Traummann mit Plumpsklo - Mira Morton - E-Book
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Traummann mit Plumpsklo E-Book

Mira Morton

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Beschreibung

Palmen, Strand und Cocktails? Mitnichten. Denn Ada sitzt zwischen Kühen auf einer Alm fest! – Was würdest du tun, wenn der Mann, dem dein Herz zufliegt, eine einsame Hütte samt Plumpsklo bewohnt und Menschen ganz offensichtlich meidet?

Adas neuer Job als persönliche Assistentin eines berühmten Filmemachers ist ein Hammer. Doch dann landet sie mit ihrem Boss Carl mitten im Nirgendwo. Das soll ihr Sommer sein? Blumenwiesen und Schnaps? Für Ada kommt es noch schlimmer, denn plötzlich steht die Großstädterin Auge in Auge einer ausgewachsenen Kuh gegenüber.

Milo, der zufällig vorbeikommt, kann sich vor Lachen kaum halten. Diese hübsche Blondine macht sich doch glatt wegen Elsa ins Höschen, der zahmsten Kuh der Welt! Obwohl ihn die schlagfertige Fremde sofort fasziniert, weiß er, dass er mit seinem schrägen Einsiedlerleben sicher nicht in die Kategorie Traummann fällt. Um Adas Herz zu gewinnen, kommt Milo auf eine verwegene Idee: Er bewirbt sich bei ihr. Als Hausmädchen! Doch Ada spürt, dass da etwas nicht stimmt. Wieso hat sie Herzklopfen wegen eines attraktiven, aber eigensinnigen Einsiedlers und warum hasst Carl ihn von der ersten Sekunde an?

Der Liebesroman ist abgeschlossen und nicht Teil einer Reihe.

Ein amüsanter und süßer Feel-Good-Roman, der vor der zauberhaften Kulisse der österreichischen Berge spielt, mit skurrilen Szenen und einer herzerwärmenden Lovestory aus der Feder von Bestseller-Autorin Mira Morton.

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Inhaltsverzeichnis

 

Titel

 

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

 

Danke!

Quellennachweise

 

Impressum

Viel Spaß mit meinem Roman

und keep on dreamin´!

Herzlichst,

Facebook:www.facebook.com/MiraMorton.Autorin

www.miramorton.com

[email protected]

Kapitel 1

Die Kuh sieht mir direkt in die Augen. Und mit direkt meine ich auch direkt. Sie starrt mich an und ich sie. Wir bewegen uns keinen Zentimeter. Was um alles in der Welt mache ich überhaupt hier? Nur weil mein Chef glaubt, dass er plötzlich Almluft schnuppern muss? Eine Auszeit braucht?

Mein Herz rast und ich bewege mich nach wie vor nicht. Atmen sollte ich dann allerdings irgendwann wieder. Was, wenn mich dieses Monster anspringt? Ich wollte doch nur eine Runde spazieren gehen. So eine blöde Idee. Ich gehe shoppen, aber doch nicht spazieren! Und außerdem: Wieso hätte ich damit rechnen müssen, dass hier niemand einen Zaun aufstellt? Das ist eine Alm. Auch hier gelten Regeln und eine davon ist, dass eine Weide mit einem Zaun zu sichern ist.

»Muuuh!«

Ich fahre zusammen. Oh mein Gott! Was kommt als Nächstes? Senkt sie den Kopf und schießt auf mich zu? Steh ich morgen in der Zeitung? ›Fünfunddreißigjährige Frau auf Alm von Kuh getötet‹. So etwas soll ja schon vorgekommen sein.

Rückzug.

Sofort.

Und zwar so unauffällig wie möglich.

Unter meinem Schuh knackst ein Ast so laut, dass ich schon wieder zusammenzucke. Nicht! Ich muss mich vorsichtiger bewegen und auf keinen Fall darf ich dieses Biest aus den Augen lassen.

Jetzt versinkt auch noch mein Turnschuh in etwas Weichem. Was ist das? Wo bin ich denn nun hingetreten?

Ich sehe für eine Millisekunde nach unten.

Na großartig. Ein Kuhfladen.

Scheiße.

Im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist ja ekelig und das Zeug klebt jetzt auf meinen weißen Sneakers. Plateausohlen wären jetzt definitiv besser gewesen, aber es ist zu spät. Meine Schuhe sind hinüber.

Die waren nagelneu.

»Elsa!«

Ich fahre herum. Wer ist Elsa und wo kommt die Männerstimme her?

Keine fünf Meter hinter mir steht plötzlich ein dunkelhaariger Mann. In Jeans und einem kurzärmeligen schwarzen Hemd. Unter seinem modernen Sommerhut sind dunkle Locken zu sehen. Auch in Schwarz, also Locken wie Hut. Der Typ mit seinem dunklen Teint passt ja genauso wenig hierher wie ich.

»Pssst! Wollen Sie, dass es hier Tote gibt?«, fauche ich ihn flüsternd an, was ihn zum Lachen bringt.

»An einem Kuhfladen ist meines Wissens nach noch niemand gestorben.«

Scherzkeks. Ich deute auf das braun-weiß gefleckte Monster direkt vor mir. »Ich meine doch die Kuh.«

Verwundert sieht er mich an, kneift seine Augenbrauen zusammen und meint: »Elsa? Du willst Elsa umbringen?«

Ah ja. Über tausend Meter sind ja alle per Du. Da kann der Bundespräsident auftauchen und jeder wird ihn duzen.

