1,99 €
Angelika erlebt eine böse Überraschung, als sie ihre neue Stelle als Kindergärtnerin in einem idyllischen Dorf antritt. Das kleine Häuschen, das man ihr versprochen hat, und der Kindergarten sind halbe Ruinen. Immer wieder muss sie als Bittstellerin vor Sven von Lüssow, den reichen Gutsherrn vom Erlengrund, hintreten und betteln, dass alles instand gesetzt wird. Gnädig lässt sich der arrogante Herr schließlich dazu herab, die Renovierungsarbeiten in die Wege zu leiten. Ein wahres Wunder, denn offenbar kümmert der Gutsherr sich nicht einmal um seine eigene kleine Tochter, die vollkommen verwahrlost bei einer Pflegemutter ein tristes Dasein fristet. Voller Wut will Angelika ihm einmal ordentlich die Meinung sagen, doch ein Blick hinter die Kulissen des Gutshauses belehrt sie, dass alles ganz anders ist, als es zunächst scheint ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Der hochmütige Gutsherr
Vorschau
Impressum
Der hochmütige Gutsherr
Trotzdem kann Angelika ihn nicht vergessen
Angelika erlebt eine böse Überraschung, als sie ihre neue Stelle als Kindergärtnerin in einem idyllischen Dorf antritt. Das kleine Häuschen, das man ihr versprochen hat, und der Kindergarten sind halbe Ruinen. Immer wieder muss sie als Bittstellerin vor Sven von Lüssow, den reichen Gutsherrn vom Erlengrund, hintreten und betteln, dass alles instand gesetzt wird. Gnädig lässt sich der arrogante Herr schließlich dazu herab, die Renovierungsarbeiten in die Wege zu leiten. Ein wahres Wunder, denn offenbar kümmert der Gutsherr sich nicht einmal um seine eigene kleine Tochter, die vollkommen verwahrlost bei einer Pflegemutter ein tristes Dasein fristet.
Voller Wut will Angelika ihm einmal ordentlich die Meinung sagen, doch ein Blick hinter die Kulissen des Gutshauses belehrt sie, dass alles ganz anders ist, als es zunächst scheint ...
»Was hat der Arzt gesagt?«, fragte Angelika sofort, als sie nach Hause kam.
»Mir fehlt nichts Besonderes, du kannst wirklich ganz beruhigt sein«, erwiderte ihre Mutter, die im Wohnzimmer im Sessel saß.
»Mama, du verschweigst mir etwas«, warf Angelika ihr vor. »Kein Mensch kann immer so schrecklich müde und matt sein wie du. Du brauchst doch nur diesen kleinen Haushalt zu versorgen, und ich helfe dir, wo ich nur kann ...«
»Setz dich doch erst einmal, Liebes«, unterbrach Frau Henriette ihre Tochter. »Hinter dir liegt doch ein anstrengender Tag.«
»Du versuchst abzulenken«, klagte Angelika. »Bitte, sag mir die Wahrheit, Mutsch, ich kann sie besser ertragen als die schreckliche Ungewissheit.« Angelika war voller Sorge um ihre Mutter. Sie nahm ihre kraftlose Hand und drückte sie.
»Kind, ich habe weder Krebs noch irgendeine andere schreckliche Krankheit, wie du es dir vielleicht einbildest. So glaube mir doch.« Frau Henriettes Stimme klang so matt, dass sie keine Überzeugungskraft besaß.
Angelika seufzte tief. Nun hatte sie ihre Mutter endlich dazu überredet, einen Arzt aufzusuchen, und am Ende war sie doch nicht klüger.
Sie stand auf und ging in die Küche, um sich die Hände zu waschen. Anschließend kehrte sie zu ihrer Mutter zurück.
»Ich bereite jetzt das Abendessen zu«, sagte Frau Henriette und bemühte sich, ihre Stimme frisch klingen zu lassen. Es gelang ihr nicht so recht.
»Bleib bitte sitzen, das mache ich selbstverständlich«, protestierte Angelika.
