SOS! Versenkt den Milliardär - Mira Morton - E-Book

SOS! Versenkt den Milliardär E-Book

Mira Morton

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Beschreibung

Sich im Urlaub zu verlieben, ist etwas für Anfänger! Auf einem Kreuzfahrtschiff in den Armen seines stinkreichen Chefs aufzuwachen und ihm auch gleich noch ein paar Firmengeheimnisse verraten zu haben, das kann nur Nina!

Die Sache mit der Kreuzfahrt hat für Nina bereits schräg begonnen. Warum um alles in der Welt wollte ihre Schwester Julia plötzlich mit ihr gemeinsam einen Urlaub verbringen? Nur, um dann mit Abwesenheit am Schiff zu glänzen? Nina bleibt daher nichts anderes übrig, als das Boot und die angelaufenen Inseln alleine zu erkunden.
Schnell verliert sie ihr Herz an eine alte Dame, aber deren Enkel Tonio bringt ihre innerlichen Alarmglocken zum Schrillen. Niemals würde sie sich mit diesem arroganten, aber verdammt gut aussehenden Dunkelhaarigen mit der Ausstrahlung eines Filmstars einlassen. Doch dann verschwindet ein kleines Mädchen, Tonio zeigt plötzlich eine neue Seite und zu allem Überfluss erfährt Nina, dass sie in den Armen ihres stinkreichen Chefs, den sie noch nie zu Gesicht bekommen hat, aufgewacht ist. Und sie hat ihm auch noch brühwarm Firmengeheimnisse erzählt! Nina würde am liebsten von Bord springen und davonschwimmen. Dabei übersieht sie völlig, dass selbst ihre Schwester ihr etwas vorspielt …

Eine amüsante Liebeskomödie über Eifersucht und Neid unter Schwestern und eine große Liebe vor der malerischen Kulisse des Mittelmeers von Mira Morton. Die Kreuzfahrt führt von Catania, Sizilien, nach Valetta, Malta, weiter zu den griechischen Inseln Katakolon, Santorin und Mykonos bis nach Athen.

"SOS! Versenkt den Milliardär" ist Band 1 der Buchreihe "Sieben Sommersünden". Der Roman ist jedoch in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen gelesen werden.

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Inhaltsverzeichnis

 

Titel

 

1 - Check-in - Voller Erwartung an Bord der Sonnenglück

2 - Auf einer Kreuzfahrt ist man selten allein

3 - Landausflüge bergen Überraschungen

4 - Das Leben ist bunt! Bunt wie das Popeye Village

5 - Auf hoher See

6 - Reise in die Vergangenheit

7 - Zu viel ist noch nicht genug

8 - Langsam dämmert es

9 - Und es wird dunkel

10 - Sonne, Meer und er … mehr geht nicht

11 - Langsam geht auch diese Reise ihrem Ende entgegen

12 - Check-out - Du kommst immer anders an, als du abgefahren bist

13 - Epilog - Am Ende einer Reise ist immer auch vor einer Reise

 

Alle bisher erschienenen Romane von Mira Morton

Leseprobe aus ›Mitten ins Herz versegelt‹

 

Danke!

Quellennachweise

 

Die Autorin

Impressum

Viel Spaß mit meinem Roman

und keep on dreamin´!

Herzlichst,

Facebook:www.facebook.com/MiraMorton.Autorin

www.miramorton.com

[email protected]

Mira Morton

SOS! Versenkt den Milliardär

Band 1 der Sieben Sommersünden

Roman

Check-in - Voller Erwartung an Bord der Sonnenglück

Sonntag: Catania, Sizilien

Mit einem Handgriff zaubert meine Schwester ihren Reisepass aus der Handtasche und hält ihn der blonden Frau am Check-in unter die Nase. Alles unter Kontrolle. Typisch Julia.

»Nina, ich bitte dich, die anderen wollen auch noch an Bord«, zischt mich meine Schwester an, weil ich natürlich noch immer in meiner Handtasche nach meinem Pass krame.

»Jaja, ich such doch eh!«

Ah! Ich ertaste etwas.

Mist. Es ist nur mein kleines Seidentäschchen statt des Reisepasses.

Kurz wird mir warm ums Herz. Denn genau darum bin ich hier. Mit den Fingern fahre ich die Stickereien an der Außenseite des rosaroten Täschchens nach. Darin bewahre ich meine schönsten Erinnerungen an Julia und unsere Kindheit auf. Das ist mein Talisman.

»Nina! Wie lange kann es dauern, einen Pass zu finden?«, schimpft sie.

»Gleich.«

Es könnte auch gut sein, dass ich hier bin, weil ich verborgene masochistische Züge habe. Weil es mir Spaß macht, mir wegen meiner großen Schwester ins Höschen zu machen.

Was denke ich da?

So ein Stuss!

Ob die Hitze daran schuld ist?

Vielleicht sollte ich das Thema in der nächsten Sitzung mit meinem Coach Sandra besprechen.

Wenigstens etwas! Ich hab meinen Reisepass.

»Hier, bitte.«

Die Chefhostess, auf deren Namensschild ›Lena Kruger‹ steht, nimmt ihn dankend entgegen und tippt etwas in ihren Computer. Julia atmet laut und genervt aus.

Danke für den Blick, Schwesterherz! Du bekommst das mit der Zeitreise mit einem einzigen Wimpernschlag hin. Immer wieder erstaunlich. Ich stehe neben Julia und bin in der Sekunde elf Jahre alt. Manchmal auch nur fünf. Vielleicht hat Julia einfach noch nicht bemerkt, dass ich die Dreißig überschritten habe?

»Einen Moment noch, ich habe hier eine Doppelbuchung, die ich mir kurz ansehen muss«, sagt die Chefhostess.

Ich nicke. Julia spielt mit ihrer Perlenkette.

