Der Krieg im Argonnerwald - Bernhard Kellermann - E-Book

Der Krieg im Argonnerwald E-Book

Bernhard Kellermann

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Beschreibung

Der Argonnerwald – ein Ort, an dem der Erste Weltkrieg seine grausamste Form annahm. Bernhard Kellermann schildert in seiner 1916 erschienenen Schrift einen Krieg, der sich tief in den Waldboden frisst: ein endloses Ringen im Schlamm, Mann gegen Mann, in einem Gelände, das wie geschaffen scheint, um Menschen zu vernichten. Seine Beschreibungen sind drastisch, eindrücklich – und zugleich geprägt vom Geist seiner Zeit: patriotisch, getragen von Opfermythen und unerschütterlichem Glauben an den „Ruhm“ des Grabenkämpfers. Gerade dadurch ist der Text für heutige Leser so wertvoll. Er zeigt, wie zeitgenössische Kriegspropaganda funktionierte, wie der industrialisierte Krieg romantisiert wurde und welche Bilder man den Menschen an der Heimatfront vermittelte. „Der Krieg im Argonnerwald“ ist ein literarisches Dokument aus dem Inneren des Ersten Weltkriegs – fesselnd, beklemmend, erschütternd. Und ein Text, der uns zwingt zu fragen: Wie entstehen Legenden – und was verschweigen sie?

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Seitenzahl: 117

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Bernhard Kellermann

Der Krieg im Argonnerwald

ISBN 978-3-68912-615-5 (E-Book)

Erschienen im Verlag von Julius Bard, Berlin 1916

© 2025 EDITION digital®

Pekrul & Sohn GbR

Alte Dorfstraße 2 b

19065 Godern

Tel.: 03860-505 788

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.edition-digital.de

Vorwort zur Neuausgabe

Bernhard Kellermanns Schrift Der Krieg im Argonnerwald entstand 1916 – mitten im Ersten Weltkrieg, mitten in einer Zeit, in der Literatur nicht nur erzählen, sondern auch legitimieren sollte. Der Text will, wie das Geleitwort des Kronprinzen unmissverständlich formuliert, vor allem eines: den Argonnenkämpfern ein Denkmal setzen und den Durchhaltewillen an der Heimatfront stärken.

Für heutige Leserinnen und Leser ist daher entscheidend: Dieses Werk zeigt weniger den Krieg, wie er tatsächlich war, sondern den Krieg, wie er dargestellt werden sollte. Der heroische Ton, der Pathos, die Betonung von Tapferkeit, Opfermut und „heiligem Boden“ entsprechen der Logik des Kriegsjahres 1916 – und wirken aus heutiger Sicht zugleich verstörend und aufschlussreich.

Gerade in der Überhöhung des Soldatischen liegt der historische Wert des Textes. Kellermann zeigt eindrucksvoll die Brutalität des Stellungskrieges: Schlamm, Minen, Gas, ein Wald, der täglich Menschen „frisst“. Doch diese Realität wird immer wieder überlagert von einem erzählerischen Stil, der den Krieg verklärt, als Bewährungsprobe deutet und zum Teil ideologisch auflädt.

Diese Spannung macht das Buch heute bedeutsam.

Es ist eine Quelle, die uns lehrt:

wie Propaganda funktioniert,

wie Sprache ein Bild des Krieges formen kann,

wie ein industrialisiertes Massengemetzel in eine Erzählung von Heldentum verwandelt wird.

Der Text lässt uns die Mechanismen erkennen, die aus Gewalt ein Ideal, aus Leiden eine Pflicht und aus Tod Ruhm machen sollen. Gerade darum ist er heute wichtig – nicht als Vorbild, sondern als Warnung.

Wenn wir diesen Text lesen, lesen wir nicht nur über den Argonnerwald. Wir lesen über die Macht von Worten in Zeiten, in denen die Wirklichkeit zu zerstörerisch ist, um sie ungeschminkt zu zeigen. Die kritische Auseinandersetzung mit dieser Art von Literatur hilft uns, moderne Narrative von Krieg, Heldentum und Nation besser zu verstehen – und ihnen bewusst entgegenzutreten.

