Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 775 - Eva Berger - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 775 E-Book

Eva Berger

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Beschreibung

Eva freut sich auf ihre neue Stelle als Sekretärin auf Gut Altenwalde, und tatsächlich scheint sie einen echten Glücksgriff getan zu haben. Der Gutsherr begegnet ihr mit Offenheit und Herzlichkeit, die Umgebung ist atemberaubend schön, und Eva spürt schnell: Hier könnte sie ankommen. Doch es gibt viel aufzuholen - die Position war lange unbesetzt, und so krempelt Eva entschlossen die Ärmel hoch. Mit Tatkraft und Elan nimmt sie ihre neue Aufgabe in Angriff und erntet bald Lob und Anerkennung. Doch nicht jeder auf Gut Altenwalde heißt sie willkommen. Die kleine Komtess Heidi, Tochter des verwitweten Grafen, sieht in Eva eine Bedrohung. Während ihr Vater in höchsten Tönen von der neuen Gutssekretärin schwärmt, wachsen in dem Mädchen Neid und Ablehnung. Heimtückische Streiche sollen Eva vertreiben - doch dabei bleibt es nicht. Aufgestachelt von einer intriganten Mitspielerin im Hintergrund, steigert sich Heidis Feindseligkeit schließlich in gefährliche Ausmaße. Am Ende steht nicht nur Evas Ruf, sondern ihr Leben auf dem Spiel ...

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Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Der gute Geist von Altenwalde

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Impressum

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Der gute Geist von Altenwalde

Evas gefährliches Abenteuer auf einem einsamen Gut

Eva freut sich auf ihre neue Stelle als Sekretärin auf Gut Altenwalde, und tatsächlich scheint sie einen echten Glücksgriff getan zu haben. Der Gutsherr begegnet ihr mit Offenheit und Herzlichkeit, die Umgebung ist atemberaubend schön, und Eva spürt schnell: Hier könnte sie ankommen. Doch es gibt viel aufzuholen – die Position war lange unbesetzt, und so krempelt Eva entschlossen die Ärmel hoch. Mit Tatkraft und Elan nimmt sie ihre neue Aufgabe in Angriff und erntet bald Lob und Anerkennung.

Doch nicht jeder auf Gut Altenwalde heißt sie willkommen. Die kleine Komtess Heidi, Tochter des verwitweten Grafen, sieht in Eva eine Bedrohung. Während ihr Vater in höchsten Tönen von der neuen Gutssekretärin schwärmt, wachsen in dem Mädchen Neid und Ablehnung. Heimtückische Streiche sollen Eva vertreiben – doch dabei bleibt es nicht. Aufgestachelt von einer intriganten Mitspielerin im Hintergrund, steigert sich Heidis Feindseligkeit schließlich in gefährliche Ausmaße. Am Ende steht nicht nur Evas Ruf, sondern ihr Leben auf dem Spiel ...

»Kind, ich habe ein ungutes Gefühl bei dieser Geschichte.« Die gütig aussehende alte Frau seufzte.

»Aber Tantchen, dich schüchtert der Grafentitel ein. Doch ein Graf und eine Gräfin sind schließlich auch nur Menschen.« Eva lächelte herzlich. »Diese Stellung als Gutssekretärin ist eine einmalige Chance für mich. Sie wird erstens sehr gut bezahlt, und außerdem lebt die gräfliche Familie auf ihrem alten Stammsitz. Das bedeutet sicher, man braucht nur aus dem Haus zu treten und ist in der Natur. Ich werde mit Katzen, Hunden, Kühen, Pferden und anderen Tieren leben.«

»Du warst von jeher eine Romantikerin und Träumerin, Eva«, sagte die alte Dame nachsichtig. »Du machst dir ganz bestimmt falsche Vorstellungen von deiner zukünftigen Tätigkeit. Die gräfliche Familie ist sicher schrecklich hochmütig, du wirst dich dort nicht wohlfühlen. Hier hast du eine gute Stellung, wirst von deinem Chef geschätzt, bist bei deinen Kollegen beliebt.«

Um den schönen, ausdrucksvollen Mund des jungen Mädchens lief ein schmerzliches Lächeln.