»Stimmt es, dass ihr eine gemeinsame Suite mit zwei Schlafzimmern wolltet?«, fragt die Chefhostess und blickt irgendwie irritiert auf ihren Bildschirm.

»Ja!«

»Nein! Die Suite mit den beiden Schlafzimmern habe ich per E-Mail umgebucht. Wir sollten jede eine eigene Suite bekommen«, erklärt Julia und klingt leicht verschnupft.

»Was? Wieso denn das? Gerade darauf habe ich mich wahnsinnig gefreut.«

Abends bei einem Gläschen Wein gemeinsam aufs Meer blicken. Quatschen. Lachen. Vielleicht Backgammon spielen. So wie früher zu Hause bei unseren Eltern. Das war meine Idee. Und weil wir nie dafür Zeit haben, sind wir hier.

»Nina! Ich bitt dich. Frau Kruger, das passt schon.«

Ich verstehe sie nicht. Warum hat sie die Buchung geändert?

»Dann ist alles perfekt. Ich streiche diese Anmerkung und ihr bekommt natürlich zwei Heaven-Suiten«, erwidert die Blondine.

Meine Schwester bedankt sich. Zufrieden lächelnd.

Bin ich im falschen Film? Perfekt ist das aus meiner Sicht überhaupt nicht. Im Gegenteil. Jetzt bimmelt auch noch mein Handy. Wo ist das jetzt wieder?

 

Aus dem Augenwinkel sehe ich gerade noch, wie die Glasschüssel mit den bunten Zuckerln auf dem Boden aufschlägt. Super! Ich dürfte sie regelrecht von der Rezeption katapultiert haben. Meine Handtasche ist schuld. Aber klar, wem passiert so etwas? Mir. Da ist ja wenigstens mein Handy. WhatsApp-Nachricht von unserer Mama. Beantworte ich später.

»Ich sags ja immer, du bist motorisch gestört«, seufzt meine Schwester und zuckt mit den Schultern. Sie richtet sich ihr dunkelbraunes, schulterlanges Haar. Fixiert mich. Und hebt eine Augenbraue. Nach dem Motto: Und? Tu was!

»Julia, das war lediglich ein dummes Missgeschick«, erwidere ich.

Sie hat schon recht, hin und wieder schubse ich etwas um. Passiert doch jedem einmal. Ist ja kein Drama.

Julia erspart sich offensichtlich jeden weiteren Kommentar. Ich muss ihn mir allerdings verbeißen.

»Tut mir wirklich leid«, sage ich zur Chefhostess, die sich über den Tresen beugt und sich die Bescherung ansieht. Wie oft habe ich diesen Satz in meinem Leben schon ausgesprochen? Und wer war der Anlass? Ganz einfach: entweder meine Schwester oder irgendeiner meiner idiotischen Exfreunde. Ich muss das ändern. Zumindest was Julia anbelangt. Mit Männern bin ich fertig.

Ich knie mich hin. Zu den großen Scherben der Glasschüssel. Überall liegen die bunten Zuckerln auf dem Teppich verstreut herum. In Wahrheit hab ich Glück gehabt. Ein Stück weiter ist nur noch Steinboden. Da wären es sicherlich Tausende kleine Bruchstücke gewesen und ein paar Flip-Flops-Trägerinnen hätten bei meinem Glück sogar blutige Zehen.

Was ist mit mir los, dass ich mich darüber freue, keine Splitter aus schwitzigen Damenfüßen entfernen zu müssen? Ist ja zu dämlich. Wir sind noch nicht einmal an Bord des Schiffes und schon haben wir den Salat. Beim Check-in am Kai!

»Kann doch mal passieren, kein Problem«, höre ich die Chefhostess sagen. Schon hockt sie neben mir.

Einträchtig schweigend sammeln wir die Zuckerln und Glasteile auf. Wieder wandert eine Scherbe in den Müllsack. Meine Schwester Julia bückt sich nun ebenfalls.

»Lass nur, Julia. Wir sind schon fast fertig. Nur noch ein paar kleine Splitter.«

Es passt nicht einmal zu meiner Schwester, hier am Boden herumzurutschen und sich am Ende noch schmutzig zu machen. Dafür ist Julia zu mondän. Zu perfekt gestylt. Julia würde sowieso nie etwas entgleiten. Nicht einmal eine ihrer Haarsträhnen führt ein Eigenleben. Ganz im Gegensatz zu meinen. Zu mir passt das Herumkriechen am Boden also definitiv besser. Ich bin der erdnahe Typ.

»Ach, und du meinst, in meinem fortgeschrittenen Alter kann ich nichts mehr vom Boden aufheben?«, fährt mich meine Schwester an.

Ich sehe kurz irritiert zu ihr auf.

Die Chefhostess schickt mir einen verwunderten Blick. Wie die umstehenden Urlaubs-Vorfreudigen auch.

Großartig.

Sie spüren den Funkenflug zwischen Julia und mir. Dabei bin ich stoisch. Die Ruhe in Person. Julia nervt mich mit ihren dummen Meldungen nämlich, seit wir in Wien abgeflogen sind. Und das war vor über fünf Stunden. Aber ich hab mich im Griff. Ein Halleluja auf meine Selbsterfahrungseinheiten. Zugegeben: Ihr eine Szene zu liefern, wäre mir peinlich.

»Julia, darum geht es doch gar nicht. Du bist weder alt noch ungelenkig, im Gegenteil. Du siehst sehr schick aus«, sage ich so ruhig wie möglich, »und es wäre einfach schade um deine weiße Hose.« Die zu platzen droht, wenn sie sich bückt. Sitzt gut, wurde aber trotzdem einen Tick zu eng gekauft, würde ich meinen. Aber ihr das zu sagen wäre unangebracht.

Reflektiert. Ja, das bin ich. Manchmal zumindest.

»Ach, daran hab ich gar nicht gedacht. Stimmt. Kannst du mir verraten, was mit dir los ist, Nina?«

Ausatmen. Gewaltfreie Kommunikation. Hab ich gelernt. Damit probiere ich es.

