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Fachbuch aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Psychologie - Methoden, , Sprache: Deutsch, Abstract: Dieses Buch hilft Ihnen einerseits, Ihre impliziten, also unbewussten Einstellungen gezielt zu nutzen – beruflich wie privat. Andererseits führt bereits die Bewusstmachung intuitiver Eingebungen häufig dazu, eine Entscheidung in ihre Bahnen zu lenken. Dieses Buch soll Klarheit und Ordnung in Ihre Entscheidungen bringen. Oft ergibt sich bereits aus dieser Klarheit heraus der Drang zu handeln, etwas tun zu müssen, ganz einfach weil klar ist, was zu tun ist. Es scheint dann keinen anderen Weg mehr zu geben als nur den einen. Unser Körper zeigt uns mit seinen empfundenen Emotionen an, was zu tun ist. Dagegen zu rebellieren, wenn wir diese Klarheit erst einmal erlangt haben, fällt wirklich schwer. Vor diesem Hintergrund beleuchtet das Buch Wesen und Wirken von Motiven genau so wie es auf die emotionalen Hintergründe intuitiver Eingebungen eingeht.
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Veröffentlichungsjahr: 2009
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Michael Hübler
Die Kunst emotionaler Entscheidungen
Mit Intuition und bewussten Motiven gegen Zerrissenheiten und Ängste in der Entscheidungsfindung
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Der Autor
Michael Hübler ist Diplom-Pädagoge, Sozialmanager und Focusing-Berater (i.A.). Er lebt und arbeitet zusammen mit seiner Familie als freiberuflicher Trainer, Berater und Autor in Fürth, Großraum Nürnberg. Sein Spezialgebiet betrifft Entscheidungen in jeglicher Hinsicht: Persönlichkeitsentwicklungen, Karriereentscheidungen, Work-Life-Balance (insbesondere für Väter), Risikomanagement, kreative Problemlösungen und emotionale Entscheidungen, Entscheidungen unter Stress oder Teamentscheidungen. Michael Hübler ist Mitglied im Väter-Experten-Netz-Deutschland (vend-ev) und in der Gesellschaft für Zeitkultur, mit der er zusammen ein Zeitkultur-Audit entwickelte. Michael Hübler gibt Trainings, Vorträge und Seminare u.a. für die Datev eG, Bosch, das Fraunhofer Institut IS, die TU München, die Hochschule Nürtingen-Geislingen, die Bundeswehr-Universität München, das Klinikum Nürnberg und die IHK Würzburg. Weitere Informationen finden Sie unter: www.michael-hübler.de
Illustrationen des Bildertests Silke Klemt. Restliche Illustrationen Michael Hübler.
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Vorwort: Bewusstmachung und Klarheit sind das A und O einer guten EntscheidungLektion 1: Treffen Sie klare und bewusste Entscheidungen
Wichtige Entscheidungen werden nicht einfach so gefällt. Sie müssen reifen. Sie brauchen Zeit. Sie brauchen Geduld. Und was Sie am meisten brauchen sind Klarheit und Bewusstheit. Eine gute Entscheidung benötigt zusätzlich ein feste Basis. Etwas, das nicht davon rutscht. Sie benötigt einen festen Boden unter den Füßen. Und dieses Fundament liefert Ihnen die Klarheit über Ihre Urteile. Als Bild kann Ihnen ein Fußballspieler dienen, der über ein festes Standbein und ein flexibles Spielbein verfügt. Wie steht Ihr Körper, respektive Ihr Bauch als 'Urteils-Basis' zu einer Entscheidung? Entscheiden Sie vor dem Hintergrund positiver oder gegen negative Emotionen1? Haben Sie sich klar für eine Richtung entschieden, anstatt allzu lange in der Schwebe zu bleiben? Manchmal kann uns bereits ein Münzwurf zwingen, diese Klarheit zu finden nach dem Motto:"Zahl. Na gut, aber ich mache es dennoch anders!" Doch manchmal dauert es auch länger. Manchmal sind die inneren Widersprüche zu komplex, um sie sofort aufzulösen. Ich möchte an dieser Stelle mit einem Missverständnis aufräumen, das immer auftaucht. Es handelt sich dabei um die Frage "Wie sollten wir denn nun entscheiden, kognitiv oder intuitiv"? Antwort: Sowohl als auch! Wenn Sie sich ein Ziele mit dem Kopf setzen, überlegen Sie sich Wege zur Zielerreichung mit dem Kopf, um deren Sinnigkeit und Richtigkeit schließlich emtional zu überprüfen, d.h.: Sie befragen Ihre Ziele, ob diese mit Ihren Motive übereinstimmen. Oder Sie denken sich Alternativen zum aktuellen IST-Zustand aus, welche Sie ebenso mittels Ihrer Intuition auf Herz und Nieren prüfen sollten, bevor Sie die notwendigen Schritte einleiten.
