Island mit dem Schiff - Ute Fischer - E-Book

Island mit dem Schiff E-Book

Ute Fischer

0,0

Beschreibung

Das Bereisen von Island, die Sehnsuchtsinsel vieler, bedingt aufwendige Vorbereitungen, wenn man sich alleine auf den Weg macht. Man braucht ein geländegängiges Fahrzeug und mehrere Wochen Zeit für ein paar tausend Kilometer auf der Ringstraße ohne Abkürzungsmöglichkeiten und die unbedingte Reservierung von Übernachtungen. Denn in den klimatisch akzeptablen Sommermonaten strömen 2,3 Millionen Besucher auf die Vulkaninsel. Allein im September 2016 zählte das Touristikamt 378.300 Übernachtungen. Wir bevorzugten eine Schnupperreise über zehn Tage. Die passende Idee fanden wir als Reisereportage in einer Tageszeitung: Flug nach Reykjavik und dann aufs Schiff. Das Expeditionsschiff Ocean Diamond der Reederei Iceland Pro Cruises versprach eine Rundreise mit täglichen Stopps in strategisch wichtigen Häfen, um von dort aus mit Bussen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu erreichen. Abendrobe darf zuhause bleiben. Die Expeditions-Crew besteht aus pfiffigen junggebliebenen Isländern mit guten Deutschkenntnissen und beeindruckendem Hintergrundwissen über das Leben auf Island, über seine Menschen und Schicksale, über die Historie und den ständigen Kampf mit den Naturgewalten. Jeden Abend gibt es einen Port-Talk, der über die Sehenswürdigkeiten des nächsten Tages informiert. Schon zuhause konnte man sich für verschiedene Ausflüge anmelden. Die Stopps sind Stykkishómur, Isafjördur, Siglufjördur, Akureyri, Husavik, Seydisfjördurund auf den Westmänner-Inseln, bei gutem Wetter auch in Djupivögur und auf der Insel Grimsey. Die Busausfüge gehen zur Halbinsel Snaefellsnes mit seiner zerklüfteten Südküste, über die Bergpässe der Westfjorde, zu mehreren Wasserfällen, zum Mückensee, zum Plansch in himmelblauem Thermalwasser, zum blubbernden, zischenden Solfatarenfeld Hverarönd und immer wieder zu Wülsten und Schluchten, wo sich die amerikanische und eurasische Erdplatte auftürmen und auseinanderdriften. Zum Naturreservat Skalanes geht es mit einem Amphibienbus durch reißende Flüsse, Wanderungen und Vorträge weihen ein in das allgegenwärtige Karma der Naturgewalten aus Feuer und Eis und die Anstrengungen von Mensch und Natur, um den Erhalt von Leben auf der Lava. Nach Rückkehr in Reykjavik gingen wir noch auf die Tour zur Allmännerschlucht, zum Geysir Strokkur und zum Gullfoss, dem gewaltigsten Wasserfall Islands. Dank der kenntnisreichen Guides erfuhren wir viel über die Isländer und ihre Sorge vor dem nächsten Winter.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 120

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ein Buch aus dem

Redaktionsbüro Fischer + Siegmund

In den Rödern 13

64354 Reinheim

Fotos: Fischer (19), Siegmund (17)

Cover-Bild: Iceland Pro Cruise

Das Buch wurde nach bestem Wissen zusammengestellt. Für die Richtigkeit der beschriebenen Angaben wird keine Gewähr übernommen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Island mit dem Schiff

Island in Stichworten

Landschaft

Vulkanismus

Reisen im Land

Ächzen über Tourismus

Reisen auf dem Wasser

Anreise

Reykjavik

Das Schiff

Notfallübung

Erstes Abendessen

Die Expeditions-Crew

Briefing Halbinsel Snaefellsness

Unsere erste Nacht an Bord

2. Tag, Freitag 26.05.2017

Stykkisholmur

Rundfahrt über die Halbinsel Snæfellsnes

Parole Stinkender Haifisch

Zu den Berserkern

Unser Berserker in Darmstadt

Diese Trollfrauen

Nationalpark Snæfellsnes

Die Küste von Anarstapi

Bárður Snæfellsás

3. Tag, Samstag 27. Mai 2016

Die Westfjorde

Isafjörður

Fauna

Über die Berge

Der Dynjandi (der Dröhnende)

