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Dies ist der 2. Band einer verführerischen, fesselnden "Dark Love" - Romanze in vier Teilen. 1. Band: "Du bist gefährlich für mich - Dunkle Geheimnisse" "Ein brandgefährliches Spiel um Macht und Liebe beginnt. Spannungsgeladene Fortsetzung." "Emotional aufwühlender zweiter Teil." Teil 2: Da will ich nur in Ruhe über den Herzschmerz hinwegkommen, als dieser Womanizer Marc plötzlich wieder in mein Leben einbricht! Ich weiß, was ich tun müsste ... ihm eine Abfuhr erteilen. Aber was mache ich stattdessen? Genau das Gegenteil! Er ist gefährlich für mich! Dessen ist er sich bewusst. Und doch führt er mich in Versuchung - verleitet mich zu dieser beängstigenden Sache ... Mich auf Marc erneut einzulassen, ist ein Risiko. Die Erinnerungen meiner brutalen Vergangenheit könnten wieder aufleben. Doch ich bin bereit, mich von seinen dunklen Abgründen mitreißen zu lassen, obwohl ich befürchte, dass er mir knallhart das Herz brechen wird ... "Großes Gefühlskino. Herzbewegend und sexy." Zitat zu Teil 2 von "Buchblog Kruemelkeks": "Dieses Buch ist ebenso eindrucksvoll wie die Geschichte selbst. Ein Roman, der das Herz bewegt und gleichzeitig sinnlich und verführerisch ist."
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Seitenzahl: 203
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
„Sieh doch, Lea, dieser finstere Typ da hinten starrt dich die ganze Zeit an“, sagt meine Mutter und zeigt mit dem Finger auf einen wirklich düster dreinblickenden Kerl mit dunkelblondem Bürstenschnitt und gruseligem Tattoo am Hals. Sein Gesicht sieht angespannt aus und immerzu lässt er seinen Blick durch die Galerie schweifen, bevor er ihn erneut kontrollierend auf mich heftet.
„Ich gehe mal hin und frage ihn, was er will“, erwidere ich todesmutig und möchte mich gerade auf den Weg zu ihm machen, als mich meine Mutter am Arm festhält.
„Um Gottes willen, Lea, er könnte gefährlich sein! Vielleicht ist er ein Killer, den dein Vater oder Ben auf dich angesetzt haben, oder er ist ein irrer Stalker!“
„Hm“, erwidere ich überlegend und beleuchte die Sache noch mal von allen Seiten. „Er könnte auch einfach nur ein heimlicher Verehrer sein und völlig harmlos.“
„Lea, Kind, vergiss nicht, wie aufgewühlt du vor zwei Wochen vor meiner Tür standest und wie verängstigt du warst“, erinnert sie mich an meine Flucht vor Marc, die mich direkt zu ihr führte. Ich blieb einfach bei ihr, weil ich wusste, dass mich dort niemand vermuten würde. Immerhin gab es all die Jahre keinen nennenswerten Kontakt zu meiner Mutter und unsere Beziehung zueinander war in der Vergangenheit stets unterkühlt.
„Das vergesse ich bestimmt nicht, Mum“, mache ich klar, wie sehr mir noch jede Einzelheit mit ihm in Erinnerung geblieben ist. „Aber Marc hat mir nie etwas getan und mit dem General habe ich mich am Telefon ausgesprochen. Ben ist wieder in der Versenkung verschwunden und den Überfall in meinem Haus habe ich bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Alles ist geregelt und es gibt keinen Grund mehr, vor irgendetwas Angst zu haben.“
„Und wenn es nur eine trügerische Sicherheit ist, in der du dich wähnst?“, gibt meine Mutter zu bedenken.
