Dumpfling ist im TV! - Günter Leitenbauer - E-Book

Dumpfling ist im TV! E-Book

Günter Leitenbauer

5,0

Beschreibung

Endlich geht der (Alp-)Traum der Dumpflinger in Erfüllung: Der ORF plant eine Unterhaltungsserie über die letzten Vorkommnisse in diesem kleinen, oberösterreichischen Ort. Doch wie nicht anders zu erwarten, läuft einiges fürchterlich schief. Ob es schlussendlich doch ein Happyend gibt, weiß nur der Heilige Markus. Der Handlungsbogen spannt sich vom Venedig des zehnten Jahrhunderts bis ins Jahr 2016. Und versprochen: Das ist ein echt heißes Buch!

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Meinem geliebten Vater gewidmet!

9. Februar 1941 – 29. Februar 2016

Du fehlst uns.

„Es ist schlimm genug, dass

heutzutage die Wahrheit ihre Sache

durch Fiktion, Romane und Fabeln

führen lassen muss.“

Georg Christoph Lichtenberg

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Autors

Vor dem Prolog

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Epilog

Vorwort des Autors

Ich verrate meinen Lesern, zumindest jenen, die auch das Vorwort lesen, jetzt ein Geheimnis: Ich schreibe diese Bücher, weil ich dem Traum anhänge, mir einmal von den Tantiemen eine nette, kleine Insel zu kaufen. Korfu vielleicht. Samt Sissys Schloss.

Bislang reicht es nicht einmal für eine Verkehrsinsel. Die Grundstückspreise sind einfach zu sehr gestiegen. Also strengt euch an und mundpropagiert dieses Werk (und die früheren), auf dass mein Traum sich erfüllen möge!

Dumpfling war ursprünglich als Trilogie ausgelegt. Dies ist nun der vierte Teil. Weil es dafür aber kein schönes Fremdwort gibt (oder ich dieses nicht kenne), bleibt es eine Trilogie, und ich erfinde in diesem Buch nichts wirklich Neues. Obwohl wieder alles frei erfunden ist, wie auch schon in den ersten drei Bänden. Ein paar Leute wollen das nicht glauben, und bilden sich ein, sie würden sich in den handelnden Personen eines der ersten drei Bücher erkennen. Naja, das muss eigentlich jeder selbst wissen. Ich bin ja kein Therapeut. Wie sagt man so schön in Oberösterreich? „Wie der Schelm denkt, so ist er!“

Sogar aus anderen Bundesländern, in denen ich ganz sicher nie gewohnt habe, hörte ich von Lesern: „Das könnte bei uns spielen!“ Dumpfling ist eben überall.

Zwei kostenlose Ratschläge für alle Berufsbeleidigten habe ich dazu aber dann doch:

Nehmt euch nicht so wichtig!

Wenn ihr dazu neigt, euch in Romanfiguren zu erkennen, dann lest bloß nie ein Buch von Stephen King!

Was mich hingegen langsam etwas besorgt macht, ist, dass immer wieder manche erfundene Passagen meiner Bücher von den Tatsachen eingeholt und sogar überholt werden. Zerschnittene Christbäume, nicht besetzte Wahlmandate, vertauschte Babies, verseuchtes Grundwasser, und so weiter. Bitte liebe Leser, diese Bücher sind nicht als Anleitungen zum Nachmachen gedacht! Im Gegenteil! Schon gar nicht das vorliegende Werk! Echt nicht! Lasst das bloß bleiben!

Ich wurde letztens gefragt, wie man so ein Buch schreibt. Also jetzt nicht technisch gesehen (Computer und Textverarbeitungsprogramm), sondern die geistige, schöpferische Seite. Die Antwort ist einfach (und ehrlich):

Es will einfach heraus aus mir. Ich mache mir auch keinen großen „Plot“ der Handlung, obwohl ich, um den Überblick über die einzelnen Handlungsstränge nicht zu verlieren, mir natürlich Notizen mache. Aber im Wesentlichen schreibt sich das Buch irgendwie eher selbst als ich es.

Das einzige, was es noch schreiben sollte, wären schwarze Zahlen. Derzeit sind sie noch eher grau(sig). Siehe oben!

Jemand anderer fragte mich, ob ich das Vorwort am Anfang oder am Ende schreibe. Was für eine Frage! Was wäre das für ein Vorwort, schriebe ich es am Ende? Das wäre dann ja eher ein Nachruf, und dafür bin ich noch zu jung. Hoffe ich. So, jetzt muss ich aber anfangen, sonst wird das nichts mit dem vierten Teil, bevor ich alt und grau bin. Okay, streichen wir das „grau“ und ersetzen es durch „weise“ (oder „weiß“, das geht haarfarbentechnisch auch)!

