Blind vor Liebe - Toni Waidacher - E-Book

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Toni Waidacher

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Beschreibung

Als Philipp Deininger in St. Johann auf dem Gelände der Deininger Bräu Baustelle erscheint, ist Jürgen Deininger ­erfreut, denn Philipp war immer sein Lieblingsneffe. Aber angesichts der Zwistigkeiten mit dem anderen Zweig der Deininger-Brauerei, befürchtet Jürgen, dass Philipp ihn nur ausspionieren soll. Der Bergpfarrer ›begutachtet‹ den ­jungen Mann auf einer Wanderung und gibt Entwarnung, er hält ihn für ehrlich. Und so soll Philipp den Job als Braumeister bekommen. Dazu passt auch, dass der junge Mann sich in Nicole verliebt hat. Philipps Zukunft in St. Johann sieht rosig aus. Doch ausgerechnet Nicole ertappt ihn bei ­einem verdächtigen Gespräch … Es war am Sonntag nach der Messe, als Pfarrer Trenker eine dunkelgekleidete, grauhaarige Frau von zierlicher Gestalt durch die Pforte des Friedhofs schreiten sah. Der Pfarrer hatte sich einer der kleinen Menschengruppen hinzugesellt, die sich auf dem Kirchenvorplatz zusammengefunden hatten, um die neuesten Ereignisse in St. Johann und im Wachnertal zu diskutieren. Jetzt verabschiedete er sich und strebte der grauhaarigen Frau zu, die ihn auf sich zusteuern sah und anhielt. Sie war um die sechzig Jahre alt, ihr Gesicht war faltig und ihre blauen Augen blickten müde. »Grüaß di, Karoline«, rief der Pfarrer, als er sich auf drei Schritte genähert hatte. »Dich hab' ich schon eine ganze Weile nimmer in der Messe gesehen. Warst du krank?« »Ja, Hochwürden. Meine rechte Hüfte …« Sie seufzte. »Ich bräucht' schon längst eine neue, aber ich scheu' mich, ins Krankenhaus zu gehen. Man hat schon so viel gehört. Einige, die eine künstliche Hüfte bekommen haben, lamentieren. Sie können zum Teil noch schlechter gehen als vorher.« »Das kann sicher mal vorkommen, dass eine Operation net den gewünschten Erfolg bringt, Karoline«, versetzte Sebastian. »Aber die meisten können sich nach der Operation problemlos bewegen. Ich an deiner Stelle würd' mich mal an Professor Bernhardt wenden.«

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Der Bergpfarrer (ab 375) – 484 –

Blind vor Liebe

Wann wacht Sascha endlich auf?

Toni Waidacher

Es war am Sonntag nach der Messe, als Pfarrer Trenker eine dunkelgekleidete, grauhaarige Frau von zierlicher Gestalt durch die Pforte des Friedhofs schreiten sah. Der Pfarrer hatte sich einer der kleinen Menschengruppen hinzugesellt, die sich auf dem Kirchenvorplatz zusammengefunden hatten, um die neuesten Ereignisse in St. Johann und im Wachnertal zu diskutieren.

Jetzt verabschiedete er sich und strebte der grauhaarigen Frau zu, die ihn auf sich zusteuern sah und anhielt. Sie war um die sechzig Jahre alt, ihr Gesicht war faltig und ihre blauen Augen blickten müde.

»Grüaß di, Karoline«, rief der Pfarrer, als er sich auf drei Schritte genähert hatte. »Dich hab’ ich schon eine ganze Weile nimmer in der Messe gesehen. Warst du krank?«

»Ja, Hochwürden. Meine rechte Hüfte …« Sie seufzte. »Ich bräucht’ schon längst eine neue, aber ich scheu’ mich, ins Krankenhaus zu gehen. Man hat schon so viel gehört. Einige, die eine künstliche Hüfte bekommen haben, lamentieren. Sie können zum Teil noch schlechter gehen als vorher.«

»Das kann sicher mal vorkommen, dass eine Operation net den gewünschten Erfolg bringt, Karoline«, versetzte Sebastian. »Aber die meisten können sich nach der Operation problemlos bewegen. Ich an deiner Stelle würd’ mich mal an Professor Bernhardt wenden.«