„Ich kann doch nicht in ständiger Angst leben“, gebe ich zurück und hoffe, dass sie versteht, wie sehr ich mir ein Stückchen Normalität wünsche. „Heute ist der Tag meiner Ausstellung, auf die ich die letzten Monate hingearbeitet habe. Zum Glück waren die meisten meiner Kunstwerke in Ankes Galerie eingelagert. Sonst wären sie beim Einbruch in meine Werkstatt sicher alle zerstört worden. Also lass uns meinen heutigen Erfolg einfach genießen, ja?“
„Lea, Süße, ich gönne es dir von Herzen und bin für jeden einzelnen Tag dankbar, den wir in den letzten zwei Wochen miteinander verbracht haben. Ich bin froh, dass wir zueinanderfanden, und genau deshalb fürchte ich mich davor, du könntest zu viel riskieren.“
„Das tue ich nicht, versprochen“, beruhige ich meine Mutter. „Aber der Kerl ist verdächtig und ich finde keine Ruhe, solange ich nicht weiß, wer er ist und warum er hier herumsteht. Für meine Kunst interessiert er sich jedenfalls nicht, soviel ist klar!“
Ich stelle mein Sektglas, an dem ich mich seit Beginn der Ausstellung festhalte, auf den Stehtisch neben uns und kämpfe mich durch einen Pulk von Besuchern, bis ich den gefährlich aussehenden Muskelprotz erreicht habe. Ich bleibe direkt vor ihm stehen und blicke ihm provozierend in seine dunklen Augen.
„Warum beobachtest du mich die ganze Zeit?“, frage ich ihn mit zitternden Händen, weil ich nicht der Typ bin, der Fremde einfach anspricht, und seine gesamte Erscheinung bedrohlich wirkt. Jetzt kann ich seine Tätowierung gut erkennen, die ein Spinnennetz darstellt und die gesamte linke Seite seines Halses bedeckt. Eine förmliche Anrede erspare ich mir, da er das Wörtchen „Sie“ in seiner finsteren Welt sicher nicht häufig gebrauchen wird. Natürlich ist das reine Mutmaßung, da meine Vorurteile die Oberhand gewinnen: Ein Mann, der wie ein Schläger aussieht, kann keine Manieren haben. Dabei musste ich doch auf bittere Weise seit frühester Kindheit erleben, dass ein Schläger, der wie ein Ehrenmann aussieht, jegliche Manieren vermissen lässt. Denn mein Vater war das wahre Monster … sowie später Ben, mein Ex-Freund, der dem General in nichts nachstand.
Verunsichert, von mir entdeckt worden zu sein, räuspert er sich und tänzelt auf der Stelle herum.
„Bitte, Frau Waldeck, es war nicht vorgesehen, dass wir miteinander in Kontakt treten“, teilt mir der düstere Mann auf sehr manierliche Weise mit. „Ich halte mich lediglich im Hintergrund und sorge für Ihren Schutz.“
„Ähm … das verstehe ich nicht“, bin ich verwirrt und ziehe mein seidiges Schultertuch fester um meine freien Schultern, da mein figurbetontes Satinkleid nur von dünnen Trägern gehalten wird. Ich beginne zu frösteln, weil ich schon wieder das Gefühl bekomme, mein Leben nicht zu steuern … dass andere für mich die Fäden ziehen. „Wer hat Sie denn beauftragt?“, schwenke ich nun zum „Sie“ über, da auch er sich der respektvollen Anredeform bedient.
„Ich arbeite für Marc Brenner“, informiert er mich und lässt mich erschaudern, als ich Marcs Namen höre.
In den letzten zwei Wochen habe ich versucht, ihn aus dem Kopf zu bekommen, was mir nicht wirklich gelungen ist. Seine Energien schwingen noch in mir nach – jedes einzelne Erlebnis mit ihm, jedes Gespräch und jegliche seiner Berührungen wiederholen sich wie eine Dauerschleife in meinen Gehirnwindungen. Seine Strahlkraft ist so gewaltig, dass sie auch Tage später in mir fortbesteht. Ich hatte gehofft, nie wieder was von ihm zu hören, und mich gleichzeitig davor gefürchtet. Denn da ist etwas in mir gewachsen: ein warmes Gefühl für ihn, das ich bisher nicht kannte … aber auch Misstrauen, weil er von dunklen Geheimnissen begleitet zu einer unberechenbaren Gefahr für mich werden könnte.
