahlreiche Öllampen die Siedlung. Lerrogh wusste, dass die Sharaj aus den Früchten des auf Pa-Marala weit verbreiteten Hrazu-Baums ein brennbares Öl pressten, das unter den meisten Reptiloiden-Nationen auch als gültiges Zahlungsmittel akzeptiert wurde.

Lerrogh und Draragh waren in der Nähe gelandet und hatten sich das letzte Stück zu Fuß durch das Unterholz gekämpft, um näher an die Siedlung heranzukommen. Für einen Rogh war so ein Marsch durch dichtes, dorniges Unterholz nicht ganz ungefährlich. Es bestand immer die Gefahr eines Flügelmembran-Risses.

Schließlich hatten die beiden einen günstigen Beobachtungspunkt gefunden.

Erinjij-Soldaten patrouillierten durch die Siedlung. Sie hielten ihre Blaster im Anschlag. Die primitiven Waffen der Reptiloiden waren neben dem Kampfgleiter aufgehäuft. Hunderte von Schwertern, Armbrüsten und Lanzen lagen dort.

Die Sharaj selbst bildeten lange Schlangen.

Einer nach dem anderen wurde von einem Team von Erinjij-Ärzten einer kurzen Untersuchung unterzogen und bekam anschließend ein medizinisches Instrument an den Nacken gesetzt. Lerrogh konnte der Versuchung nicht widerstehen. Gegen jede Vorsicht aktivierte er ein Sichtgerät und stellte es auf maximalen Zoom.

»Die Erinjij scheinen tatsächlich die Absicht zu haben, die gesamte Sharaj-Bevölkerung mit Implantaten zu versehen«, stellte Lerrogh fest.

»Es scheint den Erinjij sehr wichtig zu sein, dass diese Prozedur möglichst schnell bei allen Sharaj durchgeführt wird«, sagte Draragh. »Sonst würden sie nicht buchstäblich Tag und Nacht damit fortfahren.«

Lerrogh konnte dem nur zustimmen.

»Die gesamte militärische Infrastruktur der Invasoren schien hier auf diesen einen Zweck hin ausgerichtet zu sein«, meinte er.

»Darin könnte unsere Chance liegen. Glauben Sie mir, Kommandant, die Erinjij hätten uns längst gekriegt, wenn sie uns auch nur annähernd so wichtig nähmen wie das Einsetzen der Implantate.«

»Soweit ich sehe, befindet sich nur ein schwerer Kampfgleiter in dieser Ortschaft.«

»Sie denken noch immer daran, den Erinjij so eine Maschine abzunehmen?«

»Nein, nicht so ein schweres Gerät, mit dem eine halbe Hundertschaft von Erinjij-Soldaten transportiert wird! Eine kleinere Einheit wäre besser …«

»Wir werden es uns nicht aussuchen können, Kommandant.«

Ein leises Summen ließ die Fühler der beiden Rogh zitternd erstarren.

Ein hantelförmiger Flugkörper näherte sich ihnen.

Eine Drohne!, durchzuckte es Lerrogh. Vermutlich hatte sie die Aufgabe, das Dorf zu bewachen, um die Erinjij-Soldaten für den Vollzug der Implantierungs-Prozedur freizustellen. Ein Strahl zuckte durch die Nacht.

Gleißend hell durchschnitt er die Dunkelheit und erfasste Draragh. Die Flügelmembran glühte auf.

Lerrogh griff zu seinem Strahler und feuerte blitzschnell zurück. Sein Strahlschuss erfasste die Drohne und ließ sie zerplatzen. Funken sprühten. Metallteile wurden durch die Gegend geschleudert.

Die Soldaten in der Sharaj-Siedlung waren natürlich augenblicklich alarmiert.

Lerrogh reagierte beinahe automatisch. Mochte er auch ansonsten ein sehr empfindsamer und feinsinniger Charakter sein, so sorgte eine spezielle Konditionierung durch Arrlagh-Meditationstechniken dafür, dass er in Gefahrensituationen mit ausgesprochener Kaltblütigkeit reagieren konnte.

Für Draragh konnte er nichts mehr tun. Von dem Piloten der KA-LA-YDRAGH war nichts weiter als etwas Asche geblieben.

Lerrogh flog davon.

Strahlschüsse wurden ihm von Erinjij-Soldaten hinterhergesandt. Die Invasoren feuerten auf alles, was sich im Wald bewegte. Ganze Baumkronen wurden durch die Strahlschüsse versengt. Manche gerieten in Brand dabei.

