Carol´s Christmas - Mira Morton - E-Book

Carol´s Christmas E-Book

Mira Morton

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Beschreibung

Wenn Weihnachten all seinen Glanz verloren hat, dann ist es Zeit für Engel und Wunder …

Nach einem schweren Schicksalsschlag kennt die hübsche Architektin Carol Chisisi nur mehr eines: ihre Arbeit. Ihr einnehmendes Lächeln ist verschwunden, ihre Freude an Weihnachten wie weggeblasen und übrig geblieben ist eine hartherzige und verbitterte Frau.
Doch dann fällt ihr in der Nacht vor dem Heiligen Abend ein altes Fotoalbum auf den Kopf. Carol erhält seltsamen Besuch von Engeln und Dämonen, wacht völlig verändert auf und stolpert auch noch zufällig in die Arme ihrer großen Liebe: Constantin Hartburg. Ihr Lächeln kehrt zurück und plötzlich wünscht sich Carol, dass inmitten des Schneetreibens in den Bergen auch für sie ein Weihnachtswunder wahr wird.

Nach Motiven von Charles Dickens´ Weihnachtsklassiker 'A Christmas Carol'.
Der Liebesroman ist abgeschlossen und nicht Teil einer Reihe.

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Inhaltsverzeichnis

 

Titel

 

1 - Der Tag vor dem Heiligen Abend

2 - In der Villa

3 - Carols Blick auf vergangene Weihnachtsfeste

4 - Carols Blick auf das diesjährige Weihnachtsfest

5 - Carols Blick auf kommende Weihnachtsfeste

6 - Der Tag des Heiligen Abends

7 - Wunder gelingen … nicht immer

8 - Nur Zufall?

9 - Carol´s Christmas

10 - Ein Weihnachtswunder

 

Alle bisher erschienenen Romane von Mira Morton

Leseprobe aus: ›Weichnachten ist nichts für schwache Nerven‹

 

Danke!

Quellennachweise

 

Die Autorin

Impressum

Viel Spaß mit meinem Roman

und keep on dreamin´!

Herzlichst,

Facebook:www.facebook.com/MiraMorton.Autorin

www.miramorton.com

[email protected]

Mira Morton

Carol's Christmas

Ein Weihnachtswunder für die Liebe

Novelle

Für all jene,die mit demHerzen sehen.Fröhliche Weihnachten!

Der Tag vor dem Heiligen Abend

 

Die können sich warm anziehen. Was soll denn das? Kaum bin ich zwei Tage wegen eines Meetings außer Haus, schon toben sich meine Mitarbeiter in meinem Büro aus.

Ich hasse Kerzen. Speziell zu Weihnachten. Nebstbei bin ich ziemlich sicher: Diesen Feiertagskult hat ein arbeitsscheuer Underperformer erfunden, nur um noch ein paar Tage zusätzlich frei zu haben. Reichen denn nicht die Wochenenden? Ich kann mir gut vorstellen, dass es diese Sorte von Menschen selbst in grauer Vorzeit gegeben hat.

Überall im Büro haben meine weihnachtssüchtigen Mitarbeiter Weihnachtsdeko verteilt. Die hängen an dem Weihnachtskitsch wie Schwerkranke am Tropf. Kein Wunder: Alles, was von der Arbeit ablenkt, finden sie gut. Kein Problem, die Sugar-Mama bin ich. Oder wer überweist hier am Ende jedes Monats diese horrenden Gehälter für Schlapfen-Fetischisten?

Außerdem: Das Zeug passt nicht zu den modernen weißen Lackmöbeln in meinem Büro. Gold und Rot? Wenn sie wenigstens Blau, Weiß und Silber gewählt hätten. Aber Geschmack kann man nicht kaufen.

Die Teelichter auf Arthurs Schreibtisch, die mit den Gewürznelken drinnen, sind samt der bereits trockenen Tannenzweige und einiger Christbaumkugeln auf die Füße meines Angestellten gefallen. So ein Pech aber auch, dass ich sie mit meinem unechten Pelzmantel erwischt und vom Tisch gefegt habe.

