Bon Bini. When Love rocks - Mira Morton - E-Book

Bon Bini. When Love rocks E-Book

Mira Morton

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Beschreibung

Er nennt sie seine weiße Lotosblüte, sie ihn ihren Panther. Leo lebt in einem Trailer auf den Bahamas, Riki in einem schicken Appartment in Wien. Kann das jemals mehr als ein Urlaubsflirt werden?

Die Freundinnen Riki Weigener und Marlene Von Oyssenloh verbindet so einiges: Sie sind finanziell unabhängig, Single und arbeiten zu viel. Das schreit nach einer Auszeit in der Sonne.
Doch die Wege der beiden Freundinnen trennen sich schnell. Mit einem Geheimauftrag in der Tasche jettet Marlene auf die Bahamas, Riki fliegt alleine weiter auf die Karibikinsel Bonaire, wo die erfolgreiche Anwältin geradezu aufblüht. Der attraktive Musiker Leo Taylor bringt sie dazu, Müll am Strand zu sammeln, mit ihm über Gott zu diskutieren und abends seiner Gitarre zu lauschen. Sie verfällt dem Charme des Afroamerikaners mit dem Charisma eines Rockstars. Dabei übersieht Riki jedoch, dass ihr jemand wie ein Schatten folgt. Und von einem Tag auf den anderen verschwindet auch noch Leo …

"Bon Bini" bedeutet "Willkommen" in Papiamento, der Sprache der Einheimischen auf Bonaire.
Die Bestsellerreihe von Mira Morton steckt voller Geheimnisse und ist romantisch und amüsant. Der Roman ist in sich abgeschlossen.

"SECRETS-Geheimnisvoll verliebt"-Reihe:
(1) Verbloggt. Ein Milliardär auf der Couch – Emma – Wien, Steiermark
(2) Bon Bini. When Love rocksRiki – Wien, Bonaire (Karibik)
(3) Herzknistern. Blind verliebt im Pulverschnee – Marlene – Wien, Kitzbühel

Alle Romane sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden. In der genannten Reihenfolge macht die Reihe allerdings noch mehr Freude beim Lesen.

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Inhaltsverzeichnis

 

Titel

 

1 - Geld allein macht nicht glücklich

2 - Stippvisite

3 - Der Spezialauftrag

4 - Arbeit oder Urlaub?

5 - Auf den Turks- und Caicosinseln

6 - Neue Pläne

7 - Bon Bini auf Bonaire

8 - Doch nicht so herzlich willkommen?

9 - Urlaub allein

10 - Windsurfen muss nicht sein

11 - Wer ist eigentlich der Esel?

12 - Surfkurs in Jibe City

13 - Ein Date in der Cuba Compagnie

14 - Karibische Nacht

15 - Ausflug nach Klein Bonaire

16 - Viele Zweifel

17 - Community Service

18 - Urlaubstrott

19 - Zurück von den Bahamas

20 - Wieder vereint

21 - Was für ein Desaster!

22 - Zurück in Österreich

23 - Überraschung

24 - Krisenstimmung

25 - Halluzinationen?

26 - Der Weg zurück

27 - Ein Song, nur ein Song

 

Alle bisher erschienenen Romane von Mira Morton

Leseprobe aus: ›Herzknistern. Blind verliebt im Pulverschnee‹

 

Danke!

Quellennachweise

Übersetzungen der Songtexte von Leo Taylor

 

Die Autorin

Impressum

Viel Spaß mit meinem Roman

und keep on dreamin´!

Herzlichst,

Facebook:www.facebook.com/MiraMorton.Autorin

www.miramorton.com

[email protected]

Mira Morton

Bon Bini

When Love rocks

Roman

Für Karina, Günter und Thomas

Geld allein macht nicht glücklich

Montagnachmittag

Riki

 

Es gibt Momente, da geniere ich mich dafür, eine Frau zu sein. Das ist einer von diesen Momenten.

Oh, oh. Dieser Blick! Den kenne ich nur zu gut. Ich bin gespannt, wie lange die Verkäuferin im Tussi-Outfit brauchen wird, um meinen Lieblingssatz auf mich abzufeuern. Und ich fühle, sie wird es tun.

Da stehe ich im Edeldesigner-Möbelladen, eine Hand an der Wange, und zähle gedanklich herunter: Fünf, vier, drei, …

»Kein Stress. Kommen Sie doch gerne mit Ihrem Mann wieder. Gemeinsam fällt die Entscheidung sicher leichter«, sagt die etwa Zwanzigjährige im zartrosa Minikleid und klimpert mit den aufgeklebten Wimpern.

Sie steht dicht vor mir und trägt dieses verständnisvolle Lächeln im Gesicht, das mir empathisch erscheinen soll und gleichzeitig sagt: Ich weiß schon, bei so viel Geld können Sie diese Entscheidung natürlich nicht allein treffen. So ist das eben.

Bingo.

Tja, eine einundvierzig Jahre alte Frau darf sich keine Essgruppe um knappe zwanzigtausend Euro kaufen. Schon gar nicht, wenn sie nur dezent geschminkt, in zerrissenen Jeans und Lederjacke dasteht. Geht nicht. Da muss es einen Mann geben, der die Party bezahlt. Einen im Anzug, vielleicht keine Augenweide, dafür aber mit einem Bankkonto, das ihn sexy und die dazugehörige Frau an seiner Seite blind für Ästhetik macht. Aber das, wie auch möglicherweise der unschöne Umstand, dass er verheiratet ist, lässt sich mit teurem Schmuck, Designermöbeln und eventuell einer kleinen eigenen Boutique als Beschäftigungstherapie ausgleichen.

Blöde Kuh. Und diese Bezeichnung hat sie sich nicht nur für ihr Verharren im neunzehnten Jahrhundert verdient, sondern auch deshalb, weil sie mich genau so aus großen, dunklen Kulleraugen ansieht. In Wahrheit ist das diskriminierend. Aber wo sind die Klägerinnen?

»Wissen Sie, das ist wirklich schade. Ich wollte diese Essgruppe soeben kaufen. Aber nachdem ich keinen Mann habe, den ich jetzt fragen könnte, lasse ich es dann wohl lieber«, grinse ich sie an.

Hämisch.

Auch wenn ich mir gerade selbst ins Fleisch schneide, ich kann nicht anders. Nie im Leben würde ich bei den sandfarbenen Ledersesseln und dem massiven Tisch aus dem Stamm eines Litschibaums jetzt noch zuschlagen.

Ihr Kinn kippt nach unten.

Sehr schön.

Unterstreicht zusammen mit den Kuh-Augen und ihren hellbraunen, fransigen Haaren meinen nicht allzu schmeichelhaften Gesamteindruck von ihr.

»Aber … aber …«, stammelt sie.

Tja, da löst sich die Verkaufsprovision vermutlich gerade in viele kleine, zerplatzte Schuhträume auf, denn meine Frauensolidarität ist in ihrem Fall enden wollend.

»Ja, das war ein dummer Fehler. Gescheiter wäre es gewesen, mit mir sachlich einen guten Preis auszuhandeln, statt den Sugar Daddy ins Spiel zu bringen.«

Die Gute wird rot im Gesicht.

»Aber … ich könnte Ihnen natürlich …«, stottert sie weiter.

»Danke, jetzt habe ich keine Lust mehr. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag«, flöte ich und verlasse das Geschäft in der Wiener Innenstadt.

Zu einer Salzsäule erstarrt steht sie da und sieht verwirrt aus. In Zukunft wird sie sich überlegen, wie sie Frauen begegnet.