Meine Mutter erzählte uns Kindern immer wieder, was ihr ihre Mutter über den 1. Weltkrieg berichtet hat: „Voller Begeisterung hat sich euer Vater freiwillig gemeldet. Er hat sich von mir und den sieben Kindern (das achte Kind ist erst im Mai 1915 geboren) mit den Worten „Weihnachten bin ich wieder zu Hause“ verabschiedet. Weihnachten klappte es nicht, aber vor Silvester kam die Todesnachricht.

Gisela Pekrul

Geleitwort des Kronprinzen

Dieses Buch will zweierlei. –

Es will den heldenhaften preußischen, württembergischen und hessischen Truppen, welche seit den Septembertagen des Jahres 1914 mit unvergleichlicher Tapferkeit, Zähigkeit und Ausdauer im Argonnenwald siegreich fochten, ein Denkmal setzen für alle Zeit. Für Kind und Kindeskind. Daheim sollen sie wissen, was der Argonnenkämpfer durchlebt, welche Taten er vollbracht hat. Wie Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften furchtlos und treu in stiller, schwerer Pflichterfüllung stritten, bluteten und starben. Gleich Flandern und Arras, der Champagne, der Cote Lorraine und den Vogesen ist der Argonnenwald heiliger Boden. Geheiligt durch viel edles, deutsches Blut. Schwere Opfer mussten auf diesen blutgetränkten Gefilden der Westfront gebracht werden. Und doch, die Kämpfe im Argonnenwald haben etwas Besonderes für sich. Tag für Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr dasselbe wütend erbitterte Ringen, Mann gegen Mann, auf nächster Entfernung mit Minen und Sprengzeug, Grabengeschütz und Maschinengewehr, Büchse, Messer und Bajonett. Anderswo standen die Truppen in häufigem Wechsel, nicht im Argonnenwald. Jedem Argonnenkämpfer gebührt ein soldatischer Ehrentitel. Und so soll zum andern für alle, die sich seiner nach glücklicher Heimkehr freuen dürfen, diese kleine Schrift ein Erinnerungsblatt sein, das auch bestimmt ist für die Angehörigen und Freunde der teuren gefallenen Kameraden.

Unvergängliche Lorbeeren erwarb sich ein jeder, der im Argonnenwald Leib und Leben einsetzte für Kaiser und Reich.

Wilhelm, Kronprinz.

Der Argonnerwald

Es regnet in Strömen. Das Wasser wird in Fässern aus den bleigrauen Wolken gegossen. Die Bäume brausen im Wind und schütten Wasserfälle aus ihren Kronen. Die Wege sind Lehm, Bäche stürzen über die Abhänge. Es ist Sommer, aber in den Unterständen sind die Öfen geheizt.

Es ist der Argonnerwald, wie er leibt und lebt. Er verstellt sich nicht und zeigt sein wahres Gesicht. Es ist ein Wald wie der Spessart und die böhmischen Wälder, ein Wald für Köhler, Räuberbanden und Wildschweine. Der Wald hat seine Gegenwart, das ist nicht zu leugnen. Der Wald hat seine Vergangenheit, das ist sicher. Man ging hinein und kam nicht wieder, man schlug das Kreuz und war tot. Im Dickicht lauerte der Mörder. Es gibt Stellen in diesem Walde, die sonderbare Namen tragen. „La fille morte“, „L’homme mort“. Es wird wohl seine Bewandtnis damit haben! Aber diese ganz düstere Räubervergangenheit des Waldes ist ein Idyll gegen heute – man wird es hören …

Rollwagen rumpeln im Wald. Zerweichte Pferde mit triefenden Reitern darauf sind vorgespannt. Tiefer und tiefer rollen sie hinein in den Wald. Der Regen strömt, Rosse und Reiter verschwinden in einer Wasserblase.

Nein, dieser Wald ist kein Wald für Menschen! Er ist dreistöckig. Hohe vereinzelte Bäume, meist Eichen, dann Unterholz, Eichen, Buchen, Birken, Erlen, dicht beisammen, und unter ihnen Gestrüpp: Brombeeren, Dornen, Farnkräuter, Ginster, Schlingpflanzen. Ein natürlicher Drahtverhau, wie er heimtückischer nicht angelegt werden könnte. Es ist ein Wald für einen haarigen, gorillaartigen Waldteufel, der mit einem Prügel in der Faust durchs Dickicht kriecht und Lehm frisst. Der Mensch betritt ihn mit Grauen im Herzen.

