Janaii: Die Prophezeite - Calin Noell - E-Book

Janaii: Die Prophezeite E-Book

Calin Noell

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Beschreibung

Wenn Dich Dein Schicksal herausfordert, Du Deinen Weg jedoch selbst bestimmen willst, musst Du dafür kämpfen! In Zarin offenbart sich das wahre Ausmaß ihrer Macht, dennoch fühlt sie sich hier das erste Mal sicher, bis die Prophezeiung erneut ihren Weg kreuzt. Gefangen in einer Welt, in der beinahe jeder an diese Vorhersehung glaubt, muss Dilahr erkennen, dass sie ihrem Schicksal nicht entkommt. Dahir, der Mann, der ihr vorherbestimmt zu sein scheint, sucht sie und er wird alles dafür tun, um sie zu finden ... Band 2 der magischen Janaii - Trilogie

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Calin Noell

Janaii - Die Prophezeite

Band II

Verfluchtes Schicksal

Impressum:

Erstauflage 2015

3. Auflage 2019

Calin Noell

c/o Papyrus Autoren-Club

R.O.M. Logicware GmbH

Pettenkoferstr. 16-18

10247 Berlin

www.calin-noell.com

Texte © 2015 Copyright by Calin Noell

Bilder © 2015 Copyright by Calin Noell

Coverdesign: Saskia Lackner

www.saskia-illustration.de/

Lektorat: Roland Blümel

www.rolandbluemel.de/lektorat/

Alle Rechte vorbehalten

Buchbeschreibung

Wenn Dich Dein Schicksal herausfordert, Du Deinen Weg jedoch selbst bestimmen willst, musst Du dafür kämpfen!

In Zarin offenbart sich das wahre Ausmaß ihrer Macht, dennoch fühlt sie sich hier das erste Mal sicher, bis die Prophezeiung erneut ihren Weg kreuzt.

Gefangen in einer Welt, in der beinahe jeder an diese Vorhersehung glaubt, muss Dilahr erkennen, dass sie ihrem Schicksal nicht entkommt. Dahir, der Mann, der ihr vorherbestimmt zu sein scheint, sucht sie und er wird alles dafür tun, um sie zu finden ...

Band 2 der magischen Janaii - Trilogie

Danksagung

Ich bin allen unglaublich dankbar, die mich auf diesem Weg bisher begleitet haben. Für eure Unterstützung und eure Kritik, ebenso wie für eure Begeisterung und Geduld.

Ich danke Saskia für das tolle Cover. Ich habe es Dir auch dieses Mal nicht leicht gemacht – dennoch hast Du meine Erwartungen wieder übertroffen.

Nicole, eine Leseratte, wie sie im Buche steht – voller Leidenschaft und Begeisterung. Noch immer schlägt mein Herz höher, und ich danke Dir für Deine unglaublichen Rückmeldungen – Du hast mich damit in einer schwierigen Phase gerettet und mir gezeigt, dass ich es richtig gemacht habe.

Und nun zu meinem Mann: Ohne Deine Unterstützung wäre all das niemals möglich. Ich liebe dich.

Janaii -

Die Prophezeite

Band 2

Verfluchtes Schicksal

von

Für Omi!

In meinem Herzen

wirst Du immer sein.

Mali

Inhaltsverzeichnis

 

Glossar

Herausforderung

Offenheit

Der Tanz beginnt

Sieg oder Niederlage

Zerrissen

Verlust

Prophezeiung

Nie genug

Opala

Droch

Vergebung

Zweifel

Trauer

Vagaté

Aufbruch

Wut

Veränderungen

Ma cùm

Castara

Ausweg

Abschied

Vorahnung

Magister

Folge des Schicksals

Furcht

Ansprüche

Erwachsenwerden

Verstehen u. Verständnis

Amu

Lestær anman

Erneuerung

Verzeihen ist nicht vergessen

Verschiedene Măaltan

Aussprache

Anam

 

Glossar

Adait

Wahrer Name des alten Magisters

Ahanu

Zauberer vom Stamm der Pujiany, Zauberer und Meister im Haim der Weisen

Althea

Oberste Meisterin im Haim der Heiler

Alya

Frau von Samo, Seherin mit großer Gabe

amadán

Dummkopf / Narr

amadáin

Dummköpfe / Narren

Amu

2. Soca des Magisters, Bruder von Puja, Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany

anam

Seele, Geist – Bewusstsein

anman

Seelen, Mehrzahl von Seele

Ashfar

1. Soca Pujianys, Oberster Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany, Vorsteher des Rates

Àtair

Vater

Ballach

Geburtsstadt von Thalahs, Zentrum von Pujiany

Bàn

Hexe

Bock

Geldgeber, Beleidigung für jemanden, der sich aushalten lässt gegen Gefälligkeiten

Bràhær

Bruder

Brama

2. Soca Pujianys, Oberster Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany, Gemahl von Quill

Bruder

Bràhær

Bugja

Alkohol, ähnlich wie Bier, aber sehr bitter und sehr berauschend (stark)

Cam

Sohn von Anli und Váre – Wirtsleute einer Herberge

Castara

Kampfplatz / Arena – Übungsgelände, besonders geschützt, damit keine Magie entweichen kann

clach

Ort / Dorf

clachain

Orte / Dörfer

cùm, ma

Kosename: mein Halt – abgeleitet von der Rune cùmhachd

cùmhachd

Rune – durch eine Macht gemeinschaftlich gehalten

cridhe, ma

Kosename: mein Herz

Dahar

Vater von Dahir und Jarin (verstorben)

Dahir

Erster Sohn des Dahar, Prinz von Tolor, Bruder von Jarin

deàrrs, ma

Kosename: meine Strahlende

diàtoir, ma

Kosename: Taalies Geschenk – Gottes Geschenk

Dilahr

Bedeutung: Feuer im Herzen, aus unbekanntem Land

Dogmor

Entführer aus Gadh

Donaij

Herrscherin von Tolor, Mutter von Dahir und Jarin

Dorf / Dörfer

clach / clachain

droch

Fluch

dùin

Städte

Dummkopf

amadán

Dummköpfe

amadáin

dùn

Stadt

Ehmeer

Schüler im Haim der Weisen vom Stamm der Pujiany

Einfache

Geschöpfe von niederer Geburt

Eltern

Pàratan

Esthell

Frau von Thal, Tochter von Athiny vom Stamm der Badr al Din – Vollmond des Glaubens

