Der Zauberkaftan - Erik Schreiber - E-Book

Der Zauberkaftan E-Book

Erik Schreiber

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Beschreibung

Das vorliegende e-book wurde aus der Frakturschrift übertragen und neu veröffentlicht. Der Übersetzer Viktor Sziklai hat um die 1900 Jahrhundertwende das Buch für den Reclam Verlag in Leipzig übersetzt. Wie viele andere Texte der Reihen "Historisches Deutschland" und "Windrose" sowie viele Einzelpublikationen wird versucht, alten Texten ein neues Leben einzuhauchen und dem Vergessen zu entreißen.

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Herausgeber

Erik Schreiber

Das grüne Abenteuerbuch 4

Koloman Mikszáth

Der Zauberkaftan

e-book 218

Das grüne Abenteuerbuch 4

Koloman Mikszáth - Der Zauberkaftan

Neuveröffentlichung 01.01.2024

Übersetzung: Viktor Sziklai

© Herausgeber Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

Titelbild: Simon Faulhaber

Vertrieb: neobooks

Erstes Kapitel.

Jene Städte sind närrisch, welche klagen: Wir haben viel gelitten, bei uns haben die Türken ein oder zwei Jahrhunderte gehaust. Wahrhaft litten jene Städte, wo weder Türken hausten, noch ungarische Soldaten der Labanzen und Kurutzen, und welche sich aus eigner Kraft erhielten, wie zum Beispiel Kecskemét; denn wo von den kriegführenden Parteien sich die eine aufhielt, dort dominierte, plünderte nur die eine und die anderen wagten sich nicht einmal hin, wo aber keine Einzige wohnte, dorthin gingen alle Erdbeeren sammeln.

Eines Tages wandelte den Ofner Pascha die Laune an, ein wenig zu brandschatzen: „Mein Sohn Dervisch Beg, schreibe dem Kecskeméter Richter!“ Und der Brief ging sofort ab, aus dessen üppigem Stile der Ausdruck nicht fehlte: „Ihr spielt mit Euren Köpfen!“

Aber auch der Szolnoker Musta Beg ging nicht anders vor, denn er brandschatzte Czegléd, Körös, Kecskemét und die umliegenden Dörfer. Jede gesegnete Woche warf er ihnen neue Lasten aus, indem er schrieb: „Diesen Herrenbrief sollt Ihr zu Pferde in jede Stadt, in jedes Dorf tragen und darnach handeln.“

Seine Gnaden, der tapfere Herr Emerich Koháry rechnete gleichfalls auf die wohlhabenden Städte und erließ von Seite der Kaiserlichen aus Szécsény Verordnungen, ja selbst der Gácser Stuhlrichter, Seine Gnaden Herr Johann Darvas war nicht faul, ihnen an den Leib zu gehen, wenn die Kurutzen etwas nötig hatten. Dazu kamen noch die herumschweifenden tatarischen Horden und die verschiedenen Truppen, welche auf eigene Faust arbeiteten. Und mit all diesen sollte man auf freundschaftlichem Fuße leben!

In Kecskemét gab es schon damals berühmte Märkte. Was den Augen schön, dem Munde gut ist, das alles brachten die türkischen, deutschen und ungarischen Kaufleute haufenweise hierher und der Markt hatte stets ein trauriges Ende, denn wenn er eben im besten Zuge war, erhob sich eine Wolke auf der sandigen Straße, es kam der Kurutze oder der Türke, oder gar ein Haufe Labanzen sauste wie der Blitz nieder und verschwand mit den wertvollsten Waren beladen wieder in einer Staubwolke.

Die bitteren Pillen aber konnte dann die wohledle Stadt verschlucken, denn hatten die Türken die Zelte geplündert, so fielen nunmehr die Labanzen mit großen Rechnungen über sie her.

Die Stadt habe, ohne Verzug den Schaden der Kaufleute zu bezahlen, sonst wird gestürmt; wenn der Labanze raubte, galt es auch gleich für die armen Kecskeméter, denn dann verlangten die Kurutzen und Türken Schadenersatz für ihre Kaufleute und diese Forderungen erreichten fast immer die Höhe von tausend Goldstücken.

Vergebens seufzte der Oberrichter Johann Szücs: „Woher nehmen, woher? Das ist ja nicht das Kremnitzer Goldbergwerk; unter unseren Füßen ist ja nichts als Sand, Sand bis hinunter zur Hölle.“

Endlich ward die Sache doch unerträglich, man hielt großen Rat und dann gingen die guten Leute zum Palatin, der aber nach der Erzählung des Herrn Paul Fekete sehr missmutig wurde, als sie ihm vortrugen, dass sie eine Bitte an ihn hätten.

