Blue Eyes - Jerome Charyn - E-Book

Blue Eyes E-Book

Jerome Charyn

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  • Herausgeber: Diaphanes
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Manfred »Blue Eyes« Coen ist blauäugiger Frauenmagnet und leidenschaftlicher Ping-Pong-Spieler. Als jüdischer Cop in Manhattan war er die rechte Hand eines knallharten Chiefs: Isaac Sidel. Doch der ist in Ungnade gefallen und hält Winterschlaf in der Bronx. Und Coen ist als Isaacs Maulwurf auf den Spuren eines peruanischen Zuhälterrings auf sich allein gestellt. Weitere Zutaten: eine männermordende Schönheit, ein tödlich beleidigter Chinese mit roter Perücke, alte Bekannte, ungeklärte Familiengeheimnisse – und das Unheil nimmt seinen Lauf.

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Seitenzahl: 357

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Jerome Charyn

Blue Eyes

Inhalt

Teil Eins

TEIL Eins

1

»Shotgun Coen.«

Der Desk Lieutenant stieß seinen Untergebenen an und zwinkerte der Hilfspolizistin zu, einer blonden portorriqueña, die in den Randzeiten die Telefonzentrale bediente und eine Schwäche für Detectives hatte. Sein Untergebener machte sich Hoffnungen, die portorriqueña weichzukriegen, indem er sich die Nasenhaare auszupfte und französischen Herrenduft verwendete, aber er wäre nicht in der Lage gewesen, die Farbe ihrer Unterhose anzugeben oder auch nur einen Schönheitsfleck oberhalb ihrer Knie zu benennen. Isobel bevorzugte die Männer von Homicide and Assault.

Die fünf uniformierten Streifenpolizisten im Mannschaftsraum sahen es wie der Lieutenant. Sie missgönnten den Bullen im ersten Stock ihre Privilegien: golden glänzende Dienstabzeichen, ruhmreiche Aufgaben und gelegentliche Fummeleien mit Isobel. Über diesen Kampftrupp mit seiner protzigen Aufmachung aus Schrotflinten, Zigarren und Schutzwesten konnten sie nur lachen. DeFalco, Rosenheim und Brown, Detectives Third Grade mit schmalen Krawatten und gewohnt wiegendem Gang, konnten sie noch ertragen. Coen aber war ihnen zuwider. Er verdiente mehr als ihr eigener Sergeant, und er war obendrein zum Detective First Grade ernannt worden, der nun im Büro eines Inspectors fläzte oder Botschaftern und Filmstars im Auftrag des Bureau of Special Services das Geleit gab. Er war ein Spitzel für den First Deputy Commissioner, so viel war sicher. Sie beteten, er möge mit einer Kugel im Kopf zurückkommen.

Nur Isobel wünschte ihm alles Gute. Er war der erste israelita mit blauen Augen, dem sie je begegnet war. Er forderte sie nicht auf, auf einer der harten Bänke hinter dem Mannschaftsraum zu strippen, wie DeFalco und Brown. Coen nahm sie mit in seine Wohnung, zog sie aus, wie es sich gehörte, kaufte ihr Erdbeertörtchen, saß eine Stunde lang mit ihr in die Badewanne und drängte sie nicht, sich schnell wieder anzuziehen. Sie sah, wie er seine Schrotflinte in einem Einkaufsbeutel trug. DeFalco trat zwischen Coen und Isobel. Er erwartete mehr Aufmerksamkeit von ihr. Es war kaum eine Stunde her, vor Beginn ihrer Schicht, da hatte sie ihm bei den Spinden den Reißverschluss geöffnet. Vor Isobel aufgepflanzt, befestigte er den Lendenschutz an seiner Schutzweste. Sie mied immer noch seinen Blick. »Wo ist der Kerl?«, schnauzte er Coen an.

»An der Vortreppe.«

Und schweren Schrittes gingen sie hinaus, vorbei an Isobel und dem Wachmann, vier Manhattaner Cops. DeFalco, Rosenheim und Brown ignorierten Arnold den Spic, der auf den Stufen zum Revier saß und Coens Handschellen trug. Arnold war ein schwarzer Puertoricaner mit einem Klumpfuß. Er war mit Detectives in Zivilfahrzeugen gefahren, so dicht wie möglich an der Sirene, und hatte bei der Homicide Squad gelebt, bis der Commander ihn hinauswarf, weil er männliche Gefangene anspuckte und weibliche Verdächtige sowie die Hälfte aller Hilfskräfte anbaggerte. Verdrossen saß Arnold unter den grünen Lampen. Er wollte den Bullen helfen, den Taxigangster Chino Reyes ranzukriegen, um wieder Zugang zum Drahtkäfig im Mannschaftsraum zu erhalten. DeFalco hatte keinerlei Mitleid mit Spanish Arnold. Der Spic war Coens persönlicher Lockvogel; niemand sonst hätte einen Tipp von ihm bekommen. Auf seinem kaputten Fuß stehend linste Arnold in Coens Beutel. »Ich hab den Chinaman gesehen, Manfred, ich schwör’s. Er hat an ’nem Lammkotelett genuckelt. Bei Bummy’s, am East Broadway.«

Rosenheim verzog das Gesicht. »Seit wann hängt der Chinaman mit Captains und Zivilbullen rum? Du weißt selbst, wer bei Bummy’s einkehrt. Coen, wenn wir den Laden hochnehmen, gibt’s richtig Ärger.«

»Bummy’s«, beharrte der Spic.

»Steig ein«, sagte Brown. Arnold hatte einige Mühe, mit seinem orthopädischen Schuh in die Senkrechte zu kommen. Beim sechsten Versuch kam er die Stufen runter. Er stieg in den klobigen grünen Ford, nach vorne zwischen Coen und Brown. Brown musste fahren, weil er der Jüngste war. DeFalco und Rosenheim ließen sich auf den Rücksitz fallen. »He, Spic«, flüsterte DeFalco. »Sirene gefällig?«

Arnold riss und rieb an den Handschellen, bis sich blaue Striemen am Handgelenk zeigten, aber er konnte nicht nein sagen. Sie überfuhren drei rote Ampeln, die Sirene wirbelte unter ihren Knien, und Arnold wurde steif. Für eine lange Fahrt mit den Bullen hätte er darauf verzichtet, die Frau des Lebensmittelhändlers zu bumsen. Er hielt seine Handschellen hoch, damit man sie von draußen sehen konnte.

»Halt ihn fest. Der Spic fliegt uns noch durchs Dach.«

Coen stellte die Sirene ab. »Lasst ihn in Ruhe.« Arnold leckte sich die Lippen. Rosenheim gackerte vor Lachen. Coen ließ den Beutel an seinen Schenkeln entlanggleiten.

