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"Ab jetzt wirst du meine Gefangene sein!", sagt er mit gnadenloser Härte, obwohl sie am ganzen Körper zittert. "Ich werde dich solange einsperren, bis du zur Vernunft gekommen bist!" El Gringo hat Emma gefunden! Doch die Kluft zwischen ihnen könnte nicht größer sein. Er will sie weiterhin beschützen ... Gefahr von ihr abwenden. Aber gleichzeitig ist er kalt und abweisend, obwohl er spürt, dass er ihr verlorenes Vertrauen mit seinem schroffen Verhalten weiter verspielt. Also macht er sie zu seiner Gefangenen ... hofft, sie auf diese Weise zur Vernunft zu bringen. Dass sie ihn dafür hassen könnte, nimmt er in Kauf. Und tatsächlich kommt sie mit ihrer neuen Situation nur schwer zurecht, bis sie unerwartet von seinen Geheimnissen erfährt. Plötzlich ändert sich alles zwischen ihnen. Denn von nun an gibt es nur noch zwei Möglichkeiten für Emma: ihn zu lieben oder zu fürchten! *** "Du gehörst dem Mafia-Boss" ist eine spannende "Dark Romance"-Buchreihe von Sabine Richling. Die Themen dieser mitreißenden, spicy Serie sind möglicherweise nicht für alle Leser geeignet. Es handelt sich nicht um einen eigenständigen Roman und endet mit einem Cliffhanger. Alle Warnhinweise zum Inhalt findest Du auf der Webseite der Autorin. *** www.sabine-richling.com
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Seitenzahl: 167
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Leseprobe: „Kein Sex mit einem Millionär“
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Über die Autorin
Impressum
Kaffee?“, fragt mich Lars, der Polizist, nun schon zum x-ten Mal, obwohl ich ihm in den letzten drei Tagen immer wieder das Gleiche antworte: nämlich dass ich diese braune Brühe nicht mag.
Mein Leben ist das reinste Versteckspiel geworden! Nachdem mich mein Vater mit einer Armada von Polizeibeamten vom Flughafen abgeholt hatte, blieb mir kaum Zeit, mit ihm zu sprechen. Ich wollte ihm alles erzählen und ihn so vieles fragen, doch ein Trupp bewaffneter Männer war ständig um uns herum.
Jetzt bin ich wieder eine Gefangene, nur diesmal im Ferienhaus meines Dads. Lars hat sich hier mit mir eingesperrt. Ich darf weder telefonieren noch ins Internet. An die frische Luft schon gar nicht! Mario, sein Kollege, haust vor der Tür im Auto und wechselt sich gelegentlich mit Lars ab.
Manchmal erlaube ich mir einen Blick durchs Fenster, was selbstverständlich auch nicht gestattet ist. Da habe ich mich mit Toni ja noch freier gefühlt! Toni …! Ob er wohl auf der Suche nach mir ist? Er kann mich hier nicht finden. Dieser Ort ist so abgelegen wie eine einsame Insel mitten im Pazifik. Hier gibt es nichts! Nur einen See umringt von Bäumen, lästige Mücken und ein paar leere Ferienhäuser, die erst in der Saison wieder bezogen werden. Hier bin ich absolut sicher. Doch Lars und Mario nehmen ihren Job sehr ernst und würden mich am liebsten an einem Stuhl festbinden, um mich rund um die Uhr zu bewachen.
„Ach, natürlich!“, fällt es meinem unsympathischen Beschützer wieder ein. „Die Lady trinkt ja keinen Kaffee. Für die Tochter des Polizeipräsidenten muss es sicher Champagner sein.“
„Ich enttäusche Sie nur ungern, aber das ach so verwöhnte Mädchen trinkt nur Wasser“, erwidere ich schnippisch und wünschte, der Kerl würde einfach tot umfallen.
„Wenn Sie meine Tochter wären, würde ich Ihnen ein besseres Benehmen einprügeln“, erlaubt er sich zu sagen, als hinter ihm in der offenen Küche ein dunkler Schatten auftaucht. Ein Messer legt sich plötzlich an seine Kehle und durchtrennt seine Halsschlagader … blitzschnell … ohne das geringste Zögern. Lars röchelt kurz, während sein Blut intervallartig durch den Raum spritzt.