„Verlangt nur nichts großes, denn ich gewähre es euch nicht.“

„So sehr verlangen wir nichts großes, dass uns selbst das zu viel ist, was wir haben.“

„Valde bene, valde bene“, meinte der Palatin schmunzelnd.

„Wir bitten Eure Gnaden, uns unsere Märkte zu nehmen.“

Der Palatin dachte nach, hüstelte. „Hm, es ist kein richtiges Regime, amici, das den Leuten etwas nimmt, wovon der Nehmende keinen Vorteil hat.“

Trotzdem kam bald darnach eine Ordre von Leopold I., dass die Kecskeméter Märkte von nun an zu sein aufgehört haben. Selbstverständlich wurden nun die Türken ebenso wütend wie die Kurutzen. „Diese elenden Philister berauben uns unseres Nebenerwerbes.“ Sie hatten jetzt originelle Ideen. Am schwarzen Sonntag vor Ostern stürmte der berühmte Kurutzenführer Stefan Csuda mit seinen Truppen in die Stadt. Sie sprengten geradenwegs zum Stiftskloster. Hier befahl der Anführer seinen Leuten: „Nichts anrühren, Kinder, nur den Quardian müsst ihr gefangen nehmen, denn diesen werden sie auslösen.“ Sie nahmen wirklich den Quardian, den dicken Pater Bruno, gefangen, setzten ihn auf ein Maultier, das bisher ein treuer Arbeiter des Klostergartens war, zumal es die Wasserfässer schleppte. Damit aber der fluchende, strampelnde Pater nicht vom Rücken des Buri falle (Buri hieß das Maultier), banden sie ihn mit Stricken und Riemen fest ... Sie hatten sich nicht verrechnet. Eine große Bestürzung griff Platz unter den katholischen Gläubigen. Die Witwe Paul Fábián, die bucklige Julie Galgóczi und die verwelkte Klara Bulki begannen unter dem Präsidium des Paters Litkei sofort das Lösegeld zu sammeln, indem sie von Haus zu Haus wanderten. „Lösen wir den armen Pater Bruno aus. Er hat eine prächtige Predigt zu den Osterfeiertagen einstudiert, diese können wir nicht ungesprochen lassen.“ Hundert Goldstücke wurden gesammelt, mit diesen begaben sich die Erwählten der Frauen auf den Weg zum Kurutzenlager: Senator Gabriel Poroßnoki, Kurator Johann Babos und der Wagner, Herr Georg Doma.

Nach männiglichen Abenteuern und Missgeschicken fanden sie endlich den Stefan Csuda, der sie wild anfuhr: „Ihr seid die Kecskeméter, nicht wahr? Nun, was wollt ihr?“

„Wir sind ihn holen gekommen“, sprach der fromme Babos, seine winzigen grauen Augen gegen den Himmel erhebend.

„Wen, den Maulesel oder den Quardian?“, scherzte der gutgelaunte Stefan Csuda.

„Beide, wenn wir übereinkommen können“, meinte Herr Poroßnoki.

„Der Geistliche ist nicht viel wert, aber das Maultier können wir wohl brauchen. Es schleppt die große Trommel.“

Sehr wohl gefiel den guten Kecskemétern diese Erklärung des Kurutzen, denn wenn der Geistliche nicht viel wert ist, wird er wohl billig zu haben sein und sie nickten beifällig mit dem Kopfe.

„Also woran sind wir mit Sr. Hochwürden?“

„Ihr könnt ihn für drei Goldstücke haben.“

Die drei Männer schauten sich lächelnd an, wie wenn sie sagen wollten, „billig, wahrhaftig sehr billig!“ Poroßnoki warf einen Flügel seines blauen Mantels zurück und griff in die Tasche, um die drei Goldstücke hervorzuholen. „Da sind sie! Nehmt sie, Herr!“

Der Kurutzenführer schob die Hand des Senators beiseite. „Den Geistlichen brachte das Maultier, jetzt soll auch der Geistliche das Maultier mitnehmen. Dies ist nur gerecht, ohne das Maultier ist kein Geschäft.“

„Hol's der Teufel“, meinte der Senator wohlgelaunt. „Welches Lösegeld bezahlen wir für das Maultier?“

„Der fixe Preis desselben beträgt“, gab Csuda jedes Wort betonend zurück, „hundertsiebenundneunzig Goldstücke.“

In den Bürgern stockte das Blut; der kleine Babos blinzelte auf den Kurutzen, ob dieser nicht spaße, doch das gebräunte Antlitz blickte jetzt sehr ernst, vordem war es bedeutend heiterer; die Kecskeméter verzagten trotzdem nicht.