Rosenheim bekam wieder genug Luft, um zu rufen: »Er hat recht. Coen hat recht. Unsere Superhirne sind hinter dem Lippenstift-Freak her, und wir geben uns hier mit einem chinesischen Nigger ab, der Taxifahrern eins überbrät. Warum haben sie nicht mich und den Spic auf den Freak angesetzt? Den würden wir aus seinem Loch jagen und ihm seinen winzigen Schwanz abhacken, dem würden wir zeigen, dass man sich in Manhattan North nicht an puertoricanischen Babys vergreift.«

»Rosenheim«, sagte DeFalco, »hör auf, den Spic mit Interna zu versorgen. Der versteht noch was falsch. Und dann haben wir zwei Freaks am Hals. Soll er doch Chino auf den Fersen bleiben. Coen und der Chinaman sind Cousins.«

Rosenheim und DeFalco grinsten, ohne zuvor Blicke tauschen zu müssen; beide wussten, dass Coen als erster durch Bummy’s Tür gehen würde, und sollte Chinaman ihn dann abknallen, würden sie keine Trauer tragen. Sie waren überhaupt nicht begeistert davon, dass man ihnen den Wunderknaben zugeteilt hatte. Der First Deputy hatte ihn der Abteilung zugeschanzt. Sie brauchten in ihrem Team keinen Coen. Was Ohrfeigen und schmutzige Ermittlungsarbeit anging, konnten sie sich auf Brown verlassen. Coen hatte seinen Rabbi in der Abteilung des First Dep eingebüßt, und die Chiefs konnten ihn gar nicht schnell genug loswerden. Er wurde von einem Revier zum nächsten gereicht. Trotzdem war es besser, in seiner Anwesenheit den Mund zu halten. Vielleicht nutzten die Chiefs Coen ja als Köder. Nur ein Trottel hätte sich bei einem ehemaligen Spitzel gehen lassen.

Sie hofften also auf Chino. Der Chinaman hatte gelobt, Coens Hirn zu grillen. Als Sohn eines kreolischen Vaters und einer chinesischen Mom konnte er es gar nicht leiden, wenn ein blonder Detective sein Gesicht berührte. Coen hatte ihn vor seinen Kunden gedemütigt. Spieler aus Chinktown engagierten den Chinaman, um unter seinem Schutz ihre Fan-Tan-Spiele betreiben zu können. Er hatte einen guten Draht zu den Revieren in Downtown. Keiner der Spieler, die er vertrat, wurde je bei einer Razzia erwischt. Doch dann flatterte ein Kassiber aus dem Büro des District Attorney herein; ein chinesischer Gentleman in einem von Chinos Spielen wurde in Port Jervis, New York, wegen Mordes gesucht, also hatten DeFalco, Coen und drei Uniformierte mit einem Vorschlaghammer, zwei goldenen Dienstabzeichen und Coens Einkaufsbeutel das Spiel übernommen. Durch eine Hintertür drangen sie in die Wäscherei ein, in der das Spiel gerade im Gange war. Sie durchsuchten alle Chinesen. Sie verstreuten Spielsteine überall im Raum. Sie beschlagnahmten zwölftausendundacht Dollar in bar, während Chino wutschnaubend die Arme hinter dem Kopf verschränken musste. Als Coen gerade seine Taschen durchsuchte, ging er auf ihn los. Coen verpasste ihm eine mit der Faust und hinterließ eine Platzwunde auf Chinos Backe. Im Revier weigerte er sich, Fingerabdrücke nehmen zu lassen. Coen wälzte Chinos Handgelenk über das Stempelkissen und lochte ihn ein, während DeFalco die Spieler in den Verhörraum brachte. Chino spuckte durch die Stäbe. Spanish Arnold, der für die Zelle zuständig gewesen war, bevor der Commander ihn rausgesetzt hatte, bot Chino an, ihm ein Kopfkissen und einen Stuhl zu verkaufen. Chino spuckte etwas höher. Der Spic spazierte um den Käfig herum und winkte Chino mit seinen Eiern zu. Ein Assistant District Attorney blickte durch den Einwegspiegel in den Verhörraum zu den Spielern. Er gab DeFalco zu verstehen, dass Homicide das falsche Schlitzauge eingebuchtet hatte. Vom Telefon in der ersten Etage aus riefen die Chinesen ihre Kautionsbürgen an. Fünf Stunden später war Chino auf freiem Fuß, aber die Razzia hatte seine Glaubwürdigkeit beschädigt. Die Spieler fühlten sich nicht mehr gegen Übergriffe gefeit, wenn Chino bei ihnen war. Einmal wöchentlich rief er beim Revier an. Er wollte Coen sprechen. »Ihr könnt Blue Eyes ausrichten, dass Chino Reyes ihn nicht vergessen hat.« Er begann, Zeitungskioske und Taxis in Coens Bezirk auszunehmen. Er hoffte, damit sämtliche Detectives zu blamieren, die ihm je in die Quere gekommen waren. Vor lauter Eifer beulte er ein paar Taxifahrern den Schädel ein. Und Coen trug seine Schrotflinte seither in einem Einkaufsbeutel zur Arbeit.

Sie parkten in der Clinton Street und verboten Arnold auszusteigen. Rosenheim ließ Arnolds Handschellen rasseln. »Zu gefährlich, Spic. Du willst nicht, dass Chino weiß, wer ihn verpfiffen hat.«

Coen langte in den Einkaufsbeutel. Vergeblich suchte Arnold seinen Blick. Trübsinnig lümmelte er sich in den Sitz und äffte das Rauschen und Piepen des Polizeifunks nach. »Abschnitt neun Henry, hier sieben null fünf Delancey, bitte antworten. Kind mit Krämpfen. Nachricht an Zentrale, ob Krankenwagen … Abschnitt sieben George, verdächtige Frau streunt durch Battery Park.«

Rosenheim ging zum Seiteneingang der Bar hinüber und feilte sich lässig die Nägel. Coen, Brown und DeFalco stürmten durch den Vordereingang. Sie zogen keine Waffen, aber Coen hatte eine Hand im Einkaufsbeutel. Bummy Gilman sah die drei Detectives vom Waschraum aus. Er seifte sich die Hände ein und hielt sie unter den Hahn. Er hatte es nicht nötig, Bullen an seiner Tür zu dulden. Precinct Captains aßen mit ihm zu Abend. Jüdische Inspectors spielten im Polizeipräsidium Binokel mit ihm. Außerdem saß gerade ein uniformierter Lieutenant an seinem Tisch. DeFalco bog Coens Einkaufsbeutel in Richtung Boden. Bummy funkelte sie böse an. DeFalco ging auf ihn zu.