Viel Spaß mit dem Buch!

Günter Leitenbauer, Jänner 2016

Vor dem Prolog

Wir schreiben das Jahr 976. Der Doge von Venedig, Pietro Candiano, unterhält einen Geheimdienst, der in dieser Zeit seinesgleichen sucht. Und so hat er auch von einer geplanten Revolte der mächtigen Familie Damiani erfahren und tritt ihr entschlossen entgegen, indem er seine Leibgarde den Dogenpalast schützen lässt. Die Damianis sehen keine andere Möglichkeit, als Feuer zu legen, um den Tyrannen auszuräuchern. Da aber zu dieser Zeit die meisten Bauten in Venedig aus Holz sind, führt das zu einer Feuersbrunst, die nicht nur halb Venedig sondern auch die Markuskirche zerstört. Den Damianis nutzt dies nichts, die Revolte schlägt fehl, und auch der Doge kommt in den Flammen ums Leben, was den Weg frei macht für den später heiliggesprochenen, großen Dogen Pietro Orseolo. Die Reliquien des heiligen Markus hält man für verbrannt, bis sie wie durch ein Wunder im elften Jahrhundert scheinbar wieder auftauchen, indem der heilige seinen knöchernen Arm einfach aus jener Säule streckt, in die seine Reliquien eingemauert waren. Zu dieser Zeit glaubt man halt, was man glauben will.

Allerdings gibt es da einen kleinen, fränkischen Pagen in der Gesandtschaft Kaiser Ottos, dem es zu verdanken ist, dass die echten Reliquien des Evangelisten Markus rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Etwas, von dem die Welt nie erfuhr.

Und so kommen die Reliquien eines der wichtigsten Heiligen über viele gewundene Umwege schließlich ins nordöstliche Frankenreich, wo sie im dreizehnten Jahrhundert in einer Säule einer kleinen Landkirche im heutigen Oberösterreich versteckt und schließlich vergessen werden, während die ganze Welt glaubt, sie seien weiterhin im Markusdom in Venedig. Und da auch Heilige ihre Ruhe brauchen, sind sie dort immer noch.

Doch wehe dem, der die Ruhe eines Heiligen stört!

Prolog

In der Redaktion des österreichischen Rundfunks war an diesem grauen Enddezembertag eine „Strategiesitzung“ anberaumt worden. Der Grund war die Veröffentlichung der aktuellen Seherzahlen. Noch nie seit der Gründung des staatlichen Fernsehens hatten prozentuell gesehen so wenige Menschen die Programme des ORF gesehen. Nicht einmal der Lugner und seine was-weiß-ich-wievielte Frau konnten daran etwas ändern, obwohl man sie endlich doch zum Kaiser vorgelassen hatte (bis sich herausstellte, dass der ein Double gewesen war, der Beckenbauer hatte ihn gespielt, weil er Geld brauchte, um seine FIFA Strafe bezahlen zu können).

Dieser Rückgang der Zuseherzahlen musste sich ändern! Der Generalintendant hatte noch einige Jahre bis zum wohlverdienten Ruhestand und wollte unbedingt vermeiden, vorzeitig diesen durchaus bequemen Polstersessel am Küniglberg räumen zu müssen, vom beachtlichen Salär und Annehmlichkeiten wie dem Dienstwagen mit den vier Ringen ganz abgesehen. So war sein Lieblingssatz auch „Huach zua!“, oder auf lateinisch: „Audi!“ Natürlich gab es auch Dienstwägen mit Freude am Fahren oder hübschen Sternen, aber das spielt für das Folgende keine Rolle.

Man benötigte also einen Straßenfeger, oder wie man jetzt sagte: einen Quotenhit, einen Blockbuster, stellte der Generalintendant klar. Oder zumindest eine Idee für einen solchen. Oder wenigstens den Schimmer vom Funken einer Ahnung von einem Einfall. Von einem Hit, wie es die Vorstadtweiber gewesen waren. Also etwas Skandalöses, aber nicht zu exzentrisch, um nicht gleich das Stammpublikum zu verschrecken oder die Eltern zu zwingen, ihre Kinder ins Bett zu schicken, weil sie nicht neben ihnen rot werden oder einen Ständer bekommen wollten, sofern die Physis das beim Altersschnitt des ORF Sehers noch zuließ.