Unsere ältere Tochter wird dieses Jahr eingeschult. Da wir verantwortungsvoll mit dieser Aufgabe umgehen möchten, stellt sich uns die Frage, die sich viele andere auch stellen: Privatschule, ja oder nein? Ist eine Privatschule keine Option, sei es aufgrund der finanziellen Mittel oder einfach weil wir uns keine Gedanken darüber machen (möchten), wären wir sicherlich glücklicher, zumindest sorgloser. Es ist einfach so, wie es ist. Die LehrerInnen der Sprengel-Schule sind nicht immer großartig. Sie haben es ja auch - je nach Wohn-Viertel nicht immer leicht. Das Schulkonzept ist vielleicht auch nicht überzeugend. Aber wie gesagt: Es ist wie es ist. Doch in Anlehnung an den Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick lässt sich formulieren: Wir können uns nicht nicht entscheiden - auch wenn es manchmal so scheint, z.B. wenn wir unser Kind impfen lassen. Auch wenn es sich ein wenig unsicher anfühlt und wir schon einige Geschichten - oder sind das Gerüchte? - über Impfschäden hörten. Dennoch, als soziale Faustregel gilt meist:"Tu was die anderen tun. Dann wirst Du nicht ganz falsch liegen". Meistens funktioniert das. Doch die (impfende oder 'regelschulende') Masse liegt nicht immer richtig, wie uns die Geschichte vieler Kriege (Krankheiten oder Kindheitsentwicklungen) lehrt. Außerdem gibt es meist mehrere Massen, zu denen wir uns zugehörig fühlen und die uns wie Magnete anziehen. Mal dahin und mal dorthin.
1 Die meisten Forscher unterscheiden zwischen Emotionen und Gefühlen. Emotionen gelten als körperlich und meist unbewusst, während Gefühle den bewusst-empfundenen Teil ausmachen (siehe u.a. Stefan Klein: Einfach glücklich, S. 18). Erst diese Bewusstmachung kann dazu führen, dass wir auch entsprechend auf die Emotionen reagieren und gegensteuern. Ich spreche im folgenden meist von Emotionen, da ich genau dies im Sinn habe: Die Bewusstmachung der Emotionen, um damit zu arbeiten. Eine sprachliche Trennung ist diesbezüglich ohnehin schwierig, da im Alltag beide Begriffe quasi gleichbedeutend verwendet werden.
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Diese Beispiele sind eine Auswahl von all den Momenten, in denen wir uns entscheiden müssen, ob wir agieren oder reagieren. Wenn es darum geht, welche Arbeitsangebote Sie annehmen und welche nicht? Wenn es darum geht, wie Sie Ihr weiteres Leben ausrichten - beruflich und privat. Wenn es um Weiterbildungen oder die Auswahl des perfekten Hobbys geht. Wenn es um Wohnungssuche, Haus- und Autokauf geht oder der nächste perfekt zu planende Erholungsurlaub ansteht.
Als Trainer und Coach stieß ich auf ein Paradoxon, das ich mit diesem Buch auflösen möchte: Manche Menschen greifen gerne zu Entscheidungsmethoden oder -techniken, um sich sachlich mit einem Thema auseinander zu setzen. Bücher dazu gibt es genügend, zumeist aus dem Kreativbereich. Diese eher klassisch männliche Art der Entscheidungsfindung ist auf der Suche nach der optimalen Entscheidung mit Portfolio-Analysen, Mindmaps, morphologischen Kästen, Entscheidungsbäumen oder den Prinzipien der Spieltheorie. Mindmaps halte ich grundsätzlich für sinnvoll, wenn ich in einem Problem bis zum Halse stecken bleibe und neue Informationen sammeln und sortieren muss. Andere Methoden wie die Spieltheorie sind so komplex, dass sie bereits dadurch jeder Alltagstauglichkeit beraubt werden. Ich persönlich als Wahrnehmungs- und Bauchmensch werde eher verrückt, als dass ich damit auf eine Lösung komme. Womit wir bei den anderen Menschen sind. Nein, nicht den Verrückten! Sondern Menschen wie ich, die gerne - wie es vermehrt Frauen nachgesagt wird - aus dem Bauch heraus entscheiden. Die Tatsache, dass ich - trotz Bauch, Wahrnehmung und Focusing - nicht auf Methoden verzichten möchte und definitiv wissen will, was da 'in uns vor sich geht', wenn ich eine intuitive Eingebung habe, brachte mich auf die Idee, das eingangs erwähnte Paradoxon aufzulösen: Wie schaffe ich es, eine Methode zu entwickeln, die beides vereinbart: Das Bauchgefühl und den analytischen Verstand, Gefühl und Geist, Intuition und Intelligenz, Herz und Verstand?
Was ich Ihnen mit meinem Modell der Entscheidungsmotive2anbiete, ist die Verbindung Ihrer inneren Einstellungen, Ihres emotional bewussten, vorbewussten und unbewussten Wissens und der Außenwelt. In jeder neuen Situation trifft diese Innenwelt auf die Außenwelt.
Mein Modell hilft Ihnen, auf eine klare, bewusste und strukturierte Art und Weise unbewusste Emotionen und Motive mit in Ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen. Das vorliegende Buch hilft Ihnen, Ihre Entscheidungen von einem sehr persönlichen Standpunkt aus selbstsicher und stimmig zu treffen. Stimmig in dem Sinne, dass Ihr Verstand und Ihre Gefühle an einem Strang ziehen. Dabei habe ich weniger kreative Höhenflüge im Sinn. Ich möchte Ihnen vielmehr die Fähigkeit vermitteln, Ihre ganz persönliche Suche nach glücklichen Entscheidungen selber in die Hand zu nehmen. Wie funktioniert das? Als erstes habe ich zur Strukturierung Ihrer inneren Einstellungen eine Kategorisierung von Motiven in zehn Dimensionen vorgenommen, bestehend aus Motiven, Werten und Bedürfnissen, nach allem, nach dem wir Menschen streben, was uns letztendlich glücklich macht. Wenn ich dabei von Motiven spreche, meine ich sowohl bewusste wie auch unbewusste Motive. Es handelt sich dabei um die Dimensionen: Selbstverwirklichung und Stärke,
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Zugehörigkeit, Sicherheit und soziale Tugenden,
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Leistung zeigen und Mut zu neuen Erfahrungen
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sowie geistige, körperliche und seelische Vitalität.
