Die drei !!!, 92, Geheimnis am Fluss (drei Ausrufezeichen) - Kirsten Vogel - E-Book

Die drei !!!, 92, Geheimnis am Fluss (drei Ausrufezeichen) E-Book

Kirsten Vogel

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Beschreibung

Kim, Franzi und Marie sind "Die drei !!!". Mutig und clever ermitteln die drei Detektivinnen und sind jedem Fall gewachsen. Ein Hausboot-Wochenende mit Stand-Up-Paddling – die drei !!! sind begeistert. Doch wer entsorgt hier seinen Müll in der Natur? Und dann entdecken Kim, Franzi und Marie auch noch einen versenkten Schatz. Ist das etwa Diebesgut? Bei einer wilden Verfolgungsjagd auf dem Fluss kommt es zum Showdown.

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Geheimnis am Fluss

Kirsten Vogel

KOSMOS

Umschlagillustration von Ina Biber, Gilching

Umschlaggestaltung von Sabine Reddig

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© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50276-1

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Mein lieber Schwan

»Findest du das nicht etwas übertrieben?« Franzi hatte ihr Handy zwischen ihrer linken Schulter und der Wange eingeklemmt. Auf der anderen Schulter saß Eule Matilda. In der rechten Hand trug sie einen Eimer Hafer, den sie in den Futtertrog ihres Ponys Tinka kippen wollte. Sie betrat den Pferdestall. Huhn Polly hinkte neben ihr her und pickte an ihrem Schnürsenkel. Franzi schielte zu ihr hinunter und versuchte, das Huhn mit der linken Hand zur Seite zu schieben. »Stopp, sonst gibt es gleich einen Unfall.« Aber Polly dachte nicht daran aufzuhören, und Blake, mit dem Franzi telefonierte, hatte sie missverstanden. »Nein, ich meinte nicht dich, Blake, sondern Polly. Ich finde aber, dass du nach deinem Unfall mit der Hand auch vorsichtig …«

In diesem Moment stolperte Franzi über ihren offenen Schnürsenkel. Sie taumelte. Ihr Handy fiel ihr aus der Hand und Eule Matilda flatterte erschrocken durch den Stall. Franzi konnte sich gerade noch an dem Regal festhalten, das sich genau neben ihr an der Wand befand. Der Eimer rutschte ihr aus der Hand und die Hälfte der Haferkörner rieselte auf den Stallboden. »Mann, Polly, was sollte das denn jetzt?« Franzi hob ihr Handy hoch und wischte den Staub vom Display. »Blake? Bist du noch dran? Ich bin gerade gestolpert. Polly ist den ganzen Tag schon so eifersüchtig auf Matilda. Jetzt hat sie mir die Schnürsenkel aufgepickt und ich bin darüber gestolpert.«

Franzi klemmte ihr Handy wieder zwischen Schulter und Wange und hockte sich neben der gackernden Polly auf den Boden. Sie wollte den Schuh zubinden, da kam Matilda wieder angeflogen und setzte sich auf ihren Rücken. Franzi seufzte. »Sorry, Blake, ich rufe dich später an. Pass auf dich auf.« Franzi hauchte einen Kuss ins Telefon und drückte das Gespräch weg.

Polly hatte angefangen, die Haferkörner aufzupicken. Sanft schob Franzi das Huhn beiseite. »Polly, stopp, das ist Tinkas Futter. Ihr bekommt auch gleich noch was.« Dann nahm sie Eule Matilda von ihrem Rücken herunter. Matilda blieb in sicherer Entfernung zu Polly auf dem Boden sitzen und sah Franzi mit ihren großen Augen an. »Du kannst ruhig aus dem Stall fliegen, Matilda, du musst hier nicht dabei sein.« Aber Matilda blieb sitzen.

