Die Totenbändiger - Band 15: Nachwirkungen - Nadine Erdmann - E-Book

Die Totenbändiger - Band 15: Nachwirkungen E-Book

Nadine Erdmann

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Beschreibung

Nach den turbulenten Ereignissen gibt es für alle Londoner viel zu verarbeiten. Auch für die Hunts stehen bange Stunden ins Haus, obwohl sie doch eigentlich einen kühlen Kopf bräuchten, um nach den neusten Erkenntnissen rund um Cornelius Carlton ihr weiteres Vorgehen zu planen. Aber kann man diesen gefährlichen Mann überhaupt noch stoppen? Der 15. Roman aus der Reihe, "Die Totenbändiger", von Nadine Erdmann (Cyberworld, Die Lichtstein-Saga).

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Table of Contents

Nachwirkungen

Was bisher geschah

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Vorschau

Impressum

Die Totenbändiger

Band 15

Nachwirkungen

von Nadine Erdmann

 

 

 

 

 

Was bisher geschah

 

Bei der Befragung von Emilia Flemming, der Tochter von Oscar Flemming, einem Historiker, der sich mit Cyrus Kenwick beschäftigt hat, erfahren Sky und Connor die Umstände von Oscar Flemmings Tod. Nach dem Fund von weiteren Aufzeichnungen Kenwicks hoffte der Historiker, Antworten zu einigen seiner Fragen bei einem Totenbändiger zu finden. Kurz darauf verstarb Flemming überraschend an einem Herzinfarkt und all seine gesammelten Materialien zu Kenwick verschwanden spurlos. Da Emilia Flemming das Mal des Totenbändigers, den ihr Vater damals als Experten hinzugezogen hatte, aufzeichnen kann, können Sky und Connor ihn als Byron Carlton identifizieren. Somit ist klar, wie Kenwicks Aufzeichnungen zu geminus obscurus in den Händen der Carltons gelandet sind. Connor und Sky finden ebenfalls heraus, dass Oscar Flemming damals offensichtlich nicht nur Kenwicks Manifest gefunden hatte, sondern auch sein Tagebuch, das sich nun ebenfalls im Besitz von Cornelius Carlton zu befinden scheint. Was Kenwick in diesem Tagebuch festgehalten hat, bleibt ungewiss.

Im Stadtrat findet die Abstimmung über den Sitz für die Gilde der Totenbändiger statt. Nach dem Aushandeln verschiedener Zugeständnisse, die vor allem die gemeinsame frühkindliche Erziehung sowie den Besuch von Schulen betreffen, stimmen die anderen Gilden mit einer knappen Mehrheit für den Sitz.

Da der Stadtrat mit dieser Entscheidung nicht auf die Forderung der Death Strikers eingegangen ist, den Totenbändigern den Sitz zu verweigern, macht die Terrorgruppe ihre Drohung wahr und zündet Sprengsätze in der Ravencourt Comprehensive School. Während des Attentats erhaschen Jules, Cam, Jaz und Ella einen Blick auf zwei der Täter und Jaz identifiziert sie als ehemalige Mitschüler aus der Akademie. Damit liegt der Verdacht nahe, dass Carlton hinter den Death Strikers steckt und in den letzten Jahren die Stadt erpresst hat, um sich sowohl die finanziellen Mittel für seine Machenschaften anzueignen als auch Geister in den Verlorenen Orten zu sammeln. Nach der Vollendung des dritten Rituals können die Träger von geminus obscurus laut Kenwicks Aufzeichnungen Geister befehligen. Somit wartet in den Verlorenen Orten eine Geisterarmee, die Carlton nach Samhain mithilfe der Kinder, die die Zwillingskraft in sich tragen, benutzen kann, um seine Herrschaft über die Normalos einzuleiten.

Weil ihre Geschichtslehrerin Cam, Jules, Ella und Jaz aus Angst vor den Terroristen des Klassenzimmers verweist, verstecken die vier sich im Keller der Schule und überleben dort die Sprengung. Da das Gebäude über ihnen einzustürzen droht, retten sie sich mithilfe ihrer älteren Geschwister zu einer Wartungsluke, die sie hinunter in den Londoner Untergrund führt. Dort gelingt es ihnen, sich zu einem Ausgang in einer U-Bahn-Station durchzuschlagen. Gabriel, Sky, Connor und Matt kommen ihnen entgegen, um ihnen gegen die Geister zu helfen, die den Verlorenen Ort bevölkern.

