Gestrandet auf der Navassa-Insel: See-Abenteuer 2 - Horst Weymar Hübner - kostenlos E-Book

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Horst Weymar Hübner

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Beschreibung

„ Firebird Keene“ ist ein Abenteurer auf allen Sieben Weltmeeren und hat schon so manch riskanten Auftrag erledigt. Nicht immer auf der Seite des Gesetzes. Auch bei seinem neuen Auftrag riskiert er wieder Kopf und Kragen und trifft diesmal auf einen alten Widersacher, den Piraten Black Tiger. Früher waren sie einmal Freunde, aber jetzt sind sie zu erbitterten Gegnern geworden. Als in einem heftigen Sturm sich nur noch wenige Überlebende auf die Navassa-Insel retten können, spitzt sich die bedrohliche Situation gefährlich zu. Denn es geht nicht nur ums nackte Überleben, sondern auch um eine schöne Frau namens Yvonne Bouchard...

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Horst Weymar Hübner

Gestrandet auf der Navassa-Insel: See-Abenteuer 2

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Inhaltsverzeichnis

Gestrandet auf der Navassa-Insel: See-Abenteuer 2

Copyright

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Gestrandet auf der Navassa-Insel: See-Abenteuer 2

von Horst Weymar Hübner

„ Firebird Keene“ ist ein Abenteurer auf allen Sieben Weltmeeren und hat schon so manch riskanten Auftrag erledigt. Nicht immer auf der Seite des Gesetzes. Auch bei seinem neuen Auftrag riskiert er wieder Kopf und Kragen und trifft diesmal auf einen alten Widersacher, den Piraten Black Tiger. Früher waren sie einmal Freunde, aber jetzt sind sie zu erbitterten Gegnern geworden. Als in einem heftigen Sturm sich nur noch wenige Überlebende auf die Navassa-Insel retten können, spitzt sich die bedrohliche Situation gefährlich zu. Denn es geht nicht nur ums nackte Überleben, sondern auch um eine schöne Frau namens Yvonne Bouchard...

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Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

1

Kingston, Jamaika. Während draußen auf der Queens Road das quirlige Leben und Treiben der berühmten Geschäftsstraße der Stadt alle Ehre machte, lehnte sich Eric Keene erwartungsvoll im Stuhl des Barbiers zurück. Der dicke Schwarze hatte ihm das Gesicht eingeschäumt und begann nun damit, den wochenalten Bart des Seemannes zu schaben. Doch plötzlich hielt er inne. Eric Keene öffnete die Augen und sah im Spiegel, dass der Schwarze zur Tür blickte.

„ Nun mach weiter, Jim! Ich habe nicht das Zeug zu einem Denkmal“, knurrte Keene.

Da sagte eine barsche Stimme von der Tür her: „Wann er weitermacht, bestimmen wir. He, Sie! Sehen Sie mich an!“

Eric Keene tat nichts dergleichen. Aber Jim, der Schwarze, sagte: „Er meint Sie.“

Eric Keene blickte zur Tür und sah dort einen Inspektor der Hafenpolizei, begleitet von zwei baumlangen Polizisten.

„ Im Namen der Königin, Sie sind verhaftet, Redeye Johnson!“

Eric Keene musterte den Inspektor. Der war ein magerer knochiger Mann von etwa fünfzig Jahren, groß und steckte in einer etwas zu kleinen Marineuniform, den Abzeichen nach musste es ein Inspektor sein. Aber Eric Keene hatte ihn noch nie hier im Hafen gesehen. Dabei war er schon öfter hiergewesen.

„ Sie sind an der falschen Adresse, Inspektor“, erwiderte Eric Keene und blickte wieder geradeaus in den Spiegel. „Jim, sag ihm, wer ich bin.“

Der Schwarze erklärte sofort eifrig: „Das ist nicht Redeye Johnson, Inspektor, das ist Mr. Keene.“

Dem Inspektor schien diese Tatsache eine grimmige Enttäuschung zu bereiten. Er verzog das Gesicht, als hätte er Essig geschlürft.

„ Aha, Mr. Keene also, und wie heißen Sie noch?“, bellte er in den Raum hinein.

