Toskana für Anfänger - Ute Fischer - E-Book

Toskana für Anfänger E-Book

Ute Fischer

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Beschreibung

Toskana für Anfänger ist ein genüsslicher Einstieg in diese bezaubernde Landschaft voller Weingärten, Olivenhaine, Felsendörfer und Zypressen-Alleen. Doch wo anfangen? In Florenz? In Pisa? In Siena? In Lucca? In San Gimignano? Oder doch in Montecatini Terme? Dieses Buch nimmt den Leser mit 113 Farbbildern an die Hand, um die sechs besonderen Highlights zu erkennen und danach eine praktikable Auto- oder Bahn-Route fürs erste Kennenlernen auszuarbeiten. Die eigentliche Toskana ist ein Riesengebiet zwischen Carrara im Norden, Arezzo im Osten und die Maremma im Süden. Allein Luftlinie sind es 220 Kilometer in der Höhe und 130 Kilometer in der Breite. Wollte man alles abfahren, wäre man ein paar tausend Kilometer unterwegs. Wer also das erste Mal hinfährt, konzentriert sich besser auf die Highlights und saugt deren Charme auf wie ein delikates toskanisches Essen. Florenz natürlich, die überreich geschmückte Renaissancestadt der Medici mit den Palästen und Plätzen, der berühmten Gemäldesammlung Uffizien und der Brücke Ponte Vecchio über den Arno. Pisa, nicht nur wegen des Schiefen Turms, sondern auch die architektonisch interessanten Viertel und das legere Leben am Arno. Siena, die gotische Perle mit ihrer berühmten Piazza del Campo und seinem mehrere hundert Jahre alten Dächermeer aus Ziegeln. Auch Lucca mit seinem begehbaren Mauerring ist einzigartig. Das etruskische Volterra und San Gimignano; mit seinen 72 Geschlechtertürmen ist es weithin sichtbar als das Manhattan des Mittelalters. Certaldo, die Heimat der roten Zwiebel hoch oben auf einem Felssporn. Und überall die Spuren der wohlhabenden Medici, die mit Kunstsinn, Macht und unermesslichem Reichtum beeindruckende Architekturen finanzierten. Allein der Dom zu Florenz gehört zu den größten Kirchenbauten Europas. Spannend ist das Eintauchen in die Welt der toskanischen Weine, vor allem das Chianti, das Herz der Toskana mit seinen Felsendörfern, Winzerorten und Burganlagen auf steilen Felsen. Das alles öffnet sich dem Besucher wie ein begehbares Freiluftmuseum. Hier findet man Bars und Restaurants, die in ihrem Ambiente einzigartig und überzeugend sind und in ihrer Qualität so, wie man sich die Toskana auf der Zunge zergehen lassen kann: einfach ein gutes Leben inmitten einer Natur, die auch den Menschen gut tut. Danach kommt automatisch die Lust auf mehr und aufs Wiederkommen.

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Ein Buch aus dem

Redaktionsbüro Fischer + Siegmund

In den Rödern 13

64354 Reinheim

Fotos: Fischer (→), Siegmund (→),

Das Buch wurde nach bestem Wissen zusammengestellt. Für die Richtigkeit der beschriebenen Angaben wird keine Gewähr übernommen.

Inhaltsverzeichnis

Toskana ohne und mit Corona

Anreise mit Überraschung

2. Tag

Gondelfahrt in Venedig

Arsenale

Oh sole mio

Der Voucher

In die Toskana

Hotel Borgo di Cortefreda

3. Tag

Volterra

Alabaster

San Gimignano auf die Schnelle

Wein aus San Gimignano

Vernatsch und so weiter…

4. Tag

Florenz

Upps – ZTL-Zone

Florenz in Zahlen

Stadtrundgang

Der Arno

14.30 Uhr Stadtführung

San Lorenzo

Palazzo Medici-Riccardi

Die Familie der Medici

Der Dom, die Kathedrale Santa Maria del Fiore

Das Jüngste Gericht

Hermann Hesse in der Kuppel

Die Taufkirche

Intermezzo mit der guten Fee

Kaufhaus Rinascente

Piazza della Signoria

Palazzo Vecchio

Die Uffizien

Loggia die Lanzi

Il corridorio

Ponte Vecchio (sprich Ponte Veckio/ alte Brücke)

Palazzo Pitti

Giardino di Boboli

Piazzale Michelangelo

Freitag, der 13.