Während Ella, Cam, Jules und Jaz sich aus dem Keller und durch den Untergrund kämpfen, muss Evan einen Weg aus den Trümmern des eingestürzten Schulgebäudes finden. Er hat die Sprengung zwar unverletzt überstanden, doch die Geister der Verstorbenen machen ein Entkommen aus Schutt und Trümmern nicht leicht. Aufgrund seines Trainings mit den Hunts und den Reapers schafft Evan es zwar, einen schwachen Schemen zu vertreiben, einen stärkeren Geist kann er jedoch nicht abschütteln. In letzter Minute erhält er Hilfe von einem Totenbändiger, der zu einer Truppe gehört, die Carlton als Helfer in der Not zum Anschlagsort geführt hat. Besagter Totenbändiger unterrichtet Carlton von dem Normalo-Jungen, der mithilfe der Hunts das Blocken von Geistern lernt, und Carlton sucht Evan im Erste-Hilfe-Zelt auf, während der auf seine Eltern wartet. Carlton macht ihm das Angebot, sein weiteres Training zu übernehmen, da es in der Akademie bedeutend professioneller ablaufen könnte.

Auf der Flucht durch den Keller der Schule wird Jules verletzt und trägt lebensgefährliche innere Blutungen davon. Seine Familie bringt ihn ins Krankenhaus, wo er notoperiert wird, ob damit sein Leben gerettet werden kann, ist jedoch noch ungewiss.

Kapitel 1

 

Wie lange saßen sie schon hier in diesem Wartezimmer?

Zwanzig Minuten?

Zwei Stunden?

Cam wusste es nicht. Alles, was er wusste, war, dass Jules irgendwo in diesem Krankenhaus in einem OP-Saal lag und Ärzte um sein Leben kämpften. Das war so unwirklich, so unbegreifbar, dass Cam kaum noch klar denken konnte. Erst waren die Gedanken wie wild durch seinen Kopf gerast, einer schlimmer als der andere, jetzt dagegen schien alles nur noch zäh und dumpf. So als wollte sein Gehirn einfach nicht mehr denken, weil jeder Gedanke die Hölle war. Gleiches galt für seine Gefühle. Sie schienen fort. Irgendwo zurückgeblieben. In einer anderen Zeitzone, einem Vorher, zu dem er keinen Zugang mehr hatte. Und eine Zukunft schien es nicht zu geben, weil er sich nicht vorstellen wollte, wie die womöglich aussah. Deshalb gab es nur dieses furchtbare Jetzt, diese Starre aus dumpfem Nichts, weil er nichts mehr fühlen konnte, wollte, durfte. Es ging einfach nicht.

Es war unerträglich.

Genau wie diese verdammte Stille.

Aber es gab keine Worte, die hätten fassen können, was sie gerade durchmachten. Vor einer Ewigkeit – oder vielleicht auch nur vor einer halben Stunde – hatten Granny, Connor und Matt Getränke geholt und Granny hatte irgendwo eine Box mit Erste-Hilfe-Utensilien aufgetrieben, mit denen Phil und Sue die Schürfwunden an Jaz’ und Ellas Beinen versorgten. Beide hatten sich in ihren Schulröcken durch die Trümmer kämpfen müssen und auch wenn keine ihrer Wunden besorgniserregend war, mussten sie gereinigt und desinfiziert werden – und es hatte einem Teil seiner Familie für eine Weile etwas zu tun gegeben.

Jetzt hockten alle wieder nur schweigend da, gefangen in Schock, Angst und Ungewissheit. Gabriel saß neben ihm und hatte seinen Arm um ihn gelegt. Doch obwohl ihm die Nähe zu seinem Bruder sonst immer half, funktionierte sie diesmal nicht. In diesem furchtbaren, widerlichen Jetzt funktionierte einfach nichts mehr und gar nichts schien mehr zu stimmen.

Alles war völlig surreal.

Und es wurde immer unerträglicher.

Genau wie dieses beklemmende Gefühl, dass die Wände dieses verfluchten Wartezimmers immer dichter zusammenzurücken schienen, um ihn zu erdrücken.

Cam entschied sich nicht dazu, aufzuspringen. Jedenfalls nicht bewusst. Aber auf einmal stand er und sofort richteten sich alle Augen auf ihn.

»Ich muss hier raus.« Seine Stimme klang nicht wie seine eigene, brach aber den Bann und holte ihn aus dieser grauenvollen Starre. Plötzlich konnte er gar nicht schnell genug aus diesem viel zu engen Wartezimmer herauskommen. Er stürzte Richtung Tür, doch Phil fasste ihn am Arm und hielt ihn zurück. Cam zuckte zusammen, weil Phil ihn genau dort erwischt hatte, wo er sich ritzte. So dumpf und betäubt, wie alle seine Empfindungen gerade noch gewesen waren, so heftig kehrten sie jetzt zurück und heißer Schmerz schoss durch seinen Arm.

