Die Meister des Chaos - Manfred Weinland - E-Book

Die Meister des Chaos E-Book

Manfred Weinland

5,0

Beschreibung

Sie leben in der Chronosphäre, und ihr Ziel ist die Zweite Wirklichkeit: Das Volk der G'Loorn soll die Galaxis beherrschen! Der Schlüssel dazu aber liegt in grauer Vergangenheit, eine Million Jahre vor unserer Zeit.

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Ren Dhark

Classic-Zyklus

 

 

Die große SF-Saga von Kurt Brand

 

 

Band 8

Die Meister des Chaos

 

Herausgegeben von

Manfred Weinland

Table of Contents

Titelseite

Vorwort

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

Epilog

Empfehlungen

Ren Dhark Classic-Zyklus

Clayton Husker: T93

Impressum

Vorwort

In diesem letzten von drei Bänden mit Neuabenteuern schließen gleich zwei Paukenschläge den G'Loorn-Zyklus ab. Zum einen lösen wir das Rätsel um die Herkunft und die Absichten der im Zentrum der Galaxis beheimateten Insektoiden – und zum anderen werden die Ursprünge des CAL aufgehellt, womit wir unser Versprechen einzulösen beginnen, liegengebliebene Fragen und offene Handlungsstränge aus der Heftserie einer allmählichen Klärung zuzuführen.

Neu zum Team gestoßen ist Hubert Haensel, der den SF-Interessierten kein Unbekannter sein wird. Er ist – ebenso wie Konrad Schaef – eine feste Größe in der aktuellen Perry Rhodan-Konzeption. Darüber hinaus wirkte Haensel auch erfolgreich bei Atlan und Terra Astra mit.

Von Konrad Schaef stammen die Kapitel 1-7, von Werner Kurt Giesa 8-13, Manfred Weinland steuerte Kapitel 14 bei und Hubert Haensel die Kapitel 15-19.

Ab dem nächsten Band werden wieder vermehrt die ›Puristen‹ zu ihrem Recht kommen, die REN DHARK so lieben, wie er sie schon in der Heftchenform vortrefflich unterhielt – adäquat überarbeitet, versteht sich. Es geht auch gleich ohne große Atempause weiter, denn die neue Bedrohung zeichnet sich bereits in der Schlußsequenz dieses Bandes ab...

Mehr wollen wir hier aber nicht vorwegnehmen.

 

Manfred Weinland

Prolog

Mit einer kleinen Gruppe von Gefährten ist es Ren Dhark gelungen, in die QUIET ZONE einzudringen, einen die Zentrumsregion der Milchstraße abschottenden Bereich, in dem die G'Loorn ihre Fäden ziehen – ein Volk, das zur Bedrohung für die ganze Galaxis geworden ist.

Ein Volk, das sich vom Leid und den dabei freigesetzten emotionalen Energien anderer Lebewesen ernährt und das sich nicht scheut, ganze Planetenbevölkerungen auszulöschen, um die Speicherbänke seiner Spindelraumer mit der Seelenqual der Opfer zu füllen!

Die Gruppe Dhark ist von der POINT OF abgeschnitten, der es noch nicht gelang, in die physikalisch abnorme Zone hinter jener Black Hole-Schale einzudringen, die den Herrschaftsbereich der G'Loorn umgibt.

Ralf Larsen führt in Ren Dharks Abwesenheit das Kommando über den Ringraumer. Und unter seiner Regie ist man unablässig dabei, die Gesetzmäßigkeit der QUIET ZONE zu begreifen, um dadurch die Grundlage zu schaffen, Dharks Expedition doch noch zu folgen und ihr bei der Suche nach der Führungsspitze der in ihrer Brutalität beispiellosen G'Loorn beizustehen.

Während der Gruppe Dhark, versteckt an Bord eines sogenannten ›Sammlers‹, die Reise zu einer namenlosen Zentrumswelt gelungen ist, wurde die POINT OF auf dem Planeten Coral Zeuge des Untergangs eines anderen Sammlers. Buchstäblich im letzten Augenblick konnte ein Besatzungsmitglied geborgen und an Bord des Ringraumers gebracht werden. Von dem Duck – wie die Angehörigen dieses Hilfsvolks der G'Loorn im Jargon genannt werden – erhofft man sich tiefere Einblicke in die Herrschaftsstruktur der G'Loorn selbst und ein besseres Verständnis, was die Motive dieser insektenartigen Wesen angeht.

Indessen herrscht im Sol-System und dem Doppelsternsystem, in dem der Siedlerplanet Hope seine Bahn zieht, nach wie vor höchste Alarmbereitschaft. Der Inselkontinent Deluge ist seit dem Angriffsversuch eines Spindelraumers der G'Loorn durch ein Intervallfeld hermetisch vom Rest des Planeten – man könnte auch sagen: vom Rest des Universums – abgeschottet. Und dort in den Höhlen, in denen das High-Tech-Erbe der Mysterious gehortet liegt, beginnt sich die Situation dramatisch zuzuspitzen...

... genau wie im Zentrum der Galaxis, wo die Gruppe Dhark in eine nahezu ausweglose Situation geraten ist, weil ein Spindelraumer auf der Welt ohne Namen gelandet ist und ein Heer insektoider Soldaten – G'Loorn? – ausgespien hat, die sofort nach allen Seiten ausgeschwärmt sind, um die Jagd auf die Menschen zu eröffnen...

1.

Schweratmend kauerte Ren Dhark im Schutz einer hüfthohen Mauerzinne auf dem Dach jener Lagerhalle, auf der er zusammen mit seinen Begleitern schon einmal eine Nacht verbracht hatte. Mein Gott, dachte er, ist das wirklich erst zwölf Stunden her?

Nur langsam beruhigte sich sein fliegender Puls. Die letzten paar Meter vom Bodenschweber über die Rampe auf das Dach hinauf hatte er in einem Spurt zurückgelegt, wie er ihn seit den Ausbildungstagen auf der Akademie nicht mehr absolviert hatte.