Franzi Winkler lebte mit ihrer Familie und ihren Tieren auf dem Winklerhof. Ihr Vater war Tierarzt und betrieb auf dem Hof eine eigene Praxis. Vor einiger Zeit hatte Franzi mit ihrer Schwester Chrissie und deren Freund Niko die kleine Eule bei einem Waldbrand gerettet. Matilda war mit einem Schreck und einem verletzten Flügel davongekommen, und Franzi hatte sie mit auf den Winklerhof gebracht, wo sie sich gemeinsam mit Paul, dem Praktikanten ihres Vaters, um Matilda gekümmert hatte. Der Flügel war mittlerweile längst verheilt und aus dem kleinen Eulenküken war eine stattliche Eule gworden. Allerdings war die Eule keineswegs gewillt, sich wieder allein in die Natur zu begeben. Im Gegenteil, sie hatte sich so an Franzi gewöhnt, dass sie nun wie das hinkende Huhn Polly, das schon lange auf dem Hof lebte, immer Franzis Nähe suchte.

Franzi freute sich jeden Morgen, wenn sie den beiden und ihrem Pony Tinka vor der Schule Futter brachte. Auch wenn sie der kleine Konkurrenzkampf der beiden Vögel manchmal etwas nervte, war sie doch auch sehr glücklich, dass Matilda noch immer bei ihnen war. Aber Franzi war auch klar, dass die Eule ein wilder Vogel war und eigentlich wieder in den Wald gehörte.

War sie vielleicht zu vorsichtig? Blakes Hand war ja genau wie Matildas Flügel wieder verheilt. Gerade hatte er ihr am Telefon berichtet, dass er nun auch wieder richtig trainierte, denn das nächste WCMX-Turnier stand an. Seit einem Reitunfall saß Franzis Freund im Rollstuhl. Er war sehr sportlich und machte WCMX, was eine Abkürzung für Wheelchair Motocross war. Kürzlich hatte er sich bei einem Unfall einen komplizierten Bruch im Handgelenk zugezogen und musste operiert werden. Zunächst war nicht klar gewesen, ob er überhaupt jemals wieder WCMX betreiben konnte. Franzi freute sich sehr für ihn, dass alles so gut verlaufen war, aber sie war sich einfach nicht sicher, ob es gut war, jetzt gleich wieder Vollgas zu geben.

Tinka wieherte.

»Ja, du bekommst gleich dein Futter.« Franzi zog ihre Haargummis fester. Sie wusste gar nicht, was sie zuerst machen sollte: die Tiere füttern, Tinkas Stall ausmisten oder packen?

»Ach, hier bist du!« Marie kam in den Stall gehüpft und umarmte Franzi überschwänglich. Dabei verrutschte ihr großer Sonnenhut. »Warum liest du einzelne Haferkörner vom Boden auf, du bist doch nicht Schneewittchen?«

Kim stand in der Stalltür. »Du meinst Aschenputtel? Sie ist es, die die Linsen von den Erbsen trennen muss.«

Franzi stand auf. Dabei merkte sie, dass ihre Ferse aus dem Schuh gerutscht war. »Aschenputtel passt. Meinen Schuh hab ich auch verloren, dank Pollys Pickkünsten.«

Kim musste lachen, wurde dann aber wieder ernst. »Und wo ist dein Rucksack?«

Franzi schlüpfte in den Schuh. »Noch nicht gepackt.«

»Was?« Kims Stimme klang ein bisschen schrill. Aufgeregt plapperte sie drauflos. »Das ist ja wohl total lieb, dass Davids Vater ihn zum Angeln einlädt und wir auch noch mitdürfen! Herr Lindemann war laut meiner Mutter am Telefon so nett, dass sie selbst gern mitgefahren wäre.« Kim grinste schräg. »Zum Glück ist das nicht der Fall. Und ich bin auch froh, dass ich Ben und Lukas mal ein paar Tage nicht sehen muss. Die wollen mir jetzt beim Schreiben immer reinreden und machen so blöde Knutschgeräusche, wenn ich eine Liebesszene schreibe.«

Ben und Lukas waren Kims Zwillingsbrüder und raubten ihr oft den letzten Nerv, indem sie heimlich in ihrem Tagebuch lasen oder sich über ihre Süßigkeitenvorräte hermachten.

