Das JFK Rätsel - Volker Jochim - E-Book

Das JFK Rätsel E-Book

Volker Jochim

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Beschreibung

Kurz vor dem vierzigsten Jahrestag des Attentats auf John F. Kennedy beschäftigt sich der investigative Journalist Mark Phillips mit den zahlreichen Verschwörungstheorien, die es zu dieser Tat gibt. Dabei fallen ihm zahlreiche Ungereimtheiten in den alten Ermittlungsakten und dem Ergebnis der Untersuchungskommission auf. Als er der Sache nachgeht, stößt er tatsächlich auf schlampige Ermittlungsarbeit, unterschlagene Beweise und einen neuen Aspekt, der offenbar Auslöser der Verschwörung zur Ermordung des 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten war. Doch die Verschwörer existieren immer noch und wollen seine Recherchen mit allen Mitteln verhindern.

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Wenn jemand wirklich den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika erschießen wollte, wäre das keine schwierige Arbeit: Man müsste nur eines Tages mit einem Gewehr mit Zielfernrohr auf ein hohes Gebäude hinauf, niemand könnte etwas gegen einen solchen Anschlag unternehmen.

John F. Kennedy zu Kenneth O’Donnell

© 2022 Volker Jochim

Umschlag, Illustration: trediton

Verlag und Druck: tredition GmbH,

Halenreie 42, 22359 Hamburg

1. Auflage

ISBN

Paperback

978-3-347-57241-6

Hardcover

978-3-347-57535-6

e-Book

978-3-347-57243-0

Printed in Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Volker Jochim

DasJFK Rätsel

Wer erschoss den Präsidenten?

Roman

Inhalt

1 Dallas

2 Das Attentat

3 Die Waffe

4 Der Tatort

5 Die Zeugen

6 Die Fahndung

7 Eine Verschwörung

8 Das Bauernopfer

9 Die Autopsie

10 Die Warnung

11 Der Zapruder Film

12 Oswald

13 New Orleans

14 Der Warren Report

15 Der tiefe Staat

16 Epilog

1

Dallas

Mark Phillips saß gelangweilt an seinem Schreibtisch. Ein ereignisreiches Jahr neigte sich dem Ende zu. Seine Artikelserie über die UFO Geheimakten hatte zwar für Aufsehen gesorgt und einige Senatoren hatten die Offenlegung aller Akten gefordert, aber der erhoffte Erfolg blieb aus, da andere Ereignisse alles überlagerten und die Regierung dies nutzte, um die Sache erst einmal ad acta zu legen.

Anfang Februar zerbrach die Raumfähre Columbia nach Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und alle sieben Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben.

Ende März hatte die Regierung endlich ihren dritten Golfkrieg, den der Präsident mit einer vier Minuten kurzen Rede seinem Volk verkündete.

Und vor vier Wochen wurde ein ehemaliger Bodybuilder zum Gouverneur von Kalifornien gewählt.

Hasta la Vista, Baby!

„Was ist nur aus diesem Land geworden?“, dachte er betrübt und durchforstete mehr beiläufig das

Internet nach Neuigkeiten.

Eine Mitteilung weckte dann doch sein Interesse. In drei Wochen jährte sich das Attentat auf John F. Kennedy, den 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, zum vierzigsten Mal.

Er war damals noch viel zu jung um etwas davon mitzubekommen, aber später hatte er einiges darüber gehört. Eben auch, dass es berechtigte Zweifel an der offiziellen Version der Ereignisse gab.

Das wäre doch wieder etwas nach seiner Kragenweite. Er warf den Bleistift auf den Schreibtisch und machte sich auf den Weg ins Archiv. Es war besser gut vorbereitet zu sein, bevor er mit dem Chefredakteur über sein Vorhaben sprach.

Glücklicherweise war dieser Jahrgang schon digitalisiert. So blieb es ihm erspart in den verstaubten Folianten zu wühlen.

Er war so in diese Geschichte vertieft, dass er völlig die Zeit vergaß. Erst als sein Rücken schmerzte und sein Magen anfing zu knurren, sah auf die Uhr. Über drei Stunden hatte er hier nun schon zugebracht und hatte immer noch das Gefühl am Anfang zu stehen.

Die Berichte und Fotos, die er glaubte zu benötigen, druckte er sich aus und ging zurück ins Redaktionsbüro. Dort verstaute er alles in seiner Tasche,

zog seinen Mantel an und verließ das Gebäude.