Phil merkte, wie Cam zusammenzuckte und lockerte sofort den Griff um dessen Arm. »Was ist los?«, fragte er besorgt. »Tut dir der Arm weh? Hast du dich verletzt?«

»N-nein.« Cam wollte seinen Arm zurückziehen, Phil ließ ihn jedoch nicht los und schob die Ärmel von Cams Pullover und Hemd hoch. Cam wollte sich dagegen wehren, konnte aber nicht. Schock ließ ihn erstarren, als Phil die Narben und Schnitte freilegte, die im kalten LED-Licht der Wartezimmerbeleuchtung besonders hässlich aussahen.

»Shit«, zischte Jaz und Ella sog erschrocken die Luft ein.

Alle starrten auf seinen Arm.

Alle sahen, was er tat.

Einen Moment lang hielt der Schock Cam noch gefangen, dann zog er seinen Arm aus Phils Griff. Seine Hand zitterte, als er die Schnitte wieder unter den Ärmeln verbarg. Er hatte sich davor gesträubt, seiner Familie zu gestehen, dass er sich ritzte. Bestürzung, Entsetzen, Mitleid, Sorge – all das hatte er nicht in ihren Blicken sehen wollen. Oder dass sie in ihm einen Freak sahen, ein Psychowrack, das sich wehtun musste, um mit seinem Leben klarzukommen.

Doch war das alles wirklich noch wichtig?

War überhaupt noch irgendetwas wichtig, wenn Jules es nicht schaffte?

Wieder wurde alles viel zu eng und erdrückend. Cam wollte zur Tür, obwohl seine Beine sich gerade genauso zittrig anfühlten wie seine Hände – wie alles.

Phil zog ihn in seine Arme und war froh, dass sein Sohn ihn nicht von sich stieß. »Ich hab dich lieb. Und es ist okay«, versicherte er und hielt Cam fest. »Ich verstehe, dass du hier rausmusst. Aber du gehst nicht allein.« Er sah zu Gabriel und Matt.

»Ich muss hier auch mal raus«, meinte Gabriel sofort und stand auf. »Ruft an, wenn es Neuigkeiten gibt.«

Phil nickte. »Natürlich.« Er drückte Cam noch einmal an sich und suchte dann den Blick seines Sohnes.

Scham lag darin. Hilflosigkeit. Schock. Angst um Jules. Und jede Menge Überforderung.

Phils Herz zog sich zusammen und er wünschte, er hätte Cam versprechen können, dass alles wieder gut werden würde. Doch es wären nur leere Worte gewesen, die Cam kein bisschen geholfen hätten.

»Jules ist ein Kämpfer«, sagte er sanft. »Genauso wie du einer bist.« Er zog Cam noch einmal zu sich und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Vergiss das niemals, okay?«

Das furchtbare Zittern hatte nachgelassen, die Enge im Zimmer war aber immer noch kaum auszuhalten. Auch die Nähe zu seinem Vater, die gerade noch gutgetan hatte, war jetzt plötzlich zu viel und Cam brauchte Abstand. Von allen. Er konnte nur kurz nicken, dann wandte er sich um und verschwand hinaus auf den Flur.

Gabriel und Matt wollten ihm folgen, doch Phil hielt seinen Ältesten kurz zurück. »Danke.«

Gabriel schüttelte bloß den Kopf. »Nicht dafür.« Er strich seinem Vater über den Arm und lief dann mit Matt hinaus in den Gang.

 

Das Wartezimmer lag am Ende des Flures und Cam lief zur nächsten T-Kreuzung. Er erinnerte sich nur dunkel an den Weg hierher, wusste aber noch, dass sie durch einen völlig überfüllten Eingangsbereich gekommen waren. Voller Menschen, voller Stimmen, voller Durcheinander. Da wollte er nicht hin. Nicht mal, um bloß durchzulaufen. Allein der Gedanke daran, ließ ihm kalten Schweiß ausbrechen.

Aber er musste hier raus!

Das Gefühl, in diesem Bau eingesperrt zu sein, quetschte ihm immer schlimmer den Brustkorb zusammen. Er schnappte nach Luft und sah hastig in beide Richtungen des Korridors.

Wo verdammt ging es hier raus?

Zu oft hatte er heute schon seine Klaustrophobie im Zaum gehalten. Und zu lange. Er hatte dafür jetzt keine Kraft mehr. Nicht, wenn er gleichzeitig auch noch die furchtbare Angst um Jules in Schach halten musste, um nicht den Verstand zu verlieren.

Eine Hand legte sich auf seinen Rücken. Erschrocken zuckte Cam zusammen und wich zurück, weil die Berührung unerträglich war.

»Sorry.« Matt hob entschuldigend die Hände und musterte ihn kurz. »Es gibt hier einen Innenhof mit einer kleinen Grünanlage. Sollen wir da hingehen? Ich glaube nicht, dass dort um diese Zeit noch viel los sein wird.«

Cam nickte knapp.