Irgendetwas an der Tür bimmelt kurz, während ich sie öffne, und verstummt wieder, da ich sie hinter mir habe zufallen lassen. Ui, es ist aber echt frisch heute.

Pech gehabt, Fräulein. Aber in dem Punkt bin ich biestig. Das war einfach der falsche Satz. Das könnte auch an all den Idioten liegen, die ich hinter mir habe. Allen voran Stephan. Mein letzter Reinfall in Sachen Liebe.

Doch über ihn bin ich hinweg. Es muss ja nicht sein. Ich bin eine erfolgreiche Anwältin, meine Kanzlei läuft mehr als super, und ich habe meine besten Freundinnen, Emma und Marlene. Was geht mir im Leben ab?

Gar nichts.

Schon gar nicht ein Mann, den ich an der Hand nehmen muss, damit er sein Leben bewältigen kann. Zum Kühlschrank findet, seine Wäsche gewaschen und gebügelt bekommt und hinter dem ich zusammenräumen muss. Ich hab auch keine Lust darauf, die Therapeutin zu spielen, damit er seine Midlife-Crisis bewältigen kann, um am Ende mit einer Zwanzigjährigen in der Sonne zu liegen und auf schwer verliebt zu machen. Nein. Single zu sein, ist eindeutig die bessere Variante.

Das war sowieso eine blöde Idee, kurz vor dem Urlaub eine neue Essgruppe kaufen zu wollen. Ich hoffe nur, ich kann tatsächlich mit Marlene nach Griechenland fliegen. Denn wenn Marcus Hagen unterzeichnet, dann habe ich einen der größten Klienten für die Kanzlei an Land gezogen, den wir jemals hatten. Mist. Ich habe das Gefühl, aus unserem Urlaub wird nichts, denn irgendetwas sagt mir, der wird unterschreiben.

Ich gehe um eine Hausecke und bin auch schon auf dem Neuen Markt. Da parkt mein Wagen. Quasi mitten in Wien. Ich drücke auf meinen Autoschlüssel. Mein funkelnagelneuer schwarzer Porsche Macan piepst mich geradezu fröhlich an. Wenigstens ist mein Auto fern jeder Diskriminierung. Es ist bloß käuflich. Wer den Wagen bezahlt, der fährt ihn. Einfaches System. Zum Glück habe ich direkt ums Eck von dem Geschäft einen Parkplatz gefunden und nicht weit gehen müssen. Im ersten Bezirk in Wien geradezu ein Ding der Unmöglichkeit.

Na dann, ab zu Emma. Wenn schon mein kurzer Shoppingbummel in die Hose gegangen ist, dann wird auf jeden Fall der Abend total nett. Marlene kommt auch. Zu zweit ist es leichter erträglich, wenn wir die Schwerverliebte über ihren Traumurlaub schwärmen hören. Aber wenigstens hat eine von uns den Richtigen gefunden.

Stippvisite

Montagabend

Marlene

 

Es ist saukalt. Ich hasse den Herbst. Emma hält noch den Türknauf in der Hand und sieht in der weißen Jeans und einer gleichfarbenen langen Bluse, auf der ›Bora Bora‹ in bunten Farben eingestickt ist, einfach nur toll aus. Wie Sommer auf zwei Beinen. Sie streicht sich lachend eine Strähne, die sich aus ihrem hochgebundenen, dunkelbraunen Haar gelöst hat, aus dem Gesicht. Wie kann man ungeschminkt so gut aussehen? Und noch dazu diesen verboten dunklen Teint haben? Der Urlaub mit meinem Bruder hat sie noch hübscher gemacht und ich komme mir wie Aschenputtel in meiner schwarzen Hose und der ebenfalls schwarzen Lederjacke vor.

»Emma! Hi! Ich wollte nur hören, wie es mit Chris auf Bora Bora war«, gestehe ich meiner künftigen Schwägerin das Motiv für meinen Überraschungsbesuch in Mödling. »Übrigens, Riki kommt auch noch.«

Emma strahlt mich an.

»Das ist aber eine tolle Überraschung, Marlene! Komm herein, aber Chris ist in Wien, der kommt erst spät am Abend.«

»Ist doch perfekt, dann machen wir einen Mädelsabend.«

»Super, ich freu mich riesig.« Emma drückt mich fest an sich und begrüßt mich mit zwei Küsschen. Im Loslassen meint sie: »Soll ich dir was sagen, Marlene? Das war der schönste Urlaub meines Lebens. Wann kommt Riki denn?«

»Ich schätze, so in einer Stunde.«

»Sehr gut, ich muss euch einiges erzählen.«

Emma deutet mir, ihr ins Wohnzimmer zu folgen. In dem Moment kreuzt ihr Kater, Herr Schrödinger, auf.

Das kleine, schwarze Wollknäuel beäugt mich. Er scheint nachzudenken, ob wir beide schon einmal Freunde waren oder nicht. Ich hocke mich im Flur hin und er kommt auf mich zu. Sehr langsam. Die Ohren zucken. Einen halben Meter vor mir bleibt er stehen und fixiert mich.

»Na, Schrödi? Jetzt hast du endlich dein Frauchen wieder«, grinse ich ihn an.

Er maunzt laut. Dieser Kater ist unglaublich! Ich bin mir sicher, er versteht mich. Und er schnurrt, weil ich seinen Hals kraule.

»Herr Schrödinger ist ausgeflippt, als wir gestern heimgekommen sind«, lacht Emma neben mir.

»Wundert mich nicht. Drei Wochen waren für ihn vermutlich eine Ewigkeit.«

»Ja. Ganz bestimmt sogar. Aber Nicole hat super für ihn gesorgt. Stimmts, Schrödi?«

Der kleine Kerl legt die Ohren an und hört in der Sekunde mit dem Schnurren auf. Aha. Jetzt ist die Schmusestunde zu Ende. Er kehrt Emma demonstrativ den Rücken zu und geht weg.

Ich muss laut lachen. Der kanns aber.

»Wie es scheint, hat er eure Abwesenheit doch noch nicht ganz verdaut, Emma.«

»Ja, hin und wieder muss er es mich noch büßen lassen«, lacht sie.

Herr Schrödinger läuft ins Wohnzimmer. Wir beide ihm nach. Der Kater macht Männchen und kratzt an der Scheibe. Sieht zum Schießen aus. Emma öffnet die Glasschiebetür und lässt Herrn Schrödinger in den Garten. Ein kühler Luftstrom weht herein. Ich werfe meine Jacke auf einen Sessel und mich selbst auf ihr Sofa.

»So, jetzt musst du mir aber alles erzählen, Emma.«

»Magst du einen Kaffee?«, fragt sie.

»Ja, gerne. Aber bitte ohne Koffein, sonst kann ich nicht schlafen.« Immerhin ist es schon sieben Uhr am Abend.

»Gute Idee, mach ich sofort.«

»Du, aber ich will dann wirklich wissen, wie Bora Bora war und wie mein Bruder seine romantische Seite ausgelebt hat«, grinse ich Emma an.

Kann ich mir nämlich nach wie vor kaum vorstellen. Chris hat Frauen bislang verschlissen. Mit ihnen gespielt. Keine Spur von Handständen, die er ihretwillen versucht hätte, um einer Frau etwas Gutes zu tun. Kein Wunder. Mein Bruder ist blond, groß und hat diese stechenden blauen Augen, denen du nicht entrinnen kannst. Frauen waren für ihn immer leichte Beute. Erst seit er Emma kennengelernt hat, und vielleicht auch, weil sie es ihm nicht allzu einfach gemacht hat, weiß ich, dass mein Bruder richtig kreativ in Sachen Liebe sein kann. Er trägt sie auf Händen. Emma ihn wohl auch.

