Kassel Reise-Experiment mit Maske - Ute Fischer - E-Book

Kassel Reise-Experiment mit Maske E-Book

Ute Fischer

0,0
3,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Kassel ist viel mehr als Documenta, Brüder Grimm und Bergpark Wilhelmhöhe. Wer Kassel nur auf diese drei Highlights reduziert , der versäumt ein bedeutendes Stück nordhessischer Zeitgeschichte in Deutschlands zweitgrünsten Stadt. Wir nahmen uns drei Tage Zeit und entdeckten mit Begleitung einer gewieften Stadtführerin einen riesigen Landschaftsgarten, die Stationen und Vermächtnisse der Brüder Grimm in ihrer Kassler Zeit und die Geschichte der Unternehmerfamilie Henschel, die mit ihren Lastwagen, Omnibussen und Lokomotiven seit 1810 Technikgeschichte schrieb. Wir besuchten eine Auswahl frei zugänglicher Documenta-Kunstwerke, bestaunten großflächige Graffiti der Extraklasse, Deutschlands allererste Fußgängerzone, mittelalterliche Türme der Stadtbefestigung, Spuren der Hugenotten und Anekdoten um diese Stadt und ihre berühmten Bewohner und Besucher. Wir erkannten die Absicht der Kritischen Rekonstruktion, die Bombenschäden des Zweiten Weltkriegs so reparierte, dass der Bruch zwischen alt und neu sichtbar blieb. Wir speisten in einer Garnisonkirche, probierten Ahle Wurscht und Weckewerk. Nicht unbedingt makaber ist Kassels Kult um die Toten im Museum für Sepulkralkultur und beim Spaziergang durch die Künstler-Nekropole im Habichtswald am Stadtrand von Kassel, wo sich bedeutende Künstler ihre Grabmäler selbst entwarfen und teilweise dort schon ruhen. Unter anderem Gunter Demnig, bekannt für ein paar Tausend Stolpersteine. Vor allem wissen wir jetzt, wie die größte barocke Kaskadenanlage der Welt, diese absolutistische Architektur es Landgrafen Karl von Hessen-Kassel und seinen Nachkommen funktioniert: der Bergpark Wilhelmshöhe mit dem Herkules. Karl wollte der Welt beweisen, dass er einen Fluss auf der Spitze eines Berges entspringen lassen könne und dass er so viel Geld besaß, um Wasser nach seiner Choreografie zum Tanzen zu bringen. In Paris und anderen europäischen Städten zerriss man sich das Maul über Karls Gigantomanie. Genau das war seine Absicht. Eine Einschränkung gab es aber doch bei diesem Besuch in Kassel. Corona zwang uns zum Tragen von Masken und bremste uns damit von Spontanbekanntschaften aus. Schade. Gern hätten wir den Spirit des TV-Produzenten Hubertus Meyer-Burkhardt nachgespürt. Er ist in Kassel aufgewachsen und schwört darauf: Der Kasseläner eignet sich nicht als Projektionsfläche für den Schwärmenden. Mit ihm reist du nicht zu den Sternen, mit ihm geht man durchs Leben.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 70

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ein Buch aus dem

Redaktionsbüro Fischer + Siegmund

In den Rödern 13

64354 Reinheim

Fotos: Fischer ( 16 ), Siegmund ( 15 )

Das Buch wurde nach bestem Wissen zusammengestellt. Für die Richtigkeit der beschriebenen Angaben wird keine Gewähr übernommen

Inhaltsverzeichnis

Oh Corona, wie hast Du unser Leben verändert...

Ab nach Kassel

Der Kassler an sich

Die Brüder Grimm - Viel mehr als Märchensammler

Grimmwelt auf Henschels Spuren

Die Familie Henschel

Die wunderbare Welt der Grimms

Die Henschels und Kassel

Karlsaue

Siebenbergen

Glück mit dem Hotel

Hotelleben mit Corona

Abenteuer Abendessen

Der ÖPNV in Kassel

Parallelen am ehemaligen Zonenrand.

Der zweite Tag: Kassels Innenstadt und die öffentliche Documenta-Kunst

Die Königsstraße

Studenten lieben Kassel

Rund um die Martinskirche

Die alte Stadtbefestigung

Da ist ja unser Italiener

Markthalle

Zur Fulda

Orangerie

Der Penone-Baum „Idee di Pietra“

Der Rosenhang

Gustav-Mahler-Treppe

Der Rahmenbau

Die Documenta als One-Night-Stand?