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2 Der Begriff des Motivs bedeutet in der Motivationspsychologie eine stabile Einstellung, nicht angeboren und sich somit von körperlichen Basisbedürfnissen abgrenzend und ein klares Handlungsziel verfolgend.
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Ein einfaches Beispiel: Sie haben ein grundlegendes Bedürfnis nach Freiheit - Freiheit in allen Facetten und Schattierungen. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf Ihre Entscheidungen: Wohnen im Grünen, eine große Wohnung, große Zimmer, freie Entscheidungen in der Arbeit bis zur Selbständigkeit, lose Beziehungen und Bindungen zu anderen Menschen usw. All dies kann sein, muss aber nicht. Doch einige dieser Punkte werden Sie unbewusst oder auch bewusst durch Entscheidungssituationen steuern. Nach der Lektüre dieses Buches sind Ihnen diese Motive weitgehend bewusst, um klarere und aktivere Entscheidungen zu treffen.
Diese Motive streben wir an, um - verknüpft mit der Philosophie hinter der Therapie- und Beratungsmethode Focusing und dem homöodynamischen Prinzip - unser Lebenssystem nach innen und außen zu schützen, unsere Beziehungen aufrecht zu erhalten und langfristig unser Leben reichhaltiger zu gestalten. Diese Motive bestimmen unser Leben entscheidend mit. Dabei werden bis zu 70% unserer Entscheidungen - um eine Hausnummer zu nennen - von unbewussten Motiven geprägt. Dies gilt vor allem für Menschen, die viel mit Informationen arbeiten, z.B. Wissensmanager. Diese 70% klingen nach viel, vielleicht zuviel, sodass Sie sich sagen:"Das kann doch nicht sein". Doch auch in anderen Bereich taucht dieselbe Zahl auf, wenn es darum geht, in welchem Umfang wir nonverbal, also mit Gesten, Mimiken und unserem Tonfall kommunizieren. Und nonverbal heißt weitgehend unbewusst oder auch unübersetzt. Denn das, was noch vorsprachlich in unserem Körper 'brodelt', muss erst noch in Sprache übersetzt werden, damit andere es verstehen. Damit aber auch wir selbst es verstehen.
Die Existenz und Wichtigkeit dieser Motive, wenn auch unter anderem Namen, ist unbestritten. Die Wichtigkeit für Sie persönlich kann sehr unterschiedlich sein. Sie bekommen später die Möglichkeit, die Wichtigkeit jeder einzelnen Dimension der Motive als ein Herzstück des Buches für sich als Standortbestimmung zu bewerten - eine intensive Auseinandersetzung mit Ihren ganz persönlichen Bedürfnissen, Werten und Motiven. Damit haben Sie eine Matrix, ein Instrument an sich in der Hand, um aktive Entscheidungen zu treffen, da Sie mit dem Wissen um Ihre Motive ganz anders in Situationen hineingehen werden.
Dass Sie bestimmte Motive Ihres Lebens, Ihre Lebensmotive, genau in dieser Ausprägung haben ist kein Zufall. Motive sind in der Regel - wenn auch mit einer gewissen Flexibilität - bei jedem Menschen einigermaßen konstant:"Das ist mir eben wichtig", "Danach richte ich mein Leben aus" usw. Und weil Ihnen bestimmte Lebensmotive als Teile unseres autobiographischen Ichs so wichtig sind, sind sie mit bunten Farben emotional gemarkert:"Schau her, das ist mir besonders wichtig, ich habs gleich mal markiert!". Hier greift die Theorie der somatischen Marker des Neuropsychologen Antonio R. Damasio: Zu allem was Ihnen wichtig ist, haben Sie eine Emotion und ein Gefühl abgespeichertmanchmal direkt und manchmal über den Umweg einer Körperempfindung. Wenn es Ihnen wichtig ist, in Gemeinschaft zu sein, reagieren Sie mit Trauer oder Wut im weitesten Sinne, wenn Sie abgewiesen werden. Sie sind dann nicht einfach alleine, sondern empfinden ein ganzes Bündel an Emotionen und Körperempfindungen; Gedanken und Bilder schwirren Ihnen im Kopf herum. Sie sind traurig, wütend und beleidigt gleichzeitig, haben vielleicht den Drang, sich schnellstens nach einer neuen Gruppe umzusuchen oder rufen enge Freunde an, die leider zu weit weg wohnen, um sie sofort zu treffen. Insbesondere die Reaktionen auf körperlicher Ebene laufen automatisch ab - andere Reaktionen erst nach kurzem oder längerem Nachdenken, nach einer Phase der Bewusstmachung, des bewussten In-sich-Hineinhorchens.
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Dies ist das Leben - nun zu den Entscheidungsmotiven. Entscheidungsmotive sind genau jene Motive, die im Moment der Entscheidung wichtig sind. Entscheidungsmotive bezeichnen eine Auswahl aus Ihren Motiven, die situationsbezogen ein eigenes System aus Verknüpfungen untereinander aufgebaut haben. Auf den Punkt gebracht heißt dies: In bestimmten Situationen sind Ihnen bestimmte Entscheidungsmotive wichtiger als andere. Manche wiegen schwerer, manche leichter. Hinter manchen verbergen sich andere Schwergewichte. Manche wirken nur, wenn sie von 'Brüdern im Geiste' unterstützt werden. Doch für alle gilt: Ihr aktuelles Ich reagiert genau jetzt mit einer Situation, wodurch genau diese Motive in Ihnen entstehen.