„ Mach endlich weiter, Jim“, forderte Eric den Schwarzen auf. „Wenn du fertig bist, kann ich mich mit dem Inspektor immer noch unterhalten. Offensichtlich ist er neu hier in Kingston. Sind Sie neu hier, Inspektor?“

„ Die Fragen stelle ich hier. Ich will Ihren Pass sehen oder Ihr Seemannsbuch.“

„ Sie können hier zunächst einmal gar nichts sehen. Ich werde rasiert. Und wenn ich fertig bin, können wir uns weiter unterhalten. Bis dahin setzen Sie sich hin und halten Ihre Klappe!“

Diese Antwort schien dem Inspektor den Atem zu verschlagen. Er wurde plötzlich dunkelrot im Gesicht. Und zum Glück bemerkte er nicht das unterdrückte Grinsen der beiden Polizisten.

„ He, Sie, so reden Sie nicht mit mir. Was fällt Ihnen ein? Sind Sie vielleicht der liebe Gott?“

„ Ich nicht“, erwiderte Eric Keene, als Jim einmal das Messer absetzte. „Sie vielleicht?“

„ Verdammt, nun hör endlich mit dem Rasieren auf!“, brüllte der Inspektor jetzt Jim an.

Erschrocken hielt der Schwarze wieder inne, wischte das Messer ab und stand mit angewinkelten Armen hinter Eric Keene.

Der Seemann wandte sich nun dem Inspektor zu. Soweit sein Bart abrasiert war, hatte die Haut darunter eine blasse Farbe. Ansonsten war das Gesicht tiefgebräunt. In dem Licht, das in den Laden fiel, schienen die blauen Augen des Mannes zu leuchten. Das blonde, von der Sonne gebleichte Haar hing etwas wirr in die Stirn.

„ Wie haben Sie mich vorhin genannt?“, fragte Eric Keene mit herausforderndem Lächeln.

Der Inspektor war nun unsicher geworden. Irgendwie erinnerte er Eric an ein ausgedientes Rennpferd. Weiß der Teufel, woher sie den Inspektor geholt hatten, um ihn nun hier in Kingston versauern zu lassen.

„ Sie wollen Keene heißen? Aber ich sage Ihnen, Sie sind Redeye Johnson. Ich habe eine genaue Beschreibung von Redeye Johnson. Und die trifft haargenau auf Sie zu.“

Eric Keene lachte. „Sie haben den Beruf verfehlt, mein Lieber. Sie sollten Wahrsager oder so etwas werden. Sie würden Tausende verdienen. Sie können auch ein Märchenbuch schreiben.“

Der Inspektor schnappte nach Luft. Er war nicht imstande, nur ein Wort zu sagen.

Eric Keene ließ den Kopf wieder nach hinten sinken und sagte: „Komm, Jim, schab endlich die andere Hälfte des Bartes auch noch ab. Ich werde leicht ungeduldig, wenn ich so lange beim Rasieren verbringen muss.“

„ Aber jetzt ist Schluss!“, brüllte der Inspektor. „Entweder zeigen Sie mir jetzt Ihren Pass oder ...“

„ Sie Narr“, sagte Eric Keene. Redeye Johnson sieht ganz anders aus als ich. Er hat eine lange Narbe auf der rechten Seite, vom Ohr bis zum Mundwinkel. Das ist aber nicht in einem Messerkampf passiert“, erklärte Eric Keene lächelnd. „Das hat ihm eine Frau in Port of Spain verpasst. Eine bezaubernd hübsche Katze ist das gewesen.“

Er lachte in Erinnerung an diese temperamentvolle Frau, die er auch gekannt hatte.

„ Aha!“, brüllte der Inspektor. „Sie geben also zu, dass Sie Redeye Johnson zumindest kennen.“

„ Natürlich kenne ich ihn“, erklärte Eric Keene. „Es gibt hier Hunderte von Steckbriefen, da kann man ihn bewundern.“

Der Inspektor kam jetzt auf den Stuhl zu, auf dem Eric saß. Zugleich nestelte er an der Tasche herum, in der sich seine Dienstpistole befand.

„ Inspektor“, sagte Jim beschwörend und hielt abermals im Rasieren inne, „er ist nicht Redeye Johnson, er ist Firebird Keene.“

Der Inspektor schien gegen eine Wand gelaufen zu sein, so abrupt blieb er stehen. Sein eben noch hochgerötetes Gesicht erblasste. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er Eric Keene an.

„ Firebird Keene“, wiederholte er und betonte jede einzelne Silbe.