»Julia, du hast … zwei Kabinen gebucht. Das ärgert mich, weil ich wirklich das Bedürfnis habe, eine mit dir zu teilen. So wie früher«, stammle ich daher. Leise. Muss ja nicht jeder hier mithören.

Die Bitte, dass sie das noch ändert, bringe ich nicht über meine Lippen. Hätte aber rein methodisch dazugehört. Und warum kann ich es nicht?

Weil ich auf Julia richtig wütend bin!

Geradezu stinksauer.

Dafür weiß ich genau, wie ich dreinblicke. Wie ein semmelfarbener Pudel mit riesigen blauen Augen, der das Leckerli nicht bekommen hat. Mein Gesicht ist rein schauspieltechnisch betrachtet völlig talentfrei. Jede Emotion kann man mir ansehen. Ich weiß das. Ich besitze einen Spiegel und habe eine wöchentliche Feedbackrunde mit meinen Mitarbeiterinnen.

»Nina, aus dem Alter sind wir doch raus! Ich finde das angenehmer, so hat jede von uns ihren Rückzugsort«, meint Julia lapidar.

Wenn ich einen Rückzugsort brauche, bleibe ich einfach in meiner Wohnung. Da stört niemand. Ich habe ja nicht einmal einen Goldfisch.

»Aber ich hab gedacht …«

Muss ich das jetzt echt erklären?

Das ist unser erster gemeinsamer Urlaub seit ich … zwölf Jahre alt war. Ich schlucke kurz.

Urlaub zu fünft in Italien. Grado. Unser letzter Familienurlaub, gemeinsam mit Hannes, ihrem jetzigen Ehemann. Kurz danach hat Julia ihr Studium abgebrochen und die Babys bekommen. Ich habe sie danach immer furchtbar vermisst! Nur mit unseren Eltern Urlaub zu machen war stinklangweilig. Ferien mit Julia? Das war ein einziges Abenteuer. Mit ihr bin ich auf Olivenbäume geklettert, habe Ruinen erkundet und Windsurfen gelernt. Nicht wirklich, aber ich durfte immer auf ihrem Board liegen. Und wir haben wahnsinnig viel geredet und gelacht.

Und nun sind wir wieder hier: in Italien. Einundzwanzig Jahre später. Allerdings sehr viel weiter südlich. In Catania. Sizilien. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder?

Doch. Ist es.

Ich muss positiv denken.

»Nina, komm jetzt.«

Julia hantiert an ihrem Trolley herum.

»Schwestern, was?«, flüstert die Chefhostess mir zu und verdreht die Augen. Wissend? Schätze, sie hat auch eine.

Ich nicke und muss grinsen.

Die junge blonde Frau ist mir auf Anhieb sympathisch. Stoisch hat sie mit mir das Chaos beseitigt und lächelt nach wie vor. Sie agiert professionell. Ist jung. Hübsch. Scheint motiviert zu sein. In diesem Alter Chefhostess auf so einem Riesenschiff zu sein, das ist schon etwas. Vermutlich ziemlich ehrgeizig. Gute Besetzung.

Wir stehen beide auf. Meine Knie knacksen.

»Wie kann ich den Schaden wiedergutmachen?«, frage ich sie.

»Gar nicht. Kann ja mal passieren. Ich bin übrigens Lena, und wir duzen uns hier alle, mit Ausnahme des Kapitäns.«

Sie reicht mir noch einmal die Hand.

»Gerne. Ich bin Nina. Und danke, Lena, das ist echt nett, dass ich nichts bezahlen muss.«

 

»Nett? Also ich würde sagen, unsere neue Chefhostess ist ein wahres Goldstück. Ein Fang der ganz besonderen Art für unsere Crew«, grinst ein Typ, der sichtlich zur Crew gehört.

Ich taxiere ihn. Unauffällig.

Gut sitzende weiße Uniform. Ein paar goldene Streifen auf der Schulter. Kurzes brünettes Haar. Stechend blaue Augen. Fesches Gesicht. Nicht mein Fall, aber ich dachte, solche Männer gibts nur im Fernsehen.

»Darf ich euch vorstellen: Thorsten Münzer, unser Erster Offizier. Und weil er sicher ein wenig Zeit erübrigen kann, begleitet er euch gerne aufs Schiff zu euren Kabinen. Nicht wahr, Thorsten?«, zwinkert Lena ihm zu.

»Aber sicher. So schönen Frauen helfe ich doch gerne.«

Er gibt uns die Hand, wir stellen uns vor. Julia strahlt.

Also für mich hat das eher so ausgesehen, als wolle der Erste Offizier sein Zahnpastawerbungs-Lächeln dafür einsetzen, Lena auf einen Kaffee einzuladen. Tja, knapp am Ziel vorbei ist auch daneben. Aber wer bin ich, mir ein Urteil zu erlauben? Was Flirten betrifft, bin ich völlig aus der Übung. Das Einzige, das ich im Griff habe, ist die Personalabteilung in meiner Firma. Das wars dann aber auch schon.

»Soll das Gepäck gebracht werden oder wollt ihr es direkt mitnehmen?«, grinst er noch immer. Aus der Ruhe zu bringen ist er jedenfalls nicht, wie es ausschaut.

Wir entscheiden uns für Mitnehmen.

»Oberstes Deck, Suite Heaven Four und Suite Heaven Eleven«, sagt Lena, reicht uns die Keycards und einen Bordplan. Sie wünscht uns einen tollen Urlaub und wendet sich bereits den nächsten Neuankömmlingen auf der Sonnenglück zu.

»Nur eine Sekunde, Lena. Hast du schon gehört, dass wir einen neuen Schiffsarzt an Bord haben?«, sagt der Erste Offizier leise.

Lena dreht sich zu ihm zurück.

