Bleib doch, liebes Hausgespenst - Marie Louise Fischer - E-Book

Bleib doch, liebes Hausgespenst E-Book

Marie Louise Fischer

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Beschreibung

Dem großen Hund sträuben sich die Haare, was bei ihm sonst selten vorkommt. Es ist ihm unmöglich, die Türschwelle zu übertreten. Für Monika ein klares Anzeichen, dass Amadeus im Spiel ist. Das Hausgespenst Amadeus denkt sich immer tollere Streiche aus, um die Familie zu ärgern. Richtig schlimm wird es, als Monika sich nach ihrem Religionsunterricht Sorgen um Amadeus' Seele macht. Einige Zeit später finden sich alle zusammen, um mit Amadeus in einer Geisterbeschwörung in Verbindung zu treten. Jetzt bedarf es des Monikas Geschick, wieder etwas Ruhe ins Haus zu bekommen.-

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Marie Louise Fischer

Bleib doch, liebes Hausgespenst

SAGA Egmont

Bleib doch, liebes Hausgespenst

Bleib doch, liebes Hausgespenst (Band 5)

Genehmigte eBook Ausgabe für Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

Copyright © 2017 by Erbengemeinschaft Fischer-Kernmayr, (www.marielouisefischer.de) represented by AVA international GmbH, Germany (www.ava-international.de)

Originally published 1979 by F. Schneider, Germany

All rights reserved

ISBN: 9788711719671

1. e-bogsudgave, 2017

Format: EPUB 3.0

Denne bog er beskyttet af lov om ophavsret. Kopiering til andet end personlig brug må kun ske efter aftale med Lindhardt og Ringhof samt forfatter.

lindhardtogringhof.dk

Lindhardt og Ringhof Forlag A/S, et selskab i Egmont

Was ist los mit Monika?

Sacht trommelte ein warmer Frühlingsregen gegen die Fensterscheiben des Klassenzimmers. Die Schüler und Schülerinnen lauschten mäuschenstill, was Frau Hübner, die Biologielehrerin, von den Wundern der Tierwelt zu berichten wußte. Die meisten waren enttäuscht, als sie aufforderte: „Ich habe euch vom Urvogel erzählt“, sagte sie, „wie sah er aus?“

Die Finger flogen in die Höhe.

„Ingrid!“

Ingrid, ein großes Mädchen mit braunen Augen und einem braunen Wuschelkopf, als einzige Tochter eines Gymnasiallehrers immer eine Spur zu fein gekleidet – heute trug sie an einem ganz gewöhnlichen vorfrühlinghaften Schultag einen hellgrauen Faltenrock mit einem weichen, langärmeligen rosa Pullover – fuhr auf. „Halb Vogel, halb Eidechse!“

„Sehr richtig! Und woher wissen wir das?“

Diesmal durfte Norbert antworten – Norbert, ein blondgelockter Junge, dessen Eltern erst vor einem halben Jahr aus Norddeutschland nach Bayern zugezogen waren, und deres sich noch nicht ganz abgewöhnt hatte, ein spitzes „St“ zu sprechen. Noch immer wurde er manchmal deswegen ausgelacht, und obwohl er es tapfer ertrug, war er bemüht, diese Eigenart abzulegen. „Man hat …“ Er machte eine kleine Pause und sagte dann betont: „Ver-schteinerungen im Fränkischen Jura gefunden.“

Die Klasse lachte auch über dieses bemühte „Scht“ – nur Monika nicht. Obwohl sie Frau Hübner mit weit geöffneten grünen Augen scheinbar aufmerksam anstarrte, war sie mit ihren Gedanken doch weit, weit fort.

„Ssch-timmt!“ lobte Frau Hübner, und unwillkürlich betonte auch sie das „St“ wie eine Lokomotive, Den Lacher, den sie damit erntete, nahm sie nicht übel, sondern schmunzelte dazu. „Andere Ablagerungen der Erdgeschichte verrieten uns noch mehr. Die Zahl der Versteinerungen, die man erforscht hat, ist so groß, daß man sich schon ein ganz gutes Bild des Erd-Mittelalters machen kann. Wer waren damals die Herren der Erde?“

Viele Arme flogen hoch. Frau Hübners Blick überflog die Klasse. Sie stellte fest, daß Monika sich nicht gemeldet hatte.

