Das Bourne Duell - Robert Ludlum - E-Book
SONDERANGEBOT

Das Bourne Duell E-Book

Robert Ludlum

4,5
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Action und Spannung pur – der neue Bourne-Thriller!

Jason Bourne ist auf Bali untergetaucht, wo er in den Besitz eines mysteriösen Rings gelangt. Die Inschrift des Rings verweist auf eine im Geheimen operierende Organisation. Bournes Weg führt nach Marokko, wo er das Machtzentrum der Gruppe vermutet. Hier trifft er auf seinen Todfeind Leonid Arkadin, und ein unerbittlicher Kampf entbrennt. Doch scheinen beide in eine tödliche Falle getappt zu sein.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 659

Bewertungen
4,5 (18 Bewertungen)
12
3
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

WidmungPROLOGERSTES BUCH
EINS
Copyright

Für Jaime Levine,ohne deren große Sachkenntnisund grenzenlose Begeisterungdiese Arbeit nicht so viel Spaß gemacht hätte.

PROLOG

BANGALORE, INDIEN

Die Nacht senkte sich herab wie ein riesiger Schwarm Insekten, die mit dem Sonnenuntergang zum Leben erwachten. Der Lärm war genauso fürchterlich wie der Gestank von ungewaschenen Körpern, menschlichen Exkrementen, faulendem Essen und verwesenden Leichen. Der Müll von Bangalore war wie eine Flutwelle, die sich durch nichts eindämmen ließ.

Leonid Danilowitsch Arkadin saß in einem abgedunkelten Zimmer, in dem es nach heiß gelaufenen elektronischen Geräten, abgestandenem Rauch und Dosa-Pfannkuchen roch. Er zündete sich mit seinem Chromfeuerzeug eine Zigarette an und sah auf das Gerippe von Phase 3 hinunter, einem Teil der ständig expandierenden Electronic City, die aus den Slums von Bangalore emporwuchs. Viele große Computer- und Hightech-Firmen hatten sich hier angesiedelt oder die Entwicklung von Software an indische Firmen in Bangalore ausgelagert, sodass die Stadt heute das Zentrum der indischen Softwareindustrie war.

Gold aus Beton, dachte Arkadin staunend. Er hatte einiges über die Geschichte der Alchemie gelesen, die ihn wegen ihres Anspruchs der Verwandlung immer schon fasziniert hatte. Zu dieser frühen Abendstunde – früh allerdings nur für das IT-Personal, dessen Büros die Gebäude ausfüllten – war es auf den Gängen so ruhig wie in New York City um drei Uhr nachts. Die Leute hier richteten sich nach den Arbeitszeiten in den Vereinigten Staaten, sodass sie wie Geister an ihren Konsolen saßen.

Nach dem Fiasko im Iran, wo er Maslow gründlich die Tour vermasselt hatte, war er hierhergekommen, weit weg von denen, die er eigentlich jagen wollte, die aber mittlerweile ihn jagten: Dimitri Iljitsch Maslow und Jason Bourne.

Von seinen Büros hatte er einen perfekten Überblick über die quadratische Baustelle, eine Grube, in der das Fundament für einen weiteren Büroturm gelegt wurde. Normalerweise war die Baustelle von grellen Scheinwerfern beleuchtet, damit die ganze Nacht durchgearbeitet werden konnte, doch die Arbeiten waren vor zwei Wochen unerwartet zum Stillstand gekommen und noch nicht wiederaufgenommen worden. Seither waren Bettler, Huren und Jugendbanden hier eingezogen, die jedem, der vorbeikam, Geld abzuknöpfen versuchten.

Hin und wieder hörte er draußen auf dem Gang einen seiner Männer wie auf Samtpfoten vorbeihuschen, doch hier in diesem Büro war er allein mit Hassan, einem stämmigen Software-Zauberer, der immer ein wenig nach elektronischen Bauteilen und Kreuzkümmel roch. Arkadin hatte seine eigenen Männer mitgebracht, alles treue Muslime, was insofern ein Problem war, als die einheimischen Hindus Muslime hassten. Er hatte überlegt, ob er nicht eine Söldnertruppe aus Sikhs zusammenstellen sollte, doch er hätte ihnen nie so vertrauen können wie seinen Leuten.

Hassan hatte sich als außerordentlich wertvoll erwiesen. Er hatte als Programmierer für Nikolaj Jewsen gearbeitet, den toten und unbeweinten Waffenhändler, dessen Geschäft sich Arkadin unter den Nagel gerissen hatte, bevor Dimitri Maslow es an sich bringen konnte. Hassan hatte alle wichtigen Daten von Jewsens Großrechner kopiert, bevor er sie löschte – die Listen mit den Kunden, den Zulieferern und den Kontakten. Anhand dieser Liste übernahm Arkadin nun nach und nach Jewsens Geschäft und verdiente Unsummen damit, Kriegsgerät an alle möglichen Warlords, Diktatoren und Terrororganisationen auf der ganzen Welt zu liefern.

Hassan saß über seinen Computer gebeugt und arbeitete mit einer verschlüsselten Software, über die er mit dem Server verbunden war, den Arkadin an einem sicheren Ort installiert hatte. Er war ein Mann, der ganz für die Arbeit lebte. In den Wochen, seit Hassan zu ihm übergelaufen war und Jewsen in Khartum gestorben war, hatte Arkadin noch nicht ein Mal gesehen, dass er die Büroräume verlassen hätte. Nach einer kleinen Mahlzeit schlief er von eins bis halb vier, dann ging es zurück an den Computer.

Arkadins Aufmerksamkeit richtete sich nur teilweise auf Hassan. Auf einem Sideboard stand ein Laptop mit mehreren Hot-Swap-Schächten – einer davon mit der Festplatte des Laptops, den einer seiner Männer von Gustavo Moreno gestohlen hatte, bevor der kolumbianische Drogenbaron in seinem mexikanischen Hauptquartier erschossen wurde. Arkadin wandte sich dem Computer zu und spürte, wie sein Gesicht in ein gespenstisches blaues Licht getaucht wurde, das so hart war wie Marmor, wie die schwielige Faust seines Vaters.

Er drückte seine Zigarette aus und scrollte durch die Dateien, die er schon so oft durchgegangen war. Er hatte eine ganze Schar von Computerexperten auf seiner Gehaltsliste, aber er hatte keinem von ihnen – nicht einmal Hassan – erlaubt, sich diese Festplatte anzusehen. Was ihn vor allem interessierte, war diese eine mysteriöse Datei, deren Verschlüsselung er noch immer nicht hatte knacken können, obwohl er sie über vierundzwanzig Stunden mit seiner Entschlüsselungssoftware bearbeitet hatte.

Morenos Laptop, den er an einem sicheren Ort versteckt hatte, war genauso mysteriös wie diese rätselhafte Datei. Er hatte an der Seite einen Schlitz, wie ihn Arkadin in dieser Form und Größe noch nie gesehen hatte und der offenbar speziell eingebaut worden war – die Frage war nur, wofür.

Was zum Teufel war überhaupt in dieser Datei? Und woher hatte ein Drogenbaron eine Verschlüsselung, die nicht zu knacken war? Jedenfalls nicht vom Hacker-Markt in Cali oder Mexiko City, das stand fest.