Sehr witzig.

»Die Kuh heißt Elsa?« Den Rest ignoriere ich.

»Nee, ich.«

»Das ist der falsche Moment für einen Streit.«

»Schade, darauf hätte ich jetzt Bock gehabt, aber ich will mal nicht so sein.« Mit der ausgestreckten Hand kommt er auf mich zu. »Ich bin Milo. Und du?«

»Danke, aber ich kenne genügend Leute, ich brauche keine neuen Freunde.« Der Mann zieht die Hand zurück und mustert mich ungläubig. »Aber sollte mich einer von ihnen entfreunden und ein Platz auf meiner Freundesliste frei werden, sag ich es dir.«

Der Mann soll verschwinden, denn die Kuh schüttelt den Kopf. Sieht mir nicht danach aus, als wolle sie mit uns gemeinsam friedlich auf einen Kaffee gehen.

»An deiner Stelle würde ich ganz schnell umdenken, denn ich kann dir mit Elsa helfen.«

Gewonnen! Schnell strecke ich die Hand in seine Richtung aus. Er schlägt ein.

»Ada.«

»Abkürzung oder Künstlername?«

Spinnt der?

»Weder noch, Buch Genesis.«

»Dann sind deine Eltern Hardcore-Katholiken?«

Dieses Gespräch läuft in die völlig falsche Richtung. Er wollte mir doch mit dieser Bestie helfen.

»Sind sie nicht. Ihnen hat bloß der Name gefallen. Können wir jetzt damit aufhören und uns endlich um die Kuh kümmern?« Oder besser gesagt darum, wie ich hier wegkomme, ohne zu sterben.

»Ich dachte, du magst Elsa nicht?«

Könnte ich, würde ich laut schreiend davonlaufen. Beides geht aber gerade nicht und zu allem Übel steht dieser Milo jetzt direkt neben mir.

»Mir sind Kühe egal, solange sie nicht vor mir stehen und mich ansehen, als ob sie mich auffressen wollten.«

Und das tut diese Elsa.

»Sie ist doch bloß neugierig.«

»Ja, genau. Kühe sind bekannt für ihre Neugierde und ihren Wissensdurst.« Verdammt! Sie kommt auf mich zu! »Hilfe!«

Mit einem Sprung zur Seite verstecke ich mich hinter Milo und kralle mich an seinem Hemd fest, denn noch zwei, drei Schritte und dieses Monster hat uns erreicht. Er dreht sich zu mir nach hinten. »Du hast also Angst vor Kühen?«

»Nein«, zische ich, »ich hab Angst davor, dass mir der Himmel auf den Kopf fällt.«

Das Tier bleibt direkt vor uns stehen, meine Atmung setzt aus, dafür ein Adrenalinschub ein, doch dieser Typ streckt seine Hand in ihre Richtung aus und … krault sie am Ohr! Ich fasse es nicht.

»Hallo, Elsa! Was tust du denn hier?«

Ist der noch zu retten? Obwohl, seine tiefe Stimme scheint sie zu beruhigen. Besser als meine quietschende ist sie auf jeden Fall, speziell in ihrer Wirkung auf das Monster.

»Schick sie weg. Schnell!«, raune ich dem Kuhflüsterer von hinten zu, aber er beschäftigt sich lieber weiter mit Elsa.

»Du bist wohl ausgebüxt, was? Ich kann dich ja verstehen, denn hier ist das Gras besonders saftig!«

Ah! Hab ichs mir doch gedacht. Eine Kuh gehört hinter einen Zaun.

»Bitte, eine Kuh braucht weder psychotherapeutischen Beistand noch deine Lebensgeschichte, falls du vorhattest, ihr die auch noch zu erzählen. Sag ihr, dass sie, was weiß ich, zu den anderen gehen soll?«

Meine Güte. Eine Kuh bedeutet, dass es noch andere gibt, oder etwa nicht? Gibt es Single-Kühe?

Milo schickt mir einen Blick, der irgendwo zwischen belustigt und verwirrt anzusiedeln ist.

»Komm, ich bring dich zu den anderen. Diese Frau hier mag dich nicht.«

Ja, genau. Sag ihr das auch noch, damit sie erst recht auf mich losgeht!

Er tätschelt sie noch einmal am Ohr und spaziert los.

»Nein!« Ich halte mich noch immer an seinem Hemd fest und muss ihm wohl oder übel folgen. Was macht Elsa denn jetzt? Sie lässt ihn nach vor gehen und ist nun mit mir gleichauf. Milo hat seine Hand auf ihren Rücken gelegt und sie trottet gemächlich neben uns her. Soll das heißen, ich muss jetzt mit?

»Du kannst mich dann wieder loslassen. Elsa wird dir nichts tun. Umgekehrt bin ich mir da allerdings nicht so sicher.«

Den letzten Teil vergesse ich am besten gleich wieder. Und dass sie nichts tut, kann er zwar behaupten, aber woher soll er das wissen? Wäre er ein Einheimischer, würde ich ihm eventuell glauben. Aber einem Touristen? Den schützt vermutlich seine Naivität und sonst gar nichts.