Versteinert stehe ich da und beobachte, wie er zusammenbricht. Als wäre der Vorhang gefallen, wird sein Mörder sichtbar und grinst mich an.
„Trauere nicht um ihn, Emma Jahn. Er war ein Arschloch!“, sagt der mexikanische Taxifahrer zu mir und spricht auch noch meine Sprache. „Tja, so schnell sieht man sich wieder, hm?“ Langsam nähert er sich mir mit seinem blutverschmierten Messer. Dabei gehe ich rückwärts und bemühe mich, den Abstand zwischen uns zu halten. „Oder hast du tatsächlich geglaubt, ich würde dir nicht folgen? Ich saß im selben Flieger wie du, ist das zu fassen? Ja, ich sehe dir an, dass dich das überrascht.“ Er lacht und bleibt am Esstisch stehen, um sich einen Apfel aus der Obstschale zu nehmen. „Ich hab auch gestaunt, dass du mich gar nicht bemerkt hast. Aber kein Wunder, so nervös wie du den ganzen Flug über warst.“
Genüsslich beißt er in den Apfel und fühlt sich wohl sicher. Ich frage mich, ob ich Mario vom Fenster aus ein Zeichen geben kann. Also bewege ich mich zur Seite, solange, bis ich den Wagen durch die Scheibe sehen kann.
Der Kerl bemerkt es, aber hindert mich nicht daran.
„Er kann dir auch nicht mehr helfen“, sagt er grienend und setzt sich mit einem Bein auf die Tischkante.
„Oh nein“, flüstere ich und erblicke Marios Kopf … wie er leblos auf dem Lenkrad liegt.
„Ja, hätte nicht sein müssen, wenn du dich mir freiwillig ausgeliefert hättest“, schiebt er mir die Verantwortung zu und beißt erneut ins Obst.
Hoffentlich erstickt er daran und fährt auf direktem Weg in die Hölle!
„Aber du kannst es wiedergutmachen“, bietet er mir Absolution an. „Begleite mich zurück nach Mexiko. Dort liefere ich dich an Fernando aus und keiner muss mehr sterben.“
„Außer mir!“, bemerke ich mit weichen Knien, weil es keinen Ausweg mehr gibt. Kaum jemand weiß, dass ich hier bin, deshalb wird auch niemand zu meiner Rettung herbeieilen. Ich bin verloren – endgültig!
„Ja, traurig! Es ist gut möglich, dass er dich tötet, Emma Jahn“, sagt der Typ mit ernster Miene, als würde es ihn berühren, was mit mir geschieht. „Mir wäre auch lieber, er würde wieder eine Nutte aus dir machen.“
Auf einmal grinst er erneut und wirft den Apfel hinter sich. „Schließlich weiß ich gutes Fleisch zu schätzen. Hahaha …! Und du bist gutes Fleisch, ich habe dich bereits probiert!“
Er redet nicht gleich weiter und prüft meine Mimik. Wahrscheinlich hofft er, mich verunsichert zu haben. Doch noch begreife ich nicht, was er mir zu sagen versucht.
„Meine Güte, Mädchen, ich bin es, Carlos! Ja, ich weiß, du warst noch zu klein, um dich an Details zu erinnern. Aber ich versichere dir, dein hoher Preis war damals gerechtfertigt.“
Mir wird übel und ich spüre, wie mein Blutdruck in den Keller rauscht. Zu wissen, dass ich überall auf miese Kerle treffe, die sich an mir vergangen haben, ist beklemmend.
„Ich sehe schon, deine Freude ist verhalten“, tut er so, als wäre er gekränkt. „Hast du wirklich geglaubt, ich war zufällig mit meinem Taxi in der Gegend? Es hatte sich herumgesprochen, dass du dich bei Toni aufhältst. Also bin ich dort entlanggefahren in der Hoffnung, es ergäbe sich eine Chance. Und voilà, da tauchst du plötzlich vor meinem Auto auf. Ich konnte mein Glück kaum fassen!“
„Wie viel Geld muss ich dir geben, damit du mich freilässt?“, frage ich zweifelnd, da mir längst klar ist, nichts mehr ausrichten zu können.