Lerrogh floh in die Dunkelheit. Er flog beinahe blind. Hin und wieder kam es zu leichteren Kollisionen mit Baumstämmen. Er erlitt eine Verletzung an der Flügelmembran, die ihn aber zum Glück nicht flugunfähig machte. So gut es ging, versuchte sich Lerrogh auf den nur noch rudimentär vorhandenen Sonar-Sinn seiner Vorfahren zu besinnen. Mit Hilfe seines Meditationsmeisters war es ihm gelungen, ihn zeitweilig zu reaktivieren. Die Anlagen dazu waren nach wie vor in jedem Rogh vorhanden, auch wenn dieser Sinn schon seit Zeitaltern als verkümmert galt.

Aber jetzt befand er sich in einer akuten Gefahrensituation.

Lerrogh wusste, dass er keinen zweiten Versuch hatte.

Schließlich gelang es ihm, auch in dunklen Waldregionen einigermaßen unbeschadet fliegen zu können. Er wagte es nicht einmal, sein Nachtsichtgerät zu aktivieren. Schließlich konnte er ja nicht wissen, ob die Erinjij ihn nicht doch mit einem großen Aufwand an hoch spezialisierten Drohnen aufzuspüren versuchten und das umliegende Gebiet einer eingehenden Feinortung unterzogen.

In dem Fall konnte jede noch so feine Energiesignatur verräterisch sein.

Soweit Lerrogh sich zu orientieren vermochte, versuchte er, sich vom Rest der Gruppe zu entfernen. Auf keinen Fall wollte er seine Verfolger zu ihnen führen.

Er musste sich jetzt allein durchschlagen.

Lerrogh konnte noch nicht einmal Verbindung mit dem Rest der Gruppe von Rogh-Überlebenden aufnehmen, wollte er sie nicht in Gefahr bringen.

***

Pa-Marala wies eine sehr schnelle Eigenrotation auf. Der Wechsel von Tag und Nacht ging etwa mit dem doppelten Tempo vonstatten, das auf Farsal üblich war.

Lerrogh schlug sich durch, versteckte sich und nahm auch in der Folgezeit keinerlei Kontakt zu seiner Gruppe auf. Allerdings sandte er mehr oder minder regelmäßig das Notsignal auf der Geheimfrequenz ab. Es war seine letzte Hoffnung. Dass die Nahrungsmittelkonzentrate langsam zur Neige gingen, war nicht ganz so schlimm. Notfalls war es auch möglich, die nötigen Nährstoffe aus der Flora und Fauna des Waldes zu gewinnen. Schlimmer war, dass das Präparat zum Ausgleich des geringeren Kohlendioxidgehaltes in der Atmosphäre Pa-Maralas nicht mehr lange reichen würde.

Halluzinationen und Störungen der Hirnleistung waren die unvermeidlichen Folgen. Da halfen auch die Arrlagh-Meditationstechniken nicht weiter.

Lerrogh versuchte, seinen Vorrat an dem CO2-Ersatzpräparat so lange wie möglich zu strecken. Aber die Auswirkungen der geringeren Dosis machten sich bereits nach etwa einer Pa-Marala-Woche bemerkbar.

Lerrogh fiel in eine Art Delirium.

Er verlor jedes Gefühl für Zeit und reagierte immer sensibler auf jedes Dschungelgeräusch. So gut es ging, versuchte er mit Hilfe der Meditationstechniken der Arrlagh-Schule sein inneres Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Es fiel ihm immer schwerer. Dutzende von Riesenlibellen fielen seiner Strahlwaffe zum Opfer, weil er in Anflügen von Panik glaubte, dass die Drohnen der Erinjij ihn gefunden hatten.

In einer der kurzen Pa-Marala-Nächte wurde Lerrogh durch ein Geräusch aus seiner Trance-Zeit geweckt. Das Geräusch lag in einem Frequenzbereich, der für die Fauna des Pa-Marala-Dschungels nicht hörbar war. Wohl aber für das überaus empfindliche Gehör eines Rogh.

Lerrogh griff zur Waffe und aktivierte sein Sichtgerät.

Im Nachtsichtmodus erkannte er einen schnell heranfliegenden Gegenstand, dessen Flugbahn auf eine Drohne schließen ließ. Lerrogh riss seine Waffe empor. Aber er kam nicht mehr dazu, sie zu benutzen. Ein grünlich schimmernder Strahl erfasste ihn.

Dunkelheit senkte sich über sein Bewusstsein …

***

Zwei Farsal-Standard-Tage später …

Kerrgh, der Erste der Rogh, deaktivierte die Projektion. Einen Augenblick lang hielt er inne. Die Färbung seiner Flügelmembranen war jetzt ein von kleinen roten Inseln durchsetztes Muster aus Pastelltönen. Die Stellung seiner Fühler verriet höchste Konzentration.