»Und was, wenn ich das nicht kann? Also, dich loslassen.«

Ich höre, wie er auflacht. »Dann musst du mit. Ich bringe sie hinunter zur Weide.«

Es gibt eine! So ein Glück.

»Und wie weit ist die weg?«

»Keine fünfhundert Meter.«

Okay. Kurzes Assessment. Option eins ist: Ich gebe meine Deckung hinter Milo auf, die keine mehr ist, weil dieses Vieh jetzt neben mir dahintrabt, und renne nach hinten weg, laufe über die Wiese nach oben. Wenn ich Glück habe, verfolgt sie mich nicht und ich erreiche Carls Almhütte in einem Stück. Option zwei lautet, ich bleibe genau da, wo ich bin, und hoffe, dass wir die Kuh loswerden. Und wenn sie schon jemanden angreift, dann hoffentlich diesen Milo.

Ich hasse es, wie sich mein Fuß anfühlt. Bei jedem Schritt habe ich das Gefühl, wieder und wieder in einen Kuhfladen zu treten.

»Ich komm mit.«

»Auch gut. Ist das dein erstes Mal in den Bergen?«

Wofür hält der mich denn? So eine Stadttussi bin ich ja auch wieder nicht.

»Natürlich nicht.«

»Lass mich raten: Du kommst aus Wien und deine Almerfahrung beschränkt sich auf den Besuch von Ausflugshütten irgendwo in Niederösterreich. Ein kleiner Spaziergang vom Parkplatz zur Hütte, dort etwas essen und trinken und wieder zum Auto zurück. Habe ich recht?«

Jetzt reichts aber. Ich lasse ihn los und bleib stehen. Er und die Kuh dummerweise auch. Beide sehen mich groß an.

»Und wenn? Wenigstens bin ich Österreicherin. Red du mir also nicht ein, dass du von hier bist und dich auskennst.«

Obwohl? Er kennt Elsa. Aber wer weiß, mir kann er alles erzählen und der Kuh kann er jeden Namen der Welt geben, die wird sich nicht beschweren.

»Hab ich nie behauptet, doch ich kenne mich tatsächlich hier aus.«

»Und wieso kennt sich ein Deutscher, der aussieht wie ein Italiener, justament mitten auf diesem gottverlassenen Berg aus?«

»War das jetzt eine Beleidigung?«

»Für den Berg, ja.«

Milo lacht aus ganzem Herzen.

»Du bist ja witziger als gedacht.«

»Schön, dass ich dich amüsiere, denn ich finde meine Gesamtsituation gerade alles andere als lustig.«

Langsam gewöhne ich mich allerdings daran, dass Elsa mich anstarrt und er sie wie einen Hund streichelt, was eine beruhigende Wirkung auf sie zu haben scheint. Ich bin ja keine Tierpsychologin, aber sie muht zumindest nicht.

»Okay. Also, der Bauer, dem diese Kuh gehört, ist mein Cousin Hans. Komplizierte Familienverhältnisse, doch ich kenne diesen Berg, seit ich ein Kind war. Jetzt bist du dran.«

»Womit?«

»Was tust du hier?«

Mein Hirn rattert. Soll ich ihm die Wahrheit sagen? Aber wenn der Bauer sein Cousin ist, dann wird er wissen, wem die Almhütte gehört, und meinen Chef kennen.

»Ich bin mit Carl Sonnenstein hier.«

Milo geht wieder los und sicherheitshalber folge ich ihm wie sein Schatten. Solange Elsa sich auf ihn konzentriert, bin ich sicher.

»Dem Filmemacher? Heißt der nicht Carl von Sonnenstein?«

»Heißt er, aber Adelstitel sind in Österreich abgeschafft worden.«

»Verstehe. Dann bist du nicht zu beneiden.«

Jetzt kommt das wieder. Alle glauben, Carl sei ein Ekel. Dabei stimmt das überhaupt nicht. Gut, er kann cholerisch sein, aber nur, weil er ein Perfektionist ist und es hasst, wenn man schlampig arbeitet. Ersteres geht mir auch auf den Geist und Letzteres mag ich ebenso wenig wie mein Boss. Nur weil wir in der Unterhaltungsbranche tätig sind, heißt das nicht, dass wir es immer lustig haben. Und Carl sagt, was er sich denkt. Er ist geradlinig und das mag ich. Außerdem kenne ich auch seine überaus liebenswerten Seiten und mit einem Auslands-Oscar in der Tasche darf er auch ein paar Ansprüche stellen. Mich macht es wütend, dass die Leute immer so über ihn herziehen, ohne ihn zu kennen.

»Ich bin also nicht zu beneiden, denkst du? Ich sehe das anders. Carl ist eine Koryphäe und ich kann viel von ihm lernen.«

»Dann willst du Filmemacherin werden?«

»Nein, ich bin seine persönliche Assistentin.«

»Mädchen für alles also.«

»So kann man es auch nennen.«

Aber bislang ist das der beste Job, den ich je hatte, auch wenn die Bezahlung nicht übermäßig toll ist. Dafür reisen wir viel und das mag ich. Außerdem bezahlt Carl alle meine Spesen. Nur dieser Almurlaub nervt. Bloß weil er sich einbildet, er muss Abstand vom ganzen Trubel gewinnen. Im Moment liest er Drehbücher und überlegt, selbst ein neues zu schreiben, wenn die nichts taugen.