Unterwegs besorgte er sich schnell eine Pizza und fuhr nach Hause.

***

Während er seine Pizza vertilgte, sortierte er die Unterlagen und begann sich Notizen zu machen.

In diesem Fall wollte er gleich chronologisch vorgehen um sich nicht am Anfang schon zu verzetteln.

Wie konnte es überhaupt dazu kommen? In der langen Geschichte der Vereinigten Staaten war Kennedy nach Lincoln, Garfield und McKinley der vierte Präsident, der bei einem Attentat ums Leben kam. Die ersten drei Anschläge lagen aber schon sehr lange zurück. Der letzte über sechs Jahrzehnte vor Kennedy. Was war also geschehen und warum?

Zuerst war es wohl ratsam sich mit dem Grund des Präsidentenbesuchs in Dallas und dem Ablauf zu beschäftigen.

Der eine Grund war relativ einfach. 1964 waren Präsidentschaftswahlen und Kennedy wollte sich zur Wiederwahl stellen. Dazu benötigte er unbedingt die Stimmen aus Texas, wo ihm zumindest ein Großteil der Bevölkerung sehr skeptisch gegenüber stand. Zu- dem war auch noch seine Partei, die Demokraten, in Texas zerstritten. Und das, obwohl sein Vizepräsident Lyndon B. Johnson aus Texas kam.

Darüber musste er unbedingt mehr erfahren, aber wen konnte er dazu befragen? Es war immerhin vierzig Jahre her.

Da fiel sein Blick auf den Namen über einem der Artikel. Es war ein ehemaliger Kollege, der ihn in seiner Anfangszeit unter seine Fittiche genommen hatte. Quasi sein Mentor. Der müsste alles noch hautnah erlebt haben und sich daran erinnern können. Er suchte seine Telefonnummer heraus und rief ihn an.

„Jackson…“, meldete sich eine müde Stimme nach einer Weile.

„Hallo Paul, Mark Phillips hier. Störe ich?“

„Mark? Nein, du störst nicht. War nur im Sessel eingeschlafen. Du erinnerst dich also noch an den alten Paul? Lange nichts mehr von dir gehört mein Junge. Nur deine Artikel gelesen. Hast ja doch was bei mir gelernt.“

„Danke, Paul. Tja, ich war halt viel unterwegs.“

„Und was verschafft mir nun die Ehre deines Anrufs?“

„Ich recherchiere gerade in einer Sache, die schon etwas zurück liegt…“

„…und da hast du dich an mich erinnert.“

„Ja, ich hatte auch im Archiv einige deiner Artikel herausgesucht, würde aber gerne deine persönliche

Sicht auf die Dinge hören.“

„Klingt ja spannend. Um was geht’s denn?“

„Das Attentat auf den Präsidenten vor vierzig Jahren.“

Phillips hörte ein heißeres Husten.

„Du lieber Himmel. Das war in meiner Anfangszeit bei der Post. Warum beschäftigst du dich denn überhaupt mit dem alten Kram?“

„Vielleicht wegen des Jahrestags? Vielleicht möchte ich auch nur die Wahrheit herausfinden.“

Wieder das heißere Husten.

„Die Wahrheit? Wer kennt die schon? Na gut, komm morgen Vormittag zu mir. Vielleicht kann ich dir helfen.“

„Danke Paul. Wo wohnst du denn?“

„In Lanham, 8th Street, eine kleine blaue Holzhütte. Kannst du nicht verfehlen.“

***

Die 8th Street in Lanham war eine der ruhigen Vorstadtstraßen, gesäumt von kleinen, meist aus Holz errichteten Häuschen, die teilweise bunt angestrichen waren. So wie das von Paul Jackson.

Vor der Garage stand der alte Ford Mustang, den er schon zu seiner Zeit bei der Washington Post gefahren hatte.

Phillips erschrak, als sein ehemaliger Kollege die

Tür öffnete. Er hatte ihn bestimmt seit zehn Jahren nicht mehr gesehen und nun stand ihm ein Mann gegenüber, an dem die Zeit nicht ganz spurlos vorübergegangen ist und der offenbar zu viel trank.

Er trug abgewetzte Jeans und einen Pullover, der auch schon einmal bessere Zeiten gesehen hatte. Ein eisgrauer Bart umrahmte sein eingefallenes faltiges Gesicht.