»Das tut mir aber leid«, sage ich schnippisch.

Arthur, Architekt wie ich, sieht mich angepisst an. Mit seinen fünfundvierzig Jahren wäre es dringend Zeit, sich von Hausschuhen in der Arbeit zu verabschieden. Wie sieht denn das zur schwarzen Jeans und dem schwarzen T-Shirt aus?

»Sicher. Nichts anderes habe ich von dir erwartet, Carol«, mault er, während er sich bückt, um die Scherben der kleinen goldenen Kugeln aufzuheben. Ein paar davon stecken in seinen Socken. Sein Problem. Könnte mir mit meinen Stiefeln nicht passieren.

Ich ignoriere, dass er sich weitere drei Minuten Pause auf diese Art und Weise herausgeschlagen hat, und gehe durch das Großraumbüro weiter in Richtung meines eigenen. Natürlich hätte ich den direkten Weg über den Gang in mein Büro nehmen können, aber es ist ganz gut, wenn meine Angestellten wissen, dass ich anwesend bin.

Ist ja ekelig. Mir fällt auf, dass das gesamte Großraumbüro nach einer Mischung aus Zimt, Vanille und … Tod riecht.

Ja, genau.

Danach stinkt es.

Nach Sarg, Weihrauch und Kirche.

An diesem Eindruck ändern die Tannenzweige sowie die Baumkugeln, die sie daneben drapiert haben, auch nichts. Im Gegenteil. Das letzte Mal, dass ich so viele Kerzen gesehen habe, war zu Carolines Begräbnis. Vor über fünf Jahren. Tja, meine Zwillingsschwester hat es vorgezogen, sich aus diesem Leben zu verkrümeln. Feiner Zug von ihr. Hat mich auf drei Großprojekten und der größten Cashflow-Krise, die unser Architekturbüro je zu bewältigen hatte, sitzen lassen. Einfach so.

Schluckt drei Packungen Schlaftabletten.

Ich hasse sie.

Krisen sind da, um gemeistert zu werden. Gescheiter zu werden. Vielleicht geschickter. Auf jeden Fall, um aus ihnen als Siegerin hervorzugehen. Nicht als Leiche. Caroline hätte ja verdammt noch einmal abwarten können, wie es ausgeht. Mir und meinem Verhandlungsgeschick vertrauen. Sie hat gewusst, dass uns die Bauherren Geld schulden, und deren Mängelrügen sich irgendwann in Luft auflösen würden. Es war nur eine Frage der Zeit bis ihnen die Ausreden ausgehen, und sie das uns zustehende Geld nicht mehr zurückhalten können. Aber nein. Meine Schwester hat keinen Bock mehr gehabt. Das hat sie in ihrem Abschiedsbrief ausführlich dargelegt. Und dass sie unter Depressionen gelitten hat. Was mich kalt erwischt hat. Schließlich war sie das Unterhaltungstalent von uns beiden. Die Lustige. Über mich sagt das bestimmt niemand.

Nur ein Wort hätte Caroline sagen müssen. Ein einziges Wort. Ich wäre da gewesen. Aber nein. Nicht meine Schwester. Sie haut einfach ab. Löst sich von einem Tag zum nächsten in ein großes, schwarzes Nichts auf.

Und was ist am Ende herausgekommen? Wir sind das erfolgreichste Architekturbüro Österreichs. Nicht nur das. Jeder auf der ganzen Welt kennt unseren Namen: C&C Violet. Carolines und Carolas Veilchenblau. Wobei ich das ›a‹ von ›Carola‹ mittlerweile gestrichen habe.

Carol klingt internationaler. Mondäner. Carola bloß alt und verstaubt. Und wehe, jemand nennt mich Caro, so wie es meine Schwester und unsere Freunde früher getan haben. Der legt zur Strafe eine Sondernachtschicht ein.

Was haben wir damals gelacht, als uns irgendwann während des Studiums dieser dämliche Name für die Firma eingefallen ist. Tja. Nun ist er ein Synonym für moderne, nachhaltige Architektur. Steht für organische Formen und eine Abkehr vom Kubismus.