„Das ist aber nicht nötig“, mache ich deutlich, wie sehr es mir missfällt, von einem Bodyguard bewacht zu werden.
„Tut mir leid, Frau Waldeck, aber das ist mein Job“, lässt er durchblicken, das Observieren keinesfalls zu beenden. „Klären Sie das mit Marc Brenner. Er scheint der Meinung zu sein, dass es durchaus nötig ist.“
Ich spüre die Wut wie eine giftige Schlange in mir hochkriechen. Ganz langsam übernimmt sie meine Körperfunktionen und stiehlt sich auch noch meine Verstandeskraft. Wenn Marc denkt, er dürfte einfach so – ohne Absprache – unverhältnismäßige Entscheidungen für mich treffen, die mich in meiner Freiheit einschränken und durch die ich mich maßlos kontrolliert fühle, ist er auf dem Holzweg. Ich werde ein für alle Mal klarstellen, dass ich seinen aufgezwungen Schutz nicht brauche, und ihm eine Botschaft schicken: Meiner Rationalität beraubt, die von meinem Zorn wie ein Dessert verspeist wird, rücke ich meinem unerwünschten Bodyguard auf die Pelle und recke mich seinem Gesicht auf Zehenspitzen entgegen. Dabei halte ich mich an seinen aufgepumpten Oberarmen fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
„Danke, dass Sie mich beschützen“, sage ich zu ihm und registriere im Augenwinkel, wie einige bereits ihre Handys zücken und diese kuriose Szene zu filmen beginnen. Ohne weitere Vorwarnung nähere ich mich seinem Gesicht auf unverhohlene Weise und drücke meine Lippen auf seinen Mund. Meine Zunge bricht wie eine Diebin in seinen Tabubezirk ein und fordert einen Kuss ein, der mir beileibe nicht zusteht. Der arme Kerl kennt mich überhaupt nicht und er könnte eine Freundin haben, die ihn nach diesem Vorfall unschuldig vor die Tür setzt. Doch statt mich abzuwehren, umfasst er meine Hüften mit seinen starken Händen und erwidert meinen Kuss zu meiner Überraschung. Dabei hatte ich mit diesem willigen Entgegenkommen gar nicht gerechnet. Das Publikum um uns herum zeigt sich freudig erregt und filmt unsere Darbietung von allen Seiten. Ich kann nicht glauben, was ich hier gerade tue, woher der Mut kommt, so offensiv vorzugehen. Meine Wut … aber sicher … sie treibt mich dazu, einen Fremden auf verachtungswürdige Weise zu missbrauchen, um Marc zu kränken, damit er keinen Grund mehr sieht, auf mich aufzupassen. Dieser Vorfall wird nicht lange jungfräulich bleiben, sondern sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer verbreiten. Schon bald wird eine der Aufnahmen Marc in irgendeiner Form erreichen und er gezwungen sein, seinen Handlanger wegen Unprofessionalität abzuziehen.
Ich beende meine Uferlosigkeit, für die ich mich bereits zu schämen beginne, und nehme wieder etwas Abstand von meinem Bodyguard. Das Publikum jubelt und klatscht in die Hände. Mir wird bewusst, wie gewagt meine Aktion war, denn nicht bloß Marc wird von dieser Sache Wind bekommen, sondern auch Ben und der General. Und wie sie diese Chose bewerten, wird sich später zeigen. Doch jetzt muss ich meinen Plan erst mal zu Ende führen und setze noch einen drauf.
