Ewige Treue - Sandra Brown - E-Book
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Sandra Brown

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Beschreibung

Wer sein Herz verkauft …

Kein Geld, kein Job, keine Fans. Als der ehemalige Topstar der Football-Liga, Griff Burkett, seine Gefängnisstrafe abgesessen hat, ist ihm nichts geblieben außer einem Polizisten, der ihm einen Mord anhängen will. Da kommt das Angebot des exzentrischen Millionärs Forster Speakman wie gerufen: Griff soll Forsters Frau schwängern. Was könnte einfacher und profitabler sein? Doch er ahnt nicht, wie heiß dieses Spiel wird. Denn Forster stirbt, und bald steht Griff unter Mordverdacht. Er muss erkennen, dass Gewinnen ihn diesmal die Frau kosten kann, die er liebt, und Verlieren – sein Leben …

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Buch

Griff Burkett steckt tief in der Klemme: Er hat kein Geld, keinen Job, keine Fans mehr. Der ehemals umjubelte Footballspieler steht nach seiner Haftentlassung vor dem Nichts. Zu allem Überfluss weicht ein rachsüchtiger Polizist nicht von seiner Seite und sähe ihn am liebsten sofort wieder hinter Schloss und Riegel.

Da schlägt der Millionär Foster Speakman Griff einen lukrativen – und skandalösen – Deal vor: Er soll ein Kind mit Fosters Frau zeugen, da der Millionär seit einem Autounfall vor zwei Jahren querschnittsgelähmt ist. Seine Frau Laura fuhr damals den Wagen und fühlt sich bis heute schuldig. Griff lässt sich in seiner Not auf das unmoralische Angebot ein. Nach einigen Treffen passiert, was nie hätte passieren sollen: Laura und Griff verlieben sich ineinander. Und nach einigen Monaten wird Laura schwanger.

Da stirbt Foster auf unerklärliche Weise. War es Mord? Mit einem Mal ist Griff der Hauptverdächtige und muss feststellen, dass er sich auf ein Spiel eingelassen hat, in dem es um alles geht: Seine Zukunft, sein Herz – und das Leben der Frau, die er liebt …

Autorin

Sandra Brown arbeitete mit großem Erfolg als Schauspielerin und TVJournalistin, bevor sie mit ihrem Roman »Trügerischer Spiegel« auf Anhieb einen großen Erfolg landete. Inzwischen ist sie eine der erfolgreichsten internationalen Autorinnen, die mit jedem ihrer Bücher die Spitzenplätze der »New-York-Times«-Bestsellerliste erreicht. Sandra Brown lebt mit ihrer Familie abwechselnd in Texas und South Carolina.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.sandra-brown.de

Inhaltsverzeichnis

BuchAutorinKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Copyright

Das ist alles?«

»Das ist alles.« Griff Burkett warf eine kleine Reisetasche auf den Rücksitz und setzte sich dann auf den Beifahrersitz. »Ich hatte nicht viel dabei. Und ich nehme hundertprozentig keine Souvenirs mit.« Er wollte garantiert keine Erinnerungsstücke an seinen Aufenthalt im BIG – dem offiziellen Kürzel für die Bundesjustizvollzugsanstalt in Big Spring, Texas.

Er sank in die weichen Lederpolster, richtete die Düse der Aircondition auf seinen Bauch, merkte, dass sie nicht losfuhren, und sah daraufhin den Fahrer an.

»Der Gurt.«

»Ach so. Stimmt.« Griff zog den Gurt über seinen Bauch und ließ ihn einrasten. Dann meinte er viel sagend: »Wir wollen doch keine Gesetze brechen.«

Für einen Anwalt war Wyatt Turner ganz in Ordnung. Aber falls er auch nur einen Funken Humor besaß, ließ er sich das nicht anmerken. Griffs trockene Bemerkung entlockte ihm nicht einmal ein Lächeln.

»Mann, Turner, was soll die Leichenmiene?«, fragte Griff. »Heute ist ein Feiertag.«

»Leider sind wir nicht die Einzigen, die ihn begehen.«

Turner lenkte Griffs Blick auf einen hässlichen, olivgrünen Wagen, der auf einem Behindertenparkplatz stand. Unberechtigt, wie es aussah, denn am Rückspiegel hing kein Behindertenzeichen. Griff erkannte weder Marke noch Modell, weil der Wagen noch keine fünf Jahre alt war. Die langweilige Limousine hob sich allein dadurch hervor, dass ein Mann am Lenkrad saß.

Griff fluchte leise. »Was will der denn hier?«

»Dass Sie heute entlassen werden, war in allen Zeitungen zu lesen, ich glaube nicht, dass er Champagner mitgebracht hat.«

»Warum ist er dann so weit gefahren, um mich zu sehen?«

»Ich nehme an, er will dort anknüpfen, wo Sie beide aufgehört haben.«

»Aha.«

Der Gegenstand ihrer Unterhaltung, Stanley Rodarte, hatte so geparkt, dass er nicht zu übersehen war. Griff sollte ihn bemerken. Und Griff hätte ihn überall erkannt, weil Stanley Rodarte ein echt hässlicher Hurensohn war. Sein Gesicht sah aus wie mit einer Kettensäge aus einer alten Eiche geschnitzt, ohne dass sich der Schnitzer die Zeit genommen hätte, die Kanten abzuschmirgeln. Die Wangenknochen waren scharf wie Messerschneiden und legten strenge Schatten auf seine gerötete, aknenarbige Haut. Seine Haare hatten Farbe und Fasson von staubigem Stroh. Hinter den Gläsern seiner verspiegelten Sonnenbrille waren die – gelblichen, wie Griff sich erinnerte – Augen mit einer Feindseligkeit auf Griff gerichtet, die selbst nach fünf Jahren kein bisschen verblasst war.

Griff zuckte scheinbar gleichgültig mit den Achseln. »Wenn er unbedingt seine Zeit vergeuden will.«

Woraufhin Turner mit Weltuntergangsstimme entgegnete: »Er sieht das offensichtlich anders.«

Als sie an dem anderen Wagen vorbeirollten, grinste Griff Rodarte feixend an und zeigte ihm den Mittelfinger.

»Mann, Griff.« Turner beschleunigte auf das Gefängnistor zu. »Was ist mit Ihnen nur los?«

»Mir macht er keine Angst.«

»Das sollte er aber. Falls Sie nur einen Funken Verstand hätten, würden Sie sich vor Angst in die Hose machen. Ganz offensichtlich hat er Bandy nicht vergessen. Halten Sie sich von ihm fern. Im Ernst. Haben Sie verstanden? Legen Sie sich nicht mit ihm an.«

»Schicken Sie mir für diesen unerbetenen Rat eine Rechnung?«

»Nein, dieser Rat geht aufs Haus. Damit versuche ich nicht nur Sie zu schützen, sondern auch mich.«

Trotz der blasenden Aircondition ließ Griff das Fenster herunter, als Turner durch das Tor der Bundesstrafanstalt fuhr, die während der letzten fünf Jahre sein Heim gewesen war. Der Bereich, in dem er eingesessen hatte, war als gelockerter Vollzug eingestuft, aber es war trotz alledem ein Gefängnis.

»Nichts gegen die Bewohner von Big Spring, aber mir kann dieses Kaff ein für alle Mal gestohlen bleiben«, bemerkte er, als sie den Ort im Westen von Texas hinter sich ließen und auf der Interstate 20 nach Osten fuhren.

Die Luft war heiß, trocken und staubig, und sie roch nach den Diesel- und Benzinabgasen auf der viel befahrenen Autobahn, aber es war freie Luft, die erste, die Griff seit eintausendachthundertundfünfundzwanzig Tagen schmeckte. Er saugte sie tief in die Lunge.

»Ein gutes Gefühl, wieder draußen zu sein?«, fragte der Anwalt.

»Sie haben gar keine Ahnung.«

Nach kurzem Schweigen bemerkte Turner: »Das mit Rodarte war mein Ernst.«

Der sandige Wind peitschte über Griffs Gesicht und drückte die Haare an seinen Kopf. »Entspannen Sie sich, Turner«, rief er gegen das Dröhnen eines stinkenden Viehtransporters an, der eben vorbeizog. »Ich werde Rodarte schon nicht auf die Zehen treten. Und keinem anderen. Die Sache ist gegessen. Geschichte. Ich habe meine Strafe abgesessen und meine Schuld gegenüber der Gesellschaft zurückgezahlt. Sie haben einen rehabilitierten, geläuterten Mann vor sich.«

»Freut mich zu hören«, antwortete der Anwalt mit unüberhörbarer Skepsis.

Griff hatte Rodarte im Außenrückspiegel beobachtet. Er war ihnen durch Big Spring gefolgt und fuhr ihnen immer noch hinterher, wobei er mindestens drei Wagen zurückblieb. Falls Wyatt Turner gemerkt hatte, dass Rodarte sich an sie gehängt hatte, sagte er nichts dazu. Griff wollte schon eine Bemerkung machen, aber dann dachte er, dass sein Anwalt manche Dinge nicht zu wissen brauchte. Dinge, die ihm nur Sorgen machen würden.

Dreihundert Meilen später stand Griff im Wohnbereich seines neuen Apartments, wobei Wohnbereich eine lachhafte Übertreibung war. Man konnte hier vielleicht überleben, aber als wohnen konnte man das nicht bezeichnen. Der Raum war so schummrig, dass es schon fast gespenstisch war, doch die erbärmliche Beleuchtung schmeichelte der Umgebung sogar. An einer Wand zog sich wie ein gezackter Blitz ein fingerbreiter Riss von der Decke bis zum Boden. Der Teppich war klebrig. Die Aircondition keuchte asthmatisch, und die modrige Luft, die sie ins Zimmer pumpte, roch wie aus dem Dunstabzug einer chinesischen Schnellküche.

