Hohlbein Classics - Damona und der Leichenhändler - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Hohlbein Classics - Damona und der Leichenhändler E-Book

Wolfgang Hohlbein

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Beschreibung

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.


Die Story: Die Zelle war so klein, dass sie kaum Platz für die schmale Pritsche, den an der Wand angeschraubten Tisch und den winzigen Schemel bot. Es war kalt. Die rostzerfressenen Rippen des Heizkörpers kämpften vergeblich gegen den eisigen Hauch an, der in der Luft hing; das geriffelte Sicherheitsglas des Fensters war blind geworden und mit blassen, bizarr geformten Eisblumen bewachsen. Aber es war eine Kälte, die nicht natürlichen Ursprungs war. Es war der Hauch des Jenseits, der in die winzige Gefängniszelle herüberwehte.

"Damona und der Leichenhändler" erschien erstmals am 21.02.1984 unter dem Pseudonym Ryder Delgado als Teil der "Damona-King"-Serie in der Reihe "Gespenster-Krimi".


Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.


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Seitenzahl: 130

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Inhalt

CoverHohlbein ClassicsÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumDamona und der LeichenhändlerVorschau

Hohlbein Classics

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Über diese Folge

Damona und der Leichenhändler

Ein Gespenster-Krimi

Die Zelle war so klein, dass sie kaum Platz für die schmale Pritsche, den an der Wand angeschraubten Tisch und den winzigen Schemel bot. Es war kalt. Die rostzerfressenen Rippen des Heizkörpers kämpften vergeblich gegen den eisigen Hauch an, der in der Luft hing; das geriffelte Sicherheitsglas des Fensters war blind geworden und mit blassen, bizarr geformten Eisblumen bewachsen. Aber es war eine Kälte, die nicht natürlichen Ursprungs war. Es war der Hauch des Jenseits, der in die winzige Gefängniszelle herüberwehte.

»Damona und der Leichenhändler« erschien erstmals am 21.02.1984 unter dem Pseudonym Ryder Delgado als Teil der »Damona-King«-Serie in der Reihe »Gespenster-Krimi«.

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

WOLFGANG

HOHLBEIN

Damona und der Leichenhändler

Ein Gespenster-Krimi Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Gespenster-Krimi

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1423-6

Damona und der Leichenhändler

Ein Gespenster-Krimi von Ryder Delgado

Die Zelle war so klein, dass sie kaum Platz für die schmale Pritsche, den an der Wand angeschraubten Tisch und den winzigen Schemel bot. Es war kalt. Die rostzerfressenen Rippen des Heizkörpers kämpften vergeblich gegen den eisigen Hauch an, der in der Luft hing; das geriffelte Sicherheitsglas des Fensters war blind geworden und mit blassen, bizarr geformten Eisblumen bewachsen. Aber es war eine Kälte, die nicht natürlichen Ursprungs war.

Es war der Hauch des Jenseits, der in die winzige Gefängniszelle herüberwehte …

Der Mann auf der Pritsche regte sich stöhnend. Er hatte geschlafen, seitdem man ihn hierher gebracht hatte; einen tiefen, todesähnlichen Schlaf, aus dem ihm selbst die Männer, die ein paar Mal gekommen waren, um ihn zum Verhör abzuholen, nicht wecken konnten. Später war ein Arzt in der kleinen Zelle erschienen, hatte ihn untersucht und irgendetwas von Schock gemurmelt.

Margester hatte alles gehört. Obwohl er schlief, nahm er alles wahr, was um ihn herum vorging, aber er war nicht fähig, darauf zu antworten oder irgendwie zu reagieren. Er spürte selbst, dass dieser Schlaf nicht natürlich war, und der Gedanke machte ihm Angst.