Eric lächelte. „Es gibt Leute, die mich so nennen. Haben Sie noch einen Wunsch?“

Er lachte jetzt dem Inspektor ins Gesicht, der die Fassung immer noch nicht wiedergewonnen hatte.

„ Nein“, stammelte der Inspektor. „Es ist schon gut.“

„ Augenblick noch, Inspektor, wie heißen Sie eigentlich?“

Jim wollte es sagen, und das bemerkte Eric im Spiegel.

„ Sei still, Jim, ich will es von ihm hören.“

„ Mein Name ist McKenzie, Inspektor der Hafenpolizei McKenzie“, erwiderte der Inspektor leise. Dann wandte er sich den beiden Stadtpolizisten zu, die er zu Hilfe gerufen hatte, und sagte: „Es ist alles in Ordnung. Geht!“

Eine Sekunde später waren die drei wieder draußen.

„ Nun mach endlich weiter, Jim!“

Jim machte weiter und sagte: „Ihr Name ist hier sehr bekannt in Kingston. Haben Sie gesehen, was er für einen Schreck bekommen hat?“

„ Es gibt doch keinen Grund, einen Schreck zu bekommen, wenn man mich sieht“, meinte Eric.

„ Aber doch“, beteuerte Jim. „Die Leute hier reden immer noch davon, wie Sie damals acht Piraten erschossen haben und die anderen gezwungen haben, Ihr Schiff zu segeln.“

„ Das ist doch Unsinn, Jim. Es waren nicht acht Piraten, es waren nur zwei. Aber du hast recht, die anderen haben für mich die Decksarbeil gemacht. Es waren übrigens nur sechs Mann.“

„ Aber da war doch der Konsul an Bord, den die Piraten entführt hatten.“

Eric lachte. „Aber Jim, du bringst alles durcheinander. Das ist doch eine ganz andere Geschichte. Die ist auf der DOLORES passiert. Und das war auch kein Konsul, sondern ein Attaché. Bloody Gonzalez und seine Piraten hatten den Attaché gefangengenommen und drohten ihn zu ermorden, wenn ich ihnen nicht die Ladung von meinem Schiff geben würde. Sie hatten den Attaché in Havanna geschnappt. Was sollte ich machen? Hier das Leben des Attaché und dort eine wertvolle Fracht. Zum großen Teil war es Post. Und die Post, das weißt du doch, Jim, die muss immer ans Ziel. Sie sollte nach Tampico.“

„ Und was haben Sie gemacht, Mister Keene?“

„ Natürlich nachgegeben. Man kann die Post ersetzen, aber nicht ein Menschenleben. Allerdings habe ich nicht daran gedacht, die Post aufzugeben.“

„ Und was haben die Piraten gemacht, Mister Keene?“

„ Sie haben das Schiff übernommen. Was hast denn du erwartet, Jim? Sie wollten den Attaché freilassen, mich übrigens auch. Ich wurde vorzüglich von ihnen behandelt. Schließlich hatte ich ihnen keine Schwierigkeiten gemacht.“

„ Aber Sie sind doch mit der DOLORES nachher in Tampico angekommen. Und der Attaché war auch frei. In ganz Mittelamerika hat man von nichts anderem gesprochen, Mister Keene.“

„ Hat man das?“, fragte Eric lächelnd. „Na ja, der Fehler lag ganz allein bei Gonzalez. Er hatte seinen damals siebzehnjährigen Sohn bei sich. Den liebte er über alles in der Welt. Deswegen war es für mich ganz leicht.“

„ Ganz leicht?“, staunte Jim.

„ Natürlich. Ich brauchte nur den Sohn in meine Gewalt zu bringen, und die Sache war geregelt. Gonzalez half mit seinen Leuten die Post nach Tampico bringen, denn er hatte dummerweise meine eigene Mannschaft vorher in die Boote gehen lassen. Und nun war ich zwangsläufig auf seine Hilfe angewiesen. Wir kamen jedenfalls pünktlich in Tampico mit der Post an. Und das war ja entscheidend.“

„ Und was war mit Gonzalez?“

„ Ach ja, den haben die Mexikaner drei Wochen später gehängt. Pech für Gonzalez. Für einen Teil seiner Leute übrigens auch. Dem Attaché aber geht es gut, der sitzt wieder in Havanna. Nun mach voran, Jim, ich bin vorhin erst angekommen und möchte noch etwas von dem Tag haben. Schließlich habe ich keine zehn Jahre lang Landurlaub. Voran, Jim!“