Die „Via Chiantigiana“

Der Chianti von heute

DOCG

Chianti Classico

Castellina in Chianti

Radda in Chianti

Panzano

Greve

6. Tag - Samstag

Lucca

Lucca mit der Bahn

San Michele in Foro

Der Dom San Martino

Volto Santo

San Frediano

Torre Guinigi

Via Filunga (langer Faden)

Piazza dell´Afiteatro

Pisa

Schiefe Turm, italienisch: Torre Pendente.

Die Taufkirche

Die Pisanos

Duomo Santa Maria Assunta

Camposanto Monumentale (Heiliges Feld)

Die Entstehung von Pisa

Die Medici in Pisa

Burgo Stretto

Die Scuola Normale Superiore

Scuola Superiore Sant'Anna

Santo Stefano dei Cavalieri

Spektakel am Arno

Galileo Galilei

Einkehr im Stall

7. Tag - Sonntag

San Gimignano (Dschiminjano)

Torre Grossa (Dicker Turm)

Der Dom

Certaldo

Cipolla rossa

8. Tag – Montag

Kostenlos parken

Siena

Wieder den Berg hoch zum Dom

Osteria „Da Trombicche“

San Domenico

Die Terzi

Zur Fonte Branda

Die Contraden

Domplatz

Santa Maria Assunta.

Palazzo Pubblico

Il Paleo

Noch mehr Spezialitäten

Nach Hause

Unser Fazit

Montecatini Terme

Medizin-Tourismus

Montecatinis märchenhafter Aufstieg als Kurbad

Das Tettuccio

Lücken füllen

Der Furnicolare di Montecatini Terme

Noch so ein Irrtum

Kulinarische Souvenirs Cantuccini

Zutaten:

Ricciarelli aus Siena

Ribollita

Literatur und Quellen

Toskana ohne und mit Corona

Dieses Buch wurde im September 2019 recherchiert und zwar mit einer Stippvisite in Venedig. Diese erste Ausgabe erschien Anfang 2020, als von Corona in Europa noch keine Rede war. Wir fuhren ein Jahr später noch einmal los, mit Studiosus und unter Corona-Bedingungen, auch weil es noch ein paar weiße Flecken auszufüllen galt. Es gibt in dieser Ausgabe also völlig neue Aspekte, zum Beispiel in Lucca und Montecatini Terme; aber auch eine Vertiefung im Erleben der bereits besuchten Orte. Zugegeben: Beim zweiten Mal fühlten wir uns nicht mehr als blutige „Toskana-Anfänger“. Je tiefer wir in das Toskana-Ambiente eintauchten, umso aufmerksamer registrierten wir Dinge, die uns beim ersten Besuch gar nicht sonderlich auffielen.

Dieses Mal reisen wir per Flugzeug mit Air Dolomiti an. Die zu Lufthansa gehörende Airline verkehrt zwischen Frankfurt und Florenz und benötigt etwa 90 Minuten.

Gleich beim Einstieg werden unsere Alltagsmasken aus Stoff gerügt. Auch FFP-2-Masken mit Ventil wären verboten gewesen. Wir erhalten eine hellblaue Chirurgenmaske verpasst und einen mehrseitigen Fragebogen. Später gibt es noch ein Fläschchen Aqua naturale, Kaffee oder Tee und ein Päckchen zuckerfreie Kekse. Es gibt keine freien Reihen oder freie Sitze zwischen den Reisenden.

Vom Flughafen Florenz im Westen der gleichnamigen Provinzhauptstadt brauchen wir nur circa 40 Autobahnminuten bis zu unserem Domizil. Montecatini-Terme liegt zwischen Lucca und Pistoia. Von dort aus fahren alle 30 Minuten Züge nach Lucca, Pisa und Viareggio sowie nach Florenz und mit Umsteigen nach Siena. Gespenstische Leere herrscht auf dem Airport in Florenz. Auch hier wie in Frankfurt werden wir überall zum Abstandhalten ermahnt.

Bei unseren drei Busfahrten müssen wir beim Einstieg die Hände desinfizieren und erhalten von der Reiseleiterin Stefanie Schmidt unsere Plätze zugewiesen: Immer eine freie Reihe und seitlich versetzt. Und natürlich immer mit Maske. Das gleiche Prozedere im Hotel, im Lift, am Buffet. Viel Abstand am Tisch. Wir sitzen zu viert an einem runden Achter-Tisch und lupfen die Masken nur, um zu essen und zu trinken.