»Na ja, im Moment sind die Schmerzen ja weg, Hochwürden«, sagte Karoline Gebert. »Schlimm ist’s immer dann, wenn das Wetter umschlägt. Aber reden wir net von mir, reden wir von Ihnen, Hochwürden. Ich hab’ schon gehört von Ihrer Heldentat am vergangenen Sonntag, als sie die junge Frau und den Winkler-Dieter gerettet haben, nachdem sie oben auf der Wintermaid von dem Schneesturm überrascht worden sind. Eigentlich müsst’ man Sie und Ihren Bruder für die Rettungsmedaille vorschlagen.«

Sebastian lachte. »Aber geh, jetzt übertreibst du aber, Karoline. Wir haben die beiden net gerettet. Mein Bruder und ich sind halt hinaufgestiegen, um zu klären, wo sie geblieben sind. Auf halbem Weg aber ist uns schon der Dieter entgegengekommen. Die beiden wären auch ohne meinen Bruder und mich gerettet worden.«

»Sie sind halt immer so bescheiden, Hochwürden. Das ganze Dorf hat über Ihre Rettungsaktion geredet.«

Sebastian winkte ab. »Wie geht’s eigentlich dem Sascha?«, wechselte er das Thema, denn er redete nicht gerne über sich. »Arbeitet er noch in Bozen? Will er denn net endlich mal den Hof übernehmen und ihn bewirtschaften?«

»Der Bub kommt einmal im Monat für ein paar Stunden zu Besuch. Er ist zum Manager eines Hotels befördert worden. Mir hat er am Telefon erzählt, dass die Tochter des Hotelbesitzers und er seit kurzem ein Paar sind. Heut’ Nachmittag kommt er wieder. Ich weiß net, was er letztendlich vorhat, ob er den Hof überhaupt jemals bewirtschaften will. Wenn ich ihn frag’, weicht er mir aus. Ich glaub’ allerdings net, dass der Sascha großes Interesse daran hat, als Landwirt sein tägliches Brot zu verdienen.« Sie zuckte mit den Schultern und fuhr fort: »Ich wurschtel’ halt weiter, so lang ich noch einigermaßen kann. Die Mareike geht mir, so weit sie Zeit hat, zur Hand. Ihr Vater und auch der Bruder helfen mir bei der Bestellung der Felder und auch bei der Ernte. Ohne meine Nachbarn wär’ ich ganz schön aufgeschmissen.«

»Das ist doch auch kein Zustand, Karoline«, murmelte der Bergpfarrer. »Hast du mit dem Sascha schon einmal Tacheles geredet? Er ist doch auch schon dreißig und muss sich mal festlegen. Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit, bis du nimmer kannst. Angeschlagen bist du eh schon. Was soll denn dann aus dem Hof werden?«

»Diese Frage stell’ ich mir leider oft. Seit Generationen bewirtschaften die Geberts den Hof. Aber der Sascha hat noch nie ein besonderes Interesse an der Landwirtschaft erkennen lassen. Ganz offensichtlich war’s, als er sich entschlossen hat, Hotelkaufmann zu werden. Da hab’ ich schon schwarzgesehen.«

»Es wär’ traurig, wenn noch ein Hof aufgegeben würd’«, meinte Sebastian.

»Irgendwann wird er es mir schon sagen, was er vorhat«, erwiderte die Bäuerin. »Vielleicht besinnt er sich doch noch und kehrt nach St. Johann zurück.«

»Ich wünsch’ es dir, Karoline. Aber wenn er im Hotelgewerbe bleiben will, wirst du’s auch akzeptieren müssen. Zwingen, den Hof zu bewirtschaften, wirst du ihn net können. Es würd’ auch zu nix führen. Ein Hund, der auf die Jagd getragen werden muss, wird nie ein guter Jagdhund sein. Ich will damit sagen, dass ein Bauer, der net mit Herz und Seele dabei ist, kein glücklicher Bauer ist.«

»Die Zeit wird’s weisen, was aus dem Hof wird, Hochwürden. Solang’ ich noch kann, bewirtschaft’ ich ihn. Und dann wird sich schon zeigen, was der Sascha vorhat.«

»Dann wünsch’ ich dir noch einen schönen Sonntag, Karoline«, verabschiedete sich der Pfarrer. »Und schon’ dich, damit du gesund bleibst. Pfüat di Gott.«

»Pfüat Ihnen, Hochwürden.«

Während Karoline Gebert in Richtung Straße davonging, strebte der Bergpfarrer dem Pfarrhaus zu, wo Sophie Tappert schon das Frühstück für ihn bereitet hatte.