Documenta-Halle

Der Mann im Turm

Der Friedrichsplatz

Das Fridericianum

Der Zwehrenturm

Das Ottoneum

Der vertikale Erdkilometer

Die Fremden

Schnelles Päuschen

Joseph Beuys und die 7.000 Eichen

Die Treppenstraße mit dem Obelisken

Der Kuba

Der Himmelsstürmer

Herkules und der Obelisk

Das Stadtmuseum am Ständeplatz

Die Karlskirche.

Die Hugenotten in Kassel

Das Rathaus

Aschrottbrunnen

Die Neue Galerie

Der Granitblock

Königsplatz

Der dritte Tag: Bergpark Wilhelmshöhe

Ein weltweit bekanntes Spektakel

Der Herkules

Palazzo Farnese in Rom

Woher kommt das Wasser?

Der Weg des Wassers

Ein künstlicher Steinbruch

Das Aquädukt

Die Löwenburg

Schloss Wilhelmshöhe

Museum für Sepulkralkultur

Künstler-Nekropole Kassel

Fazit

Noch ein Wort zu den Holländern

Parcours zu Documenta-Kunstwerken

Oh Corona, wie hast Du unser Leben verändert...

Reisen und darüber Bücher schreiben ist unsere größte Leidenschaft. Wir müssen uns nicht mehr ständig ums Tagesgeschehen kümmern und passen in keinen Rentnerclub. Endlich könnten wir unsere Passion richtig ausleben. Da vermiest uns Corona unsere Pläne. Die Kirschblüten-Reise nach Japan wurde schnell abgesagt und das angezahlte Geld unverzüglich zurück überwiesen. Die für Juni 2020 schon im Vorjahr gebuchte Irland-Reise realisierte sich auch nicht. Das hatten wir schon im April geahnt. Aber nicht, dass wir unsere Anzahlung gerichtlich einklagen müssen. Der Veranstalter drückte sich mit vielen Seiten langen weinerlichen Briefen und schwafelte von Verlegung und Verständnis. Weil er selbst im September 2020 noch keine Insolvenz angemeldet hatte, verweigerte sich auch die R + V-Versicherung. Was nützt da schon ein Sicherungsschein. Erst mal Schwamm drüber.

Was dann? Überall droht Quarantäne. Wir wollen nicht urplötzlich in einem fremden Land im Hotel festgesetzt oder womöglich von der Heimreise abgeschnitten sein. Nova Scotia und Halifax war so eine Idee. Zwar kommt man derzeit wieder nach Kanada. Aber kommt man auch zurück nach Deutschland? Was ist, wenn dort eine Horde Übermütiger Party feiert und den Superspreader herauslässt? Also engere Grenzen ziehen. Europa? Auch unsicher! Deutschland? Klar. Wir wollten doch schon immer mal nach Kassel und zwar außerhalb des Documenta-Gewimmels.

Ab nach Kassel

Oh weh. Was mir so fröhlich auf der Zunge liegt, bedeutet auf Bayrisch „Schleich Dich“ und ist die vage Aufforderung, dass man jemanden schnell loswerden möchte. Angeblich galt dieser eher barsch gemeinte „Wunsch“ im Jahr 1870 dem in der Schlacht von Sedan gefangen genommenen Kaiser Napoleon III., der von Aachen ins Kassler Schloss Wilhelmhöhe verbracht werden sollte. Da schrieb sich Kassel allerdings noch mit C und das bis 1926.

Heute gilt Kassel, so hören wir angenehm überrascht, mit 23,4 Quadratmetern Grünfläche pro Einwohner als zweitgrünste Stadt Deutschlands. Und trotzt des angeblich berüchtigten kühlen Klimas. Den ersten Platz belegt übrigens Potsdam mit 33 grünen Quadratmetern pro Kopf.

Insgesamt rund 120 Menschen, davon 40 Gärtner und jede Menge Studenten und Auszubildende kümmern sich in Kassel um die Pflege der Parks. Die mit rund 203.000 Einwohnern nach Frankfurt am Main und Wiesbaden drittgrößte Stadt Hessens benötigt nur wenig mehr Fläche als das Fürstentum Liechtenstein. Die höchste Stelle von 167 Metern werden wir nicht ausmachen können. Sie liegt vermutlich auf der Insel Siebenbergen am unteren Ende der Karlsaue. Schaumermal.

Wegen der Sorge vor Ansteckung im Zug, wegen der Beweglichkeit um Kassel herum und auch, weil Cousin Hubert mit uns reist, fuhren wir mit dem Auto und selbstverständlich mit Maske für die Beifahrer. Im Nachhinein begriffen wir: Die für uns wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Kassel sind gut zu Fuß, notfalls mit einem Stadtbus zu erreichen. Außerdem gibt es wie in vielen Städten ein preisermäßigtes Zwei- und Drei-Tagesticket für Busse, Straßenbahn und Bahn; allerdings nur für ein bis zwei Personen. Und wir waren ja immerhin drei.