Ach! Ich freu mich so für die beiden. Emma steht neben mir und lächelt in sich hinein.

»Du, ich platze schon vor Neugier, Emma.«

»Aber du weißt: Alles kann ich dir nicht erzählen, immerhin bist du seine Schwester, und das wäre mir peinlich«, meint Emma lachend, bevor sie in der Küche verschwindet.

»Mir auch. Die Highlights tuns schon«, rufe ich ihr hinterher.

Es ist schon seltsam. Erst Emmas Auftauchen hat unsere Familie wieder zu einer solchen gemacht. Selbst mein Vater benimmt sich, seit sie Teil davon ist, völlig anders als früher, wenn er mit uns allen zusammen ist. Und das will etwas heißen. Mir hat Emma auch die Augen geöffnet. Durch sie und ihre beste Freundin Riki ist mir klar geworden, wie Freundschaften sein können. In meinem Umfeld stalkt dich jeder, solange er oder sie sich einen Vorteil davon verspricht. Da redet man über die tollsten Lokale, Weingüter und die neuesten Errungenschaften. Besonders trendy sind nach wie vor ein Bauernhaus, eine alte Mühle oder ein Sternekoch auf der eigenen Jacht. Mit einem Eierstock, der mehr Zysten als mein Schaumbad Blubberbläschen hat, bist du völlig allein. Darüber zu sprechen wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Ungefähr so tabu, wie einen Konkurs hinzulegen oder zuzugeben, dass die faltenlose Stirn kein Produkt von guten Genen, sondern von kleinen Spritzen ist.

Mit Emma und Riki ist das alles anders. Die nehmen mich so, wie ich bin, und unser Geld ist beiden schnurzegal. Mit ihnen kann ich reden. Richtig reden. Auch wenn ich über drei Jahrzehnte habe warten müssen, nun habe ich die zwei besten besten Freundinnen der Welt gefunden. So schön. Und in Emma bekomme ich noch zusätzlich eine wirklich tolle Schwägerin. Allein das ist ein Fortschritt in meinem Leben.

Wenn ich dagegen an Christina und Ingrid denke, wird mir schlecht. Wie blöd war ich all die Jahre? Habe mir von den Töchtern aus sogenannten guten Häusern vormachen lassen, dass sie ehrliches Interesse an mir haben. Weit gefehlt. Die beiden waren nur am Klatsch interessiert, den sie über mich verbreiten und vielleicht sogar gegen Geld der Presse stecken konnten. Warum sonst bin ich in die Liste der begehrtesten österreichischen Single-Frauen aufgenommen worden? Selbst werden sich die Schmierfinken die Story von meinen unglücklichen Männerbeziehungen nicht ausgedacht haben. Ich bin jetzt noch stinksauer auf meine sogenannten Busenfreundinnen. Nur sie allein haben die Fakten liefern können.

Hm. Aber trotzdem. Seit sich mein Bruder Chris in Emma verliebt hat, versuche ich wieder daran zu glauben, dass es für jeden Topf den passenden Deckel gibt. Doch einen unpassenden mit Gewalt drauf zu drücken, bringt natürlich auch nichts. Auf falsche Männer und falsche Freundinnen kann ich verzichten. Es war blöd von mir, Stefan auf die Nase zu binden, wie mein Nachname lautet.

Ja, ich bin eine von Oyssenloh. Aber meine Millionen, hinter denen sie alle her sind, habe ich schließlich unserem Vater zu verdanken. Er ist der Milliardär.

Ich höre Emma. Sie trägt ein großes Tablett vor sich her. Zwei türkise Kaffeetassen, zwei Gläser mit Wasser und eine dazu passende Zuckerdose stehen drauf und rutschen allesamt gefährlich an den Rand des Tabletts.

»Vorsicht!«, warne ich sie.

Emma stellt schnell das Tablett auf dem Couchtisch ab.

»Ich hätte Servietten unterlegen sollen. Weiß der Himmel, warum dieses Tablett so rutschig ist.«

Sie nimmt eine der türkisen Tassen und stellt sie mir hin.

»Du, ich muss dir etwas sagen, Emma.«

Sie sieht mich gespannt aus ihren braunen Augen an, nickt und setzt sich neben mich.

Ich umarme sie einfach.

»Du und Riki, ihr seid das Beste, was mir an Freundinnen jemals passiert ist. Auch wenn das jetzt schnulzig klingt, ich hab dich richtig lieb, Emma.«

Emmas Augen sind feucht geworden. Meine auch.

Wir drücken uns ganz fest.

So also kann sich Familie auch anfühlen.

Warm.

Echt.

Unkompliziert.

Ich weiß nicht, warum ich gar so rührselig bin, aber ich schätze, Emma und Chris haben mir verdammt gefehlt.

Mit einem Schluck vom Kaffee spüle ich meinen emotionalen Anfall hinunter und bringe mich in Zuhörerposition.

»Also, wie war es?«

Emma lächelt. »Sollten wir nicht auf Riki warten? Also, falls du das aushältst.«

»Erwischt, ich bin echt neugierig. Aber ja klar, sonst musst du alles zweimal erzählen.«

»Genau, aber in der Zwischenzeit kannst du mir ja erzählen, wann ihr beide wegfahrt und wo ihr gebucht habt?«

Das ist auch was. Jede andere Frau wäre eifersüchtig. Jahrelang haben Emma und Riki gemeinsam Urlaub gemacht. Nun fahren Riki und ich weg, und Emma freut sich für uns.

»Karpathos. Und ich sag dir was, ich bin richtig froh, dass die dort keine Hotelbunker haben.«

Emma lacht hell auf. »Stimmt, und du wirst sehen, mit Riki ist Urlaub ein echter Spaß.«

»Davon bin ich überzeugt.«

Und auch davon, dass sie es ist, die draußen vor der Tür steht, denn es hat soeben geläutet.

Dann kann unser Mädelsabend also losgehen. Reden bis zur Kieferstarre. Ich liebe das.

Der Spezialauftrag

Dienstag

 

Warum bin ich nicht eine Stunde früher aufgestanden? Hätte ich ahnen müssen, dass heute alle Menschen aus Wien und Umgebung zur selben Zeit in die Innenstadt wollen?

Jetzt bin ich verdammt spät dran und drücke den Knopf am Lift noch ein paar Mal. Kann dieser Lift nicht schneller kommen? Mein Vater hasst es, wenn ich nicht rechtzeitig bei seinen Meetings erscheine. Und das heutige scheint ihm wichtig zu sein. Komisch ist nur, dass er Chris nicht dazu eingeladen hat. Aber bevor ich mit meinem Bruder darüber spreche, höre ich mir sicherheitshalber erst an, was Papa zu sagen hat.

Endlich. Da ist er. Im Schneckentempo öffnen sich die Türen. Ich springe in den Lift, was ihn in seinem Arbeitstempo unbeeindruckt lässt. Die Türen schließen sich genauso langsam, wie sie sich geöffnet haben. Ich gleite ins oberste Stockwerk.

Der Lift hält und ich laufe auch schon auf den Flur hinaus in Richtung unseres großen Meetingraums. Mit Stöckelschuhen und einem engen Rock nicht ganz so easy.