2

Ruben’s war das seinerzeit größte Kaufhaus von Kingston, ja von ganz Jamaika. Mehr als das, es war der Treffpunkt aller Leute, die zur See fuhren, die Handel trieben, die in irgendwelcher Weise ein Geschäft hatten, oder die sich ganz einfach sehen oder sprechen wollten. Im Ruben’s gab es eine Bar, und es gab eines der besten Restaurants von ganz Lateinamerika. Nicht weniger als achtzig Köche waren durchgehend an der Arbeit. Das Lokal konnte vierhundert Personen gleichzeitig beköstigen.

Im übrigen war Ruben’s einer der zuverlässigsten Ausrüster für Schiffe. Von der Schraube eines Dampfers bis zu den Blöcken für ein Vollschiff hatten sie im Ruben’s alles auf Lager. Und was sie nicht hatten, das wurde beschafft. Als einmal vor Jahren ein spleeniger amerikanischer Eisenbahnkönig auf seiner Jacht eintraf und sich in den Kopf gesetzt hatte, auf einer Stradivari Geige spielen zu müssen, gab es in ganz Jamaika keine Stradivari. So viele hatte der berühmte italienische Geigenbauer nicht hergestellt, dass sie in jeder Ecke der Erde zu haben waren. Ruben’s jedoch beschaffte das Instrument in Miami und ließ es von einer Jacht in einer Rekordfahrt nach Kingston bringen. Übrigens war der Kapitän, der die Stradivari aus Miami nach Kingston gesegelt hatte, kein anderer als Firebird Keene.

Und dieser Firebird Keene stand im Augenblick im sogenannten Store, wo die Ausrüster Proviant in kleineren Mengen bereit hielten und wo die Bestellungen aufgenommen wurden. Jetzt in der Zeit der Mittagssiesta war hier wenig Betrieb. Es hatten nur zwei Clerks Dienst und verpackten die von Eric Keene bestellten Waren. Er selbst lehnte an einem Regal und stopfte sich seine Pfeife.

In diesem Augenblick kamen sie herein. Sie waren zu viert. Alle vier trugen sie die Uniformen der Hafenpolizei. Weiße Mützen, blaue Anzüge mit goldenen Knöpfen wie Schiffsoffiziere. Einer der vier war jener Inspektor McKenzie. Diesmal hatte er keine Polizisten mitgebracht. Diesmal war er mit seinem Chef gekommen, mit Captain Wolfe, einem wahren Riesen von Mann, breitschultrig und mit Fäusten wie Vorschlaghämmer.

Die beiden Clerks hielten ahnungsvoll in ihrem Tun inne und schauten aus großen Augen auf die vier Männer.

Es gehörte für Eric nicht viel dazu, sich auszumalen, dass dieser Einmarsch ihm galt.

Mit Captain Wolfe hatte Eric schon manchen Strauß gefochten. Der Captain und Eric grinsten sich an, und dann fragte Eric erwartungsvoll:

„ Was verschafft mir die Ehre, dass Sie dieses Empfangskomitee selbst anführen, Captain?“

Wolfe war ernst geworden. Er machte schmale Augen und musterte Eric prüfend. Dann donnerte er mit einer Bassstimme los, dass die Gläser in den Regalen zu klirren begannen:

„ Wann haben Sie Black Tiger zum letzten Mal gesehen?“

Eric überlegte, verschränkte die Arme vor der Brust und sagte: „Ich glaube, das ist jetzt fünf Jahre her. Warum, Captain? Verzehren Sie sich vor Sehnsucht nach ihm?“

„ Machen Sie keine blöden Witze. Ich bin nicht hierhergekommen, um mit Ihnen Späßchen zu treiben. Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass Sie ihn seit fünf Jahren nicht gesehen haben. Hören Sie mir gut zu, Firebird! Die Erfinder unserer modernen Welt haben nicht nur Schiffe geschaffen, die mit Dampfantrieb übers Wasser fahren, sie haben auch etwas erfunden, was man allgemein Telegrafie nennt. Mit Hilfe dieser Telegrafie, lieber Freund, ist es möglich, dass Nachrichten zu mir gelangen, bevor Sie einen Hafen erreicht haben. Sie sind aus Maracaibo gekommen.“