„Monika“, fragte sie freundlich, „das mußt du doch auch wissen. Ich habe es ja gerade erst erzählt!“

Monika war erwacht, als sie ihren Namen hörte, und ihr hellhäutiges Gesicht war rot geworden. „Wa-a-as?“ stotterte sie.

„Ich habe vom Erd-Mittelalter gesprochen, Monika!“ versuchte Frau Hübner ihr zu helfen. „Wie hießen die Tiere, die damals am verbreitetsten waren? Inzwischen sind viele von ihnen schon ganz ausgestorben!“

Unvermittelt brach Monika in Tränen aus.

Die Klasse hielt den Atem an.

„Aber, Monika, warum weinst du?“ fragte Frau Hübner verblüfft. „Wegen der ausgestorbenen Reptilien? Oder weil du nicht aufgepaßt hast?“

„Ich … nein, gar nicht …“ stammelte Monika schluchzend, „… ich weine, weil …“ Unfähig, eine vernünftige Erklärung abzugeben, stürzte sie aus dem Zimmer.

Frau Hübner sah die Klasse an. „Was ist los mit Monika? Ist sie krank? Oder hat sie zu Hause Kummer? Ingrid?“

Ingrid war aufgestanden. Aber statt einer Erklärung hatte sie eine Gegenfrage: „Darf ich ihr nach … sie beruhigen?“

„Ja, lauf nur.“

Monika und Ingrid waren Freundinnen, und das wußte Frau Hübner.

Norbert meldete sich, nahm all seinen Mut zusammen und bat: „Ich auch?“

Die anderen – besonders die Schüler – lachten schallend, denn es schien ihnen überaus komisch, daß ein Junge ein Mädchen zu trösten versuchen wollte. Aber Norbert hatte es ganz ernst gemeint, denn zwischen ihm und Monika bestand eine Freundschaft, in die auch Ingrid einbezogen war.

Auch Frau Hübner war es nicht entgangen, daß die drei ständig zusammensteckten, dennoch gab sie ihre Erlaubnis nicht. „Du nicht, Norbert“, sagte sie statt dessen, „du wirst früh genug nach Schulschluß hinter das große Geheimnis kommen!“

„Was für ein Geheimnis?“ fragte Norbert und tat so erstaunt, wie er nur konnte.

„Versuch nicht, mir etwas vorzumachen! Glaubst du nicht, ich hätte längst bemerkt, wie du und die beiden Mädchen immer miteinander tuscheln? Ihr habt ein Geheimnis zusammen … aber keine Angst, ich will es gar nicht wissen. Aber ich möchte wetten, daß Monikas unmotivierte Tränen mit diesem Geheimnis Zusammenhängen!“

„Ich weiß gar nicht, was Sie meinen“, murmelte Norbert, aber er wagte nicht, der Lehrerin dabei in die Augen zu sehen, denn er wußte nur zu gut, daß sie recht hatte. Monika, Ingrid und er hatten ein Geheimnis miteinander, und es war nur zu wahrscheinlich, daß Monikas Tränen mit diesem Geheimnis im Zusammenhang standen.

Draußen, auf dem hellen, breiten Gang des modernen Hauses, das eine sogenannte Mittelpunktsschule beherbergte, hatte Ingrid den Arm um Monikas Schultern gelegt. „Heul dich nur aus“, sagte sie verständnisvoll, „was raus muß, muß raus! Und nachher erzählst du mir dann, was los ist, ja?“

Die beiden standen vor einem riesigen bunten Wandmosaik, das die „Kunst“ an dem Schulbau vertrat, aber keine von ihnen hatte Augen für die blau-grün-rot-gelb-goldene Farbenpracht.

Monika befolgte nicht den Rat der Freundin, ihren Tränen erst einmal freien Lauf zu lassen, sondern sie rang um Beherrschung. „Ich muß immer an Amadeus denken“, brachte sie schluchzend hervor, „er … er tut mir ja sooo leid!“

„Aber warum denn?“ fragte Ingrid ganz erstaunt.

„Ja, hast du denn in Relix nicht aufgepaßt?“ Monika versuchte mit den Fäusten, ihre Wangen zu trocknen. „Wie der Herr Pfarrer uns von unserer unsterblichen Seele erzählt hat?“

„Schon. Aber das ist doch eine alte Geschichte.“ Ingrid holte ein blütenweißes, zart duftendes und sorgsam zusammengefaltetes Tuch aus der Innentasche ihres Faltenrockes und reichte es Monika. „Da, putz dir die Nase!“

Monika tat, wie sie gesagt hatte. „Aber was ist dann mit Amadeus? Was ist mit seiner Seele?“

„Wahrscheinlich hat er gar keine“, meinte Ingrid gelassen.