»Du bist müde und abgespannt. Den ganzen Tag mit so vielen Rangen fertig zu werden, das ist keine Kleinigkeit.«
»Mir macht die Arbeit Freude, und darum ist sie auch nicht so anstrengend.«
»Der Umgang mit so vielen Kindern kostet schon Nerven. Ich habe ja nie recht begriffen, warum du ausgerechnet Kindergärtnerin werden wolltest. Und schlecht bezahlt wirst du auch.«
»Ich bin ganz zufrieden, Mutsch.«
»Es tut mir leid, dass ich dir keinen besseren Start ins Leben bieten konnte. Du hättest nicht nur deine mittlere Reife, sondern das Abitur machen und studieren sollen. Die Fähigkeiten dazu hattest du, denn du warst immer die beste Schülerin in deiner Klasse.«
»Ich fühle mich wohl in meinem Beruf, Mutsch. Dir hätte es gefallen, anderen erzählen zu können, dass deine Tochter studiert, nicht wahr?«
Frau Henriette errötete ein bisschen. Ja, sie litt darunter, ihrer Tochter nicht das bieten zu können, was ihr eigentlich zugestanden hätte. Schließlich war sie in einem großen Gutshaus zur Welt gekommen. Jeder hätte an der Wiege des Säuglings geschworen, Angelika läge einmal die Welt zu Füßen.
Leider war es anders gekommen. Das Gut war ein Majorat. Frau Henriettes Mann war nach wenigen Ehejahren gestorben, und Angelika war nicht erbberechtigt.
Ein Vetter des Verstorbenen hatte sich sofort wie ein Geier auf das ihm nun zustehende Gut gestürzt. Frau Henriette hatte mit ihrer kleinen Tochter zwar ein Wohnrecht in dem Gutshaus besessen, doch der neue Besitzer hatte es verstanden, sie zu vertreiben. Und im Grunde war sie froh gewesen, den Schikanen des Verwandten entronnen zu sein.
Der Vetter ihres Mannes war verpflichtet gewesen, Frau Henriette einen größeren Geldbetrag auszuzahlen. Sie hatte geglaubt, das Geld durch Aktienkäufe, für die man ihr zumindest eine zehnprozentige Verzinsung zugesichert hatte, besonders gut angelegt zu haben.
Doch leider war der Wert der Aktien schon bald gesunken und das Geld so zusammengeschmolzen.
Und so war Frau Henriette mit Angelika in diese kleine, preiswerte Wohnung gezogen, und sie hatte sich und ihr Kind ernährt, indem sie als Aushilfsverkäuferin gearbeitet hatte. Seitdem Angelika nun als Kindergärtnerin tätig war, versorgte sie nur noch den Haushalt. Und selbst diese Arbeit schaffte sie in letzter Zeit kaum noch.
♥♥♥
Am nächsten Vormittag telefonierte Angelika mit dem Arzt ihrer Mutter.
»Ich kann Sie beruhigen, Fräulein Eichen, ich konnte wirklich nichts Organisches bei Ihrer Mutter feststellen«, erklärte Dr. Meyer. »Sie müsste mal aus der Großstadt raus und für sechs bis acht Wochen richtig gute Landluft genießen. Ich bin sicher, sie käme als ganz neuer Mensch zurück.«
»Vielen Dank, Herr Doktor, ich will sehen, was sich machen lässt«, erwiderte Angelika. Sie war froh, dass ihre Mutter tatsächlich nicht schwer erkrankt war. Aber wie sollte sie den Rat des Arztes realisieren?
Und dann stieß sie per Zufall wenige Tage später auf eine mögliche Lösung des Problems.
Für die Sommermonate Fachkraft für Kindergarten gesucht, las sie in einer Annonce in der Zeitung.
Angelika setzte sich sofort mit der betreffenden Gemeinde in Verbindung und bekam prompt eine positive Antwort. Sogar ein kleines möbliertes Haus stellte man ihr zur Verfügung. Sie konnte ihr Glück gar nicht fassen.
»Mutsch, jetzt geht es für die Sommermonate aufs Land«, verkündete sie jubelnd, als sie heute nach Hause kam und wieder einen Brief des Dorfbürgermeisters vorfand.
»Wohin?«
»In ein ruhiges kleines Dorf, wo es uns bestimmt prächtig gefallen wird und du dich großartig erholen wirst.« Angelika fiel ihrer Mutter vor Freude um den Hals.
Dann erzählte sie ihr ausführlich, um was es genau ging, und wusste alle Bedenken ihrer Mutter wegen der Kündigung ihrer jetzigen Arbeitsstelle zu zerstreuen.