Jetzt aber erwachte er. Vielleicht war es die Kälte, die sich wie ein übler Hauch in seiner Zelle eingenistet hatte, vielleicht auch etwas anderes. Er bewegte sich unruhig, öffnete die Augen und blickte gegen die nackte, unverputzte Betondecke der Zelle. Seine Erinnerungen wirbelten wild durcheinander. Für einen Moment hatte er Schwierigkeiten, sich darauf zu besinnen, wie er überhaupt hierhergekommen war. Ein Name erschien in seinem Gedächtnis: Penny Parker. Dann ein anderer: Carol Braden. Dann …

Margester fuhr mit einem unterdrückten Schrei von seiner Pritsche hoch. Plötzlich erinnerte er sich, an jedes Detail der letzten vierundzwanzig Stunden. Damona King!, dachte er hasserfüllt. Sie war es, die weiße Hexe, die ihn hierher gebracht hatte, die in wenigen Augenblicken alles zerschlagen hatte, wofür er jahrelang gearbeitet hatte.

Die Kälte wurde schlimmer. Margester setzte sich vollends auf, schlug den Kragen seiner dünnen Jacke hoch und schlang fröstelnd die Arme um den Oberkörper. Zitternd schwang er die Beine von der Pritsche, stand auf und schlurfte gebückt zur Heizung. Seine dünnen, bleichen Finger strichen über die rostigen Metallrippen und fühlten die Wärme, aber sie schien nicht in seinen Körper vorzudringen. Es wurde immer kälter. Die Temperaturen mussten sich jetzt hier drinnen irgendwo um den Gefrierpunkt bewegen.

Margesters Zähne schlugen klappernd aufeinander. Er drehte sich um, schlurfte zur Tür und hob die Hand, um dagegen zu schlagen und auf sich aufmerksam zu machen. Er würde erfrieren, wenn er noch lange hier drinnen war!

Aber er führte die Bewegung nie zu Ende.

Ein helles, knisterndes Geräusch wie der Laut einer elektrischen Entladung erfüllte plötzlich die Zelle. Margester drehte sich instinktiv herum, schloss geblendet die Augen und schlug mit einem erschrockenen Keuchen die Hände vor das Gesicht.

Ein unerträglich helles, weißes Licht strahlte hinter ihm. Er hörte Geräusche; Laute, die sich wie Worte anhörten und doch vollkommen anders waren.

»Margester!«

Der Leichenhändler fuhr wie unter einem Peitschenhieb zusammen, als er seinen Namen hörte. Die Stimme entstand direkt in seinem Kopf, und sie hämmerte mit solcher Wucht in seine Gedanken, dass er sich wie unter Schmerzen krümmte.

»Was … was willst du?«, fragte er stöhnend. Ein hohles, geisterhaft widerhallendes Lachen antwortete ihm.

»Du bist ein Narr, Margester«, antwortete die lautlose Stimme. »Und du hast versagt. Du kennst die Strafe, die auf Versagen steht.«

Jetzt, erst in diesem Moment, begriff Margester, wen er da wirklich vor sich hatte. Bisher war alles viel zu schnell gegangen, und er war viel zu verwirrt gewesen, um wirklich denken zu können.

»Die BRUDERSCHAFT!«, keuchte er. Erschrocken wich er zurück, presste sich gegen die Zellentür und fuhr mit den Händen über das kalte Metall. »Die … die BRUDERSCHAFT hat dich geschickt!«

»Natürlich«, antwortete die Stimme. Sie klang jetzt eindeutig ungeduldig. »Wir stehen zu unserem Wort, Margester, aber wir bestrafen auch diejenigen, die unseren Ansprüchen nicht genügen und versagen. Du wirst sterben. Es war deine Aufgabe, Damona King zu vernichten, und du hast es nicht getan!«

»Nein!«, keuchte Margester. »Ich … sie hat mich hereingelegt. Sie hat …«

»Schweig!«, unterbrach ihn die Stimme. Das Licht leuchtete stärker und brannte jetzt selbst durch Margesters geschlossene Lider; so grell, dass er die verschwommene Gestalt, die sich hinter der weißen Lichtflut abzeichnete, erkennen konnte.