Familie

Teaglah

féill

Jahrmarkt

Finlagh

3. Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany

Frouwa

Form der außerordentlichen Verehrung, aus tiefstem Herzen, für eine hohe Frau

Gadh

Name eines Landes

Gadhas

Volk von Gadh

Galo

Oberster Einfacher auf dem Gut von Tolor

Geist

sgáile

Geister

sgáilean

Gelass

Zimmer / Schlafraum

Göttin

Taalie (Göttin von Naoufel)

gràdh, ma

Kosename: meine Liebe

Haim

Zuhause / Heim

Haimat

Heimat

Haim der Weisen

Schule, ähnlich einem College, allerdings für alle Wesen dieser Welt – es gibt nichts, was hier nicht gelehrt wird

Hain

Kleiner Wald, Wäldchen, Gehölz

Hamir

2. Sohn von Tax aus Tolor

Hause

Harem aus Einfachen Mädchen

Hearna

Höchste Frau vor Ort, Herrscherin

Hexe

Bàn

Iain

Zauberer vom Stamm der Pujiany, Zauberer im Haim der Weisen, stärkste Form der Visionen der Gegenwart, unterrichtet nicht, da seine Visionen zu unkontrolliert sind

Jalah

Armband aus Leder mit einem Magiestein – zeigt die verbleibende Kraft an

Janaii

Die Erwartete, die Ankommende

Jarin

2. Sohn des Dahar, Bruder von Dahir - Bedeutung: Beschützer

Jarjog

Schüler im Haim der Weisen

Katall

4. Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany, Zauberer und Meister im Haim der Weisen, Oberster Meister des Sehens, Meister in Magie u. Kampfkunst, Meister der Runen und Meister der Sigillen

Kosenamen

Werden hier immer kleingeschrieben

lestær anman

Lichtung der Seelenvereinigung

lethon

Zwilling

lethonan

Zwillinge

Lichtung der Seelenvereinigung

lestær anman

Liebe

gràdh

Loerd

Schüler im Haim der Weisen, sympathischer Typ

ma cridhe

Kosename: mein Herz

ma cùm

Kosename: mein Halt – abgeleitet von der Rune cùmhachd (durch eine Macht gemeinschaftlich gehalten)

ma deàrrs

Kosename: meine Strahlende

ma diàtoir

Kosename: Taalies Geschenk – Gottes Geschenk

ma gràdh

Kosename: meine Liebe

Măalt

Welt

Măaltan

Welten

Magister

Namenstitel, den nur der 1. Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany tragen darf

Mansarde

Arbeitszimmer

Mari

Einfache, willig Dahir zu gefallen zu sein

Màtair

Mutter

Meister

Titel, den Zauberer nach abgeschlossener Ausbildung erhalten

Meister, Oberster

2. Titel, den Zauberer erhalten, sobald sie die Leitung einer Abteilung übertragen bekommen

Milda

Höchstes Weib im Hause

Mondgang

Abendstunden, wenn der Mond aufgeht - Nacht

Mondlauf

Entspricht etwa einem Tag

Mondphase

Entspricht etwa vier Tagen

Mondphase, vollständige

Die Dauer entspricht etwa einem Monat – hier: von Vollmond bis Vollmond

Mutter

Màtair

Nale

Neue im Haim der Weisen

Naoufel

Welt, in der sie gelandet ist – der ferne Stern

nighean

Jungfrau / Mädchen, hier: Mädchen in Obhut

Òhar

Onkel

Onkel

Òhar

opala

Kosename: außergewöhnliche Kostbarkeit, Juwel

Ori

Wohlwollender Herr, der jemanden in Obhut nimmt und für Erziehung und (Aus-) Bildung verantwortlich ist. Den Höheren ist es auferlegt, diese Schuld im Leben mind. einmal zu begleichen

Ort / Orte

clach / clachain

Papilo

5. Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany, Zauberer und Meister im Haim der Weisen, Oberster Meister der Astralmagie und Meister in Heilkunde, Vertrauter und bester Freund von Thalahs

Pàratan

Eltern / Vormund

Parsch

Hengst von Dahir

Pàthar

Schwester

Polahs

Schülerin im Haim der Weisen vom Volk der Thangao

Puja

Wächter des Magisters, Bruder von Amu, Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany, 1. Soca

Pujiany

Wanderer ohne Spuren, Stamm des Magisters

Quill

2. Vagaté, Frau von Brama

Rakji

Herr des Hauses, Der Sumi

reachd

Fühlen / Spüren

Rogou

Dilahrs Entführer, Volk der Händler, handeln gewissenlos mit allem

Rough

Stamm der Händler

Samo

Etwas kleinwüchsiger Mann, Zauberer vom Stamm der Pujiany, Frischling mit bisher unbekannten Kräften

Schavan

Schüler im Haim der Weisen, nett u. zurückhaltend

Schwester

Pàthar

Seele

anam

Seelen

anman

sgáile

Geist

sgáilean

Geister

Sirisie

Wurde ebenfalls entführt, kommt aus dem verfluchten Land, dessen Sprache im Hause niemand versteht

Soca

Titel der Wächter im Dienste des Rates

Sohl

Neuer Einfacher, wurde auf dem Markt gekauft

Sohn / Söhne

Uhl

Sumi

Oberhändler am Markt, Besitzer des Hauses

Taalie

Göttin von Naoufel

Tarlo u. Marla

Zwillinge von Samo u. Alya

Teaglah

Familie

Thal

Aus dem Heime Braack, 3. Sohn des Kalil, vom Stamm der Pujiany. Verstoßen nach dem Gesetz der Wahl