Sebastian wusste, dass Karoline alles andere als glücklich darüber war, dass ihr Sohn scheinbar kein Interesse an der Landwirtschaft hatte. Heute hatte sie ganz besonders verhärmt und irgendwie verloren auf ihn gewirkt. Karoline war zwar erst zweiundsechzig Jahre alt, aber deutlich vorgealtert. Ihr war ein Leben lang nichts geschenkt worden. Und als dann vor fünf Jahren ihr Mann verstarb, war alles, was auf dem Hof anfiel, an ihr hängen geblieben; schon fünf harte Jahre lang, die bei ihr an die Substanz gegangen waren und Spuren hinterlassen hatten.

*

Karoline Gebert stand am Fenster in der Küche, als der Wagen mit der italienischen Zulassungsnummer in den Hof rollte. Sie ging zur Haustür.

Sascha umarmte seine Mutter, küsste sie auf die Wange und fragte: »Wie geht’s dir denn, Mama? Als wir das letzte Mal telefoniert haben, hast du über arge Schmerzen in der Hüfte geklagt. Ist’s besser geworden? Warst du wenigstens beim Arzt?«

»Es geht schon wieder. Nein, beim Arzt war ich net. Der würd’ mich eh nur ins Krankenhaus schicken, wo s’ mich operieren täten. Und das will ich net. Ich hoff’, dir geht’s gut, Sascha. Warum hast du denn deine neue Freundin net mitgebracht? Ich hätt’ sie gern’ kennengelernt.«

»Alles zu seiner Zeit, Mama. Ich stell’ dir die Saskia schon noch vor. Du wirst von ihr begeistert sein.«

»Das will ich auch hoffen. Aber gehen wir doch ins Wohnzimmer. Ich koch’ uns Kaffee. Die Mareike hat einen Kuchen gebacken. Vielleicht kommt sie später auch auf einen Sprung herüber. Wenn ich das Madel net hätt’, dann wär’ ich ganz schön aufgeschmissen. Genauer gesagt, bin ich auf die ganze Forster-Familie angewiesen. Wenn mir der Gustav und der Benjamin net immer wieder zur Hand gehen würden, hätt’ ich sicherlich schon lang aufgeben müssen.«

Sascha ließ sich nicht anmerken, ob ihn dieser Seitenhieb auf ihn, der sich auf dem Hof rar machte, getroffen hatte.

Sie gingen ins Wohnzimmer und Sascha ließ sich in einen der Sessel fallen. »Das ist ein Zustand«, sagte er dann, »den ich net länger zulassen kann. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich heut’ heimgekommen bin. Wir müssen wegen des Hofs reden, Mama.«

»Hast du dir endlich Gedanken gemacht?«, murmelte Karoline. »Zu welchem Ergebnis bist du denn gekommen?« Erwartungsvolle Anspannung prägte das Gesicht der Zweiundsechzigjährigen. Ihre Augen blickten nicht mehr müde, sondern waren voller Leben und forschend auf ihren Sohn gerichtet.

»Koch erst den Kaffee, Mama. Wir reden drüber, wenn wir gemütlich beisammen sitzen.«

Unerfreuliche Ahnungen befielen Karoline. Sie starrte Sascha an, als wollte sie von seinen Zügen die Antwort auf ihre Frage ablesen.