Obwohl er tief in Gedanken versunken war, hob Arkadin plötzlich den Kopf, so als hätte er das Geräusch mehr gewittert als gehört, und trat zurück in die Dunkelheit des Raumes. »Hassan«, fragte er, »was ist denn das für ein Licht dort unten auf der Baustelle?«

Hassan blickte auf. »Welches meinen Sie? Da sind so viele Lagerfeuer …«

»Da.« Arkadin zeigte hin. »Nein, weiter vorne, steh auf, dann siehst du es deutlich.«

In dem Moment, als Hassan aufstand und sich vorbeugte, zertrümmerte ein Kugelhagel aus halbautomatischen Gewehren die Fenster, und die Glassplitter prasselten auf Hassan, den Schreibtisch und den Teppich nieder. Im nächsten Augenblick lag Hassan am Boden und rang nach Luft, während ihm das Blut aus dem Mund lief.

Arkadin nahm die Festplatte aus dem Laptop, bevor der nächste Kugelhagel durch die zertrümmerten Fenster hereinbrach. Er duckte sich unter den Schreibtisch, nahm eine Skorpion-Maschinenpistole zur Hand und zerschoss den Computer, an dem Hassan gearbeitet hatte. Mittlerweile kam das stakkatoartige Gewehrfeuer auch aus den umliegenden Büroräumen. Dazwischen hörte man Stimmen, die Befehle riefen, und die Schreie von Verletzten und Sterbenden. Von seinen Männern konnte er keine Hilfe erwarten, so viel stand fest. Doch er erkannte die Sprache, in der die lakonischen Kommandos gegeben wurden – es war Russisch. Genauer gesagt, Moskauer Russisch.

Arkadin glaubte Hassan sprechen zu hören, zumindest gab er irgendwelche Laute von sich – doch was immer er sagte, ging im Lärm des Gewehrfeuers unter. Die Angreifer waren also Russen, deshalb bestand für Arkadin kein Zweifel daran, dass sie es auf Jewsens unbezahlbare Informationen abgesehen hatten. Der Angriff kam zangenartig aus dem Inneren des Gebäudes und von draußen, und er hatte nur wenige Sekunden, um zu handeln. Er stand auf und eilte zu Hassan hinüber, der ihn aus blutunterlaufenen Augen anstarrte.

»Hilf … mir«, stieß Hassan mit heiserer Stimme hervor.

»Sicher, mein Freund«, sagte Arkadin freundlich, »sicher.«

Mit etwas Glück würden seine Feinde Hassan für ihn halten, was ihm wertvolle Zeit verschaffen würde. Aber das ging nur, wenn Hassan still war. Arkadin steckte die Festplatte ein und drückte seinen Schuh auf Hassans Kehle, bis sich der Mann krümmte und seine Augen fast aus dem Kopf quollen. Mit eingedrücktem Kehlkopf konnte er keinen Laut mehr von sich geben. Hinter sich hörte Arkadin ein aufgeregtes Stimmengewirr draußen am Gang. Seine Männer würden ihn mit ihrem Leben verteidigen, das wusste er, aber in diesem Fall waren sie überrumpelt worden und wahrscheinlich auch zahlenmäßig unterlegen. Ihm blieben nur wenige Sekunden, um zu entkommen.

Wie in allen modernen Bürogebäuden ließen sich die großen Fenster nicht öffnen, möglicherweise als Vorsichtsmaßnahme gegen Selbstmordversuche, wie sie trotzdem immer wieder vorkamen. Arkadin riss ein Seitenfenster auf und stieg in die gar nicht so stille Nacht hinaus. Sechs Stockwerke unter ihm lag die Baugrube, aus der sich das neue Gebäude erheben würde. Zwischen den armseligen Hütten aus Karton und den Lagerfeuern standen riesige Erdbewegungsmaschinen, wie Drachen mit langen Hälsen, die im Halbdunkel schlummerten.

Das glatte postmoderne Gebäude hatte keine horizontalen Fenstersimse, aber zwischen den Fenstern verliefen dekorative senkrechte Vorsprünge aus Beton und Stahl. Arkadin schwang sich hinaus, als auch schon die ersten Kugeln in die Bürotür einschlugen – seine Männer hatten ihren tapferen Kampf gegen die Eindringlinge verloren.

Draußen stiegen die Gerüche von Butterfett, Dosa-Pfannkuchen, Betelsaft und menschlichen Ausscheidungen zu ihm herauf, als er an der Säule aus Beton und Stahl hinabkletterte. Nach wenigen Augenblicken bemerkte er Scheinwerferlicht unter sich; offenbar war ihnen klar geworden, dass sie ihn oben im Büro nicht erwischt hatten, und jetzt begannen sie ihn hier draußen zu suchen. Ihm war bewusst, wie wehrlos er hier an der Fassade war, und so hielt er auf der Höhe des dritten Stockwerks inne. Die Fenster waren hier kleiner und gleichmäßiger verteilt, weil sich in dieser Etage die Klimaanlage sowie die Wasser- und Stromversorgungssysteme befanden. Er trat mit der Schuhspitze gegen das Fenster unter ihm, doch es war zwecklos – das Glas gab nicht nach. Er kletterte weiter hinunter und trat gegen eine Metallplatte unter dem Fenster. Sie verbeulte sich, und eine Ecke bog sich auf, doch sie löste sich nicht ganz, also stieg er noch tiefer, bis er seine Finger in den Spalt zwischen dem Metall und der Mauer schieben konnte. Mit einem Ruck zog er die Platte heraus. Vor ihm lag ein rechteckiges Loch, das gerade breit genug für ihn zu sein schien. Er hielt sich mit beiden Händen an der Säule fest, schwang die Füße in den Hohlraum und schob sich tiefer hinein. Erst als er bis zur Hüfte in dem Loch war, ließ er die Säule los.

Sein Oberkörper baumelte noch draußen an der Mauer, und er sah, wie die Suchscheinwerfer an der Fassade zu ihm heraufkrochen. Im nächsten Augenblick wurde er von ihrem grellen Licht geblendet. Er hörte aufgeregte Stimmen, kehlige Rufe auf Russisch, bevor er seine ganze Kraft zusammennahm und sich ganz in den Hohlraum in der Mauer schob. Vom explosionsartigen Krachen der Gewehre begleitet, drang er tiefer in die Dunkelheit ein.

Er lag still da, um erst einmal zu Atem zu kommen. Dann arbeitete er sich tiefer hinein, Stück für Stück, immer zuerst mit der einen Schulter, dann mit der anderen – bis er irgendwann nicht mehr weiterkam. Er versuchte zu erkennen, warum das so war, doch er sah nichts als einen grauen Fleck in der pechschwarzen Dunkelheit, und ihm wurde klar, dass er auf kein Hindernis gestoßen war, sondern dass der Gang einfach nur enger wurde. Er versuchte es noch einmal, bis seine Schultern ganz stecken blieben – also ließ er es sein, entspannte sich, so gut es ging, und dachte über Möglichkeiten nach, wie er sich befreien konnte.