„Hallo Paul, schön dich zu sehen.“

„Hallo Mark, komm rein.“

Jackson führte ihn in ein Wohnzimmer in dem noch mehr Chaos herrschte, als in seinem eigenen Arbeitszimmer. Da fiel ihm ein, dass Paul ja eingefleischter Junggeselle war.

„Ich hab dir was mitgebracht“, meinte Phillips und reichte Paul eine Flasche Scotch, „das war doch deine Marke, oder?“

„Danke. Dass du das noch weißt. Setz dich. Ich werde mal einen Schluck probieren. Du auch?“

„Nein danke. Ist noch zu früh für mich.“

Nachdem er sich einen ordentlichen Schluck eingeschenkt hatte, ließ sich Jackson in einen verblichenen Sessel fallen.

„So, schieß los, was willst du wissen?“

„Zuerst würde ich gerne mehr über die Hintergründe dieser Wahlkampftour nach Texas wissen.“

„Ah, ich sehe du hast schon den richtigen Ansatz.“

„Inwiefern?“

„Texas war für Kennedy von Anfang an ein Problem. Bei seiner Wahl bekam er dort nur eine hauchdünne Mehrheit, obwohl er mit Johnson einen Texaner als Vize nominiert hatte.“

„Und warum war das so? Ich dachte, dass er überall sehr beliebt war.“

„Sein Problem bei seinem Wahlkampf 1960 war, dass er für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner eintrat und das kam bei den konservativen Südstaatlern nicht gut an. Und da er sich 1964 zur Wiederwahl stellen wollte, musste er im neuen Wahlkampf Texas unbedingt auf seine Seite bekommen. Zudem waren die Demokraten auch noch untereinander zerstritten. Da war auf der Seite der Konservativen Gouverneur Connally und auf der liberaleren Seite Senator Yarborough. Diesen innerparteilichen Zwist wollte er mit dieser Reise auch befrieden.“

„Ja, aber saß Connally nicht mit im Wagen und wurde auch verletzt?“

„Stimmt. Als Gouverneur musste er ja wohl mit im Wagen sitzen und wahrscheinlich war er auch ahnungslos.“

„Dann kann man diese Fraktion wohl als beteiligte ausschließen.“

„Wahrscheinlich, aber Kennedy hatte sich in seiner kurzen Amtszeit viele und auch sehr mächtige Feinde gemacht.“

„Und das wären?“

„Zuerst gab es da das Investigative Committee of free and american-mindet Citizens…“

„Was zum Teufel ist das denn?“

„Dieser Verband hat am Tag der Ankunft in Dallas eine Anzeige geschaltet, in der man Kennedy vorwarf die Monroe Doktrin verschrottet zu haben.“

„Aber diese Doktrin stammen doch aus dem frühen 19. Jahrhundert. Was hat denn Kennedy damit zu tun?“

„Das bezog sich auf dessen Verhalten in der Kubakrise. Die Säbelrassler im Pentagon hätten gerne gleich den Iwan angegriffen und Kennedy hat es elegant und diplomatisch gelöst. Wenn auch auf Messers Schneide. Das haben sie ihm nie verziehen.“

„Aber so war es doch viel besser, als die Welt in den dritten Weltkrieg zu stürzen.“

„Sicher, aber das Pentagon braucht seine Kriege. Die USA wollen im Irak einmarschieren, also werden ein paar Gebäude in die Luft gesprengt, Lügen verbreitet, der Kongress stimmt zu und los geht’s. So

einfach ist das und so läuft es.“

„Da hast du leider recht.“

„Und es gab noch mehr im Vorfeld des Besuchs. Ein anonymes Flugblatt in Form eines Steckbriefs kam an diesem Tag in Umlauf, in dem Kennedy des Hochverrats beschuldigt wurde.“

„Was für ein Blödsinn.“

„Natürlich war das Blödsinn, zeigt aber die aufgeheizte Stimmung damals. Einen Monat vorher hat ein rechtsradikaler General, Mitglied der John Birch Society, den Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen und Kennedy beschuldigt, sie würden die Souveränität der Vereinigten Staaten an die UNO übergeben, die in seinen Augen eine kommunistische Organisation war. Daraufhin wurde der Botschafter in Dallas von wütenden Demonstranten angegriffen. Du siehst, man muss nur eine kleine Lunte legen und es wird ein Flächenbrand.“

„Was ist denn die John Birch Society?“

„Das ist ein nationalistischer Verein, der antikommunistische und antiglobalistische Thesen vertritt. Benannt haben die sich nach John Birch, einem Geheimdienstler, der als Missionar getarnt in China spionierte, bis er aufflog und ermordet wurde. Viele Prominente zählen zu den Mitgliedern.“

„Aber ob das mit dem Attentat in Zusammenhang

steht, wage ich mal zu bezweifeln.“

„Keiner weiß es. Nur vier Tage vor dem Attentat musste bereits ein Autokorso durch Miami abgesagt werden, weil die Behörden Wind von einem geplanten Attentat bekommen hatten.“

„Und trotzdem wurde die Tour durch Texas nicht abgesagt?“

Jackson trank seinen Scotch aus und schenkte sich gleich noch einen ordentlichen Schluck ein, bevor er antwortete.