Ich öffne die weiße Altbau-Flügeltüre zu meinem Büro. Das ist jetzt nicht wahr, oder? Selbst auf meinem riesigen Schreibtisch thront ein Adventkranz. Auf den vier Fenstersimsen liegen Tannenzweige verstreut herum. Dazwischen stehen Kerzen. Das ist zu viel.

»Esther!«, brülle ich.

Meine Assistentin schießt zur Türe herein.

»Ja, Chefin?«

»Ich geb dir zehn Sekunden. Dann ist der gesamte Weihnachtskram samt der tausend Kerzen unten in der Mülltonne.«

Esther zupft an ihrem roten, kurzen Rock. Der gestrickte Pulli mit dem Norwegermuster in den Farben Grün, Weiß und Rot und einem riesigen Rentier über der Brust soll wohl auch ein Statement pro Weihnachten sein. Wundert mich nicht, Esther war immer schon ein Weihnachtsfreak. Zu Ostern verhält sie sich allerdings nicht anders. Wegen ihrer Backkünste musste ich früher nach diesen Festen eine Woche lang fasten. Aber diese privaten Treffen habe ich abgestellt.

Esther läuft rot an, verharrt aber in Untätigkeit.

»Lass uns doch endlich wieder einmal richtig Weihnachten feiern«, jammert sie daher.

»Sicher nicht. Kein Mensch braucht Weihnachten.«

Ich deute ihr, schleunigst den Adventkranz, den vermutlich sie auf meinem weißen Schreibtisch deponiert hat, zu entsorgen. Wofür bezahle ich Esther denn, wenn ich den Dreck am Ende selbst wegräumen soll? Noch dazu, wo ich ihn nicht verursacht habe.

»Okay, okay. Aber sag, Carol, wäre es denkbar, dass wir heute alle ein wenig früher Feierabend machen können? Du weißt ja, morgen ist der vierundzwanzigste und manche von uns haben noch nicht einmal Zeit gehabt, Geschenke einzukaufen. Das wird morgen sonst echt knapp.«

Ich sprenge beinahe meine schwarze Designerbluse beim Einatmen. Okay. Die Knöpfe sind noch dran. Was gut ist, denn die Luft brauche ich zum Schreien.

»Ja gehts noch, Esther? Reichen nicht schon die gesetzlichen Bestimmungen? Wer, glaubst du, bezahlt am Monatsende die Gehälter? Die Sozialversicherung? Die Steuern? Deinen Lohn?«

Esther starrt mich an. Ihre Augen glänzen feucht. Zumindest sieht es so aus. Ist jedoch schwer zu sagen, da sie eine Brille trägt. Wenigstens dreht sie sich jetzt um und geht hinaus. Ich schätze, sie holt einen Mistsack aus der Teeküche. Wird auch Zeit.

Ich setze mich an meinen Computer und fahre ihn hoch. Heute und morgen muss ich den Entwurf für das weltweit erste Hotel mitten in einer Lagune in der Karibik fertigstellen. Das Restaurant liegt unter Wasser, die Zimmer beginnen über der Wasserlinie. Es wird traumhaft schön. Ich verstehe meine Leute nicht. Vierzig Männer und Frauen. Alle dürfen an den tollsten Bauprojekten auf dieser blauen Kugel mitarbeiten, und was wollen sie?

Frei haben.

Shoppen gehen. Dafür hat man jemanden, der das erledigt, aber seis drum.

Und sie verzehren sich nach diesem Kitschfest, als sei es das Einzige, das in diesem Leben zählt.

So ein Schwachsinn. Aber nicht mit mir.

Wenigstens habe ich meine beiden Haushälterinnen aus Tschechien schwarz beschäftigt. Die beschützt kein Arbeitsinspektor. Daher habe ich Katerina und Zuzana verboten, übers Wochenende nach Hause zu fahren. Das nächste freie Wochenende ist in sieben Tagen und ich sehe nicht den geringsten Anlass, von unserer Vereinbarung auch nur einen Millimeter abzugehen. Geheult haben sie. Irgendetwas von ihren Männern und Kindern dahergefaselt. Wirklich sehr unangemessen.