Grimsey

Der Kapitän lässt bitten

Das Kapitänsdinner

Schwere See

4. Tag Sonntag, 28. Mai 2017

Siglufjörður

Das Heringsmuseum

Ein Odenwälder Bub

5. Tag, Montag, 29. Mai 2017

Akureyri

Godafoss

Leben auf Island

Die wilden Weihnachtstrolle

Der Mückensee

Badepause

Hverarönd

Port-Talk um 18.45 Uhr

Schweizer Intermezzo

6. Tag, Dienstag, 30. Mai 2017

Husavik (Häuserbucht)

Wal-Museum

Die Kirche

Ásbyrgi-Schlucht

Isländisches Infotainment mit Arndis

7. Tag, Mittwoch, 31. Mai 2017

Seyðisfjörður

Naturreservat Skalanes

Thorarinsstadir

Seyðisfjörður am Nachmittag

Islands Fischerei

Das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung

Frau Bärli und Herr Bruno

8. Tag, Donnerstag, 1, Juni 2017

Das Kraftwerk

Konzert in der Blauen Kirche

Abreise-Infos

Westmänner Inseln

Free Willy

Besuch auf der Brücke

Süßes Tagesende

9. Tag, Freitag, 2. Juni 2017

Die Westmänner Inseln

Pompeji des Nordens

Papageientaucher

Vom Leben auf Heimaey

Das Vulkanmuseum Eldheimar

Der Abschiedsempfang

10. Tag, 3. Juni 2017

Mein Geburtstag.

Der Goldene Cirkel

Eines der ältesten Parlamente der Welt

Die Erdplatten

Enttäuschung hoch drei

Der Gullfoss (Goldwasserfall)

Hotel Skugi

Unser letzter Abend in Reykjavik

11. Tag, 4. Juni 2017

Abreise

Am Flughafen

Wenn die wilden Kerle kommen, 13 Weihnachtstrolle auf Island

Wohin – warum – wie war`s?

Unsere Reise nach Island

Vorwort

Dies ist kein übliches Reise-Buch. Zwar waren wir als Reisejournalisten Jahrzehnte lang unterwegs, geübt in Reiserecherche und Reisereportagen. Doch diese Geschichte ist eine private, nicht unbedingt objektiv, sondern eher sehr subjektiv, wie man eben private Reisen empfindet. Das spiegelt sich wider in den Flops und Tops, die wir erlebten. Kurz: Wir haben uns als Reisende selbst aufs Maul geschaut, uns selbst zugehört und unsere Gefühle reflektiert, ohne Rücksicht auf irgend jemanden und irgendetwas, außer auf uns selbst.

Island ist bereits das fünfte Buch dieser Reihe. Wenn wir von Reisen heimkehren, suchen wir immer nach einer erschöpfenden Antwort auf die Frage: „Wie war`s?“ Wer selbst reist, weiß, dass es darauf keine einfache, vor allem keine kurze Antwort geben kann. Klar. Schön war`s. Und aufregend. Und ganz anders, als erwartet. Das alleine wäre aber ein ärmliches Fazit und könnte nicht einmal ansatzweise beschreiben, wie unsere Island-Reise verlief. Fahren Sie doch einfach mal selbst hin!

1. Erster Tag: Reykjavik

2. Zweiter Tag: Stykkishómur

3. Dritter Tag: Isafjörður

4. Vierter Tag: Siglufjörður

5. Fünfter Tag: Akureyri

6. Sechster Tag: Husavik

7.+ 8. Siebter und achter Tag: Seyðisfjörður

9. Neunter Tag: Westmänner-Inseln

10. Zehnter Tag: Goldener Zirkel

Island mit dem Schiff

Vor zig Jahren luden wir ein junges Rucksack-Paar ein, auf unserer Bus-Gruppenkarte (bis fünf Personen) mit zum Darmstädter Bahnhof zu fahren. Sie wollten weiter zum Flughafen und dann nach Island. Schon Jahre zuvor hatten wir selbst mit Island geliebäugelt. Eigentlich, weil Bernhard ohne seine Sonnenallergie urlauben wollte. Auf der Insel sollen selbst in warmen Sommern maximal 15 Grad Celsius herrschen. Das war so in den 80er Jahren. Nun also – fast vierzig Jahre später – Island, wir kommen!