In den meisten aktiven Entscheidungen spielen Ihre Motive eine enorme Rolle. Mit aktiv meine ich Entscheidungen, die Sie ganz bewusst angehen. Mit aktiv meine ich Wünsche, Ziele, Pläne, Träume und das Verfolgen Ihrer Interessen. Sie müssen sich entscheiden zwischen einem Urlaub auf dem Bauernhof und einer Kreuzfahrt durch die Karibik - wenn die Finanzen keine Rolle spielen. Sie überlegen, ob Sie lieber an einen See fahren oder ins Freibad gehen. Eben jenen Zerrissenheiten werde ich in diesem Buch auch zu Leibe rücken.
Sie müssen große Entscheidungen treffen, aber auch die vermeintlich kleinen können es in sich haben. Verschwenden Sie nicht zu viel Zeit und Energie auf die kleinen Entscheidungen. Wenn Sie die großen für sich mit System geklärt haben, werden die kleinen automatisch auf dem Fuße folgen.
Doch es gibt auch Entscheidungen, die reaktiv stattfinden: Eine Hebamme erkennt an der Hautfarbe eines Babys, was ihm fehlt, auch wenn Sie dies nicht unbedingt verbalisieren kann. Mit Motiven hat dies wenig zu tun. Außer natürlich dem Motiv, nichts falsch machen zu wollen, aber auch das ist eher reaktiv. Dies hat mehr mit einer Reaktion zu tun, als mit einem klaren Plan, mit einem Ziel, mit einer Motivation. Dies hat mehr mit einer Resonanz zu tun, die in uns intuitiv zu schwingen beginnt, wenn wir Informationen der Umwelt verarbeiten.
Vor den impliziten Einstellungen kommt Ihr implizites Wissen. Streng genommen handelt es sich hierbei um Ihre Intuition, sprich: Sie nehmen etwas wahr, gleichen es mit Ihrem impliziten Wissen ab und befragen sich selbst, wie dies zu Ihren Einstellungen passt. Die Bewusstmachung dieses Wissens, d.h. ihrer intuitiven Abläufe, ist ein weiterer Schwerpunkt des Buches. Eine Methode der Bewusstmachung liefert das Storytelling, eine der derzeit innovativsten Methoden. Beim Storytelling werden implizites Handlungswissen und Faustregeln aus den Geschichten von MitarbeiterInnen 'heraus gelesen'. Wir werden dies mit Hilfe von Emotions-Entstehungen und -abläufen tun. Noch einmal zurück zum Einstiegsbeispiel: Wenn ich an die Schule unserer Tochter denke, fallen mir folgende Merkmale ein, die für unsere Entscheidung eine Rolle spielen: Unsere Tochter soll die Möglichkeit bekommen, sich selbst innerhalb ihres eigenen
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Tempos zu entwickeln. Sie soll genau die Stärken entwickeln, die zu ihr passen und sie langfristig glücklich machen. Unsere Tochter ist nicht immer sehr schnell. Dafür kann sie sich gut unterordnen, um nicht aufzufallen. Sie ist ein sensibles und eher ruhiges Kind.
Unsere Tochter soll in eine Schule gehen, auf der sie andere Kinder trifft die anders
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sind und ihr andere Modelle vorleben. Sie soll aber auch genügend Raum für sich haben, den sie nur hat, wenn auch andere 'sensible' Kinder vorhanden sind. Diese Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe wirkt sich natürlich auch auf die Eltern aus. So wollen wir als Eltern nichts mit anderen Eltern zu tun haben, mit denen wir uns -aufgrund anderer Erziehungsstile - andauernd streiten müssten; oder am Ende sogar (ich als Pädagoge und meine Frau als Psychologin) mit den LehrerInnen.
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Diese soziale Geborgenheit würde unserer Tochter die nötige Sicherheit bieten, um
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in Ruhe heranzureifen. Wenn das emotionale Umfeld eher heimelig ist, so sollte das Programm der Schule anspruchsvoll und herausfordernd sein, voller Grenzerfahrungen und Kreativität (Stichwort: Standbein - Spielbein). Ebenso sollte die körperliche Vitalität angemessen gefördert werden, am besten
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nicht abgesondert vom restlichen Betrieb, sondern fließend zwischen den Unterrichtseinheiten.
