Endspurt Klinik: Niere, Harnsystem, Immunsystem, Rheumatologie - Endspurt Klinik - E-Book

Endspurt Klinik: Niere, Harnsystem, Immunsystem, Rheumatologie E-Book

Endspurt Klinik

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Beschreibung

Sicher durchs 2. Staatsexamen! In Endspurt Klinik sind alle prüfungsrelevanten Themen gut strukturiert und verständlich zusammengefasst, ohne überflüssiges Drumherum. So sparst du Zeit und kannst dich gezielt vorbereiten.

  • Vom IMPP seit Frühjahr 2012 geprüfte Inhalte sind im Text hervorgehoben.
  • In den IMPP-Fakten-Kästen werden alle Prüfungsthemen komprimiert dargestellt – die Anzahl der Ausrufezeichen zeigt an, wie häufig der Inhalt gefragt wurde
  • Lerntipps, Merke-Boxen, Praxistipps und weitere Hervorhebungen bieten dir Unterstützung beim Lernen.
  • Lerne im Zusammenhang: Leitsymptome, die spezifische Pharmakologie und auch spezielle Themen der klinischen Chemie, Chirurgie, Radiologie und Pathologie sind bei den jeweils passenden Fachgebieten/Organsystemen einsortiert.
  • Jedes Skript ist in überschaubare Lernpakete unterteilt, abgestimmt auf den Lernplan in via medici, wo du auch die passenden IMPP-Fragen kreuzen kannst. Unser Lernplan bringt dich in 100 Tagen zur 2. ÄP.

In der 4. Auflage wurden alle Inhalte auf den aktuellen Stand gebracht und neue Frageninhalte eingearbeitet.

In diesem Skript findest du zunächst Informationen zur Niere und zum Harnsystem. Hier werden glomeruläre Erkrankungen, Nephropathien, Nierenfunktionseinschränkungen sowie Erkrankungen der Nierengefäße behandelt. Es folgen Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts und die Grundlagen des Säure-Basen-Haushalts.

Informationen zu Fehlbildungen, Entzündungen, Steinen und Tumoren von Niere und Harnsystem findest du in Skript 16 Urologie.

Der zweite Teil widmet sich dem Immunsystem, inkl. der wichtigen immunologischen Pharmaka. Auch die Grundlagen von Transfusionen und Transplantationen und wichtige dabei mögliche Reaktionen findest du hier. Abschließend folgt ein größerer Abschnitt zu Rheumaerkrankungen

Mehr Infos zu via medici, Aktualisierungen zu den Skripten und zahlreiche Prüfungstipps gibt’s unter thieme.de/endspurt-klinik.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 422

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Endspurt Klinik: Niere, Harnsystem, Immunsystem, Rheumatologie

Skript 7

Heinz Bönisch, Jürgen Hallbach, Thomas Herdegen

4., vollständig überarbeitete Auflage

49 Abbildungen

Auf zum Endspurt!

Es ist so weit – vor dem PJ steht nur noch die letzte Hürde an: die 2. ärztliche Prüfung (M2). Du hast nach all den Strapazen des Medizinstudiums keine Lust mehr, dicke Bücher zu wälzen, um dich prüfungsfit zu machen? Dann laufe mit Endspurt in die Zielgerade ein! Ideal abgestimmt mit unserer digitalen Lernplattform via medici bieten die Endspurt-Skripten schwerpunktmäßig jene Inhalte, auf die das IMPP mit seinen Examensfragen in den letzten Jahren abgezielt hat, und noch mehr, um optimal auch auf neue IMPP-Fragen sowie das Mündliche vorzubereiten.

Für die 4. Auflage von Endspurt Klinik haben wir die Lerninhalte in 20 Skripten aufgeteilt, die du parallel zu via medici nutzen kannst. Dabei haben wir die meisten Leitsymptome, die spezifische Pharmakologie und auch spezielle Themen der klinischen Chemie, Chirurgie, Radiologie und Pathologie bei den jeweils passenden Fachgebieten/Organsystemen einsortiert. Dadurch kannst du alle Facetten der Diagnostik, Klinik und Therapie im Zusammenhang lernen.

Um den Umfang bewältigbar zu halten, haben wir die Endspurt-Inhalte sehr kurz gefasst und aufs Wesentliche reduziert. Insbesondere haben wir detailliertes Klinikwissen zu speziellen Verfahren oder Kontraindikationen und Wechselwirkungen vieler Medikamente bewusst weggelassen. Zudem wird ein Thema, selbst wenn es prüfungsrelevant ist, möglichst nur an einer Stelle behandelt, auch wenn es prinzipiell zu mehreren Fächern passt.

100-Tage-Lernplan: Jedes Skript ist in mehrere Lerntage untergliedert. Diese sind abgestimmt auf den Lernplan in via medici, wo du jeweils die Kreuzsitzungen zu den Inhalten des Vortags findest (https://viamedici.thieme.de/lernplaner). So kannst du nach jedem Lerntag prüfen, ob du den Inhalt verstanden und behalten hast. Unser Zeitplan bringt dich in 100 Tagen zum 2. Staatsexamen. Darin enthalten sind 3 Tage „Zwischencheck“, an denen du ausschließlich Fragen zu den bis dahin gelernten Inhalten kreuzt, und am Ende 9 Tage Generalprobe mit 3 Examina aus den letzten Jahren. Die Einteilung der Lerntage ist natürlich nur ein Vorschlag – wie gut du beim Lernen vorankommst, hängt maßgeblich von deinem Vorwissen und deiner persönlichen Lerngeschwindigkeit ab.

Im Endspurt-Paket sind 3 Monate Zugang zu via medici enthalten. Wenn du nur einzelne Skripten gekauft hast, erkundige dich bei deiner Uni, ob sie ihren Studierenden via medici kostenlos zur Verfügung stellt, oder erwirb privat einen Zugang. Im via medici Lernplan werden übrigens stets die neuen Examensfragen ergänzt, damit dir keine Frage entgeht!

Prüfungsrelevante Inhalte:Inhalte, zu denen das IMPP seit Frühjahr 2012 Fragen gestellt hat, sind an der jeweils passendsten Stelle gelb hervorgehoben. Auch die meisten älteren Prüfungsinhalte seit 2008 sind gelb markiert.

IMPP-Fakten

IMPP-Fakten-Kästen sind zum Wiederholen der Altfragen-Inhalte oder für die ganz Eiligen unter euch gedacht. Sie listen alle gelb markierten Aussagen des vorangehenden Abschnitts nochmals auf.

Die Anzahl der ! zeigt an, wie häufig der Inhalt von 2012 bis Frühjahr 2023 gefragt wurde:

! Hierzu gab es 1 Frage.

!! Dieser Sachverhalt wurde 2-mal gefragt.

!!! Zu diesem Thema stellte das IMPP 3 Fragen.

!!!! Ein Lieblingsthema des IMPP – 4-mal oder öfter gefragt.

Lerntipps und Co: bieten weitere Unterstützung beim Lernen.

Lerntipp

Hier findest du Hinweise darauf, welche Inhalte auch mündlich besonders gern gefragt werden, welche Tücken in bestimmten IMPP-Fragen auf dich warten, oder hilfreiche Merksprüche.

Definition:

Diese Kästen definieren kurz und knapp Krankheitsbilder und weitere Schlüsselbegriffe.

Merke:

Besonders wichtige Sachverhalte sind in Merke-Kästen nochmals hervorgehoben.

Vorsicht:

„Stolperfallen“ oder potenziell gefährliche Verwechslungsmöglichkeiten sind mit „Vorsicht“ gekennzeichnet.

Praxistipp:

Hier findest du Fakten, die du später in der Anwendung im klinischen Alltag brauchen wirst.

Fehlerteufel: Solltest du in unseren Skripten etwas entdecken, das nicht richtig ist, freuen wir uns über jeden Hinweis! Schicke deine Fehlermeldung bitte an [email protected] oder schreibe einfach ein Feedback zu dem entsprechenden via medici Lernmodul. Du kannst auch das Formular auf www.thieme.de/service/feedback.html benutzen. Wir werden alle Fehler in einem Erratum sammeln und auf www.thieme.de/endspurt online stellen. Und sollten dir unsere Skripten gefallen: Lob ist natürlich ebenso willkommen ☺.Alles Gute und viel Erfolg für dein Examendas Endspurt-Team

Skript 7: Niere, Harnsystem, Immunsystem, Rheumatologie

In diesem Skript findest du zunächst Informationen zur Niere und zum Harnsystem. Hier werden glomeruläre Erkrankungen, Nephropathien, Nierenfunktionseinschränkungen sowie Erkrankungen der Nierengefäße behandelt. Es folgen Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts und die Grundlagen des Säure-Basen-Haushalts.

Informationen zu Fehlbildungen, Entzündungen, Steinen und Tumoren von Niere und Harnsystem findest du in Skript 16 Urologie.

Der zweite Teil dieses Skripts widmet sich dem Immunsystem, inkl. der wichtigen immunologischen Pharmaka. Auch die Grundlagen von Transfusionen und Transplantationen und wichtige dabei mögliche Reaktionen findest du hier. Abschließend folgt ein größerer Abschnitt zu Rheumaerkrankungen.

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Auf zum Endspurt!