„Waaas?“ Entsetzt riß Monika die Augen auf, und auch ihre letzten Tränen versiegten von einer Sekunde auf die andere. „Wie kannst du so etwas sagen?“

„Ich denk’s mir eben. Weil Norberts Vater doch meint, daß Amadeus ein Kobold ist.“

„Aber wie kann Norberts Vater das wissen? Er kennt Amadeus doch gar nicht.“

„Ich nehme an, Norbert hat ihm eine Menge erzählt.“

„Trotzdem! Wissen kann er es nicht! Und wenn Amadeus nun doch das ist, was er selber sagt? Wenn er doch als kleiner Junge vor zweihundert Jahren im Seerosenteich hinter unserem Haus ertrunken ist? Und wenn er nun für immer und alle Zeiten gespenstern muß?“

„Ja, dann …“, Ingrid legte den Finger an die Nase und dachte nach, „… kann ich ihm auch nicht helfen“, sagte sie endlich.

„Wie kannst du nur so herzlos sein!“ Schon wieder wurden Monikas Augen feucht.

„Reg dich bloß nicht auf! Soll ich dir mal sagen, was mit dir los ist? Du hast einfach zu wenig Schlaf.“

„Aber ich leg mich jeden Mittag hin!“

„Ja, ich weiß … du verschläfst die schönste Zeit des Tages, um Nacht für Nacht von Amadeus geweckt zu werden. Und dann fließt du auch noch über vor Mitleid um diesen Lauser.“

„Aber kannst du dir denn nicht vorstellen, wie das ist, Ingrid? Wenn man gar keine Abwechslung hat, nicht essen, nicht schlafen und nicht lesen, ja, nicht einmal lernen oder arbeiten kann? Wenn niemand einen beachtet und einem nichts anderes einfällt als dumme Streiche … na ja, ein paar kluge waren ja auch darunter. Aber kannst du dir nicht vorstellen, wie öd das sein muß und wie langweilig? Hast du denn gar kein Mitleid mit Amadeus?“

Ingrid schüttelte den Kopf. „Nein“, bekannte sie ehrlich, „höchstens mit dir!“

Es läutete zum Schulschluß, und kurz darauf kamen die anderen aus dem Klassenzimmer gestürmt. Allen voran stürzte Norbert auf die Freundinnen zu und nahm sie beiseite.

„Was ist los?“ wollte er wissen. „Warum heulst du, Moni?“

Sie zog die Nase hoch. „Tu ich ja gar nicht!“

„Moni ist unglücklich“, erklärte Ingrid in dem belehrenden Ton eines langmütigen Erwachsenen, „weil Amadeus ein so ödes Leben führen muß …“

„Ja, tut er denn das?“ fragte Norbert erstaunt.

„… und weil seine unsterbliche Seele keine Erlösung findet“, fügte Ingrid hinzu.

„Aber wie oft soll ich euch noch sagen … er hat gar keine Seele. Er ist nichts als ein Kobold!“

Monika funkelte ihn an. „Und woher willst du das wissen?“

„Alle Sym … sym … sy …“ Norbert kratzte sich am Kopf. „Verflixt, ich komm jetzt nicht drauf!“

„Meinst du vielleicht … Symptome?“ half Ingrid ihm.

„Ja, genau. Alle Symptome sprechen dafür. Das haben wir doch nun schon oft genug durchgekaut. Mein Vater sagt …“

„Aber er kennt ihn doch gar nicht!“

„Das ist deine eigene Schuld, Monika! Natürlich wär’s besser, mein Vater könnte sich selber überzeugen. So kann ich ihm immer alles nur erzählen, und das noch in verbrämter Form … durch die Blume sozusagen.“

Ingrid stimmte ihm zu. „Ich finde auch, Moni, wenn du wirklich so besorgt um Amadeus bist, dann solltest du unbedingt Norberts Vater mal einladen. Der versteht was von …“ Sie machte eine kleine Pause.

„Übernatürlichen Erscheinungen!“ ergänzte Norbert.

„Der könnte dir bestimmt helfen!“.

„Und bestimmt wird er auch versprechen, daß er nichts darüber schreibt … jedenfalls nicht so, daß man das Haus am Seerosenteich erkennt.“

Monika war schon halb überzeugt. „Meint ihr wirklich?“

„Ja“, sagten Ingrid und Norbert gleichzeitig.