Esther stöckelt mit einem Kaffee für mich und dem Müllsack zurück in mein Büro. Im Schneckentempo schiebt sie den ganzen Plunder hinein und versucht mir ein schlechtes Gewissen durch böse Blicke zu machen.

»Esther, Zeit ist Geld. Also Tempo, wenn ich bitten darf. Oder glaubst du, ich gebe neuerdings Geld für lebende Skulpturen aus?«

Sie funkelt mich aus ihren grauen Augen an.

»Nein. Keine Sorge, Frau Chefin. Auf die Idee käme hier wirklich niemand.«

Kurz fixiert sie mich. »Nicht mehr.«

Das will ich überhört haben, und mit Nachsicht darf auch nur Esther bei mir rechnen. Wir kennen uns ewig und früher war sie meine beste Freundin. Aber das hat sich von selbst erledigt. Mit Freunden zu arbeiten ist ohnehin Schwachsinn.

Ich konzentriere mich wieder auf den Bildschirm.

»Dann ist es ja gut«, kommentiere ich ihre spitze Bemerkung, ohne sie anzusehen.

Ich nehme einen Schluck vom Kaffee.

Und spucke ihn in die Tasse zurück.

»Der schmeckt ja wie Abwaschwasser. Willst du mich vergiften?«

»Entschuldige, das muss an der Kaffeemaschine liegen. Wir sollten eine neue anschaffen.«

»Sicher nicht. Die ist noch nicht einmal abgeschrieben.«

Esther nimmt meine Tasse. Im Nacken spüre ich, dass sie hinter mir stehen geblieben ist. Ich drehe mich um.

»Ist noch etwas?«

»Ja. Es geht um unseren Praktikanten. Daniel.«

Ich versuche mich an sein Gesicht zu erinnern.

Ach. Ich weiß schon. Sie spricht von diesem Flüchtlingsburschen, den sie eingestellt hat. Für die Praktikanten ist Esther ganz allein zuständig. Da kann schließlich wenig schiefgehen. Kopieren und Pläne falten kann echt jeder.

Da ich der Einfachheit halber alle meine männlichen Praktikanten Daniel und alle weiblichen Daniela nenne, verschwimmen sie vor meinem inneren Auge immer ein wenig. Wie sieht der jetzige Daniel genau aus?

»Was ist mit ihm?«

»Der ist wirklich sehr knapp bei Kasse. Und morgen ist doch Weihnachten. Kannst du ihm nicht einen kleinen Vorschuss auf seinen ersten Lohn geben? Oder einen kleinen Bonus? Du weißt, er arbeitet wirklich total brav. Und gut.«

Ich habe sie ausreden lassen, auch wenn es mir schwergefallen ist. Aber jetzt schlägts dreizehn.

»Ja bin ich eine Wohltätigkeitseinrichtung? Gibts keine Nebenjobs mehr? Soll er doch irgendwo Rasen mähen.«

»Carol! Wien ist tief verschneit. Wo soll der Arme denn Rasen mähen?«

Ist das jetzt mein Problem?

»Dann soll er eben Schnee schaufeln. Oder, keine Ahnung, irgendwo kellnern.«

»Wie kann man zu Weihnachten nur so hartherzig sein?«, schnaubt sie.

Genug ist genug.

»Hör mal, Esther. Du bist seit über zehn Jahren bei mir und kennst mich gut genug. Also: Lass mir meine Sicht der Dinge und feiere daheim, was du willst. Aber nicht hier. Nicht in meinem Büro. Nirgendwo in meinen vier Wänden. Und das Wort Bonus kenne ich nicht. Haben wir uns verstanden?«

»Ja. Leider.«

Wieder schickt sie mir einen ihrer Blicke, die sich in mein Herz bohren sollen. Ich kenn sie. Aber er prallt an mir ab.