Gleich vorab: Die Italiener verhielten sich viel disziplinierter mit Maske auch auf der Straße und in den Parks. In Deutschland wurde nur in geschlossenen Räumen maskiert. So begann alles im September 2019:

Es waren die Kataloge der Fattoria La Vialla aus der Toskana, die uns mit ihren typischen sonnengebräunten Landhäusern aus rustikalen Natursteinen, mit Fotos aus den Weinbergen, vom Olivenernten, vom Brotbacken und Käsezubereiten Appetit machten auf diese Region zwischen Bologna und Rom, La Spezia und Rimini, zwischen Ligurischem Meer und Adria. Toskana. Das klingt wie ein langgestreckter Tisch voller Essen und Trinken und unter Zypressen. Die typischen Zypressenalleen begleiten die schmalen, sich über sanfte Hügel windenden Sträßchen und werfen am Nachmittag lange Schatten. Bei Zypressen denkt man unwillkürlich an die Toskana.

Sie war uns gedanklich schon in den 50er Jahren so nah, ohne dass wir – zumindest im heimischen, damals etwas hinterwäldlerischen Oberfranken - an Toskana dachten. Richtig: Das Gebiet des Chianti liegt mitten in der Toskana. Und mit dem Begriff Chianti, das waren die bauchigen strohumflochtenen Flaschen (fiasco), die von den ersten italienischen Gastarbeitern in Deutschland eingeführt wurden, verbanden wir damals ausschließlich Italien. Für romantische Abende pflanzten wir Kerzen auf den Flaschenhals, deren Wachs dann in wulstigen Nasen über den Flaschenbauch rann. Das war Italienfeeling der 50er, 60er Jahre. Davon später mehr, wenn wir im Chianti-Gebiet sind.

Doch von Anfang an: Sohn Christian ist hin und weg, als er den La Vialla-Katalog durchblättert: bäuerliche Ferienhäuser, in spätes Sonnenlicht getauchte Terrassen, Essen wie Saus und Braus auf rotkarierten Tischtüchern. Man riecht förmlich den Fenchel in der groben Salami, die üppig mit Geflügelleberpastete bestrichenen und überbackenen Crostini, das geröstete toskanische Fladenbrot, den Pecorino toscano. Bis zu dieser Reise dachten wir wirklich, Pecorino sei Pecorino.

Wir fanden es eine schnuckelige Idee, alle drei (erwachsenen) Kinder mit Lebenspartnern und unserem Enkel zu einer gemeinsamen, bislang einzigen, aber vermutlich letzten Familienreise in die Toskana einzuladen. Ähnliches hatten wir schon einmal mit einem großen Hausboot in Holland versucht, was aber aus welchen Gründen auch immer, gescheitert war. Nun also ein neuer Versuch. Wie wir ahnten, klappt es auch dieses Mal nicht mit allen. Die beruflichen Pflichten engen freie Zeiten allzu sehr ein. Nur Christian und seine Frau Rabiye sind sofort Feuer und Flamme. Ziemlich schnell finden wir einen Termin: 9. bis 17. September. Anfang August! Die Recherche muss also unverzüglich beginnen.

Ich schreibe eine Mail an jene Fattoria La Vialla in Castiglion-Fibocchi in der Provinz Arezzo. Nach zehn Tagen noch immer keine Antwort. Okay. Abgehakt. Erst später sehe ich auf der Landkarte, dass dieser Ort ziemlich weit vom Chianti entfernt, eigentlich nur am nordöstlichen Rand der Toskana liegt. Also gut so, dass sie sich erst nach drei Wochen rühren; und sowieso keinen Platz hatten. Parallel suche ich im Internet nach Ferienwohnungen um Florenz, Siena und Pisa. Es gibt viele, viele, viele. Aber wenn ich die verschiedenen Dörfer nicht kenne, sie auch schlecht auf der Landkarte finde, das Umfeld nicht beurteilen kann, Entfernung zur nächsten Hauptstraße, gibt es Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, eine Tankstelle und so weiter, bleiben alle Vorstellungen nebulös. Bei nur sieben Tagen möchten wir nicht in der Pampa landen und die meiste Zeit mit Suchen vertrödeln.