Skript 7: Niere, Harnsystem, Immunsystem, Rheumatologie

Teil I Niere und Harnsystem

1 Leitsymptome

1.1 Anurie und Oligurie

1.1.1 Ätiologie

1.1.2 Diagnostik

1.1.3 Mögliche Diagnosen

1.2 Polyurie

1.2.1 Ätiopathogenese

1.2.2 Diagnostik

1.2.3 Mögliche Diagnosen

1.3 Pollakisurie

1.3.1 Ätiologie

1.3.2 Diagnostik

1.4 Algurie und Dysurie

1.4.1 Ätiologie

1.5 Nykturie

1.5.1 Definition und Epidemiologie

1.5.2 Ätiopathogenese

1.5.3 Diagnostik

1.6 Glukosurie

1.6.1 Ätiologie

1.7 Hämaturie

1.7.1 Ätiopathogenese

1.7.2 Diagnostik

1.7.3 Mögliche Diagnosen

1.8 Bakteriurie

1.8.1 Ätiologie

1.8.2 Diagnostik

1.9 Leukozyturie

1.9.1 Ätiologie

1.10 Proteinurie

1.10.1 Ätiologie

1.11 Harnverfärbung und Harntrübung

1.11.1 Ätiopathogenese

1.12 Ausfluss aus der Harnröhre

1.12.1 Ätiologie

1.12.2 Diagnostik

2 Diagnostik

2.1 Urinstatus: Harnstreifentest und Sedimentanalyse

2.1.1 Makroskopische Harnbeurteilung

2.1.2 Harnteststreifen

2.1.3 Sedimentanalyse

2.1.4 Proteinuriediagnostik

2.2 Nierenfunktionsdiagnostik

2.2.1 Blutanalyse

2.2.2 Clearance-Untersuchungen

2.3 Harn-Osmolalität und Elektrolyte

2.3.1 Harn- und Serumosmolalität und spezifisches Gewicht (Dichte) des Harns

2.3.2 Wasser- und Elektrolythaushalt

2.4 Bildgebende Diagnostik

2.4.1 Sonografie

2.4.2 Röntgen

2.4.3 Computertomografie (CT)

2.4.4 Magnetresonanztomografie (MRT)

3 Pharmaka

3.1 Diuretika: Überblick

3.1.1 Substanzgruppen

3.1.2 Wirkungen

3.1.3 Indikationen

3.1.4 Unerwünschte Wirkungen

3.1.5 Kontraindikationen

3.2 Carboanhydrasehemmstoffe

3.2.1 Charakteristika

3.3 Schleifendiuretika

3.3.1 Charakteristika der Schleifendiuretika

3.4 Thiaziddiuretika

3.4.1 Charakteristika der Thiaziddiuretika

3.5 Kaliumsparende Diuretika

3.5.1 Charakteristika

3.6 Aldosteronantagonisten

3.6.1 Charakteristika

3.7 Osmotische Diuretika

3.7.1 Charakteristika

3.8 Antidiuretika

3.8.1 Grundlagen

3.8.2 Charakteristika

3.9 Volumenersatzmittel

3.9.1 Kristalloide Lösungen

3.9.2 Kolloidale Lösungen

4 Überblick und Glomerulopathien

4.1 Nierenerkrankungen

4.2 Glomerulopathien

4.2.1 Einteilung

4.2.2 Ätiologie und Pathogenese

4.2.3 Symptomatik bzw. Verlaufsformen

4.2.4 Diagnostik

4.2.5 Pathologie

4.2.6 Therapie

4.3 Glomerulopathien mit nephrotischem Syndrom

4.3.1 Membranöse Glomerulonephritis

4.3.2 Minimal-Change-Glomerulonephritis

4.3.3 Fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS)

4.3.4 Glomerulopathie bei Diabetes mellitus

4.3.5 Glomerulopathie bei Amyloidose

4.4 Glomerulopathien mit nephritischem Syndrom

4.4.1 IgA-Nephropathie

4.4.2 Benigne familiäre Hämaturie

4.4.3 Alport-Syndrom

4.5 Glomerulopathien mit nephrotischem und nephritischem Syndrom

4.5.1 Postinfektiöse Glomerulonephritis

4.5.2 Rapid-progressive Glomerulonephritis (RPGN)

4.5.3 Membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN)

4.5.4 Lupus-Glomerulonephritis

5 Tubulointerstitielle Nephropathien

5.1 Überblick

5.1.1 Einteilung und Ätiologie

5.1.2 Allgemeine Merkmale

5.2 Akute interstitielle Nephritis (AIN)

5.2.1 Ätiologie und Pathogenese

5.2.2 Symptomatik

5.2.3 Diagnostik

5.2.4 Differenzialdiagnosen

5.2.5 Therapie

5.2.6 Prognose

5.3 Chronische interstitielle Nephritis (CIN)

5.3.1 Allgemeine Merkmale

5.3.2 Analgetika-Nephropathie

5.3.3 Myelomniere (Plasmozytomniere)

5.3.4 Uratnephropathie

5.3.5 Nephropathie bei Sarkoidose

5.3.6 Nephrokalzinose

6 Niereninsuffizienz

6.1 Akute Niereninsuffizienz (ANI)

6.1.1 Epidemiologie

6.1.2 Ätiologie und Pathogenese

6.1.3 Einteilung

6.1.4 Symptomatik

6.1.5 Komplikationen

6.1.6 Diagnostik

6.1.7 Therapie

6.1.8 Invasive Therapie

6.1.9 Prognose

6.1.10 Prävention

6.2 Chronische Niereninsuffizienz (CNI)

6.2.1 Epidemiologie

6.2.2 Ätiologie

6.2.3 Pathogenese

6.2.4 Einteilung

6.2.5 Symptomatik

6.2.6 Komplikationen

6.2.7 Diagnostik

6.2.8 Differenzialdiagnosen

6.2.9 Therapie

6.2.10 Verlauf und Prognose

6.3 Nierenersatzverfahren

6.3.1 Indikationen

6.3.2 Therapieziel

6.3.3 Vorbereitung des Patienten

6.3.4 Dialyseverfahren

6.4 Nierentransplantation

6.4.1 Grundlagen

6.4.2 Indikationen und Kontraindikationen

6.4.3 Operatives Vorgehen

6.4.4 Postoperative Behandlung

6.4.5 Komplikationen

6.4.6 Prognose

7 Erkrankungen der Nierengefäße

7.1 Überblick

7.2 Hypertensive Nephropathie

7.2.1 Epidemiologie

7.2.2 Ätiologie

7.2.3 Pathogenese

7.2.4 Symptomatik

7.2.5 Diagnostik

7.2.6 Therapie

7.2.7 Prognose

7.3 Akuter Nierenarterienverschluss (akuter Niereninfarkt)

7.3.1 Epidemiologie

7.3.2 Ätiologie und Pathogenese

7.3.3 Symptomatik

7.3.4 Diagnostik

7.3.5 Pathologie

7.3.6 Therapie

7.3.7 Prognose

7.4 Nierenarterienstenose (NAST)

7.4.1 Epidemiologie

7.4.2 Pathogenese

7.4.3 Symptomatik

7.4.4 Diagnostik

7.4.5 Therapie

7.4.6 Prognose

8 Wasser- und Elektrolythaushalt

8.1 Tubulusfunktionsstörungen

8.1.1 Renal-tubuläre Azidose

8.1.2 Bartter-Syndrom

8.2 Störungen des Natrium- und Wasserhaushaltes

8.2.1 Hypovolämie

8.2.2 Hypervolämie

8.2.3 Hyponatriämie

8.2.4 Hypernatriämie

8.3 Störungen des Kaliumhaushaltes

8.3.1 Kalium

8.3.2 Hypokaliämie

8.3.3 Hyperkaliämie

8.4 Störungen des Kalziumhaushaltes

8.4.1 Steckbrief Kalzium

8.4.2 Hypokalzämie

8.4.3 Hyperkalzämie

8.5 Störungen des Magnesium- und Phosphathaushaltes

8.5.1 Störungen des Magnesiumhaushaltes

8.5.2 Störungen des Phosphathaushaltes

9 Säure-Basen-Haushalt

9.1 Auffrischer

9.1.1 Physiologie

9.1.2 Kompensationsmechanismen

9.2 Azidose

9.2.1 Respiratorische Azidose

9.2.2 Metabolische Azidose

9.3 Alkalose

9.3.1 Respiratorische Alkalose

9.3.2 Metabolische Alkalose

Teil II Immunsystem und Rheumatologie

10 Pharmaka

10.1 Immunsuppressive Zytostatika

10.1.1 Wirkungen

10.1.2 Indikationen

10.1.3 Unerwünschte Wirkungen

10.1.4 Kontraindikationen

10.2 Immunophilin-Modulatoren

10.2.1 Calcineurin-Inhibitoren

10.2.2 mTOR-Inhibitoren

10.3 TNF-α-Antagonisten und weitere Biologicals

10.3.1 Einführung

10.3.2 TNF-α-Antagonisten

10.3.3 Interleukin-Rezeptor-Antagonisten

10.3.4 Anti-Interleukin-Antikörper und weitere Interleukin-Antagonisten

10.3.5 Costimulationsinhibitoren

10.3.6 VEGF-Inhibitoren

10.4 Weitere Immunsuppressiva

10.4.1 Glucocorticoide

10.4.2 Sulfasalazin

10.4.3 Chloroquin und Hydroxychloroquin

10.4.4 d-Penicillamin

10.4.5 Sphingosin-1-phosphat-Rezeptor-Modulatoren

10.4.6 PDE-4-Hemmstoffe

10.5 Immunmodulatoren

10.5.1 Fumarsäuredimethylester

10.5.2 Glatirameracetat

10.5.3 Diaminodiphenylsulfon (Dapson)

10.5.4 Clofazimin

10.5.5 Integrin-α4-Inhibitoren

10.5.6 G-CSF-Rezeptor-Agonisten

10.5.7 TLR-Agonisten

10.5.8 Interferone

11 Überblick und Immundefekte

11.1 Störungen des Immunsystems

11.1.1 Definition

11.1.2 Einteilung

11.2 Primäre und sekundäre Immundefekte

11.2.1 PID – Grundlagen

11.2.2 PID – Erkrankungen

11.2.3 Sekundäre Immundefekte (SID)

12 Allergien

12.1 Ursachen und Symptomatik

12.1.1 Epidemiologie

12.1.2 Ätiopathogenese

12.1.3 Einteilung und Symptomatik

12.2 Diagnostik

12.2.1 Anamnese und klinische Untersuchung

12.2.2 Hauttestungen

12.2.3 Serologische Untersuchungen

12.2.4 Organbezogene Provokationstests

12.3 Therapie

12.3.1 Prävention

12.3.2 Spezifische Immuntherapie (SIT)

12.3.3 Pharmakotherapie

13 Transplantation und Transfusion

13.1 Blutgruppen und weitere Antigensysteme

13.1.1 Grundlagen

13.1.2 AB0-System

13.1.3 Rhesussystem (Rhesusfaktor)

13.1.4 Weitere Blutgruppensysteme

13.1.5 Thrombozyten- und leukozytenspezifische Antigen-Systeme

13.2 Blutgruppenserologie

13.2.1 Grundlagen

13.2.2 Prinzip und Methodik

13.2.3 Blutgruppenserologie in der Transfusionsmedizin

13.3 Transfusion: Voraussetzungen und Durchführung

13.3.1 Voraussetzungen für eine Transfusion

13.3.2 Serologische Voruntersuchungen

13.3.3 Transfusionspräparate

13.3.4 Anforderung von Blutprodukten

13.3.5 Durchführung der Transfusion

13.4 Blutkomponenten

13.4.1 Erythrozytenkonzentrate (EK)

13.4.2 Thrombozytenkonzentrate (TK)

13.4.3 Granulozytenkonzentrate (GK)

13.4.4 Plasmaprodukte

13.5 Transfusionsreaktionen

13.5.1 Immunologische Transfusionsreaktionen

13.5.2 Nichtimmunologische Transfusionsreaktionen

13.6 Transplantation

13.6.1 Voraussetzungen

13.6.2 Voruntersuchungen

13.6.3 Koordination

13.6.4 Operatives Vorgehen

13.7 Abstoßungsreaktion

13.7.1 Host-versus-Graft-Reaktion

13.7.2 Graft-versus-Host-Reaktion

13.7.3 Prophylaxe von Abstoßungsreaktionen

13.7.4 Nachsorge

14 Autoimmun- und Rheumaerkrankungen: Grundlagen

14.1 Autoimmunerkrankungen

14.1.1 Epidemiologie

14.1.2 Ätiopathogenese

14.1.3 Einteilung

14.1.4 Symptomatik

14.1.5 Diagnostik

14.1.6 Therapie

14.2 Rheumatologische Erkrankungen

14.2.1 Ätiopathogenese

14.2.2 Einteilung