„Sie sind ein wirklich attraktiver Mann, wissen Sie das eigentlich?“, bemerke ich abschließend und gehe zurück zu meiner Mutter.
Ich bin endlich wieder daheim – in meinem wunderbaren kleinen Häuschen, das ich die letzten zwei Wochen wie einen guten Freund vermisst habe. Mein Haus scheint ebenso zu fühlen, denn die Holzbalken an der Decke knacken, als wären sie Teil einer Percussion-Band, und begrüßen mich auf diese unüberhörbare Weise.
Mir geht das Gespräch mit meiner Mutter nicht aus dem Kopf – die Standpauke, die sie mir gerade im Auto hielt, nachdem wir die Galerie verlassen hatten. Während ich mir zufrieden die Hände rieb, Marc eins ausgewischt zu haben, fürchtete sie sich vor der bevorstehenden Reaktion des Generals.
„Er wird es ebenfalls zu sehen bekommen“, hatte sie gesagt, während sie den Wagen Richtung Mariendorf lenkte – ein ruhiger Bezirk im Süden Berlins, der mein Zuhause ist. „Du kennst deinen Vater. Alles ist möglich, auch dass er dich dafür bestraft.“
„Mum, ich bin erwachsen! Das muss er endlich verstehen. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Selbst wenn sie irrational scheinen, ist es allein meine Sache, was ich tue!“, machte ich klar, von nun an keine Angst mehr vor ihm haben zu wollen.
„Kind, dein Vater wird immer Macht auf dich ausüben … solange er lebt“, erinnerte sie mich daran, welche Gefahr stets von ihm ausgehen und mir kein „normales“ Leben vergönnt sein wird. „Nimm dich weiterhin in Acht vor ihm. Es ist noch nicht vorbei.“
Ich gehe zum Fenster und werfe einen Blick auf meine Garage, die ich von einem Reinigungsteam in Ordnung bringen ließ. Reingeschaut habe ich bisher noch nicht. Zu schmerzlich ist die Erinnerung an jenen Tag, an dem meine Arbeit mehrerer Monate kurz und klein geschlagen wurde und ein Fremder mich mit einer Eisenstange bedrohte. Ich werde wohl weitere Zeit benötigen, bis ich mich wieder in meine Werkstatt wage und in der Lage bin, neue Kunstwerke zu schaffen – meiner Leidenschaft als Bildhauerin zu frönen.
Es ist noch nicht vorbei, warnte mich meine Mutter. Weiß sie mehr, als sie preisgibt? Immerhin hatte sie der General vor sechzehn Tagen im angetrunkenen Zustand aufgesucht (obwohl er ein trockener Alkoholiker ist) und sich unzufrieden über mich geäußert. Ich hoffe, sie irrt sich, denn ich möchte ein freies Leben führen … unbeschwert und ohne Ängste.
Ich ziehe den Reißverschluss meines Kleides ein paar Zentimeter nach unten, um mich vom eng vernähten Stoff zu erlösen. Es ist das Kleid meiner Mutter, das sie mir für diesen Abend geliehen hat und in das sie selbst perfekt hineinpasst. Ich mache mir nichts daraus, dass ihre Taille etwas schlanker ist als meine. Viel zu dankbar bin ich, dass ich meine Magersucht überwunden habe, die mein Vater und Ben zu verantworten hatten. Essen macht mir Spaß und ich sehe heute viel gesünder aus als damals.
Es klopft an der Tür und ich zucke zusammen. Könnte es meine Mutter sein, weil ich etwas bei ihr vergessen habe? Doch dann hätte sie mich angerufen und wäre nicht einfach so zu dieser fortgeschrittenen Stunde zu mir zurückgefahren.
Ich tapse auf nackten Füßen zum Hauseingang und halte mein Ohr dagegen, um verräterische Geräusche zu erfassen, aber bis auf die nächtliche Stille nehme ich nichts wahr.