„Sie waren sich wohl der Gefahr bewusst, vertrauten aber andererseits darauf, dass es, seit dem der Secret Service den Personenschutz des Präsidenten übernahm, keinen tödlichen Anschlagsversuch mehr gegeben hatte.“

„Und seit wann war das?“

„Seit 1901. Nach dem McKinley ermordet worden war.“

„Wie ich gelesen habe, waren die Sicherheitsvorkehrungen in Dallas alles andere als optimal.“

„Stimmt. Soweit ich mich erinnern kann, war etwa ein Drittel der Stadtpolizei zum Schutz des Korsos abgestellt. Außerdem noch etwa vierzig Beamte der Staatspolizei und ein Dutzend Deputys aus Dallas County. Die waren aber alle entweder als Motorradeskorte dabei, oder sperrten die Straßen ab. Der

Secret Service stellte etwa zwei Dutzend Agenten ab, von denen aber nur die Hälfte den Autokorso begleiteten.“

„Und wo waren die anderen?“

„Das weiß keiner. In Tampa hatte man noch auf der ganzen Route alle Dächer gesichert, was in Dallas auch nicht der Fall war.“

„Das sieht für mich fast so aus, als hätte man es darauf angelegt.“

Jackson fing an zu lachen, was dann in das heißere Husten überging, welches Phillips schon am Telefon gehört hatte.

„Entschuldigung. Mir geht’s gerade nicht so gut. Aber ich sehe, der Jagdhund ist auf der richtigen Fährte.“

„Wenn du auch dieser Meinung bist, warum hast du dann damals nichts darüber geschrieben?“

„Das war nicht erwünscht. Die Medien waren damals alle auf Linie, wenn du weißt was ich damit meine.“

Phillips hatte verstanden.

„Kommen wir zum Ablauf. Wie war die geplante Route?“

„Die Präsidentenmaschine landete auf dem Dallas Love Field Airport. Dort stieg der Präsident mit seiner Frau, so wie Gouverneur Connally mit Frau in

einen offenen Lincoln Continental und fuhren über die Lemmon Avenue nach Süden. Dann über die Main Street zur Houston Street. Von da bogen sie in die Elm Street ein und sollten weiter zum Trade Mart fahren, wo Kennedy eine Rede halten wollte, wozu es ja dann nicht mehr kam. Den Rest kennst du.“

„Aber wieso ein offener Wagen?“

„Keine Ahnung. Autos mit kugelsicheren Dächern gab es damals auch noch nicht.“

„Hätten aber trotzdem mehr Schutz geboten.“

„Sicher. Aber angenommen Oswald hätte wirklich aus dem Fenster geschossen, dann hätte der Präsident schon einen Schutz gehabt, wenn einer oder zwei der Pappnasen vom Secret Service hinten auf der Stoßstange mitgefahren wären. Dann hätte der Schütze zuerst diese Leibwächter runterschießen müssen. In der Zwischenzeit wäre der Präsident in Sicherheit gebracht worden. Dafür gab es ja auch extra Haltevorrichtungen am Heck.“

„Das heißt, der Wagen war völlig ohne Schutz?“

„Genau. Nur der Fahrer und der Beifahrer waren vom Secret Service. Und die saßen ja dann bekanntlich weit vor dem Präsidenten.“

„Dann zweifelst du also auch an der offiziellen Version von Oswald als einzigen Schützen?“

„Jeder, der seinen Kopf nicht nur als Hutablage

hat, muss daran zweifeln. Du wirst sicher noch dahinter kommen.“

Phillips erhob sich.

„Ich danke dir. Falls ich noch Fragen habe…“

„…kannst du jederzeit kommen. Und gegen einen Scotch habe ich auch nichts einzuwenden“, grinste Jackson.

