Maddrax 387 - Manfred Weinland - E-Book

Maddrax 387 E-Book

Manfred Weinland

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Beschreibung

Nachdem sich Xaana bis zum neuen Hort des Wissens in Schottland durchgeschlagen hat, wird sie dort herzlich aufgenommen. Selbst aus einer hochtechnisierten Zukunftswelt stammend, beteiligt sie sich begeistert an den Forschungen - und verfolgt ein eigenes Ziel: Sie will das Rätsel um das Wurmloch im CERN lösen, bei dessen Entstehung sie Zeuge war. Doch es ist ein Spiel mit dem Feuer, das so heiß wie eine Supernova brennt ...

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Inhalt

Cover

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Was bisher geschah

Feldversuche

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Manfred Weinland

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-0493-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

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Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ die Erde – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer, der Daa’muren. Die Erdachse verschiebt sich und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist – bis auf die Bunkerbewohner – degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel beim Einschlag durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 gerät. Nach dem Absturz wird er von Barbaren gerettet, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn so fremde Erde.

In einem „zeitlosen Raum“, der Schnittstelle vieler Paralleluniversen, kollabiert ein Tor und schleudert gefährliche Artefakte in unsere Welt. Mit einem Scanner spürt Matt die ersten davon auf und macht sie unschädlich. Doch dann verlieren er und Aruula nach einer Reise durch den Zeitstrahl ganze 16 Jahre – und treffen auf Robot-Nachbildungen historischer Führer, die „Schwarze Philosophen“ (SP) als Statthalter einsetzen. In Glasgow rettet eine junge Frau Matts Leben. Er weiß nicht, dass Xaana seine Tochter aus der Zukunft ist, mit der seine im zeitlosen Raum verschollene Ex-Freundin Xij schwanger war.

In Schottland wurde die Burg ihres Freundes Rulfan zerstört! Die SP wollen die Artefakte im Hort des Wissens rauben. Rulfan vernichtet alle und sein Sohn Juefaan schließt sich Matt und Aruula an. Er besitzt einen wandelbaren Symbionten, der sich von Blut ernährt. In der Schweiz werden sie Zeuge, wie sich im CERN-Forschungszentrum ein Wurmloch öffnet. Während Xaana zum neuen Hort des Wissens reist, treffen sie in Marseille erstmals auf die SP und erfahren von einem weiteren Statthalter, der Washington übernehmen soll: die Robot-Version von Professor Dr. Smythe, Matts totem Erzfeind! Matt und Aruula brechen nach Meeraka auf, während Juefaan die Basis des Feindes in Tibet aufspüren will.

In Waashton plant Smythe die Übernahme. Matt und Aruula stoßen zu den Rebellen, um seinen Plan zu vereiteln und General Crow zu stürzen. Es kommt zur Schlacht, bei der auch Jacob Smythe, der mit seinem Hass auf Matt die Programmierung der SP überwindet, mitmischt. Am Ende ist Crow tot und von Smythe und Matt fehlt jede Spur. Letzteren findet Aruula nach sechs Tagen an Bord eines Trawlers. Was mit ihm passiert ist, weiß Matt nicht. Sie suchen nach weiteren Artefakten und finden einen Strahler, der Menschen zu Berserkern macht, aber verloren geht.

In Nepal stößt Juefaan auf das fliegende Kloster der SP, wird von ihnen entdeckt und gefangen genommen. Und nicht nur das – ihnen fällt der Meng-âmok in die Hände, die Berserker-Waffe!

Derweil holt Jacob Smythe Matt und Aruula ein und greift sie an. Dabei wird Matt vom Blitz eines hydritischen Schockstabs getroffen, was dramatische Folgen hat: Etwas in seinem Nacken brennt durch und schädigt sein Gehirn. Er sucht Hilfe bei den SP und erfährt eine erschreckende Wahrheit: Er ist ein Klon, der im Auftrag der Feinde handelte – und dem Tod geweiht! Als letzte Tat verhilft er seinem Original und Aruula zur Flucht. Sie wollen nun auf schnellstem Weg zu Juefaan gelangen. Ihr Weg führt sie über die vereiste Landbrücke nach Asien und durch Japan in Richtung Tibet …

Feldversuche

von Manfred Weinland

Britana, Ende April 2545

Schnaufend brachte der Händler seinen Karren zum Stehen, vor den er sich selbst gespannt hatte, nachdem sein Zugtier vor ein paar Tagen verendet war. Damfyr Ormond hatte es zerlegt, um wenigstens noch einen Profit zu erzielen. Da ihm aber die Mittel fehlten, das Fleisch haltbar zu machen, und er selbst nichts davon verzehren mochte, weil die Todesursache zu unklar war, hatte er den ganzen Batzen im erstbesten Dorf zu einem Schleuderpreis verhökert. Von seinen Waren war er kaum etwas losgeworden. Letztlich hatte seine Barschaft deshalb nicht gereicht, um ein Ersatztier zu kaufen.