»Das habe ich mir selbstverständlich auch vor Augen geführt, Tantchen. Aber ich bin nun einmal ein Landkind, und obwohl ich schon seit Jahren hier in der Stadt lebe, kann ich die schöne Zeit meiner Kindheit und Jugend nicht vergessen.«

»Du lebtest als Kind auch in einem wahren Paradies, Eva. Ich habe nie ganz verstanden, warum deine Mutter das stattliche Haus nach dem Tod deines Vaters verkauft hat.«

»Ich auch nicht, Tantchen. Aber Mama hat sich wohl auf dem Lande niemals ganz wohlgefühlt. Es zog sie in die Stadt zurück. Außerdem war das Haus bei Papas Tod leider Gottes noch längst nicht schuldenfrei. Und in der Stadt fand Mama schneller eine Beschäftigung als in unserem kleinen Dorf.«

»In der Beziehung war es für deine arme, verstorbene Mutter natürlich leichter«, stimmte Elfriede Großmann ihrer Nichte zu. »Sie war ja aufs Geldverdienen angewiesen. Die Witwenrente, die sie bezog, war viel zu klein, um davon leben zu können. Und du gingst ja noch zur Schule.«

»Ja, das stimmt. Papas Tod hat Mama und mich damals völlig aus dem Gleis geworfen. Ich war noch so jung, gerade sechzehn Jahre alt.«

»Wenn ich damals nicht gerade selbst so krank gewesen wäre, hätte ich es vielleicht verhindert, dass du das Gymnasium verlässt, um auf eine Handelsschule zu gehen. Du wolltest unbedingt bald Geld verdienen. Und deine arme Mutter war nach dem plötzlichen Tod deines Vaters völlig durcheinander. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sie es zuließ, als du auf die Handelsschule gewechselt bist.«

»Ich glaube, Papa hat Mama immer zu sehr verwöhnt und alles Schwere von ihr ferngehalten. Dadurch war sie schrecklich unselbstständig. Wenn ich es mir jetzt so überlege, bin ich auch der Meinung, Mama hätte mich davon abhalten müssen, so Hals über Kopf die Schule zu verlassen.«

»Zumal du eine der besten Schülerinnen deiner Klasse warst.«

»Ja, das Lernen fiel mir nicht schwer.«

»Zum Glück ist trotzdem etwas aus dir geworden«, stellte die alte Dame stolz fest. »Gut, dass deine Mutter das noch erlebt hat.«

»Ja«, sagte Eva. »Sie hat Papa leider nur wenige Jahre überlebt. Papas Tod hatte sie nie ganz verkraftet. Als sie dann die schreckliche Krankheit bekam, ertrug sie sie bis zuletzt mit bewunderungswürdiger Tapferkeit. Kurz vor ihrem Tode sprach sie einige Male davon, wie froh sie sei, bald wieder mit Papa vereint zu sein.«

Frau Elfriede schenkte noch einmal Kaffee nach.

»Nun iss, Kind«, ermunterte sie ihre Nichte.

»Deine Torte schmeckt wie immer vorzüglich«, lobte Eva sie.

»Das freut mich. Ich wünsche dir jedenfalls für deine neue Stellung als Gutssekretärin alles Gute, mein Kind.«

»Vielen Dank, Tantchen. Ich habe mal im Atlas nachgesehen. Dieses Altenwalde liegt ganz zauberhaft«, sagte das junge Mädchen und schaute ihre Tante mit leuchtenden Augen an.

Tante Elfriede, Papas unverheiratete Schwester, war Eva von jeher die liebste ihrer Tanten gewesen. Seit dem Tode ihrer Eltern hatte sich die alte Dame rührend um sie gekümmert.

♥♥♥

Sechs Wochen später lud Eva ihre zahlreichen Gepäckstücke in ihren alten Wagen und machte sich auf den Weg nach Altenwalde, das im Mittelgebirge lag. Sie fuhr in mäßigem Tempo und genoss die Fahrt durch die schöne Landschaft.

Der Frühling zog mit aller Macht ins Land. Überall blühten die Forsythien und die Mandelbäumchen. In den Vorgärten blühten Krokusse und Schneeglöckchen.

Eva summte ein fröhliches Lied. Je näher sie Altenwalde kam, desto hügeliger wurde das Land.

In einem Dorf hielt sie an und fragte nach dem Gut des Grafen. Ein behäbiger Bauer mit dreckiger Arbeitshose zeigte ihr freundlich den Weg.

»Weit ist es nicht mehr, Fräulein«, fügte er hinzu.

»Danke«, sagte Eva heiter und fuhr weiter.

Kurz hinter dem Dorf streikte plötzlich der Motor, und ihr Wagen blieb stehen.