Island in Stichworten:

Mit 103.000 Quadratkilometern etwas größer als Ungarn und Portugal, kleiner als Kuba. Etwa 330.000 Einwohner. Vor Ort hören wir einen besseren Vergleich: so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen, aber nur so viel Einwohner wie Karlsruhe oder Nürnberg. Daraus lässt sich schließen, dass wenige Einwohner viel für die Infrastruktur bezahlen müssen. Beispiel: In Schweden zahlen 100 Einwohner für 20 Kilometer Straße; in Island zahlt das ein Einziger. Über hohe Steuern wird zwar gesprochen, aber nicht gejammert.

Die Religion ist vorwiegend protestantisch-lutherisch. 100 Isländische Kronen (ISK) sind 0,85 Euro wert. Die Uhren müssen eine Stunde (Greenwich-Zeit) zurück gestellt werden.

Landschaft

Etwa zwei Drittel der Insel sind praktisch unbewohnbar, entweder bedeckt von Gletschern und Lavafeldern oder so unruhig im Untergrund, dass es ständig rumpelt und blubbert. Wir werden am letzten Tag an der Stelle stehen, an der die amerikanische und die eurasische Erdplatte zusammenstoßen und auseinanderdriften. Der Eyjafjallajökull jedenfalls, oder besser, der Vulkan unter dem Gletscher, der uns 2010 mit seiner Aschewolke über Wochen in Atemlosigkeit hielt und immerhin 20 Minuten vorher Signale gesendet habe, dass er demnächst ausbrechen wolle, ist ein sehr kleiner Gletscher; ein Fliegenschiss im Vergleich zum gigantischen Vatnajökull. Der Vatnajökull-Nationalpark ist der größte Nationalpark Europas. Vorab schon mal: jökull heißt Gletscher. Und davon gibt es etliche.

Vulkanismus

Die Grenze zwischen den beiden Kontinentalplatten verläuft auf Island vom äußersten Südwesten bis in den Nordosten, ein rund 50 Kilometer breiter, geologisch höchst aktiver Korridor, auf dem zahlreiche Vulkane, heiße Quellen, Auslässe und Hochtemperaturgebiete mit seismisch auffallenden Aktivitäten vorkommen. Die Bevölkerung lebt mit dem Vulkanismus in jeder Minute. Im Schnitt erfolgt alle fünf Jahre ein Vulkanausbruch. Nicht jeder kündigt sich vorher an. Speziell der größte Gletscher Europas, der Vatnajökull, liegt auf der Grenze der beiden Kontinentalplatten und bedeckt einige der aktivsten Vulkane mit einer mehrere hundert Meter dicken Eisschicht. Brennt sich die Lava durch diesen Eispanzer, kommt es zusätzlich zu dramatischen Gletscherverschiebungen.

Auf Island trifft man auf alle definierten Vulkantypen. Sie unterscheiden sich durch die Art der Magmazufuhr. Bei Spaltenvulkanen, wie etwa auf den Westmännerinseln, reißen Kilometer lange Spalten auf, aus denen die Lava quillt. Zentralvulkane haben meist einen perfekt geformten Kegel. Schildvulkane weisen eher flache Hänge auf. Dann gibt es noch sogenannte Pseudokrater, die keinen Schlot besitzen, sondern durch Lavaströme entstanden, die über feuchten Untergrund oder in flache Seen flossen. Durch die Hitze verdampfte das Wasser und sprengte die darüber liegende Lava weg.

Reisen im Land

Viele Island-Besucher mieten sich vor Ort ein Auto und „reiten“ damit die sogenannte Ringstraße ab. Etwa 1.200 Kilometer lang umrundet sie das Eiland, allerdings ohne Abstecher in die vielen attraktiven Fjorde. Jedoch mit diesen Extratouren und Inlandszielen werden daraus dann leicht 3.000 und mehr Kilometer. Allein für das Abfahren aller Finger der Westfjorde läppern sich rund 600 Kilometer zusammen. Die meisten Urlauber konzentrieren sich jedoch nur auf den verkehrstechnisch gut erschlossenen Südwesten um die Hauptstadt Reykjavik. Das liegt an der Infrastruktur. Um wirklich alle interessanten Ziele abfahren zu können, benötigt man geländegängige und dadurch teurere Allradfahrzeuge. Den Straßen zu Touristenzielen im Nordwesten, Norden und Osten mangelt es an der nötigen Sicherheit. Ganz besonders im Winter, wenn auch die Isländer manchmal über Monate durch Eis und Schnee von Supermärkten und Arztpraxen abgeschnitten sind, weil die Räumfahrzeuge zu selten fahren.