„Hättet Ihr, Herr, das Herz, für ein Maultier so viel Geld zu nehmen, wie für vier arabische Pferde. Überlasst uns den Geistlichen separat! Wir kommen lieber ein Andersmal das Maultier einlösen“, ergänzte Herr Babos.

Jetzt übernahm wieder Herr Georg Doma die diplomatischen Verhandlungen. Er meinte, das Maultier könnten ja die ehrwürdigen Patres ohnehin nicht wieder benützen, nachdem dasselbe ein kompromittiertes Individuum sei, das bereits Lagerdienst geleistet hat, in einem protestantischen Truppenkörper.

Den meisten Verstand besaß noch Herr Poroßnoki, denn er durchschaute sofort, dass der Kurutzenführer zweihundert Goldstücke für den Quardian haben wollte und die Geschichte mit dem Maultier bloß Spaßmacherei sei. Er entnahm seiner Tasche den traditionellen Strumpf und ließ die Goldstücke klimpern. „Hundert Stück ohne Fehl, nicht um ein Stück mehr. Entweder nehmen wir das Geld wieder nach Hause oder den Quardian. Es hängt von Euch ab, mein tapferer Herr.“

„Nicht möglich“, schüttelte dieser den Kopf.

„Bedenkt aber“, meinte Babos, „dass man unsern Herrn Christus um dreißig Silberlinge verkaufte. Wie sollten da für den Pater Bruno nicht hundert Goldstücke genügen?“

„Biblisieren Sie nicht!“, schrie der Kurutz, „denn es ist wohl wahr, dass sie unsern Heiland für dreißig Silberlinge verkauften, aber für wie viel ihn das Christentum vom Tode losgekauft hätte, das wissen Sie nicht.“

Unter solchen Plänkeleien schlossen sie den Handel endlich mit hundert Dukaten ab, welche Herr Csuda einzeln besah, ob sie nicht abgefeilt sind, dann klingen ließ, ob man an ihrem Klange nicht einen kleinen Siebenbürger Accent wahrnehme (dort hielten sich nämlich zu jener Zeit die Falschmünzer auf). Als dann alles ins reine gebracht war, lieferte er den abgemagerten Pater Bruno aus, welchen die Deputation in großem Triumph nach Hause führte.

Aber nicht lange dauerte ihre Freude, denn als sie sich der Heimat näherten, kaum Nagy-Körös verlassend, dessen Häuser noch im abendlichen Nebel sichtbar waren, schimmerte von rechts der schlanke Turm Kecskeméts hervor und eine sich nähernde Staubwolke. „Was zum Teufel kann das sein?“, frugen sich unsere Leute.

„Offenbar kommt uns eine Prozession entgegen. Es wird auch eine Rede geben reverendissime, freilich wird es eine solche geben. Es wird nichts schaden, sich auf die Antwort vorzubereiten.“

In den Augen Pater Brunos glänzten Tränen. „Meine armen guten Gläubigen lieben mich, sie lieben mich schrecklich. Wer wird wohl die Rede halten? Wahrscheinlich der schön sprechende Pater Litkei. Freilich, freilich. Ich sehe ihn ja schon. Er ist es, dort voran. Ich will ein Hund sein, wenn er es nicht ist.“

Herr Georg Doma brauchte kein Hund zu sein, denn es war in der Tat Pater Litkei; seinen breitrandigen Hut, seine Riesengestalt konnte man schon von weitem erkennen, nur war seine Begleitung gerade kein Prozessionsvolk, sondern es waren türkische Soldaten. Der Galgenvogel Ali Mirze Aga führte sie an. „Guten Abend, guten Abend!“, rief er, als er an unseren Reisenden vorüberritt, „führt ihr den Geistlichen nach Hause, ihr guten Leute? Wir auch den unseren.“

Der Aga lachte, der Mönch Litkei rief den Namen Jesus, Pater Bruno winkte ihm mit dem Taschentuch nach: „Auch dich werden wir auslösen, mein lieber Sohn.“

Und in der Tat war es seine erste Sache, zu Hause angelangt, eine Sammlung einzuleiten. Witwe Paul Fábián, die bucklige Julianna Galgóczi und die verblühte Klara Bulki suchten neuerdings die barmherzigen Menschen auf: „Lasst den armen Mönch nicht in der Hand des elenden Heiden zu Grunde gehen. Was würde die Christenheit von uns denken?“ Wenn die Börse nicht geöffnet ward, fügte Frau Paul Fábián hinzu:

„Und was würde Nagy-Körös dazu sagen?“ Bekanntlich besteht zwischen Nagy-Körös und Kecskemét seit Jahrhunderten eine kleinliche Rivalität.