14.2.3 Symptomatik

14.2.4 Diagnostik

14.2.5 Differenzialdiagnosen

14.2.6 Therapie

15 Rheumatoide Arthritis und Spondyloarthritiden

15.1 Rheumatoide Arthritis (RA)

15.1.1 Epidemiologie

15.1.2 Ätiologie

15.1.3 Pathogenese

15.1.4 Symptomatik

15.1.5 Komplikationen

15.1.6 Einteilung

15.1.7 Diagnostik

15.1.8 Pathologie

15.1.9 Therapie

15.1.10 Verlauf und Prognose

15.2 Spondyloarthritiden (SpA)

15.2.1 Ätiopathogenese

15.2.2 Einteilung

15.2.3 Symptomatik

15.2.4 Diagnostik

15.2.5 Therapie

15.2.6 Enteropathische Arthritis/Sakroiliitis

15.3 Ankylosierende Spondylitis (ASP)

15.3.1 Epidemiologie

15.3.2 Ätiologie

15.3.3 Symptomatik

15.3.4 Komplikationen

15.3.5 Diagnostik

15.3.6 Therapie

15.4 Reaktive Arthritis (REA)

15.4.1 Ätiopathogenese

15.4.2 Symptomatik

15.4.3 Diagnostik

15.4.4 Therapie

15.4.5 Prognose

15.5 Psoriasis-Arthritis

15.5.1 Epidemiologie

15.5.2 Ätiopathogenese

15.5.3 Einteilung

15.5.4 Symptomatik

15.5.5 Komplikationen

15.5.6 Diagnostik

15.5.7 Therapie

15.5.8 Prognose

16 Kollagenosen

16.1 Systemische Autoimmunopathien des Bindegewebes: Grundlagen

16.1.1 Epidemiologie

16.1.2 Ätiologie

16.1.3 Pathogenese

16.1.4 Einteilung und Symptomatik

16.1.5 Diagnostik

16.2 Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

16.2.1 Epidemiologie

16.2.2 Ätiopathogenese

16.2.3 Einteilung

16.2.4 Symptomatik

16.2.5 Diagnostik

16.2.6 Pathologie

16.2.7 Differenzialdiagnosen

16.2.8 Therapie

16.2.9 Prognose

16.3 Systemische Sklerose (SSc)

16.3.1 Epidemiologie

16.3.2 Ätiologie

16.3.3 Pathogenese

16.3.4 Einteilung

16.3.5 Symptomatik

16.3.6 Diagnostik

16.3.7 Therapie

16.3.8 Prognose

16.4 Polymyositis (PM) und Dermatomyositis (DM)

16.4.1 Epidemiologie

16.4.2 Ätiologie

16.4.3 Einteilung

16.4.4 Symptomatik

16.4.5 Komplikationen

16.4.6 Diagnostik

16.4.7 Pathologie

16.4.8 Differenzialdiagnosen

16.4.9 Therapie

16.4.10 Prognose

16.5 Sjögren-Syndrom

16.5.1 Epidemiologie

16.5.2 Ätiologie

16.5.3 Pathogenese

16.5.4 Symptomatik

16.5.5 Komplikationen

16.5.6 Diagnostik

16.5.7 Pathologie

16.5.8 Therapie

16.5.9 Prognose

16.6 Mischkollagenose (Sharp-Syndrom)

17 Vaskulitiden

17.1 Grundlagen

17.1.1 Epidemiologie

17.1.2 Ätiologie

17.1.3 Pathogenese

17.1.4 Einteilung

17.1.5 Symptomatik

17.1.6 Diagnostik

17.1.7 Therapie

17.2 Großgefäßvaskulitiden

17.2.1 Grundlagen

17.2.2 Riesenzellarteriitis (RZA) und Polymyalgia rheumatica (PMR)

17.2.3 Takayasu-Arteriitis (TAK)

17.3 Vaskulitiden mittelgroßer Gefäße

17.3.1 Polyarteriitis nodosa (PAN)

17.4 ANCA-assoziierte Kleingefäßvaskulitiden

17.4.1 Granulomatose mit Polyangiitis (GPA)

17.4.2 Mikroskopische Polyangiitis (MPA)

17.4.3 Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)

17.5 Kleingefäßvaskulitiden ohne ANCA-Assoziation

17.5.1 Grundlagen

17.5.2 Kryoglobulinämische Vaskulitis

17.5.3 Kutane leukozytoklastische Angiitis (CLA)

17.6 Nichtklassifizierte Vaskulitiden

17.6.1 Behçet-Erkrankung

17.6.2 Thrombangiitis obliterans

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum Code

Quelle: © K. Oborny/Thieme |

Teil I Niere und Harnsystem

1 Leitsymptome

2 Diagnostik

3 Pharmaka

4 Überblick und Glomerulopathien

5 Tubulointerstitielle Nephropathien

6 Niereninsuffizienz

7 Erkrankungen der Nierengefäße

8 Wasser- und Elektrolythaushalt

9 Säure-Basen-Haushalt

1 Leitsymptome

1.1 Anurie und Oligurie

Definition:

Unter einer Oligurie versteht man die Reduktion des Urinvolumens auf weniger als 500 ml/d.

Definition:

Eine Anurie ist eine Reduktion des Urinvolumens auf weniger als 100 ml/d.

1.1.1 Ätiologie

Oligurie und Anurie sind in erster Linie Leitsymptome der akuten Niereninsuffizienz (ANI). Allerdings müssen Oligurie bzw. Anurie bei der ANI nicht zwingend vorhanden sein (sog. nonoligurisches Nierenversagen). Weitere häufige Ursachen sind chronische Niereninsuffizienz, Dehydratation (sog. funktionelle Oligurie) oder akuter Harnverhalt (Ischurie).

1.1.2 Diagnostik

Anamnese: Die Anamnese sollte Fragen nach dem zeitlichen Verlauf der Oligurie/Anurie beinhalten. Außerdem sollte nach Grunderkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankung) gefragt werden. Auslösende Faktoren, wie z.B. eine Hypotonie, Flüssigkeitsverluste, Blutungen oder hohes Fieber müssen eruiert werden. Manche Medikamente wirken nephrotoxisch.

Körperliche Untersuchung:

Volumenstatus beurteilen: Besteht eine Exsikkose?

Palpation der Harnblase: Ist sie prall gefüllt? Besteht Harnträufeln? → Hinweis auf Harnverhalt.

Blutdruckmessen (Hypotonie als Hinweis auf eine prärenale Ursache).

Zeichen einer Herzinsuffizienz als Hinweis auf prärenale Ursache. Auskultation: Lungenstauung?

Täglich Körpergewicht ermitteln. Objektive Bestimmung der Diuresemenge (wird vom Patienten häufig falsch geschätzt!).

Bestehen Infektzeichen (z.B. Fieber → Volumenmangel)?

Sind eine vergrößerte Prostata oder ein Tumor der Prostata palpabel? → Hinweis auf postrenale Ursache.

Labordiagnostik:

Klinische Chemie: großes Blutbild, Harnstoff, Stickstoff, Kreatinin, Elektrolyte, Blutgase, Säure-Basen-Status, Gesamteiweiß, Albumin und Elektrophorese (z.A. multiples Myelom). Erythrozytenmorphologie und LDH bei V.a. hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS).

Serologie: Hinweise auf Hantavirusinfektion, Leptospirose oder Systemerkrankung (z.B. Autoimmunerkrankungen)?

Urin: Hämaturie? Erythrozyturie? Proteinurie? (alle Hinweis auf renale Ursache); Bestimmung des Harnvolumens (v.a. in Akutphase); evtl. Urinkultur bei V.a. Infektion.

Merke:

Eine funktionelle Oligurie entsteht nach langem Dursten. Wie bei einer aktuen Nierenschädigung finden sich im Serum erhöhte Harnstoff-Werte, Kreatinin ist hingegen nur leicht erhöht. Der Urin ist dunkel und stark konzentriert.

Apparative Diagnostik:

Sonografie und Duplexsonografie: Nierengröße, -durchblutung; Harnrückstau?

Röntgen-Thorax: Herzgröße bzw. Stauungszeichen

Ggf. Angio-CT oder Angio-MRT: z.A. Nierenarterienstenose

Ggf. Nierenbiopsie bei V.a. Glomerulonephritis.

1.1.3 Mögliche Diagnosen

Vorsicht:

Es ist wichtig, eine Dehydratation mit funktioneller Oligurie frühzeitig festzustellen, da diese mit Flüssigkeitssubstitution gut zu behandeln ist. Auch ein akuter Harnverhalt lässt sich durch Anlage eines Blasenkatheters einfach behandeln.

Die Tabelle zeigt die Ursachen einer akuten Oligo-/Anurie. Davon muss die chronische Niereninsuffizienz, also die dauerhafte Einschränkung der Nierenfunktion, abgegrenzt werden.

Tab.  

Ursachen der akuten Oligo- und Anurie

Ursachen

Pathophysiologie

wegweisende Befunde (beispielhaft)

prärenale Ursachen

hypovolämischer bzw. hämorrhagischer Schock, Diarrhö, akute Pankreatitis, Peritonitis, Ileus

Flüssigkeitsverluste

Zeichen einer Exsikkose, evtl. Hk↑, RR↓

Herzinsuffizienz

Minderdurchblutung der Niere

Ödeme, Lungenstauung, Dyspnoe, Zeichen einer Herzinsuffizienz im Röntgen-Thorax und in der Echokardiografie

Schock

Hypotonie

RR↓, Puls↑, Symptome zugrunde liegender Herzerkrankung, Allergie, Sepsis

Nierenarterienstenose beidseits

Minderdurchblutung der Niere

Stenose in Farbduplexsonografie oder CT-/MRT-Angiografie erkennbar

renale Ursachen

Glomerulonephritiden, interstitielle Nephritis (z.B. Hantavirusinfektion, bakterielle Infektionen)

entzündliche Erkrankungen des Nierenparenchyms

Urinbefund, ggf. Nierenbiospie, Serologie

Medikamente wie Antibiotika, Röntgenkontrastmittel, COX-Hemmstoffe, Zytostatika.

Vergiftungen: Schwermetalle, Pilztoxine, organische Verbindungen

medikamentös-toxisch

Anamnese

Hämolyse (z.B. HUS), Rhabdomyolyse (bei Trauma, Verbrennungen, Drogen, Alkohol), multiples Myelom

Blockade des Tubulussystems

Fragmentozyten bei HUS; CK↑ bei Rhabdomyolyse; Bence-Jones-Proteine bei multiplem Myelom

postrenale Ursachen

Blasen- und Nierensteine

Obstruktion der ableitenden Harnwege

sonografische Darstellung des Konkrements

Harnverhalt

Obstruktion der ableitenden Harnwege, neurogene Ursachen

prall gefüllte, über der Symphyse tastbare Harnblase, auch sonografisch darstellbar; Harndrang und Schmerzen im Unterbauch

Strikturen oder Tumoren von Urethra, Prostata oder Blase

Obstruktion der ableitenden Harnwege

Sonografie, Endoskopie

Vergrößerung der Prostata

Obstruktion der ableitenden Harnwege

Palpation

gynäkologische Tumoren

Obstruktion der ableitenden Harnwege

Sonografie, gyn. Untersuchung

Ureterstenose (Morbus Ormond, kongenital)

Obstruktion der ableitenden Harnwege

Sonografie, Nierenfunktionsszintigrafie

1.2 Polyurie

Definition:

massiv gesteigerte Harnausscheidung (beim Erwachsenen > 2,5–3 l/d). Eine Polyurie geht mit einem gesteigerten Durstgefühl und vermehrtem Trinken (Polydipsie) einher.