Schließlich gehe ich entnervt ins Reisebüro und gebe unsere Wünsche auf: Ferienwohnung mit wenigstens zwei Schlafzimmern und zwei Bädern, alternativ ein großzügiges Hotel im Grünen. Nach einer Woche erhalten wir vier Angebote und entscheiden uns für Komfort in einer Hotelanlage in Tavarnelle Val die Pesa, etwa 30 Kilometer südöstlich von Florenz. Das Tal der Pesa liegt mitten im Chianti-Land. Wir erkunden mit dem Finger auf der Landkarte. Die bekanntesten und vermutlich sehenswertesten Städte: Florenz, dann Siena und Pisa kann man natürlich auf eigene Faust erkunden. Andererseits sind sie so groß, dass man am besten Begleitung sucht.

Anreise mit Überraschung

Freilich könnte man fliegen und am Zielort ein Auto mieten. Nach Florenz gibt es mehrmals am Tag Direktflüge; nach Pisa geht es fast immer über Rom. Doch weil wir für unsere beiden eine Überraschung auf Lager haben und Christian über einen komfortablen Firmenwagen verfügt, einigen wir uns auf das Auto. Immerhin sind wir vier Autofahrer, die sich ablösen können. Wir starten pünktlich um neun Uhr in Reinheim. Als wir Christian mit Mestre das abendliche Ziel für das Navi eingeben, platzt die Überraschung: der geplante Schlenker nach Venedig. Rabiye gerät ganz aus dem Häuschen. Nach Venedig wollte sie schon immer mal. Erst im Jahr zuvor auf einer Automesse in Padua hatte ihr Christian den relativ kurzen Abstecher nach Venedig ausgeredet. Nun also!

Die A3 liegt an jenem Montagmorgen unspektakulär vor uns. Der Verkehr hält sich in Grenzen. Die 12 Grad Celsius bleiben draußen. Wir hoffen auf wärmere Gefilde. Die „Jungs“ sitzen vorne, wir „Mädels“ hinten. Hinter Nürnberg darf ich fahren. Das bedeutet, dass der Sitz für mich Sitzzwerg mit kurzem Oberkörper umgestellt werden muss. Das Lenkrad lässt sich zwar tiefer stellen. Trotzdem muss ich meinen Nacken strecken, um die in der Frontscheibe eingespiegelten Fahrdaten lesen zu können. Erst auf der Heimfahrt werde ich merken, dass sich das mit der Sitzhöhe wesentlich bequemer hätte einstellen lassen. Die 200 PS unter der Motorhaube empören sich unter meiner anfangs zurückhaltenden Fahrweise. Toll: Wenn man nach rechts oder links blinkt, um ausscheren zu wollen, blinken kleine rote Dreiecke im Außenspiegel und warnen, wenn uns da ein weiteres Fahrzeug im toten Winkel am überholt.

In den nächsten drei Stunden durchfahre ich alle Wetter, viele Baustellen und ständige Geschwindigkeitsbeschränkungen. In Bayern wird wie wild gebaut. Christian übernimmt wieder das Steuer. Am Irschenberg kaufen wir ein Pickerl für 9,20 Euro, um durch Österreich fahren zu dürfen. Endlich klart es wieder auf. Die ersten österreichischen Berge grüßen am Horizont. Wie ich diesen Anblick liebe. Statt ursprünglich über Innsbruck, lotst uns das Navi nach Salzburg und nach einer halben Stunde kommentarlos wieder nach Innsbruck. Wir überqueren den Inn und schleichen mit maximal 110 Km/h durchs Inntal in Richtung Brennerpass. Auf den Bergen liegt bereits erster Schnee. Die Maut über den Brenner kostet 9,50 Euro. Dann geht’s ins Italienische. An der Mautstelle Sterzing ziehen wir ein Ticket und lenken hinunter ins Eisack-Tal. Die Wälder sehen sehr intakt aus. Grüne Matten verschweigen die Klimaerwärmung. Anscheinend fangen die Berge genügend Regenwolken ein.

Abfahrt Bozen-Nord um 16.30 Uhr: Unsere Füße und Augen lechzen nach einer kleinen Pause. Am Bahnhof Bozen – kennen wir vom vorigen Jahr – liegt ein gut erreichbares Parkhaus. Und mitten in der Stadt wird sich wohl ein Café finden lassen. Direkt vis á vis des Bahnhofs bewirtschaftet eine gemeinnützige Kooperative für Behinderte ein Café mit Außenplätzen. Bei herrlich warmen 19 Grad Celsius lassen wir uns einen Cappuccino schmecken. Eine kurze Pause war geplant. Aber jetzt quälen wir uns durch den Bozener Feierabendverkehr zurück zur Autobahn Richtung Verona. Das Navi zeigt Gardasee, Padua und – na bitte – Venezia.