Links und rechts von ihm hatten sich die anderen ebenfalls hinter die Deckung der Mauer geworfen.

Dan Riker, Arc Doorn und Wonzeff, Anja Field, Rani Atawa sowie Janos Szardak waren auf ihrer überstürzten Flucht aus dem sich abschottenden Raumhafenkomplex als erste am vereinbarten Treffpunkt eingetroffen. Dhark selbst, der Robonenjunge Tyler, John Martell, Spy Gorm und Ian Kaplan waren nur unwesentlich später angekommen.

Insgesamt waren sie elf Personen, denen man, vielleicht von Spy Gorm abgesehen, die Anstrengung des schnellen Laufs überdeutlich angemerkt hatte.

Minutenlang war nur allgemeines Keuchen vom Helmfunk übertragen worden. Jetzt erholte man sich langsam wieder.

Auf manchen Gesichtern zeigte sich bereits Erleichterung, gepaart zwar mit dem Ausdruck des Staunens darüber, der Gefangennahme oder gar dem Tod bislang entronnen zu sein, aber nichtsdestotrotz eben Erleichterung!

Dennoch schwankten sie weiterhin zwischen Angst und Hoffnung, neun Männer und zwei Frauen, die vor knapp dreißig Minuten auf dem Dach der Lagerhalle wieder zusammengetroffen waren.

Dhark rief sich ins Gedächtnis, was sie seit ihrer Ankunft auf diesem Planeten alles erlebt hatten.

Auf jeden einzelnen von ihnen war eine Fülle von sinnverwirrenden und teilweise unerklärlichen Ereignissen eingestürzt.

Gefahren und Bedrohungen.

Leid und Tod.

Zuviel eigentlich, um von einem normalen Verstand verkraftet zu werden, ohne Schaden zu nehmen.

Normaler Verstand.

Ren Dhark stieß schnaubend die Luft aus.

Was war schon normal auf der Namenlosen Welt, wie sie diesen merkwürdigen Planeten mit seiner noch seltsameren Sonne getauft hatten, auf den sie an Bord des Duck-Raumers gebracht worden waren.

Ursprünglich waren sie zu zwölft gewesen.

Doch Ron Ogar, einer von zwei Elite-Soldaten, die von John Martell ausgewählt worden waren, hatte bei ihrem Marsch in die Pilzstadt den Tod gefunden. Unvorsichtigerweise hatte er im Pilzdschungel seinen Helm geöffnet und war prompt von Killer-Sporen überwältigt worden, die ihn binnen Sekunden in eine Monstrosität verwandelt und getötet hatten – auch wenn der eigentliche Vollstrecker Spy Gorm hieß, der seinen Kameraden mit einem Schuß aus seinem Strahler von der unmenschlichen Qual und der Agonie des Todeskampfes erlöst hatte...

Dhark verlagerte sein Gewicht und blickte aus verengten Augen über die ausgezackte Mauerkrone hinweg.

Der Abend war weiter fortgeschritten. Die im Osten über dem Gebirgsmassiv liegende weiße Wolkenbank zerfaserte an einer Inversionsschicht und begann sich langsam aufzulösen. Die Kälte der Nacht würde sie ganz verschwinden lassen. Im Westen lagen die Hügel nun gänzlich in tiefem Schatten. Linker Hand – und in relativer Nähe – befand sich der Raumhafenkomplex mit seinen Gebäuden und dem Kontrolltower nach wie vor verlassen im letzten Licht der untergehenden Sonne.

»Ist alles in Ordnung?« erkundigte sich Ren Dhark bei John Martell. Der ehemalige Kommandeur des Militärstützpunkts T-XXX auf Terra kniete neben Ren Dhark und sondierte das Gelände mit deutlich sichtbarer Anspannung.

Jetzt nickte er. »Es geht schon wieder, wenn Sie das meinen«, erwiderte er, noch immer leicht außer Atem. »Danke, Commander. Trotzdem, solche sportlichen Höchstleistungen bin ich eigentlich nicht mehr gewohnt... In meinem Alter!« setzte er trocken hinzu.

Martells Galgenhumor war erfrischend, keine Frage.

Dhark lächelte etwas gequält. »Sie stecken uns doch alle noch locker in die Tasche.«

»Das würde ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht unterschreiben«, brummte der Ex-Drei-Sterne-General. »Hier, Commander, schauen Sie sich das mal an!«

Er reichte Dhark das Nahaufklärungsgerät, mit dem er pausenlos die Umgebung abgesucht hatte.

»Dort!«

Dhark blickte in die angegebene Richtung.

Weiter draußen auf dem Areal der Plast-Betonfläche stand der Spindelraumer, der so stimmig zu den anderen, sich überschlagenden Ereignissen aufgetaucht war, als wäre er gerufen worden.

Dan Riker hatte Dhark in gedrängter Form über die Geschehnisse im Inneren des Raumhafen-Terminals informiert. Des weiteren hatte er davon berichtet, was er beim Verlassen der Zentrale auf dem Hauptschirm zu sehen geglaubt hatte. Etwas mußte Arc Doorn, das Genie für Fremdtechnik, ausgelöst haben, als er den Zentralcomputer im Terminal angezapft hatte, um ihm Informationen über diesen Milchstraßen-Sektor zu entlocken.

Dieses Etwas war nun da – in der an Bedrohlichkeit kaum zu überbietenden Manifestation eines Spindelraumers. Und nach allem, was Dhark inzwischen wußte, befanden sich an Bord jene furchtbaren G'Loorn.

Jene Seelenfresser, so hatte Tyler sie genannt.

Die Erinnerung an den Kampf mit dem G'Loorn in der ›Fabrik‹ der Pilzstadt ließ Dhark selbst jetzt noch erschauern. Und nun hatten sie es gleich mit einem ganzen Raumschiff solcher Ungeheuer zu tun!

Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als sich die leise und gepreßt klingende Stimme Tylers meldete: »Nein, es handelt sich nicht um... Seelenfresser.«

Dhark setzte das Sichtgerät ab und faßte den Robonenjungen scharf ins Auge. »Worum dann?«

Die Tatsache, daß Tyler in seinen Gedanken gelesen hatte, ließ er zunächst unerwähnt. Besondere Umstände erforderten – und erlaubten – mitunter auch besondere Maßnahmen. Seine intensive, gedankliche Beschäftigung mit dem G'Loorn hatte der merkwürdige Junge wahrscheinlich ohne sein Zutun erfaßt.

»Augenblick.« Tylers Gesicht unter der filmdünnen, halbstabilen Kapuze des M-Anzuges wirkte verkniffen und angespannt. Seine Lippen waren nur noch zwei dünne, blutleere Striche. Der entrückte Ausdruck, als ginge ihn das hier alles nichts an, war Dhark nur zu gut bekannt und ließ nur eine einzige Schlußfolgerung zu: Der Level-zehn-Qualifikant aus Starmoon sondierte mit seinen E.S.P.-Kräften den Spindelraumer...

*

Das Wesen saß regungslos auf seinem thronähnlichen Sitz, eingesponnen in einen eiförmigen Kokon aus schimmernder Dunkelheit, die ein Eigenleben zu führen schien. Eine Membran, die ihm das Resorbieren der Emotionen erleichterte. Wellenmuster flossen über die sich ausdehnende und wieder zusammenziehende Oberfläche hinweg.

Das Wesen kannte jenen Zustand nicht, den andere als Schlaf bezeichneten.

Sein Schlaf war etwas anderes, eine Art Ruheperiode, während der es über die Membran mit den vitalisierenden Strömen der Emotionen derer versorgt wurde, die in den Kammern dieses Schiffes eingesperrt waren und unter unsäglichem Leid von ihrer erbärmlichen Existenz Abschied nahmen.

Um den Thron herum summten und klickten die Instrumente, die den Zustand des Raumschiffes anzeigten. Sichtschirme an den konkaven Wänden brachten die Umgebung ins Innere.

Es war gerufen worden und unverzüglich aufgebrochen.

Jetzt war es hier, auf diesem Planeten, auf dem die Ruhe eines der Seinen gestört worden war.

Die alte Ordnung mußte wiederhergestellt werden.

Dazu hatte es seine Krieger ausschwärmen lassen. Seine Instrumente hatten ihm die Störenfriede schon wenige Minuten nach der Landung gezeigt. Sie befanden sich nicht einmal sehr weit vom Standort seines Schiffes entfernt.

Zweibeinige Wesen, die sich Menschen nannten – Terraner. Labile Individuen...

Doch dann erstarrte es abrupt.

Weil es eine Veränderung spürte!

Wachsam erfühlte es, daß sich ihm etwas... Großes näherte. Ein fremder Geist...?

Ja! Der G'Loorn fühlte mit einemmal eine ungewöhnlich starke Präsenz und bereitete sich auf seine Verteidigung vor. In seinem Stoffwechsel wurden Reaktionen ausgelöst, die seine Mentalkräfte mit Energie versorgten. Die Erwartung überlief ihn wie ein kristallener Schauer. Seine vorderen Klauen zuckten in einer konvulsivischen Bewegung, die rasiermesserscharfen Mandibeln öffneten und schlossen sich. Die Tentakel, die aus seinen Schultern sprossen, vibrierten ruckartig. Er wandte den monströsen Kopf hin und her, während die farnähnlichen Fühler, aus denen seine Sinneseinrichtungen bestanden, zitterten und jeden wandernden Gedanken, jeden Pulsschlag in seiner Umgebung prüften.

Er war unfähig, Angst zu empfinden. Er kannte auch keine dem entsprechende Regung.

Und doch war er verwirrt.

Die Signale, die der Andere aussandte, waren ungewöhnlich. Er konnte Furcht spüren, aber auch Aggression und... sondierende Neugierde! Ein rasches Prickeln durchlief sein komplexes Nervensystem. Noch ehe er seinen Geist verschließen konnte, war der andere schon eingedrungen...

... und wieder verschwunden.

Nach dorthin zurück, woher die Schwingungen der anderen Wesen kamen.

Das Gehirn des G'Loorn verfinsterte sich unter dem Impuls, den schützenden Kokon zu verlassen, hinauszustürmen und diese schwächlichen Wesen zu zerschmettern, ihnen die Glieder zu brechen, die Knochen und Sehnen zu zerfetzen und dabei ihr Leiden, während sie qualvoll starben, genußvoll zu assimilieren.

Er hätte dies vermocht.

Aber eine nebelhafte Erinnerung stoppte diesen Wunsch, noch während er als elektrische Spannung durch seine Nerven blitzte. Es war die Erinnerung an das, was er in dem zeitlosen Augenblick, in dem der Fremde in ihm gewesen war, in dessen Geist hatte lesen können.

So kurz dieser Moment auch gewesen war, er hatte erkennen können, daß diese... diese Menschen von einem einzigen Gedanken beseelt waren: Wieder von diesem Planeten zu verschwinden.

Wenn er es geschickt genug anstellte, würden sie von ganz allein zu ihm kommen. Und er wußte auch schon, wie er das bewerkstelligen konnte...

Die Erkenntnis überlief ihn wie ein heißer Schauer. Er öffnete die Mandibel zu einem schrecklichen Schrei des Triumphes. Wie in einem Rauschzustand drehte und wand er sich auf seinem Thron.

Schließlich gewannen in dem G'Loorn Vernunft und Scharfsinn wieder die Oberhand. Er sandte Botschaften an seine Diener – daß diese Befehle den Tod vieler bedeuten konnten, ließ ihn ungerührt. Aber jetzt, da er Energie verbraucht hatte, wurde er von einem ungeheuren Verlangen überwältigt –

– von HUNGER.