Unter dem hämischen Gelächter der Dorfkinder hatte er sich das Geschirr selbst umgelegt und bei sich gedacht: Lasst euch das gute Fleisch munden, ihr kleinen Hosenscheißer! Ich hoffe, es bringt eure Gedärme zum Verfaulen!

Während Ormond darauf wartete, dass sein Puls sich beruhigte, betrachtete er das erstaunliche Monument, das ihn veranlasst hatte, von der Straße abzuweichen und einen Umweg in Kauf zu nehmen. Schon von weitem war er zu der Überzeugung gelangt, dass er schwerlich einen besseren Platz für ein sicheres Nachtlager finden würde als diese Ansammlung übermannshoher Steinkolosse, die jemand zu einem Kreis angeordnet hatte.

Wer immer es war, es müssen Riesen gewesen sein – oder zumindest über deren Kräfte verfügt haben, dachte Ormond. Er hatte schon von diesem Monument gehört, es aber noch nie mit eigenen Augen gesehen. Das Innere des Kreises hätte Platz für Dutzende Rastsuchende geboten, und an manchen Stellen waren die Lücken zwischen den Steinen so groß, dass der Karren mühelos hindurchpasste.

Der Händler beglückwünschte sich zu seinem Entschluss, herzukommen. In weniger als einer Stunde würde es dunkel werden. Ob er es bis zum nächsten Dorf schaffen würde, gab die grobe Karte, die er bei sich führte, nicht her. Und ohne gute Deckung unter freiem Himmel zu schlafen, war in Gegenden, die man zum ersten Mal durchstreifte und dementsprechend schlecht einschätzen konnte, nicht ratsam.

Nachdem Ormond ein wenig verschnauft hatte, zog er den schweren Karren in das Rund der Steine und legte das Geschirr ab. Eine weitere Pause später sammelte er in der näheren Umgebung, was er an leidlich trockenem Holz finden konnte, und mühte sich eine ganze Weile damit ab, ein Lagerfeuer zu entfachen. Bis es endlich brannte, waren bereits die Sterne zum Vorschein gekommen.

Die Nächte waren in dieser Jahreszeit noch empfindlich kalt. Wer gezwungen war, unter dem offenen Himmelszelt zu übernachten, war froh, wenn es nicht auch noch regnete oder schneite.

Danach sah es nicht aus. Das wolkenlose Firmament funkelte in einer Pracht, dass Damfyr Ormond sich gar nicht sattsehen konnte daran. Und als dann auch noch der Mond aufging, erhellten die Himmelslichter die Nacht so stark, dass man auf die Jagd hätte gehen können. Doch obwohl der Händler Pfeil und Bogen mit sich führte, war er zu müde, um noch einmal loszuziehen. In seinen Taschen war noch genug Proviant, um den knurrenden Magen zu besänftigen. Den Rest erledigte der Wein im Trinkschlauch.

Während das Feuer ihn von außen wärmte, tat der Alkohol es von innen. Ormond wurde schläfrig. Bevor er sich aber sitzend, gegen ein Rad des Karrens gelehnt, zur Nacht bettete, rammte er seinen Kurzspeer, den er zu seiner Verteidigung mitführte, neben sich in den Boden. Die Waffe hatte noch nie das Blut eines Angreifers geschmeckt, aber schon mehrfach als Abschreckung funktioniert.

Was an Holz noch vorhanden war, schichtete Ormond so geübt über der Glut auf, dass das Feuer bis zum Morgen brennen und Tiere abschrecken würde.

Menschen würden davon eher angezogen werden, aber das Risiko ging Ormond ein, weil er die Wahrscheinlichkeit als gering einschätzte.

Bald darauf war er in tiefen Schlaf gefallen …

… aus dem er lange vor Morgengrauen jäh wieder aufschreckte.