Bei diesen Worten zog jeder Mensch von Kecskeméter Empfindung den Zwanziger hervor und auch der Mönch Litkei konnte nach Hause gebracht werden. Damit war die Sache nicht zu Ende, denn der Handel mit den Geistlichen kam so sehr in Mode, dass, sobald irgendein Truppanführer ein klein wenig Geld brauchte, er sofort eine Verordnung erließ: „Ich muss einen Kecskeméter Geistlichen haben.“ (Das bedeutete schon eine gewisse Summe auf dem Geldmarkte). Eine Zeit lang lösten sie die frommen Bürger aus, bis der Herr Oberrichter Johann Szücs selbst, die Ausbeutung der Stadt bedauernd, derselben mit der gottlosen Erklärung ein Ende machte: „Wenn Gott seine Diener fortführen lässt, warum sollen wir es nicht dulden? Schließlich ist ihr Herr in erster Reihe verpflichtet, ihnen zu helfen.“

Einige Mönche blieben den Räubern auf dem Hals, worauf sofort der Wert der Geistlichen auf Null sank und die erobernden Herren sich nach einer andern Ware umsahen. Es war unmöglich sie zu übertölpeln. Am Tage Peter und Paul verübten die Szolnoker Türken einen Einbruch und raubten unter den aus der Kirche kommenden Frauen die junge Gattin des Oberrichters sowie die Frau Georg Doma. Die ganze Stadt war in Aufruhr. „Das ist schon kein Spaß mehr, Gevatter!“ Denn mit den Pfaffen zu manipulieren, war nicht so arg. Diese erlitten keinen Schaden, solange sie bei den Türken waren. Aber die Frauen! Das ist ganz etwas anderes. Donnerwetter, mit den Frauen kann man nicht so manipulieren!

Johann Szücs war so erbittert, dass er sofort seiner Stelle als Oberrichter entsagte und, nachdem er sein steinernes Haus verkauft hatte, mit Georg Doma die Frauen holen ging. Herr Szücs gab zweihundert Dukaten für seine Rippe.

Georg Doma jedoch bot nur fünfundzwanzig Dukaten an, wenn man seine Frau nach Hause lässt, hundert, wenn man sie behält, aber für immer – so dass er eine andere Frau nehmen kann.

Zülfikar Aga überlegte eine Weile, dann sagte er traurig: „Nimm nur die Frau, mein Freund.“

Unterdessen bemächtigte sich der Kecskeméter ein panischer Schrecken. Auch die Kurutzen waren eingebrochen und raubten die jungfräuliche Tochter Vicza des steinreichen Thomas Bégh bei einer Hochzeit, als sie eben mit dem jüngeren Michael Nagy tanzte. Was wird daraus werden, Herr und Schöpfer? Aus den Häusern werden sie heute oder morgen die kostbaren Frauen hervorziehen!

Der Kalgaer Sultan ließ wiederholt verkünden, dass er auf die zehn schönsten Frauen rechne. Auch die Ofner Türken konnten in jeder Stunde kommen. Obwohl damals von den Kecskeméter Mädchen das Lied noch nicht verkündete: „Wer ein Bursch ist, nimmt seine Braut von da“, waren sie dennoch schon damals prächtig. Das leugneten selbst die Köröser jungen Leute nicht. Die allgemeine Verzweiflung war daher gar nicht zu verwundern. Die Lage war eine solche, wie in den sagenhaften, mit schwarzem Tuch verhüllten Städten, wo der siebenköpfige Drache die Jungfrauen der Reihe nach verzehrt. An welche kommt die Reihe, welche folgt jetzt? Diese Ungewissheit war ein unsichtbares Seil, welches jedermann in der Halsgegend fühlte. Zehnmal erschrak täglich der eine und der andere Kaufmann vor einer Staubwolke, und wenn die dürren Bäume des Talfája-Waldes des Nachts zu ächzen begannen, so glaubten sie auch darin, das Sausen der herannahenden Horden zu vernehmen: „Ach, die Vagabunden kommen schon wieder.“

Allabendlich falteten die Frauen ihre kleinen Hände und flehten inbrünstig zu dem Patron der Stadt, dem Bischof Sankt Nikolaus. Vielleicht kann der etwas tun mit dem Krummstabe, welcher auf dem Stadtsiegel zu sehen ist.