»Ja, hab ich. Doktor Stein hat sich ja leider das Bein gebrochen.«

Komisch. Sie sieht irgendwie unglücklich aus. Oder mitfühlend? Das wird es sein.

»Ich habe den Neuen schon begrüßt, dürfte ziemlich kompetent sein. Hat dem Kapitän sogar das Leben gerettet, hört man.«

»Ach, davon wusste ich noch gar nichts«, erwidert Lena knapp. Sieht aus, als wolle sie mit dem Einchecken weitermachen und nicht Schiffstratsch austauschen.

»Doch. Kapitän Beckmann soll beinahe an seiner Austernallergie gestorben sein.«

Sie versuchen noch immer, diese Unterhaltung sehr leise zu führen.

»Verstehe, aber, Thorsten, ich muss hier weitermachen.«

Er schenkt ihr noch ein Grinsen, Lena reicht einem Pärchen die Hand.

Meine Schwester stellt sich indessen so an, als hätte sie noch nie einen Koffer gezogen. Noch dazu hat ihrer vier Rollen, sollte also nicht so schwierig sein.

»Darf ich?«, fragt der Erste Offizier Julia galant.

Überraschung!

»Ach, das ist aber ein toller Service«, lächelt sie ihn an.

Keine Frage. Meine Schwester hat es drauf. Diese Mischung aus spontaner Hilflosigkeit und Grande Dame wirkt bei Julia absolut authentisch.

Er bietet mir an, auch meinen zu übernehmen. Ich winke dankend ab.

Kein Problem. Schleppen bin ich gewöhnt. Altbauwohnung in Wien, zweiter Stock, kein Lift. Single. Wenigstens trinke ich kein Bier und muss daher auch keine Bierkisten in meine Wohnung hieven.

Ich zockle hinterher, meinen Koffer im Schlepptau.

Thorsten geht vor.

 

Ein paar Gänge weiter betreten wir endlich dieses riesenhafte Kreuzfahrtschiff. Eine schwimmende Stadt. Wow.

Meine Schwester presst ihre silbrig glänzende, riesige Handtasche an ihren Bauch wie andere ein Schoßhündchen. Der helle Boden dämpft unsere Schritte. Nette Bilder. Verschiedene Städte bei Nacht. Originell.

Oh. Tolle Boutique. Aquamarin. Muss ich mir merken.

Sehr lustig, einen Süßigkeitenshop Schlaraffenland zu nennen.

Wir fahren im Lift aufs oberste Deck.

Aha. Eine Lounge. Eine Mittvierzigerin lässt sich neben uns in einen der gepolsterten Sessel fallen. Die Stühle gefallen mir. Manche sind ockerfarben. Andere dunkelbraun mit einem Muster in Hellbraun. Der Mann, anscheinend ihrer, setzt sich auch hin. Offenbar sucht sie irgendetwas, denn sie legt ihre Handtasche auf die Glasplatte des kleinen Holztisches und kramt darin herum.

Dieser Rezeptionsbereich ist toll. Hell. Freundlich. Modern. Kleine Spotlights an der Decke.

»Ist das eure erste Kreuzfahrt?«, fragt Thorsten in meine Richtung, während wir den nächsten Gang entlanglaufen.

»Ja«, antworten Julia und ich gleichzeitig.

»Die Sonnenglück ist etwas Besonderes. Ich verspreche euch, diesen Urlaub vergesst ihr nie.«

So wie dieser Thorsten von sich eingenommen zu sein scheint, könnte ich das auch als gefährliche Drohung verstehen. Oder sein Zwinkern als Anmache. Möglicherweise hat er aber auch ein Augenleiden und ich Vorurteile attraktiven Männern gegenüber. Aber was weiß ich schon darüber, was Männer denken? Oder warum sie was sagen? Die Vergangenheit hat gezeigt: gar nichts.

»Das war der Plan. Es soll der perfekte Schwestern-Urlaub werden«, erzählt ihm Julia.

Stimmt. Und dafür habe ich eine Menge Geld ausgegeben. Üblicherweise bin ich bescheidener. Mir reichen eine kleine Pension, eine Strandbar, weißer Sand zwischen den Zehen und türkisblaues Meer.

»Also mit meiner Schwester ginge das nie. Toll, dass ihr beide euch so gut versteht.«

Gut verstehen? In den letzten Jahren waren wir eher Tom und Jerry des Schwesternuniversums. Deshalb sind wir ja hier. Um genau diesem, zumindest für mich, elenden Zustand ein Ende zu setzen. Was Julias Motive anbelangt, habe ich mittlerweile so meine Zweifel.

»Tun wir. Wir sind ein Herz und eine Seele, nicht wahr, Nina?«, lügt Julia.

Sie wird nicht einmal rot.

Ich bin selbst zum Nicken zu abgeschlafft und sag gar nichts.

»Und wenn ich mir ein Kompliment erlauben darf: Ihr seid ein ausgesprochen hübsches Schwesternpaar, aber das sagte ich schon«, setzt der Erste Offizier nach. Grinsend.

Ich schätze, dieser Thorsten hat gar kein zweites Gesicht. Hoffentlich betreibt er seinen Job auf der Brücke mit einem Hauch mehr Ernsthaftigkeit. Sonst sehe ich uns schon an den nächsten Klippen hängen. Hat es bekanntlich schon gegeben und davor habe ich echt Angst. Deshalb wollte ich eigentlich gar nie auf ein so großes Schiff.

Julia wirft ihm einen verklärten Blick zu. Ich jage einen verärgerten hinterher.

»Die Männer an Bord werden sich noch um euch zanken«, plaudert er amikal weiter.

Verpufft. Mein visueller Warnschuss an den Ersten Offizier dürfte sich an einem der Bilder an der Wand verfangen haben.

»Ach, meinst du?«, lächelt meine Schwester.

Bitte? Sucht sie einen Urlaubsflirt? Sie ist verheiratet!