»Ich finde schon etwas Neues, wenn wir im Herbst zurückkehren, Mutsch, und die Wohnung behalten wir selbstverständlich.«
»Das geht alles so schnell, Kind. Ich muss das erst einmal begreifen.«
»Es wird wunderschön werden, Mutsch, glaube mir. Du wird im Garten unseres kleines Häuschens sitzen, dem Gesang der Vögel lauschen und die gute Landluft genießen.«
Frau Henriettes Züge erhellten sich.
»Am ersten April fange ich an. Dann wird der Kindergarten eröffnet, hat mir der Bürgermeister geschrieben.«
♥♥♥
Schon drei Wochen später packte Angelika ihre Koffer. Sie hatte beschlossen, zuerst allein zu fahren und alles zu regeln. Ihre Mutter würde sie an einem der nächsten Sonntage nachholen.
Angelika wollte gerade zu einer Nachbarin gehen, um sich telefonisch ein Taxi zu bestellen, da klingelte es.
»Nanu, wer will denn zu so früher Morgenstunde etwas von uns?«, murmelte Angelika, als sie die Tür öffnete.
Walter Mentrup stand vor ihr. Er war Finanzbeamter. Eine Zeit lang hatten sie sich häufiger getroffen, bis Angelika gemerkt hatte, dass Walter ihre Freundschaft zu ernst genommen hatte. Auch einige seiner Charaktereigenschaften hatten sie gestört, und sie hatte sich zurückgezogen.
»Guten Morgen, Angelika!« Walter war wie immer sehr gut gekleidet. Er zog seinen teuren Hut. »Da staunst du wohl, mich zu sehen, nicht wahr?«
»Allerdings«, gab sie trocken zurück, »ich habe jetzt leider gar keine Zeit, ich muss nämlich zum Bahnhof.«
»Das weiß ich!« Er strahlte sie an. »Ich traf gestern zufällig deine Mutter. Sie erzählte mir von deinen Plänen.«
Angelika wusste, wie gern es ihre Mutter gesehen hätte, wenn sie und Walter ein Paar geworden wären. Weil sie selbst so schlimme Erfahrungen gemacht hatte, zählte es für sie besonders, dass an der Seite eines Beamten eine gesicherte Zukunft vor ihr läge.
»Dann verstehst du sicher, dass ich jetzt ein Taxi bestellen muss und mich nicht länger aufhalten kann.«
»Ich habe einen neuen Wagen«, erklärte Walter stolz, »und kann dich fahren.«
»Ach«, erwiderte Angelika nur, ohne eine Spur von Begeisterung zu zeigen. Dann bat sie ihn herein.
Walter erzählte pausenlos von der besonderen Ausstattung seines tollen Autos, aber Angelika hörte nur mit halbem Ohr hin. Erstens interessierte es sie nicht, und zweitens hatte sie jetzt anderes im Sinn.
»Komm, sag meiner Mutter rasch Guten Tag, dann müssen wir fahren«, unterbrach sie ihn schließlich kurzerhand.
Das tat Walter Mentrup sehr gern, und er begrüßte Frau Henriette überaus herzlich.
»Ich schreibe dir gleich, Mutsch, wie ich alles vorfinde, und hole dich so schnell wie möglich nach«, sagte Angelika dann und umarmte ihre Mutter.
»Ich fahre Sie selbstverständlich dorthin«, bot Walter an. »Das ist doch Ehrensache!«
»Wenn Sie das tatsächlich für mich alte Frau tun wollen, Herr Mentrup!«, gab sie mit strahlender Miene zurück, ehe Angelika dagegen protestieren konnte.
»Sie sind doch längst noch nicht alt, Frau Eichen«, schmeichelte Walter ihr.
Als Angelika nach ihren beiden Koffern griff, nahm Walter sie ihr sofort aus der Hand.
»Nein, nein, lass mich das machen.« Zuweilen war er wirklich nett und zuvorkommend. Wenn er auf der anderen Seite nur nicht so engherzig, spießig und geizig gewesen wäre!
Auf dem Weg zum Bahnhof erwartete Walter natürlich von Angelika bewundernde Worte zu seinem neuen Wagen.
»Na, wie sitzt man in den Polstern?«, fragte er endlich, als sie gar nichts sagte.