»Du wirst sterben«, fuhr der Dämon fort. »Aber wir haben beschlossen, dir eine letzte Chance zu gewähren. An deinem Urteil wird sich nichts ändern, aber wir geben dir die Möglichkeit, die Frau, die an deinem Schicksal Schuld trägt, noch zu bestrafen. Du kannst dich rächen, Margester. Willst du das?«

Margester schwieg. Seine Gedanken weigerten sich, in geordneten Bahnen zu laufen. Seine Kehle war wie zugeschnürt. In seinem Kopf war nur Platz für einen einzigen Gedanken, einen einzigen Namen: Damona King. Ihretwegen war er hier. Ihretwegen war dieser Lichtdämon erschienen, um ihn zu töten. Ihretwegen war …

»Nun?«, hämmerte die gedankliche Stimme in seinen Schädel. »Hast du dich entschieden?«

Margester nickte. Die Bewegung wirkte abgehackt und unglaublich mühsam. »Ich … werde es tun«, sagte er.

»Dann komm.«

Das weiße Licht flackerte, sank zu einem sanften, glühenden Schimmer herab, und Margester erkannte eine schlanke, menschenähnliche Gestalt unter dem Lichtschirm.

»Wer bist du?«, fragte er.

»Das geht dich nichts an«, antwortete der Dämon. »Die BRUDERSCHAFT hat mich geschickt, und das soll für dich genügen. Ich bringe dich jetzt hier heraus. Du hast vierundzwanzig Stunden Zeit, Margester. Vierundzwanzig Stunden, nicht mehr.«

»Ich … werde es tun«, sagte Margester noch einmal. Seine Stimme bebte vor Hass. Aber der Dämon regte sich noch immer nicht.

»Überlege es dir«, sagte er. »Wenn du wieder versagst, wird deine Strafe furchtbarer sein, als du dir vorstellen kannst.«

»Und wenn … wenn ich sie töte?«

»Wer spricht von Töten, du Narr?«, zischte das körperlose Wesen. »Du sollst sie belasten. Das Ziel der BRUDERSCHAFT ist es, Damona King zu diskreditieren. Wir wollen, dass die Leute, für die sie kämpft, letztlich an ihrem Untergang die Schuld tragen. Sie soll leiden, Margester. Wir werden alles zerstören, was sie liebt, alles vernichten, woran sie hängt, jeden ihrer Freunde, jeden Vertrauten nehmen. Dann, Margester, erst dann, wenn sie am Ende ist, ist unsere Rache komplett. Sie wird darum flehen, dass man sie tötet. Aber noch ist es nicht soweit.«

»Ich tue es«, sagte Margester noch einmal.

Der Lichtdämon schwieg eine Weile. »Gut«, sagte er dann. »Tritt beiseite.«

Margester gehorchte. Das Wesen glitt lautlos an ihm vorbei, und Margester spürte den eisigen, unheimlichen Hauch, der von der grell leuchtenden Gestalt ausging. Hastig wich er bis zur gegenüberliegenden Wand der Zelle zurück und schlug mit einer unbewussten Bewegung den Kragen seiner Jacke hoch. Die Temperaturen waren jetzt in der winzigen Zelle bis weit unter den Gefrierpunkt gefallen.

Der Dämon hob den Arm und berührte flüchtig die Tür.

Etwas Unglaubliches geschah. Das Metall färbte sich weiß, überzog sich zuerst mit Raureif, dann mit glitzerndem, milchig weißem Eis. Ein helles Knistern war zu hören. Margester sah, wie sich die massive Eisentür wie unter einem Krampf wand, wie das Metall rissig und porös wurde und schließlich zerbarst, als die Kälte Minusgrade erreichte, die jenseits aller Vorstellungskraft lagen und sämtlichen Naturgesetzen spotteten. Die Tür zerbröckelte und verwandelte sich in wenigen Sekunden zu glitzerndem, weißem Staub, der lautlos zu Boden rieselte. Draußen auf dem Gang begann eine Alarmsirene zu gellen.

»Komm her!«, befahl die Stimme des Dämonen in Margesters Kopf.

Margester rührte sich nicht von der Stelle. Sein Herz klopfte, als wolle es jeden Augenblick zerspringen. Der Dämon gab einen unwilligen Laut von sich, glitt rasch auf Margester zu und streckte abermals die Hand aus. Seine Geisterfinger berührten Margester flüchtig an der Wange.

Ein ungeheuerlicher Schmerz explodierte in Margesters Körper. Er wollte schreien, aber seine Stimmbänder waren gelähmt, taub von der Welle ungeheuerlicher Kälte, die durch seinen Körper raste.