»Nicht meine Idee, Bummy. Irgendein Drecksack, der zu meinem Partner gehört, behauptet, Chino Reyes hätte hier Lammkoteletts gegessen.«

»Ich würde nie ein durchgeknalltes Schlitzauge hier verstecken. Zieht eure billige Nummer bei jemand anderem ab. Deine Freunde können mich mal, DeFalco.«

Der Lieutenant rief von Bummys Tisch herüber: »Bring ihn her, Bummy.« DeFalco blieb steif stehen, während der Lieutenant sich die Uniformjacke glattstrich. »Wer hat euch eingeladen, mit euren Scheißknarren in mein Revier zu kommen?«

»Wir suchen Chino Reyes.«

»Scheiß auf Chino Reyes«, sagte der Lieutenant. Er trank Pure Rye. »Wer ist der Witzbold mit der Knarre?«

»Coen.«

Der Lieutenant zog die Schultern zusammen. Seine Kiefer arbeiteten. »Manfred Coen?« Er schlürfte an seinem Whiskey. »Ihr redet von Chino Reyes und setzt den Chorknaben vom First Dep auf Bummy an?«

»Er ist nicht mehr beim First Dep.«

»Erzähl keinen Scheiß, wer einmal bei der Rat Squad war, ist sein Leben lang Mitglied. Die lassen ihn doch nur die Runde machen. Sie schieben ihn euch unter, dann ziehen sie ihn wieder ab. Ich geb dir ’nen Rat, DeFalco, lass dich nicht zu oft mit ihm blicken. Die Leute könnten denken, du bist mit ihm verheiratet. Bring ihn hinten raus. Mit ’ner Ratte will ich nicht gesehen werden.«

Coen dachte nicht daran, zu gehen. Er stellte den Einkaufsbeutel unter einen Barhocker und bestellte Sloe Gin. »Weibergesöff«, dachte Bummy, aber er wies den Barmixer nicht an, die Flaschen zuzumachen. Brown und DeFalco tranken deutsches Bier. Brown sah nur einmal zu dem Lieutenant rüber. Nach dem dritten Sloe Gin ging Coen vorne hinaus. Er ließ Erdnüsse für Arnold mitgehen. Rosenheim saß im Wagen und schlief, einen spanischen Comic über dem Gesicht. DeFalco wollte Arnold die Ohren umdrehen. Coens Gesichtsausdruck hielt ihn zurück. Er begnügte sich damit, Arnold in die Brust zu piksen.

»Wer glaubt schon einem Spic. Wer hat dich bezahlt, dass du Bummy verpfeifst? Der sieht doch Gespenster. Das kommt vom Kleberschnüffeln.«

»Manfred! Chino hat ein Kotelett gegessen. Er hatte ’ne schicke Serviette mit Bummys Namen um. Er war da.«

»Ich weiß.«

DeFalco klatschte sich auf die Schenkel. »Jesus, du gibst mehr auf Arnold als auf Bummy?«

Sie fuhren zum Revier zurück, ohne Chino noch einmal zu erwähnen.

An ein Gurkenfass und einen Stapel Tischdecken gelehnt, hatte der Chinaman Spanish Arnold durch das Gitterfenster von Bummys Abstellkammer gesehen. Der Spic, der nicht leben konnte, ohne in Polizeiwagen zu schlafen und Rost von der Zelle im Mannschaftsraum zu nagen, tat ihm leid. Aber er konnte nicht zulassen, dass ein Spitzel mit Handschellen den Bullen Manhattans sein Versteck verriet. »Du wirst dich bald zu deinem Herrn und Meister gesellen, Arnold. Auf dem Judenfriedhof.« Er würde sich Coen und seinen Spic gemeinsam vornehmen, ihnen die Zähne einschlagen und zeigen, wie unvorteilhaft es sein konnte, sich mit Chino Reyes anzulegen. Er wartete, bis die Bullen den East Broadway verlassen hatten, und schlich aus der Kammer, ohne Bummy zur Rede zu stellen. Er trug einen roten Mop auf dem Kopf, ein Haarteil, das er in der Pell Street gekauft und mit einer Schere ausgelichtet hatte. Weitere Zugeständnisse an die Bullen machte er nicht. Er trug das Ding hauptsächlich Bummy zuliebe, der allerlei Captains an seinem privaten Tisch bewirtete und sich einen Tumult in seiner Bar nicht leisten konnte. Sonst hätte der Chinaman Blue Eyes und seinen Freunden ans Bein gepisst.

Er überquerte die Bowery, mied jedoch die verwinkelte Doyers Street, weil er von keinem chinesischen Lebensmittelhändler mit einer Perücke gesehen werden wollte. Sicherer war es auf der Mulberry, wo Italiener und Puertoricaner kein Trara um einen Chinesen mit roten Haaren machen würden. Er ging unter der Feuertreppe seiner ehemaligen Schule durch. Als Chinese mit kubanischen Sitten war er von den schweren Jungs der PS 23 nie wirklich akzeptiert worden (Chino war im Alter von neun Jahren mit seinem Vater aus Havanna gekommen). Sie hatten ihn »Nigger Boy« genannt und ihn von allen Chinesengangs ausgeschlossen. Also musste der Chinaman auf eigene Rechnung Obst und Gemüse klauen. Er nahm sich die Guinea Bloods zum Vorbild, die auf der Grand Street herumhingen, und trug mit 11 Jahren Hosenträger mit seinen Initialen auf den Schnallen, weit ausgestellte Hosen und gestreifte Socken. Mit dreizehn belieferte er die Glücksspieler an der Mott und der Pell mit Krabbenbällchen und Gewürzente. Und bald bewachte er bei Fan-Tan-Spielen die Brieftaschen und Geldgürtel und verdiente sich Zulagen, indem er Streitigkeiten unter den Spielern beilegte, bis Coen ihn von der Straße jagte.

Er erkannte Solomon Wong, der in einer Mülltonne saß. Solomon hatte in Kuba Teller für Papa Reyes gewaschen und war dann ein norteamericano geworden, wie Chino und sein Vater. Er lebte in den Höfen schäbiger Absteigen abseits der Bowery. Wann immer Chino ihn im Herbst sah, gehüllt in einen löchrigen Frühjahrsmantel, dessen Ärmel er sich zweimal um die Taille hätte wickeln können, war er sicher, dass der alte Mann den Winter nicht überleben würde. Doch Ende März tauchte Solomon jedesmal wieder auf, auf einer Vortreppe, in einer Mülltonne oder auf einem gestrandeten Lieferwagen, und sein Mantel war jedes Mal zerfetzter als im Vorjahr. Jetzt war es Ende April, und Chino begrüßte den alten Mann auf Spanisch, wobei er ihn mit großer Zuneigung und ohne jede Blasiertheit »tata« (oder Papa) nannte. »Bueno’ días, tata.« Der alte Mann rülpste ein undeutliches Hallo. Es machte ihm Schwierigkeiten, ohne Zähne ein S zu sprechen. Chino wollte ihm hundert Dollar geben, vielleicht auch zweihundert, doch Solomon hätte eine derart generöse Gabe als Kränkung aufgefasst. Von diesem alten Mann hatte der Chinaman die Kunst des rechten Maßes gelernt. Solomon nahm allenfalls fünf Dollar als Leihgabe entgegen, aber auch nur dann, wenn es im Namen von Chinos Dad geschah. »Tata«, sagte der Chinaman und drückte Solomon das Geld in die Hand. »Die Knochen meines Vaters werden sich aus dem Grab bohren, wenn du den Fünfer nicht nimmst.«

Der Chinaman ging in Ferraras Feinbäckerei und bestellte drei Napoleonschnitten, einen Cannolo und ein großes Glas Orzata, ein bei Italienern, Kubanern und Halbchinesen gleichermaßen beliebtes Mandelgetränk. Ein Würfelspieler aus Uptown passte ihn ab, als er gerade den Mund voll Blätterteig hatte. Der Würfelspieler war siebenundsechzig, hatte blondiertes Haar und ebenmäßige Halbmonde auf den Fingernägeln. Vor Erregung blies er die Backen auf. Er konnte es nicht lassen, den Chinaman an den Hosenträgern zu packen. »Ich will das Mädchen, Chino.« Der Chinaman machte sich über die nächste Napoleonschnitte her. »Hörst du, es muss Odette sein.«

»Sieh dich lieber eine Etage tiefer um, Ziggy. Das Mädchen steht nicht zum Verkauf.«

Weil ihm in Chinatown die Hände gebunden waren, managte Chino ein paar Nutten für ein Uptown-Syndikat.