»Und was machst du, außer Kuhflüstern?«

Offenbar regelmäßig ins Fitnessstudio gehen, wenn ich seine Figur so von hinten betrachte. Milo ist ein echtes V. Breite Schultern, muskulöse Oberarme, schmale Taille und, ich muss es zugeben, er hat einen sexy Knackarsch. Aber Aussehen ist nicht alles. Ich kenne einige wahnsinnig fesche Schauspieler, die dumm wie Katzenstreu sind. Selbst mit einem von denen einen Kaffee zu trinken, ist eine Tortur, sobald sie den Mund aufmachen.

Milo dreht sich kurz um und zwinkert mir zu. »Reicht das nicht?«

Ich schüttle den Kopf. »Du musst mir auch nichts über dich erzählen.«

Wieso frag ich überhaupt und warum laufe ich ihm noch immer nach? Mein Schuh stinkt, Elsa trottet brav auf dem Almboden dahin und so wie es aussieht, mag sie Milo.

Ich bleib stehen.

»Danke, dass du mich gerettet hast, Milo. Ich geh wieder zurück.«

»Schade, ich dachte, weil das hier so aufregend war, trinken wir gemeinsam einen Schnaps auf unser Kennenlernen.«

Zu Mittag? »Um die Zeit? Nein danke. Machs gut!«

Ich winke ihm zu, weil ich nett bin, drehe mich um und gehe los. Nur nicht zurücksehen, dann ist alles in bester Ordnung. Ich konzentriere mich auf den Weg. Die Grasbüschel unter meinen Füßen, die hübschen gelben Blumen, die hier überall wachsen, und die kleinen Felsbrocken, über die ich nicht stolpern will. Der Almboden ist weich, aber ziemlich uneben.

»Muuuh!«

Ich fahre herum. Nicht wahr jetzt, oder? Elsa kommt auf mich zu!

»Was willst du denn von mir?«, fahre ich sie an. »Geh zu deinem Herrchen!«

Puh, das war jetzt aber mutig von mir, allerdings scheint sie nicht sehr beeindruckt zu sein. Zwei Meter vor mir bleibt sie stehen und schaut mich an. Fixiert mich mit ihren Kuhaugen, die gar nicht so groß sind, wie man glauben möchte. Aber ich beneide sie um ihre langen weißen Wimpern. Nicht um deren Farbe, nur um deren Länge. Wenigstens hat sie keine großen Hörner, dafür aber buschige, rundliche braune Ohren. Ein ziemlicher Kontrast zum sonst weißen Gesicht und der hellrosa Schnauze. Oder sagt man Maul?

»Elsa, lass sie!«, ruft Milo und ist auch schon am Weg zu mir. »Ich weiß nicht, warum, aber Elsa scheint dich zu mögen.« Na bravo! Ich hab aber schon eine beste Freundin und die heißt Hanna. »Bleib einfach ganz ruhig.«

Ha! Das heißt, sie kann also doch gefährlich werden, was mich wieder in Schockstarre versetzt. Ich will doch nur wieder zurück in Carls verdammte Almhütte! Plötzlich mag ich diesen schlichten Holzbau mit den typischen kleinen Fenstern über alles. Vielleicht setze ich mich in die Sauna? Oder nein, besser in den Whirlpool. Ist es zu viel verlangt, diesen stinkenden Schuh loswerden zu wollen? Den Blick dieser Kuh hier vor mir vergessen zu wollen?

Milo legt wieder seinen Arm um Elsas Nacken und meint in meine Richtung: »Dir wird nichts anderes übrig bleiben, als uns zu begleiten. Siehst du da unten das Gatter?«

Jetzt, wo er es sagt. Es ist ziemlich versteckt, denn da stehen einige Bäume. »Äh, ja.«

»Gut, denn dort bringe ich sie hin.«

Hab ich eine Wahl? »Okay. Ich komme mit.«

Kaum gehe ich los, natürlich wieder hinter Milo, macht sich auch Elsa auf den Weg. Ob er recht hat? Mag die Kuh mich?

Glücklicherweise geht Milo jetzt etwas schneller und so erreichen wir im Handumdrehen die Weide. Er öffnet das Holzgatter, ich muss vorausgehen, und zwar alleine, atmen kann ich später wieder, aber Elsa folgt mir brav. Kaum ist sie innerhalb des Zauns, laufe ich durch den schmalen Spalt, den Milo noch offen lässt, wieder nach draußen. Er verriegelt das Holztor mit einer Latte. Puh.

»Geschafft!«, meint er und das erste Mal seit einer gefühlten Stunde kann ich befreit ein- und wieder ausatmen. Ich muss das alles kurz sacken lassen.

Milo grinst mich verschmitzt an und mich durchfährt ein Blitz. Gott, ist der aber fesch! Das ist mir bis jetzt völlig entgangen. Und diese blitzweißen Zähne!

»Dann wünsche ich dir noch ein schönes Leben!«, meint er.

Wie jetzt?