1.2.1 Ätiopathogenese

Ätiologisch lassen sich die Auslöser in 4 Gruppen einteilen:

renale Erkrankungen

metabolische Erkrankungen

hormonelle Störungen

psychische oder zerebrale Ursachen.

Ursachen einer vermehrten Diurese:

osmotische Diurese: erhöhte Harnproduktion infolge erhöhter Plasmakonzentration osmotisch aktiver Substanzen. Häufigste Ursache Hyperglykämie im Rahmen eines Diabetes mellitus.

Diabetes insipidus renalis: Der Urin ist hypoosmolar (Asthenurie), in der Folge kommt es zur Dehydratation mit Hypernatriämie und erhöhter Plasmaosmolarität.

Beeinträchtigung der Harnkonzentrierung:

Asthenurie/Hyposthenurie: fehlende/verminderte Fähigkeit, den Harn zu konzentrieren: Harnosmolarität < Serumosmolarität, spezifisches Gewicht des Urins < 1006 g/l. Zu einer eingeschränkten Konzentrierungsfähigkeit kann es infolge von ADH-Mangel kommen (Diabetes insipidus). Sie ist auch ein Frühsymptom der chronischen Niereninsuffizienz.

Isosthenurie („Harnstarre“): Gleichbleiben der Harnkonzentration unabhängig von der Flüssigkeitsbilanz des Körpers. Das Harngewicht ist auf ca. 1010 g/l fixiert (Wert des proteinfreien Plasmas). Zur Ausscheidung der harnpflichtigen Substanzen ist eine gesteigerte Diurese von ca. 3 l notwendig, was zu Polyurie, Polydipsie und Nykturie führt. Die Isosthenurie tritt im Rahmen der fortgeschrittenen Niereninsuffizienz auf.

1.2.2 Diagnostik

Anamnese (z.B. Trinkmenge, Durstgefühl, Trauma, bekannte Nierenerkrankungen oder Diabetes mellitus, Medikamente), klinische Untersuchung (Flüssigkeitsstatus? Exsikkose?) und Laboruntersuchungen (Serumosmolarität, Na+ und ADH im Serum).

Zur Objektivierung der Harnmenge wird der Urin über 24 h gesammelt und ein Miktionsprotokoll angefertigt.

Zum Ausschluss eines Diabetes insipidus wurde früher ein Durstversuch gemacht. Dieser wurde durch einen NaCl-Belastungstest mit Bestimmung von Copeptin ersetzt.

Alternativ Desmopressin-Test (dDAVP-Test). Auch bei diesem Test werden Plasma- und Urinosmolalität sowie Urinvolumen, Blutdruck und Körpergewicht stündlich gemessen.

1.2.3 Mögliche Diagnosen

Siehe ▶ Tab. 1.1 .

Tab. 1.1 

Mögliche Diagnosen bei Polyurie

Ursache

Begleitsymptome und Befunde

Diagnostik

akute Niereninsuffizienz

Anamnese (Intoxikation? Entzündung? Ischämie?)

Urinosmolalität nach NaCl-Belastungstest ↓

Serumosmolalität normal oder ↑

ADH ↑

kein Ansprechen auf ADH

verstärkte Diurese nach einer Harnwegsobstruktion

Anamnese (erfolgreiche Behandlung der Obstruktion)

renaler Diabetes insipidus

interstitielle Nierenerkrankungen mit Tubulusschädigung

Hypokaliämie/Hyperkalzämie

medikamentös induziert (z.B. Lithium, Diuretika)

osmotische Substanzen

Anamnese (Behandlung mit Osmodiuretika, hyperkalorische Ernährung → mit Besserung bei Therapieende)

zentraler Diabetes insipidus

nächtliche Polyurie und Polydipsie

Symptome durch zentralen Tumor (z.B. Gesichtsfeldausfälle)

Amyloidose (Paraproteinurie)

Schädel-Hirn-Trauma

Hämochromatose (Pigmentierung, Leberzirrhose)

Urinosmolalität nach NaCl-Belastungstest ↓

Serumosmolalität normal oder ↑

ADH ↓

aber Ansprechen auf ADH

psychogen (primäre Polydipsie)

nachts kein Durstgefühl

ggf. zusätzliche psychiatrische Auffälligkeiten

Urinosmolalität nach NaCl-Belastungstest ↑ (oder normal)

Serumosmolalität normal (oder ↓)

ADH ↓

Ansprechen auf ADH

Diabetes mellitus

Infektneigung

Blutzucker ↑

Symptome der Hyperglykämie

Urinosmolalität nach NaCl-Belastungstest normal

Serumosmolalität ↑

ADH ↑

z.T. Ansprechen auf ADH

primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom)

Hypertonie

Hypokaliämie

Muskelschwäche

Parästhesien

Renin ↓

Aldosteron ↑

Na+ ↑, K+ ↓

Orthostasetest

Hyperkalzämie

Übelkeit

Erbrechen

Parästhesien

Müdigkeit

Ca2+↑

Bestimmung von PTH, Phosphat, alkalischer Phosphatase, Vitamin D

1.3 Pollakisurie

Definition:

Eine Pollakisurie bezeichnet einen häufigen Harndrang, wobei jeweils nur geringe Harnmengen entleert werden. Die Gesamtharnmenge ist nicht erhöht.

Der Harndrang besteht bereits bei einer geringen Blasenfüllung, sodass der Patient > 7-mal pro Tag die Toilette aufsucht. Beim Gesunden tritt Harndrang erst bei einer Füllung von ca. 300 ml auf.

1.3.1 Ätiologie

Mögliche Ursachen sind Harnwegsinfekte, Vergrößerung der Prostata, Strikturen oder Verletzungen der Harnröhre, Tumoren oder Konkremente der Harnblase oder Harnröhre oder neurogene bzw. psychogene Störungen. Außerdem zu geringe Blasenkapazität bei länger liegendem Blasenkatheter, Reizblase, Stress sowie gynäkologische Erkrankungen (Myome, Descensus uteri).

Das Frequency-Urgency-Syndrom ist eine blasenbedingte Harnspeicherstörung durch

vermehrten sensorischen Input (hypersensitive Blase)

erniedrigte Detrusor-Compliance (hyperbarer Detrusor)

ungenügend gehemmte motorische Aktivität des Detrusors (überaktiver Detrusor).

Differenzialdiagnostisch abgegrenzt werden muss die sog. Überlaufinkontinenz.

1.3.2 Diagnostik

Die Anamnese gibt bereits Hinweise auf die Ursache:

überaktiver Detrusor: Symptomatik tagsüber stärker ausgeprägt als in der Nacht

hyperbare, kleinkapazitäre Blase: Symptomatik tagsüber und nachts gleichermaßen stark ausgeprägt

hypersensitive Blase mit organischer Ursache: Symptomatik tagsüber und nachts gleichermaßen stark ausgeprägt

hypersensitive Blase mit psychosomatischer Ursache: Pollakisurie nur tagsüber, keine ▶ Nykturie

interstitielle Zystitis und Zystitis nach Strahlen- oder Chemotherapie: suprapubischer Schmerz bei gefüllter Blase.

Zur Objektivierung der Harnmenge wird der Urin über 24 h gesammelt und ein Miktionsprotokoll angefertigt.

1.4 Algurie und Dysurie

Definition:

Unter einer Algurie versteht man krampfartige Schmerzen beim Wasserlassen (schmerzhafte Miktion).

Definition:

Dysurie bezeichnet ein erschwertes Wasserlassen mit schwachem Strahl und verzögerter Entleerung, das mit Missempfindungen einhergeht.

1.4.1 Ätiologie

Eine Algurie kommt bei Entzündungen der Harnblase, Harnröhre oder Prostata vor.

Ursachen einer Dysurie sind:

Harnwegsinfekte (Urethritis, Zystitis)

Entzündungen der Prostata (Prostatits)

mechanische Hindernisse wie eine vergrößerte Prostata

Strikturen der Harnröhre (z.B. nach Katheterisierung)

Tumoren der Blase oder Harnröhre

Konkremente in den ableitenden Harnwegen

Endometriose

neurogene oder psychogene Störungen.

1.5 Nykturie

1.5.1 Definition und Epidemiologie

Definition:

ein- oder mehrmaliges Erwachen in der Nacht durch Harndrang mit der Notwendigkeit, die Blase zu entleeren.

Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Häufigkeit und Frequenz der Nykturie steigen mit dem Lebensalter an. Bereits 2 – 17  % der Männer zwischen 20 und 40 Jahren haben eine Nykturie mit ≥  2 Episoden pro Nacht.

1.5.2 Ätiopathogenese

Pathophysiologisch führen 3 Mechanismen zur Nykturie:

die allgemeine Polyurie, z.B. bei

Diabetes mellitus mit Glukosurie

Diabetes insipidus

primärer Polydipsie

die nächtliche Polyurie, z.B. bei

Ödemen der unteren Extremitäten durch Herzinsuffizienz oder venöse Stauungen

hoher Flüssigkeitszufuhr abends

obstruktiver Schlafapnoe

Störungen der zirkadianen ADH-Ausschüttung (altersbedingt oder infolge von zerebralen Traumata)

Medikamentengabe (Diuretika, Kalziumantagonisten, Kortikosteroide, Antibiotika, Lithium, SSRI, anfallssuppressive Medikamente)

eine reduzierte Blasenkapazität z.B. bei

hyperaktivem Detrusor

infravesikaler Obstruktion

Erkrankungen des unteren Harntrakts.

Ist nicht der Harndrang die Ursache für das nächtliche Erwachen, so ist dies keine Nykturie im engeren Sinne.

Praxistipp:

Bei Nykturie müssen häufige Ursachen wie Diabetes mellitus, obstruktive Schlafapnoe, Herzinsuffizienz und infravesikale Obstruktion (z.B. benigne Prostatahyperplasie) bereits anamnestisch erfragt werden. Blasentumoren sind erst im fortgeschrittenen Stadium Auslöser von Nykturien.

1.5.3 Diagnostik

Anamnese: seit wann, wie oft in der Nacht, vorausgehender Harndrang, Miktionsverhalten tagsüber, Gefühl der unvollständigen Entleerung, andere Erkrankungen, Medikamente?

klinische Untersuchung: besonders auf Stauungen achten

Urinuntersuchung

Miktionsprotokoll über 2 Tage

sonografische Restharnbestimmung.

Weitere Untersuchungen je nach Verdachtsdiagnose.

Merke:

Bei einer Herzinsuffizienz als Ursache ist die urologische Diagnostik unauffällig, während sich typischerweise Ödeme an den Unterschenkeln und Füßen finden.