Sie tippte auf ihr Handgelenk an die Stelle, wo man normalerweise eine Uhr trug. »Also, wenn Herr Lindemann uns sogar abholt, sollten wir wenigstens abfahrbereit sein. David hat mir gerade geschrieben, dass sie in fünfzehn Minuten hier sind.«

»Da wir ja auch sonst schneller sind, als die Polizei erlaubt, sollte das doch zu machen sein!«, sagte Franzi entschieden. »Marie, kannst du Tinka füttern?« Sie wollte Marie den Eimer in die Hand drücken, aber die reagierte nicht. Stattdessen hockte sie neben Matilda, zog ihren blonden Zopf unter dem Strohhut zurecht und hielt ihr Smartphone für ein Selfie hoch. Aber Matilda dachte gar nicht daran, in die Kamera zu gucken, sondern flatterte mit den Flügeln und drehte sich weg. Stattdessen kam Polly angewackelt und setzte sich neben Marie.

»Los, Matilda«, zwitscherte Marie. »Ein Foto mit Polly und mir!« Sie wedelte mit den Armen, als wollte sie losfliegen. Dabei stieß sie beinahe mit Franzi zusammen, die gerade aufgestanden war. Der Eimer in Franzis Hand bewegte sich gefährlich.

»Sorry.« Marie zog entschuldigend die Schultern hoch. »Ich dachte, Finns Ententanz wäre was für Matilda. Die sind im Waldkindergarten zumindest alle ganz verrückt danach.«

Finn war Maries Halbbruder. Ihr Vater Helmut Grevenbroich war nun schon lange mit der Kamerafrau Tessa verheiratet. Finn war das gemeinsame Kind der beiden. Tessa hatte auch eine Tochter mit in die Ehe gebracht. Sie hieß Lina.

»Wofür brauchst du ein Selfie mit einer Eule?«, fragte Kim.

»Wenn ihr es unbedingt wissen wollt«, Marie rückte ihren Hut zurecht, »Jakob kennt sich sehr gut aus mit wilden Vögeln und ich hab ihm von Matilda erzählt. Er wollte mal ein Foto sehen.«

»Und warum musst du da mit drauf?« Kim grinste. »Bist du auch ein Vogel?«

»Weiß Holger, dass du seinem Freund Selfies von dir schickst?«, schaltete sich Franzi ein.

Marie nahm ein paar Haferkörner auf die Hand und hielt sie Polly hin. »Ich hab doch gar keins verschickt.«

»Mein detektivischer Spürsinn sagt mir, dass du Jakob ganz gut findest?«, fragte Franzi freiheraus. »Er sieht gut aus, ist nett, sportlich …«

»Vielleicht ist es eher ein Fall für unseren Freundinnen-Spürsinn«, korrigierte Kim. »Und Jakob scheint auch noch lustig zu sein.«

»Außerdem mag er Tiere«, ergänzte Franzi.

»Das ist kein Fall für die drei !!!«, sagte Marie beleidigt und warf die Körner in den Eimer.

Kim Jülich, Franziska Winkler und Marie Grevenbroich waren trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheuten die allerbesten Freundinnen. Sie hatten einen Detektivclub gegründet und nannten sich Die drei !!!. Insgesamt hatten sie schon mehr als neunzig Fälle erfolgreich gelöst. In ihrem letzten Fall hatten sie in einem Schloss den Diebstahl einer Gemäldefälschung aufgedeckt.

Franzi hatte begonnen, Tinkas Stall auszumisten. Das Pony stand ruhig neben ihr und legte Franzi den Kopf auf die Schulter. »Wenigstens bist du nicht so ein aufgeregtes Huhn«, flüsterte Franzi Tinka ins Ohr, während sie ihr über die weiche Nase strich. »Ich werde dich vermissen, aber in wenigen Tagen bin ich wieder da.«

»Auch wenn unser letzter Fall noch gar nicht so lange her ist, bei mir kribbelt es schon wieder im Bauch«, gab Kim zu.

»Du verwechselst das bestimmt mit deiner Liebe zu David«, sagte Franzi. »Ihr seid ja auch noch in der frischen Verliebtheitsphase.«

»Da bleiben wir auch!«, flötete Kim und sprang auf. Sie umarmte Franzi. Wieder wackelte der Eimer. »Ich bin so glücklich. Und so aufgeregt. Und gleich fahren wir das erste Mal zusammen weg.«

Eine laute Hupe tönte über den Hof.