„Tut mir leid, Emma Jahn, aber diese Summe kannst du nicht stemmen“, raubt mir Carlos das letzte Fünkchen Hoffnung, heil aus dieser Sache rauszukommen.
„Wie hoch ist mein Kopfgeld?“, will ich es endlich wissen.
„Fünfzig … Millionen!“, spricht er die Zahl so gedehnt aus, als wäre sie eine bahnbrechende Sensation. Dabei ist sie nichts weiter als mein Todesurteil!
„Warum?“, gelingt mir nur noch dieses eine Wort. Um einen ganzen Satz zu formulieren, fehlt mir prompt der Sauerstoff.
„Weil er sichergehen will, schätze ich.“ Carlos löst sich vom Tisch und kommt auf mich zu … gemächlich … überzeugt davon, mich einzufangen. Schließlich gibt es keinen Ausweg, denn die Haustür befindet sich hinter ihm. „Du könntest es mir leicht machen, Mädchen. Ich werde auch sanft mit dir sein“, macht er klar, was er im Sinn hat. „Oder du wehrst dich. Dann habe ich etwas mehr Spaß, aber muss dich mit Blessuren an Fernando übergeben. Such’s dir aus.“ Er legt das Messer ins Regal und hebt seine Hände in die Höhe. „Siehst du, es kann alles ganz gewaltlos für dich ablaufen.“
Ich gehe wieder rückwärts und lasse meinen Blick durchs Haus schweifen. Es könnte ja sein, dass ich irgendeine Fluchtmöglichkeit übersehen habe. Doch plötzlich macht Carlos einen Satz auf mich zu und fängt mich am Arm ein. Kraftvoll zieht er mich an sich und reißt an meiner Bluse. Der oberste Knopf fällt ab, die anderen halten Stand.
„Lass mich los!“, schreie ich ihn an und trete ihm gegen sein Schienbein und kurz darauf in den Schritt.
Carlos krümmt sich vor Schmerzen, was mir die Gelegenheit zur Flucht verschafft. Schnell sprinte ich an ihm vorbei Richtung Tür und reiße sie panisch auf. Als ich es nach draußen geschafft habe, ist er schon wieder hinter mir und stürzt mich zu Boden.
„Verfluchte Schlampe!“, schimpft er mit wutverzerrtem Gesicht und setzt sich auf mich. „Denkst du wirklich, deine Garstigkeit hat keine Folgen? Ich werde dich deine Aufsässigkeit spüren lassen, Emma Jahn! Denn niemand kann mich noch daran hindern, mir jeden verdammten Zentimeter deines Körpers zu nehmen!“
„Du irrst dich, Carlos“, höre ich auf einmal Tonis Stimme und bin fassungslos, als er hinter meinem Peiniger auftaucht. „Ich kann dich daran hindern!“, sagt er und rammt Carlos ein Messer in die Seite.
Toni reißt den Verwundeten von mir herunter und bückt sich zu ihm nach unten.
„Hast du denn in all den Jahren nichts gelernt?“, fragt er Carlos in gereiztem Ton. „Du solltest mir niemals mehr in die Quere kommen. Und vor allem … dich verdammt noch mal nicht an meinem Besitz vergreifen!“
„Das habe ich doch längst, du dämliches Arschloch!“, wagt sich Carlos aufzubegehren, obwohl er sich eindeutig in der Defensive befindet. Mateo stößt soeben dazu und verfolgt die Szene zwischen den Männern emotionslos. Er zieht seine Waffe … bereit, sie jeden Augenblick zu benutzen. „Die Kleine hab ich damals zum Nachtisch verputzt“, redet sich Carlos um Kopf und Kragen.
Tonis Mienenspiel verändert sich und drückt seinen wachsenden Hass aus, der sich mit jeder Sekunde, die vergeht, aufstaut. Er hebt das Messer in seiner Hand wieder an und schiebt es Carlos quälend langsam in den Bauch.