Wie immer in kritischen Situationen zwang er sich, langsam und tief zu atmen. Er stellte sich vor, sein Körper hätte keine Knochen und wäre beliebig formbar, bis sein Verstand es zu glauben begann. Er zog die Schultern nach vorne an die Brust, wie er es einmal bei einem Schlangenmenschen im Moskauer Zirkus gesehen hatte. Dann fing er langsam an, sich abzudrücken. Zuerst passierte gar nichts; dann, als er sich noch weiter zusammenzog, begann er sich zentimeterweise vorwärts zu bewegen, bis er die Engstelle passiert hatte. Wenig später stieß er mit den Füßen gegen ein Gitter. Er zog die Beine an, soweit das überhaupt möglich war. Dann streckte er sie abrupt durch und stieß mit solcher Wucht gegen das Gitter, dass es heraussprang. Mit dem Schwung der Bewegung landete er in einer Art Wandschrank, in dem es nach heißem Metall und Fett stank.

Nach kurzer Begutachtung war ihm klar, dass es der Schaltschrank des Aufzugs war. Auf der anderen Seite gelangte er in den Aufzugschacht. Er hörte die Stimmen der russischen Eindringlinge. Die Fahrstuhlkabine fuhr bereits zu ihm herab; die Männer draußen mussten dem Trupp im Gebäude mitgeteilt haben, dass er wieder drinnen war.

Er blickte sich um und sah eine senkrechte Leiter, die direkt gegenüber an der Wand befestigt war. Doch bevor er etwas unternehmen konnte, ging die Luke im Dach der Fahrstuhlkabine auf, und einer der Männer steckte den Kopf heraus. Er sah Arkadin und riss seine Maschinenpistole hoch.

Arkadin duckte sich, als die ersten Kugeln in die Wand einschlugen – an der Stelle, wo eben noch sein Kopf gewesen war. Tief geduckt zielte er aus der Hüfte und traf den Russen mit mehreren Kugeln im Gesicht. Die Kabine war nun auf seiner Höhe, und er war mit einem Satz auf dem Dach. Kaum war er gelandet, brach ein Kugelhagel aus der offenen Luke hervor – doch er blieb nicht stehen, sondern sprang zu der Leiter an der Wand hinüber. Rasch kletterte er abwärts, während hinter ihm die Aufzugkabine hinunterglitt. Etwa zwei Meter unter ihm blieb sie stehen.

Er spannte sich an und schwang seinen Oberkörper herum. In dem Moment, als sich in der offenen Luke etwas bewegte, feuerte er dreimal kurz hintereinander auf das Dach. Dann kletterte er weiter an der Leiter hinunter, zwei oder drei Sprossen auf einmal nehmend, damit er kein leicht zu treffendes Ziel abgab.

Die Reaktion der Angreifer ließ nicht lange auf sich warten; die Kugeln schlugen gegen die Metallsprossen, während er wie eine Spinne hinabkletterte. Dann hörte das Feuer abrupt auf; er riskierte einen Blick nach oben und sah, dass einer der überlebenden Russen aus der Luke gestiegen war und ihm über die Leiter nach unten folgte.

Arkadin hielt kurz inne, um die Pistole hochzureißen, doch bevor er abdrücken konnte, ließ sich der Mann auf ihn herunterfallen. Er packte Arkadin und riss ihm fast die Arme aus den Schultergelenken. Arkadin wurde vom Gewicht des Mannes hin und her geschüttelt, was der Angreifer ausnutzte, um ihm die Pistole aus der Hand zu schlagen. Sie fiel polternd den Schacht hinunter, während sich der Aufzug wieder in Bewegung setzte.

Der Russe drückte eine Hand an Arkadins Kehle, während er mit der anderen ein Ka-Bar-Messer aus der Scheide zog. Er drückte Arkadins Kinn nach oben, um seine Kehle zu entblößen. Die tödliche Klinge zischte durch die Luft, und Arkadin riss reflexartig ein Knie hoch. Der Russe krümmte sich wie ein Bogen und wurde von der Fahrstuhlkabine erfasst, die soeben vorbeiglitt.

Arkadin wurde gegen die Kabine gezogen, als der andere mitgerissen wurde. Einen Moment lang hing er mit dem Kopf nach unten an der Leiter; was ihn rettete, war, dass seine Füße an einer Sprosse eingehakt waren. Er ließ sich schwingen, während er sich orientierte, dann hielt er sich mit seinen kräftigen Händen an der Leiter fest, zog seine Füße aus der Sprosse und schwang sich hinunter, sodass er wieder aufrecht war. Die Belastung in den Schultern war enorm, doch diesmal war er vorbereitet und hielt sich ohne Schwierigkeit fest. Seine Füße fanden eine Sprosse, und er begann wieder abwärts zu klettern.

Der Aufzug unter ihm fuhr weiter, doch niemand steckte mehr den Kopf aus der Luke. Arkadin sprang aufs Dach der Kabine und lugte vorsichtig hinein. Er sah nur zwei Tote, sonst niemanden. Er sprang in die Kabine, nahm einem der Toten die Waffe ab und drückte die Taste für den Keller.

Der Keller des Büroturms war eine einzige große Tiefgarage, von Neonlicht beleuchtet. Sie war jedoch nicht stark ausgelastet, weil sich die meisten Leute, die hier arbeiteten, kein Auto leisten konnten. Sie fuhren mit dem Taxi zur Arbeit und nach Hause.

Außer seinem eigenen BMW sah er nur zwei glänzende Mercedes, einen Toyota Qualis und einen Honda City. Arkadin überprüfte die Fahrzeuge; sie waren alle leer. Er ging an seinem eigenen Wagen vorbei, brach den Toyota auf und machte sich kurz an der Elektronik zu schaffen, bis es ihm gelang, die Wegfahrsperre zu überlisten. Er setzte sich ans Lenkrad, ließ den Motor an und fuhr über den Betonboden und die Rampe zur Straße hinauf.

An der Rückseite des Gebäudes holperte der Wagen schließlich auf die schlecht asphaltierte Straße hinaus. Direkt vor ihm lag die Baustelle. Es brannten so viele kleine Feuer zwischen dem Bauschutt und den gigantischen Maschinen, dass man das Gefühl hatte, der ganze Platz könnte jeden Moment in Flammen aufgehen.

Links und rechts von sich hörte er das durchdringende Brummen von schweren Motorrädern; zwei Russen brausten mit ihren Maschinen von beiden Seiten auf ihn zu. Offensichtlich hatten sie schon auf ihn gewartet, damit sie ihm den Weg abschneiden konnten, egal in welche Richtung er fuhr. Arkadin trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und fuhr geradeaus, über die Straße und durch den dünnen Zaun, der das Baugelände begrenzte.

Die Nase des Toyota ging abrupt nach unten, als der Wagen in die Baugrube hinabtauchte. Arkadin wurde auf dem Sitz durchgerüttelt, als das Fahrzeug am Boden landete und mit quietschenden Reifen weiterfuhr. Hinter ihm kamen bereits die beiden Motorräder herangeflogen und nahmen die Verfolgung auf.

Arkadin fuhr direkt auf eines der Feuer zu, und die Obdachlosen, die davor hockten, sprangen auf, um sich in Sicherheit zu bringen. Er schoss durch die Flammen hindurch und riss den Wagen nach links, um durch die kleine Lücke zwischen zwei riesigen Maschinen durchzuschlüpfen. Dann schwenkte er nach rechts, direkt auf ein anderes Feuer zu, und auf die verlorenen Seelen, die davor kauerten.