Diese emotionalen Beweggründe gehen auf das zurück, was Sie in diesem Buch über Entscheidungsfindungen erfahren werden. Sicherlich gibt es noch mehr Gründe wie Fahrtzeiten, Freunde im Umfeld und natürlich Geld. Die Finanzen spielen jedoch meines Erachtens eine untergeordnete bzw. exponierte Rolle: Ist Geld vorhanden, sollte es weniger um das Geld an sich gehen, sondern vielmehr um den Einsatz für in diesem Fall die Schule oder eben etwas anderes. Ist es nicht vorhanden, ist die Entscheidungsfindung bereits abgeschlossen. Schulfreunde im Umfeld zu haben spielt natürlich eine wichtige Rolle. Doch sind Menschen, die sich zu solchen Themen Gedanken machen, meist ohnehin globalisierungsgeschädigt. Der Sprengel macht auch vor Freundschaften aus Universitäts-Zeiten keinen Halt. Den dritten Grund schließlich, die Zeit, lasse ich gerne gelten. Hier stellt sich nur die Frage, was mehr Zeit kostet: Fahren und glücklich sein über die Fortschritte und Geborgenheit des eigenen Sprösslings oder Nicht Fahren und sich ärgern über verständnislose LehrerInnen.3
Eine Verbindung zu unserem impliziten Wissen können wir herstellen, wenn wir uns vorstellen, wie sich die eine oder andere Schule anfühlt. Gerne auch in verschiedenen Szenarien, verbunden mit den Fragen: Was macht wütend? Was macht traurig? Was beruhigt? Was macht uns Sorgen? Angst macht uns der Ärger mit den Lehrern. Wütend machen Ungerechtigkeiten. Traurig werden wir, wenn unsere Kleine keinen guten Platz hier oder dort findet. Beruhigend ist die persönliche, kindgerechte Entwicklung. Sie sehen: Hier sind bereits einige explizite Ziele eingearbeitet, denn: Ohne Ziele keine Überprüfung! Die Gründe, sich unbewusstes Wissen und unbewusste Einstellungen bewusst zu machen sind reichhaltig vorhanden:
3 Ich betone ausdrücklich, dass nicht alle LehrerInnen verständnislos sind. Es gibt sehr engagierte LehrerInnen, die jedoch leider oftmals gegen Windmühlen kämpfen, sei es in Form der Schul-Konzepte, der KollegInnen oder der Schüler.
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Zusammengefasst in der Analyse des Entscheidungsproblems:
Dieses Buch hilft Ihnen einerseits, Ihre impliziten, also unbewussten Einstellungen gezielt zu nutzen - beruflich wie privat. Andererseits führt bereits die Bewusstmachung intuitiver Eingebungen häufig dazu, eine Entscheidung in ihre Bahnen zu lenken. Dieses Buch soll Klarheit und Ordnung in Ihre Entscheidungen bringen. Oft ergibt sich bereits aus dieser Klarheit heraus der Drang zu handeln, etwas tun zu müssen, ganz einfach weil klar ist, was zu tun ist. Es scheint dann keinen anderen Weg mehr zu geben als nur den einen. Unser Körper zeigt uns mit seinen empfundenen Emotionen an, was zu tun ist. Dagegen zu rebellieren, wenn wir diese Klarheit erst einmal erlangt haben, fällt wirklich schwer. Der Mediziner Joachim Bauer4spricht in diesem Zusammenhang von Handlungsneuronen, den Asterixen, denen bewusst wird, was zu tun ist - und Bewegungsneuronen, den Obelixen, die die Befehle der Asterixe umsetzen. Sie tun es nicht immer, fühlen sich bisweilen zu unsicher. Aber meistens folgen sie doch den Vorgaben Ihrer 'Herren'. Der Fokus des Buches liegt bei den Asterixen. Gerhard Roth nennt den Moment, indem im Gehirn durch bloßes Denken eine Entscheidung zustande kommt einen Willensruck. Wenn wir das Gefühl haben, etwas zu schaffen, wird der Motivations-Stoff Dopamin im Körper ausgeschüttet und legt dadurch sozusagen den mentalen Hebel um, dieses Etwas anzugehen.
4 Siehe Bauer: Warum ich fühle, was Du fühlst, S. 22ff
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Dennoch: Das Buch handelt nicht von der Umsetzung Ihrer Entscheidungen. Es zeigt Ihnen nicht, wie Sie selbstsicherer werden. Dafür gibt es jede Menge soziale Kompetenz-Training-Bücher. Für alle anderen oder bis dahin gilt: Wenn nichts mehr geht, kann ich immer noch mich selbst verändern. Und dies ist mitnichten zynisch gemeint: Vielleicht befinden Sie sich ja manchmal am falschen Platz mit Ihren Empfindungen? Oder der Platz passt nicht zu Ihnen? Wer weiß?
Die Quintessenz des Buches im grafischen Überblick
Sie verfügen über ein Fundament an Motiven, implizit und explizit, sowie einigen
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Zielen, die Ihnen helfen Entscheidungen aktiv anzugehen bzw. sich Situationen gezielt nach Ihren Motiven auszusuchen.
Alternativ dazu befinden Sie sich natürlich auch häufig in Situationen, die Sie sich nicht aussuchen können. Gut, wenn Sie bereits vorher wissen, was Sie wollen. In einer konkreten Situation empfinden Sie ein Bündel an Emotionen und Gefühlen
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auf geistiger wie körperlicher Ebene. Dieses Bündel sagt Ihnen, ob die Situation als Gesamtkomplex angenehm ist oder nicht.
Durch Feedback-Schleifen aktualisieren Sie immer wieder Ihre Motive mit Ihren
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Gefühlen, d.h. Sie testen fortlaufend mit Hilfe Ihrer Gefühle, ob Ihre Motive erfüllt werden.
Feedback: Verknüpfung von
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Um es auf den Punkt zu bringen: Dieses Buch soll Ihnen helfen, intuitiver zu 'denken'. Es soll Ihnen helfen, zu wissen, was Sie brauchen, um glücklich zu werden. Es soll Ihnen helfen, Ihre Gefühle und Emotionen besser wahrzunehmen. Der intuitive Mensch ist gerade deshalb glücklich, weil er all das, was er in der Vergangenheit erlebte mitnimmt in die Gegenwart: Als Erfahrungsgrundlage, Erfolgs-Wissen und Glücks-Wissen. Der intuitive Mensch spürt, wann er was tun und sagen muss, um innerhalb seines Systems genau im Fluss zu sein. Er entwickelt sich weiter, Schritt für Schritt. Nicht in großen Sprüngen, nicht immer mit Hilfe von Wagnissen. Doch er entwickelt sich und bleibt nicht stehen.