»Ich dachte, du hast mir einen Schnaps angeboten?«

»Ich wollte dich bloß motivieren.«

»Wie weit ist der Schnaps weg?«

Er deutet auf ein paar hohe Nadelbäume, die keine zwanzig Meter weit wegstehen. »Genau dahinter liegt meine Hütte.«

Perfekt. Es ist ohnehin ziemlich heiß und Wasser wird er doch hoffentlich haben. Dann kann ich endlich meinen stinkenden Schuh waschen und in der Sonne trocknen lassen. Carl ist unten im Dorf und ich schätze, der kommt nicht vor dem Abend wieder. Die E-Mails habe ich beantwortet und ich habe ja mein Handy eingesteckt, sollte er oder jemand anderes mich erreichen wollen.

»Spendierst du mir jetzt einen oder nicht?«

Milo neigt den Kopf zur Seite.

»Bin ich jetzt auf deiner Freundesliste gelandet?«

»Ja, okay. Bist du.«

»Gut, dann komm mit«, grinst er.

Der ist ja eine Zicke! Aber auch meine einzige Alternative, rasch aus dem stinkenden Schuh zu kommen.

 

Kapitel 2

Was ist die Steigerungsstufe von ›schräg‹?

Abgefahren.

Ja, das trifft es ganz gut.

Nicht nur, dass diese Hütte so versteckt unter ein paar hohen Bäumen liegt, dass man glatt daran vorbeigehen könnte – das dunkle Holz der schlichten Fassade und die ebenfalls fast schwarzen und vermoosten Dachschindeln tragen das Ihre dazu bei –, sondern auch, was Milo alles von sich gibt, ist zusammengenommen echt abgefahren. Natürlich habe ich sofort die Satellitenschüssel gesehen, die das idyllische Bild stört. Aber ansonsten erinnert mich seine Hütte an das Hexenhaus in ›Hänsel und Gretel‹. Nur dass er für einen Hexenmeister verdammt gut aussieht. Aber wer weiß, wer zaubern kann, wird sich wohl auch sein Äußeres aussuchen können und Milo hat eindeutig in den Topf ›Filmstar‹ gegriffen.

»Du willst mir also weismachen, dass das hier ein Versteck ist und ich dir schwören muss, niemandem, und schon gar nicht Carl, davon zu erzählen, dass du hier wohnst? Ist das dein Ernst, Milo?«

Natürlich nicht, ich frag nur zum Spaß. Es ist das dritte Mal, dass Milo unsere beiden Stamperln nachfüllt, und er prostet mir auch schon wieder zu. »Jap, so ist es. Und solltest du dich nicht daran halten, kannst du davon ausgehen, dass ich es erfahren werde, und dann muss ich dich kidnappen oder aber töten.«

Milo grinst schelmisch und ich kichere wie eine Ziege. Geradezu tierisch. Muss an der Alm, dem Alkohol und der Sonne liegen. In der Stadt gluckse ich eher. So ein Prosecco-Glucksen. Aber meine Güte, man passt sich eben an die Umgebung an. »Klar, weil das ja sicher ein riiiesengroßes Geheimnis ist, dass du hier wohnst, und sicher noch nie jemand beim Schwammerlsuchen oder Wandern hier vorbeigekommen ist.«

»Nein, aber du könntest mein persönliches großes, dunkles Geheimnis entdecken und ausplaudern! Davor muss ich mich schützen!«

»Dann schütze dich ruhig weiter, aber ich muss mal dringend für kleine Mädchen.«

Er deutet nach hinten.

Nicht sein Ernst! Ich soll in dieses Plumpsklo? Mir liegt es auf der Zunge, ihn zu fragen, ob er ernsthaft der Ansicht ist, ich würde auf so ein Klo gehen, verbeiße es mir aber wieder. Milo denkt ja, ich sei eine Tussi, daher werde ich ihm jetzt einmal zeigen, was für eine coole Socke an Tussi ich bin. Allerdings eine schuhlose coole Socke.

Wortlos stehe ich auf und gehe stoisch auf die kleine Holzhütte mit dem ausgeschnitzten Herz in der Tür zu. Geradezu heldenhaft öffne ich den Riegel und mache mich auf Kläranlagegestank gefasst. Zwar war ich zum Glück noch nie auf einer Kläranlage, aber so ein Plumpsklo kann nicht besser riechen.

Doch!

Tut es.

Es stinkt gar nicht. Super. Langsam gewöhnen sich meine Augen an das düstere Licht, nachdem ich sofort die Tür hinter mir wieder verriegelt habe. Okay. Klopapier gibt es. Der Boden unter meinen Fußsohlen fühlt sich nach Holz und nicht klebrig an. Wenigstens etwas. Mehr will ich darüber gar nicht in Erfahrung bringen.

In dem engen Raum wird mir leicht schwummrig, das muss am Alkohol liegen. So schnell es geht, bin ich wieder zur Tür draußen. Und bleibe davor stehen.

»Äh, Milo?«

Er erhebt sich und grinst mir blöd ins Gesicht.

»Alles zur Zufriedenheit erledigt, Prinzessin?«

»Hör mit dem Quatsch auf und sag mir lieber, wo ich die Hände waschen kann.«

»Ich würde vorschlagen: Unter der Wasserleitung im WC in meiner Hütte?«

»Duuu!«, schreie ich ihn an und fuchtle wie wild mit meinen Händen in der Luft herum. Am liebsten würde ich ihn mit meinen Händen erwürgen, stattdessen stapfe ich in Richtung seiner Hütte. Der spinnt doch! Sehr witzig, mich in dieses Plumpsklo zu schicken.

Die Holzhütte vor mir hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Ich gehe hinein und öffne gleich anschließend die rechte Tür.

