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Mordlüsterne Damen, blutdürstende Vampire und habgierige Bösewichte treiben ihr makaberes Spiel mit ihren Opfern. Doch trotz aller Hinterliste, Raffinesse und Mordlust darf auch gelacht werden, denn der schwarze Humor ist in jeder der drei Erzählungen mit dabei! Und eines ist gewiss: das dicke Ende kommt! Allerdings ganz anders, als Sie es erwarten... Klaus Enser-Schlag, Hörspielautor der SRF-Serie "Schreckmümpfeli", garniert seine gruseligen Stories wie gewohnt mit Witz und einer überraschenden Pointe, ganz nach dem Motto: Mord kann auch eine Menge Spaß machen!
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Seitenzahl: 42
Veröffentlichungsjahr: 2019
Henkersmahlzeit
Horst stopfte den gekochten Schinken in sich hinein, als ginge es ums Leben.
„Dabei hat das arme Schwein sein Leben lassen müssen – für seine Fresslust“, dachte sich Magda und schaute ihren Mann böse an. Doch es war beileibe nicht Horsts gesunder Appetit, welcher sie zur Weißglut brachte.
„Du musst endlich eine Therapie machen“, fuhr sie ihren Mann an.
„Was? Warum?“, fragte Horst schmatzend. Dann rülpste er laut. Die saure Geruchsfahne, welche dabei aus seinem Mund entwich, traf Magda mitten ins Gesicht. Angeekelt wiederholte sie: „Du musst jetzt endlich einen Therapeuten aufsuchen. So kann es einfach nicht mehr weiter gehen“.
Horst blickte Magda verächtlich an. Er wusste genau, worauf sie anspielte.
„Du meinst also, nur weil ich ab und zu spiele, bin ich krank“.
„Ab und zu?!“, ereiferte sich Magda. „Du bist spielsüchtig und das weißt du auch ganz genau!“
Horst lachte. Wie immer, wenn sich Magda aufregte, musste er lachen. Ein Grund mehr, warum Magda im Laufe ihres Ehelebens gelernt hatte, Horst zu hassen.
„Wenn du so weitermachst, verlieren wir noch das Haus“, ermahnte sie ihren Göttergatten.
Wieder musste Horst laut lachen. Verdammt, er nahm sie überhaupt nicht ernst!
„Nun mach aber mal einen Punkt!“, herrschte er sie an. „Immerhin hast du ja noch das Erbe deiner Eltern und…“
„Genau, das habe ich!“, rief Magda böse. „Und eines schwöre ich dir: Nie und nimmer wirst du das auch noch verpulvern!“
Horst schwieg. Er hatte seiner Frau heute etwas beichten wollen und wusste nicht, wie er es anstellen sollte, damit sie nicht gleich ohnmächtig wurde.
„Ähm…Magda…da ist noch was“, stotterte er und Magda war augenblicklich alarmiert. Wenn Horst stotterte, bedeutete das nichts Gutes.
„Was?“, fragte sie ungeduldig.
„Nun, die…die goldene Taschenuhr deines Vater…“
„Was ist damit?“
„Ich habe sie verkauft…“
Magda wurde es jetzt tatsächlich ein bisschen schwarz vor den Augen.
„Du hast was?“
„Nun ja, ich hatte Spielschulden und…“
„Du bist wohl völlig übergeschnappt!“, schrie Magda los und ihre Zornesader auf der linken Schläfe drohte, aus der Haut zu treten.
„Papas goldene Uhr! Die war sehr wertvoll!“
„Hab ja auch viel dafür bekommen“, erwiderte Horst und grinste wie ein Honigkuchenpferd.
„Mein Vater würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass…“
„Weiß er aber nicht“, unterbrach Horst seine Frau. „Und deshalb wird er auch keinen Drehwurm bekommen. Und jetzt Schluss mit dem Thema! Hol´ mir lieber noch etwas von diesem köstlichen Schinken!“
Wie betäubt stand Magda auf und verließ das Esszimmer. Egal, was Horst in diesem Moment von ihr verlangt hätte, sie hätte es getan. Wenn sie nur nicht mehr mit ihm im selben Zimmer sein musste! So konnte es einfach nicht weitergehen.
Sie ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Es war kein Schinken mehr da. Als Magda die Kühlschranktüre schloss, riss sie ein Gedankenblitz jäh aus ihrer Erstarrung. Ihr Adrenalinspiegel schnellte empor wie eine giftige Viper und verlieh ihr einen neuen Energieschub. Sie musste etwas tun. Und zwar jetzt…
Horst saß unterdessen am Esszimmertisch und blickte verstimmt drein.
„Mein Gott, dass sie immer alles so dramatisieren muss“, dachte er grimmig. „Ich soll eine Therapie machen und sie spielt das Opferlamm“.
Horst war auf keinen Fall zu einer Therapie bereit.
„Irgendwann mache ich den ganz großen Gewinn“, dachte er hoffungsvoll. „Und dann wird Magda den Mund nie mehr so voll nehmen“.
Als seine Frau wieder das Esszimmer betrat, blickte Horst nicht vom Tisch auf. Stattdessen fragte er wie beiläufig: „Na? War noch etwas Schinken da?“
„Nein, tut mir leid“, hörte er seine Frau sagen. „Das hier war dein Henkersmahl“.
Horst reagierte zu spät. Als er aufblickte, sah er etwas Blitzendes auf sich niedersausen. Sein letzter Gedanke galt einem Roulette-Tisch und einem Croupier, welcher ihm zurief:“Rien ne va plus! (Nichts geht mehr!)“ Dann spaltete das Beil seinen Schädel.
Adele war an diesem Tag schon früh zu Bett gegangen. Sie hatte ihre monatliche Migräne und war dementsprechend schlecht gelaunt. Obwohl sie zwei Schmerztabletten eingenommen hatte, war an Schlaf nicht zu denken. Manchmal war es so schlimm, dass sie sich übergeben musste.
Adele lag regungslos im Bett und hörte dem Regen zu, welcher gleichmäßig und beruhigend aufs Dach plätscherte.
Allerlei Dinge gingen ihr durch den gemarterten Kopf.
„Ich muss unbedingt den Klempner kommen lassen“, dachte sie und erinnerte sich mit Unbehagen an den großen nassen Fleck, der sich immer dann, wenn es regnete, an einer der Kellerwände zeigte.
Ihr Häuschen war schon in die Jahre gekommen, deshalb stellten die Handwerker immer öfter saftige Rechnungen aus.
Adele fühlte sich in dieser Reihenhaussiedlung nicht immer wohl, denn die neugierigen Nachbarn waren ihr ein Gräuel. Doch in ihrem Alter wollte sie nicht mehr umziehen, außerdem konnte sie sich eine horrende Miete schon allein wegen ihrer überschaubaren Rente nicht leisten. Zudem war das Haus ihr Eigentum. Adele war schon seit 11 Jahren Witwe und das, was man ein Gewohnheitstier nannte. Also ärgerte sie sich lieber über die Neugier ihrer Nachbarn, als noch einmal einen Neuanfang zu wagen.
Ihre Schwester Magda wohnte mit Ehemann Horst nur drei Häuser weiter. Die Schwestern verstanden sich gut, allerdings war Adele mit Horst nie so ganz warm geworden. Er war ihr zu einsilbig und zu stur. Außerdem wusste natürlich auch Adele von der Spielsucht ihres Schwagers. Regelmäßig gab sie ihrer Schwester deshalb den guten Rat: „Trenn dich doch endlich von diesem Kerl. Der bringt dich noch an den Rand des Bettelstabes“.