Außer ihm waren noch einige hohe Kommandanten der Rogh-Raumflotte versammelt, darüber hinaus der Leiter des Geheimdienstes.

Letzterer hieß Basrigh.

Kerrgh wandte ihm den Blick zu. »Ich kann Ihrer Organisation nur zu der Aktion gratulieren, die zur Evakuierung der Überlebenden unserer Station auf Pa-Marala geführt hat.«

»Es war nicht ohne Risiko, mit einem getarnten Spezialraumer auf der Planetenoberfläche zu landen«, erklärte Basrigh. »Aber die Raumkontrolle der Erinjij befindet sich im Marala-System noch in den Anfängen. Ich weiß nicht, ob wir es sonst geschafft hätten.«

Basrigh hatte dem Ersten der Rogh einen ausführlichen Bericht erstattet. Die Geheimdiensteinheit, die zur Evakuierung der Überlebenden eingesetzt worden war, hatte Kommandant Lerrogh in äußerst instabiler mentaler Verfassung angetroffen. Auf Grund der Signale eines Impulsgebers, den er bei sich getragen hatte, war es möglich gewesen, den Kommandanten zu orten. Eine Suchdrohne hatte ihn paralysieren müssen.

Der Rest der Gruppe war sogar noch in weitaus schlechterer Verfassung gewesen.

Kohlendioxidmangel konnte im Gehirn eines Rogh lang anhaltende und schwer wiegende Beeinträchtigungen verursachen. Ob es bei den Betroffenen zu Spätschäden kam, würde erst die Zeit erweisen.

Basrighs Spezialschiff PANSHOOG war es gelungen, das Marala-System unbemerkt zu verlassen.

Jetzt lagen die ersten Ergebnisse der Befragungen vor, denen die Überlebenden unterzogen worden waren.

Ergebnisse, die Kerrgh hatten aufhorchen lassen.

»Was glauben Sie, wozu diese Implantate dienen, mit denen offenbar die gesamte Sharaj-Bevölkerung von Pa-Marala versehen wird?«, fragte Kerrgh.

»Tut mir Leid. Das ist ein leerer Kokon für mich.«

Ein leerer Kokon war eine Rogh-Metapher für das Unerklärliche.

»Keine Hypothesen?«, hakte Kerrgh nach. »Was ist mit einer Art mentalen Kontrolle, die über diese Chips gesteuert wird?«

»Streng genommen sind wir noch nicht einmal sicher, ob es sich bei dem, was den Sharaj implantiert wird, wirklich um Chips handelt. Das sind nur Vermutungen der Überlebenden. Einen handfesten Beweis gibt es nicht.«

Kerrghs Fühler senkten sich etwas.

Eine Geste, die bedeutete, dass ein Rogh die Argumente seines Gegenübers anerkannte.

»Ich möchte genauer wissen, was da vor sich geht«, erklärte der Erste der Rogh nach einer kurzen Pause. »Basrigh, ich will, dass Sie ein Spezialkommando auf den Weg schicken. Der Auftrag lautet, sich auf die Oberfläche Pa-Maralas zu begeben und mindestens einen Sharaj mit Implantat in unsere Hände zu bekommen und nach Farsal zu bringen.«

»Ein Auftrag voller Risiko«, meinte Basrigh. »Nicht nur für die Beteiligten, auch was die politischen Implikationen angeht, falls dieses Kommando entdeckt wird.«

»Ich glaube kaum, dass wir unser Verhältnis zu den Erinjij noch maßgeblich verschlechtern können«, erwiderte Kerrgh.

Er wusste, worauf der Geheimdienst-Chef hinauswollte.

Schließlich gab es für die Allianz CLARON, abgesehen von den Erinjij, noch ein zweites Problem.

Die anorganischen Jay’nac hatten sich bislang weitgehend neutral verhalten. In letzter Zeit aber war die Vermutung, dass sich die Anorganischen aus irgendeinem Grund mit den Erinjij verbündet hatten, immer häufiger zu hören gewesen.

CLARON hatte versucht, mit den Jay’nac diplomatischen Kontakt aufzunehmen, doch die Botschafter waren noch nicht zurückgekehrt.

War es möglich, dass irgendeine Aktion der Rogh auf Pa-Marala den Verhandlungen Schaden zufügen konnte …?