Oh, das ist die Stube. Seltsame Einrichtung. Geradezu entzückend. Es gibt einen wunderschönen alten Holzherd, einen massiven Tisch mit einer Eckbank aus Holz, einen weiß gestrichenen Bauernkasten und eine Vitrine mit wenig Geschirr, aber dafür süßen Häkeldeckchen. Über dem Herd hängen alte Töpfe, Schöpfer, Siebe und Pfannen, an den Wänden kleine verblichene Bilder von der Alm vor mindestens dreißig, vierzig Jahren. Allerdings sehe ich von der Tür aus nicht, ob auch Menschen abgebildet sind. Heute würde man die Einrichtung als Shabby Chic bezeichnen, aber mir scheint, das ist original so. Aber so richtet sich doch niemals ein Mann ein und schon gar nicht dieser Milo. Vielleicht bedeutet das, Milo ist einfach furchtbar arm und sein Cousin lässt ihn hier wohnen? Könnte gut sein. Kommt mir aber irgendwie wenig plausibel vor. Okay. Dann also die linke Tür.

Das WC ist gleichzeitig ein recht geräumiges und ganz offensichtlich frisch renoviertes Badezimmer. Hellbeige, große, moderne Fliesen, Dusche, ein Waschbecken und eben das WC selbst. Und es riecht frisch! Nach Zitrone. Und dieser Mistkerl schickt mich erst auf sein Plumpsklo? Ich könnte ihn dafür nachträglich erwürgen.

»Frisch wie ein Sommermorgen?« Milos Augen strahlen vor Vergnügen.

»Würde ich dich jetzt umbringen, wärst du darauf gefasst. Aber wieg dich nicht in Sicherheit, meine Rache kommt, wenn du es am wenigsten erwartest!«

Er trommelt vor Vergnügen mit den flachen Händen auf die Tischplatte. »Das war so was von amüsant. Alleine, dass du es mir geglaubt hast.«

»Also ich hab schon besser gelacht.«

Der ist durchgeknallt. Vielleicht ist er zu gescheit. Das liest man ja öfter, dass die Superintelligenten nicht ganz richtig ticken, und dass er das ist, daran habe ich keinen Zweifel mehr. Egal, worüber wir gesprochen haben, und ich bin von Carl so einiges gewohnt, Milo weiß Bescheid. Nicht nur oberflächlich. Anfangs habe ich mir noch die Mühe gemacht, seine Behauptungen zu googeln, aber mittlerweile glaube ich Milo auch so. Welcher Mensch weiß aus dem Stand, dass es einen Unterschied zwischen dem Kontinent Antarktika und der Antarktis gibt, bei der auch das Meer mitgerechnet wird? Also mir war das nicht bewusst. Oder noch besser: Dass Antarktika je nach Quelle zwischen 13,2 und 14,2 Millionen Quadratkilometer groß ist? Solche Daten schießt er ohne nachzudenken wie aus einer Pistole heraus. Dabei habe ich ihn gar nicht danach gefragt, sondern wir haben nur kurz über den Klimawandel gesprochen. Jetzt weiß ich alles über die Gletscher, die in der Westantarktis deutlich schneller schmelzen als in der Ostantarktis, ganz zu schweigen von den Tausenden Methanblasen Sibiriens, die nur darauf warten, zu explodieren, was wiederum den Klimawandel extrem beschleunigen würde.

»Noch einen Schnaps, Prinzessin? Zum Desinfizieren?«

Ich schicke ihm ein Augenrollen und halte mein kleines Glas in seine Richtung. »Red nicht, schenk einfach ein.«

Wenn ich so weitertrinke, werde ich allerdings nicht mehr erleben, ob der Klimawandel uns in der von ihm prophezeiten Geschwindigkeit dahinrafft oder nicht, denn vorher wird mein Kopf explodieren. Aber jetzt aufgeben? Nein. Dann hält er mich erst recht für eine Memme. Aus irgendeinem Grund will ich aber, dass er mich ernst nimmt und eben nicht für eine dumme Tussi hält, die nur ans Wohlergehen ihrer nagelneuen weißen Sneakers denkt. Zugegeben, ich sehe immer wieder mal zu meinen Schuhen, wie sie so in der Sonne vor sich hin trocknen, aber das bedeutet ja nicht, dass mein Hirn nicht noch zusätzliche Kapazitäten für ein Streitgespräch mit diesem Mann frei hätte. Ganz im Gegenteil.

»Auf dich!«, prostet er mir zu.

»Wieso?«

»Weil du nun alle meine Vorzüge kennengelernt hast!«

Ich weiß schon wieder nicht, was er meint. »Bitte?«

»Entschuldige, aber falls es dir bislang entgangen sein sollte: Ich bin ein Traummann mit Plumpsklo! Ist dir jemals in deinem Leben schon etwas Besseres passiert?«

»Du meinst, abgesehen von meiner Darminfektion vor drei Monaten, wo ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt habe? Nein, ich glaub nicht.«

»Eben. Dachte ich es mir doch.«

Traummann mit Plumpsklo. Ja. Genau. Exakt meine Kragenweite. Auf so was stehe ich. Ist ja noch schlimmer als ein Ochsenfrosch!