Nach einigen Schrecksekunden stieg Eva aus und ging um ihr Fahrzeug herum. Mit Autos kannte sie sich nicht aus. Es hätte wenig genützt, wenn sie die Motorhaube geöffnet hätte.

Sie überlegte gerade, ob sie zurück ins Dorf gehen und dort eventuell eine Werkstatt ausfindig machen sollte, als sie ein Motorgeräusch hörte. Sie stellte sich an ihr Auto und winkte. Zum Glück hielt der Wagen an.

Aus der Luxuslimousine stieg ein relativ junger Mann, der recht salopp gekleidet war. Unter einer schon etwas abgeschabten Tweedjacke trug er einen Rollkragenpullover und dazu eine blaue Hose.

»Wo brennt es denn?«, fragte er.

»Mein Auto streikt«, klagte Eva ihm ihr Leid. »Das ist echt ärgerlich, so kurz vor dem Ziel.«

Der hilfsbereite Ritter der Landstraße zog schon sein Jackett aus, um zu helfen.

»Wohin wollen Sie denn?«, fragte er interessiert.

»Nach Altenwalde.«

Darauf erwiderte der fremde Mann nichts und machte sich auf die Suche nach dem Fehler.

»Haben Sie einen Messstab für das Benzin?«, fragte er.

»Nein«, musste Eva bekennen. Da holte er seinen aus seinem Wagen.

»Wollen Sie etwa das Benzin im Tank messen?«, fragte Eva ihn empört, als sie sah, was er vorhatte.

»Allerdings!«, erwiderte er freundlich.

»Das ist völlig unnötig, ich ...« Sie kam nicht weiter, denn ihr fiel ein, dass sie einer Freundin vorgestern, kurz nachdem sie getankt hatte, das Auto geliehen hatte.

Schon zog der Fremde den Messstab wieder aus dem Tank.

Eva fand, er hätte nicht so überheblich zu grinsen brauchen. Sie errötete vor Verlegenheit. Eine spöttische Bemerkung von wegen »Frau am Steuer« ersparte er sich. Er fragte sie allerdings gar nicht erst nach einem Ersatzkanister, sondern ging zu seinem Auto und nahm seinen heraus.

Als er das Benzin in ihren Tank gefüllt hatte, brachte er den Kanister zurück.

Wie peinlich! Eva hätte sich ohrfeigen können. Dabei hatte ihre Freundin ihr noch zehn Mark direkt aufgezwungen und gesagt, dass sie eine recht lange Strecke gefahren sei.

»Ich danke Ihnen«, würgte Eva hervor. Sie öffnete die Wagentür und langte nach ihrer Umhängetasche. Sie hatte gerade ihr Portemonnaie in der Hand, als sie das Starten eines Motors vernahm. Im nächsten Moment sah sie nur noch die Schlusslichter des großen Wagens.

Wer nicht will, der hat schon, dachte sie.

Eva stieg wieder in ihren Wagen und setzte ihre Fahrt fort. Nach einer Weile musste sie von der Landstraße rechts abbiegen. Ein Straßenschild mit der Aufschrift: Gut Altenwalde, deutete darauf hin.

Dann tauchte das schlossartige Gebäude mit Zinnen und Türmchen vor ihr auf. Eva kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. So herrschaftlich und beeindruckend hatte sie sich das Gutshaus nicht vorgestellt.

Vermutlich waren der Graf und die Gräfin auch vornehme Leute in gesetztem Alter, vermutete Eva.

♥♥♥

Noch immer ein wenig benommen von dem ersten Eindruck des prächtigen Stammsitzes der gräflichen Familie hielt Eva schließlich auf dem Gutshof an und stieg aus. Ihr Blick wanderte über die Fassade des Herrenhauses, die nicht die geringste Spur eines Verfalles aufwies.

Da kam auch bereits ein Diener die breite Treppe hinunter. Er trug eine schlichte dunkle Livree.

Es ist wie in einem Film, dachte Eva ein wenig belustigt und gleichzeitig ehrfürchtig. Offenbar hatte der Umgang mit den vornehmen Herrschaften das Aussehen des Dieners geprägt. Sein Haupt war von vollem schneeweißem Haar bedeckt, und er wirkte selbst ein wenig aristokratisch.

Gemessenen Schrittes kam er auf sie zu und deutete eine Verbeugung an.

»Gnädiges Fräulein wünschen?«, fragte er mit leicht näselnder Stimme.