»Und was diesen Daniel betrifft: Du kennst meine Einstellung. Meins oder deins. Und seine Geldsorgen sind eindeutig seins.«

»Aber du zahlst ihm doch einen Hungerlohn, und das für fünfzig Stunden die Woche. Was soll der Arme denn noch alles machen? Demnächst kippt das arme Bürschchen sowieso um.«

Ich hyperventiliere.

»Raus!«, schreie ich sie an.

Sie murmelt irgendein Schimpfwort, aber es interessiert mich nicht, denn glücklicherweise dampft Esther mit dem Müllsack in der einen und meiner Tasse in der anderen Hand ab und schließt meine Bürotüre hinter sich.

Endlich Ruhe im Kabäuschen. Wird aber auch Zeit.

Meinen nächsten Rundgang durch die zwei Großraumbüros mache ich dann in einer Stunde. Jetzt muss ich bei diesem Entwurf endlich etwas weiterkommen.

Mein Handy läutet.

Wer stört denn nun wieder?

Oh. Meine Nichte. Carolines Tochter Nina. Die Göre ist sechzehn und meldet sich, wenn es hoch hergeht, zwei Mal im Jahr. Ich heb ab.

»Was ist, Nina?«, fahre ich sie an.

»Hallo, Tante Carol. Ich wollte dich fragen, ob du nicht mit mir und Papa morgen Weihnachten feiern magst?«, fragt sie mich.

Wenigstens spricht sie schnell. Ob Nina am Ende verstanden hat, wie kostbar meine Zeit ist? Aber was soll das jetzt? Seit fünf Jahren haben sie mich nicht mehr zu Weihnachten eingeladen. Warum jetzt?

»Braucht irgendwer Geld? Denn wenn ja, lautet meine Antwort Nein.«

Sie kichert am anderen Ende.

»Was gibts da zu lachen?«

»Tante! Echt jetzt! Papa ist doch selbst reich. Der braucht dein Geld nicht.«

Wann ist denn das passiert?

»Eintausend Euro am Konto mögen für dich als Teenager ein Grund sein, die Schule zu schmeißen und zu glauben, dir gehöre die Welt. Aber unter reich verstehe ich definitiv etwas anderes.«

»Ich bin ja kein Baby mehr!«, schnaubt sie. »Glaubst du, ich kapiere nicht, was du gemeint hast? Du hast ja keine Ahnung, Papa verdient genug!«

Wann hat sie denn mit diesem Widersprechen angefangen? Das sollte sie sich tunlichst wieder abgewöhnen. Wo sind wir denn?

»Na wunderbar. Und womit, wenn ich fragen darf?«

»Der baut ein tolles Hotel in Wien.«

Meine Herren! Das Emperor Gardens ist sein Entwurf! Hätte ich mir gleich denken können. Na ja, meine Auffassung von reich und jene meiner Nichte unterscheiden sich tatsächlich grundlegend. Aber Hundert- oder Zweihunderttausend wird mein Schwager für seine Entwürfe und die Planung schon bekommen haben.

Portokassa.

Egal.

»Kommst du nun morgen oder nicht?«, blafft mich meine Nichte durchs Smartphone an.

Frechheit.

»Nein.«

»Und warum nicht?«

»Weil Weihnachten Stumpfsinn ist. Ausgedacht, um die einen in den finanziellen Ruin zu stürzen und die anderen in den emotionalen. Und ich verzichte auf beide Möglichkeiten.«

»Dir hat ja einer ins Hirn geschissen.«

Ich springe unwillkürlich auf. Ja gehts noch?

»Sag, wie zum Teufel sprichst du denn mit mir, Fräulein?«

»Gar nicht mehr.«

Komisch, sie legt nicht auf.

»Sehr gut, dann muss ich mir deine proletenhafte Wortwahl auch nicht länger anhören. Wir sprechen uns im nächsten Jahr wieder.«

Wobei? Vielleicht lieber erst, wenn Nina fünfundzwanzig ist und diese Pubertät mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit übertaucht hat?

»In deinem Leben hörst du mich nie mehr wieder!«, brüllt sie durchs Telefon.