IMPP-Fakten

! Bei der Abklärung der Nykturie müssen vor allem Diabetes mellitus, obstruktive Schlafapnoe, Herzinsuffizienz und infravesikale Obstruktion als Ursachen in Betracht gezogen werden.

1.6 Glukosurie

Definition:

Ausscheidung von Glukose mit dem Urin.

1.6.1 Ätiologie

Glukose lässt sich im Urin erst nachweisen, wenn die glomerulär filtrierte Menge die tubulären Resorptionsmechanismen übersteigt (sog. Nierenschwelle). Die Nierenschwelle bei Kindern liegt niedriger als bei Erwachsenen. Beim gesunden Erwachsenen gilt als Richtwert ein Glukosewert im Serum von 180 mg/dl (10,0 mmol/l). Bei Überschreiten dieses Schwellenwertes (z.B. bei Diabetes mellitus) kommt es zur Glukosurie.

Vorsicht:

In der Schwangerschaft tritt eine Glukosurie in ca. 20% der Fälle auf und ist meist physiologisch: Die Nierenschwelle für Glukose ist in der Schwangerschaft herabgesetzt. Ein Gestationsdiabetes sollte aber in jedem Fall ausgeschlossen werden.

Bei der renalen Glukosurie ist die Nierenschwelle für Glukose pathologisch erniedrigt, d.h., es kommt bereits bei Normoglykämie zur Glukosurie. Eine renale Glukosurie kann erblich bedingt sein (Defekte im SGLT1- und SGLT2-Transporter-Gen, i.d.R. autosomal-rezessiver Erbgang) oder im Rahmen renaler Erkrankungen, z.B. beim Fanconi-Syndrom oder der ▶ renal-tubulären Azidose, auftreten.

Praxistipp:

Extrarenale Ursachen der Glukosurie sind sehr viel häufiger als renale. Bei Nachweis von Glukose im Urin sollte der Serumblutzucker mitbestimmt werden:

Diabetes mellitus: Glukosurie + Hyperglykämie,

renale Glukosurie: Glukosurie + Normoglykämie.

IMPP-Fakten

! Glukosurie: Die Nierenschwelle liegt beim Gesunden bei einem Glukosewert von ca. 180 mg/dl (10,0 mmol/l) im Serum.

1.7 Hämaturie

Definition:

Erhöhung der Erythrozytenausscheidung im Harn über die Norm. Sind die Erythrozyten nur mikroskopisch zu erkennen (>2 Erys/Gesichtsfeld bei 400-facher Vergrößerung), liegt eine Mikrohämaturie vor. Von einer Makrohämaturie spricht man, wenn das Blut im Harn mit bloßem Auge sichtbar ist.

1.7.1 Ätiopathogenese

Praxistipp:

Eine Mikrohämaturie ist auch bei Gesunden relativ häufig. Manchmal lassen sich Auslöser wie Sport, Geschlechtsverkehr, körperliche Arbeit oder eine Schwangerschaft eruieren. Auch eine Kontamination mit Menstrualblut ist möglich.

Die Hämaturie kann auf Erkrankungen des Nierenparenchyms oder Nierenbeckens zurückzuführen sein (renale Hämaturie) oder aber auch infolge von Veränderungen des harnableitenden Systems auftreten (postrenale Hämaturie), z.B. bei Harnsteinen, Trauma, Blasen- oder Prostataerkrankungen. Ebenso können extrarenale Ursachen wie z.B. eine generalisierte Blutungsneigung zu Blut im Urin führen.

Ursachen einer Hämaturie

Abb. 1.1

(Quelle: Sökeland, Rübben, Taschenlehrbuch Urologie, Thieme, 2007)

Zu den häufigsten krankheitsbedingten Ursachen zählen:

Harnwegsinfekte

Nierensteine

Nierentumoren sowie Tumoren der ableitenden Harnwege (z.B. Harnblasenkarzinom, Wilms-Tumor bei Kleinkindern)

Glomerulonephritiden.

Lerntipp

Von der Hämaturie musst du die Hämoglobinurie abgrenzen: eine Ausscheidung von Hämoglobin über den Urin, z.B. als Folge einer massiven Hämolyse.

Charakteristisch für eine Hämaturie renaler Ursache sind dysmorphe Erythrozyten und ▶ Akanthozyten. Diese entstehen durch mechanische Schädigung beim Durchtritt durch die glomeruläre Basalmembran sowie durch osmotische Einflüsse im Rahmen der weiteren Passage durch das Tubulussystem. Postrenale Hämaturien hingegen zeigen normale Erythrozyten.

1.7.2 Diagnostik

Anamnese:

Menstruationsanamnese erheben.

▶ Andere Einflussfaktoren auf Urinfarbe ausschließen.

Fragen nach dem zeitlichen Auftreten der Hämaturie während der Miktion: Liegt die Ursache in der Urethra oder Prostata, kommt es zur initialen Hämaturie, bei Entzündungen oder Tumoren im Bereich des Blasenhalses zur terminalen Hämaturie. Eine totale Hämaturie findet sich bei Gerinnungsstörungen, Nieren-, Ureter- oder Blasenaffektionen oder einer Marschhämaturie.

Fragen nach den vorherrschenden Beschwerden: Flankenschmerz deutet auf eine Urolithiasis hin. Schmerzen beim Harnlassen sprechen für eine Infektion des Harntraktes oder ein mechanisches Hindernis in Blase oder Urethra.

Frage nach Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus und Hypertonie. Frage nach Medikamenten, insbesondere Antikoagulanzien.

Körperliche Untersuchung:Klopfschmerzhafte Nierenlager deuten auf Urolithiasis oder Pyelonephritis hin. Fieber erhärtet den Verdacht auf eine infektiöse Genese. Auf Zeichen einer generalisierten Blutungsneigung (Petechien, Ekchymosen) achten. Beim Tasten des Pulses kann eine Arrhythmie als Zeichen eines Vorhofflimmerns auffällig sein (evtl. Niereninfarkt als Ursache)?

Labordiagnostik:

Teststreifen:häufig falsch positiv und können zwischen einer Hämaturie und einer Hämoglobinurie nicht unterscheiden.

Mikroskopie des Urinsediments: Bei renaler Ursache finden sich Erythrozytenzylinder, dysmorphe Erythrozyten und Akanthozyten. Bei postrenaler Ursache eumorphe Erythrozyten.

Vorsicht:

Fehlende Erythrozytenzylinder schließen eine Glomerulonephritis nicht aus.

Quantitative Proteinbestimmung: Die quantitative Proteinbestimmung im 24-h-Sammelurin oder der Protein-Kreatinin-Quotient lassen Rückschlüsse auf eine renale Erkrankung zu.

Labordiagnostik im Blut: Blutbild, BSG, Kreatinin, Elektrolyte. Gerinnungsparameter bei hämorrhagischer Diathese pathologisch.

Apparative Diagnostik:

Sonografie der Nieren bei gefüllter Harnblase: Zystennieren? Konkremente? Interstitielle Nephritiden? Tumoren? Bestimmung von Restharn.

Bei V.a. renale Ursachen: CT Abdomen oder MRT Nieren, ggf. i.v.-Pyelografie , Nierenbiopsie. Ggf. Angiografie z.A. eines Niereninfarkts.

Bei V.a. postrenale Ursachen (z. B. Harnblasenkarzinom): Urethrozystoskopie.

1.7.3 Mögliche Diagnosen

Siehe ▶ Tab. 1.2  und ▶ Tab. 1.3 .

Tab. 1.2 

Renale Ursachen der Hämaturie

Ursachen

Begleitsymptome und Befunde

wegweisende Befunde (beispielhaft)

glomeruläre Erkrankungen

Glomerulonephritis

Vollbild: Makrohämaturie, Ödeme, Hypertonie

dysmorphe Erythrozyten, Erythrozytenzylinder, glomeruläre Proteinurie, Nierenbiopsie

diabetische Nephropathie

i.d.R. langjähriger Diabetes mellitus

Anamnese, Funduskopie

hypertensive Nephropathie

langjährige Hypertonie

Anamnese, Funduskopie

Amyloidose

abhängig vom betroffenen Organ

Biopsie (Rektum, Nieren)

Alport-Syndrom

frühzeitig (Mikro-)Hämaturie oder rezidivierende Makrohämaturie, rasche terminale Niereninsuffizienz, evtl. Beteiligung von Augen und Innenohr

positive Familienanamnese (X-chromosomaler Erbgang), Biopsie

sonstige renale Erkrankungen

Analgetikanephropathie

Papillennekrose (sonografisch Einziehungen an der Nierenoberfläche)

Analgetikaabusus, eumorphe Erythrozyten, Sonografie

Zystennieren

beidseits derbe, höckrige Resistenzen palpabel

Sonografie (Nierenzysten, evtl. begleitende Zysten in Leber und Pankreas)

Gefäßerkrankungen

Niereninfarkt

akuter Flankenschmerz, Hämaturie

Dopplersonografie, evtl. Angiografie

Nierenvenenthrombose

Flankenschmerz, Fieber, evtl. Varikozele

Sonografie, CT

Tumorerkrankungen

Hämangiome

isolierte Hämaturie

Angio-CT

Nierenzellkarzinom

schmerzlose Hämaturie (Initialsymptom), evtl. Flankenschmerzen, Koliken, Varikozele, untere Einflussstauung

CT

Wilms-Tumor

Kleinkinder mit schmerzloser Hämaturie, vorgewölbtem Abdomen, evtl. assoziierte Fehlbildungen wie Aniridie

Abdomensonografie

Tab. 1.3 

Extrarenale Ursachen der Hämaturie

Ursachen

Begleitsymptome und Befunde

wegweisende Befunde (beispielhaft)

Nephrolithiasis

kolikartige, meist einseitige Flankenschmerzen, die in die Leiste ausstrahlen können, Makrohämaturie

Klinik, Sonografie

Traumen

Prellmarken, Beckenkompressionsschmerz

Anamnese

Tumoren der ableitenden Harnwege

Makro- oder Mikrohämaturie, Koliken durch Blutkoagel

i.v.-Pyelogramm, Urinzytologie, CT

Prostatakarzinom

evtl. Dysurie, vergrößerte Prostata

Labor (PSA erhöht, saure Phosphatase erhöht), Biopsie

bakterieller Harnwegsinfekt

Dysurie, Pollakisurie, meist auch Leukozyturie

Urinkultur; Urethralabstich bzw. -kultur zum Nachweis von Chlamydien und Gonokokken

Tuberkulose

sterile Leukozyturie, saurer Urin-pH

Nachweis säurefester Stäbchen im Urin

parasitäre Erkrankungen der Blase (Schistosomiasis)

Tropenaufenthalt, Hautkontakt mit verseuchtem Gewässer

Anamnese, Nachweis von Schistosomeneiern im Urin

Gerinnungsstörungen

generalisierte Blutungsneigung, Thrombozytopenie bzw. -pathie oder Koagulopathie

Anamnese, Gerinnungsparameter

IMPP-Fakten

!! Urethrozystoskopie durchführen, um ein Harnblasenkarzinom als Ursache einer Hämaturie auszuschließen.