»Zorro sagt, sie ist noch im Geschäft. Ich erzähl ihm von dir, Chino, darauf kannst du dich verlassen.«

»Mach nur«, sagte der Chinaman.

»Chino, ich biete dir hundertfünfzig. Du machst deinen Schnitt. Sie braucht sich nicht mal auszuziehen. Ich will sie nur anschauen.«

»Verschwinde, solange du noch zwei Beine hast, Ziggy. Mit deinem Duft in der Nase vertrag ich den Cannolo nicht.«

Nicht alle Probleme, die der Chinaman hatte, hatten ihre Ursache in Coen. Er war in eine achtzehnjährige Prostituierte verliebt, eines seiner eigenen Mädchen. Der Chinaman verkaufte Kurzfilme über Odette, die Pornoqueen, an gewisse Bars und Junggesellenclubs. Er arrangierte ihre Treffen mit seriösen Männern, die mit Fünfzigdollarscheinen in den Schuhen in Odettes Wohnung in der Jane Street kamen, doch es gelang ihm nicht, auch nur einen Finger in Odettes Kleider zu stecken. Mit einem Chinesen trieb sie es nicht. Er bezwang seinen Stolz und bot ihr Geld an. Zweihundert Dollar. Für ein Mädchen, das er managte. Zweihundert Dollar für jemanden, der eigentlich das weiche Leder seiner Hosenträger bewundern müsste, für sie, die ihm dafür hätte dankbar sein müssen, dass er sie reich machte. Odette sagte nein. »Kleiner, für ’nen Abzocker mach ich nicht die Beine breit.« Der Chinaman hätte sie brandmarken können, ihre Spalte rasieren, seine Initialen auf ihren Bauch tätowieren, ganz gleich, wie viel sie wert war, doch Odette brachte seine Wut mit ein paar wohlplatzierten Worten unter Kontrolle. »Zorro würde es nicht gefallen, wenn ich Blut auf dem Hintern hätte.«

Also pendelte Chino zwischen Bummy’s und Ferrara’s hin und her, während sein Haarteil ein dreckiges Rotbraun annahm (er konnte es nicht riskieren, in einem der Dim-sum-Lokale an der Mott Street zu essen, obwohl er nach Schweinefleisch mit Abalonen fast verging). Schließlich sammelte sich die Spucke auf seiner Unterlippe, und er hatte den Geschmack von Mandelsirup auf der Zunge satt. Also machte er sich auf die Suche nach Odette. Er versuchte es in der Jane Street. Mit durchgestrecktem Finger spießte er ihren Klingelknopf auf.

»Bist du da, Odette? Ich bin’s nur, Reyes. Wir sollten mal reden. Ich fass dich nicht an. Versprochen.«

Odettes Vermieterin, eine Frau mit Lockenwicklern und rosa Pantoffeln, kam an die Wohnungstür. Weil sie nicht daran dachte, dem Chinesen zu öffnen, musste er durch die Glasscheibe schreien. »Bringen Sie mich zu Miss Odette.« Ihre finstere Miene war überzeugend; er würde den Hintereingang nehmen müssen. »Hey, muchacha«, sagte er und pochte gegen die Scheibe, »warte nicht zu lang auf mich.« Er polterte um das Haus herum, trampelte durch Gemüsebeete und zertrat die Überbleibsel diverser Blumentöpfe. Die Streunerkatzen von der Jane Street rührten sich für den Chinaman nicht vom Fleck. Er musste einen seiner Hosenträger loshaken und ihn schwingen, ehe sie ihren angestammten Platz auf der Feuertreppe aufgaben. Dann griff er nach der untersten Sprosse der Leiter, hangelte sich nach oben und blieb vor Odettes Fensterbrett stehen. Beim Blick durch das Fenster war nichts zu erkennen. Durch einen Wust von gebauschtem Vorhangstoff konnte er grüne Möbel sehen. Mit Gewalt drückte er das Fenster auf, ohne Glas zu zersplittern. Er kletterte hinein, durchsuchte Odettes anderthalb Zimmer und knabberte an den Mini-Sandwiches, die sie im Kühlschrank für die Kunden aufbewahrte, die Chino ihr brachte (Halbmonde, Dreiecke und Quadrate aus Schwarzbrot mit Käseschnipseln), was ihn daran erinnerte, dass er sich seinen Lebensunterhalt seit neuestem als Zuhälter verdiente. Er nahm Strümpfe aus dem Wäschekorb, Strapse und schmutzige Büstenhalter, die sie in ihren Filmen trug. Er wollte ein paar Andenken, einen Schatz an Unterwäsche. »Jesus«, sagte er, sich die Taschen vollstopfend, »sie ist bei ihren Freundinnen.« Diesmal verschmähte er die Feuerleiter und verließ die Wohnung durch die Eingangstür. Ein Strumpfhalter baumelte gegen sein Knie.

Er hätte Odettes Stammkneipe The Dwarf stürmen können, aber die beiden Rausschmeißerinnen waren größer als er und Chino hätte einen Ärmel und einen Schuh verloren, ehe er bei Odette angelangt war. Also rief er von einer Zelle auf der anderen Straßenseite aus an. »Odette Leonhardy«, sagte er mit aufgesetztem Lispeln.

»Wer ist da?«

Die Stimme der Rausschmeißerin war sanfter, als er erwartet hatte.

»Hier Zorro.«

»Sie ist noch nicht da, Mr. Zorro. Kann ich ihr was ausrichten?«

»Ja«, sagte der Chinaman. »Sagen Sie ihr, jemand hat ihren Wäschekorb geplündert. Und wenn sie ihre Partyklamotten wiederhaben will, sollte sie lieber nett zu einem gewissen Herrn sein. Sie weiß, wer gemeint ist.«

»Sonst noch was, Mr. Zorro? Dann auf Wiedersehen.«

Der Chinaman stand in der Telefonzelle, biss sich auf einen Knöchel und beobachtete, wie das Blut an seinem Finger entlangrann, sein rotes Haar zuckerverklebt von all den Napoleonschnitten, die er gegessen hatte. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er uptown oder downtown gehen sollte, ob er Zorro, Odette oder Coen treffen wollte. Wie ein Wilder stürzte er aus der Zelle, die Leute, die draußen warteten, stoben auseinander. Zuletzt schnappte er sich noch einen Strumpf, der an der Tür hängengeblieben war, und ließ The Dwarf hinter sich.