Die zerweichten Pferde strecken die glänzenden Schenkel, wühlen sich durch Lehm und Wasser höher und höher. Zuweilen werden sie abgehängt, dann rollen die Karren mit eigener Kraft über wacklige Schienen hinunter. Auf, ab, Tag und Nacht poltern die Karren durch den Wald. Feldküchen, Munitionstransporte, Granaten, Minen. Transporte kommen zurück, mit leeren Munitionskästen, mit leeren Minenkörben, meterhohe Zuckerhüte aus Ruten geflochten. Auf den Stationen im Walde wird rangiert. Ein Transport mit Mannschaften rollt zu Tal. Sie stehen aufrecht in den kleinen Karren. Sie sind müde, erschöpft, schmutzig, ihre Arme und Köpfe sind verbunden. Es sind Verwundete aus den Gräben da oben. Denn der Wald frisst, der Wald frisst täglich Menschen! Einer liegt, mit einer Pferdedecke zugedeckt. Man unterscheidet nur die Formen des Mannes. Der Regen fegt auf die Verwundeten herab, aber sie kümmern sich nicht darum. Und er, jener unter der Decke, der liegt und sich nicht regt, ihm kann der Regen, alle Mächte der Hölle können ihm nichts mehr anhaben. Und der Wald poltert. Die einschlagenden Granaten krachen wie Donnerschläge.

Knüppelwege ziehen durch den Wald, ein Knüppel dicht neben dem andern, anders wäre es nicht möglich, hier einen Schritt zu machen. Granattrichter. Zerschossene Bäume. Mannsdicke Eichen, die Granate traf sie in der Mitte, zerriss sie und warf sie zu Boden. So liegen sie nun da und sterben. Hier gibt es sonderbare Hünengräber, mitten im Walde, Stein- und Erdhügel. Es sind Batterien. Grau stehen sie in Regen und Düster. In den Hünengräbern aber hausen Menschen. Artilleristen, Pioniere. Hier unten brennt die Lampe, obgleich es Tag ist. Sie hausen hier schon seit vielen Monaten, seit Ende September (1914!), ein paar Meter unter der Erde, eine Schicht Balken und Steine über sich. Das Telefon tutet. An den Geschützen arbeiten sie, vorn in den Gräben, in den Minenstollen. Ihre Gedanken, ihre Pläne, ihre Frauen, alles haben sie hingegeben, mag es kommen, wie es will, sie werden auf ihrem Posten stehen.

Düster und unheimlich rauscht ringsum der Wald. Es ist ein Wald der Unterwelt, erfüllt von einem schauerlichen und nie gehörten Lärm. Er hustet, das furchtbare Husten eines Unholdes, der in den Schluchten haust. Er lacht, heiser und keuchend wie ein Teufel, dem etwas schrecklichen Spaß macht. Riesenspechte klopfen. Es kracht wie ein schwerer Schmiedehammer, den nicht Menschen, sondern Zyklopen bedienen. Sie fluchen zur Arbeit, rufen und poltern. Zuweilen nehmen sie die Axt und schlagen, eins, zwei in den eisenharten Stamm der Eiche, dass die Berge hallen. Die Eiche schlägt krachend hin. Man hört, wie die Zyklopen die Eiche zerknacken zwischen ihren Fäusten und ins Feuer werfen, dass es prasselt. Das alles hört man, ganz genau, aber man sieht die Einäugigen nicht. Dann und wann streicht ein Gespenstervogel unsichtbar und klagend über die brausenden Wälder. Eine Granate. Ja, Gott stehe mir bei, dieser Wald ist keineswegs gemütlich.

Aus dem Dickicht tritt ein Mensch. Seine Stiefel sind voller Lehm, seine Kleider nass und schmutzig. Am Gürtel hängen Flaschen und Säcke und Ledertaschen, auf dem Rücken das Gewehr. Sein Gesicht ist schwarzbraun, mit Lehm beschmiert, verwittert, die Augen stehen wie Lampen darin. Es ist ein Feldgrauer, der aus den Gräben da oben kommt. Der Argonnenkämpfer, wie er leibt und lebt. Er verschwindet im Regen. Sie sind es, die diesen höllischen Spektakel machen, keine Zyklopen, sondern kleine Menschen. Man wird hören von ihnen.