Aber es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde. Dann wich alles Gefühl aus Margesters Körper, und mit ihm verschwand auch die Angst. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, aber es war eine Schwäche, die beinahe wohltuend war.

Als er wieder sehen konnte, war der Dämon verschwunden.

Draußen auf dem Flur wurden hastige, trappelnde Schritte laut; eine Stimme rief etwas, das Margester nicht verstand. Dann erschien ein Schatten vor der zerstörten Zellentür.

»Was …«, keuchte eine Stimme. »Was ist hier passiert?!«

Margester erwachte endlich aus seiner Erstarrung. Mit einer raschen, gleitenden Bewegung war er bei der Tür und trat auf den Gang hinaus.

Vor ihm stand ein vielleicht dreißigjähriger Mann; schlank, drahtig und dunkelhaarig, in einen Maßanzug gekleidet, unter dessen linker Achsel sich eine verdächtige Wölbung abzeichnete. Einer der FBI-Beamten, die ihn hierher gebracht hatten.

Der Mann fuhr überrascht zurück. Sein Blick wanderte ungläubig von Margester zu der zerstörten Tür und wieder zurück. Aber er überwand seinen Schrecken schnell. Rasch wich er zwei, drei Schritte zurück. Seine Hand zuckte unter die Jacke und kam mit einer großkalibrigen Pistole wieder zum Vorschein.

»Keine Bewegung!«, sagte er warnend. »Ich weiß nicht, wie Sie das gemacht haben, Margester, aber ich schieße Sie über den Haufen, wenn Sie auch nur einen Schritt machen.«

Margester machte keinen Schritt; aber er hob die rechte Hand.

Ein seltsamer, knisternder Laut erfüllte den schmalen Gang; ein Geräusch, als würde irgendwo eine gewaltige Eisscholle von einer noch gewaltigeren Faust zermalmt.

Der FBI-Beamte stieß einen krächzenden Schrei aus, taumelte zurück und starrte aus ungläubig geweiteten Augen auf seine Hand mit der Waffe.

Sie war weiß. Weiß, glitzernd und starr. Sein Arm war bis zum Ellbogen hinauf von einem schimmernden, halbdurchsichtigen Eispanzer umgeben!

Margester kicherte; ein irrer, kaum mehr menschlicher Laut. »So habe ich es gemacht«, sagte er mit einem bösen Grinsen. Langsam, fast gemächlich, trat er auf den FBI-Mann zu, hob die Hand und berührte ihn sanft an der Wange.

Der Beamte keuchte. Sein Gesicht färbte sich weiß, gefror zu schimmerndem, glitzerndem Eis; seine Augen wurden blind und verwandelten sich in milchige weiße Kugeln. Er taumelte, neigte sich wie in einer grotesken Verbeugung zur Seite und schlug mit einem berstenden Laut auf dem Steinboden auf.

Und zerbrach.

Sein Körper zersplitterte wie eine große, gläserne Statue.

Margester blieb einen Moment lang über ihn gebeugt stehen, stieß ein weiteres, wahnsinniges Kichern aus und wandte sich um, als hinter ihm Schritte laut wurden …

***

»Und Sie sind vollkommen sicher, dass dies hier die richtige Adresse ist?«, fragte Damona unsicher.

Der Taxifahrer unterdrückte im letzten Moment ein Seufzen, hob den Kopf und betrachtete seinen weiblichen Fahrgast im Rückspiegel. Er wirkte übernächtigt; wahrscheinlich hatte er, wie viele seiner Kollegen, viel zu lange am Steuer gesessen und wünschte sich nichts sehnlicher, als nach Haus zu können. Stattdessen stand er mit seinem Wagen in dieser eisigen Winternacht seit mehr als einer halben Stunde am Straßenrand und musste zum wahrscheinlich zehnten Male die gleiche Frage beantworten. Das Taxameter lief zwar, aber das tat seiner Ungeduld keinen sonderlichen Abbruch.