Interessant. Dass mir das nicht schon vorher aufgefallen ist. Julia trägt keinen Ehering.

»Da bin ich mir absolut sicher«, antwortet er und mustert mich gleichzeitig.

»Wahnsinn, dieses Schiff. So stylisch und alles nagelneu. Wie in einem Fünf-Sterne-Hotel«, brabbelt Julia weiter.

Aufgekratzt, wie mir scheint.

»Das ist quasi ein schwimmendes Fünf-Sterne-Hotel. Und hier sind wir schon. Nina, das ist deine Kabine. Willkommen in der Suite Heaven Eleven.«

 

Ich marschiere in den ersten Raum.

»Wow! Ist das aber schön.«

Ich lasse meinen großen Trolley stehen und setze mich kurz auf das riesige, moderne Sofa. Sehr, sehr trendy. Das Wohnzimmer ist in hellem Beige eingerichtet. Schreibtisch, zwei Stühle, Minibar - alles da. Und so tolle Farbtupfer. Auf dem Sofa liegt ein rosa Kissen inmitten beigefarbener. So etwas mag ich. Auch die modernen floralen Muster an den an sich weißen Wänden.

Ich stehe wieder auf, weil Julia mir das Gefühl gibt, ich trödle schon wieder.

»Und hier ist das Schlafzimmer«, sagt Thorsten und öffnet eine weitere Tür. Aber ich habs schon gesehen, schließlich ist es nur durch Glaswände vom Wohnzimmer getrennt. Hach, das Bett ist türkis bezogen. Ich liebe Türkis!

Das Bad kann auch etwas. Edles, völlig rechteckiges Waschbecken. Dusche. Offene Holzregale mit den Handtüchern und Mosaikfliesen. Schönes Muster. Sieht orientalisch aus. Beige, Türkis und Weiß. Wunderbar.

Ich gehe über die Holztreppe nach oben und nehme zwei Stufen auf einmal. Noch schnell auf den Balkon. Herrlich, diese große Dachterrasse.

Hier stehen zwei Holzliegen mit weißen Auflagen. Zwei Stühle. Ein Tisch.

Sehr gemütlich. Sogar eine Hängematte gibt es. Richtig chillig. Ich wage mich an die Reling. Ui, ist das hoch. Aber man hat einen traumhaften Blick auf die Altstadt von Catania. Wie ein Legostädtchen liegt sie vor mir.

Besser, ich gehe wieder hinein.

»Gefällt es dir, Nina?«, fragt mich der Erste Offizier.

»Und wie. Sehr gemütlich, wirklich«, lächle ich ihn an.

Wir trippeln nacheinander wieder nach unten.

Julia faltet ihren Bordplan zusammen, steckt ihn in ihre Handtasche und umarmt mich.

»So, meine Lieblingsschwester! Ich schlage vor, du richtest dich häuslich ein und wir treffen uns gegen sieben Uhr in der X-Lounge auf einen Sundowner, ja? Und anschließend essen wir etwas Schönes im Restaurant.«

»Wenn du meinst?«

Sie küsst mich auf beide Wangen, dreht sich um und geht.

Thorsten mit ihrem Koffer hinterher.

Die Tür fällt ins Schloss.

Weg sind sie.

Hat sie mich jetzt einfach abserviert? Von meinen Exfreunden kenne ich dieses Verhalten ja zur Genüge. Pfh.

Ich werfe mich aufs Bett.

Aus welchem Grund soll ich gleich den ersten Nachmittag ohne Julia verbringen? Diese Kreuzfahrt ist ihr Traumurlaub. Und ihr Mann Hannes wollte nur über seine Leiche mitfahren. Hat Julia zumindest behauptet. Ich schätze, so weit wollte Julia für den Urlaub auch nicht gehen, deshalb bin ich hier. Die Karotte, die sie mir telefonisch vor die Nase gehalten hat, war, dass wir endlich Zeit für uns alleine haben werden. Die Betonung lag meiner Meinung nach auf für uns und nicht auf alleine!

Ich raff mich auf und befördere meinen Trolley ins Schlafzimmer. Packe ich eben meine Sachen in den Kasten und die Schubladen.

Ein Abendkleid in Hellrosa. Ich ziehe es ganz aus dem Koffer und hänge es auf einen Kleiderbügel. Was ich alles mithabe! Nur wegen Julia. Sie hat auf anständige Garderobe bestanden. Auch so etwas.

Für meinen Teil heißt Urlaub lediglich die immer wiederkehrende Entscheidung zwischen Schwimmen, Lesen oder etwas Essen oder Trinken. Und dafür brauche ich nur ein paar Bikinis, Minikleider, eine Jeans sowie ein paar T-Shirts. Noch einige Paar Flip-Flops, Sneakers und fertig.

So, noch meinen Kulturbeutel ins Bad. Dann hab ich es geschafft.

Oje, den Blick in den Spiegel hätte ich mir besser sparen sollen. Ich sehe etwas mitgenommen aus. Meine langen blonden Haare kleben am Kopf. Von den Locken, die ich mir zu nächtlicher Stunde mit dem Glätteisen gedreht habe, ist nicht mehr viel zu sehen. Und meine blauen Augen haben einen unnatürlich wirkenden Rand von der Wimperntusche, die sich verschmiert hat. Verglichen mit mir hat Julia wie aus dem Ei gepellt ausgesehen. Ihre dunklen, halblangen Haare sind perfekt gesessen, das Make-up hat ihre braunen Augen toll hervorgehoben und ihre Kleidung ist keine Spur von zerknittert gewesen. Meine schon.

Na gut. Ich hab ja jetzt Zeit für mich.

Aber erwartet Julia im Ernst, dass ich fünf Stunden hier herumlungere, damit ich meine große Schwester dann, wenn es ihr genehm ist, zum Abendessen treffen darf? Ich hoffe, mit über vierzig werde ich nicht auch so … langweilig. Passt überhaupt nicht zu ihr.