Sascha schien sich plötzlich nicht mehr recht wohl in seiner Haut zu fühlen. Er wich dem Blick seiner Mutter aus, wirkte betreten und verunsichert und stieß schließlich hervor: »Mit dem, was ich vorhab, ist sowohl dir als auch mir gedient, Mama. Es ist die beste Lösung.«

»Ich weiß net …«, murmelte Karoline und drehte sich um, um das Wohnzimmer zu verlassen. »Für mich hört sich das net so an, als hättest du vor, den Hof zu bewirtschaften«, murmelte sie, ohne sich noch einmal umzudrehen. »Aber ich lass’ mich überraschen.«

Der Magen krampfte sich ihr zusammen, als sie daran dachte, dass er das Anwesen vielleicht verkaufen wollte und sie es verlassen müsste. Mit fünfundzwanzig hatte sie auf den Gebert-Hof eingeheiratet, seit siebenunddreißig Jahren war er ihr Zuhause gewesen. ›Einen alten Baum verpflanzt man net!‹, durchfuhr es sie. ›Und ich werd’ mich mit Händen und Füßen dagegen zur Wehr setzen …‹

Zehn Minuten später brachte sie Kaffee und Kuchen in das Wohnzimmer. »Soll ich der Mareike Bescheid sagen, dass sie ein bissel zu uns herüberkommen soll?«

»Nein. Ich will mit dir unter vier Augen sprechen«, versetzte Sascha knapp.

Das ungute Gefühl in ihr wuchs. Sie schenkte ihrem Sohn und sich mit leicht zitternder Hand Kaffee ein, verteilte zwei Stücke Kuchen, dann setzte sie sich und sagte ungeduldig: »Lass’ hören, was du dir ausgedacht hast, Bub.«

Sascha rührte umständlich Milch und Zucker in seinen Kaffee, und seine Mutter konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er Zeit gewinnen wollte. Vielleicht fand er auch nicht die richtigen Worte …

Schließlich aber lehnte er sich zurück, druckste noch ein wenig herum und stieß dann hervor: »Ich möcht’, dass du mir den Hof überschreibst. Meiner Meinung nach ist es längst an der Zeit. Du hättest ihn mir schon übergeben sollen, als vor fünf Jahren der Papa gestorben ist.«

»Und was hast du vor mit dem Hof?«, fragte Karoline bang.

»Ich will ein Hotel draus machen und zwar eine Wellnessoase. Wie du weißt, bin ich vom Fach. Ich leit’ seit einiger Zeit ein großes Hotel in Bozen. Wenn ich die Saskia heiraten sollt’, ist mein Weg vorbestimmt: sie wird eines Tages drei weitere Hotels in Südtirol erben. Für eine Landwirtschaft hab’ ich keine Zeit, Mama. Aber ein Wellnesshotel trägt sich gewissermaßen von selbst. Ich setz’ einen Manager ein und der schmeißt für mich den Laden.«

Mit einer Mischung aus Betroffenheit und Fassungslosigkeit starrte Karoline ihren Sohn an. Es hatte ihr die Worte verschlagen, schließlich aber stammelte sie: »Was willst du? Ein Wellnesshotel …? Die – die Landwirtschaft aufgegeben? Das – das ist …« Ihre Stimme versagte.

»Du hast richtig gehört, Mama. Ich hab’ net vor, jemals wieder nach St. Johann zurückzukehren. Meine Erfüllung hab’ ich in meinem Beruf gefunden. Meine Aussichten, es auf diesem Gebiet zu etwas zu bringen, sind super gut.«

»Weil du denkst, in die Familie deines Chefs einheiraten zu können«, ächzte Karoline. Sie war bis in ihren Kern erschüttert, obwohl sie etwas in der Art schon geahnt hatte. Aber da war immer noch ein kleiner Rest von Hoffnung gewesen … »Den Hof willst du wohl als Mitgift in die Ehe einbringen?«

»Sozusagen.« Saschas Stimme hob sich etwas. »Bitte, Mama, betracht’ es doch mit den Augen der Vernunft. Du bist nimmer die Gesündeste, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis du die Landwirtschaft aufgeben musst. Für mich steht fest, dass ich in Bozen bleib’. Wenn ich den Hof zu einem Hotel umbau’, bleibt er wenigstens in Gebert-Händen. Auch wenn der wirtschaftliche Zweck ein anderer ist.«

»Und was soll aus mir werden?«, entrang es sich fast zaghaft der Bäuerin, die gegen die Tränen ankämpfte.