Aber Kerrgh hatte in dieser Angelegenheit eine Entscheidung getroffen, die auch durch die Bedenken Basrighs nicht mehr erschüttert werden konnte. »Ich möchte, dass Sie Ihre Spezialeinheit sofort ins Marala-System schicken. Wer weiß, ob dort überhaupt noch eine Chance besteht, derartige Operationen durchzuführen, wenn die Erinjij ihre Herrschaft erst einmal stabilisiert haben. Noch sind sie offenbar dabei, ihre Infrastruktur aufzubauen …«

Basrigh senkte die Fühler. »Wie Sie wünschen, Erster der Rogh.«

»Vielleicht werden wir endlich herausfinden, was die Erinjij eigentlich zu ihrem rücksichtslosen Eroberungsfeldzug treibt.«

»Sie meinen, dass es mit diesen Implantaten zu tun hat?«

»Wäre das so abwegig?«

Basrigh kam nicht mehr dazu, darauf zu antworten.

Die Drei-D-Projektion eines Rogh-Gesichtes erschien mitten im Raum. »Eine Nachricht von Crysral ist für Sie eingetroffen, Erster der Rogh«, sagte die dazugehörige Stimme.

»Ich möchte die Nachricht im Nebenraum entgegen nehmen«, erklärte Kerrgh und deaktivierte die Projektion.

Er schwebte in den Nebenraum. Die Schiebetür schloss sich hinter ihm. Die Projektion des Rogh-Gesichtes erschien erneut, diesmal um den Faktor 2 verkleinert.

»Ich grüße Sie, Erster der Rogh.«

»Ich grüße Sie ebenfalls Adjutant Herragh.« Kerrgh spreizte die Fühler etwas voneinander ab, ehe er fortfuhr. »Eine Botschaft von Crysral bedeutet im Moment wohl nichts anderes, als dass sich die Lage in Bezug auf die Erinjij zuspitzt«, stellte Kerrgh fest, noch ehe sein Gegenüber etwas sagen konnte.

»Nein, mit den Erinjij hat es diesmal nichts zu tun. Nichtsdestotrotz ist Ihre Anwesenheit auf Crysral unbedingt erforderlich.«

»Warum?«

»Der Bewusstseinsträger Cy und Botschafter Algorian sind von ihrem Besuch bei den Jay’nac zurückgekehrt.«

»Ich verstehe …«

»Es gibt viel, worüber die Allianz jetzt beraten muss.«

»Das glaube ich auch.«

»Die Jay’nac sind ein Problem, das wir nicht unterschätzen dürfen …«

»Ich werde unverzüglich nach Crysral aufbrechen«, erklärte Kerrgh und unterbrach die Verbindung. Er hatte damit gerechnet, schon sehr bald die Zentralwelt der Allianz aufsuchen zu müssen.

Immerhin erfüllte es Kerrgh mit Erleichterung, dass Algorian und Cy von der Expedition zu den Jay’nacs zurückgekehrt waren.

Die Färbung von Kerrghs Flügelmembran bekam einen leichten Gelbstich. Ein Zeichen dafür, dass ihn etwas amüsierte. Seine Gedanken galten dem Pflanzenwesen Cy.

Ein eigenartiges Gefühl, sich vorzustellen, dass eine Kopie meines Bewusstseins in dieser Kreatur steckt, die wie eine wuchernde Goarigh-Staude aussieht, wie man sie an der Südküste des farsalischen Festlandes findet …, sinnierte der Erste der Rogh. Ein zweites Ich als Botschafter der Allianz …

Auch von den anderen Regenten der Allianz-Völker waren jeweils Bewusstseinskopien in Cys äußerst anpassungsfähigen Körper zu finden.

Algorian und Rofasch, die beiden Sucher der Allianz, hatten seinerzeit lange nach einem Wesen Ausschau halten müssen, das in der Lage war, die Bewusstseinskopien in sich aufzunehmen.

Es wird sicher in mehrfacher Hinsicht interessant sein, meinem zweiten Ich zu begegnen …, ging es dem Ersten der Rogh durch den Kopf.

Er aktivierte den Kom-Kanal. Mit den Vorbereitungen seiner Reise nach Crysral musste er sofort beginnen …

***

Algorians Haut schimmerte grau. Das hagere, kantige Gesicht wirkte angestrengt. Der Psi-begabte Humanoide gehörte zum Allianz-Volk der Aorii und blickte auf das beeindruckende Landschaftspanorama einer zerklüfteten Bergwelt. Der Himmel schimmerte bläulich. Ein leichter Wind wehte und Algorian sog die frische, kühle Luft ein.