Sie lachten, verhakten die kleinen Finger, schwenkten schwungvoll die Arme und riefen gleichzeitig miteinander: „Goethe! “ – „Schiller! “

„Schade.“ Nachdenklich wickelte Monika eine Strähne ihres glatten roten Haares um den Finger. „Es hat nicht geklappt.“

Ingrid wehrte ab. „Aber das ist doch nur ein dummer Aberglaube … daß man, wenn man auch das zweite Wort gleichzeitig richtig sagt, sich was wünschen kann. Das heißt: Wünschen kann man sich immer was. Es ist nur die Frage, ob es auch eintrifft. Laßt uns lieber was Vernünftiges reden.“

„Ich schlage vor, wir gehen dabei in Richtung Heimat“, sagte Norbert.

Sie zogen sich an. Ingrid schlüpfte in ihren schicken Regenmantel mit Südwester, Monika und Norbert in ihre Anoraks. Alle drei wechselten sie die Hausschuhe gegen Regenschuhe um.

„Wartet! Ich muß noch meine Sachen packen!“ Monika lief noch einmal in das Klassenzimmer und kam mit ihrer Tasche zurück.

Als sie das Schulgebäude verließen, waren einige der Busse, die die Kinder aus der weiteren Umgebung von Gerretsried nach Hause brachten, schon abgefahren. Das ärgste Gewühl war vorbei. Aber immer noch stiegen Kinder, sich schubsend, lachend, schimpfend und grölend, in die wartenden Busse.

Ein kleines Mädchen stand abseits und schluchzte bitterlich.

Norbert gab ihr einen freundschaftlichen Schubs. „Na, was ist mit dir? Willst du nicht einsteigen?“

„Ich hab meinen Bus verpaßt … er ist schon weg!“ heulte die Kleine.

„Pech!“ meinte Monika mitfühlend. „Fährt nicht einer von den anderen ungefähr in die Richtung?“

„Nein! Ich weiß nicht! Ich glaub nicht!“

„Danach solltest du dich aber mal erkundigen!“ meinte Ingrid.

Norbert griff in seine Hosentasche. „Weißt du was, hier hast du ein …“ Er brachte ein silberglänzendes Fünfzigpfennigstück auf der flachen Hand zutage und sah Monika und Ingrid fragend an. „Wie nennt ihr das noch mal?“

„Ein Fuffzigerl!“ antwortete Monika prompt.

„Ein Fuffzigerl!“ ahmte Norbert sie nach. „Dort drüben ist eine Telefonkabine …“

„Telefonhäuserl“, dolmetschte Monika.

„Ruf zu Hause an, daß irgend jemand dich abholt!“

„Ihr habt doch ein Telefon?“ fragte Ingrid.

Das Schluchzen der Kleinen war versiegt; sie nickte. „Der Nachbar!“

„Und ein Auto?“

„Naa“, sagte die Kleine breit, „der Nachbar!“

„Na, hoffentlich holt er dich! Wenn er nicht kann, wartest du eben bis zum Nachmittagsbus. Hauptsache, die Deinen wissen Bescheid.“

„Ja, vergelt’s Gott. Ich dank euch auch recht schön!“ Erleichtert lief die Kleine zur Telefonzelle.

„Wie kommst du mir vor, Norbert?“ fragte Ingrid neckend, während sie sich auf den Weg machten, „Du bist ja so großmütig wie Amadeus in seinen besten Augenblicken.“

Norbert zuckte die Achseln. „Die Kleine hat mir einfach leid getan. Jemand mußte sich ja um sie kümmern.“

„Das war sehr nett von dir, Norbert!“ Monika schenkte ihm ein Lächeln. „Aber, Himmel, bin ich froh, daß ich mich nicht Tag für Tag in so einem blöden Bus durch die Gegend schaukeln lassen muß. Hundertmal lieber gehe ich zu Fuß … selbst wenn’s regnet!“

Ingrid und Monika wohnten beide in Heidholzen, Ingrid im eigentlichen Weiler, Monika in einem Haus, das auswärts lag. Aber sie hatten ein gutes Stück Wegs gemeinsam. Norbert lebte mit seinen Eltern am entgegengesetzten Ende von Gerretsried. Aber es hatte sich eingebürgert, daß er die beiden Mädchen bis zu eben jener Kreuzung, wo sie sich zu trennen pflegten, begleitete.