! Das Alport-Syndrom führt zu einer rezidivierenden Makrohämaturie und es besteht eine positive Familienanamnese.

! Bei Kleinkindern mit schmerzloser Hämaturie sollte man auch an einen Wilms-Tumor denken.

! Ein Harnblasenkarzinom kann die Ursache für eine Mikrohämaturie sein.

1.8 Bakteriurie

Definition:

signifikant, wenn im Mittelstrahlurin ≥ 105 Keime/ml nachgewiesen werden. Wird der Urin durch suprapubische Punktion gewonnen, ist jeglicher Keimnachweis pathologisch.

1.8.1 Ätiologie

Normalerweise sind die Harnwege von der Blase bis zur Niere steril. Die Urethra und das äußere Genitale sind i.d.R. mit Bakterien der Haut und der Darmflora besiedelt.

Bei einer Harnwegsinfektion kann es zur Ausscheidung v.a. folgender Bakterien kommen:

gramnegativer Bakterien wie E. coli, Klebsiella, Proteus oder Pseudomonas,

grampositiver Erreger wie Staphylococcus saprophyticus (junge Frauen) oder Enterokokken,

atypischer Erreger wie Chlamydien, Mykoplasmen und Pilze.

Praxistipp:

Liegt gleichzeitig zu einer signifikanten Bakteriurie eine ▶ Leukozyturie vor, ist ein Harnwegsinfekt gesichert. Eher für eine Kontamination des Untersuchungsmaterials spricht eine Bakteriurie ohne Leukozyturie.

1.8.2 Diagnostik

Nachweis im Mittelstrahlurin. Im Einzelfall kann eine Uringewinnung mittels Katheterisierung der Blase notwendig werden.

Liegt die Keimzahl zwischen 10 und 105 Keimen/ml Urin, handelt es sich in der Regel um eine Kontamination des Harns mit der physiologischen Flora der Urethra. Bei akut symptomatischen Patienten und bestimmten Keimen, wie z.B. Pseudomonas aeruginosa, kann eine signifikante Bakteriurie aber auch schon bei niedrigeren Keimzahlen vorliegen.

1.9 Leukozyturie

Definition:

pathologische Vermehrung der Leukozyten im Urin auf über 10 Leukozyten/μl Urin.

1.9.1 Ätiologie

Hinweis auf eine Entzündung in den Nieren bzw. im harnableitenden System. Ab Leukozytenanzahl von >5000 Leukozyten/ml Urin Harnwegsinfekt gesichert. Meist geht Leukozyturie bei einer Infektion mit ▶ Bakteriurie einher. Besteht starke Leukozyturie mit gelblich weißer Urintrübung, spricht man von Pyurie.

Bei Frauen können auch gynäkologische Erkrankungen und bei Männern eine Prostatitis bzw. Epididymitis zu einer Leukozyturie führen. Eine Leukozyturie ist aber kein obligates Zeichen einer bakteriellen Infektion, sondern kann auch bei sterilen Entzündungen auftreten (z.B. Lupusnephritis, Analgetikaabusus).

Praxistipp:

Treten Leukozytenzylinder auf, ist dies ein Hinweis auf eine renale Ursache der Infektion.

Vorsicht:

Eine Kontamination der Urinprobe mit Fluor vaginalis kann eine Leukozyturie vortäuschen. Eine Urinentnahme mittels sterilem Einmalkatheterismus ist dann erforderlich, um den Urin korrekt beurteilen zu können.

1.10 Proteinurie

Definition:

vermehrte Ausscheidung von Eiweiß im Harn (> 150 mg/d) mit oder ohne Krankheitswert.

1.10.1 Ätiologie

Harmlose Proteinurie: Eine Proteinurie kann vorübergehend vorkommen und hat dann keinen Krankheitswert. Bei gesunden Kindern findet sich in spontanen Urinproben in bis zu 10% der Fälle eine isolierte Proteinurie, so dass bei geringer Ausprägung und fehlenden klinischen Symptomen eine zeitnahe Verlaufskontrolle des Urinbefundes zunächst ausreicht. Auch bei Fieber, körperlicher Anstrengung, Herzinsuffizienz, Krampfanfällen oder Hyperthyreose kann eine transiente funktionelle Proteinurie auftreten. Persistiert die Proteinurie, muss eine Abklärung erfolgen, ebenso bei Vorliegen weiterer Befunde (z.B. Hämaturie) oder klinischer Symptome (z.B. Ödeme).

Eine wichtige Differenzialdiagnose ist die orthostatische Proteinurie: Die Proteinurie ist bei diesen Patienten nur im Stehen und Gehen nachweisbar, im Liegen verschwindet sie (→ Urin tagsüber und nachts getrennt sammeln und untersuchen!).

Einteilung nach Art der Proteine: Die Proteine im Urin lassen sich ▶ elektrophoretisch differenzieren.

Prärenale Proteinurie: Beispiele sind Myoglobulinurie, Hämoglobinurie und Paraproteinurie (Leichtkettenkrankheit, Bence-Jones-Proteinurie).

Renale Proteinurie: Hierzu gehören die glomeruläre und die tubuläre Proteinurie sowie entsprechende Mischformen mit Erhöhung bestimmter Proteine.

Tab.  

Unterscheidung der renalen Proteinurieformen

Ursprung

Proteine im Urin

selektiv glomerulär

Albumin ↑ bis ↑↑

nicht selektiv glomerulär

Albumin ↑ bis ↑↑

IgG ↑

tubulär

α1-Mikroglobulin ↑

tubulär/glomerulär

α1-Mikroglobulin ↑

Albumin ↑

glomerulär/tubulär

Albumin ↑ bis ↑↑

α1-Mikroglobulin ↑

Eine vorwiegend glomeruläre Proteinurie findet sich bei primären Glomerulopathien, in bestimmten Phasen der diabetischen Nephropathie und als Sekundärerkrankung bei Bluthochdruck, Infektionserkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Rechtsherzinsuffizienz und bei der Schwangerschaftsniere.

Vorwiegend tubuläre Proteinurien können auf angeborenen Tubulusdefekten beruhen (Fanconi-Syndrom) oder toxisch bedingt sein, z. B. durch Blei, Quecksilber bzw. Therapie mit Aminoglykosiden.

Gemischte renale Proteinurien finden sich z. B. bei Pyelonephritis, diabetischer Nephropathie und Glomerulonephritis. Die Ursache kann auch toxischer Natur sein, z. B. Streptomycin, Sulfonamide oder Furosemid.

Postrenale Proteinurie: Zur postrenalen Proteinurie kommt es bei der tubulären Sekretion von Tamm-Horsfall-Proteinen oder von in der Blase sezernierten Proteinen (z.B. IgA), bei Harnwegsinfektionen oder einer ▶ postrenalen Hämaturie.

Nach Schweregrad der Proteinurie: Abhängig von der Menge ausgeschiedenen Albumins unterscheidet man eine Mikroalbuminurie (Albuminausscheidung 30–300 mg/d bzw. 20–200 mg/l im Spontanurin) von der Makroalbuminurie > 300 mg/d im Sammelurin bzw. > 200 mg/l im Spontanurin).

Die Gesamtausscheidung an Protein macht eine Einteilung in eine leichte/mäßige und eine große (schwere) Proteinurie möglich. Eine Mikroalbuminurie ist im Urinstix nicht sichtbar.

Lerntipp

Nach neueren Nomenklaturregeln sollten die Begriffe Mikroalbuminurie und Makroalbuminurie möglichst vermieden werden und dafür von einer mäßig erhöhten bzw. stark erhöhten Albuminurie gesprochen werden.

IMPP-Fakten

! Definition von Makroalbuminurie (Albuminurie > 300 mg/d im Sammelurin bzw. > 200 mg/l im Spontanurin) und Proteinurie (Proteinausscheidung > 150 mg/d).

! Bei gesunden Kindern findet sich in spontanen Urinproben in bis zu 10% der Fälle eine isolierte Proteinurie, so dass bei geringer Ausprägung der Proteinurie und fehlenden klinischen Symptomen zunächst eine zeitnahe Verlaufskontrolle des Urinbefundes indiziert ist.

! Eine Mikroalbuminurie ist im Urinstix nicht sichtbar (Protein negativ).

1.11 Harnverfärbung und Harntrübung

1.11.1 Ätiopathogenese

Normalerweise ist der Urin klar. Je nach Konzentration kann sich seine Farbe von farblos/hell (nach verstärkter Flüssigkeitsaufnahme) bis dunkelgelb (nach Dursten) ändern. Ein trüber Urin ist ein unspezifisches Zeichen eines Harnwegsinfekts.

Tab. 1.4 

Ursachen der Harnverfärbung und -trübung

Urinfarbe

Begleitbefund

Ursachen

hell, farblos

spezifisches Gewicht (< 1001) und

Osmolalität (< 50 mosm/kg) ↓

verstärkte Flüssigkeitsaufnahme

Polyurie, Polydipsie, Glukosurie, spezifisches Gewicht ↑, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit

Diabetes mellitus

dunkelgelb, bernsteinfarben

spezifisches Gewicht (< 1035) und Osmolalität (< 1200 mosm/kg) ↑

nach Dursten

dunkelgelb, orange

Oligurie, Anurie, Retentionsparameter (Harnstoff und Kreatinin ↑)

akute Niereninsuffizienz

dunkelbraun

Gelbfärbung von Haut und Schleimhäuten, heller Stuhl, Bilirubin i.S. ↑

Ikterus

rot, rotbraun

Erythrozyten im Harn, evtl. Erythrozytenzylinder, trüber Harn

Hämaturie

Bilirubin, LDH, Retikulozyten ↑, Haptoglobin ↓, rötliches Serum

Hämoglobinurie

CK, LDH, AST, ALT ↑, klares Serum

Myoglobinurie

Urin dunkelt bei Lichtexposition nach

Porphyrie

Rotfärbung des Stuhls

Genuss bestimmter Nahrungsmittel (z.B. Rote Bete)

schwarz

Schwarzfärbung des Knorpels (z.B. am Ohr), von Haut- und Schleimhaut, Arthropathie

Alkaptonurie (Ochronose)

blaugrün

Medikamenteneinnahme bei Methämoglobinämie

Methylenblau

Tryptophanmalabsorption

Blue-Diaper-Syndrom

komplizierter Harnwegsinfekt

Infektion mit Pseudomonas aeruginosa

trüber Urin

Dysurie, Pollakisurie, Bakteriurie

Harnwegsinfekt

Urolithiasis, helle Trübung

Zystinurie

Nachweis von Sperma

retrograde Ejakulation

Auch Medikamente und Nahrungsmittel können den Urin unterschiedlich einfärben (z.B. Malariamittel gelborange, Karotten gelblich).

IMPP-Fakten

Ursachen für Urinfarbveränderungen:

! brauner Urin: Ikterus

! rotbrauner Urin: Hämaturie, Porphyrie, Genuss Roter Bete.