Merkwürdig. Wirklich sehr merkwürdig.

Das ist der Start in unseren ersten gemeinsamen Urlaub als Erwachsene?

Ich hole mein rosarotes Täschchen aus der Handtasche. Früher war alles anders. Immer, wenn ich mich über Julia ärgere, muss ich mir das vor Augen halten! Und mich an den tödlichen Autounfall der Schwester einer entfernten Freundin von mir erinnern. Das ist über ein halbes Jahr her, hat mich jedoch wachgerüttelt. Ich hab so weinen müssen, obwohl ich sie nicht einmal gekannt habe. Aber am Ende habe ich gewusst: Mein Verhältnis zu Julia muss sich dringend ändern. Ich wünsche mir, dass wir Freundinnen werden. Mehr voneinander erfahren. Zum Glück dürfte Julia zu einer ähnlichen Ansicht gelangt sein, denn warum sonst hätte sie mich zu dieser Kreuzfahrt überredet? Schließlich war es ihre Idee.

Also. Sie will ein wenig Ruhe. Soll sie haben. Aber ich brauche Action.

Was mache ich denn jetzt? Alleine Catania ansehen? Das Schiff auskundschaften?

Hm. Mal sehen.

Wo ist der Bordplan?

***

Zu meinem Glück liegt das Fitnesscenter Bodyrock gleich ums Eck von meiner Kabine. Klugerweise haben sie mir einen zusätzlichen Plan vom Schiff aufs Zimmer gelegt. Den anderen vom Check-in habe ich verbummelt.

Ein bisschen trainieren kann nicht schaden. Sport hilft mir in Wien auch immer, um in bessere Stimmung zu kommen. Irgendwie muss ich die Zeit ja totschlagen. Ah. Da gehts zum Bodyrock. Coole Rezeption für den Trainings- und Wellnessbereich.

Perfekt.

Ob Julia einfach nur müde ist? Wir sind ja seit fünf Uhr in der Früh unterwegs. Das wirds sein. Hätte sie aber auch sagen können.

Ist ja riesig! Und alles an Geräten vorhanden, was man sich wünschen kann.

»Hallo! Ich bin Pia, die Fitnesstrainerin. Herzlich willkommen.«

Lascher Händedruck. Spärlich bekleidet. Unechtes Lächeln. Die Augen sind zu weit aufgerissen. Zu viel Zeit ins Make-up investiert. Ihre langen braunen Haare hat sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. Sieht mir zu gewollt sexy aus. Ergo: Diese Frau hat alle möglichen Interessen, bloß nicht, mir die Geräte hier im Studio zu erklären.

»Freut mich, ich bin Nina«, stelle ich mich vor.

Ich muss mich zusammenreißen. Ich bin im Urlaub. Urlaub. Hier geht es nicht darum, jemanden in Sekunden einzuschätzen und abzuwägen, ob er oder sie für einen Job geeignet ist oder nicht. Das ist echt schon eine Marotte von mir.

Okay. Ich muss abschalten.

»Oh, Thorsten! Ich habe dich ja schon sooo vermisst! Warte, ich stelle dir sofort das Laufband ein.« Au! Diese Stimme tut in den Ohren weh. Mich lässt Pia einfach stehen.

Der Erste Offizier hat offensichtlich Zeit gefunden, sich ins Fitness-Dress zu werfen. Und er hat nichts zu verbergen: Muscle-Shirt und hautenge Shorts. Sein Sportoutfit steht ihm.

Thorsten lächelt mir zu. Es tut mir leid, aber er hat wirklich diese Herzensbrecher-Ausstrahlung. Vielleicht tue ich ihm damit unrecht, aber so kommt er bei mir an. Andererseits bin ich gespannt, ob er es bis zum Laufband schafft, ohne von Pia auf eine kleine Nummer eingeladen zu werden. So wirkt es nämlich. Sie schwingt ihren Po in knappen Shorts an ihm vorbei und wackelt ans andere Ende des großen Raumes. In Zeitlupe. Rückenfrei. Nur mit einem Sport-BH und einem Netz-Top bekleidet.

Also ich würde ihr verbieten, so herumzulaufen. Da könnte doch einer spontan an einem Herzinfarkt zusammenbrechen.

Arbeit hat Pia definitiv nicht im Sinn. Zu blöd, dass ich meistens recht behalte. Zum Glück ist das nicht mein Kaffee. Ich nehme den Stepper. Der steht direkt vor einer riesigen Glasfront.

Herrlich!

Ich fühle regelrecht, wie die Endorphine in meine Adern schießen und mich glücklich machen.

Die Aussicht ist ein Hammer. Vor mir liegt die Pool-Landschaft mit einem sehr netten Café samt Bar. Offensichtlich ist heute wenig los. Na ja, viele werden auch einen Landgang unternommen haben. Perfekt. Dann kann ich gleich anschließend in Ruhe ein wenig plantschen.

Eine etwas ältere Dame fummelt neben mir an ihrem Stepper herum.

»Kindchen, würden Sie mir mal bitte mit diesem seltsamen Computer hier helfen?«, fragt sie plötzlich.

»Aber gerne.«

Ihre dunklen Augen blitzen auf.

»Wissen Sie, meine Jungs haben mir erklärt, ich müsste noch in etwa dreißig Jahre durchhalten. Deshalb trainiere ich jetzt täglich eine halbe Stunde«, lächelt sie verschmitzt.

»Sie scheinen kluge Söhne zu haben«, lache ich zurück.

Diese Frau hat etwas. Und das liegt nicht nur an ihrem, durch die hereinfallende Sonne schimmernden, weißen Haar mit dem leichten Touch von Rot. Sie strahlt regelrecht. Also von innen.