Nachdenklich fuhr Phillips nach Hause. Jetzt hatte er schon einmal eine Basis, auf der sich aufbauen ließ.

2

Das Attentat

Mark Phillips saß an seinem Schreibtisch und sichtete die Unterlagen, die er aus dem Archiv mitgenommen hatte.

Er betrachtete gerade intensiv die Fotos, die kurz vor und nach den Schüssen aufgenommen wurden.

Die Qualität war zwar nicht besonders, da es sich meist um Amateurfotos handelte, aber man konnte schon einiges erkennen.

„Wie ich sehe, glauben Sie den Schwachsinn auch nicht.“

Phillips ließ vor Schreck seine Lupe fallen. Er war so in seine Betrachtungen vertieft, dass er gar nicht mitbekommen hatte, wie Robert Wilson, sein Chefredakteur plötzlich hinter ihn getreten war.

„Chef! Sie haben mich vielleicht erschreckt.“

„Was halten Sie davon?“, fragte Wilson und deutete auf den Stapel Fotos.

„Ich hatte gerade nichts anderes zu tun und da…“

„Das habe ich nicht gefragt.“

Phillips gab sich einen Ruck. Irgendwann hätte er

ohnehin mit ihm darüber sprechen müssen und nun hatte er von sich aus angefangen.

„Soweit ich das im Moment beurteilen kann, stimmt da einiges nicht und ich habe gerade erst angefangen. Heute Vormittag war ich bei Paul Jackson. Der hat mir auch ein paar interessante Dinge erzählt.“

„Der alte Paul. Wie geht’s ihm denn? War ein klasse Journalist. Ein Bluthund, so wie Sie.“

Wow, so viel Lob von Wilson und das, obwohl er eigentlich offiziell an nichts besonderen arbeitete. Sehr ungewöhnlich.

„Ihm geht es wohl nicht so gut, glaube ich. Auf jeden Fall trinkt er zu viel.“

„Schade. Bleiben Sie dran. Passt gut zum Jahrestag. Bin gespannt was Sie ausgraben.

„Sie meinen ich kann…“

„Rede ich chinesisch? Befassen Sie sich auch ausführlich mit dem Warren Report.“

„Was ist damit?“

„Der ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde. Und bevor Sie fragen, ja, von mir aus auch Newman.“

Damit drehte Wilson sich um und verschwand. Phillips blieb sprachlos zurück. Eigentlich hatte er sich auf das übliche Donnerwetter gefasst gemacht

und nun bekam er einfach so den Segen des Chefs? Und dass er ungefragt auch noch die Mitarbeit seines Freundes Ron Newman genehmigte ließ vermuten, dass Wilson selbst großes Interesse an der Sache hatte. Später würde er mit Ron darüber sprechen. Im Moment jedoch musste er sich erst einmal in die Materie einarbeiten.

Beim Betrachten der Fotos waren ihm einige Dinge aufgefallen.

So zum Beispiel die Sitzanordnung in der Limousine. Fahrer und Beifahrer, die laut Pauls Aussage zum Secret Service gehörten, saßen natürlich ganz vorne und waren durch eine Scheibe, oder einen Bügel, so genau konnte er das nicht erkennen, von der mittleren Sitzreihe abgetrennt, auf der rechts Gouverneur Connally und links dessen Frau saßen. Hinten saßen der Präsident auf der rechten Seite hinter Connally und seine Frau auf der linken Seite hinter Mrs. Connally.

Sonst war kein Personenschützer in unmittelbarer Nähe zu sehen.

Nachdem der erste Schuss gefallen sein musste sah man, dass die beiden Geheimdienstler sich nach vorne duckten. Wenn man davon ausgeht, dass Kennedy wie es hieß von mindestens zwei Kugeln getroffen wurde, haben die beiden durch ihr Verhal-

ten, was ja auch eine Verlangsamung des Wagens zur Folge hatte, einen gezielten zweiten Schuss erst ermöglicht.

Noch etwas war merkwürdig. Wenn Oswald der einzige Schütze war, dann mussten ja zwangsläufig beide Schüsse von hinten getroffen haben. Nach dem ersten Schuss griff der Präsident sich an den Hals und sein Kopf kippte leicht nach vorne, aber nach dem zweiten Treffer fiel er nach links hinten. Wie sollte das möglich sein?

Das musste er mit Ron besprechen. Der kannte sich mit Waffen besser aus als er.

Bis dahin wollte er sich den ganzen Ablauf des Geschehens noch einmal verinnerlichen.