„Verfluchte Scheiße, hör auf damit!“, stöhnt dieser und versucht, sich von Toni wegzudrücken. „Wir können uns die Kohle für das Mädchen teilen. Sei doch nicht dumm!“
„Glaubst du wirklich, du wärst noch in der Position zu verhandeln?“, erinnert ihn El Gringo daran, in welcher Lage er sich befindet. Er zieht das Messer aus seinem Opfer und wischt es an dessen Hemd ab. Gleich darauf wechselt er seinen Blick zu Mateo, der sofort seine Pistole entsichert.
„Erledige den Rest“, weist er seinen Freund an, Carlos’ Schicksal in die Hand zu nehmen. „Aber nicht hier!“
Mateo nickt – ohne die geringste Gefühlsregung – und ergreift den Verwundeten am Arm.
„Was? Nein!“, ruft Carlos ängstlich aus. „Das könnt ihr nicht machen! Wir waren mal Freunde!“
„Bis du dich zu einer Ratte entwickelt hast“, erwidert Mateo trocken und schleift ihn über den Boden hinters Haus.
El Gringo zieht sein Jackett aus und legt es mir um die Schultern. Dabei kniet er sich zu mir nach unten und sieht besorgt in mein Gesicht.
„Bist du okay?“, fragt er mit gekräuselter Stirn und zieht mir ein paar Gräser aus dem Haar.
Ich würde gern etwas erwidern, aber ich schaffe es kaum noch zu atmen, weil mich die Geschehnisse erschüttert haben. Daher blicke ich Toni schweigend an und versuche, mir einzureden, ich wäre in Sicherheit. Doch in Wahrheit spüre ich die Angst in mir wachsen, seitdem El Gringo auf der Bildfläche erschienen ist.
„Emma, ist alles in Ordnung?“, wiederholt er seine Frage mit anderen Worten und wirkt unzufrieden, dass ich ihn erneut in einer gewaltsamen Situation erlebt habe.
Plötzlich ist ein Schuss zu hören, der mich zusammenzucken lässt. Carlos robbt sich an einer wenig beleuchteten Ecke des Hauses hervor und scheint schwer verwundet zu sein. Ein zweiter Knall ertönt und der Kopf meines Peinigers sinkt in den Sand.
Mateo läuft achtlos an der Leiche vorbei und steckt seine Waffe weg.
„Brauchst du mich noch?“, fragt er seinen Freund und rückt sich die Kleidung zurecht.
„Nein, geh schon mal vor. Ich komme gleich mit Emma nach“, antwortet Toni und hört nicht auf, mich anzublicken.
Mateo verschwindet in der Dunkelheit, während ich ihm bewegungslos hinterherstarre.
„Ich habe dir gesagt, dass ich dich überall finde“, bemerkt El Gringo, als ich mich immer noch unfähig zeige zu sprechen. „Dein Fluchtversuch war völlig unnötig und hat dich nur in Gefahr gebracht.“
Jetzt erfolgt wohl die Standpauke, weil ich mich seinem Willen widersetzt habe. Doch auf einmal klingelt es in Tonis Jackett, das mir ein bisschen Wärme schenkt. Ein Handy rettet mich vor einer Strafpredigt. Dankbar atme ich auf, denn gerade möchte ich mich nicht von einem Mörder belehren lassen. Ich habe die Bilder der Hinrichtung vor seinem Haus noch nicht mal verarbeitet und schon erlebe ich eine Fortsetzung vor dem Ferienhaus meines Dads. Ich weiß nicht, wie ich mit alldem umgehen soll … auch nicht mit der Tatsache, dass mein Vater Tonis Taten gutheißt, solange sie unter der Voraussetzung geschehen, mir das Leben zu retten. Niemals hätte ich gedacht, dass sich die moralischen Grenzen eines Polizeipräsidenten derartig verschieben können, wenn es um die Sicherheit seiner eigenen Familie geht.
El Gringos Hand wandert vorsichtig an meinem Arm vorbei und zieht ein Smartphone aus der Innentasche. Sogleich nimmt er das Gespräch an und richtet sich wieder auf.
„Ramón!“, sagt er und dreht sich dabei um.
Ich überlege nicht lang und stehe in Windeseile auf. Hinter mir sehe ich nur die Dunkelheit des Waldes und entscheide, mich von ihr verschlucken zu lassen. El Gringo darf mich nicht noch einmal entführen! Er ist ein gefährlicher Mann und es ist nicht ausgeschlossen, dass er mir Gewalt antut, falls seine Stimmung mal kippt.