Er warf einen Blick in den Außenspiegel und sah, dass ihm eines der Motorräder immer noch auf den Fersen war. Hatte er den zweiten Verfolger abgeschüttelt? Er brauste auf das Feuer zu und wartete bis zum letzten Augenblick, dann trat er abrupt auf die Bremse. Während die Leute in alle Richtungen liefen, krachte der Motorradfahrer, vom Feuer geblendet, in den Toyota. Der Russe stürzte von der Maschine auf das Autodach und dann auf den Boden.

Arkadin war schon aus dem Wagen gesprungen. Er hörte den Fahrer stöhnen, als er aufzustehen versuchte, und trat ihm hart gegen den Kopf. Als er wieder einsteigen wollte, krachten Schüsse gegen die Stoßstange neben ihm. Er duckte sich; das Sturmgewehr, das er dem Toten im Aufzug abgenommen hatte, lag außer Reichweite auf dem Beifahrersitz. Er versuchte die Fahrertür zu erreichen, doch es kamen immer wieder Gewehrschüsse, die ihm den Weg versperrten.

Schließlich legte er sich auf den Boden und kroch unter dem Auto hindurch, als die Luft erneut vom Krachen eines Schusses erzitterte. Er kam auf der anderen Seite hervor, riss die hintere Wagentür auf und hätte beinahe eine Kugel in den Kopf bekommen. Rasch tauchte er unter das Auto zurück und begriff nach wenigen Sekunden, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als das Auto zurückzulassen. Ihm war klar, dass sein Gegner genau das erreichen wollte.

Er schloss kurz die Augen und versuchte anhand der Richtung, aus der die Kugeln kamen, abzuschätzen, wo der russische Motorradfahrer sein musste. Dann drehte er sich um neunzig Grad und zog sich an der vorderen Stoßstange unter dem Auto hervor.

Der Russe feuerte erneut und zertrümmerte die Windschutzscheibe, doch die Kunststoffschicht hielt das Sicherheitsglas in einem spinnennetzartigen Muster zusammen. Durch die vielen Sprünge war die Scheibe praktisch undurchsichtig, sodass ihn sein Verfolger nicht mehr sehen konnte, als er die Flucht ergriff. Arkadin sah die Gesichter der Obdachlosen und Ausgestoßenen vorbeihuschen, als er in wildem Zickzack zwischen ihnen hindurchlief. Dann übertönte das satte Brummen des Motorrads die Stimmen, die in Hindi und Urdu aufgeregt miteinander sprachen. Diese von Gott verlassenen Leute bewegten sich wie das Meer und teilten sich, um ihm den Weg frei zu machen, und der Russe folgte der Bewegung der Masse.

Nicht weit entfernt sah er eine Stützkonstruktion aus Stahlträgern in Betonfundamenten, und er rannte darauf zu. Das Motorrad brach aus der Menschenmenge hervor und raste auf ihn zu, doch er war bereits in dem Labyrinth verschwunden.

Der Russe fuhr etwas langsamer heran. Zu seiner Linken stand ein provisorischer Wellblechzaun, der in der feuchten indischen Luft bereits zu rosten begann, also wandte er sich nach rechts und fuhr um die Stahlträger herum. Er blickte in den dunklen Abgrund hinunter, in dem die massiven Betonfundamente wie riesige Zähne steckten. Sein AK-47-Gewehr hatte er feuerbereit.

Er hatte die Grube halb umrundet, als Arkadin, der auf einem Träger lag wie ein Leopard auf der Lauer, sich auf ihn stürzte. Der Fahrer wurde zurückgerissen und drehte reflexartig am Gasgriff, sodass das Motorrad einen Satz nach vorne machte und sich unter Arkadins Gewicht aufbäumte. Die Maschine beschleunigte und warf die beiden Männer ab, die gegen die Stahlträger geschleudert wurden. Der Russe prallte mit dem Kopf gegen einen Träger und verlor das Gewehr aus den Händen. Arkadin wollte sich auf ihn stürzen, als er bemerkte, dass ein Metallsplitter hinten in seinem Oberschenkel steckte und sich bis zum Knochen hineingebohrt hatte. Mit einem heftigen Ruck, der ihm den Atem nahm, zog er den Splitter aus seinem Bein. Der Angreifer warf sich auf ihn, während Arkadin immer noch benommen war vor Schmerz. Er steckte einen Schlag nach dem anderen ein, gegen den Kopf, in die Rippen und gegen das Brustbein, bis er schließlich den Metallsplitter hochriss und ihn dem Russen ins Herz bohrte.

Der Mann riss überrascht den Mund auf, und seine Augen sahen Arkadin verständnislos an, dann verdrehten sie sich, und er sank auf den blutgetränkten Boden. Arkadin drehte sich um und wankte zu der Rampe, die zur Straße hinauf führte, doch er fühlte sich wie gelähmt. Seine Beine waren steif und reagierten kaum auf die Befehle seines Gehirns, das sich anfühlte wie in Watte gehüllt. Er fröstelte, das Atmen fiel ihm schwer, und nach ein paar Schritten sank er zu Boden.

Überall um ihn herum brannten Feuer, die ganze Stadt schien in Flammen zu stehen, der Nachthimmel war blutrot und pulsierte im Rhythmus seines pochenden Herzens. Er sah die Augen der Menschen, die er in seinem Leben getötet hatte, rot wie die Augen einer Ratte, und sie kamen auf ihn zu. Ich will nicht zu euch in die Dunkelheit, dachte er, als er spürte, dass er in die Bewusstlosigkeit sank.

Vielleicht war es dieser Gedanke, der ihm in seiner Schwäche half, der ihn tief durchatmen und das Wasser annehmen ließ, das ihm seltsamerweise die Leute reichten, die sich um ihn herum scharten. Er erkannte nun, dass es nicht die Toten aus seiner Vergangenheit waren, sondern Lebende, die er nie zuvor gesehen hatte. Sie mochten noch so zerlumpt und ohne jede Hoffnung sein, doch einen Außenseiter erkannten sie sofort, und sie begegneten ihm uneigennützig und hilfsbereit. Statt sich auf ihn zu stürzen, hatten sie ihn bei sich aufgenommen. Sind nicht diejenigen, die am Boden sind, viel eher bereit, das wenige, das sie haben, zu teilen, als die Millionäre in ihren gut gesicherten Häusern auf der anderen Seite der Stadt? Das war es, was Arkadin durch den Kopf ging, als er das Wasser entgegennahm und ihnen dafür ein Bündel Rupien gab. Wenig später fühlte er sich stark genug, das Krankenhaus anzurufen. Dann riss er sich den Ärmel seines Hemdes herunter und wickelte ihn um sein Bein, um die Blutung im Oberschenkel zu stillen. Er sah eine Schar Jungen, die entweder von zu Hause weggelaufen waren oder deren Eltern in einem der vielen religiös motivierten Gewaltausbrüche ums Leben gekommen waren. Sie sahen ihn an, als wäre er der Held aus irgendeinem Computerspiel und nicht ein realer Mensch. Sie hatten Angst vor ihm, doch sie fühlten sich gleichzeitig zu ihm hingezogen. Er winkte ihnen zu, und sie setzten sich in Bewegung, so als wäre jeder Einzelne ein Bein eines riesigen Insekts. Sie hatten das Motorrad des Russen in ihrer Mitte, als wollten sie es schützen.