Thalahs

2. Zauberer und Meister vom Stamm der Pujiany, 1. Uhl aus dem Haim Bradok, Uhl von Paroh und Zartha, Oberster Zauberer und Meister des Haim der Weisen, Oberster Meister in Magie u. Kampfkunst, Oberster Meister der Legenden, Meister der Sigillenmagie u. Meister des Sehens

Thangao

Volk von Wesen, grüne Haut, Flügel, können fliegen, Vegetarier

Thangees

Sprache der Thangao

Thangharas

Sümpfe vom Volk der Thangao

talamh

Land (Oberbegriff)

Tochter / Töchter

Uhe

Uhe

Tochter / Töchter

Uhl

Sohn / Söhne

Vagaté

Wesen, das Geister rufen u. beherrschen kann

Vagous

verrücktes Weibsstück

Vater

Àtair

Vinzh

Stallbursche im Haim der Weisen

vollständige Mondphase

entspricht etwa einem Monat, Dauer von Vollmond bis Vollmond

Vormund

Pàratan

Wachtu

Münzhändler, wechselt Münzen, zuverlässig

Welt

Măalt – hier: Naoufel

Yalo

Seherin, wie Alya, nur nicht so begabt

Zarin

Name einer großen Stadt – Standort Haim der Weisen

Zauberer

Jeder, der Magie wirken kann

Zwilling / Zwillinge

lethon / lethonan

Herausforderung

Dilahr erwachte vom Klopfen an der Tür und rieb sich verwirrt die Augen. Sie spürte keinerlei Erschöpfung, nein, das schien nicht das richtige Wort zu sein. Sie empfand Traurigkeit, irgendwie eine gewisse Niedergeschlagenheit, fühlte sich vollkommen verloren, körperlich hingegen ging es ihr gut. »Herein!«, rief sie nachdenklich, als es erneut klopfte. Darüber grübelnd, wie sie eigentlich in ihr Zimmer, geschweige denn in ihr Bett gekommen war, stand sie auf und stellte irritiert fest, dass sie noch immer die Kleidung vom Vortag trug.

Grinsend steckte Cam seinen Kopf durch die Tür. »Wohlgemuten Mondlauf. Dachte ich es mir doch, dass du ohne mich zu lange ruhen würdest.« Sie lächelte, bemerkte jedoch selbst, dass es ihre Augen nicht erreichte. Ratlos sah sie sich um. »Thalahs brachte dich hierher«, erklärte Cam unaufgefordert. »Du ruhtest friedlich in seinen Armen, und er legte dich auf die Bettstatt ...«

Dilahr hob die Hand, ihre Gedanken rasten und mit einem Schlag brachen die Erinnerungen über sie herein – alle! Sämtliche Eindrücke der letzten Tage und Wochen hatten sie förmlich überrannt, während sie aus dem Saal getreten war. Auf dem Dach war es ihr dann nicht länger gelungen, ihnen standzuhalten. Sie hatte die Beherrschung verloren und einfach nicht mehr aufhören können zu weinen, als Thalahs sie plötzlich packte und in einem fremden Raum in seine Arme schloss. Er stellte keine Fragen, hielt und tröstete sie, strich ihr zärtlich über den Rücken, immer wieder, bis sie losließ, sich fallenließ. Er hatte ihr Innerstes berührt mit seiner Art, stand ihr zur Seite, gab ihr Sicherheit.

Nachdem sie einmal durchgeatmet hatte, blickte sie verzweifelt zu Cam. »O Cam, was soll ich denn jetzt bloß tun?«

»Ankleiden, erfrischen, und das Frühmahl zu dir nehmen«, entgegnete er lächelnd. »Da kannst du mir dann alles erzählen, solltest du das wünschen. Und zu deiner Beruhigung: Thalahs ahnte nicht, dass ich in deinem Gelass stand. Er verhielt sich wie ein absoluter Ehrenmann. Nur betrachtet hat er dich. Sehr lange!«, fügte er schmunzelnd hinzu. »Er wirkte besorgt, ungemein sehnsüchtig und ein wenig furchtsam, ich weiß nicht genau. Aber wenn du zu deiner Herausforderung nicht zu spät gelangen willst, dann solltest du dich nun eilen«, fuhr er fort, als sie nicht reagierte. Verwundert sah sie auf.

Thalahs, sehnsüchtig, besorgt und ängstlich?

»Darf ich mich auch erst frischmachen und danach ankleiden?«

Cam zwinkerte. »Die Reihung ist mir gleich, nur rasch muss es geschehen.«

Dilahr

Ein wenig abseits der anderen sitzend, schirmten wir unser Gespräch im Speisesaal ab. Erleichtert bemerkte ich, dass wir damit keine Ausnahme bildeten. Mein Wissen von der Barriere des großen Saals nutzend stellte ich überrascht fest, wie leicht es mir fiel, den Schild in kleinerer Form nachzubilden. Hier konnte uns niemand mehr belauschen.

»Was ist passiert, nachdem ich den Saal verlassen hatte?«, erkundigte ich mich neugierig und hoffte, dass Cam sich von den Dingen, die hinterher geschehen waren, ablenken ließ. Während ich auf seine Antwort wartete, griff ich beherzt zum Frühstück und stopfte mir gleich drei Teilchen in den Mund. Ich war wirklich noch nie so hungrig.

Cams Lächelns wirkte gezwungen. »Sie tuschelten immens, aber niemand wagte es erneut, eine einzige Beleidigung oder Verleumdung kundzutun.« Lachend hielt ich mir den Mund zu, damit mein Essen blieb, wo es hingehörte, zu viel hatte ich vor lauter Hunger auf einmal hineingestopft. »Dilahr, einige erfasste wahrhaftig der Schrecken. Glaubst du, dass dein Handeln klug war? Du hast die Situation wahrlich anstandslos gelöst am Schluss. Ich war beeindruckt. Doch zuvor, als du auf diesen Jungen zugeschritten bist, überbekam selbst mich ein Schauder. Niemand sollte sich vor dir fürchten.«

»Es tut mir wirklich leid, Cam. Ehrlich. Ich musste tatsächlich erst einmal gegen meine eigene Wut ankämpfen.« Entschuldigend und ein wenig erschrocken über seine Worte, zuckte ich mit den Schultern.