„ Natürlich, so habe ich es angegeben, als mein Schiff festgemacht worden ist.“

„ Na also. Was sagen Sie dazu, dass vor sieben Tagen im Golf von Venezuela, also gar nicht weit von Maracaibo entfernt, der französische Dampfer GANNAT von Piraten Black Tigers geentert worden ist? Die Offiziere wurden umgebracht. Die übrige Besatzung, soweit sie sich nicht gewehrt hatte, in die Boote geschickt. Das Schiff selbst ist seitdem spurlos verschwunden. Und davon wollen Sie nichts wissen?“

„ Nicht die Bohne“, erklärte Eric unbefangen. „Denn ich bin schon vor elf Tagen aus Maracaibo abgesegelt.“

„ Aha“, meinte der Captain und verschränkte nun ebenfalls die Arme vor der Brust. Er begann auf den Absätzen zu wippen und sah, da er etwas größer war als Eric, auf den anderen herunter. „Nun ist es ja auch gar nicht so weit von dort. Sie brauchen keine elf Tage von da bis hierher. Vorhin sind Sie eingelaufen, da werden Sie mir sicher genauestens erklären können, wo Sie in der Zwischenzeit gewesen sind. Kommen Sie mir nur nicht damit, dass Sie schlechten Wind hatten. Er war für die aus Venezuela kommenden Schiffe so günstig wie nie. Er kommt schon seit drei Wochen aus Süden. Was wollen Sie mir jetzt sagen?“

„ Was soll ich Ihnen sagen? Ich bin noch in Santo Domingo gewesen. Auch das kann ich nachweisen.“

„ Hören Sie, Firebird, ich habe mir Ihre Ladepapiere angesehen. Sie hatten keine Fracht nach Santo Domingo.“

„ Hatte ich nicht. Ich kann trotzdem fahren, wohin ich will. Es gab keinen Grund für mich, meine Ladung schnell hierher zu bringen. Sie war nicht eilig.“

„ Was, zum Teufel, haben Sie in Santo Domingo gemacht?“

„ Das geht Sie nichts an. Es gibt eine ganze Menge von Sachen, über die ich einfach mit niemandem rede. Mit Ihnen so wenig wie mit Ihrer obersten Herrin, Ihrer Majestät der Queen.“

Der Captain reagierte, als habe er nichts anderes erwartet.

„ Nun gut“, sagte er, ließ die Arme sinken und hakte sie in den Gürtel ein. „Ich will Ihnen etwas erklären. Nach Auskunft der Leute, die in die Boote entlassen wurden und relativ schnell Verbindung mit den Behörden aufnehmen konnten, waren an der Geschichte zwei Schiffe beteiligt. Ein zweites Schiff hatte sozusagen zur Sicherheit weiter entfernt gelauert. Bei dem Enterkommando sind drei Männer ganz klar erkannt worden. Patrick Maringo genannt Black Tiger, der Führer dieser Piratenbande, dann sein überall bekannter und berüchtigter Steuermann Frisco und schließlich Redeye Johnson. Von zwei weiteren Männern, die sich besonders in ihrer Grausamkeit hervorgetan hatten, gibt es Beschreibungen. Eine trifft ziemlich genau auf Mumpy zu, die andere aber auf einen Mann, der Ihnen ähnlich sieht Verdammt ähnlich, wenn ich Sie mir so ansehe.“

„ Womit habe ich soviel Ehre verdient?“, höhnte Eric.

„ Durch Ihre Vergangenheit, mein Lieber. Sie haben zwar schon eine Menge Husarenstückchen geritten, für die viele Leute hier begeistert in die Hände klatschen, aber ich entsinne mich auch sehr genau der Geschichten, die außerdem am Rande passiert sind. Und wo wir gerade von Maracaibo gesprochen haben, da war doch vor einem halben Jahr auch ein ziemlicher Tanz, nicht wahr? Sie und Ihre Mannschaft haben doch da mehrere Kneipen zerlegt, nicht wahr?“

„ Wirklich?“, fragte Eric in gespielter Ahnungslosigkeit.