»Es ist die richtige Adresse, Miss«, sagte er nach einer Weile. »First Avenue 6501. Da wollten Sie doch hin, oder?«

Damona nickte und schalt sich innerlich eine Närrin. Es war zwanzig nach fünf, und somit kam Crosland um zwanzig Minuten zu spät. Bei einem Wetter wie diesem war das kein Wunder; ganz davon abgesehen, dass er sich wahrscheinlich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Haus schleichen musste, um nicht gesehen zu werden. Immerhin war dieses Treffen hier alles andere als offiziell.

»Sicher«, sagte sie. »Ich …« Sie brach ab, schwieg einen Moment und lächelte unsicher. »Entschuldigen Sie.«

Ein müdes Grinsen huschte über das stoppelbärtige Gesicht des Taxichauffeurs. »Schon gut«, sagte er jovial. »Ich kenne das, wissen Sie?« Er drehte sich um, kramte eine zerknautschte Zigarettenpackung aus seiner schmierigen schwarzen Lederjacke und hielt sie Damona hin. »Auch eine?«

Damona lehnte kopfschüttelnd ab. »Ich rauche nicht«, sagte sie.

»Darf ich?«, fragte der Taxifahrer, während er das weiße Stäbchen bereits zwischen den Lippen hatte. Sein Feuerzeug schnappte auf und verbreitete flackernde gelbe Helligkeit im Wagen.

»Sieht so aus, als hätte Ihr Freund Sie versetzt«, fuhr er nach einem tiefen Zug fort. »Wenn Sie wollen, fahre ich Sie nach Hause. Kostenlos«, fügte er hinzu. »Sie haben genug Geld ausgegeben, und ich hab’ jetzt sowieso Feierabend. Oder Feiermorgen, ganz wie man will.«

Damona schluckte die scharfe Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, im letzten Moment herunter. Das Letzte, wonach ihr im Moment der Sinn stand, war, Konversation mit einem redseligen Taxifahrer zu machen. Aber immerhin meinte es der Mann nur gut.

»Wir warten noch«, sagte sie. »Noch zehn Minuten. Dann bringen Sie mich zurück zum Hotel.«

Der Mann nickte, sog an seiner Zigarette und schnippte die Asche achtlos zu Boden.

Damona betrachtete den brennenden Glimmstängel mit unverhohlener Missbilligung. Jetzt, wo der Wagen mit abgeschaltetem Motor am Straßenrand stand, war die Luft hier drinnen sowieso schlecht geworden, und Damona hatte das Gefühl, schon nach seinen ersten Zügen kaum mehr richtig atmen zu können. Automatisch senkte sich ihre Hand auf die Fensterkurbel. Aber sie führte die Bewegung nicht zu Ende. Draußen war es bitter kalt, und das klapperige alte Yellow Cab, das sie erwischt hatte, verfügte über keinen Luxus wie eine Standheizung. Es war schon jetzt empfindlich kühl hier drinnen.

Na gut, dachte sie resignierend, die letzten zehn Minuten würde sie auch noch überstehen.

Ihr Blick glitt über die nachtdunkle Straße. Die Häuser waren zu schwarzen, flachen Silhouetten geworden, deren dunkle Fensteröffnungen sie wie leere Augenhöhlen anzustarren schienen. Der Wind peitschte dünnen, pulverigen Schnee vor sich her, und der Himmel war grau von tief hängenden Wolken. Das Wetter war urplötzlich umgeschlagen, noch während dieser Nacht. Die Temperaturen waren um mindestens fünf Grad gefallen, und es hatte jetzt seit mehr als zwei Stunden ununterbrochen geschneit. Der Schnee blieb noch nicht liegen; dazu war der Boden noch zu warm, und die gewaltige Stadt würde diese Wärme auch noch tagelang speichern, ehe sie dem Ansturm des Winters endlich nachgab. Trotzdem war es nicht mehr zu leugnen, dass der Herbst endgültig vorüber war und der Winter mit Riesenschritten Einzug hielt.

»Da kommt ein Wagen«, sagte der Taxifahrer.

Damona schrak aus ihren Gedanken hoch und blickte in die Richtung, in die der Chauffeur mit dem brennenden Ende seiner Zigarette wies. Die grellen Lichtkreise zweier Scheinwerfer waren am Ende der Straße aufgetaucht. Ein Wagen. Er fuhr sehr langsam, kaum mehr als Schritttempo. Das musste Crosland sein.