»Ich nehme euch das Motorrad nicht weg«, sagte er auf Hindi. »Helft mir auf die Straße hinaus.«

Er hörte das Heulen einer Sirene, als er mit der Unterstützung der Jungen aus der Grube hinkte und von Sanitätern empfangen wurde, die ihn in den Krankenwagen legten. Einer überprüfte seinen Puls, während sich der andere die Wunde ansah.

Zehn Minuten später wurde er auf einer Rollbahre in die Notaufnahme geschoben und auf ein Bett gelegt. Als er wie aus einem hohen Fieber erwachte, sah er Leute um sich herum kommen und gehen. Er bekam eine Betäubungsspritze, dann kam ein Chirurg herein und wusch sich die Hände mit einem Desinfektionsgel aus einem Spender. Der Arzt streifte Handschuhe über und begann die Wunde zu reinigen, zu desinfizieren und schließlich zu nähen.

Währenddessen hatte Arkadin Gelegenheit, über den Angriff nachzudenken. Er wusste, dass Dimitri Iljitsch Maslow dahintersteckte. Maslow war das Oberhaupt der Kazanskaja, einer mächtigen Moskauer Mafiaorganisation. Arkadin hatte selbst einst für Maslow gearbeitet. Dass er ihm nun das illegale Waffengeschäft weggeschnappt hatte, traf Maslow umso härter, als der Kreml der Mafia den Kampf angesagt hatte. Nach und nach wurde den Mafiaclans die Machtbasis entzogen, die sie sich seit den Zeiten von Glasnost aufgebaut hatten. Doch Maslow hatte bewiesen, dass er sich von den anderen Mafiabossen abhob, die ihre Macht einbüßten oder schon im Gefängnis saßen. Maslow machte auch in diesen schwierigen Zeiten gute Geschäfte, weil er über den nötigen politischen Einfluss verfügte, um sich die Behörden vom Leib zu halten. Es war lebensgefährlich, ihn zum Feind zu haben.

Ja, dachte Arkadin, während der Chirurg den Faden abschnitt, diesen Angriff hat Maslow angeordnet, aber geplant hat er ihn nicht. Maslow hatte alle Hände voll damit zu tun, sich der politischen Feinde zu erwehren, die ihm auf den Pelz rückten; außerdem war es lange her, dass er seine Operationen selbst angeführt hatte. Wem aber, fragte sich Arkadin, hatte er diese Aufgabe übertragen?

Im nächsten Augenblick bekam er wie durch eine göttliche Fügung die Antwort auf seine Frage, denn im Hintergrund der Notaufnahme stand – unbemerkt oder unbeachtet vom Krankenhauspersonal und den stöhnenden Patienten – Wjatscheslaw Germanowitsch Oserow, Maslows neuer Stellvertreter. Er und Oserow hatten eine gemeinsame Vergangenheit, die bis in die Zeit zurückreichte, als Arkadin noch in seiner Heimatstadt Nischni Tagil gelebt hatte; die beiden Männer hassten sich von ganzem Herzen. Ihre letzte Begegnung im Hochland von Aserbaidschan war ihm noch sehr lebhaft in Erinnerung; Arkadin hatte dort eine Kampftruppe für Maslow ausgebildet, während er insgeheim seine eigenen Ziele verfolgte. Er hatte Oserow niedergeschlagen, und das nicht zum ersten Mal; schon bei ihrer ersten Begegnung hatte er den Mann halb totgeprügelt, nachdem Oserow eine Serie von blutigen Verbrechen in Arkadins Heimatstadt begangen hatte. Natürlich war Oserow der ideale Mann für diese Operation, und es bestand kein Zweifel, dass er, Arkadin, im Zuge der Operation sterben sollte, egal ob Maslow das angeordnet hatte oder nicht.

Oserow stand mit verschränkten Armen im Halbdunkel und blickte scheinbar teilnahmslos vor sich hin, während er in Wahrheit Arkadin nicht aus den Augen ließ, so wie ein Habicht seine Beute im Auge behält. Sein Gesicht war voller Narben – die sichtbaren Spuren von Morden und blutigen Kämpfen, in denen er nur knapp dem Tod entronnen war. Seine dünnen Lippen waren zu einem hasserfüllten, höhnischen Lächeln verzogen.

Arkadin war durch seine Hose behindert; sie hatten sie ihm bis zu den Fußknöcheln heruntergezogen, sich aber nicht die Mühe gemacht, sie ganz auszuziehen. Er spürte keine Schmerzen im Oberschenkel, doch er wusste nicht, inwieweit ihn die Betäubung beim Laufen behindern würde.

»Das wär’s dann«, sagte der Chirurg. »Achten Sie darauf, dass die Wunde mindestens eine Woche trocken bleibt. Ich verschreibe Ihnen ein Antibiotikum und ein Schmerzmittel. Sie bekommen die Medikamente gleich hier in der Apotheke. Sie haben noch einmal Glück gehabt  – die Wunde hat einen glatten, sauberen Rand, und Sie sind hergekommen, bevor sie sich infizieren konnte.« Der Chirurg lachte und fügte hinzu: »Aber bitte in der nächsten Zeit keine Marathons.«

Eine Schwester legte ihm einen Verband an, den sie mit Klebeband fixierte.

»Sie werden noch ungefähr eine Stunde nichts spüren«, sagte sie. »Bis dahin sollten Sie beide Medikamente einnehmen.«

Oserow trat von der Wand weg. Er sah Arkadin immer noch nicht direkt an, doch er hatte seine rechte Hand in der Hosentasche vergraben. Arkadin hatte keine Ahnung, was für eine Waffe er bei sich trug, aber er würde nicht warten, bis er es erfuhr.

Er bat die Schwester, ihm zu helfen, die Hose anzuziehen. Als er den Gürtel zuschnallte und sich aufsetzte, wandte sich die Schwester zum Gehen. Oserow spannte sich sichtlich an. Als Arkadin vom Bett aufstand, flüsterte er der Schwester ins Ohr: »Ich bin Polizist. Der Mann da drüben wurde von Verbrechern geschickt, um mich zu töten.« Als sich die Augen der Schwester weiteten, fügte er hinzu: »Tun Sie einfach, was ich Ihnen sage, dann wird alles gut gehen.«

Arkadin achtete darauf, dass die Frau zwischen ihm und Oserow war, und wandte sich nach rechts. Oserow folgte ihm.

»So gehen Sie vom Ausgang weg«, flüsterte ihm die Krankenschwester zu.

Arkadin ging weiter zu der Säule mit dem Spender, wo sich der Chirurg die Hände desinfiziert hatte. Er spürte, dass die Schwester immer nervöser wurde.

»Bitte«, flüsterte sie, »lassen Sie mich den Sicherheitsdienst rufen.«

Sie standen bei der Säule. »Gut«, sagte er und gab ihr einen so kräftigen Stoß, dass sie gegen einen Notfallwagen und gegen eine andere Schwester und einen Arzt taumelte. Während Oserow, ein scharfes Stilett in der Hand, in der allgemeinen Verwirrung auf ihn zukam, tauchte ein Sicherheitsmann auf. Arkadin packte den Spender mit dem Desinfektionsmittel und riss ihn aus der Halterung. Er knallte ihn dem Sicherheitsmann gegen den Kopf, und der Mann ging sofort zu Boden. Arkadin klemmte sich den Spender unter den Arm, sprang über den bewusstlosen Wächter und eilte auf den Gang hinaus.

