Wir kommen aus Sowjetrussland - Bernhard Kellermann - E-Book

Wir kommen aus Sowjetrussland E-Book

Bernhard Kellermann

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Beschreibung

Als Bernhard Kellermann 1948 Moskau und Leningrad besucht, erlebt er ein Land im Aufbruch: Aus den Trümmern des Krieges erhebt sich ein neues Russland, geprägt von Wiederaufbau, technischem Fortschritt und einem tiefen gesellschaftlichen Wandel. Mit neugierigem Blick und literarischer Präzision schildert er Begegnungen mit Schriftstellern, Arbeitern und Ingenieuren, beschreibt den monumentalen Ausbau der Städte und entdeckt eine Gesellschaft, die sich selbst neu erfindet. Dieser Reisebericht ist nicht nur ein literarisches Zeitzeugnis, sondern auch ein faszinierender Einblick in das Selbstverständnis der jungen Sowjetunion kurz nach dem Krieg – zwischen Stolz, Fortschrittsglaube und sozialistischem Idealismus.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Bernhard Kellermann

Wir kommen aus Sowjetrussland

ISBN 978-3-68912-605-6 (E-Book)

Aus: EINE NACHLESE 1906-1951, Verlag Volk und Welt, Berlin 1979. Herausgegeben von H. D. Tschörtner unter Mitarbeit von Georg Wenzel. Erstmals 1948 erschienen.

© 2025 EDITION digital®

Pekrul & Sohn GbR

Alte Dorfstraße 2 b

19065 Godern

Tel.: 03860-505 788

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.edition-digital.de

Wir kommen aus Sowjetrussland

Das neue Russland

Obschon ich über das neue Russland, wie ich glaubte, recht gut unterrichtet war und keine Gelegenheit versäumt hatte, meine Informationen zu vervollkommnen, war ich aufs Höchste und Angenehmste überrascht, als ich meinen Fuß auf russischen Boden setzte.

Schon der ungeheure Flugplatz mit den Scharen von imposanten Passagierflugzeugen erfüllte mich mit hoher Achtung, die mit dem letzten Komfort ausgestatteten Automobile, die uns abholten, die breite asphaltierte Landstraße, die nach Moskau führte, das großstädtische Leben auf den Straßen, das makellose Hotel – all das musste Achtung einflößen für ein Land, das vor kurzer Zeit Millionen von Toten im Kriege verloren hatte und von barbarischen Heeren verwüstet und zerstampft wurde.

Moskau zeigte nicht die leiseste Spur des Krieges mehr. Wir besuchten Schulen und Universitäten, Museen und Galerien und waren täglich in einem der dreiunddreißig Theater der Hauptstadt zu Gast. Diese Theater waren jeden Abend von festlich erregten Besuchern bis zum letzten Platz gefüllt und überraschten durch musterhafte Vorstellungen, die häufig Bewunderung verdienten.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit hervorheben, dass wir bei allen Russen, wo und wann wir sie auch trafen, stets aufs Liebenswürdigste aufgenommen wurden. Kein einziger von den antifaschistischen Teilnehmern unserer Delegation erlebte auch nur das geringste unfreundliche, geschweige denn antideutsche Wort oder einen abweisenden Blick, überall, wohin wir kamen, war man gegen uns aufs Äußerste gefällig, und viele, die uns als Deutsche erkannten, begrüßten uns freudig als die ersten Boten einer neu erstehenden Freundschaft zwischen dem russischen und dem deutschen Volk.

Die Schriftsteller Moskaus bereiteten uns eine überaus herzliche Aufnahme. Wir traten in freundschaftliche Beziehung zu den bekanntesten in Moskau lebenden Autoren, wie Fedin, Ehrenburg, Simonow, Fadejew, Gorbatow und anderen.

Aber auch die Berufsgenossen in Leningrad wollten uns ihre kameradschaftliche Verbundenheit ausdrücken und luden uns zu einem Besuch ein. So fuhren wir auf eine Woche nach der alten und herrlichen Hauptstadt des Nordens.

Wir reisten in einem Schlafwagenzug dahin, dessen Bequemlichkeit, Komfort und Gediegenheit nicht von den Zügen Frankreichs, Englands und Amerikas übertroffen werden kann. Auch in Leningrad wurden wir mit der gleichen Herzlichkeit aufgenommen, obschon die Bewohner der Stadt Fürchterliches während der Blockade erlitten haben. Tausende sind buchstäblich verhungert, und ungezählte leiden noch heute an den Folgen des grausamsten aller Kriege.

Auch Leningrad hat fast alle Spuren des Krieges nahezu überwunden. Nur da und dort ist man noch mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt, in einer Vorstadt sah man einen zerschossenen Häuserblock. Das war alles.

Allerdings, eine Autostunde entfernt, in den alten Sommerschlössern von Zarskojeselo, waren noch deutlich die barbarischen Verwüstungen der Hitlerbanden und der spanischen Division zu erblicken. Die einst herrlichen Gemächer waren zum Teil vom Feuer zerstört, bis aufs Letzte ausgeplündert, die kostbaren Fußböden herausgerissen, die kunstvoll geschnitzten und mit Intarsien versehenen Türen mit Äxten zertrümmert.

Das russische Volk spricht heute nicht mehr vom Krieg, auch wenn es ihn noch nicht vergessen hat. Es will nichts als Frieden mit allen Völkern, um in Ruhe das gigantische Werk des Neubaus seines ungeheuren Landes fortsetzen und vollenden zu können. Mögen auch noch Dutzende seiner Städte und Hunderte seiner Dörfer in Schutt und Asche liegen, Russland ist abermals auferstanden wie aus vielen Kriegen, es lebt und bebt von den unermesslichen Kräften und schöpferischen Energien, die es von der Ostsee bis zum Stillen Ozean erfüllen. Wie ein gewaltiger unerschöpflicher Strom, von ewigen Quellen gespeist, wälzt es sich den Zielen der Mission entgegen, die ihm die Geschichte bestimmt hat.