»Auch gut.«

»Du bist das Letzte.«

Ich lege auf.

Perfekt. Damit hätte ich dann alle Pflichttelefonate zu Weihnachten erledigt und kann mich ganz auf mein Projekt hier konzentrieren. Schließlich kann ich nicht den ganzen Tag lang nur mit meiner Nichte oder Männern quatschen, bloß weil sie sich das einbilden. Und es ist bereits Nachmittag. Diese Geschäftsessen hasse ich. So was von sinnlos. Aber kaum spielst du nicht mit, bekommst du auch keine Aufträge mehr.

Nolan kommt mir wieder in den Sinn. Nolan Schuman, der Witwer meiner Schwester, soll vermögend sein? Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Als wir beide Nolan kennengelernt haben, war er der feuchte Traum aller Frauen an der Uni. Und superfaul. Ehrgeiz hätte er erst im Wörterbuch nachschlagen müssen.

Kein Wunder, Nolan war einer von den Künstlertypen. Caroline und ich haben hier Architektur an der Technischen Uni studiert. Das ist das einzig wahre Studium. Nolan dagegen hat Architektur an der Uni für Bildende Künste studiert. Da hat er auch eindeutig besser hingepasst. Dort glauben sie, mit einer bunten Zeichnung sei ein Bauprojekt geritzt. Statik kennen sie nur vom Hörensagen und überhaupt haben die keine Ahnung von Bauphysik oder sonst irgendetwas. Aber Bilder malen, das können sie. Und Frauen aufreißen.

Speziell Nolan war da sehr begabt. Mit ›Bei euch sind ganz eindeutig die interessanteren Girls‹ hat er mir damals erklärt, warum er sich jeden Tag vor unseren Hörsälen herumgetrieben hat statt vor seinen eigenen. Warum habe ich mich überhaupt von ihm ansprechen lassen? Erst durch mich hat er meine Schwester kennengelernt.

Ob er nun Geld hat oder nicht, Nolan kann mir gestohlen bleiben. Reicht schon, dass auch er mich anstandshalber so ein bis zwei Mal im Jahr anruft und mit Belanglosigkeiten malträtiert.

Schluss jetzt.

Jetzt wird gearbeitet.

In der Villa

Viele Stunden später …

 

Ich knalle meine Autotür zu und gehe hinauf ins Erdgeschoss meiner Villa. Meine hohen Absätze klackern auf den Steinstufen. Durch die hohe Glaswand sehe ich, dass mein Vorgarten komplett verschneit ist. Ich hasse Schnee. Wenigstens komme ich damit von Tiefgarage zu Tiefgarage nicht in Berührung.

Allein deshalb liebe ich meine Villa. Sie ist perfekt geworden. Im letzten Jahr habe ich sie bauen lassen und sie spielt alle Stückerln. Vollautomatisiert, elegant und praktisch. Alles hat seinen Platz, kein unnötiger kleingeistiger Kitsch und große Räume. Nur ein paar Elemente dürfen verspielt sein. Wie zum Beispiel die Biedermeier-Kommode in meiner Eingangshalle. Ich werfe meinen Schlüssel in den großen Teller, der auf dem Holzmöbelstück steht. Wie immer.

Ich gebe zu, ich habe ein Faible für Antiquitäten. Der Mix aus alt und sogar einen Tick verspielt und andererseits modern, aber schlicht hat mich schon seit jeher fasziniert.

Was? Schon nach elf Uhr abends? Zuzana und Katerina sind längst hinten in ihrer Wohnung. Eine Einliegerwohnung für Angestellte zu bauen war einer meiner Lichtblitze. Sie haben einen eigenen Eingang und nerven mich nicht mit ihrer Anwesenheit, wenn ich heimkomme.

Ich drehe mich um und gehe in Richtung der Treppe, die in den ersten Stock führt. Vor dem zwei mal zwei Meter großen Acrylbild meiner Schwester und mir halte ich inne. Wie jeden Abend.

Plötzlich verspüre ich Lust, laut mit ihr zu sprechen.

---ENDE DER LESEPROBE---