Hauptsache, hier raus!

Matt führte sie durch mehrere Gänge, die für Cam alle gleich aussahen, bis sie eine Glastür erreichten, die sie ins Freie brachte. Matt hielt sie ihm auf und Cam hastete dankbar hinaus. Kühle Luft schlug ihm entgegen und er merkte erst jetzt, wie stickig es im Krankenhaus gewesen war.

Es war schon dunkel und eine alte Standuhr, die vom Aussehen perfekt zu den altertümlichen Laternen passte, die den Innenhof in diffuses Licht tauchten, verriet, dass es gleich halb neun war. Damit war Jules seit fast zwei Stunden im OP.

War das ein gutes Zeichen, weil es bedeutete, dass er noch lebte und kämpfte?

Oder war es schlecht, weil die Ärzte viel zu lange brauchten, um den Riss in seiner Milz zu schließen?

Cam spürte, wie das schreckliche Zittern wieder losging. Um sich abzulenken, lief er hastig weiter in den Innenhof.

»Ich will allein sein.« Seine Stimme klang schrecklich gepresst und er war froh, dass weder Gabriel noch Matt versuchte, ihn aufzuhalten.

»Sicher«, rief Gabriel ihm hinterher. »Aber wir sind hier in der Nähe!«

Der Innenhof bestand aus einer Rasenfläche, in der verschiedene Beete mit Blumen angelegt waren. Drumherum standen ordentlich gestutzte Büsche und ein paar Bäume. Wege führten in die Mitte der kleinen Anlage, in der ein steinernes Becken von gut drei Metern Durchmesser lag, in dem aus drei unterschiedlichen großen Marmorkugeln Wasser sprudelte. Am Wasserspiel sowie unter den Bäumen und neben einigen der Beete standen Bänke und zwei Tische, auf deren Tischplatten Schachbretter abgebildet waren. Ein Schild ließ wissen, dass die Figuren im Verkaufspavillon ausgeliehen werden konnten, der sich in einer Ecke des Innenhofs befand und tagsüber Getränke, Gebäck, Eis, Süßigkeiten und Zeitschriften anbot. Jetzt war er geschlossen. Auch der übrige Hof lag verlassen im Schein der alten Laternen. Die Kühle, die der Oktoberabend mit sich gebracht hatte, schien alle Patienten schon zurück ins Haus getrieben zu haben.

Cam lief zum Brunnen und hockte sich auf eine der steinernen Bänke, die am Beckenrand standen. Er zog die Beine an den Körper, schlang die Arme drum und starrte auf die dicken Marmorkugeln. Wasser gluckerte oben aus ihnen heraus, rann über die Kugeln hinab ins Becken und ließ das Licht der Laternen auf dem nassen Stein glitzern. Cam schloss die Augen und hoffte, das sanfte Plätschern würde seine Seele ein bisschen beruhigen. Die kühle Luft tat gut und half, dass er wieder besser atmen konnte. Dieses widerliche Engegefühl in seiner Brust blieb jedoch.

Weil es nichts mit seiner Klaustrophobie zu tun hatte.

Es war seine Angst um Jules.

 

Gabriel ließ sich auf eine der Bänke unter den Bäumen sinken, stützte die Ellbogen auf die Knie und vergrub sein Gesicht in den Händen. Still setzte Matt sich neben ihn. Da zu sein, war jetzt wichtiger als Worte, und wenn Gabriel reden wollte, würde er selbst damit anfangen. Matt legte ihm seine Hand auf den Rücken, ließ seine Silberenergie in ihn sickern, und betete gleichzeitig, dass Jules durchkam, weil er sich nicht ausmalen wollte, was es mit Gabriel oder Cam – was es mit jedem der Hunts – machen würde, wenn Jules es nicht schaffte.

Eine ganze Weile hielt Gabriel sein Gesicht zwischen seinen Händen verborgen. Schließlich richtete er sich jedoch wieder auf und blickte hinüber zu Cam. »Du hast gewusst, dass er sich ritzt. Deshalb hast du am Montag, als Cam in den Schatten gesprungen ist, gesagt, dass ich ihn nicht so fertigmachen soll, weil er gerade schon genug durchmacht.« Er sah weiter zu Cam, der mit angezogenen Beinen am Brunnen hockte, völlig verloren wirkte und trotzdem gerade niemanden an sich heranlassen wollte.

Matt atmete tief durch. »Ja, ich hab es gewusst. Und Jules weiß es auch.«

»Seit wann?« Gabriel klang unendlich müde.

