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2 neue Short-Stories von dem Autor Klaus Enser-Schlag. In "Stellenangebot" wird dem arbeitslosen Peter Biegler ein wahrhaft mörderischer Job zu einer außergewöhnlich guten Bezahlung angeboten. Doch als Biegler annimmt, ahnt er nicht, dass er damit in eine bitterböse Intrige verwickelt wird... In der zweiten Erzählung"Kinderschreck" lernen zwei liebe, kleine Jungen ihren Nachbarn das Fürchten. Stefan Ebner zieht in ein Drei-Familien-Haus und bekommt umgehend die Nachteile seines sozialen Status' zu spüren: Er ist Single und möchte daheim in Ruhe arbeiten. Doch die beiden Jungs der Familie Klinger vereiteln dies immer wieder und auch die Eltern haben kein Einsehen. "Kinder müssen spielen!" lautet deren Devise, egal, welche nervlichen Belastungen bei den restlichen Nachbarn entstehen. Doch dann geschieht etwas Schreckliches im Haus und Stefan Ebner weiß dies geschickt auszunutzen... Wieder einmal nimmt der Autor Klaus Enser-Schlag "sozial adäquate" Verhaltensweisen auf die Schippe. Schwarzer Humor und Ironie dürfen dabei natürlich nicht fehlen. Egal, ob mörderische Greise oder schreckliche Kinder: Hier werden sie auf morbide und ironische Weise durch den Kakao gezogen, ganz nach der Devise des Autors: "Man soll das Leben nicht zu ernst nehmen und böse Zeitgenossen - wenn es nicht anders geht - leben lassen..."
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Seitenzahl: 54
Veröffentlichungsjahr: 2017
Stellenangebot
Ich hatte wieder einmal einen Job hingeworfen, besser gesagt, man hatte sich in „gegenseitigem Einvernehmen“ von mir getrennt. So unrecht war mir das gar nicht. Wer spritzt schon gerne Tag für Tag verdreckte Autos in einer Waschanlage ab? Zudem gab es blöde Kollegenwitze, zickige Kunden und ein Vorgesetzter, dessen Launen in dramatischer Geschwindigkeit wechselten. Meistens war er schlecht drauf und das färbte natürlich auf das allgemeine Betriebsklima ab.
Deshalb war ich nicht unbedingt traurig, als ich an jenem Nachmittag frank und vogelfrei vom Arbeitsamt nach Hause ging. Ich wusste, dass ich mich „intensiv“ um einen neuen Job bewerben musste, sonst war es mit der Arbeitslosenunterstützung Essig. Jetzt musste ich erst einmal diese verdammte Sperrzeit überbrücken, denn ich war von meinem Chef verhaltensbedingt gekündigt worden. Dabei hatte ich doch nur laut gesagt, was alle anderen dachten, deshalb fand ich die Titulierung „Arschloch“ gar nicht so dramatisch.
Als ich schon fast bei meiner Wohnung angekommen war, sah ich an einem Baum einen Zettel hängen. Eine zittrige Handschrift hatte dem weißen Blatt seine Unschuld genommen.
„Interessante Tätigkeit bei sehr guter Bezahlung“ versprach die Botschaft. Darunter war eine Telefonnummer angegeben. Ich überlegte kurz. Der Schrift nach zu urteilen, musste der oder die Schreibende entweder uralt oder betrunken gewesen sein. Vielleicht ein alter Mensch, der pflegerische Hilfe suchte. Nein, das war sicher nichts für mich. Irgendeinem alten Quälgeist die Pisse wegschütten und den Schwachsinn vergangener Zeiten über mich ergehen lassen, war absolut nicht meine Vorstellung von einer interessanten Tätigkeit. Doch wer wusste schon, was sich hinter dieser Anzeige verbarg? Vielleicht war es eine alte Dame, die keinen Erben hatte und welche für ein bisschen Speichelleckerei ihr Vermögen in Aussicht stellte…
„Wenn ich nicht gleich mit ihr pennen muss, soll’s mir recht sein“, dachte ich, riss den Zettel vom Baum herunter und wählte einige Minuten später die angegebene Telefonnummer.
Nach langem Klingeln meldete sich ein Mann. Gemäß seiner Stimme schätzte ich ihn auf ungefähr 135 Jahre.
„Ich melde mich wegen Ihrer Anzeige. Die auf dem Baum“, sagte ich ein wenig unbeholfen.
„Ich habe auch nur diesen einen Zettel geschrieben“, meinte der Uralt-Mensch.
„Kein Wunder“, dachte ich. „Als der Alte mit dem Schreiben anfing, wusste er vermutlich gar nicht, ob er den Satz noch zu Ende würde bringen können“.
„Sind Sie ein kräftiger, junger Mann?“, krächzte der Alte und ich bekam einen Schreck. Nein, auf irgendwelche abartigen Spielchen mit mir würde der Greis nicht hoffen können. Egal, wie abgebrannt ich auch sein mochte: Einen Rest von Ehre wollte ich mir stets bewahren.
„Ich bin ganz gut gebaut“, sagte ich etwas zurückhaltend. „Das bedeutet aber nicht, dass ich…“
„Ich bin nicht schwul“, entgegnete der Alte wie aus der Pistole geschossen. Seine schnelle und richtige Einschätzung meiner bruchstückhaften Erklärung zeigte mir, dass der Dinosaurier offensichtlich einen messerscharfen Verstand besaß. Kaum, dass mir diese Erkenntnis durch den Kopf schoss, krächzte der alte Rabe schon weiter.