»Du kommst mit nach Bozen. Dort gibt’s schöne Seniorenresidenzen …«

»Niemals!«

»Du wirst net jünger, Mama«, mahnte Sascha. »Im Seniorenheim hättest du es gut. Da ist ständig jemand, der sich um dich kümmert.«

»Ich pfeif’ drauf!«, fauchte Karoline. »Guter Gott, der Papa tät sich im Grab herumdrehen, wenn er hören könnt’, was du mit dem Hof vorhast. Genierst du dich denn gar net, überhaupt mit einem solchen Plan an mich heranzutreten?«

Sascha errötete ein wenig. Eine derart heftige Reaktion hatte er nicht erwartet. »Bitte, beruhige dich, Mama. Ich verlang’ ja net, dass du sofort einen Termin beim Notar vereinbarst und mir den Hof überschreibst. Lass’ dir das alles in aller Ruhe durch den Kopf gehen. Bei nüchterner Betrachtung wirst du schließlich auch zu dem Schluss kommen, dass das, was ich vorhab, vernünftig ist. Alles andere wäre der Untergang des Hofs.«

»Das ist ein Bauernhof!«, keuchte Karoline. »Die Äcker und Felder, die Wälder und Wiesen, das ganze Vieh … Das würdest du doch alles verkaufen müssen, um den Hof umzubauen. Das würd’ in die Millionen gehen. Das, was du vorhast, ist der Untergang des Gebert-Hofs. Das lass’ ich net zu, Sascha. Lieber arbeit’ ich hier, bis ich umfall’.«

»Das wär’ unvernünftig, Mama. Du willst doch noch ein paar Jahre in aller Ruhe und Beschaulichkeit genießen. Überleg’ doch mal. Keine Küh’, die zu melken sind, keine Stallarbeit. Du wärst von allen Pflichten befreit und müsstest dich nimmer plagen. Reizt dich der Gedanke denn gar net?«

»Net so viel!« Karoline zeigte einen winzigen Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger. Ihr Gesicht nahm einen entschiedenen Ausdruck an. »Unter diesen Umständen wirst du auf den Hof warten müssen, bis ich gestorben bin, Sascha. Und das, hoff’ ich, dauert noch ein paar Jahre. Ich …«

In dem Moment läutete es.

Karoline brach ab. »Das ist sicher die Mareike. Sie wird fragen, weshalb wir sie net zum Kaffee geholt haben.«

»Dann werd’ ich ihr sagen, dass wir was zu besprechen hatten. Ich bin enttäuscht, Mama. Ich hätt’ dich für vernünftiger gehalten.«

Karoline hatte sich erhoben. »Ich lass’ die Mareike herein. Die Sach’ mit dem Hof kannst du vergessen. Du brauchst darüber auch gar nimmer mit mir reden.«

Auch Sascha erhob sich. »Du solltest reiflich drüber nachdenken, Mama. Lass’ dir alles in Ruhe durch den Kopf gehen. Dann wirst du selber erkennen, dass es so, wie’s im Moment hier ist, net weitergehen kann. Du arbeitest dich auf. Ich mach’ mir echte Sorgen um dich.«

»Warum stehst du jetzt auf?«, fragte Karoline überrascht.

»Weil ich wieder nach Bozen zurückfahr’. Ich glaub’ nämlich net, dass sich heut’ noch ein normales Gespräch ergeben könnt’. Soll die Mareike das Stück Kuchen essen und den Kaffee trinken. Dann kannst du ihr ja gleich dein Leid mit mir klagen.«

»Aber …«

Sascha winkte ungeduldig ab und ging zur Tür. »Du kannst dich wieder hinsetzen, Mama. Ich lass’ die Mareike herein.«

»Ich bitt’ dich, Bub …«

»Überleg’ dir das mit dem Hof. Ich ruf’ dich in ein paar Tagen an und will dann Bescheid wissen.«

»Du – du setzt mir das Messer auf die Brust«, erregte sich Karoline.

Es läutete erneut.