(Ich vermute, dass in diesen Gebeten sub clausula enthalten war: „Wenn das aber der Wille Gottes wäre – so gib, o Herr, dass lieber die Husaren Czudas kommen sollen, als die hundeköpfigen Tartaren und die Ofner Türken.“)

Zweites Kapitel.

Die Erbitterung wuchs immer mehr. Die Angelegenheiten der Stadt sahen immer schlechter aus. In der Rechtsprechung war eine Pause eingetreten, denn man konnte nirgends Richter auftreiben, obwohl in Kecskemét das „aufgetriebene Gericht“ im Gebrauche stand. Man stellte aus den zum Markte gekommenen Fremden den Gerichtshof zusammen.

Jetzt aber, da Johann Szücs den Stab eines Oberrichters niederlegte, gab es keinen, der darnach griff. Es hat niemand Tollkirschen gegessen!

Vier, fünf Verordnungen täglich zu erhalten, mit unmöglichen Wünschen und mit dem liebenswürdigen Postskriptum: „Denn sonst werde ich Deine Gnaden rädern lassen“ und verrückt, wie die Welt ist, führt man das auch aus. Die Menschen beschwerten sich laut. „Entweder wir ziehen von hier fort, oder wir sterben hier, aber so können wir nicht weiter leben. Man muss etwas machen.“

„Aber was? Die Türken können wir doch nicht allein aus dem Lande jagen, wenn es der Kaiser selbst nicht tun kann.“

Indem die Senatoren im Stadthause auf diese Weise gedankenvoll berieten, rief mit einem Male eine Stimme zum geöffneten Fenster hinein: „Ich aber sage euch, dass man die Türken nicht vertreiben, sondern hieher nach Kecskemét bringen soll.“

Die Senatoren blickten alle auf. „Wer ist der Tollkühne? Wer spricht da draußen?“

„Der Sohn des Schneiders Lestyák.“

„Wie wagt der, unsere Rede zu unterbrechen“, sprach Martin Zaládi indigniert und winkte dem Heiducken. „Schließen Sie das Fenster!“

Gabriel Poroßnoki sprang auf, als ob ihn irgendeine elektrische Kraft emporgehoben hätte. „Ich aber sage, dass man den jungen Mann nicht wegtreiben, sondern hereinbringen soll, damit wir ihn anhören.“

Die ernsten Stadtväter schüttelten die Köpfe, wagten es jedoch nicht, dem angesehensten Senator zu widersprechen, nur Christoph Agoston murrte: „Der Vater ist ein Narr und der Sohn auch. Von einem Studenten sollen wir Rat begehren? Freilich, er hat es schon, denn er hat es.“

„Was?“, frug der neugierige Franz Kriston.

„Das consilium abeundi ... hahaha. Man hat ihn aus Großwardein davongejagt. Ja, er soll uns Rat geben. Wir haben ohnehin kein großes Ansehen; so soll denn unser Ansehen noch kleiner werden.“

Dann erzählte er, dass der Vater blödsinnig sei. Kürzlich schickte der wackere Pater Bruno seinen Rock zu ihm, damit er die Fettflecke beseitige. Er beseitigte sie auch, aber so, dass er sie mit der Schere ausschnitt. Den armen Pater Bruno traf beinahe der Schlag.

Gyuri Pintyö, der Heiduck, brachte unterdessen atemlos den jungen Lestyák herein. Es war ein hübscher, schlanker Junge mit so dichtem Haar, wie eine Bürste.

„Mein Sohn“, sprach ihn Poroßnoki höflich an, „vorhin hat du etwas geschrien, was mein Ohr traf. Erkläre dich näher.“

Max Lestyák kam nicht in Verwirrung, er drechselte seine Worte klar und verständlich. „Ich habe in der Tat gedacht, wohledle Herren, dass unter den Verhältnissen, in denen sich unsere liebe Geburtsstadt befindet, die toten Fermans, die schriftlichen Versicherungen, nicht viel wert sind. Hundertmal mehr Wert hätte ein lebender Beg, der unter uns wohnend sehr viele kleine Unannehmlichkeiten von unseren Köpfen fernhielte. Wir sind eine freie Stadt, wohledle Herren, aber unsere Freiheit ist aus Ketten geschmiedet. Suchen wir einen Tyrannen, damit wir leben können!“