2

DeFalco, Rosenheim und Brown verachteten Coen, weil er nicht draußen auf der Insel wohnte wie sie. Er hatte keine Familie. Nur einen Onkel in einem Pflegeheim am Riverside Drive. Coens Frau hatte ihn wegen eines Zahnarztes aus Manhattan verlassen. Sie hatte zwei kleine Kinder, nicht von Coen. Er aß in kubanischen Restaurants. Er war ein Tischtennis-Freak. Er ließ sich von keiner der Hilfspolizistinnen an die Wäsche gehen. Für Isobel, die portorriqueña, kaufte er Pralinen und ließ ihnen dadurch ihre eigenen Gaben, Cupcakes und Zitronengebäck, lächerlich erscheinen. In seiner Kindheit war er mit César Guzmann befreundet gewesen, dem Spieler und Bordellunternehmer, und sie wussten, dass die Guzmanns ihm einen Gefallen schuldig waren. Nach der Pleite bei Bummy’s fuhren die drei Bullen nach Hause – nach Islip, Freeport und Massapequa Park, und Coen verschlang mit Arnold dem Spic schwarze Bohnen und trank kubanischen Kaffee an der Columbus Avenue.

Die Kellner, die sich mit den meisten norteamericanos nicht anfreunden konnten, amüsierten sich über Coen und seine zehn Wörter Spanisch. Sie gaben ihm den besten Platz an der Theke. Sie füllten seine Tasse mit heißer Milch. Sie taten ihm reichlich Bohnen auf den Teller. Auf Arnolds Handschellen waren sie stolz, aber die Waffe an Coens Hüfte beachteten sie nicht weiter. Sie akzeptierten ihn als Arnolds patrón, ohne die Höflichkeit und das betrügerische Grinsen, das sie bei Bullen und Herrschaften vom Gesundheitsamt aufsetzten. Sie respektierten seine langen Schweigephasen und hielten drittrangige Gestalten davon ab, sich ihm zu nähern. Eine Stunde lang saß er über einer Tasse Kaffee. Arnold las seine Comics. Dann sagte Coen: »Überlass den Chinaman mir.« Arnold hörte ihn gar nicht, so tief war er in seinen Comic versunken.

Coen wohnte in einem fünfstöckigen Haus ohne Fahrstuhl an der Seventieth, Ecke Columbus Avenue, über einem spanischen Lebensmittelladen. Zwei seiner Fenster hatten kaputte Scheiben. In Coens Kühlschrank wuchsen den Äpfeln Warzen. Das Büro des First Deputy weckte ihn um drei Uhr morgens. Um vier wurde er downtown erwartet. Früher hätte Coen seine Unterwäsche gewechselt und Zahnseide benutzt. Doch er hatte diese Entführungsaktionen satt. Brodsky, ein Fahrer des Büros, holte ihn ab. Brodsky war Detective First Grade, so wie Coen. Er hatte sich sein goldenes Abzeichen damit verdient, die Ehefrauen der Inspectors durch die Gegend zu kutschieren und Undercoveragenten zu hätscheln. Vor ein paar Jahren hatte er seine Freunde noch für wenige hundert Dollar in eine gute Stellung bei der Polizei einkaufen können. Als die jüngeren Chiefs an die Macht gekommen waren, hatte er diese Praxis aufgeben müssen. Auf der Fahrt durch den Central Park blickte er Coen finster an. »Diesmal lassen sie dich hochgehen.« Coen gähnte. Er trug eine fahle Krawatte über seinem Schlafanzugoberteil.

»Wer will was von mir?«

»Pimloe. Der war in Harvard. Der nimmt dir deinen Scheiß nicht ab.«

»Noch so einer«, sagte Coen.

Er kam einfach nicht von der Abteilung des First Dep los. Seit seinen Anfängerzeiten klebten sie an ihm. Isaac Sidel, ein neuer Deputy Inspector in der Abteilung, hatte ihn von der Akademie geholt, weil er einen Jungen brauchte, einen blauäugigen Jungen, um einen Ring polnischer Hehler zu infiltrieren, die mit Billigung gewisser Detectives von der Abteilung Einbruch den Garment District abzockten. Isaac zuliebe trug Coen billigen Kordsamt und ließ sich einen Spitzbart im Stil eines jungen polnischen Gauners wachsen. Für eine Scheinfirma an der Thirty-ninth Street schob er Kleiderständer und aß in einer Arbeiterkaschemme, bis ein Dunkelmann des Rings ihn bei einem Teller Blutwurst anwarb. Coen machte nicht bei den Einbrüchen mit. Er transportierte die Kleiderständer für die Bande. Eines Tages stahlen zwei Männer in Business-Anzügen Coens Ständer und traten ihm ans Schienbein. Isaac erzählte ihm, es seien Detectives im Auftrag des D.A. gewesen, die ihre eigenen Ermittlungen über die Einbrüche anstellten und Coen abzuschütteln versuchten. »Wie konnten die dich so schnell kriegen, Manfred?«

Schon nach einem Monat war der Ring aufgeflogen, und die Schurkenbullen vom Einbruch wurden ohne nennenswerte Beihilfe von Coens Seite entlarvt. Er wurde wieder auf die Akademie geschickt. Dort übte er mit den anderen Scheibenschießen. Er ging vor Mitternacht ins Bett und war ein braver Junge. Nach dem Abschluss angelte ihn sich der First Dep. Jetzt hatte Coen einen Rabbi. Isaac teilte ihn der Special Detective Squad zu. Ein halbes Jahr später hatte Coen ein goldenes Abzeichen. Mit Isaac dem Chief stieg er auf und hatte es mit neunundzwanzig zum Detective First Grade geschafft. Gelegentlich borgte ihn der First Dep an das Bureau of Special Services aus, und Coen durfte Filmsternchen begleiten, die von irgendeinem Freak aus Manhattan bedroht worden waren. Der Boss wollte einen Bullen mit leiser, eindringlicher Stimme, gutaussehend und zäh, vorzugsweise mit blauen Augen. Er war der Wunderknabe der Abteilung, bis sein Rabbi in Ungnade fiel. Ein Lotteriebanker, der dem District Attorney verpflichtet war, weil der ihn verschont hatte, nachdem seine Frau von ihm persönlich erdrosselt worden war, drückte seine Dankbarkeit aus, indem er einen jüdischen Inspector auf der Gehaltsliste eines Spielerkartells in der Bronx erwähnte. Der Staatsanwalt sang beim First Dep. Isaac reichte seine Entlassung ein und verschwand ohne Rentenansprüche. Der First Dep wartete einen Monat, ehe er Coen fallenließ.

Brodsky brachte ihn zu einem der Mauselöcher des First Dep an der Lexington Avenue, Ecke Twenty-ninth. Hier ermittelte Herbert Pimloe; er war Isaacs Nachfolger als »Peitschenschwinger« des First Dep. Coen setzte sich mit Brodsky auf eine Bank vor Pimloes Büro. Das Gebäude diente der Herstellung von Herrenoberbekleidung, und Coen verglich das Design seines Schlafanzugoberteils mit den Hemdmustern an den Wänden. Brodsky ging um fünf. Coen dachte an die beiden Töchter seiner Frau. Über die Taktiken, die die Männer des First Dep so gern anwandten, musste er lächeln. Sie ließen einen auf einer Holzbank schwitzen, bis man sich zwangsläufig fragte, wie viel sie wohl über die Bruchstücke seines Lebens wussten, bis man bereit war, die Existenz des eigenen toten Vaters und der eigenen toten Mutter anzuzweifeln. Der Nachtwächter kam vorbei und starrte Coen an. »Hallo«, sagte Coen. Ihm fielen die Augen zu. Der Nachtwächter schien empört zu sein, dass jemand in seinem Gebäude einen Schlafanzug trug. Coen rückte seine Krawatte zurecht und döste auf der Bank vor sich hin. Eine Hand packte ihn am Schlüsselbein. Er erkannte Pimloe an dem Diplomatenkoffer und den italienischen Schuhen. Pimloe war verdrossen. Er erwartete von seinen Mietlingen, dass sie wach blieben. Coen stolperte in das Büro. Pimloe schloss die Tür.