„Das ist doch heute ein ganz famoser Regen!“ stellte er fest, legte den Kopf in den Nacken und versuchte, Regentropfen mit dem Mund aufzufangen. „Man spürt doch richtig, wie er alles zum Grünen und Blühen bringt!“

Monika lachte. „Ich s-püre nur“, ahmte sie den Freund gutmütig nach, „wie naß ich werde! Seht euch nur meine Knie an … und deine auch, Norbert! Bei diesem Wetter solltest du dir den Umweg sparen!“

„Und wer würde euch dann beschützen?“ fragte Norbert großspurig.

„Pudle dich nicht auf!“ gab Ingrid zurück. „Wir sind zuvor ganz gut ohne dich ausgekommen. Da feit sie nix.“

„Was soll denn nun das schon wieder heißen?“ fragte Norbert verwirrt.

„Das nichts daran fehlt … daß es eben so ist“, erklärte Monika.

Sie hatten die Kreuzung erreicht, wo sich ihre Wege trennten. Vor ihnen, jenseits einer großen Wiese, lag das Haus am Seerosenteich, breit hingelagert. Auf den ersten Blick wirkte es wie ein oberbayerisches Bauernhaus. Es hatte ein tiefgezogenes Dach, dicke Mauern und kleine Fenster. Ein Balkon mit einem hölzernen, kunstvoll geschnitzten Gitter zog sich die ganze Front des ersten Stocks entlang. Aber daß es sich nicht um ein gewöhnliches Bauernhaus handelte, war schon daran zu sehen, daß die Stallungen nicht mit dem Haus verbunden waren, sondern sich, ein niedriges, langgestrecktes Gebäude, seitwärts daneben erstreckten. Sie waren teils als Garage, teils als Unterkunft für Monikas Pferd, den guten alten Bodo, ausgebaut. In der Scheune, die zwischen dem Stall und Haus lag, hatte Frau Schmidt, Monikas Mutter, sich eine Töpferei eingerichtet.

Das große Haus sah gemütlich und friedlich genug aus, wie es da im strömenden Regen vor Monika und ihren Freunden lag. Niemand, der es nicht wußte, hätte vermutet, daß ein Geheimnis über ihm schwebte.

„Also dann … bis morgen!“ Monika betrat den Weg, der um die große Wiese führte, die durch einen hölzernen Zaun in vier Abschnitte eingeteilt war, auf denen Bodo abwechselnd grasen konnte.

„Pfüat di!“ rief Ingrid ihr auf gut bayerisch nach.

„Auf Wiedersehen!“ rief Norbert.

Die beiden blieben noch einen Augenblick stehen und blickten Monika nach. Gerade wollten sie sich zum Gehen wenden, als sie etwas sahen, das ihnen die Augen fast aus dem Kopf fallen ließ: Über Monika hatte sich etwas wie ein unsichtbarer Schirm gebildet, der das Regenwasser zu beiden Seiten dichter herabfließen ließ. Monika wandelte trockenen Fußes wie durch eine Kuppel.

Jetzt merkte sie es selber. Sie blickte nach oben: Doch, es regnete noch, aber nicht auf ihr Haupt. Die Regentropfen platschten auf einen unsichtbaren Schild, teilten sich und strömten nach rechts und links.

Monika mußte lachen und drehte sich um sich selber. Sie sah, daß Ingrid und Norbert stehengeblieben waren und ihr nachstarrten.

„Bärig, was?“ rief sie ihnen zu.

Aber den anderen hatte es die Sprache verschlagen.

Erst als Monika das Haus schon fast erreicht hatte, brachte Ingrid einen Ton heraus. „Amadeus!“

„Höchste Zeit, daß gegen diesen Burschen was unternommen wird“, erklärte Norbert im Manneston.

„Bei so etwas kann selbst der vernünftigste Mensch verrückt werden!“ stimmte Ingrid ihm zu.

„Ich spreche heute noch mit meinem Vater.“

„Lieber nicht, Norbert. Warte ab, bis Moni grünes Licht gibt. Sie könnte sonst verdammt sauer werden.“

„Auch wieder wahr.“

Mit einem Abschiedswort trennten sich Ingrid und Norbert, Ingrid, um weiter nach Heidholzen und Norbert, um nach Gerretsried zurückzugehen. Nur ungern rissen sie sich von Monikas Anblick los, obwohl von ihrem Beobachtungspunkt schon nicht mehr zu sehen war, daß Monika trocken durch den Regen schritt.