»Darf ich dich etwas fragen, Dilahr?«

»Natürlich, Cam.« Ich nickte, schluckte aber, als ich sein Zögern bemerkte. Er stockte, noch immer unschlüssig. »Na, los, trau dich, so schlimm kann es doch nicht sein«, schob ich hinterher, verstummte jedoch sofort, als ich seinem durchdringenden Blick begegnete.

»Vertraust du auf deine Gefühle?«, begann er vorsichtig, fast ängstlich, und ich begriff, dass hier keine Antwort zählte, die ich nicht wirklich ehrlich meinte. Also dachte ich ernsthaft über seine Frage nach.

»Ich bin ein Kopfmensch, schon immer gewesen, höre aber auch auf mein Herz«, fasste ich schließlich zusammen. »Siegen tut wahrscheinlich dennoch öfter mein Verstand.«

Cam nickte. »Und seitdem du hier bist?«, fragte er.

Ich stutzte, dachte erneut darüber nach. Er hatte recht. »Seit ich hier bin, vertraue ich wohl mehr auf mein Gefühl.« Eigentlich alles, was ich mit meiner Magie getan hatte, war aus dem Bauch heraus entstanden, intuitiv.

»Versprichst du mir etwas, Dilahr?« Bei seinem überaus ernsten Blick bekam ich eine ungute Vorahnung.

Wo ist nur der ausgelassene Junge hin?

»Solltest du in Ferne zwischen deinem Verstand und deinem Herzen wählen müssen, versicherst du mir, dann stets mehr auf dein Gefühl zu vertrauen?«, fragte er, bittend und drängend zugleich.

Mein Unbehagen wuchs. »Was ist los, Cam?«

»Ich kann dir nicht sagen, warum ich es verlange, Dilahr. Es ist in mir, dieses Empfinden, dass es von großer Bedeutung ist. Ich verstehe es selbst nicht«, beteuerte er gequält. »Versprich mir wenigstens, dass du immer an meine Worte denkst, solltest du je vor solch einer Entscheidung stehen. Vertrau auf dein Gefühl.«

Vergeblich rieb ich mir über die Gänsehaut, die meine Arme unaufhaltsam hinaufkroch. Er war kein kleiner Junge mehr. Erneut saß vor mir der sehr ernsthafte, selbstsichere junge Mann, der die Überzeugung besaß, das Richtige zu tun. »Ja, Cam, ich verspreche es dir.«

Erleichtert atmete er aus. »Danke, Dilahr, das bedeutet mir wahrhaftig viel. Jetzt aber müssen wir gehen, die erste Stunde beginnt gleich.« Vor Schreck wäre mir fast das Essen wieder hochgekommen, das ich in Unmengen in mich hineingeschaufelt hatte. Das sah wohl ziemlich komisch aus, denn Cam lachte aus vollem Herzen. »So arg wird es schon nicht werden«, behauptete er, noch immer lachend und nahm mich kurz in den Arm. »Hast du etwa vergessen, wer alles auf unserer Seite steht?«

Unserer? Ach, er belegt das Fach Magie und Kampf ja ebenfalls.

»Cam? Ich will ja nicht gemein klingen, doch wie ist das zustande gekommen, deine Einstufung in diesem Fach? Ich spüre keinerlei Magie in dir«, ergänzte ich vorsichtig.

Er lächelte, in keiner Weise beleidigt, wie ich erleichtert feststellte. »Meister Ahanu meinte, ich verfüge über die Kraft, aber meine Gabe würde noch ruhen, oder so ähnlich. Er meinte, er möchte erproben, ob sie durch den Einfluss der Magie anderer erwacht.« Unsicher zuckte er mit den Schultern.

»Willst du das?«, fragte ich ehrlich interessiert.

Cam überlegte. »Ein bisschen was ist besser als gar nichts«, entgegnete er.

Ich lächelte, verstand sehr gut, was er meinte. »Wenn ich dir irgendwie helfen kann, Cam, dann tue ich es sofort.«

»Das ist wahrlich liebenswert, Dilahr, und ich danke dir für dein Angebot, aber niemand vermag so zu lernen, wie du es tust. Und jetzt komm schon, lass die Barriere fallen.«

Ich gab die Abschirmung frei, dankbar, dass er mich daran erinnert hatte und wir eilten zur Castara, Cam aufgeregt, in freudiger Erwartung eines Abenteuers, ich mit einem fetten Stein in meinem Magen. Egal wie ich es drehte und wendete, ich steckte echt in der Klemme. Wenn niemand kam, wäre ich die Lachnummer und das Gerede spätestens ab morgen die Hölle. Doch sollte jemand die Herausforderung annehmen, was dann?

Ich habe gestern wirklich große Töne gespuckt.

Nur wusste ich bis jetzt noch immer nicht, wie ich diese mächtigen Worte auch in die Tat umsetzen könnte ...

Als wir uns der Castara näherten, waren all diese Fragen vergessen, und wir blieben wie angewurzelt stehen. Allem Anschein nach hatten sich hier sämtliche Schüler vom Haim der Weisen eingefunden, nicht nur die, die jetzt hier Unterricht haben sollten. Sobald uns die Ersten erblickten, erklangen laute Rufe. »Sie ist da.«

»Sie ist gekommen.«

Wie von allein bildete sich eine Gasse, die direkt am Eingang endete. »Wenigstens müssen wir uns den Weg nicht freikämpfen«, raunte ich Cam zu, straffte mich und hob den Kopf. »Na, dann mal los. Ich habe zwar noch immer keine Idee, aber das ist nun einerlei. Es gibt keinen Weg mehr zurück.«

»Du schaffst das, Dilahr. Glaube daran. Glaube daran, dass alles möglich ist.« Frech grinste er, zuversichtlich, und ich erwiderte es fast automatisch. Als er an meiner Seite blieb, was ich unglaublich dankbar annahm, verbreiterte sich die Gasse noch ein weiteres Stück, und wir marschierten auf den Eingang zu. Selbstsicher, stark, so, wie ich mich gerade gar nicht fühlte, schritt ich voran.