Damfyr Ormonds Herz hämmerte wie nach einem Albtraum – an den er sich aber nicht erinnern konnte. Mechanisch griff er nach seinem Speer und zerrte ihn aus dem Grasboden. Angestrengt lauschte er in die noch immer sternklare, mondhelle Nacht und rätselte, ob ihn ein Geräusch oder sein Instinkt geweckt haben mochte. Falls ein Geräusch schuld war, wiederholte es sich jedenfalls nicht.

Ormond streifte seine wärmenden Decken ab und zog sich mit einer Hand am Rad des Karrens in die Höhe. Der Zustand des Feuers ließ ihn schätzen, dass er höchstens zwei, drei Stunden geschlafen hatte.

Vorsichtig bewegte er sich auf eine der Lücken im steinernen Kreis zu. Er trat hindurch und sondierte die Umgebung des Monuments.

Als er sich schon wieder abwenden wollte, erregte eine Stelle, einen Steinwurf entfernt, seine Aufmerksamkeit.

Da!

Die schwache Bewegung des dort hüfthohen Grases wiederholte sich.

Ormond glaubte an ein wildes Tier und überlegte, ob er in die Offensive gehen oder besser so tun sollte, als hätte er es nicht bemerkt. Schließlich entschied er sich für Letzteres, zog sich ins Innere des Steinkreises zurück, als wollte er sich wieder schlafen legen, ging stattdessen aber hinter einem der Megalithen in Deckung und spähte vorsichtig hinter ihm hervor. Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis sich eine zottelige Gestalt erhob und geduckt auf das Monument zu gelaufen kam.

Der Händler konnte das Tier keiner ihm bekannten Gattung zuordnen – bis ihm zu dämmern begann, dass es überhaupt kein Tier war, sondern ein völlig verwahrloster Mensch. Augenblicklich kamen ihm Geschichten über einen „Wilden Jungen“, die er in einem Gasthaus aufgeschnappt hatte, in den Sinn. Angeblich terrorisierte er die Bewohner umliegender Weiler und kleiner Dörfer, indem er in ihre Häuser einbrach und Nahrungsmittel stahl. Jene, die ihn gesehen haben wollten, beschrieben ihn als auf allen Vieren laufende, dürre Gestalt, deren Behaarung den kompletten Körper wie ein zotteliges Fell bedeckte.

Oha, dachte Damfyr Ormond, dem ein ganz bestimmter Aspekt der Geschichte ins Gedächtnis rückte. Auf deinen Kopf ist ein hübsches Preisgeld ausgesetzt – vielleicht sollte ich versuchen, dich einzufangen. Er umfasste den Schaft des Kurzspeers fester, wie um sich daran zu erinnern, dass er im Gegensatz zu dem Zotteligen bewaffnet war. Mit dir kann ich es sicher aufnehmen.

Tot oder lebendig, so lautete die Vorgabe für den Erhalt der Belohnung. Damfyr Ormond war von Natur aus mit nur wenigen Skrupeln behaftet – als fahrender Händler konnte er sich solche auch gar nicht leisten. Und darum entschied er, auf Nummer sicher zu gehen, richtete sein Schlaflager so her, dass es in der sternhellen Nacht aussah, als läge ein Mensch unter der aufgebauschten Decke, und verbarg sich selbst hinter einem der Steinkolosse in der Nähe.

Dann wartete er auf das Erscheinen des diebischen Gesellen, der sich bald darauf dem „Schlafenden“ näherte, in welcher Absicht auch immer.

Vielleicht will er mir mit seinen überlangen Nägeln den Hals aufschlitzen.

Der Händler warf die letzten Hemmschuhe über Bord. Als der Zottelige sich zwischen ihn und die Attrappe schob und ihm den Rücken zukehrte, trat Damfyr Ormond hinter seiner Deckung hervor und holte aus, um dem Tiermenschen die Lanze in den Rücken zu rammen.

Doch noch in der Ausholbewegung geschah etwas, das alle Pläne zunichtemachte – und das Schicksal des Händlers besiegelte.

Ein plötzliches Knistern brachte nicht nur den Zotteligen zum Erstarren, sondern auch den Händler, der sich lautlos angepirscht hatte.

Das Geräusch klang hässlicher als alles, was Ormond jemals gehört hatte. Dabei war es nicht einmal laut, aber es kam nicht nur über sein Gehör, sondern schien sich in jeden Quadratzoll seiner Haut zu bohren, von wo es auf unerfindliche Weise den Weg in seinen Verstand fand und dort heilloses Chaos stiftete.