1.12 Ausfluss aus der Harnröhre

Ausfluss aus der Harnröhre

Synonym: Urethralfluor

1.12.1 Ätiologie

Ausfluss aus der Harnröhre ist Zeichen einer Urethritis. Diese kann infektiös oder auch mechanisch (z.B. durch einen Harnröhrenkatheter) ausgelöst sein. Auch systemische Erkrankungen wie eine reaktive Arthritis können mit einer Urethritis assoziiert sein. Neben dem Ausfluss bestehen meist eine ▶ Dysurie und ein Brennen beim Harnlassen.

1.12.2 Diagnostik

Die Diagnostik umfasst neben Anamnese (einschließlich Sexualanamnese) und klinischer Untersuchung (z.B. geröteter Meatus urethrae) auch die Anlage einer Urinkultur und Entnahme eines Urethralabstrichs mit zytologischer Untersuchung.

2 Diagnostik

2.1 Urinstatus: Harnstreifentest und Sedimentanalyse

J. Hallbach

Prinzipiell kann man zwischen Spontanurin (idealerweise Mittelstrahlurin am Morgen) und (24-Stunden-)Sammelurin unterscheiden. Für die orientierende Diagnostik wird meist Spontanurin verwendet. Für eine differenziertere nephrologische Diagnostik kann jedoch die Gewinnung von Sammelurin nötig sein.

Der Harnstatus umfasst makroskopische Harnbeurteilung , Teststreifenuntersuchung und mikroskopische Sedimentuntersuchung.

2.1.1 Makroskopische Harnbeurteilung

Bei der Beurteilung spielen Verfärbung und Trübung eine Rolle ( ▶ Tab. 1.4 ):

Gesunde: klar, strohgelb

heller Urin: bei starker Diurese

dunkler Urin: z.B. bei Dehydratation

rötlicher Urin: Hämaturie, Hämoglobinurie (hämolytisch-urämisches Syndrom), Myoglobinurie (Crush-Syndrom), Porphyrie, Genuss Roter Bete, medikamenteninduziert (Rifampicin)

bierbrauner Urin: direkte Bilirubinämie oder Porphyrinurie

trüber Urin: bei schwerer Leukozyturie bzw. Pyurie, Fetttröpfchen (Lipidurie), Lymphe (Chylurie), Calciumphosphat im alkalischen Urin (Phosphaturie), amorphe Natriumurate im sauren Urin (Uraturie), beim längeren Stehenlassen und bei der Aufbewahrung im Kühlschrank (ohne pathologischen Befund).

Harngeruch nach Ammoniak weist auf Zersetzung von Harnstoff und damit bei frischem Urin auf eine bakterielle Infektion der Harnwege hin. Bei Neugeborenen kann auffälliger Harngeruch Hinweis auf eine angeborene Störung des Aminosäure- oder Fettstoffwechsels sein. Azetongeruch bei Ketonurie festzustellen. Einen eigentümlichen Harngeruch können auch Nahrungsmittel, Medikamente und Gifte (z.B. Lösungsmittel) verursachen.

2.1.2 Harnteststreifen

Die Teststreifen enthalten folgende Felder:

pH-Wert: schwankt zwischen 4,5 und 7,5.

alkalischer Harn: gemüsereiche Kost (Vegetarier), Harnwegsinfektion mit harnstoffspaltenden Bakterien, lange Lagerzeit des Urins, renal-tubuläre Azidose (→ gesteigerte Bikarbonatausscheidung und damit Urin-pH ↑, Blut-pH ist jedoch ↓)

saurer Harn: fleischhaltige Kost, Hunger oder hohes Fieber (Abbau endogener Proteine).

Glukose: Früher Suchtest auf Diabetes mellitus und renale Glukosurie sowie Therapiekontrolle bei Diabetes mellitus. Positiv ab 50 mg/dl.

Protein: Die Bestimmung des Urinproteins ist die wichtigste Untersuchung zum Ausschluss von Nierenerkrankungen.

Die qualitative Untersuchung mit dem Teststreifen erfasst ▶ Proteinurien> 100–300 mg/l. Unbedingt zu beachten ist, dass Globuline schlechter als Albumin erfasst werden und z.B. Bence-Jones-Proteine beim Multiplen Myelom nicht nachgewiesen werden können. Teststreifen mit immunologischem Nachweis von Albumin haben eine weit niedrigere Nachweisgrenze (20 mg/l) und sind daher für den Ausschluss der sog. Mikroalbuminurie geeignet.

Bei positivem Proteinnachweis sind Sedimentuntersuchung (Zylinder) und Urin-Protein-Differenzierung mittels SDS-PAGE oder immunologischer Markerproteinbestimmung erforderlich.

Blut: Hämaturien können vielfältige Ursachen haben. Daher müssen positive Hämoglobin-Nachweise im Urin klinisch näher untersucht werden.

Grundlage des Nachweises ist eine peroxidaseartige Aktivität des Hämoglobins. Hämoglobin (oder auch Myoglobin) aus dem Urin katalysiert die Oxidation des Chromogens. Da das Testfeld Hilfsstoffe enthält, die die Zellmembran der Erythrozyten lysieren, werden auch intakte Erythrozyten nachgewiesen. Daher handelt es sich um einen Suchtest auf Hämaturie bzw. Hämoglobin- oder Myoglobinurie.

Empfindliche Teststreifen führen bereits bei 10 Erythrozyten/μl in über 90% der Fälle zu einer sichtbaren Nachweisreaktion.

Leukozyten: Mit diesem Suchtest können Entzündungen im Bereich der Niere und der ableitenden Harnwege nachgewiesen werden. Erfasst wird eine in den Granulozyten vorhandene Esterase. Die Nachweisgrenze liegt bei etwa 20 Leukozyten/μl, wobei auch lysierte Leukozyten erfasst werden.

Nitrit:Suchtest für Harnwegsinfekte. Nitritbildende Bakterien (Colibakterien, Proteus, Klebsiellen, Aerobakter und Citrobakter) machen ca. 80% der Keime bei Harnwegsinfekten aus und wandeln das im Urin stets vorhandene Nitrat in Nitrit um.

Weitere Testfelder: Einige Teststreifen enthalten zusätzlich Testfelder für Ascorbinsäure, da diese in erhöhten Konzentrationen z.B. beim Glukosetestfeld ein falsch negatives Testergebnis hervorrufen kann, sowie für Ketonkörper.

2.1.3 Sedimentanalyse

Indikation:

Routineuntersuchung des Urins

Verifizierung positiver Teststreifenuntersuchung (Protein, Blut, Leukozyten, Nitrit)

Verlaufskontrolle bei Erkrankungen der Niere und der ableitenden Harnwege.

Präanalytik: Zur Sedimentanalyse ist frischer Mittelstrahlurin geeignet. Untersucht werden Spontanurinproben, wobei der erste Morgenurin besonders geeignet ist.

Vorsicht:

Die Untersuchung des Urins auf Bakterien sollte unmittelbar nach der Probenentnahme erfolgen. Durch die schnelle Vermehrung von Bakterien würde ein zu langes Stehenlassen der Urinprobe den Befund verfälschen.

Befunde:Zylinder: Zylinder stellen Ausgussformen des tubulären Systems dar und sind somit beweisend für einen renalen Ursprung. Hauptbildungsort ist der distale Tubulus. Zylinder bestehen entweder nur aus Tamm-Horsfall-Proteinen oder aus Zellelementen, die in die Proteinmatrix eingebettet sind.

Erythrozyten: Im normalen Sediment finden sich nicht mehr als 1 Erythrozyt/Gesichtsfeld bei 400-facher Vergrößerung. Gehäuft kommen sie bei Blutungen innerhalb der ableitenden Harnwege sowie bei Glomerulonephritiden vor. Eine Sonderform stellt der Akanthozyt dar, ein dysmorpher Erythrozyt mit bläschenförmigen Ausstülpungen der Zellmembran („Micky Mouse“). Die Verformung entsteht beim Durchtritt durch die glomeruläre Basalmembran und ist beweisend für einen glomerulären Ursprung.

Akanthozyten

Abb. 2.1 Phasenkontrast-Mikroskopie.

(Quelle: Hallbach, Klinische Chemie und Hämatologie, Thieme, 2019)

Leukozyten: Im normalen Sediment finden sich nicht mehr als 4 Leukozyten/Gesichtsfeld bei 400-facher Vegrößerung. Leukozyten treten vermehrt bei entzündlichen Prozessen, insbesondere im Bereich der ableitenden Harnwege, auf.

Tubulusepithelien: Tubulusepithelien treten vermehrt im Sediment bei renalen Erkrankungen auf.

Auch Bakterien, Trichomonaden, Pilze, Hefezellen können im Urinsediment nachgewiesen werden.

Nebenbefunde sind z.B. Epithelien aus dem Genitaltrakt und den ableitenden Harnwegen, Spermien sowie Schleimfäden.

Harnsedimentbestandteile

Abb. 2.2

(Quelle: Hallbach, Klinische Chemie und Hämatologie, Thieme, 2019)

2.1.4 Proteinuriediagnostik

Indikation:

Ausschluss und Differenzierung der Proteinurie

Verlaufskontrolle bei bekannter Nierenerkrankung.

Präanalytik: Im Allgemeinen wird der 2. Morgenurin für die Untersuchung empfohlen, da dieser normalerweise nur über einen kurzen Zeitraum in der Blase verbleibt.

Durchführung: Weite Verbreitung hat die quantitative Bestimmung von bestimmten Proteinen im Urin, um die glomeruläre (Albumin, IgG, Transferrin u. a.) und die tubuläre Funktion (α1-Mikroglobulin, β2-Mikroglobulin u. a.) zu prüfen.

Sind sowohl Albumin als auch Gesamtprotein unauffällig, lässt sich eine Proteinurie mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Ist das Gesamtprotein bei unauffälligem Albumin und α1-Mikroglobulin deutlich erhöht oder ergibt sich aus der Gesamtproteinkonzentration und der Summe dieser Proteine eine beachtliche Differenz, so liegt in vielen Fällen eine prärenale Proteinurie vor. Durch weitere Untersuchungen muss dann z.B. eine Bence-Jones-Proteinurie oder Myoglobinurie abgeklärt werden.

Proteinurieformen: Basis der differenzierteren Auswertung der Befunde ist die Bildung von Proteinquotienten, indem z.B. α1-Mikroglobulin (mg/g Kreatinin) dem Albumin (mg/g Kreatinin) gegenübergestellt wird.

Tab. 2.1 

Proteinerhöhung bei unterschiedlichen Proteinurieformen

Proteinurie

Proteine

prärenale Proteinurie

Ig-Leichtketten (Bence-Jones-Proteine), Hämoglobin oder Myoglobin

selektive glomeruläre Proteinurie

Albumin

nicht selektive glomeruläre Proteinurie

Albumin und IgG

tubuläre Proteinurie

α1-Mikroglobulin

glomerulär-tubuläre Mischproteinurie

Albumin und α1-Mikroglobulin

postrenale Proteinurie

Proteine ähnlich Blutplasma, α2-Makroglobulin, Erythrozyten

Je ausgeprägter die Albuminurie, desto mehr spricht das Messergebnis für eine glomeruläre Proteinurie. Eine sichere Festlegung ist erst durch gemeinsame Betrachtung mehrerer Messgrößen (zusätzlich IgG und α1-Mikroglobulin) möglich.