Milo steht auf und kommt auf meine Seite des Tisches. Setzt sich neben mich und legt wie selbstverständlich den Arm um meine Schultern.

Zu meiner eigenen Verwunderung wehre ich mich nicht einmal dagegen. Hm. Gefällt es mir oder gefällt es mir nicht?

»Wie kommt es, dass einer, der so auf das Wohlergehen unserer blauen Kugel bedacht ist, eine Satellitenschüssel auf dem Dach hat?«, wechsle ich das Thema und deute mit der Hand auf seine Hütte. Aber er lässt sich davon nicht beirren und lässt seine auf meiner Schulter liegen.

Aber mit diesem subtilen Angriff hab ich ihn, denn das passt überhaupt nicht zusammen. Nicht sein modernes Outfit zu dieser uralten und eher weiblich eingerichteten Hütte und auch nicht seine Klimamission zu dieser Satellitenschüssel. Nur mit ausgetretenen Sandalen in der Wüste herumzulatschen, macht aus niemandem einen Moses.

»Ach die? Ist bloß Dekoration«, meint er lapidar und macht gleichzeitig eine beschwichtigende Handbewegung.

»Sicher! Wer es glaubt, wird selig.«

»Genau. Ich bin hier selig, das kannst du mir glauben.«

Er grinst mich an und ich spüre, dass er mich auf der Schaufel hat, gleichzeitig aber ganz offensichtlich gerne neben mir sitzt.

Und ich?

Verdammt. Mir gefällt es auch. Aber ich werde es auf meinen übermäßigen Schnapskonsum schieben.

»Wie hältst du es hier aus? Ich meine, ohne Handy, ohne Internet und ohne Fernseher? Was tust du denn den ganzen Tag lang?« Das interessiert mich brennend, denn ich müsste sterben, wenn mir jemand alle modernen Kommunikationsmittel wegnehmen würde. Oder noch schlimmer: Aus irgendeinem Grund würde jemand alle Geschäfte zusperren und ich müsste wochenlang mit Carl auf dieser Alm sitzen! Nicht auszudenken!

Milo beugt sich in meine Richtung und sieht mir tief in die Augen. »Ich hab doch alles, was ich brauche.«

Schnell sehe ich auf die Tischplatte vor mir. Dieses warme Kribbeln, das er in meiner Bauchgegend auslöst, irritiert mich!

»Ach ja? Du lebst also von Sonne, Luft und Liebe?«

So bescheiden bin ich nicht. Mir fehlen die Stadt, meine beste Freundin Hanna, diese süßen Sommerstiefel, die ich nicht um die Burg finde, vermutlich habe ich sie in irgendeinem Hotel vergessen, und ein heißes Date. Nicht mit Milo, sondern ein echtes Date mit Abendessen bei Kerzenschein, Nachhausegebrachtwerden und heißem Sex anschließend. Das muss ja nicht gleich die Liebe fürs Leben sein, aber wieder einmal mit einem Mann zu schlafen, wäre ganz nett.

»So ähnlich.«

Und für diese Antwort hat er so lange gebraucht? Ich sehe ihn verdutzt an. In dem Moment glühen seine dunklen Augen auf, weil sich Sonnenstrahlen in ihnen spiegeln. Milo hat echt schöne Augen und ich einen mächtigen Schwips, denn warum sonst denke ich über seine Augen nach? Oder über mein im letzten Jahr nicht existentes Sexleben? Doch man wird bescheiden. Mittlerweile freue ich mich schon, wenn es zwischen Carl und mir mal wieder funkt. Also nicht richtig, aber wir elektrisieren einander immer wieder einmal, wenn wir uns zu nahe kommen. Und selbst Milo hab ich bisher noch nicht von der Bank geschubst. Keine guten Zeichen.

Zurück zum Thema. »Dann brauchst du aber sehr wenig zum Leben. Bist du so eine Art Künstler?«

Er greift nach unten, reißt einen langen Grashalm ab, steht auf und legt sich auf der anderen schlichten Holzbank nach hinten, überkreuzt seine Beine und beginnt, an dem grünen Ding herumzuknabbern. Habe ich etwas Falsches gesagt? Oder hat der Arme so einen Hunger? Vielleicht macht er das einfach nur aus Vergnügen? Ist er der Hase und ich der Fuchs, oder ist das genau umgekehrt?

Himmel! Was denke ich denn für einen Stuss zusammen? Ah. Er sagt was. »Nehmen wir einmal an, ich wäre einer. Was wäre ich deiner Meinung nach? Ein Maler? Schriftsteller? Vielleicht Bildhauer?«

Maximal ein Holzschnitzer, doch selbst dafür gibt es hier keine Anzeichen. Ohne Computer kann er wohl schlecht Bücher schreiben, außer er tut es auf die völlig altmodische Art und schreibt mit der Hand auf Zettel. Und ein Maler hat doch irgendwo Farben herumstehen. Da ich keine sehe, auch keine Staffelei, schließe ich das aus. Ich schüttle den Kopf. »Nein, wenn, dann bist du ein Lebenskünstler.« Allerdings, wie ich mittlerweile zugeben muss, ein durchaus sympathischer, wenn auch ein durchgeknallter. Aber sind Lebenskünstler das nicht immer? Keine Ahnung, ich kenne ja keine.

Moment. Das stimmt gar nicht. Einige der Schauspieler, die ich über Carl kennengelernt habe, könnte man durchaus als Lebenskünstler bezeichnen.