„Für diese Tätigkeit wäre es ganz einfach von Vorteil, dass Sie von kräftiger Gestalt sind. Aber keine Bange: Sie müssen sich in keiner Weise sexuell betätigen“.
„Wenn du eine geile Ur-Ur-Urenkelin hättest, wäre ich bestimmt nicht abgeneigt“, dachte ich belustigt, antwortete stattdessen aber:
„Und wie sieht diese interessante Tätigkeit nun im Detail aus?“
„Das würde ich mit Ihnen ganz gerne unter vier Augen besprechen“, antwortete der mysteriöse Greis. „Hätten Sie morgen Abend, so gegen 19 Uhr, Zeit?“
Ich überlegte kurz, dann sagte ich zu. Was hatte ich schon zu verlieren? Der Alte nannte mir die Adresse und meinte dann abschließend:
„Bitte, seien Sie pünktlich. Ich lege Wert auf Zuverlässigkeit. Falls Sie da schon versagen, erledigt sich die Angelegenheit von selbst“.
Ich versprach, zur vereinbarten Zeit am vereinbarten Ort zu sein und beendete das Gespräch. In der Nacht träumte ich von einem alten Mann, der in einem Rollstuhl saß und mich mit einem großen Küchenmesser verfolgte. Schweißgebadet fuhr ich aus dem Albtraum hoch. Mein Herz raste wie verrückt und mein Mund fühlte sich so trocken an wie die Wüste Gobi. Ich hoffte inständig, dass dieser Traum kein böses Omen war…
Als ich am vereinbarten Abend vor jenem Haus stand, wusste ich, dass hier mit Sicherheit was zu holen war: Es handelte sich nicht nur einfach um ein Haus, sondern um eine Jugendstilvilla, dessen prächtige, gepflegte Fassade allein schon einen Aufschluss darüber gab, wie es hinter ihr ausschauen musste. Da hatte ich ganz offensichtlich einen Goldfisch am Angelhaken. Jetzt kam es nur noch darauf an, welcher Job sich hinter all dem verbarg.
Auf mein Klingeln öffnete mir nach geraumer Zeit ein alter Mann. Er war wirklich schon sehr betagt, saß aber nicht im Rollstuhl und wirkte erstaunlich vital. Besonders seine Augen wirkten sehr lebhaft. Mit durchdringendem Blick sah er mich an. Vermutlich wollte er schon mal im Vorfeld seinen potentiellen neuen Arbeitnehmer abchecken.
„Kommen Sie bitte herein“, meinte er. Ich hatte die Feuertaufe wohl bestanden.
Das Zimmer, in welches mich der Alte führte, entsprach voll und ganz meinen Erwartungen. Der Raum wäre eher als Ballsaal durchgegangen. Er war vollgestopft mit allerlei Antiquitäten. Allein diese kleine Intarsien-Kommode und der daneben stehende Rokoko-Schreibtisch waren wahrscheinlich um ein Vielfaches mehr wert, als meine gesamte Wohnungseinrichtung.
„Nehmen Sie bitte Platz“, sagte der Alte freundlich, aber bestimmt. Seine Stimme erschien mir in natura längst nicht so brüchig wie am Telefon.
„Whiskey oder Cognac?“, hörte ich ihn fragen.
„Ähm…Cognac wäre nicht schlecht“, meinte ich befangen.
Als hätte ich es schon geahnt, holte der Alte eine Flasche Hennessy aus der antiken Hausbar und füllte einen edlen Cognacschwenker mit der sündhaft teuren Flüssigkeit.
„Danke, Herr…Herr…“
Jetzt erst bemerkte ich, dass ich noch nicht einmal den Namen meines potentiellen Arbeitgebers wusste, denn an der Klingel der vornehmen Villa hatte ich kein Namenschild gefunden.
„Merian. Adalbert von Merian“, stellte er sich vor und ich fand, dass sich dieser Name wunderbar mit dem ganzen Luxus hier verband . Womöglich hatte er sich diesen Namen passend zur Villa zugelegt…
„Ich heiße Peter Biegler“, meinte ich und schämte mich fast ein wenig, dass mein Name im Vergleich zu seinem so banal klang.
„Darf ich fragen, welchen Beruf Sie ausüben?“, fragte mich Herr von Merian.
„Ich…ich bin…also momentan bin ich…“
„Aha, also ohne Job“, folgerte der alte Sack aus meinem Gestammel goldrichtig. Wieder war ich über seine schnelle Auffassungsgabe erstaunt.
„Nun ja, Sie haben recht, zur Zeit sieht es düster aus“, pflichtete ich ihm bei.
„Wollen Sie 20.000 Euro verdienen?“, fragte mich der Greis unvermittelt und ich fiel vor Schreck und Überraschung fast vom Stuhl.
„20.000 Euro?“, wiederholte ich heiser und musste dreimal schlucken. „Was…was muss ich dafür tun?“
„Nicht viel“, meinte der Alte und fixierte mich mit scharfem Blick. „Sie müssen dafür lediglich meine Frau umbringen“.
„Sie sind ja verrückt!“, schrie ich und verschüttete in meiner Erregung einen Teil des kostbaren Cognacs. Unbeeindruckt schenkte mir der Alte nach.
„Ihre Reaktion ist verständlich“, meinte er lächelnd. „Aber bedenken Sie: 20.000 Euro…steuerfrei…für einen Job, der Sie nur ein wenig Zeit kostet“.
Anstatt zu gehen, trank ich meinen Cognacschwenker in einem Zug aus. Herr von Merian schenkte lächelnd nach.