»Ganz wunderbar«, versicherte sie und hoffte, mit dieser Formulierung seinen Erwartungen zu entsprechen.
»Ich verstehe nicht, warum es dich plötzlich in diese Einöde zieht«, bekannte er dann. »In so einem kleinen Dorf wirst du vor lauter Langeweile umkommen.«
»Das glaube ich nicht.« Angelika erzählte ihm, warum genau sie sich zu diesem Schritt entschlossen hatte.
»So ein Quatsch«, erwiderte er schroff, »deine Mutter ist eben alt und verbraucht, damit müsst ihr euch abfinden.«
Angelika durchzuckte es schmerzlich. Ihr wurde klar, dass Walter mit zwei Zungen sprach. Sie war froh, als sie den Bahnhof erreicht hatten.
»Wir sehen uns ja bald wieder«, sagte Walter, als er ihr die Hand drückte.
»Du brauchst deine kostbare Freizeit nicht für meine Mutter zu opfern, Walter, und außerdem verfährst du teures Benzin.« Angelika wollte die Beziehung zu Walter auf keinen Fall wieder aufleben lassen.
»Ich mache das gern für deine Mutter. Mit dem Auto ist es doch auch viel bequemer für sie. Sie kann mir ja das Benzingeld geben.«
»Ach ja, das bekommst du ja auch noch von mir«, sagte Angelika schnell und kramte in ihrer Handtasche.
»Lass nur stecken, es war ja nicht weit«, wehrte er großzügig ab.
»Nein, das möchte ich nicht.« Angelika nahm zwei Mark aus ihrer Geldbörse und reichte sie ihm.
»Na ja, wenn du es unbedingt willst«, sagte er und steckte das Geldstück ein.
Sie war froh, als der Zug kurz darauf einlief und sie einsteigen konnte. Walter reichte ihr die Gepäckstücke. Er winkte ihr noch nach, als der Zug abfuhr.
♥♥♥
Angelika sank erschöpft auf eine Bank und überlegte, ob sie nicht noch verhindern konnte, dass Walter ihre Mutter zu ihr fahren würde.
Nach ein paar Minuten dachte sie nicht mehr daran und schaute aus dem Fenster. In der Natur zeigten sich die ersten Vorboten des Frühlings. Die Bäume begannen zu spießen, und in den Gärten blühten die ersten Osterglocken. Angelika wurde das Herz weit.
Bald darauf musste sie in eine Kleinbahn umsteigen. Sie bestand aus einem einzigen roten Triebwagen. Den Fahrgästen war an ihrem Äußeren anzusehen, dass sie größtenteils vom Dorf stammten. Die meisten von ihnen sprachen Plattdeutsch. Angelika musste sehr aufpassen, um etwas zu verstehen.
Der kleine Zug rollte langsam durch das Land. Auf einer Weide grasten Schafe mit ihren Lämmern. Auf einer Koppel sprangen edle Pferde herum. Angelika liebte Pferde über alles.
Während eines kurzen Urlaubs mit ihrer Mutter auf einem Bauernhof war sie mal auf Kaltblütern geritten, und daran erinnerte sie sich gerne.
An der letzten Station musste sie aussteigen. Angelika stand mit ihren Koffern da und blickte interessiert in die schöne Landschaft.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte ein älterer Mann sie. Er erkannte in Angelika wohl eine Fremde, die nicht abgeholt wurde.
»Vielen Dank«, erwiderte Angelika erleichtert. »Ich möchte zu Herrn Wagenführ, dem Bürgermeister.«
»Aha«, wunderte der Mann sich. »Er wohnt von hier aus gleich auf dem zweiten Hof rechts«, erklärte er dann und zeigte in die Ferne. »Aber das ist ein ganz schönes Stück zu gehen.«
»Vielleicht kann ich ein Taxi rufen«, meinte Angelika.
Da lachte der Mann herzlich.
»Nein, damit haben Sie hier bei uns auf dem Lande kein Glück. Am besten wird es sein, wenn Sie Ihr Gepäck hier im Bahnhof unterstellen.«
Der Mann klärte das auch gleich mit dem Bahnhofsvorsteher.
»Vielen, vielen Dank.« Angelika war dem Herrn wirklich von Herzen dankbar für seine Hilfe. Dann trennten sich ihre Wege.