Noch am hellen Tag erreichen wir kurz nach 19 Uhr Mestre. Unser gebuchtes Hotel Tritone am Bahnhof finden wir schnell. Hier halten viele Venedig-Besucher, um mit dem Bus über den Damm nach Venedig zu fahren; wie die verschiedenen Internet-Einträge der Hotelgäste verraten. Da auch ein paar Mäkler darunter waren, erschienen mir diese Kundenmeinungen realistisch. Wie in jenem Portal angekündigt, versucht uns der Rezeptionist ein Kombiticket zu verkaufen: 20 Euro für Busfahrt und Vaporetto, das sind die Linienschiffe in Venedig. Pro Person. Die Bushaltestelle liegt vis á vis vom Hotels. Wir halten uns erst mal zurück. Frühstück sei nicht integriert. Okay. Für vier Euro pro Person sehr preiswert! Die Zimmer sind wohnlich und ausreichend groß. 270 Euro für die zwei Doppelzimmer. Wir machen uns rasch frisch und treffen uns in einem karg besetzten Restaurant gleich neben an. Das Essen reißt uns nicht vom Stuhl. Im Gegenteil: Von allen Restaurantbesuchen in den folgenden Tagen war dies geschmacklich der bescheidenste.

2. Tag

Am nächsten Morgen sprinte ich vor dem Frühstück zur Haltestelle. Am Automaten gibt es Einzeltickets nach Venedig für 1,50 Euro, ein 10er-Ticket für 14 Euro und auch ein Ticket für acht Personen für 12 Euro, das ich nehme. Das Frühstück übertrifft unsere Erwartung für vier Euro. Abgesehen von Formfleisch-Röllchen mit Mayonnaise-Salat finden wir Toastbrot, Ciabatta, süße Teilchen, Mortadella, Käse, hart gekochte Eier und Obst. Danach zahlen wir, geben das Gepäck zur Aufbewahrung und machen uns auf den Weg nach Venedig. Bei wunderbaren 26 Grad Celsius und stahlblauem Himmel beginnt ein richtiger Sommer-Urlaubstag.

Im voll besetzten Bus bekommen wir nur Stehplätze. Ich schaffe es nicht einmal, mein 8er-Ticket zu entwerten. Die meisten Passagiere sind keine Touristen, sondern ganz normale Berufstätige, die zur Arbeit müssen. Direkt in Venedig lebt es sich sehr teuer. Außerdem gehen immer mehr Parterre-Wohnungen Jahr für Jahr durch eindringendes Wasser verloren. Die Lagunen-Insel hat auch keinen Platz für Neubauten.

Über den Damm dauert es keine zehn Minuten zur Piazzale Roma, dem Busbahnhof von Venedig. Erst jetzt, beim Aussteigen merke ich, dass ich den Voucher für unsere Gondelfahrt im Hotel vergessen habe. Also springe ich in den nächsten Bus zurück zum Hotel. Mangels Bewegungsmöglichkeit auf der Hinfahrt, um das Ticket zu entwerten, fahre ich mit einem jungfräulichen 8er-Ticket.

Gondelfahrt in Venedig

Die Gondel hatten wir uns verkniffen, als wir vor etwa zehn Jahren Venedig besuchten. Schon damals kostete die Tour 75 Euro und wir sahen keinen besonderen Lustgewinn für uns. Aber jetzt, für unsere beiden noch sehr Verliebten, wollten wir das realisieren. Ich hatte mich im Internet schlau gemacht: Heute kostet die Tour 95 Euro, bei Hochsaison und starkem Andrang auch mehr. Und man habe um die Mittagszeit mit einer langen Warteschlange zu rechnen.