„Lass den Flieger vorbereiten!“, höre ich ihn noch sagen, bevor ich leise davonhumple.
„Emma!“, ruft mir Toni aus der Ferne hinterher.
Ich vermute, dass er mir folgt und mich schnell einholt. Immerhin ist mein Knie längst nicht wieder hergestellt, weshalb ich so bummelig unterwegs bin wie eine Schnecke. Aber es ist dunkel und sobald ich den Wald erreicht habe, wird es unmöglich für ihn sein, mich zu finden. Auch kenne ich mich hier gut aus. Ein weiterer Vorteil für mich.
Als ich in den finsteren Wald eintrete, denke ich nicht darüber nach, wie viel Überwindung es mich unter normalen Umständen kosten würde, in dieses einsame, düstere Terrain vorzudringen. Aber besondere Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Denn lasse ich mich ein weiteres Mal von El Gringo entführen, werde ich ganz sicher für immer seine Gefangene sein.
Niemand vergreift sich an meinem Besitz, hatte er Carlos klargemacht. Und zu diesem ‚Besitz‘ zählt er mich!
Mit jedem Meter, den ich tiefer in den Wald laufe, steigert sich meine Furcht. Alles ist ruhig um mich herum. Kein Vogel zwitschert und kein einziges Lüftchen lässt die Blätter rascheln. So eine unheimliche Stille habe ich noch nie gehört! Stattdessen nehme ich das Rauschen in meinen Ohren wahr und das Klopfen meines Herzens. Meine Glieder versteifen und plötzlich gelingt es mir nicht mehr, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Von Panik heimgesucht, umarme ich einen Baum und wünschte, er könnte seine Äste schützend um mich herumlegen, bis die Nacht vorbei ist. Erst jetzt wird mir klar, wie sehr ich mich vor der Dunkelheit fürchte und dass sie mir die Schutzlosigkeit meiner Kindheit vor Augen führt wie keine einzige Erinnerung, die ich daran habe. Ich weine leise vor mich hin und fühle mich in die Vergangenheit zurückversetzt, als sich auf einmal zwei warme Hände auf meine Schultern legen und Tonis Stimme beruhigend auf mich einredet.
„Alles ist gut, Emma“, murmelt er mir von hinten ins Ohr. „Es kann dir nichts mehr geschehen.“ Er trennt mich sachte vom Baum und dreht mich behutsam zu sich herum. „Komm her“, sagt er noch, bevor er mich erleichtert in seine Arme zieht und meinen Kopf an seine Brust drückt.
Sein Herz peitscht wie ein innerer Sturm gegen seinen Brustkorb. Es scheint viel schneller als meins zu pochen, und das ist eigentlich kaum möglich. Kann es sein, dass er sich ehrliche Sorgen um mich macht … er vielleicht sogar Ängste durchstehen musste, bis er mich in diesem stockdunklen Dickicht gefunden hat?
„Lauf nie wieder davon, Emma!“, fordert er und nimmt mich noch fester an sich. „Versprich es mir!“
„Kannst du mir versprechen, nie wieder jemanden zu töten?“, frage ich zitternd und nicht daran glaubend, ihm dieses Zugeständnis abringen zu können.
„Ja“, antwortet er zu meiner Überraschung und vergräbt seine Hand in meinem Nacken, um mich weiterhin viel zu kraftvoll an sich zu pressen. „Wenn alle Verantwortlichen tot sind – jeder einzelne Dreckskerl!“
Ich drücke mich von ihm weg, heraus aus seiner Umarmung, um ihn anzusehen, aber sein Gesicht ist von Finsternis umhüllt.
„Das möchte ich nicht“, sage ich im Flüsterton, obwohl mir längst klar ist, dass meine Freiheit einen hohen Preis fordert.
„Ich weiß“, erwidert er ebenso leise, weil es ihn quält, mich enttäuschen zu müssen. „Aber es gibt keinen anderen Weg.“
„Wenn es ihn gäbe … einen anderen Weg … würdest du ihn wählen?“, möchte ich ihn einschätzen lernen. „Wie sicher kann ich mir sein, dass du mich nicht irgendwann töten willst? Immerhin hat dieses Vorgehen seinen Schrecken für dich verloren. Und ermordete nicht dein Vater seine eigene Frau?“
El Gringo packt mich an den Oberarmen und zerrt mich wieder zu sich heran.