Plötzlich begann irgendwo hinter uns ein rhythmisches Klatschen, das mehr und mehr anschwoll, immer lauter, immer dröhnender wurde. Ich gebe zu, dass ich mir einredete, dass sie mich anfeuern wollten und dadurch bestärkte es mich, gab mir die Kraft weiterzugehen. An die andere Möglichkeit dachte ich lieber gar nicht erst. Ich zwang mich zu einem Lächeln, versuchte mich auf den Kampf zu freuen, auf die Magie, rief mir die Begeisterung von gestern ins Gedächtnis zurück, um einen entspannten Eindruck zu erwecken, ohne überheblich zu wirken. Ob es mir wirklich gelang, bezweifelte ich. Cam drückte zur Aufmunterung kurz meinen Arm, was ich immerhin als gutes Zeichen deutete. Am Eingang angekommen atmete ich tief durch, durchschritt den Bogen, der zu der Treppe führte und erblickte Thalahs, der sich mit einem mir unbekannten Meister unterhielt. Beide wandten sich im selben Moment zu uns um. Es ärgerte mich, dass sie mich sofort wahrnahmen, hielt ich meine Abschirmung, meine Dämmung doch fast für unfehlbar. Nun wurde ich also mal wieder eines Besseren belehrt.

Zurück auf dem Boden der Tatsachen tut manchmal auch ganz gut.

Während Thalahs sich zu mir umwandte, versteifte er sich, was dem anderen ein leises Lachen entlockte. Stirnrunzelnd grübelte ich über den Anlass nach und versuchte, den harten Stich, den sein Verhalten mir versetzte, zu ignorieren.

»Dilahr, darf ich mich vorstellen?«, fragte der Fremde mich und das Erste, was ich an ihm wahrnahm, war die unglaubliche Wärme, seine Herzlichkeit, die er ausstrahlte. Dann bemerkte ich erschrocken seine blassen Augen.

Ist er tatsächlich blind?

»Sehr gerne«, zwang ich hervor und warf Thalahs einen kurzen Blick zu. Er ignorierte mich jedoch weiterhin.

»Mein Name lautet Katall. Oh, es folgt noch Weiteres und ich besitze mehrere Titel, aber ich denke, Katall reicht vollkommen.«

Sein vergnügtes Lachen brachte mich zum Schmunzeln. Seine Art gefiel mir auf Anhieb. Neugierig räusperte ich mich. »Würdet Ihr mir dennoch die Ehre erweisen und mir verraten, welche Meistertitel Ihr besitzt?«

Laut und aus vollem Halse lachte er. »Gar nicht dumm. Ich bin Oberster Meister des Sehens, Meister in Magie und Kampf, Meister der Runen und Meister der Sigillen«, zählte er gelassen auf.

»Ich danke Euch«, entgegnete ich lächelnd. »Verzeiht mir meine Neugierde, vielleicht erscheint sie unhöflich, aber ich stelle sie selbst auf diese Gefahr hin lieber Euch persönlich. Sind Eure Augen krank?« Diese Frage ließ mich tatsächlich nicht mehr los – als Oberster Meister des Sehens?! Sein Lächeln erstarrte, stattdessen überkam mich ein Gefühl, als würde er mich durchdringend mustern, obwohl ich vermutete, dass das gar nicht möglich war. »Verzeiht«, ergänzte ich unbehaglich. »Ich wollte Euch wirklich nicht zu nahe treten, oder gar kränken. Ganz im Gegenteil. Ich empfände es eher als unhöflich und respektlos, wenn ich jemand anderes danach gefragt hätte.« Endlich wandte sich Thalahs mir zu, überrascht, würde ich sagen.

»Erstaunlich«, entgegnete Katall nur, nicht an mich gerichtet, glaubte ich. »Wahrhaft bemerkenswert.« Ein Lächeln schlich sich langsam in seine Züge – und plötzlich schien es, als ginge die Sonne auf. Meine Angst verflog und mein Körper entspannte sich ein wenig. »Ich danke dir, Dilahr. Von ganzem Herzen danke ich dir, für dein Vertrauen in dich – und in mich! In der Tat vermag ich nicht so zu sehen wie du und dann wieder doch. Ich erkläre es dir gerne späterhin, wenn du es denn wahrhaftig hören magst. Allerdings denke ich, ihr solltet nun erst einmal beginnen. Alle warten nur auf euch.« Erneut lachte er herzlich und ich konnte mir mein Grinsen nicht länger verkneifen. Katall aber wandte sich bereits ab und stieg die Stufen hinauf. »Cam, geleite mich bitte, ehe Meister Thalahs weiter vor Dilahr entflieht, um mich wie einen alten Tattergreis die Treppe hinaufzubegleiten. Und Thalahs, höre ihr zu, das Mädchen hat dir noch etwas mitzuteilen.« Er lachte schallend über seinen eigenen Scherz. In meine Richtung zwinkernd und offensichtlich enorm belustigt, lief Cam eilig hinter ihm her. Mehr als erstaunt blickte ich ihnen nach.

Woher weiß Katall, dass ich Thalahs etwas sagen will?

Ziemlich überrumpelt sah sie zu Thalahs auf. Überrascht, verwundert und vielleicht ein wenig ängstlich begegnete er ihrem Blick, während sie tief Luft holte.

»Du musst nichts entgegnen, nur weil der alte Greis es ansprach«, warf er ein, bevor sie auch nur einen einzigen Ton hervorgebracht hatte. Sie lächelte und sein Herz schlug rascher als zuvor. Er verspürte tatsächlich Furcht vor dem, was sie verkünden wollte.