Mein Magen grummelt. Frühstück wäre auch kein Fehler gewesen. Was solls. Trinke ich eben noch einen Kaffee. Ich ignoriere die glucksenden Geräusche in meinem Bauch und öffne schwungvoll, aber gleichzeitig kontrolliert die Tür unseres großen Besprechungsraums.

Da sitzen sie schon. Zehn Männer. Ein Sessel, direkt gegenüber von meinem Vater, ist leer. Meiner. Insofern ist es wieder gut, dass ich hier auch so etwas wie die Chefin bin. Sonst hätte ich mir jetzt vermutlich ins Höschen gemacht. So aber ist diese Situation Standard.

Mein Vater schickt mir einen tadelnden Blick. Ich lächle zurück, denn ihn jetzt an unser doch enges Verwandtschaftsverhältnis zu erinnern, wäre kontraproduktiv. Unzählige Male hat er mir schon erklärt, dass er sich gerade deshalb von Chris und mir mehr erwartet als von jedem anderen in seinen Firmen.

»Entschuldigung, aber der Verkehr war heute ein Wahnsinn«, sage ich gewollt laut und selbstbewusst, während ich mich schnell auf meinem Platz niederlasse und meine Handtasche auf dem Boden neben mir abstelle.

Unsere Führungsriege murmelt mir ein »Guten Morgen« zu.

Sie schwingen im Gleichtakt. Auch bei der Anzugwahl. Alle sitzen in einem dunkelgrauen hier. Weißes Hemd. Die einzige Variation bieten die Krawatten, doch ihr Einfallsreichtum hält sich in Grenzen. Wirklich alle ihrer Krawatten haben irgendeinen Blauton. Nun ja, wir sind in der Immobilienbranche und nicht gerade die Kreativos.

»Ein Wahnsinn also? Und wie denkst du, Marlene, bin ich rechtzeitig ins Büro gekommen?«

Mein Vater, genannt der Fürst, mustert mich. Super. Das mag ich. In der Früh überhaupt.

»Du bist ein Mann, Papa«, kontere ich.

Ein paar unserer Schreibtischtäter grinsen. Verhalten. Also eher nur mit den Augen. Die Schlappschwänze unter ihnen natürlich nicht. Die tippen beflissen irgendetwas auf den Laptops. Ich schätze mal, sie füllen gerade einen Lottoschein online aus und wünschen sich auf eine Insel. Oder so.

»Da ist etwas Wahres dran. Nun, da alle anwesend sind, können wir mit der Besprechung beginnen.«

Lachen Papas hellblaue Augen jetzt plötzlich?

Mit durchgestrecktem Rückgrat sitzt er völlig aufrecht in seinem riesigen Ledersessel. Wenigstens pfeift er sich in puncto Dresscode gar nichts. Da sitzt er: mit seinen knapp siebzig Jahren in Jeans, dazu ein blau-weiß kariertes Hemd, ein sportliches Sakko und ein Schal. Das nenne ich Revolution in aller Stille, denn unserer Anzugfraktion käme nie in den Sinn, ihm das nachzumachen.

Und ja. Er lächelt.

Jetzt bin ich aber gespannt, was Papa zu sagen hat.

Mit einem Mal wenden sich ihm alle Köpfe zu.

Er schweigt und sieht einem nach dem anderen direkt in die Augen.

Mein Vater hält Pausen aus wie kein anderer. Er macht nicht einen Mucks, bevor ihm nicht alle ihre volle Aufmerksamkeit schenken. Natürliche Autorität, die hat er.

Aber wie es scheint, wissen auch unsere Top-Manager nicht, warum mein Vater uns um acht Uhr in der Früh zusammengetrommelt hat. Warum sonst sollten sie ihn so gespannt anstarren?

Ich nicke Papa zu.

»Kommen wir also gleich zur Sache. Wie Sie wissen, wird mein Sohn Christopher zu Silvester heiraten.«

Ich starre meinen Vater an. Unverhohlen. Schätze ich mal.

Bitte? Er will vor versammelter Mannschaft über Chris’ Hochzeit mit Emma reden?

Nie, nie, nie gibt es ein privates Wort von ihm in der Firma. Das hasst er. Privat ist privat, lautet sein Credo. Und selbst die Klatschmagazinreporter, die ihm immer wieder nachlaufen, ignoriert er hartnäckig. Ja, er ist ein Selfmade-Milliardär, doch er hat es auch geschafft, dass ihn beinahe niemand auf der Straße erkennt. Eben weil er alles ablehnt, was die Öffentlichkeit betrifft. Zu Recht ist er Amok gelaufen, als ihm jemand gesteckt hat, dass ich auf der Liste der begehrtesten Singles zu finden bin. Ich hab mich verteidigen müssen. Aber was kann ich denn dafür?

»Sie wissen vielleicht, dass der Rapper Dimepac vor Monaten verstorben ist. Mir wurde sein Anwesen in der Karibik, auf den Turks- und Caicosinseln, zum Kauf angeboten.«

»Sie meinen den Dimepac?«, fragt Gustav Hammerschlag, unser Chefimmobilieneinkäufer, ungläubig nach. Mein Herz pocht. Ich bin ein riesiger Fan von Dimepac. Schon seit Ewigkeiten. Und nun kauft womöglich mein Vater sein Haus in der Karibik? Wahnsinn!

Papa sieht Hammerschlag an und wieder leuchten seine blauen Augen beinahe spitzbübisch auf.

»Genau den meine ich, Herr Hammerschlag.«

Moment.

Will er das Dimepac-Estate etwa für meinen Bruder und Emma als Hochzeitsgeschenk kaufen? Wow. Das wäre aber cool.

»Also. Das Estate soll um die zwölf Millionen Dollar kosten und im Moment halte ich ein Vorkaufsrecht. Ich denke, wir werden es um etwas über zehn Millionen bekommen. Wie schon gesagt, mein Sohn wird heiraten und ich möchte ihm und seiner Verlobten dieses Anwesen zur Hochzeit schenken.«

Mich hält nichts mehr. Ich bin aufgesprungen und stehe ihm am langen Besprechungstisch gegenüber.

»Das ist großartig, Papa! Emma und Chris werden sich riesig darüber freuen«, brülle ich quer über den Tisch in seine Richtung.

»Das hoffe ich, Marlene«, sagt er bedächtig. »Deshalb die heutige Besprechung. Selbstverständlich ohne Christopher. Ich ersuche Sie alle um Diskretion und Geheimhaltung, damit dies auch eine Überraschung wird.«

Unsere Schlipsträger versichern ihm, dass sie den Mund halten werden. Bei ihren Gehältern kein Wunder. Ich schätze, sie würden sogar eine Leiche in ihren Kellern verstecken, sollte er es darauf anlegen.

»Was ist unsere Aufgabe?«, fragt Gustav nach.

Ihn mag ich ja und bin sogar per Du mit ihm. Okay. Ich duze alle. Bloß mein Vater schätzt die Distanz und ist mit allen seinen Führungskräften per Sie. Alte Schule.

»Nun, ich möchte, dass du, Marlene«, dabei fixiert er mich, »in die Karibik fliegst und dir das Haus ansiehst. Ich muss leider nach Asien, aber ich denke, du kennst den Geschmack von Emma und Chris ohnehin besser. Wenn du es für gut befindest, dann kaufen wir es.«

Mein Vater wendet sich Gustav zu. »Daher hätte ich gerne, dass Sie, Herr Hammerschlag, meine Tochter begleiten, die Immobilie ebenfalls besichtigen und sich zusätzlich nach einem Grundstück umsehen, das wir als Investment für eine Luxus-Ferienhausanlage kaufen könnten. Und Sie, Herr Doktor Grünsteidl, bereiten gegebenenfalls die Verträge vor oder prüfen jene von der Verkäuferseite.«

Ich fasse es nicht. Das finde ich ja jetzt richtig lässig von meinem Vater. So eine nette Geste Chris und Emma gegenüber hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

»Ein New Yorker Anwalt, Doktor Kirk Jenston, wird auch vor Ort sein. Er ist der Vertreter des Nachlasses von Mister Dimepac und ich kenne ihn persönlich.«

»Wann wird er dort sein?«, will Gustav wissen.