Aber auch nicht etwas so Schräges wie das „Alte Geld“, mit dem man die Zuseher emotional über- und intellektuell unterfordert hatte (manche meinten auch, herausgefordert hatte umzuschalten). Aber bitteschön auch nicht zu langweilig. Etwas mit Lokalkolorit, ein wenig Gesellschaftskritik, einer Figur, die einem leid tat, einer Gegenspielerfigur, die jeder Zuseher hasste und ein paar hübschen Frauen, damit die Männer nicht auf Eurosport wechseln wollten, womöglich gar zum Snooker, wo es mittlerweile schon durchaus ansehnliche Schiedsrichterinnen gab.

„So eine Art Landkrimi, aber mit mehr Sex?“, kam die Frage aus der Brainstormingrunde, und man wusste, ja, genau das brauchte man!

„War da nicht kürzlich einige Male so ein kleiner, oberösterreichischer Ort in den News?“, fragte ein anderer. „Der dann fast auch unseren Bürgermeister mit einem Weihnachtsbaum ins Nirwana geschickt hätte?“

Begeistertes Schweigen, exaltiert-fasziniert hochgezogene Augenbrauen. Dann gemurmelte Zustimmung. Genau das war die Lösung des Problems. Nicht, den Bürgermeister ins Nirwana zu schicken, das überließ man besser den Heurigenwirten, sondern die angesprochenen Inhalte dieses kleinen, oberösterreichischen Ortes. Wie hieß dieser gleich nochmal? Weiß das wer? Irgendwie wie das englische Wort für Knödel, oder?

Ja genau! Man musste Dumpfling verfilmen.

Die Vorbereitungen liefen sofort an.

1

In Dumpfling war ... gar nichts los. Weder die Hölle, noch Mitzis Mundwerk, auch keine Zaunlatte oder – nein doch! Beim Stieber Franz war eine Zahnfüllung lose, wenn das gelten soll. Aber das ist hier nicht von Belang. Er hatte sich bei der Heimfahrt von Wien nach dem vermaledeiten Christbaumaufstellen am Rathausplatz an den wie immer steinharten Vanillekipferln der Reithuber Fanny von der Bäuerinnenbackgruppe seine Plombe fast ausgebissen und wie üblich den Zahnarztbesuch vor sich hergeschoben, weil er davor eine Heidenangst hatte. Nun, nicht eigentlich vom Besuch, aber vor der Behandlung. Irgendwie auch verständlich. Der Zahnarzt in Kulmbach pflegte die Momente zu nutzen, wenn der Delinquent, hahaha, nein es heißt natürlich „Patient“, am Stuhl saß und aufgrund des weit geöffneten Mundes nicht reden konnte, um dem solcherart Hilflosen seine politischen Ansichten hineinzudrücken wie das Amalgam ins frisch ausgefräste Loch. Ohne Betäubung. Das Fräsen und das Hineindrücken von Amalgam und der zahnärztlichen Meinung, wobei die Betäubung für zweiteres mindestens so nötig gewesen wäre wie für die Plombe. Diese so unter die Leute gebrachten Ansichten waren nämlich recht einschlägig – nein, stellen wir die Wortreihenfolge um und sagen wir es offen: einschlägig rechts! Da half es auch nichts, dass der Herr Doktor ein eingeschriebener Schwarzer war, sein Herz pumpte blaues Blut.

Seit dem Fiasko in Wien waren einige Wochen vergangen, das Weihnachtsfest war vorüber, natürlich ohne Schnee, wie fast jedes Jahr, dafür schneite es jetzt seit dem zweiten Weihnachtsfeiertag, also seit gut drei Tagen, praktisch durchgehend, als hätte die Goldmarie von Frau Holle Akkordlohn versprochen bekommen. Es begann mit leichtem Schneefall am Morgen, der sich zu dichtem Schneefall zu Mittag steigerte, um am Nachmittag eine kurze Atempause zu nehmen, damit er rechtzeitig zur Stoßzeit, bei der in Dumpfling schon auch mal zwei Autos pro Minute auf der Straße waren, so richtig loslegen und mit seinem Kumpel, dem Winterwind, für schlechte Sicht sorgen konnte. Manchmal schneite es auch nachts noch, sodass am Morgen die Straßen nur durch die Begrenzungsstangen identifizierbar waren, weil der nächtliche Wintereinbruch die mit der Schneeräumung beauftragten Gemeindemitarbeiter völlig überrascht hatte. „Blitzschnee“ nannte man das. In Dumpfling funktionierte die Schneeräumung statistisch gesehen eben am besten im August.