Es klopft erneut, nur diesmal energischer, sodass die Tür zu beben beginnt.
„Lea, mach auf! Ich weiß, dass du da bist!“, ruft eine Stimme im Befehlston, die ich auf Anhieb erkenne.
„Nein!“, erwidere ich und bin mir sicher, dass Marc auf der anderen Seite der Tür steht.
„Ich muss mit dir reden“, will er sein spätes Erscheinen rechtfertigen, dabei ist mir doch längst klar, dass er das Video gesehen haben muss, in dem ich seinen auf mich angesetzten Bodyguard überschwänglich verschlinge.
„Nein“, wiederhole ich meine Ablehnung und fürchte mich vor dem, was er mir zu sagen hat – vor einem möglichen Wutausbruch, wie ich es von Ben und dem General gewohnt bin.
„Bitte, Lea, ich will nur reden“, sagt er etwas gedämpfter und hofft wohl, sein veränderter Ton würde mich umstimmen.
„Dafür hättest du mich auch anrufen können“, weise ich ihn auf die technischen Fortschritte der modernen Zeit hin.
„Damit du mich wieder wegdrückst, wie du es bereits seit zwei Wochen tust?“, erinnert er mich an meinen Unwillen, seine zahlreichen Anrufe anzunehmen. Immerhin wollte ich ihn vergessen, um mich nicht erneut auf einen zwielichtigen Mann einzulassen. Ich weiß, dass mir Marc gefährlich werden könnte aufgrund seiner vielen Geheimnisse und doch hüpft mir mein Herz vor Aufregung fast aus der Brust, ihm wieder so nahe zu sein – lediglich getrennt durch eine Tür, die ich einfach nur zu öffnen bräuchte.
„Und was passiert, wenn ich dich reinlasse?“, frage ich skeptisch und mit fehlendem Vertrauen. „Wirst du dann erzürnt über mich herfallen?“
„Was? Nein! Wie kommst du auf so etwas, Lea?“, erweckt er den Eindruck, irritiert zu sein. „Wann glaubst du mir endlich, dass ich nicht wie dein Scheiß-Ex bin?“
„Vielleicht bist du nicht wie er. Dafür aber voller finsterer Geheimnisse“, halte ich ihm vor Augen, keineswegs weniger gefährlich zu sein.
„Das sollten wir nicht getrennt durch deine Haustür besprechen“, sagt er mit einer ungewohnten Weichheit in der Stimme, als hätte er einen Wattebausch verschluckt. „Wahrscheinlich haben wir schon die halbe Nachbarschaft auf uns aufmerksam gemacht. Also bitte, Lea, lass mich rein. Ich verspreche dir, dass du nichts zu befürchten hast.“
Ich streiche nachdenkend über die kalte Tür und hoffe, dass sie mir die Entscheidung abnimmt. Immerhin hat sie einen guten Blick auf uns beide und kann gerade besser als ich beurteilen, ob Marcs Gesichtszüge ehrlich wirken.
„Soll ich es wagen?“, flüstere ich der Tür zu. Doch sie bleibt mir eine Antwort schuldig, weil sie nicht ganz zu Unrecht denken wird, dass ich für meine Handlungen selbst verantwortlich bin.
Zaghaft drehe ich den Schlüssel herum, um aufzuschließen. Ich höre, wie Marc auf der anderen Seite erleichtert aufatmet. Mit der gleichen Verunsicherung öffne ich das Zusatzschloss und drücke kurz darauf die Klinke herunter. Die Tür gleitet langsam auf und gibt die Sicht auf Marc frei.