Unbeirrt fuhr der Captain in seinem Bericht fort:

„ Da war ein Polizeikorporal mit zwölf Männern, von denen mussten nachher vier ins Krankenhaus. Auch der Korporal bekam eine Menge ab. Er hat, wenn ich richtig unterrichtet bin, fast einen Monat im Hospital gelegen.“

„ Kann sein“, gab Eric zu. „Der Korporal hieß übrigens Carpentero. Ich nehme an, er heißt heute noch so. Der Arzt hat ihn, soviel ich erfahren habe, sehr gut zusammengeflickt. Im übrigen hatte ihm der Polizeichef von Maracaibo Lopez geraten, uns in Ruhe zu lassen. Lopez ist der Ansicht, wenn Seeleute etwas unter sich auszumachen haben, dann sollen sie das tun. Aber dieser neunmalkluge Carpentero konnte es nicht lassen.“

„ Und wie war es in Saint Johns?“, erkundigte sich der Captain.

„ Saint Johns? Eine wunderbare kleine Stadt auf der Insel Antigua.“

„ Das der britischen Krone untersteht, lieber Freund“, erinnerte ihn der Captain. „Und es war ein britischer Beamter, den Sie zusammengeschlagen haben.“

„ Sie meinen diesen Spinner, der mir den Frachtlohn nicht auszahlen wollte, weil von zwölftausend Flaschen schottischem Whisky drei gefehlt haben.“

„ Der Spinner, wie Sie ihn nennen, war, wie gesagt, ein Beamter der britischen Krone. Und Sie haben ihn so verprügelt, dass er von einem Arzt behandelt werden musste.“

„ Ich hätte ihn mit auf See nehmen und kielholen sollen, aber schön langsam, damit er etwas davon hat, bevor er wieder an der anderen Seite an Deck geholt wird. Wissen Sie, Captain, was hinter uns gelegen hat? Für die verdammten zwölftausend Flaschen Whisky hatten wir eine Fahrt hinter uns von Glasgow bis Antiqua, die möchte ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen. Die Leute im Hafen von Saint Johns haben sich auf die Schenkel geklopft vor Freude, als ich es diesem Hundesohn besorgt habe.“

„ Das Marineamt Ihrer Britischen Majestät findet das aber weniger komisch, lieber Freund. Und das Marinegericht in England hat einen Haftbefehl auf Sie ausstellen lassen.“

Eric lachte schallend. „Nach einem Dreivierteljahr? Da haben die aber lange genug gebraucht. Donnerwetter! Nur gegen mich oder meine Mannschaft auch?“

„ Nur gegen Sie.“

„ Na wunderbar. Und was jetzt?“

Der Captain wippte immer noch auf seinen Absätzen, er hatte die Daumen in seinen Gürtel gehakt. Jetzt lächelte er grimmig.

„ Ich habe mir etwas überlegt, Firebird. Es ist falsch, wenn man Leute wie Sie nach den Normen beurteilt, die für die übrige Gesellschaft gelten. Bei Ihnen wirkt auch die Medizin nicht, die Gerichte in solchen Fällen verabreichen. Es hat also keinen Zweck, Sie einzusperren oder so etwas. Sie würden sich nur wie ein Märtyrer vorkommen, und die Leute, die so etwas wie Sie bewundern, halten Sie für einen Helden. Ich habe mir etwas Besseres ausgedacht, etwas, das Burschen Ihresgleichen viel mehr zu schätzen wissen.“

Eric grinste erwartungsvoll. „Und das wäre?“ Er ahnte schon, was da gleich kommen würde. Und da sagte es der Captain schon:

„ Ich habe mir gesagt, dass ich Sie so behandeln sollte, wie Sie diesen Beamten in Saint Johns behandelt haben. Ich werde Sie jetzt verprügeln und so grün und blau schlagen, dass Sie sich ein Leben lang an mich und all das erinnern, was Ihnen immer solchen Spaß gemacht hat, damit Sie einmal am eigenen Leibe erfahren, wie gut so etwas tut. Hier, McKenzie, nehmen Sie meinen Gürtel mit dem Säbel, den Rock ziehe ich auch noch aus.“

Eric war ehrlich überrascht. Er hatte es sich jetzt zwar zuletzt denken können, was kommen würde, aber es verblüffte ihn dennoch. Der Captain hatte eine ganz schöne Figur. Aber das war für Eric überhaupt kein Grund, diesen Kampf womöglich vermeiden zu wollen. Einer richtigen Schlägerei war er noch nie ausgewichen. Wenn es also kommen sollte, dann musste es sein.