»Da sind sie!« Kim lief los. »Franzi, jetzt musst du dich aber echt beeilen.«

Marie hatte es nicht geschafft, Matilda zu einem Selfie zu motivieren. »Ich helfe dir!« Sie nahm die Schubkarre. Weil das Rad klemmte, ruckelte sie daran herum und stieß gegen Franzis Schienbein. »Entschuldigung.«

Franzi lachte. »Ihr verrückten Hühner flattert genauso aufgeregt herum wie Polly und Matilda.«

Marie musste ebenfalls lachen.

»Zum Glück hat deine Mutter uns diese fantastischen Proviantboxen gepackt«, nuschelte Kim mit vollem Mund. Während der zwei Stunden Autofahrt hatte sie neben David auf der Rückbank entspannt die Croissants gemümmelt. Franzis Mutter betrieb einen sehr erfolgreichen Backservice und die drei !!! zählten sich zu ihren größten Fans. Weil die Freundinnen sich durch die Initiative von Franzis großer Schwester Chrissie sehr für den Umweltschutz engagierten, war auch Frau Winkler immer mehr darauf bedacht, die Umwelt zu schützen. Und so hatte sie Plastikverpackungen komplett aus ihrem Repertoire gestrichen. Die Kuchen und Torten, welche sie für Veranstaltungen herstellte und auslieferte, waren stets in schönen und stabilen Pappkartons verpackt. Kim knüllte die Papiertüte zusammen. »Kein Krümel ist mehr übrig.«

»Deine Eltern sind echt nett, Franzi, und euer Hof gefällt mir sehr«, sagte Davids Vater.

Während sie darauf gewartet hatten, dass Tinkas Stall sauber und Franzis Rucksack gepackt war, hatte Frau Winkler Herrn Lindemann noch auf einen Kaffee eingeladen. Dirk Lindemann hatte ein Jahr im Ausland als Architekt gearbeitet und war nun wieder zurück in Deutschland, wo er mit seinem Freund dauerhaft bleiben wollte. Das Problem an der Sache war nur, dass die beiden eine schöne Eigentumswohnung in einer anderen Stadt gekauft hatten. Um seinen Vater regelmäßig sehen zu können, wollte David nun an jedem zweiten Wochenende zu ihm fahren. Franzi wusste, dass das für Kim nicht leicht werden würde, denn die beiden Turteltäubchen Kim und David waren nicht nur immer noch verliebt wie am ersten Tag, sie teilten auch eine Leidenschaft: das Schreiben. Erst kürzlich war ihr erster gemeinsamer Fantasykrimi bei einem Verlag als E-Book erschienen. David hatte eigentlich den Plan verfolgt, eine Fortsetzung zu schreiben, aber das war für Kim nicht infrage gekommen. Sie hatte mehr Lust, mal etwas Realistischeres zu schreiben, und sich durchgesetzt: Das aktuelle gemeinsame Projekt war ein Fortsetzungs-Liebesroman, welcher bereits seit einiger Zeit regelmäßig in einer Jugendzeitschrift erschien. Kim hatte zunächst unter einer Schreibblockade gelitten, aber die hatte sie mittlerweile überwunden und war wieder voll und ganz in ihrem Element.

»Wir sind gleich da«, verkündete Davids Vater, der den Kleinbus extra für das verlängerte Wochenende geliehen hatte. Er fuhr an dem Ortsschild von Schwanbach vorbei und bog von der Landstraße auf einen schmalen Weg ab, der von hohen Pappeln gesäumt war.

»Ich bin schon so gespannt.« Kim ließ die Fensterscheibe nach unten fahren und atmete die Luft ein. »Bis jetzt habe ich noch nie auf einem Hausboot geschlafen.«

»Ich auch nicht.« Franzi blinzelte in die Baumkronen. Das Wetter war vielversprechend. Der Himmel strahlte in kräftigem Blau und die Sonne schien. Franzi hoffte, dass sie in den kommenden Tagen ein wenig abschalten konnte von Matilda, Polly und den Sorgen, die sie sich um Blake machte.