Der Händler zitterte wie Espenlaub. Seine ursprüngliche Absicht war vergessen.

Aber auch der Zottelige wusste nicht, wie ihm geschah. Kreischend presste er sich die Hände gegen die Ohren – was das schreckliche Geräusch aber nicht fernhalten konnte. Dem Kreischen folgte ein Veitstanz, als hätte sich der Boden unter seinen nackten Füßen in eine glühende Herdplatte verwandelt. Der Tiermensch war so mit sich selbst beschäftigt, dass er den Händler erst nach einer Weile entdeckte – in dem Moment nämlich, als sich zu dem unheilvollen Knistern noch ein weiterer Effekt gesellte: Die Steinkolosse waren von einem Augenblick zum anderen in geisterhaftes Licht getaucht.

Das Licht ließ Ormonds Körper und den des Zotteligen in einer Weise durchscheinend werden, dass der Händler die Innereien des Tiermenschen zu sehen glaubte – und auch seine eigenen, als er an sich herabschaute.

Mit einem Aufbäumen, als müsse er unsichtbare Ketten abschütteln, wandte der Zottelige sich zur Flucht. Mehr noch als der Speer in Ormonds Hand versetzte ihn der Spuk in Entsetzen – der Spuk, der die Steinriesen erfasst hatte, begonnen mit dem immer noch hörbaren Knistern, als liefen Sprünge durch sie hindurch und wollten sie sprengen, bis hin zu dem schaurigen Glanz, den sie ausschütteten.

Die Gedanken des Händlers überschlugen sich. Ihm war klar, dass er ebenfalls aus dem Steinkreis heraus musste. Wenn die Kolosse erst in sich zusammenstürzten, gab es kein Entkommen mehr. Aber das zu wissen war eine Sache, die Flucht in die Tat umzusetzen eine ganz andere. Er war wie gelähmt. Sein Blick zuckte zu dem Karren, auf dem sein ganzes Hab und Gut ruhte. Wenn er es hierließ, war es ebenso verloren wie er selbst, wenn er noch lange zauderte.

Das Licht der Steine veränderte sich. Es schien in sie zurückzukriechen. Aber damit wurde es nicht erträglicher. Auf der Oberfläche der Giganten entstand Bewegung, als hätten sie ihre Härte und Festigkeit verloren. An manchen Stellen formten sich Muster und Beulen, als wäre ein Mensch darin gefangen, der verzweifelt versuchte, daraus zu entkommen. Fratzen kamen und gingen. Steinerne Münder formten sich zu unhörbaren Schreien. Und über allem schwebte das durchdringende Geräusch von brechendem Stein, der nur noch von dem unnatürlichen Licht zusammengehalten wurde.

Endlich hatten sich in dem Händler genug Entsetzen und Furcht angesammelt, um den Fluchtreflex übermächtig werden zu lassen. Er stolperte auf die nächstbeste Lücke im Steinring zu und akzeptierte, dass das eigene Leben wichtiger als der Karren mit seinen Habseligkeiten war. Sich selbst musste er retten. Waren ließen sich ersetzen, das eigene Leben nicht.

Als hätte der Spuk nur noch einmal Hoffnung in dem Mann wecken wollen, den er als Opfer auserkoren hatte, passte er genau den Moment ab, als Damfyr Ormond durch den Spalt zwischen zwei Steinen torkelte, und startete den nächsten Akt seines bizarren Schauspiels. Ein Lichtbogen zuckte an dem Händler vorbei, traf einen der Megalithen, zwischen denen er sich befand, und zerschmetterte ihn.

Ormond stürzte. Splitter und Funken prasselten auf ihn herab. Er versuchte, sich wieder in die Höhe zu stemmen, und hatte es fast geschafft, als unweit der nächste Lichtwirbel auf einen anderen Stein traf. Die Gewalt, die dem sich windenden Lichttentakel innewohnte, halbierte den Brocken. Dann zuckte er weiter, streifte den Grasboden, ließ Büschel durch die Luft fliegen, Erde regnen, und tastete sich schließlich wie ein Raubtier, das Witterung aufgenommen hatte, auf Ormond zu.