„ Nun gut“, sagte er. „Und wie sieht es aus. wenn ich mit Ihnen fertig werden sollte, Captain? Fallen dann diese drei über mich her?“

„ Sehe ich aus wie ein Stinktier?“, fragte der Captain gekränkt. „Verdammt, Mann, ich bin Captain Wolfe und ich hoffe nicht, dass Sie eine Sekunde lang annehmen, ich könnte mich wie eine Klapperschlange benehmen.“

Unmittelbar nach dieser Feststellung legte er los. Er sprang mit einer Behändigkeit nach vorn, die einem so großen und schweren Mann so leicht niemand zugetraut hätte, aber er war unheimlich beweglich. Und das bewies er gleich am Anfang. Mit einer blitzschnellen Geraden erwischte er Eric an der Schulter. Der Stoß war so heftig, dass es Eric regelrecht im Kreis drehte. Aber noch in der Bewegung feuerte Eric zurück.

Aus der Drehung heraus landete er einen rechten Haken an Wolfes linker Schläfe und dann einen Rammer in die Lebergegend des Captains, wurde aber selbst von einem Volltreffer gegen die Brust bis gegen das Regal zurückgeworfen. Und dort wollte ihn Wolfe festnageln. Er ließ eine Gerade auf Eric los, und die kam mit der Rasanz eines Pferdehufes.

Im letzten Augenblick gelang es Eric auszuweichen.

Wolfes Rechte donnerte mit voller Wucht gegen das Holz des Regals. Das Holz splitterte, ein paar Dosen und Gläser fielen herunter. Glas zerschlug am Boden.

Eine Sekunde lang verzog Wolfe schmerzvoll das Gesicht und nahm die schützende Linke nach unten.

Als Eric das Gesicht des Gegners völlig deckungslos sah, feuerte er kurz hintereinander zwei Schläge, erst links, dann rechts, und er traf beide Male mit unheimlicher Wucht.

Der Schlag schlug Wolfes Kopf in den Nacken. Wolfe taumelte zurück, und Eric stieß auf der Stelle nach. Zwei Schläge links, einer rechts, dann noch ein Tiefschlag in die Lebergegend, ein Hammer mit Erics Rechter von oben auf die Mundpartie des Riesen. Und dann wurde der große schwere Mann gegen das gegenüberliegende Regal geschleudert.

Mit einem Satz sprang ihm Eric nach und wollte mit dem Captain dasselbe machen wie der vorhin mit ihm, indem er ihn an dem Regal festnagelte.

Aber er hatte den Captain unterschätzt. Der war nicht so angeschlagen, wie es schien, riss geistesgegenwärtig im letzten Augenblick das Knie hoch und Eric sprang regelrecht in dieses Knie hinein.

Dieser Schlag in den Unterleib nahm ihm die Luft. Ihm wurde schwarz vor Augen, er taumelte rückwärts und prallte nun seinerseits an das gegenüberliegende Regal.

Aber auch Wolfe war angeschlagen und musste Luft schöpfen. Doch er war schneller wieder fit als Eric. Langsam setzte sich der Riese in Bewegung, kam breitbeinig auf Eric zu.

Eric sah ihn nur wie durch einen Schleier, erkannte nur die Umrisse des Gegners, und da trafen ihn schon die ersten Schläge.

Er riss schützend beide Arme hoch und konnte so das Schlimmste verhindern. Aber nun überkam den Captain die Wut. Er drosch auf Erics Körper ein und erwischte gewollt oder ungewollt eine Stelle, die man als die empfindlichste beim Mann ansehen muss.

Eric schrie auf, nahm die Hände von oben, um den Unterleib zu schützen, und eine Schmerzwelle raubte ihm fast den Verstand.

Da holte der Captain zu einem alles beendenden Schwinger aus, mit dem er Erics Kopf treffen wollte.

Mehr instinktiv als bewusst zuckte Eric nach unten, und der Schwinger fauchte über ihn hinweg.

Vom eigenen Schwung nach vorn gerissen, flog der Riese auf Eric, prallte gegen ihn, und Eric riss nun ebenfalls das Knie hoch, stieß mit beiden Fäusten zu und setzte alle Kraft in diese Schläge.