Selbst seine Gegner können nicht leugnen, dass das neue Russland mit überwältigenden geistigen und seelischen Kräften im Laufe einer Generation vollbrachte, wozu andere Völker Jahrhunderte brauchten. Es hat die Masse seines Volkes, das heute 200 Millionen zählt, aus dem Düster der Unwissenheit und des Aberglaubens in das Licht der Bildung und Kultur emporgehoben, eine ungeheure Leistung, die einmalig in der Geschichte dasteht. Das weiß die Welt, aber mehr weiß sie kaum vom neuen Russland.

Sie weiß nicht, dass Russland mit fanatischer Unermüdlichkeit sein unermessliches Land mit Kraftstationen und Energiequellen überzog, die heute ein Vielfaches der Kraft erzeugen wie die der Niagarafälle. Sie weiß nicht, dass Russland nicht nur ein Ruhrgebiet besitzt, sondern eine ganze Reihe. Nicht nur am Dnjepr und Don hat es riesige Industriezentren geschaffen, sondern auch südlich vom Ural in Magnitogorsk, wo die Fabriken und Hochöfen eine Fläche von 45 Quadratkilometern bedecken, und im Herzen Sibiriens, im Altaigebirge bei Kusnezk und weiter im Osten. Nicht ein Ölgebiet von Baku besitzt Russland heute, sondern unzählige, wie Grosny im Nordkaukasus, Embla im Norden des Kaspischen Meeres, im Ural und im Petschoragebiet im hohen Norden.

Scharen von russischen Geologen und Wissenschaftlern durchforschen das unermessliche Reich vom Schwarzen Meer bis zum Stillen Ozean, ihre Expeditionen sind unermüdlich unterwegs, neue Hüttenwerke und neue Städte wachsen aus Wüsten und unwirtlichen Gebirgen empor. Die Agronomen Russlands aber, gefeiert von der Wissenschaft der ganzen Erde, pflanzen Baumwolle in Turkistan, Reis an der Wolga und Weizen im hohen Norden.

Was weiß die Welt von Russland, von diesem fleißigen Volk der Arbeit und des Sozialismus? Sie weiß nicht mehr, als die Zeitungen der Welt den Völkern erlauben zu wissen. Eines Tages werden diese Völker erwachen und staunen, dass der Schöpferwille Russlands einen völlig neuen Kontinent im Osten aufbaute, ohne dass die Zeitungen viel davon redeten.

Johnson, der Dekan von Canterbury, spricht in seinem Buch „Ein Sechstel der Erde“ die Ansicht aus, dass Russland in einer Generation an Stärke und Reichtum alle Völker der Erde übertreffen werde. Nachdem ich das Bildungswesen des neuen Russland und seine Kultureinrichtungen kennengelernt habe, möchte ich Johnsons Ansicht dahin ergänzen, dass, wenn die Welt weiterhin die Augen verschließt, Russland auch in kultureller Beziehung alle Völker der Erde in kurzer Zeit überflügeln wird.

*** Ende der Demo-Version, siehe auch http://www.edition-digital.de/Kellermann/Sowjetrussland/ ***

Bernhard Kellermann

Bernhard Friedrich Wilhelm Kellermann (*4. März 1879 in Fürth; †17. Oktober 1951 in Klein Glienicke bei Potsdam) war ein deutscher Schriftsteller, Journalist und Abgeordneter. Sein bekanntestes Werk ist der Roman Der Tunnel (1913), ein internationaler Bestseller, der millionenfach verkauft, in 25 Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt wurde.

Kellermann studierte zunächst an der Technischen Hochschule München, später Germanistik und Malerei. Schon mit seinen frühen Romanen Yester und Li (1904) und Ingeborg (1906) gelang ihm der Durchbruch. Es folgten Reiseberichte aus den USA und Japan, die seine Beobachtungsgabe und literarische Vielfalt unter Beweis stellten.

Der Erste Weltkrieg prägte ihn tief: Als Kriegsberichterstatter veröffentlichte er Reportagen vom Frontgeschehen. Mit seinem gesellschaftskritischen Roman Der 9. November (1920), der den Umbruch am Ende des Krieges thematisiert, zog er sich den Hass der Nationalsozialisten zu – das Buch wurde 1933 verboten und verbrannt, Kellermann aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen.

Nach 1945 engagierte er sich in der jungen DDR stark für kulturelle und politische Fragen. Gemeinsam mit Johannes R. Becher gründete er den Kulturbund, wurde Abgeordneter der Volkskammer und Vorsitzender der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft. Für seinen Roman Totentanz erhielt er 1949 den Nationalpreis der DDR. In Westdeutschland hingegen geriet sein Name durch Boykottaktionen weitgehend in Vergessenheit.

Kellermann war zweimal verheiratet: 1915 mit der US-Amerikanerin Mabel Giberson (†1926) und ab 1939 mit Else „Ellen“ Michaelis, die nach seinem Tod seine Werke herausgab.

Bernhard Kellermann hinterließ ein vielseitiges Werk aus Romanen, Erzählungen, Reisebüchern und Reportagen. Er ruht auf dem Neuen Friedhof in Potsdam.

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Wir kommen aus Sowjetrussland

Das neue Russland

Bernhard Kellermann