Irgendwo in der Tiefe des Schiffes senkten sich blitzende Klingen ins Fleisch vielgliedriger Wesen, schnitten und schlitzten, hieben und trennten. Und begierig sog der G'Loorn auch noch den letzten Rest von Emotion auf, die das aus den gequälten Kreaturen entströmende Leben freisetzte...

*

»Tyler!«

Ren Dharks Stimme kam drängend aus dem Helmfunk.

»Was ist mit dir?«

Tyler stieß einen würgenden Laut aus. Wie aus einem Alptraum erwachend, sagte er schließlich: »Ihre... ihre Individualmuster sind – sind nicht identisch...!«

»Was meinst du damit?«

Tyler bewegte den Kopf wie unter großen Anstrengungen. »Es gibt nur einen G'Loorn an Bord. Der Rest ist... Beim Rest handelt es sich um...«, er suchte nach dem passenden Wort.

»Arbeiter? – Drohnen? – Krieger?«

Tyler nickte. »Ja.«

Dhark und Martell wechselten Blicke.

»Was, ja?« wiederholte der Commander.

»Sie sind das alles. Mehr kann ich dazu nicht sagen...«

Der Robonenjunge von Starmoon verfiel wieder in die bekannte Wortkargheit, derer er sich befleißigte, seit sie auf dieser Zentrumswelt angekommen waren.

Dhark musterte Tyler mit einem langen, abschätzenden Blick. Mehr würde er im Augenblick nicht aus ihm herausbekommen, dessen war er sicher. Achselzuckend wandte er sich ab und beobachtete den Spindelraumer weiter durch das Sichtgerät.

Aus der weit geöffneten Schleuse ergoß sich eine Flut von ameisenhaften Wesen. Die Gestalten sammelten sich am Fuß der Rampe und nahmen Aufstellung. Ein Manöver, das fatal an eine straff geführte, militärische Aktion erinnerte.

Dhark preßte die Augen fester an das Sichtgerät und schaltete den Speziallaser hinzu. Der im unsichtbaren Spektrum angesiedelte Strahl raste auf das Raumschiff zu, fand sein Ziel und kehrte zurück. Sich verändernde Zahlenkolonnen flimmerten über den kleinen Monitor. Immer neue Werte versorgten Dhark mit genauen Entfernungsangaben.

Er justierte die Scharfeinstellung manuell nach.

Die Fläche um den Spindelraumer zoomte heran.

Dhark holte tief Luft.

Das späte Licht des zu Ende gehenden Planetentages spiegelte sich auf schimmerndem Chitin und brach sich an gezackten Klauen...

Es handelte sich eindeutig um insektoide Individuen, die sich ihm jetzt in aller Deutlichkeit präsentierten!

Aber noch etwas wurde erkennbar: Sie ähnelten zwar dem G'Loorn in der Pilzstadt, jedoch nur bezüglich ihrer Größe und Eindruckskraft. Augenscheinlich fehlte ihnen die pflanzliche Komponente, die Dhark bei dem schrecklichen Wesen auf Terra und – noch deutlicher – bei dem G'Loorn in der Seelenfabrik erkannt hatte!

Trotzdem, als Gegner in dieser Massierung waren sie kaum zu schlagen.

Ren Dhark malträtierte seine Unterlippe mit den Zähnen. Warum nur hatte er das verflixte Gefühl, daß eine Auseinandersetzung mit ihnen unvermeidbar sein würde?

Jetzt geriet Bewegung in die Ansammlung.

Kleine Gruppen spalteten sich ab, strebten auseinander und schlugen verschiedene Richtungen ein, während sich die Hauptstreitmacht auf den Tower zu bewegte.

Ein eindeutiges Suchraster.

Ren Dhark bekam eine Gänsehaut. Es wurde zur Gewißheit, wonach sie suchten.

»Mein Gott«, murmelte er und war sich bewußt, daß jedes seiner Worte von den anderen über Helmfunk registriert wurde, »da kommt was auf uns zu...«

»... und das schneller, als uns lieb sein kann«, zischte John Martell neben ihm. Er deutete in eine bestimmte Richtung.

Ren Dhark schwenkte das Sichtgerät.

In einiger Entfernung, noch jenseits des Raumhafenkomplexes, sah er mehrere fließende Silhouetten, die sich auf den Terminal zu bewegten, kurz innehielten und im Moment des Stillstands klar erkennbar wurden – ehe sie weiterglitten.

Glitten...?

Es gab keine bessere Erklärung.

Oder wie sonst bezeichnete man eine Fortbewegungsart, die nichts, aber auch gar nichts mit normalem Gehen, Laufen oder Springen gemein hatte?

Es schien, als würden diese insektoiden Krieger mit den überproportionierten Beinen zu einem Schritt ansetzen, dabei verschwinden, um weit entfernt erneut real zu werden!

Alles spielte sich so schnell ab, daß sich einem unwillkürlich der Gedanke aufdrängte, die G'Loorn-Krieger besäßen eine Eigenzeit, die sich von der hier herrschenden Zeit grundlegend unterschied.

Ein Schritt über eine Distanz von zehn, fünfzehn... zwanzig Metern! Ohne Zeitverzug!

Woran erinnerte ihn das?

Er fühlte einen Kälteschauer, der ihn durchrann.

Wesen, die sich so bewegten, hatte er schon einmal gesehen. Damals auf Robon, als er aus deren Hand die Daten für das Commutator-Enzephalo erhalten hatte, mit dem die Erdbevölkerung aus ihrer Agonie befreit werden konnte.

Man war eindeutig auf der Suche nach ihnen.

Der Trupp insektoider Soldaten bewegte sich in seiner unregelmäßigen Formation bereits zwischen Terminal und Versteck. In ihren Chitinpanzern wirkten die Gestalten wie monströse, aufrechtgehende Termiten. Dazu war ein durchdringendes summendes Geräusch wie von einer auf Hochtouren laufenden Fräsmaschine hörbar...