Er lächelt … warmherzig … voller Sanftmut, als gäbe es tatsächlich keinen Grund, ihm zu misstrauen. Also mache ich einen Schritt zur Seite, damit er eintreten kann. Ich stehe an der Wand und umkralle die Türklinke so fest, dass sich die Kälte des Metalls wie gefrorenes Eis in meiner Handfläche anfühlt. Marc braucht nur zwei große Schritte zu machen, um mir in meinem kleinen Flur gegenüberzustehen. Da ich nichts weiter tue, als ihn bänglich anzublicken, löst er meine Hand von der Klinke und lässt die Tür ins Schloss fallen. Dabei blickt er mich wie eine Raubkatze an, die jeden Moment zum Sprung ansetzt.
„Du siehst wunderschön in diesem Kleid aus“, beginnt er unsere Zusammenkunft mit einem Kompliment.
Dabei fällt mir der Reißverschluss ein, den ich vorhin ein paar Zentimeter nach unten gezogen habe für ein bisschen mehr Luft. Die Sicht auf meinen nackten Rücken dürfte demnach ganz hervorragend für ihn sein, würde ich vor ihm ins Wohnzimmer gehen.
„Bitte … nach dir“, sage ich und weise ihm mit einer Handbewegung den Weg ins Wohnzimmer. Zu seinen netten Worten äußere ich mich nicht, weil ich Höflichkeiten – egal welcher Art – nicht gewohnt bin und keine Ahnung habe, wie man darauf reagiert.
Während er ein paar wenige Schritte Richtung Wohnzimmer macht, um gleich darauf in meine offene Küche abzubiegen, hüpfe ich ihm mit verrenkenden Bewegungen hinterher und versuche, den Reißverschluss zu schließen. Doch was ich auch ausprobiere, das eigensinnige Teil will sich einfach nicht nach oben ziehen lassen.
„Kann ich dir vielleicht helfen?“, hat er mein tänzerisch anmutendes Schauspiel natürlich bemerkt.
„Wenn du dich mit verklemmten Reißverschlüssen auskennst, vielleicht“, antworte ich und möchte meine Worte fast im selben Augenblick ungeschehen machen. Denn eigentlich wollte ich genau das verhindern: dass er einen freien Blick auf meine entblößte Haut bekommt und sich eingeladen fühlt, sich mir zu nähern.
„Darin bin ich ein Experte“, lässt er die Gelegenheit nicht aus, mich mit seiner Überheblichkeit zu necken.
„Wie in allem anderen auch, ich weiß“, reagiere ich augenrollend und folge ihm in die Küche.
„Vielleicht nicht in allem, aber ich arbeite darauf hin“, bemerkt er augenzwinkernd und öffnet dreist meinen Kühlschrank. „Ich darf doch“, holt er sich zwar meine Erlaubnis ein, wartet jedoch nicht auf eine Antwort. Er greift sich eine Flasche Mineralwasser und trinkt sie in einem Zug aus. Währenddessen drückt er die Kühlschranktür wieder zu und stellt die leere Flasche geräuschvoll auf der Arbeitsfläche ab. „Sorry, ich komme gerade vom Training und dabei bin ich gründlich ins Schwitzen geraten. Vor allem nachdem ich das heiße Knutschvideo mit dir und Lenny gesehen hab.“
Ich umfasse den Salzstreuer und stranguliere ihn, obwohl er nur unschuldig in die Schusslinie gelangt ist.
„Dann bist du jetzt also hier, um mir die Leviten zu lesen?“, muss ich mich wohl auf eine Strafpredigt einstellen. Der Vorsicht halber lege ich den Rückwärtsgang ein, sodass uns mindestens zwei Armlängen trennen. Falls er wutschnaubend ausholt, um mich seinen Unmut über meine Aktion körperlich spüren zu lassen, wie es Ben stets zu tun pflegte, bleibt mir womöglich eine reelle Chance zur Flucht.