Sie hielt seinen Blick fest und versuchte, ihre Gefühle zu ordnen, vergeblich. Kaum, dass sie ihn erblickt hatte, begann ihr Herz wie wild zu klopfen, bei seinem steifen Verhalten ihr gegenüber aber war es gehörig ins Stocken geraten. Nun blickte sie in seine strahlenden Augen. Er wirkte aufrichtig verunsichert. Sie verstand einfach nichts mehr. »Danke«, entgegnete sie schlicht, atmete tief durch. »Thalahs, von ganzem Herzen. Danke. Für alles!« Nach diesen Worten drehte sie sich hastig um und stieg die Stufen hinauf.

Sprachlos starrte er ihr hinterher, bis er seine neuerliche Überraschung abgeschüttelt hatte und eilig zu ihr aufschloss. Hier war es noch ruhig, niemand befand sich in unmittelbarer Nähe.

Bei voll besetzter Castara war es den Schülern untersagt, den Turm zu betreten. Nur zum hinein- oder hinausgehen, war es erlaubt. Weit vor der Spanne erbaut, ehe das Haim der Weisen für sämtliche Lebewesen seine Tore öffnete, besaß die Castara einfach nicht genügend Plätze für alle, und erst wenn ein Schüler sie verließ, durfte von draußen einer nachrücken.

Kopfschüttelnd kehrte Thalahs mit seinen Gedanken hierher zurück. Ihre Worte hatten ihn tief berührt, nutzte sie doch nicht die ihm so ungemein verhassten, geschwollenen Phrasen, die stets in seinen Ohren derart unehrlich klangen, dass sie lieber nicht gesagt worden wären. Schlicht hatte sie ihren Dank ausgesprochen und damit sein Herz zur Eile angetrieben.

Von ganzem Herzen ...

»Was soll ich jetzt tun?«

Es dauerte einen Moment, ehe er begriff, dass sie tatsächlich ihn angesprochen hatte, ihn nach seiner Meinung fragte. »Besiege sie!«

Irritiert stutzte Dilahr, weil sie mit vielen Antworten gerechnet hatte, mit dieser allerdings nicht. Thalahs lächelte über ihre Reaktion, was sie wiederum völlig aus dem Konzept brachte.

Wunderschön, dachte sie benommen. So sollte er immer aussehen, mit diesem Lächeln im Gesicht, das seine Augen noch viel intensiver erstrahlen lässt. Dann würden ihm die Frauen in Scharen zu Füßen liegen.

Bei diesem Gedanken erstarb ihr Lächeln auf der Stelle.

Grrr! Selbst wenn, geht es mich gar nichts an!

Sie ärgerte sich über ihre eigenen Gedankengänge. Thalahs bemerkte ihre veränderte Gestimmtheit nur allzu deutlich und wünschte sich plötzlich sehnlichst, er könnte ihr Bewusstsein durchdringen. Hatte sie eben noch wie verzaubert gelächelt, wirkte sie nun verstimmt, ohne dass er den Grund dafür verstand. Hatte sie seine Äußerung als unangemessen empfunden? »Vollziehe es wie vergangenen Mondlauf. Hilf den anderen, aber geh diesmal als Siegerin vom Platz. Das Gerede unterbindest du ohnehin nicht länger.« Überrascht sah Dilahr auf, hatte sie doch bisher geglaubt, dass ihr Vorgehen niemandem aufgefallen wäre. Thalahs lächelte offen und ein wenig belustigt, schien ihre Gedanken zu erraten. »Nicht jeder vermag derlei wahrzunehmen, kaum einer erfasst es in Gänze, Katall bildet die Ausnahme. Ich, sobald ich mich nah genug befinde und mühelos, wenn ich direkten Kontakt aufnehme. Vergangenen Mondlauf aber ließ Katall es alle Meister erblicken.« Unvermittelt erbleichte Dilahr und Thalahs trat besorgt einen Schritt näher an sie heran, hätte gern ihre Hand ergriffen, traute sich jedoch nicht. »Dilahr, verzeih! Ich sagte das nicht, um dich zu verunsichern oder dich zurechtzuweisen.«

Gott, bin ich dämlich, dachte sie und ärgerte sich über sich selbst. Natürlich konnten sie es sehen. Sie sind Oberste Meister, was also hast du geglaubt, was du bist? Die Einzige auf der Welt? Die Einzige, die sich so superselbstüberschätzt vielleicht, ja.

Sie war schockiert über ihre eigene Blasiertheit. »Schon gut, alles in Ordnung«, beschwichtigte sie ihn. Zurück auf den Boden der Tatsachen fühlte sie sich erstaunlich wohl und das ließ sie ein wenig ihrer Angst verlieren. »Warum sind so viele hier, haben die keinen Unterricht? Die belegen doch nicht etwa alle dieses Fach, oder?«, erkundigte sie sich und ging langsam weiter.

»Es gelang uns leider nicht, diesen Aufmarsch zu unterbinden. Wir versuchten es, wahrhaftig, aber deine Herausforderung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Es tut mir aufrichtig leid.« Sie glaubte ihm. »Dilahr?«, fragte Thalahs vorsichtig und schien sich seiner nächsten Worte noch selbst gar nicht gewiss.

»Ja?«, entgegnete sie unsicher und schluckte.

»Ich bin immer da, solltest du jemanden brauchen, in Ordnung?« Zaghaft lächelte sie, zu mehr fühlte sie sich gerade nicht imstande. Tief bewegt von der Bedeutung seiner Aussage, traute sie ihrer Stimme nicht über den Weg.

»Wenn ihr jetzt nicht anlangt, glauben sie tatsächlich noch, Dilahr wäre fortgelaufen«, rief Katall lachend von oben.

»Na, dann mal los«, flüsterte sie und wandte den Blick von ihm ab.

War es richtig, sie zum Siegen aufzufordern?