Die Agentur www.tourinet.de in Wolfratshausen bot Voucher für 98 Euro an. Misstrauen kam auf. War das ein reales Angebot oder Abzocke? Weil ich sowieso wegen Stadtführungen mit dem Italienischen Fremdenverkehrsbüro ENIT in Verbindung stand, fragte ich nach, ob dieses Voucher-Angebot bekannt und seriös sei. ENIT antwortete, dass man davon nichts wüsste. Noch immer misstrauisch schrieb ich der Agentur, was ENIT meinte. Antwort: Wir können nichts dafür, dass die das nicht wissen. Klare Meinung. Also biss ich in den sauren Apfel und schickte 98 Euro nach Wolfratshausen. Postwendend traf der Voucher ein.

Obwohl ich in Mestre sofort den nächsten Bus erwische, vergeht doch eine ganze Stunde, bis ich mit Voucher wieder bei meinen Lieben an der Piazzale Roma ankomme. Zusammen machen wir uns auf, um die Haltestelle vom Vaporetto Nr. 1 zu finden. Mit dieser Linie kann man über den Bahnhof den gesamten Canal Grande bis zur Lagune hinunterfahren. Im Internet hatte ich gelesen, dass dies pro Person nur 1,40 Euro kosten, man den Touristen aber immer ein 75-Minuten-Ticket für 7,50 Euro aufschwätzen würde. Ich hatte mir sogar schon den richtigen Satz auf Italienisch zurechtgelegt: „Quattro biglietti per adulti“. Aber nix da; dies seien Preise nur für Leute, die in Venedig leben, werde ich zusammengestaucht. Also keine Chance, diesem Beschiss zu entgehen. Vergeblich suchen wir die Haltestelle von Vaporetto 1 und finden nur die Linie 4.1. Das sei schon richtig so, beschwichtigt uns der Ticketverkäufer, wenn wir zur Haltestelle San Marco und Arsenale wollten. Ich glaube das nicht, sehe aber keine andere Haltestelle.

Das Vaporetto kommt und schippert wider Erwarten nicht durch den Canal Grande, sondern durch den breiten Canal di Giudecca, der auch zum San-Marco-Platz führt, aber eben nicht die malerische Tour durch die Rialto-Brücke, die eng an den herrlichen Palazzi entlangführt. Also dann eben auf dem Heimweg, tröste ich mich. Christian und Rabiye wissen gar nicht, was wir hier versäumen, denn auch diese Tour führt entlang venezianischer Prachthotels und der beiden Kirchen Il Redentore (die Pestkirche) und Le Zitelle zum Klosterensemble San Giorgio Maggiore. Gleich am Beginn der Giudecca erstaunt die Mulino Stucky, eine ehemalige Dampfmühle mit Nudelfabrik; danach folgt der achtstöckige ehemalige Industriekomplex, den 1895 der Hannoveraner Architekt Ernst Wullekopf entwarf.

Die gesamte langgestreckte Insel La Giudecca besteht aus acht, mit Brücken verbundenen Einzelinseln. Das erkennt man aber nur, wenn man sich zu Fuß bewegt. Dann sieht man auch, dass hier fast ausschließlich Luxusherbergen liegen, ganz besonders das „Cipriani“, das angeblich luxuriöseste Hotel Venedigs, das 1956 in einer alten Bootswerft begann und sich um einen Parkgarten ausdehnte, in dem sich heute Venedigs einziger Swimmingpool befindet. Wir trieben uns seinerzeit einen ganzen Tag auf der Giudecca herum und stöberten in Winkeln, Gassen, luchsten durch Eisenzäune und fanden auch ein nettes kleines Restaurant. Vermutlich gut, aber nicht preiswert. Preiswert in Venedig, gibt es das?

Arsenale

Unser Vaporetto schwenkt nun nach links in Richtung San Marco, vorbei an der weißen Kuppelkirche Santa Maria della Salute am Canal Grande. Vor uns liegt die berühmte Silhouette: der Campanile, der Markusplatz, die Basilika San Marco, der Dogenpalast. Hier steigen die meisten Leute aus. Ich bremse und signalisiere, dass wir bis zur nächsten Haltestelle Arsenale fahren. Das Arsenale galt bei seinem Bau 1104 als die größte Werft und Waffenschmiede der damals bekannten Welt. Hier entstanden die gewaltigen venezianischen Flotten. Zeitweise sollen hier bis zu 18.000 Menschen gearbeitet haben. Nur ein paar Stunden benötigte man im 15. Jahrhundert, um eine Galeere zu bauen.

Hier steigen wir aus und schlendern auf dem Boulevard Riva degli Schiavoni, Venedigs Flaniermeile, in Richtung San Marco. Viele, viele