„Lea, hör auf, Angst vor mir zu haben“, entgeht ihm mein Rückzug nicht. „Ich will bloß etwas klarstellen und dir mitteilen, dass ich deine Nachricht verstanden habe. Du hast ihn geküsst, okay. Doch ich werde Lenny trotzdem nicht abziehen. Er wird solange auf dich aufpassen, bis ich davon überzeugt bin, dass du sicher bist.“
„Aber er hat sich unprofessionell verhalten. Deshalb solltest du ihn feuern und dir diesen übertriebenen Personenschutz sparen.“
Marc lacht und lehnt sich entspannt an meinen Küchenunterschrank. Seine Beine überkreuzt er und beginnt, mit dem Fuß zu wippen.
„Erstens habe ich es nicht nötig, etwas einzusparen, weil ich ein verflucht reicher Mann bin“, ist seine Bemerkung an Großkotzigkeit kaum zu überbieten, „und zweitens werde ich Lenny ganz bestimmt nicht feuern, weil er nämlich ein engagierter Ermittler und Personenschützer ist … vor allem aber ein guter Freund.“
Ich gebe den Salzstreuer wieder frei, bevor ihm die Luft ausgeht, und kämpfe mit den Symptomen meiner Bestürzung, welche die neuesten Informationen bei mir auslösen. Lenny … er hatte diesen Namen schon mal erwähnt! Mir wird schlagartig unwohl, weil ich mich wegen meines Vorgehens mehr schäme als zuvor. Dass Marc mit meinem Kussopfer befreundet ist, lässt mein schlechtes Gewissen anwachsen. Zumal ich mein Ziel mit diesem Bravourstück nicht mal erreicht habe: nämlich dass Marc seinen Bodyguard erbost ausmustert und ich wieder frei bin – falls ich es jemals war.
„Dann kränkt es dich nicht, dass dein Freund mich geküsst hat?“, staune ich über Marcs lockere Art, damit umzugehen.
„Wenn ich mich recht erinnere, hast du ihn geküsst“, antwortet er mit heiterer Miene und verschränkt die Arme vor der Brust, als würde ihn das nichts angehen.
„Und er hat den Kuss erwidert“, kläre ich mal eben die Fakten.
„Ja, richtig, das hat er“, tut er so, als wäre ihm dieser nicht unerhebliche Sachverhalt gerade erst wieder eingefallen. „Aber ich kann ihm ja schlecht übelnehmen, wenn er auf irgendeine Single-Frau scharf ist, die partout keine Beziehung haben will, und ungemein heiß aussieht.“
Ich kann nicht verhindern, dass mir die Kinnlade nach unten fällt und ich mich unerwartet verletzt fühle. Seine gesamte Körpersprache und die Art, wie er sich ausdrückt … beides ist entwürdigend. Plötzlich zweifle ich daran, dass irgendetwas echt zwischen uns war, und frage mich, ob er mein kleines aufgeflammtes Gefühl für ihn überhaupt verdient.
„Dann ist ja wohl alles zwischen uns gesagt“, mache ich deutlich, genug gehört zu haben. Eine Träne löst sich aus meinem Auge trotz meiner Bemühungen, meine überschäumenden Emotionen unter Kontrolle zu halten. Ich wische sie in Windeseile weg und hoffe, dass er auf meine Gemütsregung nicht aufmerksam wird.
„Gott, was war ich gerade für ein Arschloch!“, sagt er mit bangem Blick, als ihm die Verwundung, die er mir soeben zugefügt hat, auffällt. Er lässt keine Zeit vergehen und springt auf mich zu. „Vergiss diesen Mist, den ich gesagt habe“, fordert er und reißt mich ungestüm an sich.
Doch ich kämpfe gegen seine Umarmung an, sodass wir im Paket gegen die Wand stoßen und den Lichtschalter treffen. Auf einmal ist es dunkel und meine Atmung setzt aus.
„Ganz ruhig, Lea, ich tue dir nichts“, sieht er sich genötigt, beschwichtigend auf mich einzuwirken.