»Vielleicht sehen wir uns ja noch einmal, ich bin nämlich Lehrer einer einklassigen Volksschule«, sagte der Mann, der in die andere Richtung musste.
»Dann haben wir beide etwas mit Kindern zu tun«, entgegnete Angelika. »Ich bin nämlich die neue Kindergärtnerin.«
»Ach«, sagte der Mann überrascht. »Ja, ich erinnere mich, dass im Winter auf der Gemeindesitzung beschlossen wurde, den Kindergarten wiederzueröffnen.«
»Was heißt hier wiederzueröffnen?«, fragte Angelika misstrauisch.
»Genaues weiß ich nicht, ich gehöre ja zur anderen Gemeinde.«
Angelika hatte das Gefühl, er weiche ihr aus.
»Ich heiße übrigens Krause«, stellte er sich nun vor. »Wenn Ihr Weg Sie einmal ins Nachbardorf führt, würden meine Frau und ich uns freuen, wenn Sie uns einmal besuchten.«
»Das werde ich gern tun«, versprach sie.
♥♥♥
Nach einem herzlichen Abschied machte Angelika sich auf den Weg. Vögel zwitscherten ihre Lieder. Die Luft war wunderbar rein und klar. Hier konnte ihre Mutter sich bestens erholen.
Plötzlich kam auf der schmalen, holprigen Straße ein eleganter Wagen angebraust und ließ eine mächtige Staubwolke hinter sich zurück. Angelika sprang entsetzt zur Seite. Sie hustete und schüttelte entrüstet den Kopf.
Der Vorfall war schnell vergessen, als sie sich dem idyllischen Dorf näherte. Bald stand sie vor dem Hof des Bürgermeisters.
Angelika schrak zusammen, als sie vom wilden Gebell eines Kettenhundes empfangen wurde. Er sprang immer wieder hoch, als wollte er sich auf Angelika stürzen. Sie war froh, als sie das Haus erreicht hatte.
Die Tür ging auf. Eine resolut wirkende Frau trat heraus, warf Angelika nur einen flüchtigen Blick zu und schimpfte dann mit dem Hund.
»Willst du wohl still sein, Karo!«
Der Hund verstummte augenblicklich. Er zog den Schwanz ein und verkroch sich in die Hundehütte.
»Guten Tag, ich möchte zum Bürgermeister«, sagte Angelika.
Die Frau erwiderte den Gruß recht knapp.
»Ich bin Angelika Eichen, die Kindergärtnerin«, stelle Angelika sich nun vor.
Kurz dachte die Frau nach, als wüsste sie nicht, wer das sein sollte. Dann bat sie Angelika herein.
»Mein Mann ist im Moment auf den Feldern.« Die Frau führte Angelika zu einem Raum, an dessen Tür ein Schild mit der Beschriftung Amtszimmer hing. »Setzen Sie sich einen Moment.« Damit ging sie hinaus.
Das sogenannte Amtszimmer war nicht geheizt. An den Wänden standen hässliche Schränke. Angelika hatte sich ihren Empfang hier etwas anders vorgestellt.
Sie setzte sich und wartete, und ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt.
Als sie nach über einer Dreiviertelstunde ans Fenster trat, rumpelte gerade ein Ackerwagen auf den Hof. Kurz darauf stapfte ein kräftiger Mann in Arbeitskleidung auf das Haus zu.
Wieder musste Angelika warten, denn Otto Wagenführ erschien erst nach einer ganzen Weile.
»Tag auch«, sagte er ein wenig verlegen und streckte ihr die schwielige Hand entgegen.
»Guten Tag«, erwiderte Angelika.
»Tja. Ich hatte Sie heute noch gar nicht erwartet«, erklärte der Bürgermeister.
»Aber ich habe Ihnen meine Ankunft doch mitgeteilt.«
»Tatsächlich?«
Er ging auf seinen Schreibtisch zu und suchte unter einem Briefstapel ihren Brief hervor.
»Ah, hier ist Ihr Brief. Ich bin gestern und heute noch gar nicht dazu gekommen, die Post zu lesen.«
Angelika war höchst befremdet. Hier herrschten ja nette Zustände! Wenn das so weiterging, musste sie sich auf allerhand unliebsame Überraschungen gefasst machen.