Da und dort führt eine Knüppelleiter in den Wipfel einer hohen Eiche empor. Die Artilleriebeobachter lauern dort oben. Die Eiche braust im Wind und sie schwanken wie die Äste hin und her und lugen über den Wald: Drüben liegt die Kuppe von Vauquois. Bis zum Kamm gehört sie uns, dicht dahinter liegt der Feind. Im Tal das Dorf Boureuilles. Mit bloßem Auge sieht man die Drahtverhaue der Franzosen, sie liegen im Tal hinter dem Dorf. Nach rechts aber, über dem Walde, liegen die Höhen!

Sie sind nackt und kahl! Kein Halm, kein Blatt. Die Bäume sind zerschmettert, verkohlt und zerschossen, das Unterholz ist gänzlich verschwunden. Die Erde ist aufgewühlt, tausendfach zerfetzt und zerrissen, Schutt und Staub. Wie in hundert Risse geborsten sind die Klippen, erloschene Krater. Hier ziehen Gräben und Sappen, und in den vielen Monaten des Kampfes ist alles, was grünte, verschwunden. Ein Maschinengewehr bellt, die Gewehre knallen. Ohne Pause wird da oben gekämpft. Ein schweres Geschütz feuert. Es kracht wie ein Donnerschlag und das Echo poltert in den Schluchten.

Ziehe die Luft ein, riechst du es nicht? Es riecht wie in den Gängen eines Hospitals. Es riecht nach Chlor und allen möglichen Dingen. Diesen Geruch kann man schon spüren, wenn man sich dem Argonnerwald nähert. Der ganze Wald, trächtig von Feuchtigkeit, Erde und Wurzeln, hat diesen Geruch angenommen. Er stammt von den Gasen der unaufhörlich einschlagenden Granaten, von den Massengräbern, die mit Chlorkalk zugeschüttet sind.

Fürchterlich, dreimal fürchterlich muss es hier zugegangen sein. Eines der schrecklichsten Kapitel dieses Krieges ist dieser Wald. Offizier und Mann, unsterblich sind ihre Taten!

Unterstände

Nach dem Fall von Longwy

In den ersten Tagen des September, fünf Wochen nach der Mobilmachung, sahen die Truppen zum ersten Mal den Argonnerwald.

Der Kronprinz umklammerte Longwy. Die Geschütze donnerten und pochten. Aus der Feste oben stieg Qualm und Rauch und die Granaten der 21er hämmerten auf Bastionen und Kasematten. Die Festung spie Feuer und Tod. Longwy brannte, aber es ergab sich nicht. Longwy stand.

Die Armee aber tastete sich schon vorwärts, nach Süden, nach Südwesten. Sie hatte Eile, Longwy konnte sie nicht aufhalten. Beiderseits der Straße Longwy – Longuyon warf sie den Feind. Haufen von Gewehren, Tornistern, Uniformen säumten den Weg. Die Toten lagen im Felde. Die Armee ging vor! Sie nahm Longuyon. Jeder Tag, jede Stunde war Tod und Sieg. Die Armee war auf dem Wege, ihr Schritt war eisern. Sie zertrat den Feind. Die Sonne glühte, heiß waren Tage und Nächte.

Sie rollte vor wie die Sturmflut. In ihren Wogen versanken die französischen Bataillone. Sie wälzte sich über Dörfer und Städte. Sie überflutete die Feste Montmédy, die der Feind preisgab. Sie stürzte sich hinab in die Täler, stieg empor über Hügel und Wälder. Es gab kein Atemholen.

Die Kanonen stampften und pochten vor Longwy und sie schlugen im Süden, vor Verdun. Longwy fiel! Am 27. August.

Die Armee brauste weiter. Sie flutete hin zur Maas. Ihre Kolonnen überspannten das Land, Straßen und Wege. Das Infanteriefeuer lief Tag und Nacht vor ihr her wie eine Welle. Die Schützenlinien schnellten vor, über Abhänge und Hügel, über Bäche, vorwärts! Die Geschütze krachten. Die Granaten rauschten über Feldküchen und Verbandplätze hinweg, dem Feinde entgegen. Die Rauchfahnen der einschlagenden Granaten fuhren aus den Feldern, die Schrapnellwolken standen weiß am heißen Himmel. Vorwärts!

Die Regimenter glühten!