Ich betrachte Focusing als die Methode schlechthin, um seine Intuition und den Zugang zum Körper und somit auch die Basis der persönlichen Entscheidungsfähigkeit zu trainieren. Die Zusammenhänge von Focusing und den Erkenntnissen der Neurowissenschaften habe ich bereits an anderer Stelle ausführlich dargestellt5. Es folgt ein kurzer Einstieg in die Arbeit mit Focusing.
Das Prinzip der gleichschwebenden Aufmerksamkeit
Wichtig für die Entwicklung eines intuitiven Gespürs, dazu auch dem Zugang zu Ihrem Körper, ist eine tiefere Auseinandersetzung mit den eigenen Einstellungen sowie ein Training aufmerksamer Wahrnehmung, damit das Innere mit dem Äußeren in guter Weise kommuniziert.
Sobald Sie etwas Interessantes, Spannendes, Aufregendes oder Ängstigendes entdecken, wird Ihre Wahrnehmung oder Aufmerksamkeit gebunden. Wenn Sie sehr vertieft in eine Aufgabe sind, kann dies zu einer vollkommenen Absorbierung und Vereinahmung führen, sodass Sie nichts anderes mehr wahrnehmen. Sie identifizieren sich dann mit diesem einen Thema, als ob es keine anderen Themen in Ihrem Leben gäbe. Ein Mensch mit selektiver Wahrnehmung realisiert nur das, was in sein Weltbild passt. Alles andere wird ausgeblendet bzw. will er nicht wahr haben. Wichtig für die Entwicklung Ihrer Intuition als Innenschau ist die Haltung der gleichschwebenden Aufmerksamkeit, ein von Freud geprägter Begriff, im Wesen ähnlich zu Formen buddhistischer Meditation, speziell dem Prinzip der Achtsamkeit, gekennzeichnet durch Geduld, Hinnahme, Urteilslosigkeit, Vertrauen, Loslassen und Wunschlosigkeit. Ich nenne dieses Prinzip auch ein Mitschwingen mit Situationen oder Themen.
Die folgende Vorstellung soll Ihnen helfen, sich diesem Zustand anzunähern: Um Ihr Ich kreisen in jedem Moment Ihres Lebens eine Menge Themen, die Sie beschäftigen. Diese Themen haben einen direkten emotionalen Bezug zu Ihrem Ich. Manche Themen sind miteinander verknüpft, andere 'nur' mit Ihrem Ich. Dadurch sind Sie niemals ganz frei, wenn Sie mit anderen reden, anderen zuhören.
5 Siehe Hübler: Wie Therapeuten ihren Klienten auf die Nerven gehen.
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Stellen Sie sich vor, Sie würden den Themen, die um Ihr Ich kreisen, eine kleine Pause gönnen. Dies ist nicht einfach und meist erst nach längerer Übung möglich. Lassen Sie uns dennoch von einem möglichst freien und unvoreingenommenen Zustand ausgehen. Auch wenn Sie diesen Zustand nicht gleich oder niemals vollständig erreichen - wichtig ist der Versuch. Lassen Sie sich nicht entmutigen.
Auf dem Weg dorthin können Ihnen folgende Anweisungen mentaler und körperlicher Natur helfen, um einer Situation erst einmal vorurteilsfrei zu begegnen: Sie befinden sich in einem Zustand interessenloser Neugier,
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sind frei von Vorurteilen und Zwängen.
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Wahrgenommenes wird unsortiert aufgenommen, d.h. es wird noch nicht nach
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Brauchbarkeit oder Wichtigkeit unterschieden - wie ein Beobachter, der selber nicht involviert ist.
Dadurch werden möglichst viele Details gleichberechtigt abgespeichert und erst
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später sinnvoll verknüpft.
Halten Sie Ihren Mund leicht geöffnet oder locker geschlossen.
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Richten Sie Ihren Körper in Richtung der Informationsquelle aus.
•
Nehmen Sie eine gerade, aber lockere Haltung ein.
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Öffnen Sie die Arme und richten Sie Ihre Handflächen nach vorne aus, wie wenn
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Sie etwas geben oder freudig entgegennehmen möchten.
All dies sind Vorbedingungen für den ...
Prozess des Focusierens
Im Focusing wird ein Zugang zum 'felt sense' zu einer Situation, einem Problem oder einem Thema hergestellt. Der felt sense lässt sich übersetzen mit den Begriffen gefühlte Bedeutung oder gespürter Sinn. Er lässt sich mit einem wirren Wollknäuel vergleichenals Symbol für alle Gefühle, Bilder, Körpergefühle, Gedanken und Sinneseindrücke, die uns ganz persönlich bzw. unseren Körper mit dem Thema verknüpfen. Ziel ist es, diesen Wollknäuel an einem Ende zu fassen und bis zu seinem anderen Ende zu verfolgen, um zu wissen, wie ein weiteres Vorgehen stattfinden kann. Ein körperliches Gefühl, das Sie bei einem Thema empfinden, ist ein Teil dieses Wollknäuels und meist der erste Anlauf, sich ein Stück davon zu greifen.
Die wichtigsten Begriffe im Focusing sind
der felt sense,
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ein Griff, d.h. ein Begriff, ein emotionaler Marker, ein Bild oder auch ein somatischer
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Marker, mit dem Sie den Wollknäuel, also das große Ganze zu fassen bekommen, und der felt shift (von mir übersetzt als Wandel) oder body shift, in dem sich
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Veränderungen im Körpergefühl abzeichnen.