Der mittlerweile für den zurückgetretenen Tischlermeister Nagel vom Gemeinderat als Ersatz bestimmte Bürgermeister Pepi Schwarzinger von den regierenden Schwarzen – manchmal gilt sogar bei Politikern „Nomen es Omen!“ – hatte zudem kürzlich seine erste Amtshandlung überstanden. Gerade so eben halt! Nach dem vierten Bier begann er aber, sich langsam zu beruhigen. Auf solche Gespräche hatte er keinen Bock, dafür vor sich jetzt einen Weihnachtsbock.

Es war wirklich nicht angenehm gewesen, als er zum Rapport beim sehr verehrten Herrn Landeshauptmann hatte erscheinen müssen. Der hatte ihn nach allen Regeln der Kunst um zwei Köpfe kleiner gemacht und dann auf Augenhöhe auch gleich noch zur Sau. Dumpfling würde auf absehbare Zeit unter strenger Beobachtung stehen, keine Förderungen mehr bekommen und – wehe euch, wenn in den nächsten Jahren wieder ein auch noch so kleiner Skandal bei euch passieren sollte! Ich reiß‘ euch den Schädel aus und stecke ihn zur Abschreckung auf einen Heustiedl! Diese Sitte aus dem Mittelalter hätte man sowieso nie abschaffen sollen!

Natürlich Herr Landeshauptmann, das kann ich dir versprechen, dass wir das so machen werden. Ich meine, natürlich nicht so machen werden, also kein Skandal, nein, wir hatten wahrlich genug Skandale in den letzten Wochen. Du kannst dich auf uns verlassen, Herr Landeshauptmann, aber bitte verlasse uns nicht! (Ach, leck‘ mich am Arsch, in zwei Jahren gehst du eh in Pension!)

Dieser jedoch pfiff den armen, weil an den Vorkommnissen gänzlich schuldlosen Schwarzinger noch eine geschlagene halbe Stunde lang weiter zusammen. Auf „einen Schillingfuchzg“, wie man früher in Dumpfling sagte, bevor auch dort der Euro Einzug gehalten hatte. In manchen Köpfen hatte er das zwar noch nicht, die rechneten zuerst die Euros wie ehemals die Deutschmark um und multiplizierten dann mit zwei, was einfacher war als mit vierzehn zu multiplizieren, aber das ist jetzt keine Dumpflinger Eigenheit, oder?

Und der „Pepi“, wie jedermann in Dumpfling ihn – Bürgermeister hin oder her – nannte, dachte sich am Heimweg, dass das Bürgermeistergehalt, etwa 1500,- EUR, das sind etwa ... na egal, wie viele Schilling, wohl ein schwer verdientes sein würde. Am besten mit niemandem anstreifen, schon gar nicht mehr mit dem sehr verehrten Herrn Landeshauptann! Nein, ganz sicher nicht! Ruhig verhalten, Gras oder von mir aus auch Unkraut drüber wachsen lassen, wenn der Schnee weg war, und irgendwie über die Runden kommen.

Und sparen! Am besten bei der Schneeräumung. Wenn die Gemeindebürger nicht fortfahren konnten, dann reduzierte das die Pannenwahrscheinlichkeit vermutlich. Hoffte er. Prost!

*

Corinna Müller-Hannsen war eine waschechte Preussin. Das hörte man auch noch, nachdem sie jetzt doch schon neun Jahre in Wien lebte und arbeitete. Die Liebe hatte sie mit unwiderstehlicher Kraft in diese schöne Stadt gezogen. Man sagt zwar, dass die Pariser die besten Liebhaber sind, aber ein Wiener mit Pariser geht auch. Nach drei Jahren Ehe mit ihrem Karli zogen die beiden damals aus Berlin in dessen Heimatstadt. Kaum dort angekommen, hatte Amor aber ihren Mann, einen leitenden Angestellten einer großen Handelskette, bösartigerweise in die Arme seiner neuen Sekretärin gezogen, wobei diese als moderne Frau natürlich den Ausdruck „Assistenz der Geschäftsleitung“ bevorzugte. Sie assistierte ihm in der Tat (und tatkräftig) anscheinend wirklich derart talentiert, dass er sich kurz darauf von seiner Corinna nach weniger als vier Jahren ewiger Liebe scheiden ließ. Amen.