Auf den Heerstraßen zogen sie in vierfachen Reihen, Infanterie, heiß, staubig, singend, mit eilendem Schritt, Artillerie, Reiterei, Pioniere, Munitionskolonnen, Feldküchen, Autos. Die Erde erdröhnt, Staubwolken steigen aus Feldern und Wäldern. Die Batterien rasseln über die Äcker, protzen ab, feuern. Es gab kein Halten. Kam die Nacht, so warfen Offizier und Mann sich auf die Erde, für ein paar Stunden, auf, weiter.

Dörfer gehen in Flammen auf. Dun brannte. Es stand wie eine große Fackel in der Nacht. Die Welle des Infanteriefeuers lief voran. Die Geschütze krachten, die Flieger surrten hoch oben in der Luft.

Unten liegt ein Flusstal, breit, gewunden, heiß und sonnig: die Maas. Der Feind hat die Brücken gesprengt. Fieberhaft arbeiten die Pioniere. Hinüber!

Wälder und bewaldete Höhen tauchen auf. Wer fragt nach den Wäldern, nach den Höhen? Niemand. Es sind die Argonnen. Später haben sie sie wiedergesehen, aber heute beachteten sie sie nicht! Weiter!

Die Armee braust an den Argonnen vorbei. Im Osten des Argonnerwaldes über Apremont, Varennes, Clermont, im Westen über Autry, Binarville, Vienne le Château, St. Ménéhould.

Durch den Wald traben Patrouillen, säubern ihn von versprengten Franzosen. Eine Patrouille betritt die Höhe 285! Damals! Sie dachten an nichts, nicht daran, dass sie diese Höhe wiedersehen würden!

Vorwärts, immer vorwärts!

Die Sonne brennt, der Schweiß stürzt über das Gesicht des Mannes.

Der Tod greift Offizier und Mann, Eisen hagelt in die Reihen. Schwer sind die Verluste. Bei Vaubécourt und Triancourt, im Süden vom Argonnerwald, rast die Hölle. Die Geschütze toben – vorwärts! Und wieder läuft das Gewehrfeuer wie eine Welle vor der Armee her.

Unwiderstehlich ist der Schritt der Armee. Der Feind wird geworfen, so zäh er sich auch festklammert. Die Flut der Armee drängt ihn vor sich her.

Vorwärts, vorwärts! Richtung Bar le Duc, Revigny!

Der Schritt der Armee ist Sieg!

Im Dickicht

Zurück!

Plötzlich steht die Armee! Seit Wochen ging sie vor, täglich, stündlich, über Höhen und Flüsse, durch Feuer und Blut. In ihren Fahnen rauscht der Ruhm! Die Geschütze sind heiß vom Feuern, die Augen, die hunderttausend Augen der Armee glühen.

Und plötzlich steht die Armee!

Die Welle des Gewehrfeuers rollt nicht mehr vorwärts, sie steht, die Kanonen schlagen an der gleichen Stelle. Was gibt es? Niemand weiß es.

Die Kolonnen hinten wenden! Die Regimenter im Anlauf nach vorn, begierig nach Ruhm, machen halt. Die schweren Geschütze bauen ab, zurück. Die Feldküchen rücken ab, die Verbandplätze und Lazarette. Die Kolonnen knarren dahin, über Straßen und durch Felder, endlose, breite Schlangen. Die Schritte stampfen, Kompanien, Bataillone marschieren zurück. Aus allen Seitenwegen, Feldwegen, Dörfern und Weilern strömen Wagen, Kolonnen, Batterien.

Was hat das zu bedeuten?

Die Armee geht zurück.

Weshalb? Niemand weiß es.

Die Kolonnen mit Verwundeten kriechen dahin. Die Verwundeten stöhnen und jammern. Man nimmt sie aus Scheunen, Schulhäusern, Kirchen und bettet sie auf die Karren. Sie wissen nicht, was mit ihnen geschieht. Artillerie, Infanterie, Reiterei, dicht gedrängt. Die Autos bahnen sich den Weg durch Kolonnen und Wagen. Kommandos, Rufe, Tuten. Räder krachen, Gespanne stürzen. Lärm, Fluchen. Der Regen prasselt herab. Seit Wochen glühte die Sonne, nun gießt es. Offizier und Mann werfen sich in den Schmutz, um eine Stunde zu ruhen. Die Armee, vieltausendfüßig, vkeltausendhufig, vieltausendräderig, wälzt sich rückwärts.