»Ich bin Eva Hildebrand, die neue Gutssekretärin.«

»So!« Die buschigen schlohweißen Brauen des Alten zogen sich leicht in die Höhe. »Dann heiße ich Sie hiermit auf Altenwalde herzlich willkommen, gnädiges Fräulein.« Er verbeugte sich wiederum leicht. »Darf ich Sie bitten, Ihr Handgepäck mitzunehmen? Ich werde veranlassen, dass Ihre Koffer in Ihr Zimmer getragen werden. Jetzt werde ich Sie ins Schloss führen!«

»Gern«, gab Eva herzlich zurück. Sie hängt sich ihre Handtasche über die Schulter, ergriff ihre Reisetasche und folgte dem Diener.

Die große Halle, die sie betraten, erinnerte sie spontan an ein Jagdschloss, denn überall hingen Jagdtrophäen. Zeit, sie genauer zu betrachten, blieb ihr nicht.

Der Diener steuerte nach rechts auf einen großen Bogendurchgang zu. In diesem Moment gellte ein schrilles Weinen durch die Halle. Eva stockte unwillkürlich. Auch der Diener blieb stehen und wandte sich um. Über sein faltiges Gesicht lief ein schmerzliches Zucken.

»Ich will nicht, ich will nicht«, schrie ein Kind und strampelte mit Händen und Beinen. Eine hagere Frau hielt die Kleine wie ein Postpaket unter dem Arm. Im nächsten Augenblick war sie verschwunden, das Schreien wurde leiser.

»Das war unser Komtesschen!« Offenbar fühlte sich der Diener genötigt, Eva diese Erklärung zu geben.

»Ach so«, sagte Eva und nickte. Es gab in diesem alten Schloss dann wohl nicht nur ein altes gräfliches Paar, sondern auch ein junges mit offenbar recht eigenwilligem Nachwuchs.

Der Diener führte sie einen breiten Gang entlang. Am Ende war ein großes Buntglasfenster, durch das die Sonne schien.

Eva wunderte sich, dass dieser Trakt des Schlosses recht modern wirkte. Irgendein Graf von Altenwalde hatte sich wohl entschlossen, diesem Teil des Schlosses ein neues Aussehen zu geben.

Vom Gang gingen durchweg schwere Eichentüren ab, und an eine pochte der Diener. Sofort erklang von drinnen ein deutliches: »Herein«, worauf der Diener die Tür öffnete.

»Herr Graf, ich bringe Ihnen die neue Gutssekretärin«, hörte Eva ihn sagen.

»Danke, Johann, ich lasse bitten!« Beim Klang der Stimme fuhr Eva der Schreck in die Glieder.

»Gnädiges Fräulein – bitte!« Johann trat zur Seite, und sie musste wohl oder übel das Zimmer betreten ...

♥♥♥

Und da saß der Mann, der ihr das Benzin in den Tank gefüllt hatte, an einem wuchtigen Schreibtisch.

Offensichtlich weidete er sich an ihrer Überraschung und schmunzelte.

»Treten Sie näher«, forderte er sie auf und erhob sich. Erst jetzt wurde es Eva bewusst, was für ein Riese er war.

Zögernd ging sie auf ihn zu. Dabei schoss ihr durch den Kopf, dass der Graf, als er ihr mit seinem Benzin ausgeholfen hatte, gewusst hatte, wer sie war. Sie hatte ihm ja ihr Reiseziel verraten. Also hatte er sich mit ihr einen Spaß erlaubt!

»Fräulein Hildebrand, nicht wahr?«, sagte er und reichte ihr seine kräftige Rechte.

»Ja«, erwiderte Eva.

»Ich bin Graf von Altenwalde«, stellte er sich mit einem freundlichen Lächeln vor.

Die Erkenntnis, dass Graf von Altenwalde persönlich ihr vorhin geholfen hatte, brachte sie in Verlegenheit.

»Vielleicht hätte ich mich schon vorhin vorstellen sollen«, räumte er schmunzelnd ein. »Setzen Sie sich doch.«

»Danke!« Eva nahm Platz, und auch der Gutsherr ließ sich wieder hinter seinem gewaltigen Schreibtisch nieder.

»Ich hoffe, Sie hatten, abgesehen von der kleinen Panne vorhin, eine gute Reise«, sagte er.