Gute Frage. Interessiert mich auch.

»Übermorgen.«

Äh. Das wäre dann Donnerstag.

»Oh!«, entfährt es mir.

Hui, das ist gar ein wenig plötzlich.

»Meine Assistentin hat bereits die Flüge gebucht«, sagt mein Vater ungerührt.

Gustav nickt. Ich schüttle den Kopf.

»Papa, das geht nicht so überfallsartig. Ich habe doch ab Samstag einen Urlaub mit Riki in Griechenland gebucht.«

»Dann pack sie ein und ihr macht eben anschließend Urlaub in der Karibik«, grinst er. »In Griechenland ist es ohnehin viel kühler um diese Jahreszeit und wie ich dich kenne, bist du lieber dort, wo Sommer ist.«

Das muss ich erst einmal sacken lassen. Er hat ja recht. Griechenland in der Nachsaison ist weit entfernt von fünfunddreißig Grad im Schatten. Aber trotzdem. So spontan bin ich jetzt auch wieder nicht. Was, wenn Riki nicht in die Karibik will?

Mein Vater streicht sich nachdenklich über das Kinn.

»Frag deine Freundin, ob sie offiziell auf Firmenkosten mitfahren möchte«, meint er plötzlich.

»Das wird Riki ablehnen.«

»Wieso? Sie ist ja Anwältin und vielleicht ist es ganz gut, wenn ihr alles besprechen könnt. Und falls das Dimepac-Estate nicht passt, sucht etwas anderes. Überhaupt wäre ich geneigt, so etwas wie ein Familienanwesen für uns alle zu erwerben.«

Er lächelt in sich hinein. Sein berühmtes schwer zu deutendes Lächeln. Das Lächeln, auf das alle hereinfallen, denn am Ende jeder Verhandlung bekommt er, was er will, und das Gegenüber verlässt den Tisch in der irrigen Ansicht, einen Weltklasse-Deal abgeschlossen zu haben.

Aber meint er das jetzt alles im Ernst? Ein Familiensitz? Für uns?

»Was willst du denn auf einmal in der Karibik?«, frage ich verdattert.

Hätte ihn das jemals interessiert, dann hätte er doch längst etwas gekauft. Aber mein Vater ist ein Retro-Adeliger. Der geht jagen und versteckt sich lieber gut getarnt im grünen Lodenjanker in einer seiner Jagdhütten in den Alpen als sonst wo.

Er fixiert mich.

»Vielleicht meine Enkelkinder aufwachsen sehen? Ihnen schwimmen beibringen? Mit meiner Familie bei einer Flasche Wein um den Tisch sitzen, die Wärme genießen und aufs Meer schauen?«

Wie bei einem Tennismatch schießen alle Köpfe in meine Richtung. Aber ich bin bei ihnen. Das klingt nicht nach meinem Vater.

So handelt mein Vater nicht.

So denkt mein Vater nicht einmal!

Herrgott! Hat ihn jemand ausgetauscht?

Was sag ich denn jetzt?

Vielleicht, dass weder mein Bruder noch ich Kinder haben? Okay. Bei Chris und Emma wird das nur mehr eine Frage der Zeit sein, aber bei mir?

Abgesehen von dem kleinen Umstand, dass ich keinen Mann dafür in petto habe, kann ich höchstwahrscheinlich auf natürlichem Weg gar keine Kinder bekommen. Doch das weiß er nicht. Niemand weiß das. Niemand außer Emma und Riki.

»Ich bin baff, Papa. Aber wenn du das möchtest, dann finde ich etwas für uns alle gemeinsam.«

»Mach das, das würde mir sehr gut gefallen. Ich nehme nach meinen bisherigen Erfahrungen nämlich nicht an, dass ich euch allen gemeinsam eine Jagdhütte kaufen sollte. Also schau dir das Estate auf Turks an. Wenn es für uns alle zu klein sein sollte, dann such gemeinsam mit Riki etwas anderes. Egal wo in der Karibik.«

»Wir reden aber immer noch von einem Feriendomizil, oder willst du, dass wir alle auswandern?«

Er schmunzelt.

»Eine alte Eiche versetzt man doch nicht, Marlene.«

Ich setze mich wieder und sehe ihn an. Mein Vater ist trotz seiner Milliarden bekannt für seine Bescheidenheit. Ich wollte immer etwas in der Karibik kaufen, aber er war immer dagegen gewesen. Wir sind ja keine Filmstars, hat sein Standardkommentar gelautet.

Hm. Chris und Emma würde es sicher gefallen. Wobei? Das sollte ich zuerst auch ein wenig abtasten. Am Ende ist ihnen der Großfamiliengedanke zu beängstigend? Nein. Das kann ich mir sparen. Emma hat so begeistert von Bora Bora und von ihrem Tauchkurs erzählt, sie wird es lieben. Und die Großfamilie will ich ihr gar nicht ersparen. Da bin ich jetzt einfach egoistisch.

»Nun, wir werden nicht auswandern, aber ich möchte, dass wir etwas Gemeinsames haben. Und so wie ich das mitbekommen habe, träumt Chris davon, am Meer zu schreiben, und Emma würde gerne öfter tauchen gehen, seit sie den Schnupperkurs auf Bora Bora gemacht hat. Und du, Marlene, fliegst doch auch seit Jahren zum Tauchen irgendwohin.«

Er hat mit ihnen telefoniert? Emma oder Chris gefragt, wie der Urlaub war?

Eindeutig. Der Mann, der mich mit seinen blauen Augen anleuchtet, sieht nur so aus wie mein Vater. Sein kann er es nicht. So arg kann sich niemand in seinem Alter verändern. Es ist ja schon verwunderlich gewesen, dass er plötzlich mit uns allen gemeinsam hin und wieder essen gegangen ist.

Er beugt sich in meine Richtung.

»Und du träumst doch immer schon von einem Haus in der Karibik, wenn ich mich nicht irre, Leni.«

Mein Herz setzt kurz aus. Ich sehe hinüber zum Fenster.

Nach dem Tod unserer Mama hat er mich nie mehr Leni genannt.

Geh weg, du Frosch!

Ich schlucke ein paar Mal heftig.

Seit seiner Aussprache mit Chris und mir anlässlich der Verlobungsfeier meines Bruders ist mein Vater wie geläutert. Doch wie es aussieht, muss ich mich an den neuen Papa erst gewöhnen.

Ich zwinge mich, mit einem Ruck aufzustehen.

»Ja, das wollte ich. Dann werde ich jetzt einmal Riki anrufen und anschließend packen.«

»Mach das.«

Selbst die farblosen Schlipsträger sind auf einen Schlag rosa im Gesicht geworden und lächeln. Wie lebendige Wesen. Solche, die auch Gefühle haben. Beeindruckend. Möglicherweise ist die Farbe aber auch ihrem zu hohen Blutdruck geschuldet. Was weiß ich schon?

Papa kommt auf mich zu und umarmt mich vor allen.