»Dir gefällt der Big Apple, oder?«

»Ich kann auch ohne, Herbert.«

»Bullshit. Außerhalb Manhattans bist du am Arsch. In Queens, da sind die Fotzen gröber. Niemand würde deine zarten Hände bemerken. Du könntest Cary Grant nicht auf der Straße zunicken. Ich kenne dich, Coen: Ohne den Apple packst du es nicht.«

»Ich komme aus der Bronx, Herbert. Mein Vater hat Eier in der Boston Road verkauft.«

»Die Bronx«, sagte Pimloe. »Die Nigger haben Speerfabriken dort. Hunts Point ist ein perfekter Übungsplatz für Sondereinsätze. Sie könnten mit Fallschirmen über der Simpson Street abspringen und den Vietcong töten. Manfred, in der Bronx würdest du dir den Arsch abfrieren. Dein Schwanz würde einschrumpeln.«

Coen fädelte eine Hand in seinen anderen Schlafanzugärmel. »Was willst du, Herbert?«

»Zieh einen frischen Schlafanzug an, Coen. Der da stinkt.« Pimloe berührte seinen Briefbeschwerer, einen Seelöwen aus Messing mit aufgemaltem Schnurrbart. »Ich brauche ein Mädchen.«

Coen unterdrückte ein Lächeln.

»Nicht für mich, du Idiot. Das Mädchen ist weggelaufen. Sie wird seit mehr als einem Monat vermisst. Ihr Vater glaubt, dass irgendein Zuhälter von der West Side sie aufgegriffen hat.«

»Vielleicht war’s der Lippenstift-Freak, Herbert. Hast du schon in der Leichenhalle nachgeschaut?«

»Halt’s Maul, Coen. Ihr Vater ist der Broadway-Mäzen, Vander Child.«

»Wieso ich, Herbert? Was ist mit der Vermisstenabteilung oder einem von deinen Spitzenleuten beim Einbruch?«

»Vander mag keine Cops. Mit dir wird er können. Ich hab ihm erzählt, dass du der Mann bist, der Marlon Brando in New York bewacht.«

»Ich hab Brando noch nie gesehen.«

»Aber du kennst alle Zuhälter. Nur das zählt. Vander hat ein Team von Privatdetektiven losgeschickt. Die Kerle finden absolut gar nichts. Das Mädchen heißt Caroline.«

Coen steckte einen Finger in seinen Schlafanzug und kratzte sich. Pimloe grinste anzüglich.

»Sie ist zu alt für dich, Coen. Sechzehneinhalb.« Er kritzelte eine Adresse an der Fifth Avenue auf ein Stück Papier. »Vander erwartet dich. Wenn du ein braver Junge bist, Coen, dann darfst du die Aussicht aus seinen Fenstern genießen. Vielleicht setzt er dir ja auch koschere Salami vor.«

Coen wandte sich ab. Pimloe sprach weiter.

»Coen, du bist der sonderbarste Jude, den ich je gesehen habe. Dich haben sie doch im Krankenhaus vertauscht. Wie geht’s Isaac?«

»Frag ihn doch selbst.«

»Ihr Juden steckt alle unter einer Decke. Du, Isaac und Papa Guzmann.«

»Deine Spione sind Schlafmützen, Herbert. Die Guzmanns sind seit hunderten von Jahren katholisch.«

»Warum haben sie dann noch jüdische Schriftrollen an der Tür?«

»Weil sie abergläubisch sind. Aber was hat Isaac mit Papa zu tun?«

»Du bist nicht auf dem Laufenden, Coen. Isaac ist Papas neuer Leibwächter. Das muss man sich mal vorstellen: Der beste Kopf, den wir je hatten, hurt für eine Horde Taschendiebe.« Pimloe hatte ein Zwinkern für Coen übrig. »Du bist jetzt eine Zeitlang nicht für Morde zuständig. Ich streich dich von der Liste. Und spar dir die Mühe mit dem Mannschaftsraum. Du erstattest mir Meldung.«

Als er die Treppe hinunterging, machte Coen Knoten in seine Krawatte. Brodsky fand ihn eingenickt auf dem Bürgersteig. Coen machte den Mund erst am Columbus Circle auf.

»Warum interessiert sich Pimloe so für die Guzmanns? Von der Bronx aus können sie ihm nicht viel anhaben. Papa kann Manhattan nicht leiden.«

»Er geht ihm nicht um Papa. César hat sich von der Sippe gelöst. Er hat das Revier gewechselt. Aber die East Side interessiert ihn nicht. Er treibt sich an der West Ninty-eighth rum.«

»Und Isaac? Ist Isaac bei ihm?«

»Hast du das von Pimloe?«

»Nein. Er sagt, Isaac ist jetzt für Papa unterwegs.«

»Gauner zieht’s zu Gaunern«, sagte Brodsky.

Coen beschloss, zu Fuß weiterzugehen. Die Leute starrten seinen Schlafanzug an. Sein Holster trug er verborgen. Ihm fiel ein, wie ergeben Brodsky Pimloe war. Er formte die Händen zu einem Trichter und rief dem Wagen nach: »Brodsky, du warst ein Volltrottel, ehe Isaac dich aufgelesen hat. Er hat dir beigebracht, wie man sich die Nase putzt. Nur Isaacs Zahnarzt konnte dein Zahnfleischbluten heilen.«

Brodsky kurbelte die Scheibe hoch und fuhr fluchtartig davon, weg von Coen.

Herbert Pimloe war mit zweiundvierzig Deputy Inspector. Er hasste Coen. Er wollte ihn mit Isaacs Scheiße besudeln. Isaac war Deputy Chief Inspector gewesen, schon mit vierzig, und das nahm ihm Pimloe übel. Isaacs Karriere wurmte ihn. Isaac hatte die Abteilung geleitet, ehe er in die Bronx abgesprungen war, und jetzt unterstanden Pimloe die Ermittlungseinheiten des First Deputy Commissioner, doch er hatte die Detectives und den Innendienst nicht so im Griff wie Isaac. Außerdem gelang es ihm nicht, den First Dep zu knacken, obwohl er in Isaacs früherem Büro saß.

Pimloe war mit magna cum laude von Harvard abgegangen; seine Abschlussarbeit hatte er über die Verirrungen und das Verhandlungsgeschick von Hitler, Stalin, Churchill, Mussolini und De Gaulle geschrieben. Seine Freunde hatten anschließend Jura, Medizin, Betriebswirtschaft oder Philosophie studiert, und Pimloe hatte etwas über Strafrecht vor sich hingemurmelt. Nachdem er die geistigen Fähigkeiten der übelsten Gauner seiner Zeit ausgelotet hatte, entwickelte er ein spezielles Misstrauen gegenüber Colleges und Büchern. Er ging als kleiner Streifenpolizist zum NYCPD. Seine Dienstwaffen waren ein Gummiknüppel und ein .38er Police Special Colt, und er entging der Einberufung. Nachdem er fünf Jahre lang durch Brooklyn und Queens gelaufen war, las ihn der First Deputy auf. Jemandem musste das magna cum laude in seiner Personalakte aufgefallen sein. Er tippte für den First Dep, schrieb Berichte für den Peitschenschwinger des First Dep, Isaac Sidel, erledigte kleine Undercoverjobs und wechselte von einem Colt zu einer Smith & Wesson. Mit den jüngeren Chiefs stieg er auf, immer eine Stufe unter Isaac, tappte in Isaacs Schatten herum, bis Isaac verschwand; aber es war nicht einfach, den jüdischen Chief loszuwerden. Isaac spukte noch durch die Abteilung.

Um viertel vor sieben holte Brodsky ihn ab. Brodsky war früher Isaacs Chauffeur gewesen, und obwohl diese Tatsache Pimloe automatisch einen Sonderstatus in den Augen der anderen Deputy Inspectors verlieh, misstraute er seinem Fahrer; er konnte es nicht leiden, mit Isaac verglichen zu werden. Er war schlechtgelaunt und wollte nicht zu seiner Frau nach Hause. »Jane Street«, sagte er. »Treib mir Odette auf.«

Der Chauffeur lachte.

Pimloe fragte ihn aus. »Glaubst du, der Idiot hat angebissen?«

»Auf alle Fälle. Auf alle Fälle.«

»Bist du sicher?«

»Herbert, ich kenne doch Coen. Er führt uns zu Zorro. Du wirst ja sehen. Wir legen die ganze Bagage aufs Kreuz.«

Daraufhin bekam der Chauffeur nichts mehr von ihm zu hören. Er vermisste Isaac. Isaac hatte niemals in einem Wagen des First Deputy seinen Launen nachgehangen. Brodsky fühlte sich nicht wohl dabei, einen gojischen Harvard-Inspector zu fahren. Er setzte Pimloe in der Jane Street ab.

»Herbert, Coen bringt uns zu ihm. Ich schwör’s.«

Pimloe nickte flüchtig und entließ ihn. Odette trübte seinen Verstand. Er stolzierte zu ihrer Tür und drückte auf eine ganze Reihe von Klingeln. »Fotze«, sagte er, in Isaacs Idiom verfallend. Er kam nicht in das Gebäude rein. Odettes Wirtin gaffte ihn durch die Tür an. Er zeigte ihr die Zacken seines Dienstabzeichens. »Dienstliche Angelegenheiten«, formte sein Mund durch das Glas, und seine Lippen beschlugen die Tür. Die Wirtin schob den Riegel zurück, und Pimloe quetschte sich durch. Er hatte zwar nicht Isaacs süßes Lächeln, doch eine Wirtin der Jane Street konnte selbst er in die Tasche stecken. »Madam«, sagte er mit seiner glattesten Harvard-Stimme, »ist die Schauspielerin da?«

»Sie ist oben.«

»Hat sie Angst, den Türöffner zu drücken, oder was?«

»So ist die Hausordnung. Ist das hier ein Frühstücksbesuch? Vor elf Uhr lasse ich keine fremden Männer in mein Haus.«

»Kein Grund zur Sorge, Madam.« Er drückte ihr eine alte Karte vom Detectives’ Endowment in die Hand. »Meine Nummer steht auf der Rückseite. Sie können meinen Vorgesetzten anrufen, den First Deputy Commissioner von New York.«

Die Wirtin huschte zu ihrer Souterrainwohnung, Pimloes Karte fest in der Hand, und Pimloe stieg die Treppe hoch. Das war kein Klinkenputzen für den First Deputy; ihm ging es um den Brustansatz unter Odettes Pullover, die Feuchtigkeit ihres Bauchnabels, ihre Art, Männer böse anzusehen. »Ausgerechnet ich muss für eine Nutte schwachwerden«, murmelte er auf der Treppe. Sie kam erst zur Tür, als er »Odette, Odette« ins Schlüsselloch rief.

»Ich bin’s, Herbert. Zeit für eine Besprechung. Lass mich rein.«

Pimloe lächelte, als das Schloss klickte, aber sie hängte die Türkette nicht aus und sah ihn durch den Lichtspalt in der Tür an.

»Unsere Besprechung können wir gleich hier abhalten«, sagte sie.

»Spinnst du, Odile? Ich bin Herbert Pimloe, keiner von den Spannern deines Onkels. Ich habe ein Dienstabzeichen mit einem Stern drauf. Ich flüstere nicht im Treppenhaus mit Mädchen herum.«

»Dann sprich eben laut«, sagte sie.

Pimloe hätte die Kette mit dem Daumen wegschnippen können, aber er wollte für Odette leiden. Er sah die Kontur ihrer Nase, zwei Scheiben Mund, einen Kinnansatz.

»Odile, lass mich einen Moment rein. Ich halte meine Hände an die Tür.«

»Odile bin ich nur für meine Freunde, Inspector.«

Pimloe fegte mit den Fingerknöcheln gegen die Kette, um für Odette den Inspector zu spielen.

»Wo ist Zorro?«

»Für wie blöd hältst du ihn? César würde nie hierherkommen. Aber ich hatte einen anderen Gast.«

»Wen?«

»Den Chinaman. Er hat meine Strumpfhalter gestohlen, während ich in der Stadt war.«

Pimloe konnte das Schrumpfen in seiner Unterhose spüren; bei der ersten Erwähnung von Chino Reyes hatte er sich zusammengezogen. Er trug keinen Revolver im Gürtel. Seine Smith & Wesson war gewöhnlich in einer Schublade eingeschlossen, denn er zog es vor, sich nicht mit einer Handfeuerwaffe zu belasten. Ihm war nicht klargewesen, dass der Chinaman bei Odette Feuertreppenprivilegien genoss. Er wollte nicht auf der Treppe mit César Guzmanns Revolvermann zusammenstoßen. Also drohte er ihr mit erschlafftem Finger zum Abschied und war schneller auf der Straße, als Odette die Tür schließen konnte.

3

Auf der Fifth Avenue trug Coen Fischgrät und magentarote Socken. Er ging durch den Park, ohne einen Blick für die verzierten Dachlinien und die Schmucksteine. Coen graute es vor der East Side. Zu Zeiten seiner Ehe, als er gerade die Naive aus einem Broadway-Musical bewacht hatte, ein leichtsinniges Mädchen mit schwachen Knöcheln und einer Liste einschüchternder Verehrer, war Coen von dem Produzenten der Show aufgelesen worden. Er wurde zum festen Bestandteil der Entourage des Produzenten und ging mit oder ohne die Naive in dessen Penthouse an der Fifth Avenue ein und aus. Coen ließ seine Muskeln spielen, zeigte seine Narben und sein goldenes Abzeichen, erzählte Geschichten über grässliche Kindermörder und festgenommene Vergewaltiger und reichte sein Holster rum. Es dauerte drei volle Tage, bis er bemerkte, dass seine Frau ausgezogen war. Sie wohnte bei dem jungen Zahnarzt Charles Nerval.