Seine Finger ertasten meinen freien Rücken und drängen in mein Kleid vor. Ich denke nicht, dass es ein Versehen war, denn dann hätte er sich wieder zurückgezogen. Der Reißverschluss fährt weiter nach unten, da er sich mit Marc verbündet hat. Ich kann nur hoffen, dass die Träger halten, sonst würde ich wie einst in seinem Schlafzimmer unverhüllt vor ihm stehen.
„Ich gebe es zu, Lea“, redet er weiter und senkt seine Stimme, als müssten wir ganz leise sein, weil mein Häuschen sich nun im Schlafmodus befindet. „Es hat mir zugesetzt, dich mit Lenny zusammen zu sehen.“
Ich schweige weiterhin und bin noch dabei, mich auf meinen Herzschlag zu konzentrieren, der im Takt eines Maschinengewehrs gegen meinen Brustkorb donnert. Mir wird schwindelig und zudem bin ich mir nicht sicher, wie ich seine Worte einordnen soll.
„Du bist mir nicht egal, das habe ich dir einmal gesagt“, raunt er in meine Locken und unterlässt es nicht, seine Hand tiefer ins Kleid zu bohren, bis der Reißverschluss am unteren Ende angekommen ist. „Und ich will mehr von dir, nicht nur ein bisschen Kuschelsex.“
„Dunklen Sex?“, frage ich beinahe unhörbar und registriere, wie seine Finger über meinen Seidenslip gleiten.
„Nein“, gibt er zu meiner Erleichterung zurück. „Ich will einfach nur die Gewissheit, dass du keine anderen Männer küsst und schon gar nicht mit ihnen schläfst.“ Er nimmt mich fester in die Mangel und drückt mich erbarmungslos gegen die Wand.
„Und du darfst weiterhin jede Menge Sex mit verschiedenen Frauen haben?“, frage ich empört und fühle mich diskriminiert.
„Glaubst du, daran hätte ich noch Interesse, seit ich dir begegnet bin?“, überrascht er mich mit dieser Äußerung. „Ich begehre dich, Lea, wie keine Frau zuvor, und ich will, dass du mir gehörst – mir ganz allein.“
„Ich gehöre niemandem“, gelingt es mir, noch zu sagen, bevor mich Marc in den Hüften packt und in seine Arme hievt, sodass ich meine Beine um ihn herumlegen muss. Er setzt mich auf der kalten Arbeitsplatte ab und ignoriert meinen Protest.
„Sag Ja“, erdreistet er sich, meine Zustimmung zu einem Quickie einzufordern, obwohl ich ihm vor zwei Wochen unmissverständlich klargemacht habe, dass sich unsere Wege trennen werden.
„Nein“, erwidere ich das gegenteilige Wörtchen und arbeite mich aus seiner Umarmung heraus.
Doch er nähert sich mir wieder und umfasst meinen Nacken mit seiner kräftigen Hand, um meinen Kopf sachte an sich zu ziehen.
„Hilf mir, dieses Bild von dir und Lenny zu vergessen“, bettelt er mich förmlich an und lässt seine Lippen warm und abwartend auf meinen nieder.
Ich bin erstaunt, wie sehr es Marc getroffen haben muss, mich innig küssend gesehen zu haben … mit seinem guten Freund. Dabei war dieser Kuss nur ein Spiel – eine Dummheit, die ich gleich darauf bereute.
Marc braucht mich nicht zu überreden, seine weichen Lippen zu liebkosen. Alles in mir verzehrt sich nach ihm, solange er mich nicht mit einem zu schnellen Vorgehen überrumpelt.
Ich tauche mit meiner Zunge tief in seinen Mund ein und werde voller Leidenschaft von ihm empfangen. Meine Lippen verbinden sich zärtlich mit seinen und lassen unseren Kuss zu einem behutsamen, aber innigen Vergnügen werden. Marc passt sich meinen zurückhaltenden Zärtlichkeiten an und fordert nichts mehr ein. Weder seine Hände noch sein Körper bedrängen mich länger.