»Danke, ich kann nicht klagen. Mein alter Wagen hat sich wacker geschlagen. Dass er vorhin stehen blieb, war einzig und allein meine Schuld.«

»Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung«, meinte der Graf. »Ich gestehe, dass mir ein ähnliches Missgeschick wie Ihnen früher auch etliche Male passiert ist. Einmal bin ich mit meinem kleinen Töchterchen in der nächsten Großstadt auf einer sehr belebten Kreuzung stehen geblieben. Sie können sich vorstellen, was ich da ausgestanden habe.«

Jetzt lachte er fröhlich, und Eva stimmte mit ein.

»Das war mir natürlich eine Lehre. Seitdem habe ich immer einen gefüllten Reservekanister bei mir. Witzigerweise brauchte ich ihn allerdings noch nie.«

»Umso besser! So kam ich in den Genuss Ihres Reservebenzins und bedanke mich ganz herzlich dafür.«

»Ich freue mich, dass ich Ihnen helfen konnte. Doch nun zu dem Grund unseres Gesprächs. Ihre Zeugnisse kenne ich bereits, sie sind hervorragend.« Er zögerte einen winzigen Augenblick. »Ich muss gestehen, dass ich mich davon habe beeinflussen lassen, denn eigentlich hatte ich eine ältere, erfahrenere Kraft einstellen wollen.«

Er warf noch einen kurzen Blick auf ihre Bewerbung.

»Sie sind in Büroarbeiten versiert, zugegeben, aber ein Gutsbetrieb ist in vielen Dingen anders gelagert als ein Wirtschaftsunternehmen. Darum muss ich auf einer Probezeit bestehen.«

»Das ist doch selbstverständlich«, erwiderte Eva sofort. Sie fand den Grafen von Altenwalde immer sympathischer. Er machte auf sie keinen hochmütigen Eindruck, und er schien auch Sinn für Humor zu haben.

»Gut, dann sind wir uns im Großen und Ganzen einig. Die Höhe Ihres Gehaltes kennen Sie. Ihre Arbeitszeit beginnt morgens pünktlich um sieben Uhr dreißig. Falls einmal Überstunden anfallen sollten, werden sie selbstverständlich bezahlt.«

Er stand auf und öffnete die Tür des wuchtigen Eichenschrankes.

»Darf ich Ihnen einen Cognac anbieten?«, fragte er.

»Gern!« Eva trank selten Alkohol, aber jetzt konnte sie gut ein Schlückchen vertragen.

Graf von Altenwalde schenkte aus einer bauchigen Flasche französischen Cognac in zwei Kristallschwenker.

»Auf eine gute Zusammenarbeit, Fräulein Hildebrand.« Er hob sein Glas.

»Danke.« Eva nippte zuerst nur an dem Getränk. Dann trank sie das Glas aus.

»Leider hat sich im Moment sehr viel Arbeit angehäuft«, erzählte Roderich von Altenwalde ihr nun. »Ihr Vorgänger erkrankte vor zwei Monaten schwer. Er ist im Dienst alt und grau geworden und hing sehr an seiner Arbeit. Ich habe gezögert, eine neue Kraft für ihn einzustellen, weil ich hoffte, er werde wieder gesunden. Aber diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. Wir haben ihn vor acht Tagen zu Grabe getragen.«

»Das tut mir leid«, sagte Eva.

»Mir auch, er war ein verdienstvoller Sekretär und ein guter Mensch. Durch diese misslichen Umstände finden Sie im Moment keine normalen Verhältnisse vor. Normalerweise hätte Sie Ihr Vorgänger eingewiesen. Ich werde Ihnen morgen den Arbeitsplatz zeigen und, so gut ich es vermag, Erläuterungen geben.«

»Vielen Dank.« Eva erhob sich. »Nun möchte ich Sie nicht länger aufhalten.«

»Ich werde nach Johann läuten, der bringt Sie dann auf Ihr Zimmer. Ach, das hätte ich ja fast vergessen. Sie wohnen selbstverständlich im Schloss. Es ist ohnehin viel zu groß, die meisten Räume sind ungenutzt.«

»Danke.«

Graf Roderich hatte inzwischen geläutet. Johann erschien und verbeugte sich.

»Bringe bitte Fräulein Hildebrand in ihr Zimmer«, sagte der Gutsbesitzer.

»Sehr wohl, Herr Graf. Bitte kommen Sie, gnädiges Fräulein«, wandte er sich an Eva.

♥♥♥

Der Diener führte Eva eine hübsche Treppe hinauf.

»Das Schloss ist innen viel moderner, als man es von außen vermutet«, stellt Eva fest.

Ein schmerzlicher Zug glitt über Johanns Gesicht. Er nickte bekümmert.