»Seit wann er sich ritzt? Oder seit wann ich es weiß?«

Hilflos hob Gabriel die Schultern und ließ sie wieder sinken, als wäre die Last darauf gerade einfach zu schwer. »Beides?«

Matt legte den Arm um ihn. »Ich weiß nicht, seit wann er sich ritzt. Jules und ich haben es durch Zufall herausgefunden, als wir ihn an Äquinoktium in sein Zimmer gebracht haben und ihm sein Schlafzeug anziehen wollten. Jules war ziemlich geschockt und ich hab ihm erklärt, dass Ritzen nicht bedeutet, dass Cam sich die Pulsadern aufschlitzen will. Ich hab ihm meine Narben gezeigt und ihm gesagt, dass er jederzeit mit mir reden kann. Cam auch. Soweit war er aber bisher noch nicht. Jules hat ihn allerdings darauf angesprochen und ihm hat Cam sich anvertraut. Er weiß auch, dass er mit mir reden könnte, aber wie gesagt, das wollte er bisher noch nicht.«

Gabriel nickte schweigend und ließ seinen kleinen Bruder nicht aus den Augen.

»Bist du sauer, dass ich dir nichts gesagt habe?«

Gabriel seufzte schwer und schüttelte den Kopf. »Nein. Du wärst für ihn da gewesen und ich weiß, dass du etwas gesagt hättest, wenn es nötig geworden wäre.« Er wandte seinen Blick zu Matt und rang sich ein kleines Lächeln ab. »Dafür hast du wohl kaum verdient, dass ich dir Stress mache. Ein Danke wäre angebrachter – und vermutlich nicht mal genug.« Wieder seufzte er, fuhr sich über die Augen und sah zurück zu Cam.

Matt folgte seinem Blick und drückte Gabriel die Schulter. »Ich mag ihn und wenn ich ihm helfen kann, bin ich gerne für ihn da.«

Gabriel nickte langsam. »Weil du ihn verstehst.«

Matt sah, wie Gabriel schluckte. »Ja. Auf eine gewisse Weise sind Cam und ich sehr ähnlich, weil wir etwas Ähnliches durchgemacht haben. Deshalb verstehe ich, warum das Ritzen ihm hilft.« Er strich Gabriel über den Rücken. »Ich weiß auch, dass er es schaffen wird, damit wieder aufzuhören, weil einer der Menschen, die an seiner Seite sind, derselbe ist, der mir damals geholfen hat.« Wieder drückte er Gabriels Schulter.

Der schnaubte nur und schüttelte den Kopf. »Lass uns lieber beten, dass er Jules weiter an seiner Seite hat, denn wenn er ihn verliert–« Er brach ab, stützte die Ellbogen wieder auf die Knie und verbarg sein Gesicht erneut in den Händen.

Kapitel 2

 

Das Geräusch von Schritten, die sich vom Gang dem Wartebereich näherten, drang in ihre Stille. Alle blickten zur Glastür, als eine Frau und ein Mann zu ihnen hereinkamen. Die Frau trug blaue OP-Kleidung und Sky schätzte sie auf Mitte bis Ende vierzig. Der Mann war etwas älter, trug einen Anzug und wirkte erschreckend ernst. Sky wurde entsetzlich übel. Seit fast drei Stunden saßen sie hier und warteten auf eine Nachricht zu Jules, doch jetzt, da es soweit war, hatte sie schreckliche Angst davor, dass sich das Leben ihrer Familie in den nächsten paar Minuten womöglich für immer veränderte. Connor nahm ihre Hand und drückte ihre kalten Finger.

Ihre Eltern waren aufgestanden und traten der Ärztin und ihrem Begleiter mit angespannten Gesichtern entgegen.

»Ich bin Doktor Griffin«, stellte die Ärztin sich vor. »Sind Sie Familie Hunt?«

Phil nickte. »Haben Sie unseren Sohn operiert?« Sein Blick glitt nervös von Doktor Griffin zu dem ernst dreinblickenden Anzugträger neben ihr.

»Ja.« Griffin schenkte sowohl Phil als auch Sue ein beruhigendes Lächeln. »Wir konnten die intraabdominelle Blutung stoppen und die Ruptur in der Milz versorgen, ohne das Organ ganz oder in Teilen entfernen zu müssen. Zu Beginn der OP war der Zustand Ihres Sohnes noch sehr kritisch und er brauchte mehrere Blutkonserven, aber nachdem wir die Blutung stoppen konnten, gab es keine weiteren Komplikationen. Er ist noch sehr geschwächt und auch sein Blutdruck ist noch sehr niedrig, daher wird er noch eine Weile Medikamente zur Kreislaufstabilisierung brauchen, aber er atmet selbst und wir konnten ihn bereits extubieren.« Sie sah zu Phil. »Er hat wirklich Glück gehabt, dass Sie die Erstversorgung übernommen haben.« Dann blickte sie zu Sue. »Und ohne die Stärkung durch Ihre Silberenergie hätte es vielleicht auch anders ausgesehen. Aber so wie es gelaufen ist, ist Ihr Sohn jetzt stabil und außer Lebensgefahr.«

Sky schluckte hart gegen den Kloß in ihrem Hals und lockerte ihre Finger, die sie um Connors gekrallt hatte. Wieder wurde ihr übel, diesmal jedoch vor Erleichterung.