Während unserer vier Tage in Kassel begegneten wir bei unseren Erkundungen immer wieder bestimmten Namen, die für die Entwicklung der Stadt an der Fulda prägend waren: Jakob und Wilhelm Grimm, nicht nur wegen ihrer Märchen; die Familie Henschel wegen ihrer Lokomotiven, Lastwagen und Omnibusse; Arnold Bode, Gründer der Documenta; Joseph Beuys und sein 7.000-Eichen-Projekt, jede Menge Landgrafen und natürlich der Herkules auf dem höchsten Punkt des Bergparks Wilhelmshöhe.

Doch wo anfangen, wenn man in Kassel mit der Bahn am Fernbahnhof Kassel-Wilhelmshöhe ankommt? Der liegt nämlich nicht im Zentrum. Aha. Aber Bus und Straßenbahn verbinden ihn gut und schnell mit der Innenstadt. Weil Reisejournalisten ein bisschen schneller reisen müssen als Normalurlauber, hatten wir unser Buchprojekt bei der Kassel Marketing GmbH angekündigt. Nein, nicht um etwas billiger zu bekommen. Reise und Hotel haben wir selbst bezahlt.

Aber wir wünschten uns einen gutinformierten Begleiter, der uns zielsicher und ohne Zeitverlust durch Herumirren zu den Schmankerln von Kassel bringt. Wir hatten das Glück, in die Hände einer kompetenten und charmanten Stadtführerin zu geraten. Dr. Sylvia Schmelzer, promovierte Soziologin und zertifizierte Gästeführerin nach europäischer Norm DIN-EN 15565, zeigte uns von Anfang an, dass sie nicht nur sportlich mit dem Rad unterwegs ist, sondern auch gut und ausdauernd zu Fuß. Geschickt verband sie unsere Besichtigungswünsche mit den Stationen, die dem Kasseler Stadtmarketing als besuchenswert und deshalb beschreibungswürdig erschienen. Nein, das war kein gemütlicher Spaziergang mit Käffchen hier und Käffchen da, sondern echte Fußarbeit. Und selbstverständlich mit Maske.

Der Kassler an sich

Die Einwohner machen sehr feine Unterschiede bei der Bezeichnung ihrer Mitbürger. Ein „Kassler“ ist nicht hier geboren, sondern zugezogen. Ein „Kasselaner“ ist hier geboren und wenigstens ein Elternteil stammt von hier. Beim „Kasseläner“, etwas ganz Besonderes, stammen schon beide Großeltern und beide Elternteile von hier und man ist selbst auch in Kassel geboren. Das Kasseler oder Kassler auf dem Teller, also ein gepökeltes und leicht angeräuchertes Stück Schweinefleisch, ist keine Kassler Spezialität, sondern wurde angeblich von dem Berliner Fleischermeister Cassel im 19. Jahrhundert erfunden. Eine weitere Deutung verweist auf den französischen Bratentopf „Kasserolle“, ein flacher Schmortopf, der mit den Hugenotten nach Deutschland gekommen sei. Etliche landeten auch in Kassel, wie wir später noch hören. Und schon kommen unsere Gedanken ins Wanken. Corona raubt uns den Zufall, die Spontaneität. Lasst uns lieber von den Grimms erzählen.

By the way: Der TV-Produzent und Talkshow-Moderator Hubertus Meyer-Burkhardt, echter Kasseläner, hinterließ im Merian einen markanten Satz: „Der Kasseläner eignet sich nicht als Projektionsfläche. Mit ihm reist du nicht zu den Sternen, mit ihm geht man durchs Leben!“ Das kann heutzutage nur schlecht passieren mit dem Lappen vor den Lippen, über die wir nur das Nötigste von uns geben. Corona bremst jeden Smalltalk aus. Bloß gut, dass wir verheiratet sind und nicht auf Partnersuche. Schade trotzdem um jeden netten Kasseläner, den wir hätten kennenlernen können.

Die Brüder Grimm - Viel mehr als Märchensammler

Die Familie stammt aus Hanau. Urgroßvater und Großvater waren evangelische Geistliche. Die Eltern Dorothea und Philipp Wilhelm Grimm hatten neun Kinder, von denen drei als Säuglinge starben. Neben Jacob (1785 bis 1863) und Wilhelm (1786 bis 1859) erlangte der jüngere Bruder Ludwig Emil Bedeutung als Maler. Die meisten – fast fotografisch detaillierten - Porträts der Brüder und der Familie stammen von ihm.