»Finde etwas Schönes für uns, Leni!«

Er küsst mich auf die Stirn, ich nicke und habe Tränen in den Augen. Wie in Trance verlasse ich ganz schnell den Sitzungsraum. Muss ja nicht jeder mitbekommen, dass das hier gerade der schönste kleine Moment mit meinem Vater seit … ich schätze, seit beinahe dreißig Jahren für mich war.

Ich gehe die paar Meter hinüber zu meinem Büro und lasse die Tür hinter mir zufallen. Als erstes rufe ich jetzt Riki an. Hoffentlich hebt sie ab.

Ah, da ist sie schon.

»Du Riki, ich will dich gar nicht lange aufhalten, aber was hältst du von Karibik statt Griechenland?«, falle ich mit der Tür ins Haus.

»Grundsätzlich sehr viel, aber warum denn das auf einmal?«

»Stell dir vor, mein Vater will Emma und Chris beziehungsweise eigentlich uns allen, ein Feriendomizil kaufen. Auf Turks. Und das Beste ist, es ist das Dimepac-Estate.«

»Wer ist Dimepac?«

»Pfh! Langsam solltest du aufhören, in die Oper zu gehen und dich mit zeitgenössischer Musik beschäftigen.«

Ich schätze, sie wird es nicht tun. Egal.

Riki lacht laut auf.

»Ich höre sie im Radio beim Autofahren, das reicht völlig. Aber Emma wird von einem Haus in der Karibik begeistert sein, schätze ich«, meint sie.

»Ja, das denke ich auch. Aber sag, können wir uns heute so gegen sieben Uhr im Pronto da Salvo treffen?«

»Klar. Dann besprechen wir alles weitere.«

»Super, bis später.«

Zwei Wochen Karibik! Und noch dazu mit Riki. Plötzlich freue ich mich richtig drauf. Dann werde ich mal schnell alles für meine Abwesenheit vorbereiten und die wichtigsten Sachen abarbeiten.

***

Wir sitzen im Pronto da Salvo an einem der schmalen Glastische auf den hohen Stühlen. Hier darf man abends noch rauchen. Kein Wunder, dass das Rikis Lieblingslokal ist. Aber meine gute Laune ist pfutsch. Jetzt hab ich mich so darauf gefreut, dass wir in die Karibik fliegen und nun das! Als wir heute Nachmittag telefoniert haben, ist sie doch noch Feuer und Flamme für diese Änderung unseres Urlaubsplans gewesen.

»Riki, das kannst du mir nicht antun«, jammere ich, während sie mir Zigarettenrauch ins Gesicht bläst. Unabsichtlich. Sie bemerkt so etwas nicht einmal.

»Marlene, es tut mir echt unendlich leid, aber ich kann nicht wegfahren, wenn wir in der Kanzlei gerade den größten Klienten übernommen haben, den wir jemals hatten. Marcus Hagen ist völlig überraschend vor zwei Stunden bei mir im Büro aufgetaucht und hat uns beauftragt, die juristischen Fälle all seiner Firmen ab sofort zu übernehmen.«

»Ich kenne Marcus. Der ist wenigstens ein Netter.«

Aber muss er gerade jetzt bei Riki antanzen?

»Das ist er, aber für uns geht es einfach um verdammt viel Geld. Wir werden für ihn Klagen wegen Patentrechtsverletzungen einbringen, seine laufenden juristischen Fälle betreuen und seine Stiftungen neu sortieren. Bitte sei nicht böse, aber ich muss diese Zusammenarbeit ganz schnell ins Laufen bringen. Vielleicht schaffe ich es ja und komme für ein paar Tage nach.«

Jetzt soll ich tatsächlich mutterseelenallein Urlaub in der Karibik machen? Gustav zählt in dem Fall nicht. Ich trinke einen Schluck vom Wasser.

Pfuh, ich muss mich erst einmal sammeln.

Andererseits verstehe ich Riki ja. Sie führt eine der größten Anwaltskanzleien in Wien. Sie hat an die dreißig Angestellte und muss zusehen, dass alle Arbeit haben. So einen Job machst du nicht einfach nebenbei, und wie in meinem Geschäft auch passieren immer wieder Dinge, die nicht geplant waren. Trotzdem bin ich enttäuscht. Ziemlich enttäuscht sogar.

Riki geht es auch nicht gut. Ich weiß, dass sie sich unheimlich auf unseren gemeinsamen Urlaub gefreut hat. Den ganzen Sommer haben wir an einem Termin gebastelt, jetzt ist es Herbst geworden und am Ende fällt er für sie überhaupt ins Wasser. Das ist jammerschade.

Riki nestelt an ihrem senfgelben Kleid herum, das aber ohnehin sitzt, als sei es maßgeschneidert. Ihr langes, schwarzes, leicht gewelltes Haar fällt nach vorn. Ups.

»Weltklasse! Jetzt hättest du dir beinahe die Haare angesengt«, entfährt es mir einen Tick zu herrisch, während sie schon ihre Zigarette im Aschenbecher deponiert hat und mit beiden Händen ihr Haar im Nacken zu einem Zopf zusammenhält. So schroff wollte ich gar nicht sein.

»Aber nur fast«, erwidert sie.

»Zum Glück. Aber ich sag dir was: Wenn du keine Zeit für unseren Urlaub hast, dann werde ich einfach die Immobilien besichtigen und direkt wieder zurückkommen. Allein macht mir das auch keinen Spaß, in irgendeinem Luxusressort auf bessere Zeiten zu warten.«

»Bist du verrückt? Jetzt schickt dich dein Vater schon dahin, dann genieße es doch wenigstens. Marlene, nach dem ganzen Desaster mit Stefan hast du dir einen Urlaub ja wohl wirklich verdient.«

Riki sieht mich an, als hätte ich ihr gesagt: Hey, da steht eine Cremetorte und ich könnte sie ohne schlechtes Gewissen verdrücken, aber ich mag nicht, allein schmeckt sie nicht so gut.

Was nebstbei stimmt. Selbst essen macht allein weniger Spaß als in Gesellschaft. Davon kann ich ein Lied singen.

»Schon gut. Ich bin ja der Profi, was Singleurlaub anbelangt. Aber ich habe die Schnauze voll von ewig gleich aussehenden Hotelanlagen. Da laufen auch immer die gleichen Menschen herum. Je mehr Sterne, desto älter und hässlicher werden die Männer und desto jünger und operierter die Frauen.«

»Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, aber wer sagt denn, dass du dir nicht einfach verschiedene Inseln ansiehst und eben ausnahmsweise nicht in so ein Hotel fährst? In Karpathos haben wir doch auch ein einfaches Appartement gebucht gehabt.«

»Haben wir, und ich habe die Reise auch schon storniert. Aber dort waren wir sicher, dass das Appartement richtig nett und sauber ist.«

»Dann such so etwas eben auch in der Karibik.«

»Das ist doch absurd, Riki. Wo soll ich so schnell etwas Annehmbares finden? Ich muss ein Hotel buchen.«

Seh ich mich irgendwo mit Bettwanzen in einer Bretterbude? Nein. Mitnichten.