Noch hatten man die kleine Gruppe Terraner nicht entdeckt.

Eine leise, monotone Stimme klang aus dem Helmfunk: »Hier Gorm.«

Der ausgebildete Kämpfer aus Martells Kader hatte inzwischen seinen Standort verändert. Er lag etwa zwanzig Meter entfernt ausgestreckt auf einem Dachvorsprung in exponierter Stellung, noch vor allen anderen, und blickte durch das Visier seiner Strahlwaffe.

»Bericht!« Das war Martell.

Erneut ertönte Gorms Stimme: »Ameisen auf elf Uhr. Nähern sich rasch unserem Standort.«

Ameisen!

Elf Uhr...!

Einen Lidschlag lang mußte Dhark überlegen. Dann dämmerte ihm, daß Gorm sein militärisches Repertoire abspulte. Der Begriff ›Ameisen‹ war klar, damit meinte er die insektoiden Soldaten aus dem Spindelraumer. Und ›elf Uhr‹ bedeutete: links in einem Winkel von fünfundvierzig Grad voraus!

Dhark suchte das angegebene Gebiet ab. In der Entfernung entdeckte er einige Schatten, die sich in ihre Richtung bewegten.

»Habe sie im Visier«, meldete Gorm. »Soll ich...?«

»Nein, nicht schießen!« griff Dhark ein, noch ehe John Martell anderweitig entscheiden konnte, und er setzte hinzu: »Jedenfalls noch nicht!«

»Weitere Ameisen, sechs, etwa hundertfünfzig Meter vor uns auf vierzehn Uhr... nähern sich rasch.«

»Mist«, war Ian Kaplans angespannte Stimme im Helmfunk zu vernehmen. »Sie haben uns festgenagelt!«

»Vielleicht auch nicht«, murmelte Szardak.

»Vielleicht wissen sie gar nicht, daß wir hier sind«, äußerte sich auch Rani Atawa.

»Darauf würde ich keine Wetten annehmen.« Das war Wonzeff.

Ich auch nicht, dachte Ren Dhark. Er klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne und beobachtete durch das Sichtgerät erneut den Spindelraumer, der inzwischen verlassen auf der Piste stand.

Die Rampe war leer.

Niemand hielt sich an ihrem Fuß auf.

Einladend weit offen stand die Schleuse...

Ein irrwitziger Gedanke blitzte in Dhark auf. Er schwenkte das Sichtgerät. Der Mikrocomputer darin aktivierte den Restlichtverstärker, nachdem ein Sensor erkannt hatte, daß das Tageslicht für eine normale Beobachtung nicht mehr ausreichte.

Bald würde sich die Nacht über diesen Teil der Namenlosen Welt legen – eine Nacht von bisher ungekannter Qualität...

Die Insektenkrieger schwärmten noch immer über das Landefeld und warfen deutliche Schatten, während sie sich immer weiter vom Schiff entfernten.

»Okay.« Dhark formulierte seine Worte sorgfältig: »Hört mir zu, alle! Wir müssen diesen Planeten verlassen. Mit jeder Minute, die verstreicht, schwinden unsere Chancen, heil aus der Sache herauszukommen. Man sucht nach uns, das ist eindeutig. Wir haben mit unserem Eindringen in die Stadt – oder unseren Aktivitäten auf dem Raumhafen – etwas in Gang gesetzt, was nicht mehr zu stoppen ist.«

»Steht es wirklich so schlecht um uns?« fragte Anja Field.

»Es ist zu befürchten«, nickte Dan Riker. »Ich weiß, worauf Ren anspielt. Wir haben es am eigenen Leib erfahren. Seit wir hier sind, gehen Veränderungen mit uns vor. Haben wir nicht alle festgestellt, daß wir mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten? Mit Übelkeit, Schwindelanfällen, Phasen vollkommener Desorientierung? Die Ursache ist immer noch ungeklärt...«

»Mykotoxine«, warf Rani Atawa ein. »Sporengifte. Wir wissen doch, daß die Flora dieses Planeten aus Vertretern der Gattung Mycophyta besteht, aus Pilzen also. Die überwiegende Anzahl der bekannten Pilzarten, ob nun irdisch oder extraterrestrisch, ist – zumindest für unseren Metabolismus – giftig. Pilze vermehren sich durch Sporen, die nicht minder toxisch sind.«

»Das wäre eine Möglichkeit – aber keine sehr wahrscheinliche«, widersprach Anja Field der Botanikerin. »Die M-Anzüge schützen unsere Atemwege vor dem Eindringen halluzinatorischer Sporengifte, wie wir inzwischen wissen. – Nein, es muß etwas anderes dahinterstecken. Vergessen wir nicht, daß die QUIET ZONE an sich schon im Widerspruch zu allen uns bekannten physikalischen Gesetzen steht. Auch das Magnetfeld dieses Planeten weist Anomalien auf, die nicht natürlichen Ursprungs sein können. Und erst jenes unbegreifliche Übersetzungsfeld, das über der kompletten Pilzstadt liegt... Ich für meinen Teil möchte jedenfalls keine Sekunde länger auf diesem Planeten bleiben!«

Nach diesen Worten der Mathematikerin erhob sich lautes Stimmengewirr.

»Genau meine Meinung...«

»Ich kann das Schicksal Ogars nicht vergessen...«

»Wir müssen von hier weg. Keine Frage!«

»... richtig. Je eher, je besser.«

»Unheimliche Gegend... schon immer gesagt...«

»Stopp!« Dharks Stimme war nicht einmal übermäßig laut, aber in ihrer Entschlossenheit bewirkte sie, daß das verbale Tohuwabohu endete. »Alle auf einmal und durcheinander bringt nichts. Wer etwas zu sagen hat, soll es in Ruhe vortragen. – Ja, Wonzeff?«

»Wie haben Sie sich unsere Flucht von diesem Planeten vorgestellt, Commander?« Die tiefe Stimme des Ukrainers verbreitete Sachlichkeit. Hinter ihr verbarg sich abwägende Überlegung.