Oserow blieb ihm auf den Fersen und kam rasch näher. Arkadin bemerkte, dass er unbewusst langsamer geworden war, wohl aus Sorge, dass die Wunde wieder aufreißen könnte. Er schüttelte den Kopf über sich selbst, drängte sich an zwei erschrockenen Assistenzärztinnen vorbei und rannte los. Der Gang vor ihm war leer, er kramte in der Hosentasche nach seinem Feuerzeug und knipste es an. Dann pumpte er etwas Desinfektionsmittel aus dem Spender. Er hörte Oserows Schuhe hinter sich auf den Boden knallen und konnte fast spüren, wie der Mann schneller atmete.

In einer fließenden Bewegung drehte er sich um, zündete das leicht entflammbare Desinfektionsmittel an und warf den Spender seinem Verfolger entgegen. Dann drehte er sich um und rannte los, doch die Explosion erwischte ihn trotzdem und schleuderte ihn weiter durch den Gang.

Der Feuermelder gab Alarm und heulte über dem Gewirr von aufgeregten Stimmen, Schreien und schnellen Schritten. Er lief weiter, doch als er um eine Ecke bog, verlangsamte er seine Schritte. Zwei Sicherheitsmänner und ein paar ältere Ärzte, die ihm entgegenkamen, rannten ihn beinahe um. Warmes Blut rann an seinem Bein hinunter. Alles, was er sah, war kristallklar, messerscharf, schillernd und voller Leben. Er hielt einer Frau im Rollstuhl, die ihr Baby im Arm hielt, die Tür auf. Sie bedankte sich, und er lachte so schallend, dass sie auch lachen musste. In diesem Augenblick kam ein Trupp Polizisten mit grimmigen Gesichtern von der Straße herüber. Sie stürmten durch die Tür, die er aufhielt, und an ihm vorbei.

ERSTES BUCH

EINS

»Ja«, sagte Suparwita, »das ist der Ring, den Holly Marie Moreau von ihrem Vater bekommen hat.«

»Dieser Ring?« Jason Bourne hielt ihn hoch – es war ein einfacher Goldring mit einer Gravur an der Innenseite. »Ich kann mich nicht daran erinnern.«

»Du kannst dich an vieles aus deiner Vergangenheit nicht erinnern«, sagte Suparwita, »auch nicht an Holly Marie Moreau.«

Bourne und Suparwita saßen mit überkreuzten Beinen auf dem Fußboden im Haus des balinesischen Schamanen tief im Dschungel von Karangasem im Südosten von Bali. Bourne war auf die Insel zurückgekehrt, um Noah Perlis zu finden, jenen Angehörigen einer privaten Sicherheitsfirma, der Holly vor Jahren ermordet hatte. Er hatte Perlis den Ring abgenommen, nachdem er ihn nur wenige Kilometer von hier getötet hatte.

»Holly Maries Eltern kamen aus Marokko hierher, als sie fünf war«, erzählte Suparwita. »Sie sahen aus, als wären sie auf der Flucht.«

»Wovor sind sie denn geflüchtet?«

»Das ist schwer zu sagen. Wenn die Geschichten, die ich gehört habe, stimmen, dann wurden sie aus religiösen Gründen verfolgt.« Suparwita war ein Mangku, ein Priester, Schamane und einiges mehr, was sich in westlichen Begriffen nicht ausdrücken ließ. »Sie haben Schutz gesucht.«

»Schutz?«, fragte Bourne stirnrunzelnd. »Wovor?«

Suparwita war ein gut aussehender Mann von unbestimmtem Alter. Seine Haut hatte einen haselnussbraunen Farbton, sein Lächeln war breit und strahlend. Er war für einen Balinesen groß und kräftig gebaut und strahlte eine Art übernatürliche Macht aus, die Bourne faszinierte. Sein Haus war von einem üppigen Garten und hohen Mauern umgeben und lag im tiefen Schatten, sodass es drinnen auch jetzt um die Mittagszeit angenehm kühl war. Der Fußboden war aus gestampftem Lehm und mit einem Sisalteppich bedeckt. Hier und dort standen Töpfe mit irgendwelchen Kräutern, Schüsseln mit fremdartigen Wurzeln und getrocknete Blumen, die fächerförmig gepresst waren. Die Schatten in den Winkeln waren ständig in Bewegung, wie fließendes Wasser.

»Vor Hollys Onkel«, sagte Suparwita. »Von ihm haben sie den Ring genommen.«

»Hat er gewusst, dass sie ihn gestohlen haben?«

»Er dachte, er hätte ihn verloren.« Suparwita legte den Kopf auf die Seite. »Da sind Männer draußen.«

Bourne nickte. »Um die kümmern wir uns gleich.«

»Bist du nicht besorgt, dass sie hereinplatzen könnten, mit gezogenen Waffen?«

»Sie werden nichts tun, bis ich rauskomme; sie wollen mich, nicht dich.« Bourne strich mit dem Zeigefinger über den Ring. »Erzähl weiter.«

Suparwita neigte den Kopf. »Sie haben sich vor Hollys Onkel versteckt. Er hatte geschworen, Holly zum Familiensitz im Atlasgebirge zurückzubringen.«

»Sie sind Berber. Natürlich, Moreau ist ja mit den Wörtern ›Maure‹ und ›Mohr‹ verwandt«, sinnierte Bourne. »Warum wollte Hollys Onkel sie nach Marokko zurückholen?«

Suparwita sah Bourne lange an. »Ich glaube, du hast es einmal gewusst«, sagte er schließlich.

»Noah Perlis hatte den Ring als Letzter, also muss er Holly ermordet haben, um ihn zu bekommen. Warum hat er ihn gewollt? Wie kann ein einfacher Ehering so wichtig sein?«

»Das«, sagte Suparwita, »ist ein Teil der Geschichte, die du herausfinden wolltest.«

»Das ist schon einige Zeit her. Jetzt wüsste ich nicht mehr, wo ich anfangen soll.«

»Perlis hatte Wohnungen in vielen Städten, aber sein Hauptwohnsitz war in London. Und dort war auch Holly oft, bevor sie nach Bali zurückkehrte. Perlis muss ihr hierher gefolgt sein, um sie zu töten und ihr den Ring abzunehmen.«

»Woher weißt du das alles?«, fragte Bourne.

Suparwita sah ihn mit seinem strahlenden Lächeln an. In diesem Moment sah er aus wie der Geist, der von Aladin gerufen wurde. »Ich weiß es«, erklärte er, »weil du es mir erzählt hast.«

Soraya Moore sah, kaum dass sie die CI-Zentrale in Washington betreten hatte, die Unterschiede zwischen der alten Central Intelligence unter der gestorbenen Veronica Hart und der neuen CI unter M. Errol Danziger. Das Erste, was ihr auffiel, war, dass die Sicherheitsvorkehrungen dermaßen verstärkt worden waren, dass man das Gefühl hatte, in eine mittelalterliche Festung einzudringen, wenn man die verschiedenen Checkpoints passierte. Das Zweite war, dass sie keinen einzigen Angehörigen des Sicherheitsteams kannte. Jedes Gesicht hatte diesen harten, starren Blick, den man nur bei den US-Streitkräften bekommt. Sie war im Grunde nicht einmal überrascht. Schließlich war Danziger, bevor er zum DCI, zum Direktor der Central Intelligence, ernannt wurde, Abteilungsleiter für Funkaufklärung bei der NSA, der National Security Agency, gewesen. Er hatte eine lange Laufbahn bei den Streitkräften und dann im Verteidigungsministerium hinter sich. Außerdem stand er im Ruf, ein beinharter Hund zu sein. Was sie jedoch überraschte und auch erschreckte, war das Tempo, in dem der neue DCI seine eigenen Leute in der CI platzierte.