Neben ihr sprang Ella auf und lief zu ihren Eltern. »Das heißt, Jules hat es geschafft?«, vergewisserte sie sich mit Tränen in den Augen. »Er wird wieder gesund?«

»Ja, er hat es geschafft.« Auch ihr schenkte die Ärztin ein Lächeln. »Er wird sicher ein bisschen Zeit brauchen, um sich von den Strapazen zu erholen, aber er ist jung und abgesehen von seiner Verletzung ist sein Allgemeinzustand sehr gut, daher rechnen wir mit keinen weiteren Komplikationen. Wenn er sich ausruht und schont, wird er sicher wieder ganz gesund werden.«

»Können wir zu ihm?« Auch Sue kämpfte sichtlich mit ihren Tränen. »Ist er schon wach?«

»Ja, Sie können zu ihm, aber…« Griffin atmete tief durch und sah mit einem Blick, der schwer zu deuten war, zu ihrem Begleiter.

Der räusperte sich und übernahm. »Mr und Ms Hunt, mein Name ist Alfred Turner. Ich bin der Klinikleiter und damit verantwortlich für die Sicherheit von Personal und Patienten. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass wir uns aufgrund der aktuellen Situation nicht in der Lage sehen, Ihren Sohn in unserem Haus weiter zu versorgen.«

Ungläubig starrte Phil ihn an. »Was soll das bedeuten?«

»Die Death Strikers haben heute einen Terroranschlag in der Schule verübt, die ihre Tore für Totenbändiger geöffnet hat. Daher sind die Vorstandsmitglieder unserer Klinik in Sorge, dass unser Haus ebenfalls zu einem Anschlagsziel werden könnte, wenn bekannt wird, dass wir hier einen Totenbändiger behandeln. Das Risiko für das Personal und unsere anderen Patienten ist zu hoch.«

Jetzt kamen auch Sky, Connor, Granny und Jaz, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatten, zu den fünf herüber.

»Heißt das, Sie schmeißen Jules raus, weil er ein Totenbändiger ist?« Jaz gab sich nicht mal ansatzweise Mühe, ihre Wut zurückzuhalten, und Edna fasste sie besänftigend am Arm, als Jaz Turner ein wenig zu nah auf die Pelle rücken wollte.

Der wich einen Schritt zurück und echtes Bedauern trat in sein Gesicht. »Unter normalen Umständen würde es in dieser Klinik keine Rolle spielen, als was unsere Patienten geboren sind. Aber heute, in dieser aufgeheizten Stimmung, müssen wir schlichtweg das tun, was das Beste für alle Beteiligten ist. Dabei geht es auch nicht nur darum, dass die Anwesenheit eines Totenbändigers unsere Belegschaft und die Patienten gefährden könnte, sollten die Death Strikers weitere Anschläge planen.« Turner sah wieder zu Phil und Sue. »Auch für Ihren Sohn könnte es hier nicht sicher sein, wenn Mitpatienten oder Personal gegen seine Anwesenheit rebellieren.«

Phil presste die Lippen aufeinander und fuhr sich durch die Haare. »Bei allem Verständnis für Ihre Sicherheitsbedenken, aber wie stellen Sie sich das denn vor? Mein Sohn wurde gerade wegen schweren inneren Blutungen notoperiert – nach einem Kreislaufzusammenbruch samt Reanimation! Selbst wenn er jetzt stabil ist und bereits allein atmen kann, muss er per Monitor überwacht werden und braucht noch Infusionen. Wir können ihn nicht einfach zu Hause in sein Bett legen und ausschlafen lassen. Die ersten vierundzwanzig Stunden nach so einer OP sind immer kritisch und sollten intensivmedizinisch überwacht werden. Das können wir zu Hause nicht leisten.«

»Die häusliche Versorgung so früh nach der OP ist sicher nicht ideal«, räumte Doktor Griffin ein. »Aber es geht Ihrem Sohn den Umständen entsprechend gut genug, dass man es verantworten kann, und wir geben Ihnen alles mit, was Sie brauchen werden. Ich habe schon zwei Leute aus meinem Team angewiesen, Ihnen alles Nötige zusammenzustellen. Dazu gehören auch ein Überwachungsmonitor sowie Infusionsutensilien. Außerdem sämtliche Medikamente und natürlich Verbandsmaterial zur Wundversorgung.«

Wieder raufte Phil sich die Haare und schüttelte in einer Das-kann-trotzdem-nicht-Ihr-Ernst-sein-Geste den Kopf.