»Es ist nichts Besonderes«, sagte Turner.

»Ach was.«

»Aber sie verlangen keine Kaution. Die Miete ist monatlich fällig. Betrachten Sie es als Zwischenlösung, bis Sie was Besseres gefunden haben.«

»In Big Spring war’s wenigstens sauber.«

»Wollen Sie zurück?«

Vielleicht hatte Turner doch Humor.

Griff ließ die Reisetasche auf das Sofa fallen. Es sah nicht nur unbequem aus, er wollte auch lieber nicht wissen, was das für Flecken auf dem Bezug waren. Bedauernd dachte er an das Penthouse in der angesagten Turtle Creek Area in Dallas zurück, in dem er früher gewohnt hatte. Tagsüber lichtdurchflutet und abends mit einem spektakulären Blick auf die Skyline gesegnet. Mit zahllosen Annehmlichkeiten ausstaffiert. Bei der Hälfte der Apparate und Gerätschaften hatte er nicht mal gewusst, wozu sie gut waren, oder wie er sie bedienen musste. Wichtig war nur gewesen, dass er sie besaß.

»Haben Sie gar nichts von meinen Sachen behalten können, als Sie meine Wohnung verkauft haben?«

»Kleider. Ein paar persönliche Dinge. Bilder. Solche Sachen. Die befinden sich in einem Lager. Aber der Rest …« Turner schüttelte den Kopf und klimperte nervös mit den Schlüsseln, als könnte er es kaum erwarten, wieder ins Auto zu steigen, obwohl sie fünf Stunden gefahren waren und nur eine kurze Pause gemacht hatten. »Die Sachen in der Spielkiste habe ich zuerst liquidiert.«

So hatte Griff die Zweitgarage bezeichnet, die er für seine Erwachsenenspielsachen angemietet hatte: Ski, Tauchausrüstung, Motorrad – eine Indian –, ein schnittiges Angelboot mit Außenbordmotor, das genau einmal im Wasser gewesen war. Zeug, das er vor allem gekauft hatte, weil er es sich leisten konnte.

»Danach waren der Escalade und der Porsche dran. Den Lexus habe ich erst verkauft, als ich musste. Danach habe ich das Apartment geleert. Ich musste alles verkaufen, Griff. Um die Geldstrafe zu bezahlen. Das Anwaltshonorar.«

»Ihr Honorar.«

Turner hörte mit dem Schlüsselklimpern auf. Unter anderen Umständen hätte die Kampfposition, die er einnahm, nur komisch gewirkt. Griff war fast zwanzig Zentimeter größer als er und hatte in der Haft nicht mit seinen Workouts nachgelassen. Wenn überhaupt, war er inzwischen noch fitter als bei seinem Haftantritt.

Wyatt Turner hatte hingegen den bleichen Teint eines Mannes, der jeden Tag zwölf Stunden am Schreibtisch verbringt. Für ihn bestand ein Workout bestenfalls aus einer Runde Golf, die er mit dem Golfmobil abfuhr, gefolgt von zwei Cocktails im Clubhaus. Mit seinen gut vierzig Jahren hatte er vorn bereits ein weiches Bäuchlein und hinten einen Hängehintern entwickelt.

»Ja, Griff, mein Honorar«, verkündete er trotzig. »Ich werde dafür bezahlt, dass ich meinen Job tue. Das werden Sie auch.«

Griff sah ihn nachdenklich an und sagte dann leise: »Das wurde ich. Das wurde ich auch.«

Turner legte das Gefieder wieder an, wandte sich leicht beschämt über seinen gehässigen Ausbruch ab und ließ einen zweiten Schlüsselsatz auf den Resopal-Couchtisch fallen. »Unser Zweitwagen. Er steht draußen. Nicht zu übersehen. Ein Honda, zwei Türen, blassrot. Hätte sich nicht gelohnt, ihn in Zahlung zu geben, darum haben wir ihn für Notfälle behalten, als Susan den Range Rover bekam. Er läuft. Ich habe das Öl wechseln und die Reifen prüfen lassen. Sie können ihn haben, solange Sie ihn brauchen.«

»Kommt die Mietgebühr auch auf meine Rechnung?«

Turner wurde wieder böse. »Warum führen Sie sich wie ein Arschloch auf? Ich will Ihnen nur helfen.«

»Sie hätten mir vor fünf Jahren helfen sollen, dass ich nicht in diesen Scheißknast muss.«

»Ich habe alles für Sie getan, was ich konnte«, feuerte Turner zurück. »Sie waren einfach fällig. Wer ein Verbrechen begeht, muss irgendwann seine Zeit absitzen.«

»Mann, das muss ich mir aufschreiben.« Griff tätschelte seine Taschen, als würde er nach einem Stift tasten.

»Mir reicht’s.«

Turner war schon auf dem Weg zur Tür, doch Griff hielt ihn auf. »Okay, okay, Sie sind ein Prinz unter den Anwälten, und ich bin ein Arschloch, das Sie nicht verdient hat. Was noch?« Er ließ Turner ein paar Sekunden Zeit, Dampf abzulassen, dann wiederholte er deutlich versöhnlicher: »Was haben Sie noch für mich getan?«

»Ich habe einen Teil Ihrer Anziehsachen in den Schrank im Schlafzimmer gehängt.« Er deutete auf eine offene Tür am anderen Ende des Raumes. »Jeans und Pullover sind immer noch modern. Außerdem habe ich preiswertes Bettzeug und Handtücher besorgt. Waschsachen haben Sie doch?«

»In der Reisetasche.«

»Im Kühlschrank finden Sie Mineralwasser, Milch und Eier. Und Brot. Ich dachte mir, dass in der Speisekammer Kakerlaken sein könnten.«

»Anzunehmen.«

»Hören Sie, Griff, ich weiß, es ist kein Palast, aber…«

»Palast?«, wiederholte er lachend. »Ich glaube nicht, dass irgendwer diese Müllkippe für einen Palast halten könnte.« Dann fügte er an, um nicht undankbar zu wirken: »Aber wie gesagt, es ist nur eine Zwischenstation. Gibt es auch ein Telefon?«

»Im Schlafzimmer. Ich habe es für Sie angemeldet. Auf meinen Namen. Wir können den Anschluss wieder abmelden, sobald Sie ein eigenes Telefon haben.«

»Danke. Wie ist die Nummer?«

Turner sagte sie ihm. »Wollen Sie sich das nicht aufschreiben?«

»Ich hatte früher ein paar hundert Spielzüge im Kopf. Zehn Ziffern kann ich mir gerade noch merken.«

»Hmm. Stimmt. Vergessen Sie nicht, sich bei Ihrem Bewährungshelfer zu melden. Er muss wissen, wie er Sie erreichen kann.«

»Der erste Punkt auf meiner Liste. Jerry Arnold anrufen.« Griff machte mit dem Zeigefinger ein Häkchen in der Luft.

Turner reichte ihm einen Bankumschlag. »Hier haben Sie etwas Bargeld, bis Sie eine Kreditkarte bekommen können. Ihr Führerschein ist auch drin. Die Adresse stimmt natürlich nicht mehr, aber er läuft erst an Ihrem nächsten Geburtstag aus, und bis dahin sind Sie bestimmt wieder umgezogen.«

»Danke.« Griff ließ den Umschlag auf den Tisch neben die Schlüssel für das geliehene Auto fallen. Sich von seinem Anwalt aushalten zu lassen, war fast so demütigend wie der erste Tag im Gefängnis, als man ihm die Regeln und die Strafen für jeden Verstoß erläutert hatte.

»Also, ich schätze, das wäre vorerst alles.« Der Anwalt schlug ihm auf die Schulter, eine Geste, die bei ihm unnatürlich und ungewohnt wirkte. Er wandte sich schnell wieder ab, doch an der Tür blieb er stehen und drehte sich noch einmal um. »Griff … äh … die Leute sind immer noch sauer auf Sie. Für viele Menschen haben Sie eine Kardinalsünde begangen. Nehmen Sie es nicht persönlich, wenn Ihnen jemand dumm kommt. Halten Sie die andere Wange hin, okay?«

Griff antwortete nicht. Er würde nichts versprechen, was er nicht halten konnte.

Turner zögerte und sah ihn besorgt an. »Rauszukommen, das ist eine Mordsumstellung.«

»Immer noch besser, als drinzubleiben.«

»Diese Kurse für die Insassen, die demnächst entlassen werden …«

»Das Release Preparation Programm?«

»Genau. Hat das was gebracht?«

»Na klar. Jetzt weiß ich, wie ich ein Bewerbungsformular ausfüllen muss. Und dass ich mich beim Vorstellungsgespräch nicht am Hintern kratzen oder in der Nase bohren soll.«

Turner wirkte verärgert. »Haben Sie schon eine Vorstellung, was Sie jetzt machen werden?«

»Einen Job suchen.«

»Keine Frage. Ich meine, haben Sie schon irgendwas in Aussicht?«

»Kennen Sie vielleicht ein professionelles Footballteam, das einen Starting Quarterback sucht?« Turners Gesicht entgleiste dermaßen, dass Griff zu lachen begann. »Das war ein Witz.«

Das Anwesen war von einer efeuüberwachsenen, vier Meter hohen Mauer umgeben.

»Heilige Scheiße.« Griff brachte den roten Honda an der Sprechanlage vor dem Tor zum Stehen. Er hatte gewusst, dass die Adresse in einem wohlhabenden Viertel von Dallas lag, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es so wohlhabend wäre.

An der Sprechanlage war eine Anweisung aufgedruckt, wie man sich mit dem Haus in Verbindung setzen konnte. Er tippte eine Folge von Ziffern in das Tastenfeld ein, mit denen er wahrscheinlich drinnen ein Telefon zum Läuten brachte. Gleich darauf kam eine Stimme aus dem Lautsprecher.

»Ja?«

»Griff Burkett für Mr Speakman.«

Mehr wurde nicht gesprochen. Doch das schmiedeeiserne Tor schwang auf, und er fuhr durch. Die gepflasterte Auffahrt war von kultivierten Beeten mit Blumen und halbhohen Sträuchern eingefasst. Der von Bäumen überschattete Rasen dahinter sah aus wie ein Teppich aus grünem Samt.

Die Villa selbst war nicht weniger eindrucksvoll als das Parkgelände. Sie war einige Jahrzehnte älter als Griff und aus grauem Stein errichtet. Ein Teil der Außenwände war wie die Grundstücksmauer von Efeu überwachsen. Griff folgte der geschwungenen Auffahrt bis vor den Eingang, parkte dort den geliehenen Honda, stieg aus und ging auf die Haustür zu. Sie wurde von Töpfen mit immergrünen Bäumen flankiert. Griff fragte sich phlegmatisch, wie zum Teufel man einen Baum dazu brachte, in Korkenzieherform zu wachsen.

An den Simsen hing keine einzige Spinnwebe. Nirgendwo lag auch nur ein Blatt auf dem Boden. Kein einziges Fenster war trübe. Das Haus, das Grundstück, einfach alles wirkte fast gespenstisch perfekt.

Als er Wyatt Turner erklärt hatte, dass er nichts in Aussicht hatte, hatte er gelogen. Nicht dass er mit Jobangeboten zugeschüttet wurde. Im Moment war Griff Burkett unbestritten der meistgehasste Mann in Dallas, wenn nicht im gesamten Bundesstaat. Nein, das war noch zu eng gefasst. Er wurde vom gesamten footballverrückten Land verabscheut. Die Menschen stießen seinen Namen zwischen zusammengebissenen Zähnen aus oder spuckten danach aus, wie um einen bösen Geist zu vertreiben. Niemand, der halbwegs bei Trost war, würde ihm Arbeit geben.

Trotzdem hatte er ein, wenn auch obskures, Angebot.

Ein paar Tage vor seiner Entlassung hatte er eine Einladung erhalten, an diesem Tag zu dieser Stunde an diesen Ort zu kommen. Auf der Büttenpapierkarte war ein Name eingeprägt: Foster Speakman. Der Name klang irgendwie vertraut, Griff wusste nur nicht, woher.

Während er die Klingel drückte, versuchte er sich erfolglos auszumalen, was jemand, der in so einem Haus wohnte, von ihm wollte. Er hatte angenommen, dass es bei der Verabredung um ein Jobangebot gehen würde. Vielleicht doch nicht, dachte er, als er jetzt diesen Reichtum sah. Vielleicht war dieser Speakman ein enttäuschter Cowboys-Fan, der Griff Burkett einmal in die Finger bekommen wollte.

Die Tür ging sofort auf. Er wurde von einer Schwade eisgekühlter Luft mit dezentem Orangenduft empfangen und von einem Typen, der aussah, als sollte er einen Lendenschurz und einen Speer tragen.

Griff hatte ein Dienstmädchen oder einen Butler erwartet, jemanden mit weißer Schürze, sanfter Stimme und gespreizter, leicht herablassender Höflichkeit. Dieser Kerl war nichts in der Richtung. Er trug ein enges schwarzes T-Shirt und schwarze Hosen. Er hatte das breite, flächige Gesicht eines Maya-Adligen. Seine Haut war glatt und bartlos. Glattes, tintenschwarzes Haar.

»Äh, Mr Speakman?«

Er schüttelte den Kopf und lächelte. Genauer gesagt bleckte er die Zähne. Als Lächeln konnte man das eigentlich nicht bezeichnen, weil er ansonsten keine Miene verzog, nicht einmal ansatzweise. Er trat beiseite und winkte Griff ins Haus.

Drei Stockwerke über ihnen wölbte sich eine Kuppeldecke. Orientteppiche bildeten dezent gefärbte Inseln auf dem Marmorboden. Die geschwungene Treppe war ein architektonisches Meisterwerk, vor allem, wenn man in Betracht zog, wann das Haus erbaut worden war. Die Eingangshalle wirkte riesig und war still wie eine Kathedrale.

Der sprachlose Mann bedeutete Griff mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen. Wieder kam Griff der Gedanke, dass Foster Speakman ihm möglicherweise auflauerte. Ob er wohl Daumenschrauben und Peitschen im Keller hatte?

Dann kamen sie an eine Flügeltür, wo der Butler – eine bessere Bezeichnung fiel ihm nicht ein – beide Flügel aufstieß und dann beiseitetrat. Griff trat in den Raum, offenbar die Bibliothek, weil auf drei Seiten deckenhohe Regale an den Wänden standen. Die vierte Wand bestand praktisch ausschließlich aus Fenstern, durch die man auf die weiten Rasenflächen und Blumenbeete sah.

»Das hat mich wirklich interessiert.«

Griff drehte sich zu der Stimme um, die aus dem Nichts zu kommen schien, und wurde ein zweites Mal überrascht. Der Mann, der zu ihm auflächelte, saß im Rollstuhl.

»Was denn?«

»Wie imposant Sie leibhaftig wirken würden.« Er musterte Griff von Kopf bis Fuß. »Sie sind tatsächlich so groß, wie ich gedacht habe, aber nicht so … massig. Natürlich habe ich sie immer nur von der Stadiontribüne aus oder im Fernsehen gesehen.«

»Das Fernsehen trägt grundsätzlich fünf Kilo auf.«

Der Mann lachte. »Ganz zu schweigen von den Schulterpolstern. Er streckte ihm die Rechte hin. »Foster Speakman. Danke, dass Sie gekommen sind.« Sie gaben sich die Hand. Wie zu erwarten, war seine Hand deutlich kleiner als Griffs, aber sie war trocken und ihr Druck kräftig. Er drückte einen Knopf auf seinem Hightech-Rollstuhl und rollte rückwärts. »Setzen Sie sich.«

Er winkte Griff zu einer gemütlich arrangierten Sitzgruppe mit dazu passenden Tischen und Lampen. Griff entschied sich für einen Sessel. Als er sich hineinsinken ließ, versetzte ihm das Heimweh einen leisen Stich, weil er früher Möbel in ähnlicher Qualität besessen hatte. Jetzt musste er sein Brot in einem nervenzermürbend brummenden Kühlschrank aufbewahren.

Während sein Blick ein weiteres Mal durch das Zimmer und über die Ländereien hinter dem Fenster wanderte, fragte er sich wieder, was zum Teufel er hier¸ in diesem efeubewachsenen Schloss mit diesem verkrüppelten Mann zu suchen hatte.

Wahrscheinlich war ihm Foster Speakman fünf Jahre voraus und damit um die vierzig. Er sah nett aus. Schwer zu sagen, wie groß er war, aber Griff schätzte ihn auf einen Meter achtzig. Er war teuer gekleidet – dunkelblaues Golferhemd mit Khakihose, brauner Ledergürtel, dazu passende Slipper, hellbraune Socken.

Die Hosenbeine sahen ein bisschen aus wie schlaffe Luftballons, es fehlte das Fleisch, um sie auszufüllen.

»Möchten Sie etwas trinken?«, fragte Speakman zuvorkommend.

Griff fühlte sich beim Glotzen und Spekulieren ertappt und konzentrierte sich wieder auf das Gesicht seines Gastgebers. »Eine Cola?«

Speakman sah den Mann an, der ihm die Tür geöffnet hatte. »Manuelo, zwei Cola, por favor.«

Obwohl Manuelo fest und massiv war wie ein Sack Zement, bewegte er sich völlig geräuschlos. Speakman merkte, dass Griff zuschaute, wie der Diener an die Bar trat und ihre Gläser vollschenkte. »Er stammt aus El Salvador.«

»Hm.«

»Er ist zu Fuß in die Vereinigten Staaten gekommen.«

»Hm.«

»Er sorgt für mich.«

Griff fiel nichts darauf zu sagen ein, obwohl er um ein Haar gefragt hätte, ob Manuelo trotz seines Lächelns eine Kollektion von Schrumpfköpfen unter seinem Bett aufbewahrte.

»Sie sind heute aus Big Spring hergefahren?«, fragte Speakman.

»Mein Anwalt hat mich heute Vormittag abgeholt.«

»Eine lange Fahrt.«

»Das hat mich nicht gestört.«

Speakman grinste. »Kann ich mir denken. Nachdem Sie so lang nicht rausgekommen sind.« Er wartete, bis Griff sein Glas von dem kleinen Tablett gehoben hatte, das Manuelo ihm entgegenstreckte, dann nahm er sein eigenes Kristallglas und hob es hoch. »Auf Ihre Entlassung.«

»Ein guter Grund zum Trinken.«

Manuelo verschwand durch die Flügeltür und zog sie von außen zu. Griff nahm noch einen Schluck Cola und begann sich unter Speakmans offen neugierigem Blick unwohl zu fühlen.

Was sollte das werden? Eine Art persönlicher Versöhnungsfeier mit einem Exknacki?

Die ganze Geschichte kam ihm allmählich spanisch vor. Er beschloss, seinem Gastgeber auf den Zahn zu fühlen, und stellte das Glas auf dem Beistelltisch an seinem Ellbogen ab. »Haben Sie mich eingeladen, weil Sie sich mal aus nächster Nähe einen ehemaligen Footballprofi ansehen wollten? Oder einen verurteilten Straftäter?«

Speakman ließ sich durch seine barsche Bemerkung nicht beirren. »Ich dachte, Sie wären vielleicht auf der Suche nach einem Job.«

Um nicht allzu verzweifelt oder bedürftig zu wirken, zuckte Griff nur mit den Achseln.

»Haben Sie schon Angebote bekommen?«

»Keine, die mich interessiert hätten.«

»Die Cowboys wollen Sie nicht …«

»Nein. Genauso wenig wie ein anderes Team. Ich wurde aus der Liga geschmissen. Wahrscheinlich darf ich nicht mal ein Ticket zu einem Footballspiel kaufen.«

Speakman nickte, als hätte er sich schon ausgerechnet, dass es so um Griff Burkett stand. »Was hatten Sie denn geplant, wenn Sie nicht mehr im Footballbereich arbeiten können?«

»Ich hatte geplant, meine Zeit abzusitzen und wieder rauszukommen.«

»Und weiter nichts?«

Griff lehnte sich zurück, zuckte wieder mit den Achseln, als wäre ihm das scheißegal, griff nach seiner Cola und nahm noch einen Schluck. »Ich habe ein paar Ideen, aber noch nichts Festes in Aussicht.«

»Ich besitze eine Fluglinie. SunSouth.«

Griff gab sich Mühe, keine Miene zu verziehen und nicht zu zeigen, ob er überrascht oder beeindruckt war, was beides zutraf. »Ich fliege manchmal damit. Genauer gesagt bin ich früher oft mit SunSouth geflogen.«

Speakman ließ ein selbstbewusstes Lächeln erstrahlen. »Das tun viele Leute – Gott sei Dank.«

Griff sah sich in dem eleganten Raum um, ließ den Blick kurz auf einigen der Schätze ruhen und sah zuletzt wieder Speakman an. »Da können Sie wirklich dankbar sein.«

Trotz seiner lakonischen Bemerkung blieb Speakmans Lächeln unverrückt. »Ich habe Sie eingeladen, weil ich Ihnen einen Job anbieten möchte.«

Griffs Herz führte einen kurzen Freudentanz auf. Ein Mann wie Foster Speakman konnte ihm viel Gutes tun. Jetzt fiel ihm wieder ein, woher er den Namen kannte. Speakman war in Dallas eine feste Größe, denn er besaß und betrieb eines der erfolgreichsten Unternehmen in der Gegend. Seine Unterstützung, schon ein knappes, verzeihendes Nicken würde erheblich dazu beitragen, dass Griff etwas von der Gunst wiedergewann, die er vor fünf Jahren verloren hatte

Trotzdem dämpfte er seinen hochfliegenden Optimismus. Vielleicht wollte der Mann am Ende nur, dass Griff die Scheiße aus den Toilettentanks seiner Flieger abließ. »Ich höre.«

»Der Job, den ich anzubieten habe, würde Ihre finanzielle Situation umgehend verbessern. Wie ich gehört habe, wurde Ihr Besitz liquidiert, um das Bußgeld zu bezahlen, das Ihnen vom Gericht auferlegt wurde.«

Griff wollte die Hose nicht ganz herunterlassen. »Größtenteils, stimmt.«

»Die Erlöse wurden auch dazu verwandt, ausstehende Schulden zu begleichen. Stimmt das?«

»Hören Sie, Speakman, wieso fragen Sie überhaupt, wenn Sie sowieso alles wissen? Ich habe alles und noch mehr verloren. Wollten Sie das von mir hören? Ich besitze nicht mal einen Nachttopf zum Reinpinkeln.«

»Dann kämen Ihnen hunderttausend gelegen, nehme ich an.«

Die Summe kam so überraschend, dass Griff merkte, wie sein Ärger in Misstrauen umschlug. Er hatte schmerzhaft lernen müssen, allem zu misstrauen, was zu leicht zu haben war. Wenn etwas zu schön war, um wahr zu sein, dann war es ziemlich sicher gelogen. »Hunderttausend pro Jahr?«

»Nein, Mr Burkett.« Speakman lächelte und schien sich zu amüsieren. »Hunderttausend als Abschlagszahlung auf unsere Vereinbarung. Als Antrittsgeld, um einen Begriff zu verwenden, der Ihnen vertraut sein dürfte.«

Griff starrte ihn an und zählte still bis zehn. »Hundert Riesen. US-Dollar.«

»Auf die Hand. Sie gehören Ihnen, wenn Sie mit meinem Vorschlag einverstanden sind.«

Griff hob behutsam den Knöchel von seinem anderen Knie und stellte beide Füße auf den Boden, um Zeit zu gewinnen, während in seinem Kopf die Summe herumwirbelte, die er so dringend brauchen konnte. »Wollen Sie, dass ich für Ihre Fluglinie werbe? Auf Plakaten, im Fernsehen, in Anzeigen? So was in der Art? Auf Nacktfotos stehe ich nicht so, aber darüber könnten wir verhandeln.«

Speakman lächelte und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass die Werbeverträge erheblich zu Ihrem Einkommen beigetragen haben, als Sie Starting Quarterback bei den Dallas Cowboys waren. Die Zehn auf Ihrem Rücken hat praktisch alles verkauft, wofür sie geworben hat. Aber inzwischen würden Sie als Werbefigur eher Kunden verprellen, als sie anzuziehen, fürchte ich.«

Auch wenn Griff wusste, dass Speakman recht hatte, passte es ihm nicht, das zu hören. »Was haben Sie dann vor? Wen muss ich umbringen?«

Speakman lachte tatsächlich laut auf. »So schlimm ist es nicht.«

»Ich verstehe nichts von Flugzeugen.«

»Es hat auch nichts mit meiner Fluglinie zu tun.«

»Brauchen Sie einen neuen Gärtner?«

»Nein.«

»Dann fällt mir nichts mehr ein. Was muss ich tun, um mir die hunderttausend Dollar zu verdienen?«

»Meine Frau schwängern.«

Wie bitte?«

»Sie haben ganz richtig verstanden, Mr Burkett. Noch eine Cola?«

Griff starrte seinen Gastgeber an, bis dessen Frage zu ihm durchgedrungen war. Wenigstens war dieser Hirni ein höflicher Gastgeber. »Nein danke.«

Speakman rollte mit seinem Stuhl an den Beistelltisch, nahm Griffs leeres Glas, brachte es zusammen mit seinem eigenen zur Bar und stellte beide Gläser in ein Gestell unter der Spüle. Dann wischte er mit einem Barhandtuch über den Granittresen, der, soweit Griff von seinem Sessel aus erkennen konnte, auf Hochglanz poliert war und dessen glasklare Oberfläche von keinem einzigen Tropfen oder Schmierer verunziert wurde. Zuletzt faltete Speakman das Handtuch Saum auf Saum zusammen und fädelte es durch einen an der Theke hängenden Ring.

Er rollte zurück an den Tisch neben Griffs Ellbogen, stellte den Untersetzer, den er verwendet hatte, in den dafür bestimmten Messinghalter zurück, klopfte dreimal darauf, legte den Rückwärtsgang ein und nahm seinen ursprünglichen Platz einen guten Meter von Griff entfernt wieder ein.

Griff verfolgte diese Manöver und dachte: höflich und korrekt .

»Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie doch noch etwas trinken möchten«, sagte Speakman.

Griff stand auf, trat hinter seinen Sessel, sah wieder auf Speakman, um festzustellen, ob ihm der Irrsinn aus dieser Entfernung anzusehen war, und ging dann ans Fenster, um hinauszuschauen. Er musste sich irgendwie erden, er musste sich überzeugen, dass er nicht in ein Kaninchenloch gefallen war oder so.

Er fühlte sich wie während der ersten Wochen in Big Spring, als er jedes Mal völlig orientierungslos erwachte und ein paar Sekunden brauchte, um sich zu erinnern, wo er war und warum er dort war. Das hier war genauso. Er fühlte sich abgehoben. Er brauchte Orientierung.

Hinter dem Fenster war kein verrückter Hutmacher zu sehen. Alles war an seinem Platz und sah völlig normal aus – das smaragdgrüne Gras, die Steinwege, die sich zwischen den Blumenbeeten hindurchschlängelten, die Schatten spendenden Bäume mit ihren ausladenden Kronen. Ein Weiher in der Ferne. Blauer Himmel. Über ihnen setzte ein Jet zur Landung in Dallas an.

»Einer von unseren.«

Griff hatte Speakmans Stuhl nicht kommen gehört und schreckte zusammen, als er ihn so dicht neben sich stehen sah. Auch das kam vom Gefängnis. Es macht die Menschen nervös. Früher hatten sich drei Zentner schwere Linemen mit hinter den Schutzgittern gebleckten Zähnen und bösartig zusammengekniffenen Augen auf ihn gehechtet, um ihm Schmerzen und Verletzungen zuzufügen. Aber damals war er vorbereitet und darauf geeicht gewesen, ihre Angriffe abzuwehren.

Aber selbst im gelockerten Vollzug, wo vor allem Wirtschaftsverbrecher einsaßen, blieb jeder rund um die Uhr nervös. Jeder hielt so gut wie möglich die Augen offen und alle anderen auf Abstand.

Natürlich war er schon vor dem Gefängnis zappelig gewesen.

Speakman beobachtete den Jet. »Aus Nashville. Landung laut Flugplan um neunzehn Uhr sieben.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Pünktlich auf die Minute.«

Griff musterte ihn ein paar Sekunden und sagte dann: »Das Irre daran ist, dass Sie ganz normal wirken.«

»Sie zweifeln an meinem Verstand?«

»Und wie.«

»Warum?«

»Also, zum einen, weil ich kein Schild umhängen habe, auf dem ›Samenbank‹ steht.«

Speakman lächelte. »Nicht der Job, den Sie von mir erwartet hätten, wie?«

»Ganz und gar nicht.« Griff sah auf seine eigene Armbanduhr. »Hören Sie, ich habe heute Abend noch was vor. Ein Treffen mit ein paar Freunden.« Es gab kein Treffen. Und auch keine Freunde. Trotzdem klang es glaubhaft. »Ich muss los, damit ich rechtzeitig hinkomme.«

Speakman schien die Lüge zu durchschauen. »Hören Sie mich wenigstens an«, sagte er, »bevor Sie das Angebot ablehnen.«

Er streckte die Hand aus, als wollte er sie auf Griffs Arm legen. Griff zuckte unwillkürlich zurück, Speakman musste das bemerkt haben. Er sah verwundert zu Griff auf, zog seine Hand aber zurück, ohne ihn berührt zu haben. »Entschuldigung«, murmelte Griff.

»Das ist der Rollstuhl«, erklärte Speakman ungerührt. »Der stößt manche Menschen ab. Wie eine Krankheit oder ein Unglück bringendes Amulett.«

»Das ist es nicht. Wirklich nicht. Sondern, äh … Hören Sie, ich glaube, wir sind hier fertig. Ich muss los.«

»Bitte gehen Sie noch nicht, Griff. Ich darf Sie doch Griff nennen, oder? Ich glaube, dies ist ein guter Zeitpunkt, zum Vornamen zu wechseln, meinen Sie nicht auch?«

In Speakmans Augen spiegelte sich das helle Licht, das durch die Fenster fiel. Es waren klare, intelligente Augen. Keine Spur von Wahnsinn, auch kein wildes Feuer, das auf eine Geisteskrankheit schließen lassen würde. Griff fragte sich, ob Mrs Speakman das bewusst war. Scheiße, er fragte sich, ob es überhaupt eine Mrs Speakman gab. Vielleicht war der Millionär nicht nur zwanghaft pingelig, sondern lebte noch dazu in einer Phantasiewelt.

Als Griff die Frage nach dem Vornamen nicht beantwortete, löste sich Speakmans Lächeln in Enttäuschung auf. »Bleiben Sie wenigstens noch, bis ich Ihnen mein Anliegen erklärt habe. Ich fände es schrecklich, wenn ich den ganzen Text umsonst einstudiert hätte.« Er lächelte kurz. »Bitte.«

Auch weil Griff nach der Abfuhr, die er dem Mann erteilt hatte, Gewissensbisse hatte, kämpfte er den starken Drang nieder, sofort zu verschwinden, und kehrte zu seinem Sessel zurück, wo er sich wieder setzte. Als er sich zurücklehnte, merkte er, dass er vor Nervosität den Hemdrücken durchgeschwitzt hatte. Sobald er sich mit Anstand verziehen konnte, war das Adios fällig.

Speakman eröffnete den Dialog erneut, indem er sagte: »Ich kann keine Kinder zeugen. Nicht auf natürlichem und auch nicht auf künstlichem Weg.« Er verstummte, wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Falls ich Spermien produzieren könnte«, ergänzte er leise, »würden Sie und ich dieses Gespräch nicht führen.«

Griff wäre das eindeutig lieber gewesen. Es war nicht leicht, einem Mann ins Gesicht zu sehen, der gerade erklärte, dass er seine Manneskraft verloren hatte. »Okay. Sie brauchen also einen Spender.«

»Sie haben von einer Samenbank gesprochen.«

Griff nickte knapp.

»Laura – so heißt meine Frau. Sie und ich wollten diesen Weg nicht gehen.«

»Warum nicht? Die meisten sind doch relativ seriös, oder? Zuverlässig? Sie testen die Spender doch. Und so.«

Griff wusste nur wenig über Samenbanken und interessierte sich eigentlich nicht dafür, wie sie funktionierten. Ihn beschäftigte eher, was Speakman zugestoßen und wie er in diesem Stuhl gelandet war. War er schon immer querschnittsgelähmt gewesen oder war er das erst seit Kurzem? Litt er an einer verkrüppelnden, degenerativen Krankheit? War er vom Pferd gefallen? Oder was?

»Viele Paare behelfen sich mit einem Samenspender, wenn der männliche Partner so wie ich unfähig ist, Kinder zu zeugen«, erläuterte Speakman. »Meist mit Erfolg.«

Jedenfalls schien ihm die Sache nicht peinlich zu sein oder ihn zu verunsichern, das musste Griff ihm zugutehalten. Er bezweifelte, dass er mit der Situation genauso freimütig umgegangen wäre, wie Speakman es anscheinend tat, wenn er in dessen Lage gewesen wäre und jemanden wie Manuelo gebraucht hätte, der »für ihn sorgte«. Eindeutig hätte er nicht so offen darüber sprechen können, schon gar nicht mit einem anderen Mann. Vielleicht hatte Speakman sich einfach in sein Schicksal gefügt.

Er sagte gerade: »Laura und ich möchten unbedingt ein Kind, Griff.«

»M-hm«, sagte Griff, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte.

»Und wir möchten, dass unser Kind mir ähnlich sieht.«

»Okay.«

Speakman schüttelte den Kopf, als hätte Griff immer noch nicht kapiert. Was er auch nicht hatte, wie er merkte, als Speakman sagte: »Wir möchten, dass alle glauben, es wäre mein Kind.«

»Interessant«, sagte Griff, aber das Wort hörte sich fast an wie eine Frage.

»Das ist uns extrem wichtig. Ungeheuer wichtig. Genauer gesagt unerlässlich.« Speakman reckte den Zeigefinger wie ein Politiker vor dem Kernsatz seines ganzen Wahlkampfes. »Niemand darf daran zweifeln, dass ich der Vater des Kindes bin.«

Griff zuckte mit den Achseln. »Ich werde bestimmt niemandem was verraten.«

Speakman entspannte sich und lächelte. »Exzellent. Wir bezahlen Sie nämlich auch für Ihre Diskretion, nicht nur für Ihre … Hilfestellung.«

Griff lachte kurz und wehrte mit erhobenen Händen ab. »Moment mal. Als ich gesagt habe, dass ich niemandem was verraten würde, habe ich damit gemeint, dass ich niemandem was von diesem Gespräch erzählen werde. Ehrlich gesagt möchte ich gar nicht mehr erfahren. Lassen Sie uns dieses … äh … Vorstellungsgespräch beenden, okay? Sie behalten ihre hundert Riesen, ich behalte mein Sperma, und dieses Treffen bleibt unser kleines Geheimnis.«

Er war schon fast aufgestanden, als Speakman sagte: »Eine halbe Million. Eine halbe Million Dollar, wenn Laura schwanger wird.«

Griff fühlte sich wie gelähmt und fand es einfacher, wieder in den Sessel zurückzufallen, als aufzustehen. Er kam ziemlich hart auf und starrte Speakman entgeistert an. »Sie verscheißern mich.«

»Das tue ich ganz gewiss nicht.«

»Eine halbe Million?«

»Sie haben blaue Augen und blondes Haar. Genau wie ich. Man kann das schlecht sehen, aber ich bin größer als der durchschnittliche Mann. Wir haben ähnliches Erbgut. Jedenfalls ist es so ähnlich, dass man ein von Ihnen gezeugtes Kind als meines ausgeben könnte.«

In Griffs Kopf drehte sich alles so schnell, dass er kaum einen Gedanken zu fassen bekam. Er dachte an Dollarzeichen, Speakman redete von Genen. »Diese Samenbanken haben Kataloge.« Er tat so, als würde er ein paar Seiten umblättern. »Wenn Sie die durchgehen, finden Sie bestimmt was Passendes für Ihr Kind. Sie suchen sich die Augenfarbe, die Haarfarbe und die Größe aus. Und so weiter.«

»Ich kaufe nie etwas unbesehen, Griff. Erst recht nicht aus dem Katalog. Und ganz bestimmt nicht meinen Sohn und Erben. Außerdem besteht immer das Risiko, dass die Sache bekannt wird.«

»Die Akten sind vertraulich«, wandte Griff ein.

»Angeblich.«

Griff dachte an das Tor mit der körperlosen Stimme, die hohe Mauer um das Grundstück. Offenbar legte dieser Typ gesteigerten Wert auf seine Privatsphäre. Genau wie auf Sauberkeit. Der Psychologe in Big Spring hätte die reinste Freude an der Zwanghaftigkeit, mit der Speakman die Trinkgläser aus dem Blickfeld geräumt, das Handtuch zusammengefaltet und die Untersetzer zurückgestellt hatte.

Griff merkte, wie allen guten Absichten zum Trotz sein Interesse erwachte, und studierte den Millionär ausgiebig: »Und wie sollte das funktionieren? Müsste ich in eine Arztpraxis fahren und in einen Becher wichsen und …«

»Keine Arztpraxis. Wenn Laura in einer Arztpraxis befruchtet würde, gäbe das bestimmt Gerede.«

»Wer sollte denn darüber reden?«

»Die Angestellten in der Praxis. Andere Patienten, die zufällig anwesend sein könnten. Die Menschen klatschen gern. Vor allem über Prominente.«

»Mein Stern ist eindeutig gesunken.«

Speakman lachte leise. »Damit habe ich Laura und mich gemeint. Trotzdem würde Ihre Beteiligung dem Klatsch mit Sicherheit zusätzlich Würze verleihen. Die Mischung wäre zu verführerisch, sogar für Menschen, die durch ihr Berufsethos gebunden sind.«

»Okay, wir spazieren also nicht gemeinsam in die Praxis. Sie könnten meinen Samen hinbringen und ihn als Ihren verkaufen. Niemand würde je etwas erfahren.«

»Sie scheinen nicht zu verstehen, Griff. Das lässt immer noch Raum für Spekulationen. Mein Gesundheitszustand lässt sich nicht verheimlichen. Ein Sprössling, den ich als meinen ausgebe, könnte auch vom Pooljungen gezeugt worden sein. Von einem Gepäckträger am Flughafen. Von weiß Gott wem.« Er schüttelte den Kopf. »Das möchten wir auf keinen Fall. Keine Krankenschwestern, keine schwatzhaften Empfangsdamen, keine öffentliche Praxis. Nichts von alldem.«

»Wo soll es also geschehen? Hier?« Griff stellte sich vor, wie er mit einem Plastikbecher und einem Nacktheftchen in einer der Toiletten hier im Haus hockte, während vor der Tür der stumme Diener Wache stand und abwartete, bis er fertig war und seine Samenprobe abliefern konnte.

O nee, José. Oder genauer: O no, Manuelo.

Aber für eine halbe Million?

Jeder hatte seinen Preis. Er selbst war das beste Beispiel dafür. Fünf Jahre hatten diesen Preis erheblich gedrückt, aber wenn Speakman ihm für das, was er während der letzten fünf Jahre gratis getan hatte, fünfhundert Riesen zukommen lassen wollte, wollte er sich nicht unnötig bescheiden zeigen.

Das »Antrittsgeld« mitgerechnet, würde er mit sechshunderttausend hier rausspazieren. Die Speakmans bekamen das Kind, das sie um jeden Preis wollten. Alle waren glücklich, und die Sache verstieß nicht einmal gegen das Gesetz.

»Ich nehme an, Sie wollen mich zuerst ärztlich untersuchen lassen«, sagte er. »Schließlich könnte ich mir im Knast einen Geliebten zugelegt und mich mit HIV infiziert haben.«

»Das bezweifle ich«, widersprach Speakman spröde, »aber ja, ich würde darauf bestehen, dass Sie sich gründlich untersuchen lassen und mir ein ärztliches Attest vorlegen. Sie können ja behaupten, Sie brauchten es für die Krankenversicherung.«

Irgendwie ging das alles zu einfach. Griff fragte sich, was er wohl übersah. Wo lag der Haken dabei? »Und wenn sie nicht schwanger wird? Muss ich dann die ersten hunderttausend zurückgeben?«

Speakman zögerte. Griff neigte den Kopf, als wollte er klarstellen, dass der Deal daran scheitern könnte. Speakman sagte: »Nein. Die könnten Sie auf jeden Fall behalten.«

»Weil es eventuell nicht meine Schuld ist, wenn sie nicht schwanger wird. Vielleicht ist Ihre Frau unfruchtbar.«

»Wer hat damals Ihren Vertrag mit den Cowboys ausgehandelt?«

»Was? Mein damaliger Agent. Wieso?«

»Ein guter Rat, Griff. Bei einer geschäftlichen Verhandlung sollten Sie einen Punkt, den Sie für sich entscheiden konnten, abhaken. Erwähnen Sie ihn nicht mehr. Ich habe Ihnen bereits zugestanden, dass Sie die ersten Hunderttausend behalten können.«

»Okay.« Das hatten sie in dem Kurs zur Entlassungsvorbereitung nicht durchgenommen.

Griff erwog seine Optionen und kam letztendlich zu folgendem Schluss: Die einzige andere Option bestand darin, abzulehnen und auf einen Haufen Geld zu verzichten. Er müsste verrückt sein, wenn er dieses Angebot ausschlug. Genauso verrückt wie Speakman und seine Alte.

Er zog eine Schulter zu einem lässigen Achselzucken hoch. »Wenn Sie nicht mehr von mir brauchen, dann sind wir uns einig. Da wäre nur noch eines. Ich will das in Ruhe und in meinem eigenen Bad erledigen. Der Arzt wird vorbeikommen und das Zeug abholen müssen. Ich glaube, man kann das auch einfrieren, ich könnte also gleich mehrere Ladungen auf einen Streich produzieren.« Er lachte über die doppeldeutige Bemerkung. »Sozusagen.«

Speakman lachte ebenfalls, aber dann wurde er wieder todernst. »Es wird keinen Arzt geben, Griff.«

Immer wenn er glaubte, dass er endlich durchblickte, haute ihn Speakman um wie ein Linebacker, der aus dem Nichts auftauchte und ihm die Füße wegschlug. »Was soll das heißen, es gibt keinen Arzt? Wer soll denn …« Er machte eine behutsam schiebende Handbewegung. »Es dort hintun, wo es hinsoll?«

»Sie«, antwortete Speakman leise. »Entschuldigen Sie, dass ich das nicht von Anfang an klargestellt habe. Ich bestehe darauf, dass mein Kind auf natürliche Weise empfangen wird. So wie Gott es vorgesehen hat.«

Griff starrte ihn sekundenlang an, dann begann er zu lachen. Entweder hatte ihm jemand einen genialen Streich gespielt, oder Speakman hatte komplett den Verstand verloren.

Niemand in Griffs Umgebung interessierte sich so für ihn, dass er ihm einen so ausgefeilten Streich gespielt hätte. Niemand aus seinem jetzigen Bekanntenkreis würde sich die Mühe machen. Niemand aus seinem früheren Freundeskreis würde ihm auch nur die Uhrzeit nennen, und erst recht würde niemand die Zeit investieren, die nötig war, um dieses bizarre Szenario aufzubauen und Speakman zum Mitmachen zu überreden.

Nein, er wettete, dass Speakman nicht bloß ein exzentrischer Millionär und Ordnungsfanatiker war, sondern dass er schlicht und ergreifend geisteskrank war.

Jedenfalls war das hier reine Zeitverschwendung, er hatte die Nase endgültig voll. Also meinte er flapsig: »Mein Job wäre es also, Ihre Frau zu vögeln?«

Speakman verzog das Gesicht. »Ich halte nicht viel von dieser Wortwahl, schon gar nicht in …«

»Sparen Sie sich das Gequatsche, okay? Ich soll für Ihre Frau den Hengst spielen. Darauf läuft es doch letztendlich hinaus, oder?«

Speakman schluckte und sagte dann: »Letztendlich. Ja.«

»Und für eine halbe Million wollen Sie bestimmt zuschauen, stimmt’s?«

»Das ist eine Beleidigung, Griff. Mir gegenüber. Vor allem Laura gegenüber.«

»Na schön …« Entschuldigen wollte er sich nicht. Bizarre Sexpraktiken waren noch das am wenigsten Anstößige an diesem Gespräch. »Und was ist mit ihr, weiß sie von Ihrem Plan?«

»Natürlich.«

»O Mann. Und was hält sie davon?«

Speakman rollte an einen Couchtisch, auf dem ein schnurloses Telefon in der Ladestation stand. »Das können Sie Laura selbst fragen.«

Oben in ihrem Privatbüro sah Laura Speakman auf die Schreibtischuhr. Erst eine halbe Stunde war seit Griff Burketts Ankunft vergangen. Seit seiner pünktlichen Ankunft. Mit seiner Pünktlichkeit hatte er bestimmt bei Foster gepunktet. Aber ob er ansonsten einen guten oder schlechten Eindruck hinterlassen hatte?

Seit einer halben Stunde studierte sie jetzt schon einen neuen, von der Gewerkschaft vorgeschlagenen Vertrag für das Flugpersonal, ohne dass sie irgendetwas davon behalten hätte. Endlich gab sie es auf, arbeiten zu wollen, stand auf und begann, ihr Büro abzuschreiten. Es war ein heller und luftiger Raum. An den Fenstern hingen Vorhänge, auf dem Boden lag Teppichboden, und die Decke war stuckverziert. Nur durch den Schreibtisch und den Computerarbeitsplatz, der in einen zweieinhalb Meter hohen antiken französischen Schrank eingebaut war, war der Raum als Arbeitszimmer zu erkennen.

Worüber jetzt wohl in der Bibliothek geredet wurde? Es machte sie verrückt, dass sie das nicht wusste, aber Foster hatte darauf bestanden, allein mit Burkett zu sprechen.

»Lass mich erst vorfühlen«, hatte er erklärt. »Sobald ich ein Gefühl für ihn entwickelt habe, kannst du dazustoßen.«

»Und was ist, wenn du kein gutes Gefühl hast, wenn du ihn für ungeeignet hältst?«

»Dann schicke ich ihn wieder weg, und dir bleibt ein peinliches und unproduktives Gespräch erspart.«

Wahrscheinlich war das vernünftig, nahm sie an. Trotzdem war es nicht ihre Art, Entscheidungen zu delegieren. Schon gar nicht, wenn sie so wichtig waren. Nicht einmal an ihren Ehemann.

Natürlich würde Griff Burkett weggeschickt, falls sie und Foster nicht absolut einer Meinung waren, was seine Eignung anging. Nichtsdestotrotz missfiel es ihr, dass sie nicht sah, wie er im ersten Moment auf ihren Vorschlag reagierte, und sich darüber kein eigenes Urteil bilden konnte. Wie er reagierte, würde eine Menge über ihn verraten.

Sie sah auf die geschlossene Tür und spielte kurz mit dem Gedanken, einfach nach unten zu gehen und sich ihm vorzustellen. Allerdings würde sie damit Fosters minutiöse Planung durchkreuzen. Er würde die Unterbrechung nicht gutheißen.

Das Auf-und-ab-Gehen machte sie nur noch nervöser. Sie setzte sich wieder auf ihren Drehsessel, lehnte sich zurück, schloss die Augen und setzte die Entspannungstechniken ein, die sie sich als Studentin beigebracht hatte. Wenn sie wieder einmal tagelang ohne Unterbrechung studiert hatte und ihr Kopf so mit Informationen vollgepfropft war, dass sie nichts mehr aufnehmen konnte, hatte sie sich gezwungen, sich flach auf den Rücken zu legen, die Augen zu schließen und Tiefenatmung zu praktizieren, bis sie zur Ruhe kam oder sogar eingeschlafen war. Diese Technik half ihr auch diesmal. Das Mindeste war, dass sie dadurch ruhiger wurde und die Beschränkungen von Geist und Körper akzeptierte.

Und so schwer das für sie auch zu akzeptieren war, im Moment konnte sie nichts tun als abwarten.

Während ihre Erregung allmählich abflaute, drifteten ihre Gedanken zurück zu den Ereignissen und Wendungen, die sie zu diesem Punkt, diesem Tag und dieser Stunde geführt hatten, an dem sie einen völlig Fremden bezahlen wollte, ihr ein Baby zu machen.

Angefangen hatte alles mit der Farbe der Uniformen …

Die Wirtschaftszeitungen hatten in dicken Schlagzeilen herausposaunt, dass Foster Speakman, der letzte Spross der prominenten texanischen Dynastie, die ihren Wohlstand auf Öl und Gas gegründet hatte, die notleidende SunSouth Airlines gekauft hatte.

Jahrelang hatte die miserabel gemanagte Fluglinie am Rand des Ruins operiert. Sie hatte einen langwierigen Pilotenstreik durchstehen müssen, gefolgt von einem peinigenden Artikel über ihre laxen Wartungsmaßnahmen; wenig später hatten bei einem katastrophalen Absturz fünfundsiebzig Menschen ihr Leben verloren. Schließlich hatte die flügellahme Fluglinie alle Hoffnungen in eine Insolvenz gesetzt, nur leider hatte dieser letzte Atemzug sie nicht gerettet.

Jeder hatte den Speakman-Erben für verrückt erklärt, als er einen fetten Batzen seines Erbes ausgegeben hatte, um die Fluglinie zu kaufen. Tagelang hatte die Story die hiesigen Wirtschaftsnachrichten beherrscht: TEURES MILLIONÄRSSPIELZEUG? RETTUNG FÜR SUNSOUTH, RUIN FÜR SPEAKMAN? Über den Kauf wurde sogar landesweit unter leisem Schmunzeln berichtet. Es wurde angedeutet, dass wieder einmal ein stinkreicher Texaner sein Geld zum Fenster rausgeworfen hatte.

Foster Speakman überraschte die Öffentlichkeit noch mehr, als er die Flugzeuge augenblicklich stilllegen ließ und Tausende Angestellte entließ, wenn auch unter dem Versprechen, sie wieder einzustellen, sobald er Zeit gefunden hatte, die geschäftliche Lage des Unternehmens gründlich zu analysieren. Er ließ die Medien vor verschlossenen Türen warten und erklärte den frustrierten Reportern nur, dass sie Bescheid bekommen würden, sobald er etwas Berichtenswertes zu verkünden habe.

In den folgenden Monaten ging Foster mit Finanz- und Wirtschaftsexperten ins Konzil. Der Führungsriege des alten Regimes wurde die Option zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung unter fairen Pensionsbedingungen eingeräumt. Wer nicht freiwillig ging, wurde fristlos gefeuert.

Die Kündigungen waren kein Racheakt, sie entsprangen einem gesunden Geschäftssinn. Foster hatte eine Vision, aber ihm war bewusst, dass er Mitstreiter brauchte, die sich in der Materie mindestens so gut auskannten wie er, wenn nicht besser. Mit seinem Enthusiasmus, seinem Charisma und seinem anscheinend unerschöpflichen Bankkonto köderte er die besten Köpfe in der Branche von ihren gut bezahlten Posten bei anderen Fluglinien weg.

Fast drei Monate nach der Übernahme rief Foster alle neuen Abteilungsleiter zu einer ersten von zahllosen Konferenzen zusammen. Laura war auch dabei, sie repräsentierte die Flugbegleiter. Bei dieser Konferenz begegnete sie dem Mann an der Spitze zum ersten Mal persönlich.

Durch die vielen Berichte, die über ihn veröffentlicht worden waren, wusste sie, wie er aussah, aber weder auf den Fotos, noch im Fernsehen war seine Funken sprühende Vitalität herausgekommen. Die Energie strahlte von ihm aus wie ein elektrisches Spannungsfeld.

Er war schlank, gut aussehend, selbstbewusst, sympathisch. Er betrat den Konferenzraum in einem perfekt geschnittenen Nadelstreifenanzug mit hellgrauem Hemd und konservativer Krawatte. Aber gleich nachdem die Konferenz eröffnet war, zog er das zweireihige Sakko aus, hängte es über den Stuhlrücken, lockerte die Krawatte und krempelte die Ärmel auf. Dadurch zeigte er, dass er alles tun würde, was getan werden musste, dass er notfalls auch persönlich Hand anlegen würde und dass er von jedem im Raum die gleiche Arbeitsmoral verlangte.

Inzwischen war das Datum festgelegt worden, zu dem die Fluglinie wieder den Betrieb aufnehmen sollte. Es leuchtete rot eingekreist von einem riesigen Kalender, der auf einer Staffelei angebracht war, wo es jeder sehen konnte. »Das Eröffnungsdatum«, verkündete Foster fröhlich. »Nachdem wir das Budget besprochen haben, bekommt jeder von Ihnen Gelegenheit, mir zu erklären, warum ich völlig den Verstand verloren habe und wir es nie und nimmer bis zu diesem Termin schaffen können.«

Alle lachten wie erwartet. Die Konferenz nahm ihren Lauf.

Der neue Chief Finance Officer – angestellt, weil er ein berüchtigter Pfennigfuchser war, der sich einen Namen gemacht hatte, indem er einen amerikanischen Autohersteller vor dem Ruin bewahrte – wurde gebeten, als Finanzchef das vorgeschlagene Budget Punkt für Punkt durchzusprechen.

Sein monotoner Vortrag ergoss sich volle zehn Minuten lang über sie, bis er sagte: »Das Flugbegleiterprogramm bekommt den schon früher zugewiesenen Etat. Es folgt Verköstigung. Hier können …«

»Verzeihung.«

Der CFO hob den Kopf, spähte über seine Lesebrille und ließ den Blick über den Tisch schweifen, um die Stimme ausfindig zu machen, die ihn unterbrochen hatte. Laura hob die Hand. »Bei dieser Position besteht dringender Gesprächsbedarf.«

Er senkte beinahe finster eine buschige Augenbraue. »Was ist an dieser Zahl unverständlich?«

»Sie ist absolut verständlich«, erwiderte sie. »Aber es besteht Gesprächsbedarf, weil diese Abteilung schmerzhaft unterfinanziert ist.«

»Jeder an diesem Tisch hält seine Abteilung für unterfinanziert.« Er sah sie scharf an, warf einen Blick auf die Teilnehmerliste und sah sie dann wieder scharf an. »Wer sind Sie überhaupt?«

Ehe sie ihm antworten konnte, meldete sich vom Kopf des Konferenztisches aus Foster Speakman zu Wort. »Meine Damen und Herren, dies ist Ms Laura Taylor, falls jemand sie noch nicht kennt.«

Ihr blieb der Mund offen stehen. Dass Foster Speakman wusste, wie sie hieß, war ein Schock.

Der CFO nahm die Lesebrille ab, sah Laura konsterniert an und fragte Foster dann: »Wo ist Hazel Cooper?«

Er antwortete: »Ms Taylor, möchten Sie das beantworten?«

Sie stellte sich der Herausforderung und erwiderte ganz ruhig: »Ms Cooper hat das Unternehmen vorgestern verlassen.«

»Das hat sie, ganz recht«, meldete sich eine Stimme von der anderen Tischseite. Es war der Personalchef. »Ich habe eine Rundmail verschickt. Sie haben sie doch alle bekommen?« Sein Blick ging um den Tisch, aber alle schüttelten einvernehmlich den Kopf. »Nun denn, Hazel ist in den Vorruhestand gegangen. Sie meinte, nachdem es hier drunter und drüber geht, könnte sie sich auch zur Ruhe setzen, schließlich wollte sie nächstes Jahr ohnehin in Rente gehen. Ich habe Ms Taylor gebeten, sie zu vertreten, bis ein Nachfolger für die Abteilung gefunden wurde.«

Der CFO räusperte sich hinter vorgehaltener Hand. »Also schön. Sobald der Posten des Abteilungsleiters wieder besetzt ist, werde ich den Etat mit ihm besprechen.«

»Oder mit ihr«, merkte Foster an.

Der CFO lief rot an. »Natürlich meinte ich das ganz allgemein.«

»Nachdem wir schon alle hier sind, sollten wir den Etat für diese Abteilung jetzt gleich besprechen«, sagte Foster.

Der CFO warf Laura noch einen verärgerten Blick zu. »Ich möchte Ms Taylor nicht zu nahe treten, aber ist sie qualifiziert, so ein Gespräch zu führen?

Foster blätterte in einem Aktenstapel, den er mitgebracht hatte. Er fand den gesuchten Hefter, stapelte die übrigen Akten korrekt Kante auf Kante auf, und öffnete dann den gesuchten Ordner.

»Laura Eleanor Taylor … hm, ich springe gleich zu … Hier. Abschluss cum laude von der Stephen F. Austin State University. Zwei Jahre später der Master of Business Administration von der Southern Methodist Business School. Wieder cum laude.

Wurde 2002 als Flugbegleiterin bei SunSouth eingestellt. Beförderung, Beförderung, noch eine Beförderung«, fasste er den Personalbogen in ihrer Akte zusammen.