Thalahs konnte es nicht mit Gewissheit sagen. Aber er wusste, dass es besser war, gefürchtet als verspottet zu werden. Das hatte er selbst sehr schmerzhaft lernen müssen und wollte ihr diese Erfahrung unbedingt ersparen.

Als sie die letzte Stufe erreichten, trat Thuur, ein Schreiberling des Haim der Weisen, unsicher und ängstlich auf ihn zu und hielt ihn zurück. »Oberster Meister Thalahs«, begann er zögerlich. Dilahr neigte zur Begrüßung nur leicht ihren Kopf und schritt von dannen. Thalahs seufzte stumm, weil er diese panische Ehrfurcht einfach nicht verstand. »Ich wollte Euch nur darüber unterrichten, dass ein Bursche, noch vor dem Frühmahl, in meine Mansarde eindrang, um das Jalah von Dilahr zu tauschen. Er versicherte ihr, er könnte es unbemerkt vollbringen, wurde jedoch von mir überrascht. Sein Name lautet Vinzh und er wirkt eigentlich in den Stallungen.«

Mit einer unguten Vorahnung betrachtete Thalahs ihn. »Was habt Ihr unternommen?«

»Also, na ja, nach dem vergangenen Mondlauf dachte ich, dass es besser wäre, diesen Vorfall niemandem zu offenbaren. Daher gab ich ihm ein Neues und versprach, dass ich nichts preisgebe. Was jetzt weiter geschieht, wollt Ihr gewiss selbst entscheiden.«

»Offenbarte er, weshalb sie den Austausch begehrte?« Obwohl er die Antwort auf seine eigene Frage bereits kannte, stellte er sie, erleichtert, weil Thuur Stillschweigen bewahrt hatte.

»Nein, Oberster Meister Thalahs, es tut mir aufrichtig leid, das gewahrte der Junge nicht.«

Nein, so dumm ist Dilahr nicht.

»Ich danke Euch, Thuur. Behaltet dieses Wissen für Euch«, forderte er. Das fehlte noch. Wenn es sich wahrhaftig so verhielt, dass sie beinahe unerschöpfliche Kräfte besaß, was er nach wie vor nicht glaubte, aber falls doch, durfte vorerst niemand davon erfahren. Thuur nickte heftig. Nein, er würde es niemals wagen, auch nur ein einziges Wort darüber zu verlieren. Manchmal erschien Furcht durchaus zu etwas nütze.

Als Thalahs die Castara betrat, betrachtete er die zwei unterschiedlichen Gruppen. Eine große Anzahl hatte die Herausforderung wahrlich nicht angenommen. Er schätzte sie auf dreißig, was immer noch mehr als genug waren, gegen den wesentlich kleineren Zusammenschluss von Dilahr. Bei ihr standen Hamir und sein Bruder Rayl, Ehmeer, Nale, Schavan, Polahs, Jarjog, Loerd und Cam, also mit ihr zehn. Thalahs zählte die anderen durch.

Zweiunddreißig. Wie sollte sie vorgehen?

Er blickte zu Dilahr, die seinen Blick bereits suchte und sofort auffing.

Besitzt sie etwa schon einen Plan?

Ohne Hast schritt er den Weg zu ihnen entlang und trat zwischen die beiden Gruppen. Auf den Rängen kehrte augenblicklich Ruhe ein. »Ich begrüße euch zu dieser ungewöhnlichen Spanne. Es wurde eine Herausforderung ausgesprochen, die anscheinend nicht vollständig erfüllt wird.« Unruhiges Gemurmel und unbehagliche Ausrufe erklangen. »All jene, die sie annahmen, stehen nun hier. Da Dilahr sie aussprach, besitzt sie somit das Entscheidungsrecht der Vorgehensweise«, rief er, damit auch alle es vernahmen. Er trat auf Dilahr zu, verärgert über sich selbst, da er nicht vorher genauer mit ihr die Möglichkeiten besprochen hatte. »Dilahr, wie wünschst du, vorzugehen? Welche Anzahl soll gegen wie viele von euch antreten?«, erkundigte er sich und gewahrte sogleich, dass er diese Frage bereuen würde. Er wusste, dass er die Antwort, ihre Antwort, nicht hören wollte. Wie vermutet zeigte sich ihr Grinsen, so honigsüß, dass es ihm einen eisigen Schauder bescherte.

Sie zwinkerte ihm zu, was ihn aufrichtig überraschte, lächelte so entspannt, dass ihre Augen hell erstrahlten, und wandte sich zu ihren Gefährten um. »Vertraut ihr mir?«, fragte sie und sah jeden Einzelnen der Reihe nach an. Sie nickten, ohne zu zögern, und schon standen sie in einem Kreis, alle zehn, die Hände ausgestreckt übereinandergelegt, wie die Speichen eines Rades. »Gut, dann los!« Mit diesen Worten durchbrach sie dieses Geflecht und ging wieder in Position. Dilahr drehte sich um, sah nicht zu Thalahs, sondern zu ihren Gegnern und rief mit lauter, selbstbewusster Stimme: »Als diejenige, die diese Herausforderung aussprach, entscheide ich nach dem Recht der Wahl, zweiunddreißig gegen uns zehn. Es gewinnt die Gruppe, die zuletzt auf dem Platz steht.«

Jetzt geschah alles gleichzeitig. Thalahs wurde bleich wie eine Wand und stürzte auf Dilahr zu. Die Ränge bebten, dass man Angst bekam, die Kuppel könnte fallen, die Widersacher von Dilahr wirkten erst irritiert, dann erstaunt und lachten schließlich siegessicher. Dilahrs Gefährten jedoch kämpften sichtlich gegen ihre Unsicherheit, blickten nicht minder überrascht, nur Cam grinste. »Vertraut mir. Ich weiß sehr genau, was ich hier tue.«

Thalahs aber packte sie, wirbelte sie zu sich herum und zischte: »Bei Taalie, bist du wahnsinnig, Mädchen?« Er musterte sie, erfasste nicht, was sie zu tun gedachte, verstand nicht, weshalb er plötzlich einen Knoten in seinem Innern verspürte.