Dhark war ihm dankbar dafür. »Es gibt nur einen Weg.« »Welchen?« meldete sich nun auch Dan Riker zu Wort.

Dhark schwieg. Er hob lediglich die Augenbrauen, als wollte er sagen: Na, welchen schon!

»Du willst doch nicht etwa... das Raumschiff entern?«

»Genau das«, erwiderte Ren Dhark ruhig. »Es ist unsere einzige Chance, den Planeten zu verlassen, erinnerst du dich?«

»Ha, ha«, sagte Riker, aber ohne einen Funken Heiterkeit warf er seinem Freund vor: »Mein Gott! Du willst das wirklich durchziehen!« »Hast du einen besseren Vorschlag?«

Riker schüttelte den Kopf.

»Na, siehst du...«

Dharks Miene verriet, daß ihn nichts mehr von seinem Entschluß abbringen würde. »Ich weiß«, sagte er, »was ich damit von jedem einzelnen verlange. Welches Risiko ein jeder eingeht – mich eingeschlossen –, aber mein Gefühl sagt mir, daß wir hier keinen Stunde, keine Minute länger bleiben sollten!«

Und dann erläuterte den anderen Gestrandeten seinen Plan. Einen Plan, zu dem es im Grunde keine Alternative gab...

*

Der Abend warf lange Schatten über die fremde Landschaft. Und als die Sonne endgültig unterging, begannen Dhark und sein Trupp mit der Einsatzvorbereitung.

Nach allen Seiten sichernd, huschten sie die Rampe hinunter und besetzten nahezu geräuschlos den großen Bodenschweber, mit dem Dhark, Tyler, Martell, Gorm und Ian Kaplan aus der Pilzstadt geflohen waren. Es war ein bißchen eng, und man mußte zusammenrücken, doch ansonsten gab es keine Schwierigkeiten.

John Martell, der die meiste Erfahrung im Umgang mit antigravgesteuerten Transportvehikeln hatte, startete die Maschine.

Mit brummenden Aggregaten bewegte sich der Schweber wenige Handbreit über dem Boden auf Umwegen auf das Ziel zu, das jetzt immer schwieriger auszumachen war. Aber dadurch wurde es auch etwaigen Verfolgern schwergemacht, sie zu entdecken.

Sie wollten sämtliche Deckungsmöglichkeiten ausnutzen, ehe sie das letzte Stück über freies Feld in direkter Linie zum Spindelraumer flogen. Deckungen wie beispielsweise die langgestreckte Zone von Lagerhallen und niedrigen Gebäuden, die sich hufeisenförmig hinaus auf das Start- und Landefeld schwangen.

»Wie steht's mit den Ameisen?« erkundigte sich John Martell.

Ameisen. Wie schnell sich doch ein Begriff einbürgerte.

Gorm schüttelte den Kopf, erinnerte sich dann aber, daß diese Bewegung von dem ehemaligen General nicht wahrgenommen werden konnte, da dieser vor den Steuerkonsolen saß. Deshalb sagte er halblaut: »Sie müssen einen lausigen Orientierungssinn haben. Als wir vorhin rechts abgebogen sind, sind sie geradeaus weiter!« Gorm lehnte sich weit aus dem Antigravgleiter und sicherte das Terrain nach hinten.

»Unser Glück.« Das war Arc Doorn. Das Genie in Sachen Fremdtechnik hielt sich an seinem Strahler fest, als hinge davon sein Leben ab – was unter diesen Umständen auch zutreffen konnte.

»Vielleicht«, sagte Kaplan. »Möglich aber auch, daß wir in dieser Richtung bereits von einem wirklich großen Aufgebot erwartet werden und sie sich den Weg einfach sparen.«

»Das ist es, was ich an Ihnen so schätze, Ian, Sie gewinnen den Dingen stets die wirklich positiven Seiten ab!« meinte Janos Szardak. Ren Dhark grinste verhalten.

Vielleicht würden sie alle hier auf dieser Welt umkommen, aber solange sie noch Witze rissen, war wenigstens die Moral in Ordnung. Er wandte sich an Martell: »Legen Sie einen Zahn zu, John. Wir haben noch eine gute Wegstrecke vor uns.«

»Wie Sie meinen, Dhark.«

Der Bodenschweber begann lauter zu brummen, glitt in der seltsamen Dunkelheit vorbei an verlassenen Gebäudekomplexen und tauchte in eine gewaltige Halle ein, deren beide Stirnseiten offen waren und zum Durchfahren einluden. Die gewölbte Decke wurde von endlosen Reihen glatter Pylonen gestützt. Welchem Zweck das Gebäude diente, ließ sich in der trüben Helligkeit diffuser Leuchtplatten nicht feststellen.

Martell lenkte das Gefährt riskant dicht über die in den Boden eingelassenen Schienen der straßenbreiten Mitteltrasse und zog dabei eine Staub- und Sporenwolke wie eine träge, fette Raupe hinter sich her.

Gebückt stand Dan Riker links neben Martell. Auf der anderen Seite des Piloten befand sich Ren Dhark. Die Visiereinrichtungen ihrer schweren Strahler beleuchteten ihre Gesichter von unten mit grünlich fahlem Schein. Die Wangenknochen warfen Schatten, in denen die Augen versanken.

Dhark suchte das vor ihnen liegende Terrain nach verräterischen Bewegungen ab. Aber es war Gorm, der den Feind als erster sichtete. Aus einer gänzlich unerwarteten Richtung.

»Achtung: Acht Objekte aus einundzwanzig Uhr. Kommen rasch näher!«

Riker und er fuhren gleichzeitig herum. Ihre Augen fanden die angegebene Stelle.