IMPP-Fakten

! Eine falsch positive Anzeige für Erythrozyten im Urinstreifentest kann durch eine Myoglobinurie hervorgerufen werden.

! Eine rotbräunliche Verfärbung des Urins kann u.a. durch eine Nephrolithiasis, eine Porphyrie, den Verzehr von roten Rüben oder die Gabe von Phenolphthalein entstehen.

! Positive Urinteststreifen-Ergebnisse werden mikroskopisch verifiziert.

! Akanthozyten im Urin beweisen einen glomerulären Ursprung der Hämaturie.

2.2 Nierenfunktionsdiagnostik

J. Hallbach

2.2.1 Blutanalyse

Definition:

Als Retentionswerte werden Laborparameter zusammengefasst, die die Leistung der Nierenfunktion repräsentieren: v.a. Kreatinin, Harnstoff und Cystatin C i.S. Synonym werden die Begriffe Nierenwerte, Nierenfunktionsparameter bzw. Nierenretentionsparameter verwendet.

Kreatinin:

Merke:

Kreatin ist eine Energiespeichersubstanz im Muskel, aus der Kreatinin als Ausscheidungsprodukt entsteht.

Indikation:

Suchtest zur Überprüfung der Nierenfunktion

Verlaufskontrolle bei Nierenerkrankungen

Kontrollparameter der Nierenfunktion bei Gabe nephrotoxischer Medikamente (z. B. Zytostatika, Aminoglykoside).

Präanalytik: Plasma- oder Serumproben.

Referenzintervalle: Das Kreatinin ist der am häufigsten untersuchte Routineparameter. Der Referenzwert von Kreatinin (Plasma/Serum) beträgt 62–110 µmol/l bzw. 0,7–1,2 mg/dl.

Die Referenzintervalle für Kreatinin sind zum Teil abhängig von der Analysemethode, dem Geschlecht, dem Alter und der Muskelmasse. Im Gegensatz zum Harnstoff ist der Referenzwert jedoch nicht von der Ernährung abhängig. Bei verminderter Muskelmasse (Kinder, Frauen, alte Menschen) sind die Werte niedrig, was zu einer Überschätzung der Nierenfunktion führen kann.

Die Kreatininkonzentration übersteigt erst dann die Normgrenze, wenn die glomeruläre Filtration zu mehr als 50% eingeschränkt ist (vorher: „kreatininblinder Bereich“).

Diagnostische Bedeutung:Erhöhte Kreatininwerte bei

akutem Nierenversagen (Anstieg mit mehreren Stunden Verspätung; Harnstoffspiegel steigt etwas schneller)

sich langsam entwickelnder chronischer Niereninsuffizienz (meist aufgrund von entzündlichen Veränderungen)

prärenaler Niereninsuffizienz (Minderdurchblutung bei Herz-Kreislauf-Insuffizienz, bei Hypovolämie)

postrenalen Harnwegsobstruktionen (Steinleiden, Fehlbildungen, Hydronephrose)

extrarenaler Ursache (exzessiver Fleischgenuss, massive Muskeltraumen und Akromegalie).

Eine Erniedrigung des Kreatinins ist ohne klinische Bedeutung.

Harnstoff:

Indikation:Diagnostik und Verlaufskontrolle einer Niereninsuffizienz.

Referenzintervalle: Der Referenzwert von Harnstoff (Plasma/Serum) beträgt 2–8 mmol/l bzw. 12–48 mg/dl.

Diagnostische Bedeutung: Die Höhe des Harnstoffspiegels hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: der Proteinzufuhr, dem Proteinkatabolismus und der glomerulären Nierenfunktion. Daher ist der Harnstoffspiegel als Kontrollgröße der Nierenfunktion nur bedingt geeignet. Besser eignet sich Kreatinin.

Harnstoff übersteigt die Normwerte im Serum bei einer Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) < 50%.

Erniedrigte Harnstoffkonzentrationen sind in der Regel ohne klinische Bedeutung.

Cystatin C:

Indikation:Marker der glomerulären Filtrationsrate (insbesondere bei leichter und mäßiger Einschränkung der GFR).

Referenzintervalle: testabhängig.

Diagnostische Bedeutung: Von klinischer Bedeutung sind nur Erhöhungen. Insbesondere im Bereich einer leichten Einschränkung der GFR weist Cystatin C eine höhere diagnostische Sensitivität und Spezifität auf als Kreatinin. Bereits bei leichten Einschränkungen der GFR im kreatininblinden Bereich, d.h. knapp unterhalb 80 ml/min, steigt Cystatin C im Blutplasma an.

Bei starker Einschränkung der GFR sollte vorerst die Verlaufskontrolle weiter auf das Kreatinin gestützt werden, da damit viel klinische Erfahrung besteht. Bei Zweifeln an der klinischen Bewertung von Kreatinin sollte Cystatin C bestimmt werden.

2.2.2 Clearance-Untersuchungen

Die Clearance (ml/min) bezeichnet die Menge an Plasmavolumen, das von einem bestimmten Stoff pro Zeiteinheit theoretisch befreit wird. Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR), entspricht der Clearance von Substanzen, die frei glomerulär filtriert werden und tubulär weder rückresorbiert noch sezerniert werden.

Mithilfe der GFR können eine Niereninsuffizienz besser erkannt und ihr Verlauf besser beurteilt werden als durch die reine Messung von Kreatinin oder Cystatin C im Plasma. Die Clearance-Untersuchung ist zur Ermittlung der Nierenfunktion indiziert, vor allem bei noch unauffälligem Kreatinin.

Kreatinin-Clearance (= endogene Clearance):dient der Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate. Sie ist etwas höher als die GFR, da Kreatinin nicht nur glomerulär filtriert, sondern zusätzlich tubulär sezerniert wird.

Zur Schätzung der GFR (eGFR) existieren verschiedene Formeln, die die Serumkreatinin-Konzentration (normal: < 1,1 mg/dl) als Basis verwenden. Da diese außer von der GFR auch von der Muskelmasse abhängt, wurden in bisherigen Formeln Faktoren mit Einfluss auf die Muskelmasse einbezogen, nämlich Alter, aber auch Geschlecht und Hautfarbe. Die beste Annäherung an die tatsächliche GFR bietet momentan die CKD-EPI-Formel.

Zuvor war lange Zeit die Cockcroft-(Gault-)Formel gebräuchlich.

Merke:

Alle eGFR-Formeln liefern bei sehr adipösen oder sehr großen, muskulösen Patienten einen zu niedrigen, bei sehr dünnen Patienten einen zu hohen Schätzwert.

Merke:

Wichtig ist, dass die Kreatininkonzentration in Serum und Urin in der gleichen Einheit eingesetzt werden. Es muss beachtet werden, dass häufig die Angabe der Kreatininkonzentration in mg/dl und der Urinkreatininkonzentration in mg/l erfolgt.

Bei jungen und nierengesunden Patienten beträgt die GFR ca. 85–160 ml/min. Sie nimmt physiologischerweise etwa ab dem 30. Lebensjahr pro Jahr um ca. 1 ml/min ab.

Der Kreatininwert steigt erst in den pathologischen Bereich an, wenn die GFR um ≥ 50% reduziert ist.

Exogene Clearanceverfahren für die Bestimmung von GFR: Die GFR kann durch i.v. Gabe von Inulin, 51Chrom-EDTA oder 99mTc-MAG3 bestimmt werden. Die Testsubstanzen werden i.v. verabreicht und im Anschluss erfolgen Konzentrationsmessungen in Serum und Urin.

Mit Nomogrammen kann anhand von Größe und Gewicht des Patienten dessen Körperoberfläche (KO) ermittelt werden. Erst nach Normierung der gefundenen Clearance-Werte auf eine Standard-KO von 1,73 m2 kann der Wert sicher mit den Referenzintervallen verglichen werden.

Merke:

Die Bestimmung der Kreatinin-Clearance wird häufig in der Routinediagnostik eingesetzt, um die GFR abzuschätzen, wenn das Kreatinin noch unauffällig ist. Bei Clearance-Werten ≤ 50 ml/min täuschen die Ergebnisse ≥ 30% zu hohe GFR-Werte vor.

Exogene PAH-Clearance zur Bestimmung des renalen Plasmaflusses (RPF):Zur Messung des RPF wird die Clearance mit p-Aminohippursäure (PAH) ermittelt. Die p-Aminohippursäure wird gleichzeitig filtriert und tubulär sezerniert, Letzteres in viel höherem Ausmaß als Kreatinin. PAH wird deshalb bei einer einzigen Nierenpassage eliminiert.

Ursachen der eingeschränkten GFR:

Abfall des glomerulären Kapillardrucks: z.B. bei Hypovolämie oder Hypotonie infolge von Herzinsuffizienz, Sepsis, Schock. Die Autoregulationsmechanismen der Niere sind in der Lage, die kapilläre Perfusion bis zu einem systemischen mittleren arteriellen Druck von ca. 70 mmHg aufrechtzuerhalten. Wird dieser Wert unterschritten, kommt es zur Verminderung der glomerulären Filtration.

Erhöhung des hydrostatischen Drucks in der Bowman-Kapsel, z.B. im Rahmen eines Harnstaus

eingeschränkte Permeabilität der Filtrationsfläche: z.B. Glomerulonephritiden, Diabetes oder Amyloidose.

Ursachen der erhöhten GFR: Eine Erhöhung der glomerulären Filtration tritt ein, wenn der glomeruläre Kapillardruck steigt. Dies geschieht als Folge von Hypertonie, Hypervolämie, Fieber oder als Nebenwirkung bei ACTH- und Glucocorticoid-Therapie.

IMPP-Fakten

! Mittels eGFR-Formeln kann die GFR abgeschätzt und so der Grad einer Niereninsuffizienz beurteilt werden.

!!! Normwert der GFR (bei jungen, nierengesunden Patienten): 85–160 ml/min. Sie nimmt physiologischerweise etwa ab dem 30. Lebensjahr pro Jahr um ca. 1 ml/min ab.

!!!! Die Serumkreatinin-Konzentration (normal: < 1,1 mg/dl) ist außer von der GFR auch von der Muskelmasse abhängig. Die Kreatininkonzentration übersteigt die Normgrenze erst dann, wenn die GFR um ≥ 50% eingeschränkt ist (davor: kreatininblinder Bereich).

2.3 Harn-Osmolalität und Elektrolyte

J. Hallbach

2.3.1 Harn- und Serumosmolalität und spezifisches Gewicht (Dichte) des Harns

Indikation:Die Osmolalität des Urins bzw. Serums und das spezifische Gewicht des Urins werden bestimmt, um die Harnkonzentrierungsfähigkeit zu beurteilen.

Referenzbereich:Spontanurin zeigt je nach Trinkverhalten des Patienten zwischen 50 und 1 400 mosmol/kg, nach 12 Stunden Durst liegt die Osmolalität i.d.R. > 850 mosmol/kg. Referenzbereich für das spezifische Gewicht 1,020–1,040 g/ml.

Diagnostische Bedeutung:

Erhöhung der Osmolalität: