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Sebastian Stoner, geb. 1969 in Baden. Dies ist sein 3. Werk, nach "30 Jahre auf dem falschen Dampfer" und "Vater Meiner".
Das E-Book Genie oder Wahnsinn? wird angeboten von tredition und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Krankheit, Religion, Psyche
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Seitenzahl: 92
Veröffentlichungsjahr: 2021
Sebastian Stoner
Genie oder Wahnsinn?
Mein Leben mit einer schizoaffektiven Störung
© 2021 Sebastian Stoner
Verlag und Druck:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-347-39006-5
Hardcover:
978-3-347-39007-2
e-Book:
978-3-347-39008-9
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Schizoaffektiv. Was ist das eigentlich? In erster Linie ist es einfach eine Diagnose, damit sich Fachleute besser darüber unterhalten können. Ich hatte im Laufe meines Lebens allerdings schon so viele Diagnosen, dass ich damit alleine ein Buch füllen könnte. Am verständlichsten ist es wahrscheinlich, wenn man sagt, dass es einfach manischdepressiv ist, mit Wahnvorstellungen. Mit Depressionen können wahrscheinlich die meisten etwas anfangen. Manisch ist das Gegenteil davon.
Leider wird in den Medien immer noch vieles so dargestellt, als wenn jeder psychisch Kranke ein Amokläufer oder Schwerverbrecher wäre. Dabei kann es jeden treffen.
Im folgenden Text habe ich versucht meine letzten Monate, in Tagebuchform darzustellen, wie es ist, wenn man glaubt es geht ohne Medikamente und ohne fremder Hilfe. Damit möchte ich ein wenig mehr Verständnis und Toleranz für psychische Krankheiten erzeugen. Ich habe versucht so ehrlich und authentisch zu berichten, wie es mir möglich war. Also los:
Gestern war ich beim Grab meines Vaters. Ich habe eine orangene Duftkerze angezündet. Darauf stand Afrika. Irgendwoher habe ich mal gehört, dass wir alle aus Amerika kommen und in Afrika enden. Amerika hat irgendwas mit Meer zu tun. Afrika ist mir noch ein Rätsel. Free könnte darin stecken. Jedenfalls ist interessant, dass gestern genau vor einem Monat mein Vater gestorben ist. Ich wusste das genaue Datum nicht. Am Abend habe ich dann am Patezettel gelesen, dass es der 16. Dezember war.
Seit ich von meiner Reise zurück bin sind magische Dinge passiert. Ich bin jetzt sehr gläubig geworden und lasse mich von Gott führen. Er meint es gut mit mir, da bin ich mir mittlerweile sicher, auch wenn es manchmal ganz schön heftig zugeht. Jedenfalls geht es mir von Tag zu Tag besser und ich erlebe wirklich schöne Dinge. Mit Menschen habe ich derzeit mein größtes Problem. Ich kann niemanden mehr vertrauen, außer Gott und mir. Er ist zu meinem besten Freund geworden. Denn er ist wirklich immer für mich da. Es macht mir auch nicht mehr so viel aus, dass ich alleine bin, denn wenn ich zurück denke, dann war von den Menschen in meiner Umgebung sowieso nie dann wer da, wenn ich ihn gebraucht hätte.
Jedenfalls macht das neue Leben Spaß. Ich bin jetzt wirklich auf meinen Weg. Auch wenn ich dem ganzen noch nicht wirklich glauben kann. Es ist auch sehr viel passiert in den letzten Monaten.
Ich habe meine Wohnung komplett so eingerichtet, wie es für mich passt. Aber ohne große Anstrengung, putze ich, wasche ich, ja sogar bügeln tue ich. Jeden Tag hat ich in meiner Wohnung etwas verändert. Alte Bilder sind einfach so wie von Geisterhand, meiner natürlich, verschwunden und stattdessen hängen jetzt Fotos an meine Wänden. Ich hatte fast nur abstrakte Malereien von mir aufgehängt. Jetzt hängen realistische Bilder von der Wirklichkeit. Das wiederspiegelt meine letzten 30 Jahre. Alles war abstrakt, wie in einem Nebel. Jetzt ist alles real und klar. Das verunsichert mich manchmal enorm. Aber ich habe keine Angst. Ich habe auch keine Angst mehr vor dem Sterben. Ich lasse mich einfach treiben und schaue, was als nächstes passiert. Es ist, wie wenn ich eine Marionette wäre und mich selbst steuern würde. Das klingt ein wenig beängstigend, aber so ist es. Ich bin mein eigener Beobachter. Ich beobachte mein Außen und mein Innen zugleich. Es gibt auch nicht mehr viel zum Reden. Ich unterhalte mich mit mir selbst. Ich wüsste auch gar nicht, wie ich meinen derzeitigen Zustand jemand anderen erklären sollte. Denn es ist alles logisch und doch so neu und fremd für mich. Früher, wenn ich ein Problem gehabt habe und jemanden gefragt habe hat das zu noch größeren Problemen geführt. Bitte nicht helfen, es ist so schon schlimm genug. Wenn ich alleine daran denke, was ich bezüglich schlafen schon alles gehört habe. Da kann ich ein eigenes Buch darüber schreiben. Nicht schlafen zu können ist ganz schlimm. Jetzt weiß ich, dass man seinen Schlaf-Wach-Rhythmus selbst herausfinden muss. Ich dachte wirklich immer, ich bin nicht normal. Habe ich 6 Stunden geschlafen, was nie der Fall war und jemanden gefragt habe und er 8 Stunden geschlafen hatte, dann fühlte ich mich erst wieder schlecht. Jeder hat da seine eigene Meinung, doch in allen Lehrbüchern oder besser gesagt, die allgemeine Meinung ist, dass jeder Mensch 6-8 Stunden Schlaf braucht. Wenn das nicht so ist, dass ist man nicht normal. Punkt. Dann geht’s los mit Schlaftabletten.
Mit Zahlen setze ich mich derzeit auch viel auseinander. Wofür steht beispielsweise die 6. Manche habe ich für mich schon entschlüsselt. Auch mit der inneren Uhr beschäftige ich mich. Es ist absolut nicht egal, ob es vormittags oder nachmittags ist. Ob es 7 Uhr in der Früh, oder 10 Uhr am Vormittag ist. Das herauszufinden ist wahnsinnig spannend. Deshalb beobachte ich mich ganz genau. Wenn geht etwas leichter und wann etwas schwerer. Mit der Aussage, die ich mein Leben lang gehört habe, dass es eben gute und schlechte Tage gibt und gute und schlechte Phasen gibt. Damit habe ich mich nie zufrieden gegeben. Ich wollte immer und will es immer noch wissen, warum es mir gut geht und warum nicht. Die letzten Monate bin ich da schon um einiges weiter gekommen. Dann gibt es wieder Momente, wo alles ganz logisch und klar ist. Dann denke ich mir, wozu hast Du dich so viel damit beschäftigt, wo dann einfach alles sowieso in einem Punkt zusammen läuft. Aber das ist das Leben.
Als ich beschloss, mein Leben zu ändern wollte ich ein schöneres Leben haben. Also schaute ich zurück, was alles nicht so war, wie ich es gerne gehabt hätte. Das Interessante dabei ist, wenn es einem im Moment gut geht, dann schaut man zurück und denkt sich, dass alles gut war. Dabei war es das keineswegs.
Jetzt hatte ich gerade ein wahnsinnig tolles Gefühl. Montag, 18. Jänner 2021. Ich sitze da am Computer und schreibe und da ist es. Genau das wollte ich immer. Die Wohnung schön eingerichtet. Im Hintergrund das Plätschern des Zimmerbrunnens. Das Dachflächenfenster ist mit zarten Eiskristallen bedeckt. Davor am Fensterbrett stehen drei Grünpflanzen. Ich habe gerade eine Karfiolsuppe gegessen, danach ein Toastbrot mit Nutella. Wahnsinn, das ist es. Jetzt bin ich angekommen. Leider weiß ich auch, dass es sich nur einen Moment handelt, aber ich kann ihn ohne schlechtes Gewissen genießen. Und das ist sensationell. Um mich Stille. Nur das Plätschern des Wassers und die Geräusche des Tippens auf die Tastatur. Wahnsinn.
Was ich in den letzten Monaten alles geglaubt habe ich auch sensationell. Einmal am Vormittag saß ich auch genau hier und hörte nur Radio. Ich wußte irgendwas stimmt nicht. Aber von Lied zu Lied wurde mir immer klarer, dass ich mein Leben lang ausgebildet wurde und das ich heuer noch zum Mars fliegen soll. Als erster Mensch. Alles war so eindeutig. Die Farbe Orange, wo ich draufgekommen bin, dass das meine Farbe ist. Ich wusste immer schon, dass ich eines Tages irgend etwas großes, ganz großes erleben werde. Das ich berühmt bin. Die letzten Monate kam ich mir immer irgendwie wie in einem Film vor. Das Schauspielen macht mir großen Spaß. Aber nicht irgendeine Rolle. Sondern die Rolle meines Lebens. Shakespeare hatte einmal geschrieben, dass die Welt eine Bühne ist und wir alle nur Marionetten. Mittlerweile glaube ich auch daran. Ein Mann, der alles steuert und an der Kommandozentrale sitzt. Und ich bin in voriges Jahr zum zweiten Mal begegnet. Das hat mein Leben total auf den Kopf gestellt. Alles ist irgendwie leichter, doch es ist nichts mehr so, wie es ist. Ich erkenne die Leute, die ich eigentlich schon mein ganzen Leben kenne, nicht wieder. Ich sehe ihnen in die Augen und durch sie hindurch. Ich weiß nicht wer, woher ich den oder die kenne. Ist er Freund oder Feind. Ist er mir wohlgesonnen oder nicht. Gut oder böse. Deshalb bin ich mächtig verwirrt. Weil ich einfach nicht mehr weiß, wem ich vertrauen kann. Deshalb macht mir das Alleine sein nichts mehr aus. Außer manchmal, da fühle ich mich sehr einsam.
Ich beschäftige mich gern mit Etymologie. Die Seele der Sprache und Wörter. Wenn ich ein neues Wort höre, zerlege und analysiere es sofort.
Heute war ich mit meiner Schwester beim Hofer einkaufen. Wie gesagt, es ist alles anders als es jemals war. Ich dachte mir, dass ich irgendwelche besonderen Fähigkeiten habe. Ich kann Dinge wahrnehmen, die anderen nicht auffallen. Aber ich habe keine Ahnung, wem ich davon erzählen könnte ohne gleich als Versuchskaninchen für die Verhaltensforschung zu dienen. Lach. Ich habe die letzten Wochen auch so einiges erlebt, was das betrifft. Ich konnte mich vorigen Sommer einfach nicht entscheiden. Egal worum es ging. Schwarz oder weiß, groß oder klein,….Daran arbeite ich bis heute. Es ist ganz schön mühsam. Beispielsweise, wenn ich auf die Straße gehe. Denke ich mir, heute bin ich freundlich und grüße alle. Wenn dann der erste nicht grüßt, vergeht es mir und beim nächsten der mir entgegen kommt, grüße ich auch schon wieder nicht. Da schlägt allerdings gewaltig auf die Stimmung. Ist grün besser als blau?
11 oder 4? Ich weiß ja, dass Authisten dieses Problem haben. Aber ich bin kein Authist.
Ich habe ja seit 14 Jahren eine beste Freundin. Sie wohnt 2 Häuser neben mir. Ich dachte immer, ich hätte ein psychisches Problem, was ich auch hatte, aber es war mit Sicherheit keine Schizophrenie. Vor ein paar Wochen, als ich bei ihr war und vollkommen klar im Kopf war sah ich ihr Problem. Und mit Sehen meine ich, dass ich es erkannt hatte. In ihrem Körper war noch eine andere Person. Ein Mann. Ich merkte es an ihrem ganzen Gehabe. Wie sie artikulierte. An der Körpersprache. Wenn sie „ich“ sagte, wohin sie mit der Hand deutete, usw. Und da merkte ich, dass da zwischen uns tatsächlich wer war. Der Körper ist ja unser Haus, unser Tempel. In dem wohnt unsere Seele. In ihrem Haus wohnt aber nicht nur sie. Das habe ich jetzt wirklich erkannt. An den Abend dachte ich, all die Jahre, wo ich mich mit Psychologie beschäftigte, waren dafür gut, dass ich dazu ausgebildet (von wem auch immer) wurde, um bei anderen Mensch Schizophrenie zu sehen und ihnen so helfen zu können. Wieder so eine Geschichte, wie mit dem Marspiloten.
Eines Tages dachte ich, ich bin der Medicus. Keine Ahnung wer genau das war, aber ich habe die Geschichte gehört. Er wurde angeblich von seinem Volk weg geschickt in die Berge und dann zurück zu kommen und die Kranken zu behandeln. Der nächste Alien.