»Wurde 2005 mit der Aufsicht über das Trainingsprogramm und die Performance betreut. War dem vorigen Management ein Stachel im Fleisch und hat Ms Cooper wahrscheinlich den letzten Nerv geraubt, indem sie Memo um Memo verfasste, die ich alle hier ausgedruckt habe«, sagte er, wobei er eine Handvoll Blätter hochhielt, »und in denen sie die jetzt geltenden Standards und Praktiken geißelte, aber nicht ohne aufzuzeigen, wie die Leistungen erheblich gesteigert werden könnten.« Er zitierte aus einem Memo. »›Aber‹ – das ist unterstrichen – ›dazu wäre es nötig, dass der neue Besitzer Einsicht, Verständnis und vor allem gesunden Menschenverstand zeigt.‹ Der neue Besitzer wiederum wäre …« Er verstummte eine Ewigkeit, wie es Laura erschien. »Ich.«

Er steckte alle Papiere in den Hefter zurück und legte ihn auf dem Stapel ab. Erst nachdem er den Stapel erneut millimetergenau ausgerichtet hatte, erhob er sich. »Würden Sie mich bitte nach draußen begleiten, Ms Taylor? Und nehmen Sie Ihre Sachen mit.«

Sie blieb wie erstarrt und mit glühenden Wangen sitzen und spürte, dass sämtliche Blicke im Raum auf ihr lagen, ausgenommen dem von Foster Speakman. Er war schon an der Tür zum Konferenzraum und gleich darauf im Gang, als würde er fest damit rechnen, dass sie ihm folgte.

So würdevoll wie möglich nahm sie erst ihre Handtasche, dann die Aktentasche und stand auf. »Ladys, Gentlemen«, verabschiedete sie sich. Einige wandten peinlich betreten den Blick ab. Andere nickten ihr mitfühlend zu. Der CFO, mit dem alles angefangen hatte, klappte den Mund auf, als wollte er sich entschuldigen, überlegte es sich dann aber anders und schüttelte bedauernd den Kopf.

Sie trat durch die Tür, zog sie von außen zu, streckte die Schultern durch und drehte sich zu Foster Speakman um, der in dem menschenleeren Gang stand. »Sie sind längst nicht so furchteinflößend, wie ich nach Ihren Memos annehmen musste, Ms Taylor.«

Ihre Wangen brannten immer noch vor Scham, aber sie wahrte die Fassung. »Ich wusste nicht, dass meine Abteilungsmemos an Sie weitergeleitet würden.«

»Wahrscheinlich war Ms Cooper der Ansicht, dass die von Ihnen angesprochenen Probleme nicht mehr ihr Problem, sondern meines wären.«

»Wahrscheinlich.«

»Hätten Sie die Memos nicht geschrieben, wenn Sie gewusst hätten, dass ich sie lesen würde?«

»Doch, auf jeden Fall. Allerdings hätte ich vielleicht den Tonfall und die Wortwahl abgemildert.«

Er verschränkte die Arme vor der Brust und studierte sie ein paar Sekunden lang. »Etwas will mir nicht in den Kopf. Wieso haben Sie sich mit Ihrem MBA von der hoch angesehenen SMU Business School als einfache Stewardess beworben? Das ist ein ehrenwerter Beruf, aber Sie waren eindeutig überqualifiziert.«

»Ich hatte mich viermal bei SunSouth für eine Position im unteren Management beworben, wurde aber nie genommen.«

»Hat man Ihnen gesagt, warum?«

»Nein, aber die Stellen wurden an Männer vergeben.«

»Ein Fall von Diskriminierung?«

»Ich will niemanden beschuldigen, ich schildere nur, wie es war.«

»Also haben Sie sich mit einer Stellung als Stewardess begnügt.«

»Ich habe mich darum beworben, aber ich habe mich nicht damit begnügt. Ich dachte, wenn ich erst einmal den Fuß in der Tür habe …«

»Dann könnten Sie sich durch ihre Arbeit auszeichnen und sich in die Ebene hocharbeiten, für die Sie sich ursprünglich beworben haben.«

»So ungefähr.«

Er lächelte. »Das habe ich mir fast gedacht, als ich Ihre Personalakte las. Wer weiß, vielleicht haben Sie es letztendlich auf meinen Posten abgesehen, Ms Taylor? Eigentlich hoffe ich das sogar, denn ich bewundere Ihren Ehrgeiz. Heute allerdings möchte ich Ihnen erst einmal Ms Coopers Position als Leiterin des Flugbegleiterprogramms anbieten. Dazu gehört natürlich der Titel als verantwortliche Vizepräsidentin für… Sie wissen schon.«

Damit hatte er sie in weniger als einer Stunde dreimal sprachlos gemacht. Zum ersten Mal, als er sie mit Namen angesprochen hatte. Zum zweiten Mal, als er sie aus dem Meeting geholt hatte, um ihr, wie sie glaubte, fristlos zu kündigen. Und jetzt. »Einfach so?«

Er lachte. »Ich tue niemals etwas ›einfach so‹. Nein, ich mache dieses Angebot nach einer gründlichen Analyse Ihrer Personalakte. Außerdem habe ich mich über Ihre finanzielle Situation und etwaige Vorstrafen informiert, genau wie bei allen anderen in diesem Raum. Sie haben bestanden, allerdings steht bei Ihnen noch ein unbezahlter Strafzettel für Falschparken aus.«

»Ich habe den Betrag gestern überwiesen. Zähneknirschend. Da war nirgendwo ein Schild zu sehen, aber es wäre mich teurer gekommen, gegen den Strafzettel Beschwerde einzulegen, als ihn zu bezahlen.«

»Eine pragmatische Entscheidung, Ms Taylor. Ich glaube, Ihr Antrieb, Ehrgeiz und Talent wurden von Vorgesetzten vergeudet, denen es an ›Einsicht, Verständnis und vor allem gesundem Menschenverstand‹ fehlte.« Sein Lächeln wurde freundlicher, als er aus ihrem Memo zitierte. »Nehmen Sie die Position an?«

Immer noch zittrig, jetzt allerdings vor Erleichterung und nicht mehr vor Angst, kurzerhand gefeuert zu werden, sagte sie zu.

Ohne weitere Umschweife sagte er: »Gut. Sollen wir jetzt zu den anderen zurückkehren?« Er legte die Hand an den Türknauf und drehte sich noch einmal um. »Noch ein Wort der Warnung. Sie werden um Ihren Etat kämpfen müssen. Sind Sie bereit?«

»Unbedingt.«

Das leise Murmeln verstummte, als sie den Raum wieder betraten. Foster verblüffte die übrigen Teilnehmer, indem er sie mit ihrem neuen Titel vorstellte, aber die meisten schienen sich für sie zu freuen. »Mr George«, sagte Foster, an den Personalchef gerichtet, »ich möchte, dass Sie, ich und Ms Taylor gleich nach dieser Konferenz den Vertrag durchgehen, den ich in der Hoffnung, dass sie mein Angebot annehmen würde, vorab habe aufsetzen lassen. Ich nehme an, dass Sie beide damit einverstanden sein werden.« Er klopfte leise auf den Tisch. »Und jetzt, Ms Taylor, ist es Ihre erste offizielle Pflicht, uns zu erklären, warum das Budget für Ihre Abteilung nicht ausreichen soll.«

Aus dem Regen in die Traufe. Laura holte tief Luft, denn sie wusste, dass dies die Feuerprobe war, und konnte nur beten, dass sie sie bestehen würde. »Während wir den Flugbetrieb eingestellt hatten, haben wir viele unserer Flugbegleiter verloren. Einige haben zu anderen Linien gewechselt. Andere haben gleich den Beruf gewechselt. Ich bin also zu Neueinstellungen gezwungen. Ich kann die besten Bewerber nur für uns gewinnen, wenn ich ihnen das gleiche Anfangsgehalt und die gleichen Zusatzleistungen bieten kann wie die Konkurrenz. Eigentlich würde ich ihnen am liebsten etwas Besseres bieten, aber ich werde mich mit dem Gleichen begnügen. Zum Zweiten sind die Uniformen hässlich und freudlos.«

»Ich dachte, die Flugbegleiter müssen ihre Uniformen selbst stellen?«

»Stimmt«, bestätigte Laura. »Aber wir haben kein Budget für ein neues Design. Womit ich bei einem weiteren Punkt wäre.«

»Dem ›Look unserer Airline‹?« Alle Köpfe drehten sich dem Ende des Tisches zu. Foster klopfte auf den obersten Hefter in seinem Stapel. »Um aus Ihrem jüngsten Memo zu zitieren, Ms Taylor. Würden Sie das bitte näher erläutern?«

Das ging alles viel zu schnell. Sie hatte nicht erwartet, so prompt zur Abteilungsleiterin befördert zu werden. Und sie hatte nicht damit gerechnet, direkt danach auf dem Prüfstein zu landen. Aber sie hatte sich wochenlang mit dem Thema auseinandergesetzt. Selbst in ihrer Freizeit hatte sie überlegt, was sie tun würde, wenn sie auf dem Chefsessel säße. Jetzt hatte sie der neue Besitzer der Fluglinie aufgefordert, die Kernpunkte ihrer vielen Memos herauszuarbeiten. Sie war bereit.

»Vor einigen Tagen gab mir Hazel, also Ms Cooper, eine Kopie des vorgeschlagenen Budgets, damit ich mich auf dieses Meeting vorbereiten konnte. Sie geben viel Geld dafür aus, die Infrastruktur

Die Originalausgabe erschien 2007 unter dem Titel »Play Dirty« bei Simon & Schuster, Inc., New York.

1. Auflage Taschenbuchausgabe August 2011 bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2007 by Sandra Brown Management Ltd.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010 by Blanvalet Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München. Umschlaggestaltung: HildenDesign, München Umschlagmotiv: Artwork HildenDesign unter Verwendung von Motiven von Getty Images/Stone/John Grant NB · Herstellung: sam Satz: Uhl+Massopust, Aalen

eISBN 978-3-641-10327-9

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