»Keine Ahnung, miete ein Haus. Das wird es doch geben und dann gehst du schnorcheln, tauchen oder was auch immer.«

»Lass gut sein, Riki. Mir wird schon etwas einfallen. Aber du hast recht, vielleicht fliege ich nach Bonaire, da gibt es ziemlich gute Ferienvillen und es ist toll zum Tauchen. Ich war schon drei Mal dort.«

Ich muss mich wohl oder übel damit abfinden, dass ich wieder einmal Urlaub nach Marlene-Fasson mache. Allein frühstücken, Buch lesen am Strand, zwischendurch eine Runde schwimmen, die anderen Gäste studieren und feststellen, dass es zwar schön ist, ich aber nicht einmal jemanden habe, dem ich sagen kann, wie unglaublich faszinierend ich türkises Wasser oder einen hinduistischen Tempel finde. Ab und zu schließe ich mich einer Tauchgruppe an, aber wenn du die Freude, dass du ein Seepferdchen oder eine Schildkröte gesehen hast, mit niemandem teilen kannst, der dir nahesteht, dann ist das nicht so prickelnd. Aber so ist es seit Jahren.

Außer damals, als ich mit Martin auf den Malediven war. Ihn habe ich bei einer Tagung der Immobilientreuhänder kennengelernt. Das war ein Traumurlaub. Später habe ich dann mitbekommen, dass Martin sich nur an mich herangemacht hat, um mit meinem Vater ins Geschäft zu kommen. In der Sekunde habe ich mich von ihm getrennt.

Ist es zu viel verlangt, sich jemanden zu wünschen, der mich liebt? Weil ich ich bin? Klar. Mein Geld ermöglicht mir ein tolles Leben. Ich kann mir kaufen, was ich will. Aber trotzdem: Was hilft all die Kohle, wenn ich am Ende als alte Frau allein dasitze und nur hoffen kann, dass mich die Familie meines Bruders zu Weihnachten dabeihaben will? Wenn ich Erinnerungen nicht teilen kann? Morgens allein aufwache? Vielleicht stürze ich irgendwann in der Wohnung, bleibe liegen, niemand findet mich, und dann? Ende ich dann als verweste Leiche, die in der Zeitung steht und nur entdeckt wurde, weil der Gestank unerträglich geworden ist?

Riki stupst mich.

»Du wirst mir jetzt aber nicht depressiv, Marlene, oder?«, fragt sie mich und sieht mir dabei tief in die Augen.

Lügen oder nicht?

»Doch. Werde ich. Aber das hat nichts mit dir zu tun, Riki. Ich tu mir gerade selbst unheimlich leid.«

»Kenne ich. Aber aus dem Wahnsinn müssen wir beide raus, Marlene«, sagt sie mit fester Stimme.

»Aber wie?«

»Indem wir erstens uns selbst genügen und zweitens damit beginnen, wieder Träume zu haben.« Sie hält inne. »Unsere eigenen, Marlene.«

»Sehr schön. Und das erzählt jetzt ein pflichtbewusster Workaholic dem anderen? Wovon träumst du denn?«

»Das muss ich erst noch herausfinden. Und du?«

Meiner Mutter, die mir sagt, dass sie mich liebt und mir währenddessen Zöpfe flicht? So wie damals, als ich klein war? Bevor sie gestorben ist?

Einer Familie, die rund um einen großen Holztisch sitzt und lacht und redet, bis die ersten Vögel zu zwitschern beginnen?

Oder irgendetwas, das mir ebenso viel Freude macht wie Chris das Schreiben seiner Romane oder Emma das Bloggen?

»Keine Ahnung.«

»Dann finde es heraus. Jetzt hast du die beste Gelegenheit dazu, Marlene.«

Dann also ab in die Karibik. Gibt Schlimmeres, würde ich meinen.

»Vielleicht hast du recht. Ich denke darüber nach. So, aber jetzt bestellen wir uns etwas zu essen und einen Wein. Schließlich müssen wir jetzt Abschied feiern.«

Riki sieht mich erstaunt an.

»Habe ich etwas verpasst? Du fährst zwei Wochen in die Karibik, oder willst du dortbleiben?«

»Ich kann es dir nicht sagen, aber ich habe das Gefühl, dass ich etwas Magisches finden muss, wenn mein Vater für uns dort schon ein Urlaubsdomizil kaufen will. Etwas, wo wir alle gerne hinfahren. Und die Suche danach könnte länger dauern, als er es sich vorstellt.«

»Aber du versprichst mir, dass du wiederkommst, oder?«

Riki fixiert mich mit ihren Wände durchdringenden Augen.

Jetzt muss ich lachen.

»Ja, Riki. Versprochen. Und außerdem bist du Teil der Familie. Also werde ich dir die Fotos schicken und dann entscheiden wir gemeinsam, was Emma und Chris auch wirklich gefallen könnte.«

»Jetzt bin ich erleichtert. Ich hatte schon Angst, du versenkst dich dort!«

»Ich doch nicht! Ich fahre dahin und werde es lieben.«

Das muss ich mir vornehmen, dann wird es sicher eine tolle Sache.

Riki zieht an ihrer Zigarette und sieht mit einem Schlag auch sehr nachdenklich aus.

»Weißt du was, Marlene?«

»Nein. Was?«

»Ich frag meinen Vater, ob er für Marcus Hagen alles aufsetzen kann und die Kanzlei für zwei Wochen übernimmt. Zwar ist er jetzt in Pension, aber er hat richtiggehend einen Pensionsschock und geht meiner Mutter ohnehin nur auf die Nerven.«

Mein Herz hüpft.

»Heißt das, du kommst doch mit?«

»Wenn er das macht, ja«, lächelt sie.

»Wie groß sind die Chancen?«

Sie deutet mir: ›So lala.‹

»Aber ich spreche gleich morgen mit ihm.«

»Tu das, Riki. Ich halt uns die Daumen.«

»Ich uns auch, aber jetzt bestellen wir endlich etwas Essbares«, grinst sie.

Meine Hoffnung auf meinen ersten Urlaub mit ihr flackert in großen Flammen in mir auf. Ich bete, dass ihr Vater den neuen Klienten übernimmt. Mein Gott, das wäre so schön!

Arbeit oder Urlaub?

Mittwoch

Riki

 

Meine Assistentin Irmi reißt die Tür zu meinem Büro auf. Ich sehe fragend von meinem Bildschirm auf.

»Frau Doktor Weigener, entschuldigen Sie, aber Herr Diplom-Ingenieur Kiesberger will Ihnen unbedingt persönlich danken.«

Schon drängt sich mein Ex-Klient an ihr vorbei. Rüpelhaft.

Sehe ich richtig? Er trägt einen riesigen Strauß roter Rosen vor sich her!

Was soll denn das?

Ich stehe auf, gehe um meinen Jugendstil-Schreibtisch herum, direkt auf den brünetten Mittvierziger zu und strecke ihm die Hand hin.

»Grüß Gott, Herr Diplom-Ingenieur Kiesberger!«

Er schüttelt meine Hand mit seiner klebrigen. Mir graust. Ich deute ihm, in einem meiner wuchtigen, hellbraunen Ledersessel Platz zu nehmen. Was er auch tut. Irgendwie wirkt er verloren in dem Sessel. Den Strauß hält er noch immer in seinen Händen.

Irmi verzieht sich. Sie hat meinen Blick richtig gedeutet. Kein Kaffee für ihn. Ich hab echt Stress und muss noch einen Schenkungsvertrag aufsetzen.

»Ich … ah … wollte mich bei Ihnen für meine … uhm … Scheidung bedanken«, stammelt der Softwareunternehmer etwas unbeholfen daher. Er hält mir den Strauß hin.

»Danke, aber das wäre nicht nötig gewesen.«

Ich nehme die Blumen und lege sie vor mir auf den Couchtisch. Auf die Bedeutung der Farbe Rot bei Rosen werde ich nicht eingehen. Der Mann scheint sich damit nicht auszukennen. Typisch Nerd!