Der Produzent stellte Coen das Mädchenzimmer zur Verfügung. Coen schlief mit der Naiven. Er schlief mit dem Au pair des Produzenten, einem norwegischen Mädchen, das besser Englisch konnte als Coen. Auf allerhand Andeutungen des Produzenten hin schlief er mit der Gattin des Produzenten. Es verwirrte ihn, als Freunde des Produzenten anfingen, ihn »den Stecher« zu nennen. Er schüttelte Kolumnisten von der Post die Hände. Wenn er die ausstehenden Schulden des Produzenten einkassierte, trug Coen eine überbreite Krawatte. Er vermisste seine Frau. Auf Partys rang er mit einem muskulösen Dieb, den der Produzent in seine Entourage aufgenommen hatte. Die Pferdeküsse und Blutergüsse am Ohr machten Coen nichts aus. Hinterher trank er Whiskey Sour, spuckte mit der Kirsche ein wenig Blut aus und teilte sich hundert Dollar mit dem Dieb. Der Produzent begann, Werbung für diese Ringkämpfe zu machen. Er kleidete Coen und den Dieb in flitterbesetzte Hosen.

Der Dieb, ein junger Ukrainer mit Zahnfleischschwund, hasste die Ringkämpfe, und er hasste Coen. Einmal biss er Coen in die Backe und sagte: »Bring mich um, du Affe, sonst bring ich dich um.« Bis dahin hatte der Junge nicht mit Coen geredet. Mit seinen zehn Jahren mehr, einem festeren Bauch und stärkeren Knien hätte Coen nach Belieben mit dem Jungen umspringen können, doch er zog die Kämpfe in die Länge, um die Gäste des Produzenten zu erfreuen. Als Coen beim fünften oder sechsten Kampf den Jungen in die Beinschere genommen hatte, hörte er das Keuchen der Gäste, die ihn mit vor Anspannung steifen Körpern anfeuerten, und er schloss die Augen. Der Junge nutzte diesen Fehler, um sich freizumachen und mit den Ellbogen auf Coen einzuhämmern, nach den Regeln des Produzenten ein unentschuldbares Vorgehen. Die Gäste zerrten den Jungen von Coen runter, buhten ihn aus und traten ihn zusammen, wobei die Frauen mit der gleichen Inbrunst dabei waren wie die Männer. Schwer angeschlagen beugte Coen sich über dem Jungen und schlug nach Fußknöcheln und Schuhen. Er zog aus dem Mädchenzimmer aus. Er brach sein Verhältnis mit der Frau des Produzenten ab. Er kochte zu Hause. Stephanie, seine Frau, reichte die Scheidungsklage ein, um den Zahnarzt Nerval zu heiraten.

Coen rüstete sich für Vander Child. Er nannte dem Pförtner von Childs Wohnhaus seinen Namen. Der Pförtner rief in der Wohnung an. Breitbeinig saß Coen auf einer verschnörkelten Bank im Foyer. Der Pförtner lächelte durch den gestärkten blauen Kragen seiner Hemdbrust und behandelte Coen von oben herab. »Ich fürchte, Mr. Child kennt keine Manfred Coens. Nennen Sie Ihr Anliegen, bitte.«

»Sagen Sie: Pimloe«, rief Coen durch die Löcher in der Scheibe. »P-I-M-L-O-E.« Der Pförtner ließ Coen eintreten.

Child empfing ihn in einem Flanellmorgenmantel mit enormen Taschen. Er war etwa so alt wie Coen, sah gut aus und hatte ein Muttermal auf der Lippe und einen leicht fliehenden Haaransatz. Es fiel Coen schwer, zu glauben, dass Child eine siebzehnjährige Tochter haben sollte. Sie standen Kinn an Kinn, beide um die eins siebzig. Child hatte die grüneren Augen. Der Detektiv, den Pimloe für ihn ausgesucht hatte, gefiel ihm. Er mixte Coen einen Fruit Punch mit Rum und süßen Limonen. Child bestand darauf, dass sie beide aus einer Schale tranken. Nach dem dritten Schluck fühlte sich Coen benommen. Auf Childs Couch fanden sie heraus, dass sie beide Tischtennis-Freaks waren.

»Spielen Sie mit einem Butterfly?«, fragte Child.

»Nein. Mit einem Mark V.«

»Schnell oder langsam?«

»Schnell«, sagte Coen. »Wo spielen Sie?«

»Zu Hause. Ich hasse die Clubs.«

Coen wurde zappelig. »Sie haben hier einen Tisch?«

Mit gerafftem Morgenrock führte Child Coen durch Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und Ankleideräume. Aus einem der Zimmer beschimpfte ihn ein hochbusiges Mädchen, das ebenfalls einen Flanellmorgenmantel trug. Sie saß auf einem runden Bett, trank Punsch und fummelte an ihren Kopfhörern. »Wer ist denn der Rammler da?«, sagte sie und deutete auf Coen. »Ein neuer Kunde? Ist der echt? Vander, Liebling, soll ich ans Trapez?« Sie warf mit den Kopfhörern nach Child. Er duckte sich und schob Coen aus dem Zimmer.

»Meine Nichte«, sagte Child. »Sie hat eine lebhafte Fantasie. Sie glaubt, ich wohne in einem Bordell.« Sie blieben in einem korkverkleideten Raum mit weichem blauem Licht und einer vorschriftsmäßigen Tischtennisplatte stehen. Coen bewunderte die leuchtend grüne Farbe auf dem Tisch. Child drückte ihm einen Butterfly in die Hand. Er hörte, wie das Mädchen ein Kinderlied sang. »Carbonderry, my Carbonderry.« Er hob den Schläger. Child schoss ihm in seinem Flanellrock einen frischen Ball zu. Coen schupfte ihn mit dem Butterfly. Child grinste.

»Wo haben Sie das gelernt? Bei Dickie Miles? Bei Reismann? Wollen Sie Hartgummi, Noppen?«

»Nein, ich spiele mit dem hier.«

Wenn der Ball aus dem blauen Licht kam, musste Coen schielen. Er fragte sich, wann Child endlich über seine Tochter reden würde. Childs Aufschläge machten ihm Schwierigkeiten. Eng in Fischgrät gewickelt, konnte er den Ball nicht schmettern. Seine Krawatte würgte ihn. Child half ihm beim Ausziehen. Coen spielte in Boxershorts. Nach anfänglichem Unbehagen gewöhnte er sich an den Luftzug an seinen Kniescheiben. Child hatte ein größeres Repertoire an Schlägen. Seine Loops erwischte Coen nicht. Seine geflippten Bälle trafen dicht neben dem Griff von Coens Schläger auf. Coen schlug auf die Luft ein. Child griff ihn von seiner schwachen Seite an und zwang Coen an die Tischkante. Zweimal flog der Butterfly aus Coens Hand. Das Mädchen sang wieder. »Carbonderry