Und da saß das durchaus attraktive aber gedemütigte „Piefkerl“, wie sie im ORF alle so liebevoll nannten, nun mit einem gebrochenen Herzen (und einem gut gefüllten Bankkonto, was die Angelegenheit schon ein wenig leichter machte) und machte stattliche Karriere im staatlichen Rundfunk. Mittlerweile hatte sie sich bis zum Chefredakteursposten in der Unterhaltungssparte hochgearbeitet. Weil sie mit ihren 33 Lenzen in der Blüte ihrer Jahre stand und überhaupt ein sehr attraktives Weibsbild war, hatte ihr das nicht nur Respekt sondern auch die eine oder andere böse Nachrede eingetragen. Tag und Nacht arbeiten, nannten das die Wiener.

Sie sah das eher nüchtern (was wiederum in Wien selten war). Wenn sich selbst Katharina die Große als russische Zarin dazu hergegeben hatte, mit ihrem jeweils leitenden Minister die Amtsgeschäfte im warmen Bett abzuwickeln, einfach weil ihr die Geschäfte da mehr lagen und man öfter zu einer Übereinkunft und überhaupt kam, warum sollte sie dann nicht die naturgegebenen (und chirurgisch optimierten) Möglichkeiten nutzen, die ihr von Gott (und diversen Göttern in Weiß) zur Verfügung gestellt worden waren? Jedenfalls solange der zwangsläufige, altersbedingte Verfall und die Schwerkraft dies noch zuließen! Noch war sie keine dieser FKK Anhängerinnen, bei denen man auf den ersten Blick am Strand nicht sagen konnte, was da herunterhing - Brust oder Bauch. Abgesehen davon, dass sie FKK nicht mochte. Es nahm dem Ganzen einfach die Spannung, wenn man schon vorher wusste, was man (nicht) bekommen würde.

Und so stürmte sie eben die Erfolgsleiter im ORF hinauf wie Reinhold Messner die Achttausender, indem sie manchem Redakteur, Personalchef oder Intendanten erlaubte, ihr dabei unter die Arme zu greifen, was diese bei der schönen Müllerin auch stets gerne taten, bis sie ein Sauerstoffgerät brauchten, so ganz unmessnerisch. Nächtens oder am Tage, da vor allem bei abgesperrter Chefbürotür. Und wie erwähnt ohne Sauerstoffflasche. Dafür manchmal mit Champagnerflasche. Und fast immer mit einer männlichen Flasche.

Corinna hatte beschlossen, die Sache mit diesem – wie hieß das Nest gleich? Ach ja – Dumpfling selbst in die Hand zu nehmen. Bei diesen Landeiern brauchte es eine harte, preussische Hand, sonst machten die nur Schwierigkeiten. Und dass Dumpflinger Schwierigkeiten machen können, das hatten sie ja nun wirklich eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie sie bei einer ersten Recherche fast bewundernd feststellte!

Als Chefredakteuse (lasst sie das bloß nicht hören! Wobei, da gab es noch eine schlimmere Variante der „öse“) hatte ihr Chauffeur Egon Podgorski, den aber alle nur den „Pannen-Egon“ nannten, weil er anscheinend das Pech anzog wie das Licht die Motten, dafür zu sorgen, dass sie immer rechtzeitig zur Stelle war. Mit ihrem Dienstwagen. Glücklicherweise wissen die wenigsten in Österreich, dass fast alle im staatlichen Rundfunk ab dem mittleren Management nachwievor mit Dienstwagen reisen, was man den meisten Politikern mittlerer Chargenränge schon lange gestrichen hatte. Vor allem nachdem der Verteidigungsminister sich den Dienstwagen durch halb Europa hatte kommen lassen, um einen Urlaubsabstecher nach Frankreich zu machen. Das war nicht sehr klug gewesen vom Herrn Klug. Und so gänzlich unsozialdemokratisch. Ein paar Vorteile hatte gebührenfinanziertes Fernsehen halt schon noch! Deshalb hörte man im staatlichen Rundfunk auch nie die Geschichte des oberösterreichischen Arbeitsinspektors, dem man den Führerschein genommen und der daraufhin, damit er sein Amt weiter ausüben konnte, einen Chauffeur bekommen hatte. Das Thema war zu heikel.

Also traf Corinna „Piefkerl“ Müller-Hannsen am Tag vor Silvester nach gut zwei Stunden entspannter, schweigsamer Fahrt am späten Vormittag in Dumpfling ein, wobei sie sich natürlich beim Bürgermeister am Tag zuvor hatte avisieren lassen.