»Ich habe nur einen Sohn. Der Trainingsbefehl kam von meinen Enkeln. Aber ich sage Ihnen, klug allein ist auch nicht alles«, meint sie kryptisch. Sie verdreht ihre Augen und funkelt verschwörerisch.

»Da haben Sie absolut recht.«

Kann ich in meinem Job nur zu hundert Prozent bestätigen. Die besten Mitarbeiter sind nicht unbedingt immer die intelligentesten.

Sie hält mir die Hand hin.

»Rosa, und bitte duze mich. Sonst fühle ich mich wie eine Hundertjährige.«

»Das will ich auf gar keinen Fall! Und schon gar nicht, dass du hier aus dem Fenster steigst und verschwindest! Freut mich sehr, Rosa, ich bin Nina.«

»Du bist mir eine!«, lacht sie fröhlich.

Wir verstehen uns. Das ist toll.

Ich stelle den Stepper auf die einfachste Stufe ein.

»So, für den Start sollte das ein gutes Programm sein.«

»Ich danke dir, Nina. Dann werde ich mal die alten Knochen ein wenig in Schwung bringen.«

Ich kichere.

Behände klettert Rosa auf das Gerät. Ihre blassrosa Shorts baumeln um die schlanken Beine und auch das gleichfarbige T-Shirt hat sie eine Spur zu groß gekauft. Aber wenn ich einmal alt bin, möchte ich so gut aussehen wie sie. Diese alte Dame versprüht mehr Lebensenergie als die meisten Mittdreißigerinnen in unserer Firma.

 

»Wie ich sehe, kommt ihr ganz gut ohne mich zurecht!« Pia steht mit den Händen in den Hüften neben uns.

Äh? Wozu sollten wir sie brauchen? Schminkberatung mit dem Schwerpunkt: Wie werfe ich mir so viel Kleister ins Gesicht, dass ein Millionär meine Durchschnittlichkeit nicht bemerkt und anbeißt?

Danke. Ich brauche keinen Mann. Kenne sie alle und bin geheilt.

»Nein, alles super«, erwidere ich.

»Wirbelsäule gerade halten, Nina. Und Rosa, sieh zu, dass du die Arme schön streckst«, gibt sie Anweisungen.

Ich sehe Pia an.

Interessant. Unsere Trainerin beobachtet gleichzeitig den Ersten Offizier hinter uns?

Rosa nimmt die Arme von den Handgriffen.

»So besser?«, fragt meine Trainingsnachbarin unschuldig.

»Sehr gut, Rosa. Viel besser«, quiekt Pia und sieht noch immer zu Thorsten.

Rosa gluckst vor Lachen. Ich kann mich auch kaum mehr halten.

Ich mache einen Katzenbuckel und bewege mich im Schneckentempo.

»Guter Tipp, Pia, das mit der Wirbelsäule. Geht gleich um einiges leichter. Ich spüre es.«

Ich muss ernst bleiben. Nicht einfach. Rosa hat schon einen hochroten Kopf und wird demnächst vor Lachen explodieren. Besser, ich sehe zu Pia. Oh. Pia wendet sich uns gerade zu. In der Sekunde strecke ich meinen Rücken. Und Rosa? Gut, sie schnappt sich die Griffe. Pias Pferdeschwanz fährt ihr ins Gesicht. Hat wehgetan! Sie reibt sich die Augen. Tja, kleine Sünden bestraft Gott eben gleich.

»Bestens. Ihr macht mal ohne mich weiter«, sagt Pia. »Ich bin in meiner Trainerkabine.« Warum schreit sie so? Vermutlich, damit Thorsten rein theoretisch die Botschaft hätte hören können.

Kann er aber nicht. Denn er ignoriert Pia und läuft wie besessen. Mitsamt Kopfhörern. Die dürften ihr entgangen sein. Seine Muskeln glänzen bereits vom Schweiß. Ziemlich durchtrainiert, der Herr Offizier. Das allerdings dürfte Pia keinesfalls entgangen sein. Sie schwingt ihren Busen wie eine Trophäe an ihm vorbei und verschwindet hinter einer Tür. Thorsten starrt stur nach draußen.

Das macht ihn sympathisch. Oder aber sie ist seine Exfreundin. Dann wiederum fände ich es widerlich, wenn er sie dermaßen auflaufen lässt.

Rosa prustet los.

»Kindchen, es gibt wirklich interessante Geschöpfe hier auf diesem Schiff«, kichert sie und deutet mit ihrem Kopf in Richtung Pia.

Eindeutig. Wir zwei haben dieselbe Wellenlänge.

»Ja, scheint so.«

»Weißt du was, Nina? Trinken wir nach dem Training etwas an der Poolbar?«, fragt sie.

»Sehr, sehr gerne, Rosa. Bist du auch erst heute angekommen?«

»Ja, heute Morgen. Du etwa auch?«

Ich nicke.

»Was für eine Fügung.« Sie schmunzelt.

Bingo. Noch keine zwei Stunden an Bord und ich habe Rosa kennengelernt. Jetzt freue ich mich richtig darauf, mit ihr zu plaudern. Sie ist unüberhörbar Deutsche. Bin gespannt, woher sie kommt.

Auf einer Kreuzfahrt ist man selten allein

Sonntagabend: von Catania, Sizilien nach Valletta, Malta

Es ist Punkt sieben Uhr, sagt mein Handy. Vor mehr als einer Stunde haben wir in Catania abgelegt. Herrlich, dieser Blick auf die untergehende Sonne. Das Meer wird zunehmend dunkler. Aber der Horizont schillert in Orangetönen. Sizilien liegt nun hinter uns. Wir schippern nach Malta.

Zum Glück habe ich einen Tisch an der Glasfront ergattert. Ich lehne mich im schwarzen Ohrensessel zurück und trinke einen Schluck Kaffee. Jetzt könnte Julia dann aber endlich auftauchen. Ob sie vielleicht die Lokale verwechselt hat und in der Sternenlounge ist? Aber wir haben ganz sicher die VIP-Lounge vereinbart. Heißt hier X-Lounge. Doch. Das hat sie gesagt.