Herr Lindemann lenkte das Auto um eine Kurve und der Fluss kam in Sicht. Nach ein paar Metern hielt er an. »Da sind wir! Willkommen in Schwanbach!«

»Hurra!« Franzi schob die Tür auf und sprang als Erste heraus, gefolgt von Marie, die zum Ufer lief. »Das ist ja paradiesisch!«

Um sie herum wuchsen Trauerweiden, deren Äste ins Wasser hingen. Durch das Schilf glitzerte das Wasser in der Sonne.

»Der Fluss ist ein Nebenarm eines größeren Flusses«, erklärte Davids Vater. »Hier gibt es keinen Schiffsverkehr.«

Franzi atmete tief ein. Die Natur wirkte unberührt. Menschen waren nicht zu sehen, auch keine Häuser. Die Autos, die auf der Landstraße entlangfuhren, konnte man höchstens erahnen. Dafür hörte man das leise Plätschern der Wellen, die ans Ufer schwappten. Franzi schnupperte. Es duftete nach Sommer, Beeren, Blumen, Tannennadeln und Sonne. Ein hellblauer Schmetterling flatterte an ihr vorbei.

Marie, Kim und David waren neben sie getreten.

Kim hauchte David einen Kuss auf die Wange. »So lieb, dass ihr uns mitgenommen habt.«

»Ich freue mich einfach, euch endlich mal kennenzulernen«, sagte Herr Lindemann, der den ersten Koffer aus dem Auto hievte. »David hat in seinen E-Mails so oft von dir berichtet, Kim. Und von euch natürlich auch.«

»Papa!«, sagte David vorwurfsvoll. Es schien ihm peinlich zu sein, dass sein Vater das so offen ausplauderte.

»Wenn Kims Vater im Ausland gewesen wäre, hätte sie ihm auch Briefe über dich geschrieben«, besänftigte Franzi David.

»Sie hätte ganze Liebesromane geschrieben«, ergänzte Marie und erntete einen vorwurfsvollen Blick von Kim, die sich verlegen eine Haarspange in den kurzen Pony klemmte.

Herr Lindemann wuschelte seinem Sohn durch die braunen Haare. »Die Liebe ist eine so wundervolle Sache. Übrigens, ich soll euch von Berti grüßen. Er findet es sehr schade, dass er nicht dabei sein kann. Aber er konnte sich nicht freinehmen.«

»Danke. Liebe Grüße zurück«, sagte Kim. »Ist Berti Ihr Freund?«

»Genau. Er heißt eigentlich Berthold. Und: Sagt doch bitte Du zu mir. Ich bin Dirk.«

»Machen wir!« Franzi sah sich um. Erst jetzt entdeckte sie einige Meter entfernt zwei Hausboote, die an einem kleinen Steg lagen und sich ganz leicht im Rhythmus der Wellen bewegten. Die Außenwände waren aus Holz. Eins der beiden Boote war knallgelb angestrichen, das andere dunkelrot. Die Fensterrahmen strahlten weiß und an beiden Häusern hing ein großer Rettungsreifen. Die Boote waren fest vertäut. Eine Veranda führte einmal um jede Hauskabine. Darauf hing eine Hängematte, außerdem gab es eine Art Terrasse mit Stühlen und einem Tisch. Franzis Herz machte einen kleinen Hüpfer. Zusammen mit dem blauen Himmel und den vielen grünen Bäumen sahen die bunten Boote fast so aus wie die Zeichnungen aus einem schwedischen Kinderbuch.

Davids Vater hatte das Gepäck ausgeladen.

»Danke!« Franzi nahm ihren Rucksack und lief vorweg.

»Ihr wohnt im gelben Hausboot und wir im roten«, erklärte Dirk. »Die Boote sind am Steg befestigt und unsere Schlafzimmer so nah beieinander, dass ihr mich womöglich schnarchen hören könnt.« Er lachte. »Ihr braucht also keine Angst zu haben, ich bin ganz in eurer Nähe. Und David natürlich auch.«

Das Holz knarrte, als sie über den Steg zum Hausboot liefen.

»Das ist der absolute Hammer!«, rief Marie. Sie betrat die kleine Terrasse und stellte ihren Koffer ab.

Hier stand ein Holztisch mit mehreren Stühlen und Franzi freute sich schon auf das Abendessen mit Blick auf den Fluss.