„Du denkst also, ich könnte dich töten …!“, sagt er in einem rauen Ton, der meine Verunsicherung nährt. „Tja, das wäre natürlich nicht ausgeschlossen.“ Seine Finger umkrallen meine Arme fester, sodass sein Griff zu schmerzen beginnt. „Immerhin bin ich ein Mörder! Da mache ich sicher keine Unterschiede. Nur meinen Vater, der Mensch, den ich am meisten hasste, der mir alles genommen hat, tötete ich nicht. Das passt so gar nicht ins Bild, nicht wahr? Aber wer weiß, vielleicht hätte ich es irgendwann getan, wenn mir Pepe nicht zuvorgekommen wäre. Also hüte dich davor, nicht auf mich zu hören, Emma! Denn als Mörder bin ich unberechenbar. Lauf noch einmal davon und ich erinnere mich wieder daran, dass ich ein Monster bin!“
Seine letzten Worte ließ er überlaut klingen und gab ihnen somit mehr Gewicht. Er will, dass ich auf ihn höre? Widerworte gelingen mir auf jeden Fall nicht mehr. Er hat erreicht, was er wollte: meine Furcht vor ihm zu vergrößern!
„Können wir jetzt zum Auto gehen?“, fragt El Gringo, als er bemerkt, dass mein Mund wie verklebt ist und ich nichts auf sein beängstigendes Plädoyer zu sagen habe.
Ich nicke, obwohl er das bei diesen Lichtverhältnissen nicht sehen kann. Doch zu reden gelingt mir nicht mehr.
„Also schön“, sagt er, als hätte er meine Zustimmung wahrgenommen. „Gib mir deine Hand!“
Folgsam tue ich, was er von mir verlangt, und strecke ihm meine Finger entgegen. Toni spürt sie im Dunkeln auf und umschließt sie warm und fest. Einen Moment hält er inne und fährt mit seinem Daumen über meinen kalten Handrücken. Dabei zieht er die Waldluft tief in seine Lungen und bläst sie missgestimmt wieder aus. Dass unser Gespräch solch eine Wendung nahm, gefällt ihm nicht … das fühle ich ganz deutlich.
Langsam geht er voran und zieht mich achtsam hinter sich her.
„Pass auf, wo du hintrittst, Emma! Der Boden ist extrem uneben.“
In Tippelschritten folge ich ihm und bin froh, als die Straße von Weitem sichtbar wird. Zwei Autos stehen dort und Mateo lehnt an einem der Fahrzeuge. Das ist im Mondlicht gut zu erkennen. Er wartet mit verschränkten Armen an die Motorhaube gelehnt.
Mein Gang wird schwerfälliger … nicht nur, weil sich mein Knie bemerkbar macht. Jeden Augenblick werde ich wieder verschleppt und ich weiß nicht mal, wohin.
Kurz bevor wir die Autos erreichen, bleibe ich stehen und wundere mich, dass mich Toni nicht einfach weiterzieht. Tatsächlich lässt er sich von mir stoppen und blickt in meine Richtung.
„Ich möchte meinen Vater sehen, bevor du mich wieder entführst“, sage ich zögerlich, denn eben im Wald ermahnte er mich noch, besser auf ihn zu hören.
„Das geht nicht!“, erwidert er steinern und will weitergehen, doch ich halte dagegen.
„Aber er wird denken, ich wäre tot! Dann lass mich wenigstens mit ihm telefonieren!“, fordere ich nun beherzter und rechne mit einer zornigen Antwort.
Doch er sagt nichts und schießt auf mich zu, um mich in seine Arme zu heben. Den Rest des Weges trägt er mich stumm und stellt mich vor Mateo ab.
„Bring sie schon mal zum Flughafen“, erteilt er seinem Freund die Anweisung, mich mitzunehmen.
„Und was machst du?“, zeigt sich Mateo verblüfft.
El Gringo sieht zu mir und wischt sich strapaziert über Mund und Kinn.