Na gut. Ich kann ja Mama noch schnell eine WhatsApp-Nachricht schicken. Ich fotografiere die Bar. Sieht spacig aus.

›Geht uns bestens. Schau mal, Mama, das ist eine unserer Bars. Bussi N‹

Mama freut sich bestimmt. Besser, ich versorge sie freiwillig mit Infos, sonst stalkt sie mich im Urlaub. Dass ich mit Julia hier bin, findet sie unglaublich schön. Sie war ganz aus dem Häuschen, als wir ihr das erzählt haben.

»Ach, hier hast du dich versteckt!«

Dieser schrille, leicht anklagende Ton meiner Schwester bohrt sich bis in meinen Magen. Sie zupft ihr hellgraues Sommerkleid, besetzt mit Strass, zurecht. Julia trägt silberfarbene Pumps dazu. Sehr elegant.

Wenn nicht übertrieben.

Wie eine Diva nimmt Julia im Ohrensessel neben mir Platz. Ich plumpse ja eher in einen gepolsterten Sessel. Sie nicht.

»Versteckt? Ich sitze im vereinbarten Lokal. Und ich war überpünktlich, Julia.«

Was will sie mehr?

»Ich vielleicht nicht?«

Julia rümpft die Nase.

Schlechter Start. Abregen. Durchatmen.

»Fühlst du dich jetzt besser, Julia? Bist du ausgeschlafen?«, frage ich versöhnlich.

Julia läuft knallrot an.

Ein Schauer durchfährt meinen Körper. Gänsehaut. Die bekomme ich immer, wenn irgendetwas nicht stimmt. Das ist mein innerliches Alarmsignal für: Achtung, es ist wichtig! Verlässlicher als jeder Fragebogen, den ein Bewerber ausfüllen kann.

Warum aber jetzt?

»Bin ich! Komm, jetzt bestellen wir uns einen netten Drink und stoßen auf diesen Urlaub an, Nina.«

»Gute Idee, Julia. Darauf habe ich mich schon den ganzen Nachmittag gefreut.«

 

Wir prosten uns zu. Mmh. In diesen Mango-Coconut-Daiquiri könnte ich mich reinlegen. So schmeckt weißer Sandstrand mit Palmen drauf und einem türkisfarbenen Meer rundherum.

»Du weißt aber schon, dass das unfair ist?«, motzt meine Schwester plötzlich.

Bitte?

»Was ist unfair?«

»Ich liebe Kokos. Schon in den Geruch könnte ich mich versenken. Aber ich muss ja andauernd auf meine Figur aufpassen. Und du? Isst und trinkst, wozu du Lust hast.«

Der Blick war richtiggehend giftig! Sie nuckelt an ihrem Gin Tonic. Jetzt weiß ich, warum.

»Aber Julia, das stimmt doch gar nicht. Ich treibe viel Sport, und wenn ich arbeite, komme ich meistens erst gar nicht zum Essen. Meine Figur ist nicht gottgegeben, falls du das damit sagen wolltest.«

Wobei ich zugebe, dass ich ein Glück habe. Und Papas Gene. Julia kommt eher nach Mama. Beide sind andauernd auf irgendwelchen Diäten, dabei sind sie bei Gott nicht dick. Sie sind eben die südländischen Typen in der Familie. Papa und ich die nordischen. In Wahrheit sind Julia und ich wie Feuer und Eis.

»Ach? Sport also. Ja, ich hätte auch wahnsinnig gerne Zeit für Sport gehabt. Vor allem hätte ich gerne Tennis gespielt. Aber mit den Zwillingen war das ein Ding der Unmöglichkeit.«

Soll ich erwähnen, dass Laurens und Laura bereits neunzehn Jahre alt sind, gemeinsam in einer eigenen Wohnung leben und studieren? Lieber nicht.

»Stimmt, Julia. Ich habe natürlich unheimlich viel Zeit, weil ich keine Kinder habe.«

Dass ich so um die fünfzig Stunden die Woche arbeite, lassen wir einmal außen vor.

»So ist es. Und warum hast du keine?«, fragt sie provokant.

Weil ich nicht einmal einen Typen getroffen habe, bei dem ich Lust gehabt hätte, ihm sein Sperma zu klauen?

Ekelige Vorstellung. Vor allem wenn ich an Ralph denke. Banker. Beziehungsallergiker. Dabei ist er schon einundvierzig. Statt Zeit mit mir zu verbringen, hat er mich angelogen und Meetings erfunden. In Wahrheit ist er von einem Lokal zum nächsten und hat sich mit Freunden getroffen. Als ob das mit mir gemeinsam nicht möglich gewesen wäre. Vollidiot.

»Ich sags dir, Nina! Weil du dich immer vor jeder Verantwortung gedrückt hast. Du hast nur gemacht, was Spaß macht. Und Mama und Papa haben dich dabei auch noch unterstützt und verhätschelt «, reißt mich Julia aus meinen Gedanken.

Mein Drink schmeckt bitter.

Warum sagt sie so etwas?

Seit Ewigkeiten wünsche ich mir, dass wir einfach Freundinnen sein können. Aber anscheinend weiß sie nicht einmal, wie man Freundschaft buchstabiert. Selbst zum Maturaball meiner Nichte und meines Neffen hat sie vergessen, mich einzuladen. Ich bin trotzdem hingegangen. Es hat ihr dann zwar furchtbar leidgetan, aber trotzdem. Sie hat mich einfach vergessen. Wenigstens haben es die Zwillinge voll krass gefunden, dass ich trotzdem gekommen bin. Vielleicht hat sie mir deshalb diesen Urlaub vorgeschlagen? Als verspätete Wiedergutmachung?

»Julia, komm.

---ENDE DER LESEPROBE---