Seit den Zeiten ihres Vorläufers aus dem Zweiten Weltkrieg, des Office of Strategic Services, war die Agency stets unabhängig gewesen. Nie gab es irgendeinen Einfluss durch das Pentagon oder seinen Geheimdienst, die NSA. Nun aber hatte Verteidigungsminister Bud Halliday sein Ziel erreicht, die CI in seinen Machtbereich einzugliedern und mit der NSA zu verschmelzen  – denn er war es, der dem neuen Direktor M. Errol Danziger vorgab, was er zu tun hatte.

Soraya, die ihrerseits Leiterin von Typhon war, einer vorwiegend mit Muslimen besetzten CI-Sonderabteilung zur Terrorbekämpfung, überlegte nun, welche Änderungen Danziger in den Wochen, die sie in Kairo verbracht hatte, vorgenommen haben mochte. Sie war froh, dass Typhon weitgehend unabhängig operierte. Sie war direkt dem DCI unterstellt, ohne irgendeinem der Abteilungsleiter Rechenschaft über ihre Aktivitäten geben zu müssen. Sie war zur Hälfte Araberin und kannte ihre Leute gut, weil sie sie zum größten Teil selbst ausgesucht hatte. Sie würden mit ihr durch die Hölle gehen, wenn es sein musste. Aber was war mit den Freunden und Kollegen innerhalb der CI selbst? Würden sie bleiben oder gehen?

Sie stieg im Stockwerk, in dem der DCI sein Büro hatte, aus dem Aufzug und trat in den Flur, der in ein gespenstisches grünes Licht getaucht war, das durch kugel- und bombensichere Fenster hereinströmte. Direkt vor sich sah sie einen Schreibtisch, hinter dem ein dünner junger Mann mit stahlharten Augen und Bürstenschnitt saß und einen Stapel Papiere durchsah. Auf dem Namensschild auf seinem Schreibtisch stand: LT. R. SIMMONS READE.

»Guten Tag, ich bin Soraya Moore«, sagte sie. »Ich habe einen Termin beim DCI.«

Lieutenant R. Simmons Reade blickte auf und sah sie mit einem neutralen Blick an, der jedoch etwas leicht Spöttisches zu haben schien. Er trug einen blauen Anzug, ein gestärktes weißes Hemd und eine Krawatte mit rot-blauen Regimentsstreifen. Ohne auf seinem Computer nachzusehen, sagte er: »Sie hatten einen Termin bei Director Danziger. Das war vor fünfzehn Tagen.«

»Ja, ich weiß«, sagte sie. »Ich war im Einsatz und musste noch ein paar Dinge klären, nach der Operation in Nordiran, die …«

In dem grünlichen Licht wirkte Reades Gesicht länger und kantiger und irgendwie gefährlich, fast wie eine Waffe. »Sie haben einen ausdrücklichen Befehl von Director Danziger missachtet.«

»Der neue DCI war noch so kurz im Amt«, rechtfertigte sie sich. »Er konnte unmöglich wissen, dass …«

»Und doch weiß Director Danziger alles über Sie, was er wissen muss, Ms. Moore.«

»Was zum Teufel soll das heißen?«, erwiderte Soraya ungehalten. »Außerdem … Director Moore, wenn ich bitten darf.«

»Sie sind nicht auf dem neuesten Stand, Ms. Moore«, gab Reade in nüchternem Ton zurück. »Sie sind nicht mehr in der CI.«

»Was? Sie machen Witze. Ich kann doch nicht …« Soraya hatte das Gefühl, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. »Ich will sofort den DCI sprechen!«

Reades Gesicht wurde noch härter. »Sie sind mit sofortiger Wirkung Ihrer Befugnisse enthoben. Bitte geben Sie Ihren Dienstausweis, Ihre Firmenkreditkarten und Ihr Mobiltelefon ab.«

Soraya beugte sich vor, die Fäuste auf den glatten Schreibtisch gestützt. »Wer zum Teufel sind Sie, dass Sie mir sagen, was ich tun soll?«

»Ich bin die Stimme von Director Danziger.«

»Ich glaube Ihnen kein Wort.«

»Ihre Karten sind gesperrt. Es gibt für Sie nur einen Weg: hinaus.«

Sie richtete sich wieder auf. »Sagen Sie dem DCI, ich bin in meinem Büro, wenn er irgendwann Zeit hat, mit mir zu reden.«

R. Simmons Reade griff neben seinen Schreibtisch hinunter, hob einen kleinen offenen Karton auf und hielt ihn ihr hin. Soraya sah hinein und hielt den Atem an. Da drinnen lagen, fein säuberlich geschichtet, alle persönlichen Dinge, die sie in ihrem Büro gehabt hatte.

»Ich kann nur das wiederholen, was du selbst mir gesagt hast.« Suparwita stand auf, und Bourne ebenso.

»Dann war ich also damals schon beunruhigt wegen Noah Perlis.« Es war keine Frage, und der balinesische Schamane fasste es auch nicht so auf. »Aber warum? Und was hatte er mit Holly Marie Moreau zu tun?«

»Wie immer es gewesen sein mag«, antwortete Suparwita, »es sieht jedenfalls so aus, als wären sie sich in London begegnet.«

»Und was ist mit der seltsamen Inschrift an der Innenseite des Rings?«

»Du hast sie mir schon einmal gezeigt, weil du hofftest, ich könnte dir helfen. Aber ich habe keine Ahnung, was sie bedeutet.«

»Es ist irgendeine alte Sprache«, sagte Bourne, während er sich immer noch das Hirn zermarterte, um irgendetwas aus seinem eingeschränkten Erinnerungsvermögen hervorzuholen.

Suparwita machte einen Schritt auf ihn zu. »Du musst wissen«, sagte er fast im Flüsterton und doch mit durchdringender Stimme, »du bist im Dezember zur Welt gekommen, das ist Sivas Monat.« Er sprach den Namen des Gottes Shiva so aus, wie alle Balinesen es taten. »Außerdem wurdest du an Sivas Tag geboren – dem letzten Tag des Monats, der gleichzeitig Ende und Anfang ist. Verstehst du, was ich meine? Es ist dir bestimmt, zu sterben und wiedergeboren zu werden.«

»Das ist mir schon vor ein paar Monaten passiert, als Arkadin auf mich geschossen hat.«

Suparwita nickte ernst. »Hätte ich dir nicht vorher einen Tee der Auferstehungslilie zu trinken gegeben, dann wärst du wahrscheinlich an den Verletzungen gestorben.«

»Du hast mich gerettet«, stimmte Bourne zu. »Warum?«

Suparwita sah ihn wieder mit seinem strahlenden Lächeln an. »Wir sind miteinander verbunden, du und ich.« Er zuckte mit den Schultern. »Wer kann schon sagen, wie oder warum?«

Bourne wusste, dass draußen vor dem Haus ein Problem auf ihn wartete, dem er sich widmen musste. »Es sind zwei Männer draußen. Ich habe mich vergewissert, bevor ich hereinkam.«

»Und doch hast du sie hierher geführt?«

Jetzt war es an Bourne zu lächeln. »Das gehört alles zum Plan, mein Freund«, sagte er mit leiser Stimme.