Verzweifelt kämpfte sich der Händler hoch. In seinem Kopf war kein klarer Gedanke mehr. Seine puren Überlebensinstinkte peitschten ihn aus dem Kreis heraus und ließen ihn über die Wiese stürmen, als säßen ihm alle Dämonen der Hölle im Nacken. Er wagte es nicht, zurückzuschauen. Er wollte nur weg hier, wollte leben!

Links und rechts schlugen Lichtbögen ein. Hätte er doch hinter sich geblickt, wäre ihm klar geworden, dass es unzählige davon gab, die den Boden rings um das Monument aufrissen, als wollten sie das Innerste nach außen stülpen.

Mit jedem Schritt, den Ormond sich entfernte, wähnte er sich dem Entkommen näher. Aber der Spuk war unerbittlich, und wenig später erfüllten Schreie die Nacht, die selbst dem zotteligen Tiermenschen, der das alles beobachtete, das Blut in den Adern gefrieren ließ …

Zwei Monate später, Juni 2545

Ein Schwarm Kolks stob kreischend aus den nahen Uferbäumen auf, als die Geländemaschine nach einem waghalsigen Bremsmanöver zum Stehen kam. Die Fahrerin in der schwarzen Ledermontur schaltete den Motor aus und hebelte den Dingi Cruiser auf seinen Ständer. Danach ließ sie sich wieder auf den ramponierten Sitz sinken. Die Hände griffen nach dem Helm und zogen ihn ab. Langes blondes Haar quoll hervor.

Xaana platzierte den Helm vor sich auf dem Gehäuse der Maschiin – wie das Gros der Menschen dieser Epoche technische Gerätschaften nannte – und spähte von der Anhöhe auf den windgeschützt daliegenden, spiegelglatten See hinab.

Nach einer Weile zog sie einen Feldstecher aus der Satteltasche und unterzog die Umgebung einer genaueren Überprüfung. Das einzige von Menschenhand erbaute Gebäude weit und breit schmiegte sich an den Westhang des Loch Lamond und würde mit etwas Glück gerade noch in der verbliebenen Reichweite des Dingis liegen; der Akku pfiff auf dem letzten Loch.

Und Glück, dachte Xaana übernächtigt und hoffnungsvoll zugleich, wäre eine wirklich willkommene Abwechslung zu all dem Pech, das mir seit Wochen an den Reifen klebt.

Sie seufzte und entschied, dass sie trotz einer Negativserie von Ereignissen nicht undankbar sein durfte. Mochte eine unwirsche Schicksalsmacht ihr auch seit ihrer Ankunft in diesem Zeitalter immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen haben, so durfte sie doch nicht vergessen, dass es ein Ereignis gegeben hatte, bei dem das Schicksal sie mit Glück überhäuft hatte – mit dem Glück nämlich, die Entstehung eines Phänomens überlebt zu haben, das Juefaan als „Wurmloch“ bezeichnet hatte.

Ihre Erinnerung wanderte zum CERN, der Forschungsanlage in der Schweiz, wo ihre Hoffnung zerplatzt war, Mittel und Wege zu finden, um das Tor bei Stonehenge zu öffnen. Sie hatte vorgehabt, über den zeitlosen Raum zurück in die Epoche zu gelangen, wo ihre Mutter und ihr Vater nach wie vor festsaßen – die Epoche, die ihr Zeitheimat und Geburtsort zugleich war.

Die Bilder von Xij Hamlet und Tom Ericson, die vor ihrem geistigen Auge aufstiegen, ließen sekundenlang das, was der Feldstecher für sie heranholte, verschwimmen und in den Hintergrund rücken.

Abermals seufzend verstaute Xaana das Binokular wieder in der Satteltasche und stülpte sich den Helm über. Wie auch der Dingi Cruiser waren Fernglas und Schutzkleidung ein Abschiedsgeschenk jenes Mannes, dem sie in dieser weit zurückliegenden Zeitlinie das Leben gerettet hatte: Matthew Drax.

Xaanas Mutter Xij hatte in den Archiven der Domäne Hinweise darauf gefunden, wann und wo ihr alter Freund eines gewaltsamen Todes gestorben war. Was sie um jeden Preis verhindern wollte, selbst auf die Gefahr hin, ein Zeitparadoxon auszulösen. Doch letztlich war der Versuch, zu dritt aus der Domäne hierher zu gelangen, gescheitert. Nur Xaana war durch das kollabierende Tor gelangt, hatte den Wunsch ihrer Mutter erfüllt und Matt gerettet.1)