Das was dem Begriff der Intuition am nächsten kommt, sind die Begriffe Griff und Wandel zusammengenommen. Der Griff (vergleichbar mit dem Begriff des Hebels oder Hebelpunktes) ist der Punkt, an dem Sie ansetzen, wenn Sie sich mit einem Problem beschäftigen. Der Wandel kann ein neuer Ansatzpunkt sein oder ein Hinweis für Veränderungen, die nötig sind, um die Situation zu lösen.
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Gendlin vergleicht den Prozess des Focusings (bzw. die Arbeit des Therapeuten) mit dem Knacken eines Safes. Man bewegt sich äußerlich sehr wenig - dafür innerlich umso intensiver und hochkonzentriert auf der Suche nach einem Hebel.
Verschaffen Sie sich Zugang zu Ihrem Thema
Schaffen Sie sich einen inneren und äußeren Freiraum. Äußere Freiräume sind schwerer zu realisieren, weil sie in Entscheidungssituationen Räume meist nicht einfach verlassen können. Um Ihren Kopf frei zu bekommen, ist es jedoch ratsam, sich Nischen zu suchen, in denen Sie freier denken können. Innere Freiräume sind vermeintlich einfacher zu realisieren, da sie jederzeit verfügbar sind - kosten jedoch einiges an Übung. Innere Freiräume stimmen Sie im Sinne der freischwebenden Aufmerksamkeit auf die Situation ein. Manchen helfen Ruhehaltungen oder -gesten des Körpers, Rituale, Musik, Aufmerksamkeits- oder Entspannungsmethoden, Atemübungen oder das Schließen der Augen. Für den inneren Freiraum sollten Sie sich Zeit nehmen, sich nicht drängen - und auch räumlich genügend Luft haben. Betrachten Sie die Situation aus der gesicherten Vogelperspektive. Wenn Sie das Gefühl haben, die äußere Welt ebenso wie innere Ablenkungen (ein schlechtes Gewissen, eine unerledigte Aufgabe, Unsicherheit oder Langweile) nicht mehr als störend zu betrachten und ganz bei sich und Ihren Denk- und Fühlprozessen zu sein, können Sie einen Schritt weitergehen.
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Exkurs: Freiräume brauchen Zeit und RaumLektion 3: Entscheidungen benötigen Raum und Zeit
Acht Goldene Regeln für Zeit- und Raum-Entscheidungen
1. Entscheidungen benötigen Zeit - Inkubationszeit. Schlafen Sie vor jeder wichtigen Entscheidung noch eine Nacht. Verschaffen Sie sich Freiraum. Arbeiten Sie mit wohldosierten Pausen. Auch wenn Ihr bewusster Geist schläft, arbeitet Ihr Körper weiter. 2. Es gibt Zeiten, die geeignet sind, eine Entscheidung zu treffen - und es gibt Zeiten, die schlecht sind. Dies hängt von den eigenen oder fremden Stimmungen ab sowie von der Informationslage oder der Örtlichkeit.
Schnelle Ideen zu einem Problem können uns täuschen. Oftmals kommen Sie aus dem Reich der sozialen Erwünschtheit. Schnelle intuitive Eingebungen können allerdings sehr wohl stimmen. Oftmals kommen wir auf unsere Ursprungseingebung nach langem hin und her wieder zurück. Allerdings bestehen viele Ersteingebungen aus Ängsten, die uns hemmen, während die Zweiteingebungen i.d.R. darüber hinaus gehen. Dies liegt u.a. daran, dass Ersteingebungen aus unserem Mandelkern kommen, unserem Erfahrungsgedächtnis, der Sammelstelle im Gehirn für emotionale Erfahrungen.6Die dadurch entstehenden vergangenheits- und gegenwartsbezogenen ersten Eindrücke können insbesondere Ängste überbetonen, die auf lange Sicht gesehen zumindest teilweise haltlos erscheinen. Ebenso kann sich der Mandelkern in einer Abschätzung der Lage täuschen, weil er nur einen kleinen Ausschnitt aus einem Gesamtbild erkennt. An diesem einzelnen Mosaiksteinchen (z.B. einem bestimmten Gesichtsausdruck unseres Partners) können potentiell alle möglichen Dinge dranhängen (z.B. Ärger oder Enttäuschung). Unsere Erfahrung lässt uns jedoch nur in eine Richtung denken. Dabei gäbe es eine Vielzahl anderer Denk- und entsprechenden Verhaltens-Muster, die ebenso möglich wären. Deshalb ist es wichtig, den ersten Eindruck in wichtigen Entscheidungen noch mit dem situativen Kontext abzugleichen.
3. Sparen Sie Zeit, indem Sie sich nur bei den wirklich wichtigen Dingen Zeit nehmen. Viele Alltagsprobleme sind es im Nachhinein nicht wert, darüber lange zu grübeln. Meist passen sich unsere Empfindungen an solche Entscheidungen im Nachhinein an und werden auch so glücklich.
4. Entscheidungen entwickeln sich besser (nach einer längeren Beschäftigung mit dem Thema) in einem bewegten Zustand. Gehen Sie spazieren oder machen Sie Sport, um Ihr Gehirn und Ihren Bauch einmal gründlich durchzuwirbeln. Die Ideen kommen dann von scheinbar ganz alleine.7Richten Sie regelmäßige Bewegungspausen ein, z.B. um ein Glas Wasser zu trinken. Gehen Sie dabei bewusst Umwege, wenn Sie die Tendenz für zu wenig Bewegung haben.