Dirk Lindemann gab den Mädchen einen Schlüssel. »Ahoi, Matrosinnen!« Dann drehte er sich zu seinem Sohn. »Komm, Matrose, wir begutachten mal unsere Kabine.«

David gab Kim ein Küsschen auf die Wange und verschwand mit seinem Vater im roten Hausboot.

Kim schloss die Eingangstür auf und betrat das gelbe Hausboot als Erste. »Das ist ja superschön hier!«, rief sie entzückt.

Marie kam hinterher. Sie warf ihren Sonnenhut wie eine Frisbee auf das Bett im hinteren Bereich der Kabine.

Franzi entdeckte drei Stand-up-Paddle-Boards, die an der Hauswand des roten Hausboots lehnten. »Dürfen wir die etwa auch benutzen?«

»Klar!« Dirk sah aus einem der Fenster herüber. »Deshalb solltet ihr Neoprenanzüge mitnehmen!«

Glücklich sah Franzi auf das Wasser, das in der Sonne glitzerte. »Da ist ein Schwan mit mehreren Küken!« Doch plötzlich erschrak sie. Hektisch wühlte sie ein Fernglas aus ihrem Beutel und drehte am Rädchen, um es scharf zu stellen.

»Was ist denn?«, wollte Marie wissen.

»Die Schwanenmama hat eine Plastiktüte am Flügel hängen!«, rief Franzi alarmiert. Sie sprang auf und raste zum Ende des Stegs. Die Schwäne waren mindestens zehn Meter von ihr entfernt. »Wir müssen ihr helfen!«

Fundstücke

»Was, wenn sich der Schwan oder eines seiner Küken noch mehr darin verheddert? Allein kann er sich bestimmt nicht davon befreien«, rief Franzi ihren Freundinnen zu. Sie überlegte fieberhaft, ob sie ins Wasser springen und hinschwimmen sollte.

Franzi war sehr sportlich und würde ihn mit wenigen Schwimmzügen schnell erreichen, aber der Vogel würde sich verfolgt fühlen und wegschwimmen. Sie musste ihn anlocken. Aber womit? Hastig lief sie über den Steg wieder zurück zum Hausboot und wühlte in ihrem Beutel, aus dem sie die Papiertüte mit ihrem Reiseproviant hervorholte. Daraus schnappte sie sich das letzte halbe Croissant. »Zum Glück hast du das noch nicht verputzt, Kim.« Sie lachte.

Kim grinste. »Wenn du es mir so vor die Nase hältst, ist es wahrscheinlich gleich weg.«

»Nix da!« Franzi versteckte das Gebäckstück hinter ihrem Rücken.

»Was hast du jetzt damit vor?«, wollte Marie wissen.

»Ich möchte den Schwan anlocken, damit ich die Plastiktüte vom Flügel entfernen kann«, erklärte Franzi. Mit schnellen Schritten ging sie über den Steg.

»Schwäne sind nicht ungefährlich«, warnte Marie, die neben ihr lief. »Ich wurde als kleines Mädchen mal beinahe von einem gebissen, als ich ihn füttern wollte.«

»Ja, Schwäne können aggressiv werden, vor allem, wenn sie ihre Küken beschützen wollen«, sagte Franzi. Sie kippte die Tüte über dem Wasser aus. Krümel rieselten auf die Wasseroberfläche. Die Schwanenmutter kam langsam näher. Ihre Küken blieben dicht bei ihr. Sie waren noch grau und ganz flauschig. »Und eigentlich soll man Enten und Schwäne auch gar nicht mit Brot oder Brötchen füttern«, erklärte Franzi.

»Deine Mutter verwendet doch nur Bio-Zutaten, oder?«, fragte Kim.

Franzi nickte. »Aber die Tiere vertragen das Salz und den Zucker nicht. Sie hielt das Brötchen in Richtung der Schwäne. »Außerdem verunreinigt Brot in Ententeichen auch oft das Wasser und die Wasserqualität leidet. Durch die zusätzlichen Nährstoffe wachsen dann immer mehr Algen, und das führt wiederum dazu, dass weniger Sonnenlicht ins Wasser kommt und den Unterwasserpflanzen das Licht für die Fotosynthese fehlt.«