Kaum zu glauben, dass ich mich unter der Oberfläche Crysrals befinde – und nicht auf einem Aorii-Planeten!, ging es ihm durch den Kopf.

Crysral kreiste um einen weißen Zwerg. Ein atmosphäreloser Gesteinsbrocken, der um einen verlöschenden, kalten Stern kreiste. Flotten von jedem Mitgliedsvolk CLARONs schützten das System.

Denn Crysral war nichts anderes als das Zentrum der Allianz: Ein Schmelztiegel verschiedenster galaktischer Völker. Allerdings spielte sich das Leben ausschließlich in den ausgedehnten unterirdischen Anlagen ab. Sechs große Hauptkavernen gab es, die jeweils den spezifischen Lebensbedingungen eines CLARON-Volkes angepasst waren. Crysral glich damit einem Konglomerat von Hohlwelten, die sich in Luftdruck, Gravitation, Zusammensetzung der Atmosphäre und der vorherrschenden Temperatur teilweise gravierend unterschieden. In der Zone der Roghs beispielsweise brauchte der Aorii Algorian ein Atemgerät, um sich vor dem hohen Kohlendioxid-Gehalt zu schützen. Andernfalls wäre nach einigen Minuten ein Sauerstoffmangel im Gehirn mit anschließender Bewusstlosigkeit die Folge gewesen.

Neben den sechs Hauptkavernen für Rogh, Aorii, Laschkanen, Ovoaner, Ceyniden und Neeg gab es noch zahllose kleinere Kavernen, in denen sich Angehörige anderer – nicht so einflussreicher – galaktischer Völker angesiedelt hatten.

Wenn es so etwas wie eine Gemeinschaft verschiedener planetarischer Völker gab, dann existierte sie auf Crysral.

Dieser Planet glich einem Wunschbild für Allianz als Ganzes.

Ein Ort des Friedens und der Verständigung zwischen den organischen Völkern.

Außer den Erinjij, ging es Algorian durch den äußerst hageren und vollkommen haarlosen Kopf. Auf ihrer Reise zu den anorganischen Jay’nac hatten Algorian und Cy erfahren, dass auch Letztere einen Krieg gegen die Erinjij planten. Außerdem hatten die Anorganischen versucht, die Politik der Allianz CLARON zu beeinflussen und sie durch Unterwanderung in diesen drohenden Konflikt hineinzuziehen.

Auf den ersten Blick sah eine Koalition zwischen Jay’nac und CLARON gegen die Erinjij wie eine logische Konsequenz der Ereignisse aus.

Aber nur auf den ersten.

Es war nämlich anzunehmen, dass die Jay’nac den Feldzug gegen die Erinjij nur als Auftakt zu einem Krieg gegen alles organische Leben betrachteten.

Ein Laut, den Algorian spontan als klagend interpretierte, ließ den Aorii den Kopf zur Seite wenden.

Etwa einen Meter neben ihm befand sich Cy, der Aurige. Sein pflanzlicher Metabolismus war derart anpassungsfähig, dass er mühelos mit jeder der auf Crysral simulierten Umweltbedingungen zurechtkam.

Cy pflegte sich in Gesprächen zumeist sehr zurückzuhalten.

Ein Grübler, dachte Algorian.

Er wusste, dass das Pflanzenwesen noch immer von Heimweh nach seiner Heimat geplagt wurde.

Nach Auri.

Außerdem nagte der Schmerz an ihm, der Letzte seiner Art zu sein.

»Es hat keinen Sinn, mit den Gedanken in der Vergangenheit zu weilen«, sagte Algorian.

Er wusste nicht, ob er damit Worte gefunden hatte, die den Aurigen in seiner Trauer erreichten. Aber er hatte das sichere Gefühl, dass der Aurige darauf gewartet hatte, von ihm angesprochen zu werden.

»Du wirst gleich an einer Lagebesprechung der Allianz-Regenten teilnehmen, Algorian«, sagte das kleine buschähnliche Wesen. »Vielleicht erscheinen dir meine Gedanken dagegen lächerlich unwichtig …«

»Keineswegs.«

»Keine Kunstsonne kann das Licht von Auri ersetzen.«

»Ich weiß.«

Cy hatte auf der Spore gelebt. Diese Spore hatte in einem Gasring existiert, der seine Sonne wie ein breites leuchtendes Band umgab. Aber nun war jedes Leben auf Auri erloschen.

Nur Cy hatte überlebt.

Es gab im gesamten Universum niemanden mehr von seiner Art. So sehr sich Algorian auch als Freund und Lehrer erwiesen hatte, so wenig vermochte der Humanoide das zu ersetzen, was Cy verloren hatte.