Also ja. Jeder Lebenskünstler ist durchgeknallt. Manche auf eine sehr nette Weise, andere auf diese mühsame, superintellektuelle Art, die nur nervt.

Milo lacht laut und setzt sich wieder auf. »Jetzt hast du mich aber durchschaut. Genau das bin ich.«

»Wie jetzt?« Wo waren wir?

Ah ja. Er ist ein Lebenskünstler. Hm. Er ist auf jeden Fall superintelligent, seine Klamotten sind Designersachen, auch wenn ich außer dem, was er trägt, keine weiteren Kleidungsstücke in der Hütte gesehen habe. Allerdings habe ich nur in die Stube geschaut. Es muss noch einen Raum geben. Ein Schlafzimmer. Dort hat er wohl seine restlichen Klamotten.

Irgendwie beruhigt mich der Gedanke, dass er wohl doch nicht arm wie eine Kirchenmaus ist, sondern nur aus purem Vergnügen an seinem Grashalm kaut.

»Ich betrachte es tatsächlich als Kunst, sich von all dem zu entsagen, was uns das Silicon Valley als unverzichtbar einzureden versucht. Und es ist auch eine Kunst, sich auf das zu reduzieren, was wirklich wichtig ist, und nicht zu vergessen, ist die Auseinandersetzung mit sich selbst mittlerweile eine Kunst, denn alle müllen sich mit sinnlosen Informationen zu, nur um sich nicht selbst zu begegnen.«

Sehr philosophisch.

Ich greife nach dem Wasserkrug. »Du erlaubst?«

»Hast du nicht schon genug?«

»Willst du mir jetzt sagen, wie viel Wasser ich zum Schnaps trinken soll oder nicht?«

Milo schüttelt den Kopf. »Nein, ganz bestimmt nicht. Zum Wohl!«

Scherzbold! Ich habe zu jedem Stamperl mindestens einen halben Liter Wasser getrunken. Hat mir Carl empfohlen, auf die Art und Weise verträgt man Unmengen. Apropos Carl. Er braucht mich heute sicher nicht mehr. Wenn ich also einen veritablen Schwips zusammenbekommen sollte, lege ich mich einfach hier auf die Bank. Was solls? Meine Schuhe brauchen ohnehin noch eine Weile, bis sie trocken sind, und barfuß will ich sicher nicht über die Wiese nach oben laufen.

Haben Männer eigentlich auch nur den Funken einer Ahnung, was schöne Füße in Flip-Flops kosten? Richtig viel, denn die Fußpflege und Pediküre in den Hotels ist immer recht teuer und ich bin da pingelig, weil ich nicht von Mutter Natur mit hübschen Füßen und Zehen gesegnet bin. Also heißt das: French Manicure mit dünnen Gelnägeln, jeden zweiten Tag ein Fußbad, Natur-Schrundensalbe und dann auch noch Pflegecreme schmieren. Täglich! Aber was wissen Männer schon von solchen Torturen? Dabei tue ich es nicht einmal für sie, sondern für mich selbst, weil ich den Anblick sonst nicht ertragen könnte.

Ich schenke uns beiden nach. Diesmal wieder Schnaps. Aber wie immer nur einen Fingerhut voll.

»Na dann, auf deine Revolution, die zwar keiner mitbekommt, weil du ja weder bloggst noch twitterst, aber wer weiß, vielleicht findest du ja unter den Kühen Anhänger für deinen stillen Protest gegen die Konsumgesellschaft.«

Milo kneift die Augen zusammen und sieht mich mit dem Schnapsglas in der Hand tadelnd an. »Deinem Unterton entnehme ich, dass das etwas Schlechtes ist. Wie lange kommst du denn ohne dein Handy aus?«

Also echt jetzt! Ich bin sicherlich nicht die Erste, die er bekehren muss.

»Mein Handy brauche ich zum Arbeiten. Weißt du, manche Menschen müssen Geld verdienen.«

»Was du nicht sagst!«

So kommen wir nicht weiter. Dieser Anflug von trauter Zweisamkeit ist verflogen und wir sind wieder bei unserem Lieblingsthema gelandet: Streiten.

»Viva la revolución!«, sage ich, der einzige spanische Satz, von dem ich weiß, dass ich ihn fehlerfrei aussprechen kann, und trinke den Schnaps ex.

Themenwechsel.

»Okay, wir sind eben zwei völlig unterschiedliche Menschen mit völlig unterschiedlichen Leben. Das ist doch gut so. Ich nehme an, wenn du dich schon von allem Technischen losgesagt hast, dann liest du viel?«

Irgendwas muss er ja tun, damit der Tag vorbeigeht! Aber warum beschäftigt mich das so? Muss an der Almluft und den mangelnden anderweitigen Ablenkungsmöglichkeiten liegen.

Milo grinst. »Dich lässt das nicht los, was ich oder was ich nicht mit meiner Zeit anfange?«

Jetzt beuge ich mich über den Tisch. »Hör mal, ich will doch nur eine Art Gespräch mit dir führen, auch wenn du es mir nicht unbedingt leicht machst.«

»Was ist dagegen einzuwenden, die Sonne zu genießen und zu schweigen?«

Glaubt der, ich kann das nicht?

---ENDE DER LESEPROBE---