Ächzen über Tourismus

Der Tourismus sei für Island nach der schweren Finanz- und Bankenkrise ein „Lebensretter“ gewesen, sagt die Direktorin des isländischen Tourismusindustrieverbandes, Helga Árnadóttir 2017. (Quelle: DPA). Das sei für den zweitwichtigsten Wirtschaftszweig auch eine große Gefahr der Abhängigkeit. 2,3 Millionen Besucher waren 2017 auf der Vulkaninsel, 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders in den Sommermonaten sei jeder fünfte Mensch ein Tourist. Speziell im September zählte das Statistikamt 378.300 Übernachtungen.

Die meisten Isländer stünden dem Tourismus immer noch positiv gegenüber. Viele Bauern hätten damit ein wichtiges zweites Standbein gefunden. Auch habe sich die Lebensqualität der Isländer bereichert, in dem es nun überall im Land Restaurants gebe, wo früher nur Hotdog-Buden standen. Dazu gehören aber auch Diskussionen über fehlende öffentliche Toiletten. Urlauber setzen sich überall in die Landschaft, um ihre Notdurft zu verrichten.

Reisen auf dem Wasser

Für einen ersten Blick auf Land und Leute wollten wir es bequemer haben. Auch unser Zeitkontingent lag bei maximal zehn Tagen. Die passende Idee fanden wir in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: Schiffsreise ab Reykjavik rund um Island mit täglichen Ausflügen und gemütlicher nächtlicher Weiterfahrt im Bett zum nächsten Ziel am Morgen nach dem Frühstück.

Anreise

Als Ökofreaks wären wir selbstverständlich mit dem Bus nach Darmstadt gefahren, wo der Airliner als Shuttle alle 30 Minuten zum Flughafen rauscht. Doch auf der Rückfahrt hätten wir mit längeren Wartezeiten rechnen müssen; denn sonntags verkehren die Busse nur im Abstand von zwei Stunden in unsere Heimatrichtung. Also kaufen wir uns ein Zwei-Wochen-Ticket im Parkhaus am Bahnhof. Das kostet ungefähr so viel wie zwei Bustransfers und eine Taxifahrt, verspricht aber bequemere An- und Heimreise.

Am Gate nach Reykjavik sitzen ein paar Exemplare, wie wir sie bei der Europa-Fußballmeisterschaft in Fernsehen sahen: knorrige Kerle, die als Gewinner der Herzen anfangs alle an die Wand spielten und mit ihrem Wikinger-Ruf „Huh“ Angst und Schrecken verbreiteten. Bei Redaktionsschluss hatten sie sich gerade für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland qualifiziert. Die hier sehen weniger sportlich aus mit üppigen Bäuchen über den Hosengürtel, buschigen Wikinger-Bärten und übertrainierten Oberarmen, als kämen sie vom Holzfäller-Wettbewerb.

Der Flieger der Icelandair lässt uns eine Stunde auf der Startbahn warten. Schön, dass wir – auch mit ungleichem Familiennamen – nebeneinander gebucht sind. Der Flug dauert drei Stunden 35 Minuten nach Keflavik, Islands Flughafen, der außerhalb von Reykjavik liegt. Zu Essen gibt es Tapas gegen Bezahlung. Wir sind noch satt. Ein Glas Wein acht Euro. Naja. Wir werden abgeholt wie eine weitere Gruppe aus Deutschland. Der Transfer nach Reykjavik und zur Pier Midbakki dauert etwa 45 Minuten.

Reykjavik

Zwar erklärt der Busfahrer ein wenig, woran wir rechts und links vorbei fahren; aber das kann man kaum aufnehmen. Freilich das berühmte Konzerthaus Harpa mit seiner Fassade aus 956 Glasbausteinen, die wie ein drohendes Gespenst aussehende 75 Meter hohe Halgrimskirkja; das Haus, in dem Gorbatschow und andere Staatsgäste übernachtet haben. Wir hoffen auf mehr Zeit, wenn wir von der Inselumrundung zurückkehren und noch einen Tag dranhängen. Ach ja: Reykjavik heißt auf Deutsch: Rauchende Bucht. Die ersten Siedler hätten hier heißen Dampf aus Quellen aufsteigen gesehen.