Überhaupt hasse ich diese Geschenke. In letzter Zeit häuft sich das. Andauernd bekomme ich anonym irgendetwas geschickt. Bonbonnieren, Gutscheine für einen Edel-Dessousladen, einmal sogar eine Flasche Champagner Rosé mit einer Einladung in ein Sterne-Restaurant. Oder noch grotesker: eine Einladung zu einem Überraschungspicknick im Wienerwald. Alles ohne Absender.

Ich und Picknick? Mit jemandem, den ich nicht kenne? Die Welt ist verrückt. Außerdem werde ich bei so etwas zornig. Wir werden für unsere Leistungen bezahlt. Das reicht. Da brauche ich keine seltsamen Geschenke, Einladungen oder rote Rosen, wie jetzt.

»Doch. Sie haben mir mein … äh … Unternehmen gerettet.«

Ja, das stimmt tatsächlich. Aber auch nur, weil er sich wirklich nichts zuschulden hat kommen lassen. Seine Frau ist mit ihrem Reitlehrer auf und davon. Wie in einem schlechten Groschenroman. Kinder haben sie keine. Sie hat ihm seelische Grausamkeit vorgeworfen und wollte alles: die Villa in Wien, das Segelboot in Kroatien und auch noch seine Firma. Tja, die Gute hat nur leider nicht mit mir gerechnet. Da sie arbeitsfähig und gut ausgebildet ist, hat sie nun den halben Verkaufspreis der Villa erhalten und zusätzlich eine kleine Einmalabfindung. Nun soll sie zusehen, wie sie mit ihrem Reitlehrer happy wird. Zu dieser Aufteilung des ehelichen Vermögens stehe ich. Das ist Emanzipation, die wirklich gelebt ist und nicht nur auf irgendeinem Papier vor sich hin dümpelt.

»Das war nicht mein Verdienst, so ist nun einmal unsere Rechtslage.«

»Sie sind so … bescheiden, Frau Doktor«, grinst er.

Der Mann hat wirklich keine Ahnung von Frauen. Ich würde ihm eine Shoppingtour mit mir durch den ersten Bezirk empfehlen. Sein bescheiden könnte den Anstrich von verwöhnt erhalten. Mit dem Unterschied, dass ich selbst bezahle. Aber nun muss ich zusehen, ihn wieder loszuwerden.

»Danke für das Kompliment«, lächle ich ihn freundlich an. Gleichzeitig erhebe ich mich, um zu signalisieren: Ich habe noch zu tun.

»Ah, dürfte ich Sie … äh … eventuell …?«

Er pausiert, da mein Handy am Schreibtisch läutet.

»Nehmen Sie ruhig ab. Stört mich nicht«, meint er etwas flüssiger.

Ich nicke.

Es ist Marlene.

»Hallo, Riki. Ich bin gerade bei der Sekretärin meines Vaters. Sie würde deine Flüge gleich buchen. Wie sieht es denn nun aus?«

Ich muss lachen. Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, ihr die frohe Botschaft mitzuteilen.

»Ja, mach das, Marlene.«

»Heißt das, du kommst morgen mit?«, jubelt sie am anderen Ende.

»Ja, heißt es. Mein Vater übernimmt.«

»Oh, das ist Weltklasse! Du, wir fliegen für drei Tage nach Turks und Caicos und anschließend machen wir Urlaub auf Bonaire. Ein Haus checken wir dann, wenn wir auf Turks sind. Das sollte kein Problem sein. Sollte ich ein paar Tage länger bleiben müssen, fliege ich einfach nach. Ist das okay?«

»Natürlich. Von mir aus, dann eben Bonaire. Aber du weißt, dass ich nicht tauchen gehen werde.«

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie mein Klient lächelt. Was ist denn daran so lustig, dass ich nicht tauchen will? Ich will auch nicht schnorcheln. Überhaupt will ich lediglich im türkisblauen Wasser plantschen und mehr nicht.

»Weiß ich, aber es macht dir doch nichts aus, wenn ich dann auf Bonaire ein paar Tauchgänge mitmache, oder?«

»Himmel, nein. Mach das, du liebst doch tauchen.«

»Super, danke. Aber du wirst sehen, Bonaire wird dir gefallen. Okay, dann buchen wir. Abflug morgen so gegen neun Uhr, dann drei Tage Turks und anschließend zwei Wochen Bonaire? Passt das?«

»Kann es sein, dass du unseren Urlaub gerade auf zweieinhalb Wochen ausgedehnt hast, Marlene?«

»Ja«, kichert sie.

»Ist gut. Dann mach das bitte so. Ich habe einen Klienten hier, ich melde mich später noch, ja?«

Wir verabschieden uns, ich lege auf und wende mich diesem Kiesberger zu.

»Entschuldigen Sie, aber was wollten Sie noch gleich sagen?«

Endlich! Er erhebt sich.

»Ich wollte Sie zum … äh … Essen einladen, Frau Doktor.«

Oje. Das kann ich gar nicht haben. Anhängliche Klienten, die ihre Scheidung noch drei Jahre später diskutieren wollen, finde ich ermüdend. Und zeitraubend. Das ist Emmas Geschäft. Sie ist die Psychotherapeutin.

»Das tut mir sehr leid, Herr Diplom-Ingenieur, aber wie Sie sicher mitbekommen haben, fahre ich morgen in den Urlaub und habe bis dahin noch wirklich viel zu tun.«

Ich hoffe, das Thema ist damit vom Tisch.

Er steht dicht vor mir. Und lächelt irgendwie beängstigend.

»Dafür haben Sie dann im Urlaub aber … ähm … viel Zeit«, erwidert er.

»Ja, dafür hat man doch Urlaub, oder?«

»Genau. Dann wünsche ich Ihnen und … äh … Ihrer Freundin eine schöne Zeit in der Karibik.«

Ein kurzer Stich zuckt durch meine Brust. Das ist mir jetzt too much information, die er da mitbekommen hat. Aber seis drum. Hauptsache, er fragt mich nicht, ob wir nach dem Urlaub essen gehen. Das wird nämlich nicht passieren. Wenn, dann gibt es Geschäftsessen mit unseren Wirtschaftskunden, aber das war es dann schon.

»Ich danke Ihnen. Auch für die schönen Rosen, das war sehr aufmerksam«, flöte ich, während ich ihn quasi durch meine Tür in den Vorraum dränge.

Aber zum Glück verabschiedet er sich. Sein Blick aus seinen grauen Augen ist strange. Aber er geht. Die schwere Eingangstür fällt hinter ihm ins Schloss und Irmi kommt auf mich zu.

»Tut mir leid, Riki. Aber der war nicht zu bremsen.«

»Kein Problem, Irmi. Magst du die Rosen haben?«

Ihre dunklen Augen leuchten auf.

»Gerne. Vielleicht wird Max ja ein bisserl eifersüchtig, wenn ich mit einem so tollen Strauß roter Rosen nach Hause komme.«

»Wieso soll er eifersüchtig werden?«

Sie wird rot.

»Vielleicht weil er Angst bekommt, dass ich irgendwann mit einem unserer reichen Klienten durchbrenne? Was ich natürlich nie tun würde, aber wenn er das denkt, dann strengt er sich wieder ein wenig mehr an. Dann kocht er sogar und bringt den Müll runter.«

Tja, Single zu sein hat definitiv seine liebenswerten Seiten.

»Na in dem Fall viel Spaß mit den Rosen.

---ENDE DER LESEPROBE---