In einem Winkel von etwas mehr als fünfundvierzig Grad glitten acht insektoide Schatten von hinten! seitlich auf den Schweber zu. Mit einem Tempo, das Dhark ein gepreßtes Stöhnen entlockte. In Bruchteilen eines Augenblicks zehn, fünfzehn Meter! Sie würden mühelos den Schweber einholen. Eigentlich waren sie immer nur als flirrende Schatten kurzzeitig erkennbar, wenn sie wegen der Pylone ihr Tempo verringern mußten.

Über dem Geräusch des Fahrtwindes war ein anderer Laut zu hören: Ein starkes Summen.

»Deckung!« schrie Gorm.

Die Terraner duckten sich noch tiefer in den Schweber und zogen instinktiv die Köpfe ein.

Das starke Summen wie von einem Hornissenschwarm schwoll kurzzeitig an.

Etwas zischte und heulte über den Schweber hinweg. Martell machte eine riskante Ausweichbewegung, die die Terraner in ihren Sitzen zum Schwanken brachte. Ein sirrender Blitz fuhr jaulend in einen Pylon weit vor dem Gefährt ein. Dem Krachen einer Explosion folgte ein Bersten und Klirren, als die Säule sich aufspaltete und Trümmerstücke durch die Halle schossen.

»Hab ich's nicht gesagt!« klang Gorms laute Stimme aus dem Helmfunk. »Miserable Spurensucher, lausige Schützen. Ich frage mich...«, er verstummte, als der nächste Blitz aufflammte, prasselnd vor dem Bodenschweber in den Hallenboden fuhr und eine meterlange Spur in das Material fräste.

»Commander!« drängte Gorms Stimme. »Wir sollten jetzt wirklich etwas unternehmen!«

Ren Dhark mußte seine Hoffnung aufgeben, den Spindelraumer völlig ungeschoren zu erreichen, ohne groß in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt zu werden. Das Gesetz des Handelns wurde ihnen aufgezwungen, ob er wollte oder nicht.

»Dan, du und ich beschäftigen die Ameisen. Gorm, Sie helfen uns dabei. Alle anderen – 'runter mit den Köpfen!«

So schaffte er freies Schußfeld.

Martell wich keinen Millimeter von seiner Konsole. Er hielt den Antigravschweber so ruhig wie nur möglich.

»Ich werde sie ein bißchen ins Stolpern bringen...« Gorm fingerte eine Thermogranate aus der Gürteltasche. Sein Daumen drückte die Verriegelung nach innen. Der eiförmige Sprengsatz im Fliegenpilzmuster flog in hohem Bogen nach hinten.

Ein Feuerball wuchs hinter dem Schweber empor.

»Mist, verdammter!« fluchte Gorm, als die Schatten völlig intakt weit vor dem Inferno aus ihrer Eigenzeit auftauchten. »Dann eben auf die alte Art.« Er riß den Zweihand-Strahler hoch, atmete tief ein, zielte und drückte den Abzug durch.

Der erste Schatten wurde getroffen, als er gerade wieder zu einem weiteren Schritt ansetzte und unsichtbar zu werden drohte. Der Strahl schnitt ihn in zwei Teile. Eine helle Flüssigkeit quoll hervor. Dem zweiten schnitt er die Beine ab. Der Getroffene prallte in vollem Lauf gegen eine der Säulen. Sein Chitinpanzer brach auf, und etwas spritzte nach allen Seiten.

Dharks Strahler sandte Feuerlanzen aus, wobei er den Blaster in einem kurzen Schwenk nach rechts führte und auf diese Weise den Gang zwischen zwei Pylonen leerfegte.

Unbeirrt näherten sich die verbliebenen Insektenkrieger dem Schweber.

Dan Riker griff nun auch ins Geschehen ein. Rosafarbene Strahlen zischten an Dhark vorüber, deren Schein die Luft zum Leuchten brachte. Sie trennten Gliedmaßen von Körpern. Mehrere der Wesen stürzten in einem Wirrwarr übereinander.

Innerhalb von zwanzig Sekunden war alles vorbei, und die acht Insektenkrieger, die sie angegriffen hatten, lagen verbrannt und verstümmelt auf dem Hallenboden. Der aufgewirbelte Staub senkte sich und überdeckte alles mit einer feinen, graugrünen Schicht. Aber da hatte der Bodenschweber bereits wieder die Halle verlassen und verschwand in der Dunkelheit.

Sein Ziel lag nur noch tausend Meter entfernt.

*

Der G'Loorn bewegte sich auf seinem Thron.

Er nahm seine Sinne auf eine etwas geringere Reichweite zurück.

In seinem Verstand wurde das nebelhafte Durcheinander von Bildern dessen, was seinen Drohnen in einem bestimmten, großen Raum angetan wurde, abgelöst von der klareren Vorstellung, daß sein Plan geglückt war.

Sie waren auf dem Weg zu ihm!

Voller Vorfreude begannen die Muskeln seines Körpers zu vibrieren.

Bald würde er seinen rauschartigen Schmaus halten können. Er vernahm jetzt schon das Krachen zerschmetternder Knochen. Das Reißen von Fleisch.

Und die Vorstellung, die nährenden Emotionen in höchster Verzückung zu genießen, ließ seinen Körper erbeben.

*

»Es könnte eine Falle sein!«

Rani Atawas Stimme klang nervös.

»Durchaus möglich«, stimmte Wonzeff zu, während er seinen Strahler noch einmal kontrollierte. »Aber wie auch immer, wir werden es früh genug herausfinden!«

Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er, wie sie nickte.

Der Bodenschweber hatte die Strecke bis zum Schiff des G'Loorn, abgesehen von zwei minimalen Auseinandersetzungen mit überraschend aufgetauchten Gegnern, ohne größere Zwischenfälle und im Höchsttempo zurückgelegt.

Jetzt befanden sich Pjetr Wonzeff und die anderen zehn am Fuß der Rampe, die zur Schleuse des Spindelraumers hinaufführte.

Der Eingang zum Schiff war trübe erhellt. Der Anblick der offenen Schleuse wirkte abstoßend und anziehend zugleich.