Das Schiff

Da liegt sie also vor uns, die Ocean Diamond in Weiß-Blau. 124 Meter lang, 16 Meter breit, sieben Decks, 196 Mann Besatzung, 107 Kabinen für maximal 199 Gäste. Alles Außenkabinen, wobei die preiswerteste Ausführung allerdings nur über Bullaugen verfügt. Bordsprache ist Deutsch und Englisch; bezahlt wird in US-Dollar. Die portugiesische Bord-Ärztin, Esperanza Zuniga, spricht deutsch. Gottseidank benötigten ihre Dienste nicht.

Der kostenlose Internet-Empfang, hängt von der Verbindung zu den Sendemasten an Land ab, steht also auf offener See nicht immer zur Verfügung. Auf dem Schiff liegen die Wi-FiHotspots, also die WLAN-Empfangszonen, im Salon unter der Main-Lounge und auf dem Explorer-Deck ganz oben auf Deck sieben.

Die legere Kleiderordnung – sportlich-elegante Garderobe – wird, insbesondere bei den amerikanischen Gästen, oft sehr eigenwillig interpretiert. Selbst beim Kapitänsempfang und am Abschiedsabend regt sich darüber keiner auf. Es ist schließlich ein Expeditionsschiff und deshalb durften wir die Abendgarderobe zuhause lassen.

Als Ausweis an Bord dient die sogenannte Cruise Card, mit der wir uns beim Verlassen des Schiffs und bei der Rückkehr identifizieren müssen. Tatsächlich steht immer ein Mannschaftsmitglied an dem Scannergerät (Ding-Dong) und gleicht uns mit dem gespeicherten Passkonterfei ab. Beruhigend. Im Verlauf der Reise entstand wirklich die Situation, dass vor Abfahrt damit noch nicht zurück gekehrte Gäste identifiziert werden konnten. Das Schiff wartete.

Schon zuhause registrierten wir wohlwollend in unseren Reiseunterlagen, dass der Veranstalter uns von Decke 3 auf Deck 5 „upgegradet“ hat. Offensichtlich ist das Schiff wohl nicht ganz voll geworden.

Crew- und Expeditions-Mitglieder, die uns die nächsten Tage betreuen, begrüßen uns auf Deck 4 mit Häppchen und einem Drink. Der deutsche Hoteldirektor Thomas Pfennings, ein gut aussehender smarter End-Vierziger, könnte einer der Darsteller vom Traumschiff sein. Auf dem einstigen Traumschiff, der Deutschland, saßen wir sogar mit dem Reeder Peter Deilmann am gleichen Tisch. Freilich ist alles hier ein bisschen kleiner und bescheidener, weniger Messing und weniger Mahagoni. Obwohl wir auch hier unablässig Messing putzenden Mitarbeitern begegnen. Der für uns zuständige Steward Rai begleitet uns zur Kabine 503.

Sie ist mit 19 Quadratmetern geräumig und gemütlich. Ein Doppelbett mit großen Panoramafenstern darüber, deren Sicht jedoch durch Rettungsboote ein wenig eingeschränkt ist. Zwei Nachttischchen mit Schubladen, ein Sessel, ein bequemer Stuhl, ein Sideboard mit abschließbarer Schublade und Kühlschrank, ausreichend Schrankplatz und ein Duschbad mit Toilette. Dass auf dem Flachbildschirm immer die gleichen amerikanischen Horrorfilme laufen, merken wir nach ein paar Tagen. Man kann sich in der Bibliothek aber beliebig viele DVD von Loriot bis Sissi ausleihen. Kostenlos. Nachrichten also nur vom Tablett, im Aussichtssalon des siebten Decks. Die Klimaanlage müssen wir gleich einschalten, weil die Ocean Diamond wohl lange in der Sonne stand.

Unsere Koffer fehlen noch. Wir reklamieren und werden vertröstet. Diese Spielchen machen wir dreimal mit. Als wir entnervt durch das ganze Schiff zur Treppe gehen, finden wir unsere Koffer allein auf weiter Flur. Weit und breit niemand, an dem wir unsern Frust abarbeiten können. Also schleppen wir unser Gepäck selbst zu unserer Kabine. Jetzt dauert es, bis wir die Freundlichkeit der Crew akzeptieren.

Notfallübung