Mitgefühl und Verständnis lagen im Blick der Ärztin und sie versuchte es mit aufmunternden Worten. »Ich bin mir sicher, Sie werden die häusliche Versorgung stemmen können. Sie sind Mediziner mit Notarzterfahrung und haben Ihrem Sohn damit vermutlich das Leben gerettet. Julians Prognose ist gut und ich würde vorschlagen, dass wir jetzt zu ihm gehen, damit Sie sich selbst davon überzeugen können, wie es ihm geht.« Sie sah zu Sue. »Sie können gerne mitkommen. Ihrer Silberenergie verdankt Ihr Sohn mit Sicherheit auch einiges.« Ihr Blick glitt wieder zu Phil. »Ich gehe mit Ihnen den OP-Bericht und die Medikation durch und ich gebe Ihnen meine Handynummer, damit Sie mich bei Fragen direkt erreichen können.«

»Außerdem organisieren wir natürlich den sicheren Transport Ihres Jungen«, fügte Turner hinzu. »Ein Krankenwagen wird ihn nach Hause bringen.«

Phil wirkte alles andere als glücklich, wandte sich aber zu Connor um, als der neben ihn trat und ihn sacht am Arm berührte.

»Entschuldigen Sie uns einen Moment?«, meinte Connor an Turner und Griffin gewandt.

»Selbstverständlich«, sagte Turner sofort. »Wir warten vor der Tür.«

»Danke.« Connor wartete, bis die beiden außer Hörweite waren, dann sah er zu Phil und Sue. »Ich weiß, es wird nicht leicht, aber ich denke, es ist wirklich besser, wenn wir Jules mit zu uns nehmen. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Death Strikers noch einen weiteren Anschlag verüben werden, aber wenn Carlton es darauf angelegt hatte, bei dem Attentat unsere Familie zu treffen, ist er vermutlich nicht besonders glücklich, wenn er erfährt, dass unsere Kids alle überlebt haben. Sollte er dann herausfinden, dass Jules schwerverletzt ist, könnte er beschließen, dass es niemanden groß wundern würde, wenn nach einer so dramatischen Operation vielleicht doch noch tödliche Komplikationen auftreten.«

Ella riss entsetzt die Augen auf. »Du denkst, Carlton könnte einen seiner Leute herschicken, um Jules zu töten?!«

Connor legte den Arm um sie. »Tut mir leid. Ich weiß, die Vorstellung ist furchtbar, aber wir wissen, wozu Carlton fähig ist. Und im Moment herrscht hier in der Klinik Ausnahmezustand wegen der vielen Verletzten. Ich schätze, da werden alle vom Pflegepersonal, die auf den Stationen entbehrlich sind, in der Notaufnahme helfen oder sich um die wirklich kritischen Patienten kümmern. Für einen von Carltons Männern wäre es da sicher nicht allzu schwer, in diesem Chaos zu Jules zu schleichen. Und ich weiß nicht, ob man uns erlauben würde, rund um die Uhr an seinem Bett Wache zu halten. Besonders, da wir ja niemandem von Carltons Machenschaften erzählen können. Jules nach Hause zu holen, ist da auf jeden Fall sicherer, denn bei uns kommt Carlton garantiert nicht an ihn heran.«

Phil schwieg, während er diesen neuen Blickwinkel verdaute.

Edna trat zu ihm und zog ihren Sohn in ihre Arme. »Du bist ein fantastischer Arzt und ich bin mir sicher, wir bekommen das hin.«

Sky nickte sofort. »Definitiv.« Sie blickte zu ihrem Dad. »Du sagst uns, wie wir dir helfen können, und zusätzlich können wir Jules mit Silberenergie stärken. Dich auch, zumindest heute Nacht, wenn die ersten vierundzwanzig Stunden so entscheidend sind und du deshalb wachbleiben willst.«

»Wir helfen alle!«, stimmte Ella ihr zu. »Und wenn Doktor Griffin sagt, dass Jules stark genug ist, dann sollten wir ihn auf jeden Fall mit nach Hause nehmen und nicht hierlassen. Ich will nicht, dass Carlton ihn erwischt. Connor hat recht. Der schreckt vor nichts zurück. Der hat heute eine Schule in die Luft gejagt!« Die Angst in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Bitte, nehmen wir Jules mit nach Hause! Wir kriegen das schon hin.«

Sue strich ihrer Jüngsten durchs Haar und sah zu Phil.