Suparwita hob eine Hand. »Bevor du deinen Plan ausführst, gibt es noch etwas, das du wissen musst.«

Er schwieg eine Weile, sodass Bourne sich schon fragte, was er auf dem Herzen haben mochte. Er kannte den Schamanen gut genug, um zu wissen, wann er etwas Ernstes zu sagen hatte. Diesen Gesichtsausdruck hatte er auch an ihm gesehen, als Suparwita ihm vor einigen Monaten hier in diesem Raum den Tee der Auferstehungslilie zu trinken gegeben hatte.

»Hör zu«, sagte der Schamane ungewöhnlich ernst. »Bevor ein Jahr vergangen ist, wirst du sterben – du musst sterben, um die zu retten, die du liebst und die dir etwas bedeuten.«

Trotz der mentalen Disziplin, die er sich antrainiert hatte, spürte Bourne, wie ein kalter Hauch durch ihn hindurchging. Es war eine Sache, sich immer wieder in Gefahr zu begeben und den Tod zu überlisten, oft nur um Haaresbreite – aber etwas ganz anderes war es, wenn einem klipp und klar gesagt wurde, dass man nicht einmal mehr ein Jahr zu leben hatte. Sicher, er hätte darüber lachen können – schließlich kam er aus der westlichen Welt, und es gab so viele Glaubensrichtungen, dass man vieles davon ganz einfach nicht ernst nehmen musste. Und dennoch – wenn er in Suparwitas Augen sah, dann erkannte er die Wahrheit darin. Wie schon früher hatte Suparwita mit seinen außerordentlichen Fähigkeiten die Zukunft vorhergesagt, oder zumindest Bournes Zukunft. Wir sind miteinander verbunden, du und ich. Er hatte Bourne zuvor das Leben gerettet, es wäre dumm gewesen, jetzt an ihm zu zweifeln.

»Weißt du auch, wie, oder wann?«

Suparwita schüttelte den Kopf. »So funktioniert es nicht. Meine kurzen Blicke in die Zukunft sind wie Wachträume, in denen ich die Vorzeichen sehe, aber keine Bilder, keine Details, nichts Deutliches.«

»Du hast mir einmal gesagt, dass Siva auf mich aufpassen würde.«

»Das stimmt.« Das Lächeln kehrte in Suparwitas Gesicht zurück, und er führte Bourne in ein anderes Zimmer, das dunkel war und vom Duft der Frangipani-Räucherstäbchen erfüllt. »Und die nächsten Stunden werden wieder einmal beweisen, wie er dir hilft.«

Valerie Zapolsky, Rory Dolls Assistentin, überbrachte DCI M. Errol Danziger die Nachricht persönlich, weil, wie sie sagte, ihr Chef die Mitteilung nicht dem Computersystem anvertrauen wollte, auch wenn das System der CI gegen Hacker besonders gut abgesichert war.

»Warum ist Doll nicht selbst gekommen?«, fragte Danziger stirnrunzelnd, ohne aufzublicken.

»Der Leiter der Operationsabteilung ist anderweitig beschäftigt«, antwortete die kleine dunkelhaarige Frau. »Vorübergehend.«

Verärgert, weil Doll seine Assistentin geschickt hatte, warf Danziger einen Blick auf den Bericht, den sie mitgebracht hatte. »Jason Bourne lebt? Was zum Teufel …!« Er sprang auf, als würde er auf einem elektrischen Stuhl sitzen. Während er den Bericht überflog, der nur sehr kurz war und keine nennenswerten Details enthielt, rötete sich sein Gesicht zusehends. Sein Kopf zitterte richtig.

Dann machte Valerie den schweren Fehler, hilfsbereit sein zu wollen. »Director, kann ich irgendetwas tun?«, fragte sie.

»Tun, tun?« Er blickte auf, als würde er aus einer tiefen Benommenheit auftauchen. »Sicher können Sie was tun: Sagen Sie mir sofort, dass das ein schlechter Witz von Rory Doll ist. Wenn nämlich nicht, dann sind Sie auf der Stelle gefeuert.«

»Das wäre alles, Val«, sagte Rory Doll, der hinter ihr in der Tür erschien. »Gehen Sie ins Büro zurück«, fügte er nicht ohne schlechtes Gewissen hinzu, weil er sie ins Feuer geschickt hatte.

»Verdammt«, sagte Danziger. »Ich schwöre Ihnen, ich werde sie feuern.«

Doll schlenderte ins Büro und blieb vor Danzigers Schreibtisch stehen. »Wenn Sie das tun, dann haben Sie Stu Gold am Hals.«

»Gold? Wer zum Teufel ist Stu Gold, und was geht mich der Typ an?«

»Er ist der Anwalt der CI.«

»Dann feuere ich ihn auch.«

»Unmöglich, Sir. Seine Firma hat einen hieb- und stichfesten Vertrag mit der CI.«

Die Hand des DCI durchschnitt die Luft mit einer energischen Geste. »Glauben Sie, ich finde keinen Grund, um sie völlig rechtmäßig zu feuern?« Er schnippte mit den Fingern. »Wie heißt sie doch gleich?«

»Zapolsky. Valerie A. Zapolsky.«

»Genau – was ist das für ein Name, ein russischer? Ich will, dass sie auf Herz und Nieren überprüft wird, bis hin zur Marke des Zehennagellacks, den sie benutzt, verstanden?«

Doll nickte diplomatisch, doch seine blauen Augen funkelten. »Absolut, Sir.«

»Und gnade Ihnen Gott, wenn an dem Bericht hier auch nur eine Kleinigkeit nicht stimmt.«

Seit Peter Marks die CI verlassen hatte, war der DCI ausgesprochen schlecht gelaunt. Es war noch kein neuer Leiter der Operationsabteilung ernannt worden. Marks war Dolls Chef gewesen, und Doll wusste, dass er gute Chancen hatte, Marks’ Posten einzunehmen, wenn er seine Loyalität gegenüber Danziger unter Beweis stellen konnte. Er knirschte mit den Zähnen in stillem Zorn und wechselte das Thema. »Wir müssen über diese neue Information reden.«

»Das ist kein Foto aus irgendeiner Akte? Das Ganze ist nicht vielleicht ein Scherz?«

»Ich wünschte, es wäre so«, antwortete Doll kopfschüttelnd. »Nein, Sir. Jason Bourne wurde am Flughafen Denpasar fotografiert, auf Bali, Indonesien …«

»Verdammt, Doll, ich weiß, wo Bali liegt.«

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel The Bourne Objective bei Grand Central Publishing, New York

Copyright © 2010 by Myn Pyn, LLC Copyright © 2012 der deutschen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH Published by arrangement with The Estate of Robert Ludlum and Eric van Lustbader c/o BAROR INTERNATIONAL, INC., Armonk, New York, U.S.A. Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

eISBN 978-3-641-09373-0

www.heyne.de

www.randomhouse.de

Leseprobe