6 Siehe Dambmann: Erfolgsfaktor Gehirn, S. 152f
7 Sport zu treiben besitzt die Eigenart, dass wir damit auf natürliche Weise Dopamine ausschütten, insbesondere wenn wir uns kurz unterhalb der Grenze unserer Leistungsfähigkeit bewegen. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit im Gegensatz zu fremd eingeführten Drogen gering, dass es zu einer Gewöhnung kommt. Wenn wir Sport treiben geschieht genau das Gegenteilige: Unsere Endorphinrezeptoren werden jedesmal leicht gereizt, sodass wir auch für andere Freude im Leben - außer Sport - empfänglicher werden. Außerdem lernen Menschen, die regelmäßig Sport treiben, in stressigen Situationen gegenzusteuern, indem sie ein zu schnelles Schlagen unseres Herzens über die Atmung regulierend ausgleichen (Siehe Servan-Schreiber: Die Neue Medizin der Emotionen, S. 190ff).
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5. Entscheidungen brauchen Freiraum: Gehen Sie aus einer stressigen Situation hinaus und Sie werden sehen: Mit einem mal fällt es Ihnen leichter, wieder klar zu denken. Ärgern Sie sich nicht darüber, dass Sie wieder so lange brauchten, um sich zu entscheiden, sondern melden Sie dies vorher an:"Ich brauche frische (Entscheidungs-) Luft. Nur fünf Minuten."
6. Richten Sie Ihre Räume so ein, dass sie für Sie entscheidungssympathisch sind, z.B. ein freier Schreibtisch, kreatives Chaos oder inspirierende Bilder an der Wand. Lässt sich der Blick aus Ihrem Arbeitszimmer variieren?
7. Suchen Sie bewusst den Kontakt zu anderen Personen und anderen Räumen, um zu vermeiden, in Ihrem eigenen Denken gefangen zu bleiben. So kommen Sie schnell auf neue Ideen.
8. Laden Sie Orte mit Gefühlen auf. Haben Sie vielleicht einen Lieblingssessel, in dem Sie gerne eine Tasse Tee zur Entspannung trinken? Oder ein bequemes Sofa für ein kurzes Entscheidungs-Nickerchen!
Beginnen Sie nun damit, den felt sense zu spüren, die Verbindung, die Sie zum Thema oder der Situation haben. Der felt sense erweist sich zu Beginn meist als etwas sehr Verschwommenes, eher gefühlt als in Worte zu fassen. Er bezeichnet eine Art inneres körperliches Bewusstsein. Er ist keine Emotion, sondern die gespürte Bedeutung dessen, was ein Problem ausmacht. Analysieren Sie nicht, sondern lassen Sie sich darauf ein, dass Ihr Körper nach und nach von alleine Antworten zum Thema in Ihr Bewusstsein transportiert. Ein Trick, den felt sense zu spüren besteht darin, sich einzureden, dass es kein Problem gibt. Ihr Körper wird Ihnen sehr schnell zeigen, was wirklich Sache ist. Lassen Sie sich soviel Zeit wie möglich oder nötig. Lassen Sie sich nicht entmutigen: Sowohl die Tatsache des Fühlens, als auch die Schnelligkeit sind reine Übungssache. Gehen Sie dennoch einen Schritt weiter, auch wenn Sie sich nicht sicher sind, ob sich bei Ihnen ein felt sense eingestellt hat. Vielleicht machen es Ihnen die weiteren Schritte leichter.
Finden Sie einen Griff, der den felt sense am ehesten trifft. Gehen Sie wie beim Topfschlagen mit "kälter, kalt, warm, wärmer, heiß" vor. Dieser Hebel kann ein Begriff sein oder ein Bild, eine Emotion oder ein Körpergefühl. Er kann sich über den Prozess des Focusierens noch einige Male ändern, ausdifferenzieren oder verfeinern. Nehmen Sie das zweitbeste, das Ihnen zu Ihrem Thema einfällt - das erstbeste dreht sich meist um soziale Erwünschtheiten! Den Griff können Sie finden, indem Sie sich fragen, was das Wesentliche oder das Schlimmste an dem Problem ist. Sollten Sie bereits einen somatischen Marker haben, also ein Körpergefühl, benutzen Sie diesen als Ihren ersten Hebel.
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Gehen Sie jetzt nacheinander zu den vier Pfeilen - und nach jedem Bild, Gedanken, jeder Emotion oder Körperempfindung wieder zurück zum felt sense zur Überprüfung. Wenn Sie Ihre Empfindungen fließen lassen, kann ein reicher Gedankenstrom entstehen. Ergründen Sie, in welche Richtung dieser Gedankenstrom tendiert. Prüfen Sie, ob sich etwas verändert, ob ein Wandel stattfindet: Gibt es Bilder, die sich einstellen? Welche Gedanken haben Sie zum felt sense? Welche Körperempfindung registrieren Sie? Welche Gefühle tauchen auf? Die vier Ebenen sind:
1.Körperebene- der somatische Marker wird zu einem deutlichen Impuls im Körper, führt z.B. zu erröten, zittern, Bewegungsdrang, ein Stöhnen oder deutliches Aufatmen.
2.Emotionsebene- es stellt sich ein Gefühl ein wie Angst oder Wut.3.Kognitionsebene- es stellen sich Gedanken ein, die sich auf das Gefühl beziehen4.Bilder- es tauchen Bilder oder Symbole auf wie zum Beispiel ein kräftiger Baum oder eine zarte Blume.