Der atmete tief durch und nickte dann. »Ihr habt recht. Carlton ist alles zuzutrauen, deshalb ist Jules bei uns am sichersten. Und irgendwie kriegen wir das schon hin.« Wie um sich dafür zu wappnen, atmete er noch einmal tief durch und schaltete dann in den Organisationsmodus. »Wir sagen Turner, dass wir mit der häuslichen Unterbringung einverstanden sind, und ich werde mir von Griffin alles Wichtige über Jules’ Behandlung erklären lassen.« Er sah zu Sue. »Du kommst mit mir und wir werden beide im Krankenwagen mitfahren.«

Sie nickte.

Dann wandte Phil sich zu den anderen fünf. »Ihr fahrt nach Hause und bereitet alles für unsere Ankunft vor. Wir werden Jules in unser Schlafzimmer bringen lassen, dann müssen sie ihn nur ein Stockwerk hochtragen und bei Sue und mir ist mehr Platz als in Jules’ Zimmer unterm Dach. Räumt alles zur Seite, was den Sanitätern im Weg sein könnte, wenn sie mit der Trage durch Flur und Treppenhaus müssen. Bereitet das rechte Bett für Jules vor. Er wurde an der linken Seite operiert, also wird da die Drainage liegen, und ich muss an die Wunde gut dran können. Räumt den Nachtisch für den Überwachungsmonitor frei und treibt einen zusätzlichen Tisch oder besser noch ein Regal auf. Ich werde jede Menge Sachen mitbringen, die ich übersichtlich verstauen muss, um sie schnell zur Hand zu haben.«

»Okay, kein Problem«, versicherte Sky. »Sonst noch irgendwas?«

Phil überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. »Falls mir noch was einfällt, melde ich mich. Ich will jetzt erst zu Jules und den OP-Bericht sehen.«

»Klar«, nickte Sky. »Geht. Wir kümmern uns zu Hause um alles.«

Dankbar strich Phil ihr über die Schulter und Sue schloss ihre Älteste kurz in ihre Arme. »Sagt Gabriel und Cam Bescheid. Die beiden sind sicher schon ganz krank vor Sorge.«

»Sie wissen schon, dass Jules die OP überstanden hat«, sagte Connor. »Ich hab Gabe eine Nachricht geschickt.«

Sue schloss auch ihn in ihre Arme. »Danke. Für alles.«

»Jederzeit«, versicherte er und wies dann zur Tür. »Jetzt geht und kümmert euch um Jules. Um alles andere kümmern wir uns.«

Kapitel 3

 

Gabriel schrak zusammen, als das Handy in seiner Jackentasche vibrierte. Matt und er hatten schweigend auf der Bank gesessen und Cam im Auge behalten. Jetzt zog Gabriel hastig sein Handy hervor und ballte seine Hand darum, als er sah, dass sie zitterte. Kurz schloss er die Augen und versuchte, sich dafür zu wappnen, dass die Nachricht ihm das Herz zerreißen könnte.

Matt legte seinen Arm um ihn. »Soll ich nachsehen?«, fragte er leise.

Gabriel schluckte und schüttelte den Kopf. Dann entsperrte er sein Handy.

Connor hatte ihm geschrieben.

Gabriel presste die Kiefer aufeinander und öffnete die Nachricht.

JULES HAT DIE OP ÜBERSTANDEN. DIE ÄRZTIN SAGT, ER IST STABIL UND AUßER LEBENSGEFAHR.

Vor Erleichterung wurde ihm ganz anders und er musste erneut kurz die Augen schließen.

Gott. Sei. Dank.

Matt hatte die Nachricht mitgelesen und drückte Gabriel die Schulter. Der brauchte noch einen tiefen Atemzug, um sich wieder zu fangen, dann stand er auf und ging zu Cam. Sein kleiner Bruder hockte noch immer mit engumschlungenen Knien auf der Brunnenbank und starrte abwesend auf das Wasserspiel. Seit er sich hier hingesetzt hatte, hatte er sich kaum gerührt.

»Cam?«, fragte Gabriel vorsichtig, weil Cam mit seinen Gedanken gerade offensichtlich ganz weit weg war und nichts um sich herum wahrzunehmen schien. Erst als Gabriel sich zu ihm setzte und ihn sacht an der Schulter berührte, flackerte Cams Blick und er fand den Weg zurück. »Jules hat es geschafft. Connor hat gerade eine Nachricht geschickt. Jules hat die OP überstanden und ist außer Lebensgefahr.«

Cam starrte ihn an. Sein bleiches Gesicht wirkte wie eine Maske und die Bedeutung der Worte schien nur langsam zu ihm durchzudringen. Dann krallte er seine verschrammten Finger in den Stoff seiner Hose, seine Gesichtsmuskeln zuckten und plötzlich schimmerten Tränen in seinen Augen. Er blinzelte und sah Gabriel voller Zweifel, Hoffnung und Überforderung an, sodass der die Worte, die gerade die allerwichtigsten der Welt waren, noch einmal wiederholte.

»Jules hat es geschafft.«