Einladend wie eine Pforte zur Hölle, dachte Rani Atawa und ein Schauder überkam sie. Fast verspürte sie Angst. Ordinäre, hundsgemeine Angst.

Es war hirnrissig, was sie vorhatten.

Immer mehr kam sie zu dieser Einsicht.

Aber ebenso klar erkannte sie, daß es die einzige Möglichkeit war, von hier zu verschwinden. Der Commander hatte ihnen schon im vorhinein klargemacht, welches Wagnis sie bei dieser Mission eingingen.

Jeder hatte das Risiko akzeptiert.

Wenn wir nicht sterben wollen, bleibt uns kein anderer Ausweg. Es fragte sich nur, ob dieser Ausweg nicht auch in den Tod führen würde...

Die Nacht war weiter fortgeschritten.

Kälte – die Temperatur fiel innerhalb kürzester Zeit von verträglichen zwanzig Grad Celsius während des Tages bis nahezu auf den Gefrierpunkt – und Finsternis nahmen zu. Die strahlend hell leuchtende Akkretionsscheibe würde sich erst kurz vor der planetaren Mitternacht über den Horizont erheben und fast Tageshelligkeit zurückbringen.

Ren Dharks Stimme klang im Helmfunk auf: »Alles klar?«

Er drehte sich langsam um seine Achse und sah, wie die anderen mit Handzeichen ihre Bereitschaft signalisierten.

Spy Gorm atmete tief durch. »Klar zum Einsatz!« meldete er.

Dhark konnte seine Zähne hinter dem Helmansatz des M-Anzuges blitzen sehen. Es bestand kein Zweifel daran, daß er es eilig hatte, in Aktion zu treten.

John Martells Stimme kam drängend: »Wir sollten uns auf den Weg machen. Ich bekomme hier jede Menge Anzeigen herein. Unsere Freunde kehren zurück. Offenbar hat jemand gemerkt, was wir vorhaben, und ruft jetzt seine gesamte Streitmacht zurück.«

»Dann los!«

Ein weiteres Handzeichen von Dhark, und die Gruppe setzte sich in Bewegung.

Schnell, mit konzentrierter Wachsamkeit und nach den Seiten sichernd, liefen sie in Zweierreihen auf die Rampe zu, dann hinauf, passierten eine Art Schwelle – und waren auch schon in einem Vorraum, der ganz nach einer Druckausgleichsschleuse aussah.

In dem Raum herrschte ein merkwürdiges Licht, das aus den Wänden zu kommen schien. Wände, die von stumpfgrauer Farbe und wie mit einer dünnen, öligen Schicht überzogen waren. Leitungen sprossen aus ihnen heraus und verschwanden in Boden und Decke. Die elf Terraner kamen sich ein bißchen verloren in der großen Schleuse vor.

»Alle an Bord«, meldete Ian Kaplan als Schlußlicht.

»Wohin jetzt?« fragte Dan Riker.

»Nach oben!« bestimmte Dhark. »Wir müssen in die Zentrale. Hat jemand etwas entdecken können, womit sich die innere Schleusentür öffnen ließe?«

»Hier, Commander!« Arc Doorn stand neben der Innentür und wies auf ein mehr als zwei Handspannen breites Feld voller Zeichen. Symbole.

Eingelassen in Weichplastiktastaturen.

Zu groß für menschliche Finger, aber wer wollte hier schon menschliche Maßstäbe ansetzen?

»Ich kenne bereits ein paar dieser Symbole«, fuhr Doorn fort. »Ich habe sie im Raumhafen-Terminal an den Türen gesehen. Nichts Aufregendes. Stinknormale Öffnungskodes.« Wie um seine Worte zu beweisen, tanzten seine Finger über die Kontrollen.

Mit einem saugenden Laut glitt die innere Tür in die Wand. Eine feuchtkalte Atmosphäre schlug ihnen entgegen. Dahinter ein langer, halbrund geformter Korridor, trübe erhellt und mit ölig schimmernden Wänden.

»Dan!« Dhark sah den Freund an. »Du und ich, wir übernehmen die Spitze. John, Sie laufen hinter uns. Dann Tyler und Gorm. Spy, Sie lassen den Jungen nicht aus den Augen. Ihm darf nichts geschehen, unter keinen Umständen. Verstanden?«

Spy Gorm ballte die Faust und stieß sie in die Luft. »Ich hüte ihn wie meinen Augapfel, Commander. Kapiert.«

»Der Rest uns nach.« Schnell verschwand Dhark durch das Schott ins Innere des Spindelraumers.

»Ich weiß nicht, ob mir das gefällt«, meinte Anja Field.

»Wenn Sie hier stehenbleiben, werden Sie es auch nie erfahren«, knurrte Doorn und schob sie derb zur Seite. Er packte seinen Strahler fester und folgte Spy Gorm auf dem Fuß.

*

Der G'Loorn war jetzt hellwach.

Innerhalb seines Kokons spürte er die pulsierende Kraft der Maschinen, die ihn durch die Kabel und Instrumente seines Throns erreichte.

Seine Gliedmaßen zuckten im sanften Strom reiner Energien.

In seinem Körper ruhten Kräfte, die er schon lange nicht mehr wirklich erprobt hatte.

Aber jetzt, da ihm seine Sinne signalisierten, daß sie sich näherten, wurde er sich seiner Fähigkeiten wieder bewußt.

Menschen nannten sie sich. Terraner.

Sein Augenring glomm voller Verachtung.

Narren!

2.

Sie hatten dreizehn Decks überwunden und näherten sich nun endlich dem Bereich, in dem sich nach Dharks Kenntnisstand die Zentrale befinden mußte.

Bislang waren sie auf keinerlei Widerstand gestoßen, aber irgendwo schlug der Puls mächtiger Maschinen, wisperten Lufterneuerer. Leichter Geruch nach Ammoniak breitete sich aus.

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