Dilahr jedoch begegnete seinem Blick gelassen, keinerlei Spur von Beunruhigung. »Vertraut mir, Thalahs, bitte. Ich weiß durchaus, was ich tue.« Flehend klangen ihre Worte und sein Herz tat ihm weh. »Bitte! Ich brauche Euer Vertrauen, das Eure ganz besonders«, flüsterte sie, wünschte es sich so sehr und verstand selbst nicht genau, warum.

Zögernd nickte er, vernahm ihr tiefes, drängendes Bedürfnis, dass er es tat. Sie ging ohne einen weiteren Blick und ließ ihn von Sorge erfüllt und verwirrt zurück. Er sollte mit den anderen auf der Empore ausharren, konzentrierte sich, erschien neben Katall, griff sich einen Stuhl und stand wieder unten, ein wenig seitlich der beiden Gruppen, mit dem Stuhl in der Hand. Über sich selbst den Kopf schüttelnd setzte er sich schließlich beunruhigt hin. Zwar befand er sich außerhalb der Gefahrenzone, jedoch nah genug, dass er das gesamte Geschehen wahrhaftig wahrzunehmen und im Notfall einzugreifen vermochte. Vorsichtshalber schirmte er sich vor Querschlägern ab und kämpfte verbissen gegen den gewaltigen Drang, sie einfach zu packen und fortzubringen.

»Ich bitte euch um euer Vertrauen. Ich habe einen Plan, wie wir gewinnen können, alle gemeinsam, doch dafür muss jeder Einzelne von euch den Mut besitzen, mir wirklich und wahrhaftig zu glauben.« Dilahr sprach leise, eindringlich.

»Wie sollen wir das schaffen, es sind zu viele. Zweiunddreißig Schläge in einem Durchgang, das halten wir niemals durch. Weißt du denn nicht, welche Mengen an Magie es beansprucht, die Schilde aufrechtzuerhalten, sobald sie die Schläge gegen uns führen?«

»Ich vertraue dir«, entgegnete der kleine Hamir unvermittelt und ignorierte Schavans Einwand.

Dilahr lachte, gerührt von dieser ernstgemeinten Zusicherung. »Ich weiß, was es euch an Kraft kostet, deshalb werde ich euer aller Schild sein«, erklärte sie mit fester Stimme und hoffte, dass sie es ihr zutrauten. Entsetzen zeichnete sich in den Zügen ihrer Gefährten. »Wer von euch war bei der Erprobung dabei?«, versuchte sie es weiter.

»Ich«, entgegnete Ehmeer.

»Ich ebenfalls«, bestätigte Loerd.

»Habt ihr mich mit Thalahs gesehen? Den Spiegelschild?«, fragte sie hoffend.

»Meinst du den, den er über das halbe Feld ausdehnte?« Loerd staunte.

»Ich war das«, erklärte Dilahr schlicht.

Stille

»Wirklich!«, schob sie hinterher.

»Du?«, flüsterte Ehmeer verständnislos.

»Ja, ich und genauso schirme ich uns ab. Noch einmal, ich bin nicht lebensmüde. Ich sage sofort Bescheid, wenn mein Jalah grün leuchtet und wir den Plan ändern müssen, in Ordnung?«

»Wirst du uns deinen Seherstein zeigen?« Nales Stimme klang herausfordernd und auch ihre Gefährten betrachteten sie angespannt.

»Ich kann eure Besorgnis nachvollziehen, aber nein. Ich werde viel Zeit, also eine lange Spanne mit meiner Gabe verschmelzen und ihn nur so selbst sicher überwachen. Es ist wichtiger, dass ich erkenne, wann ich aufhören muss, als ihr. Ich verstehe eure Angst, wirklich, ich weiß, dass ich viel von euch verlange, dennoch ...«

»Ich vertraue dir und lege meinen Schutz in deine Hände«, versicherte Cam selbstsicher und streckte seine Hand aus. Dankbar ergriff Dilahr sie. Hamir und sein Bruder Rayl folgten seinem Beispiel.

Schavan grinste, nickte und legte seine Hand ebenfalls auf ihre. »Wir machen sie fertig. Wir müssen. Daher bete ich zu Taalie, dass du wahrhaftig weißt, was du tust.« Nun fügten sich auch die anderen und reichten ihre Hände.

»Zwingt euch, die Schilde unten zu lassen, sonst funktioniert es nicht und wir verbrauchen unnötig viel Kraft.«

Sie sind noch nicht wirklich überzeugt.

Während dieses Gedankens betrachtete sie Cam, der ihren Blick nervös zappelnd erwiderte. »Cam?«, erkundigte sie sich vorsichtig. »Du hast keine Ahnung, was du hier tun sollst, oder?«

Gequält verzog er das Gesicht. »Bisher wusste ich ja nicht einmal, dass überhaupt Magie in mir steckt«, flüsterte er. »Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, dass sie erwacht, findest du nicht auch?«, sagte er beschämt, fühlte sich unnütz.

»Ach, Cam, du stehst hier an meiner Seite, das ist alles, was für mich zählt«, antwortete sie ehrlich und schloss ihn in ihre Arme.

Bei dieser Berührung zuckte er zusammen. »Ich vertraue dir absolut und unwiderruflich, doch vertraust du dir ebenfalls?« Fragend musterte er ihr Gesicht, als forschte er dort nach der Antwort.

»Wir sind also nur neun, die wirklich kämpfen können?«, stellte Schavan fest, nun wieder eindeutig zweifelnd.

»Zur Not schummeln wir und ich führe seinen Schlag«, rief Dilahr verärgert, sah aber weiterhin zu Cam, weil er ihren Blick einfach nicht losließ. »Cam, ich vertraue mir, so sehr ich es vermag«, flüsterte sie leise. »Los jetzt. Und, bei Taalie, lasst eure Schilde unten, davon hängt alles ab.«

»Wir besiegen sie«, rief Polahs selbstsicher, in der für alle verständlichen Sprache der Pujiany, mit einem schnarrenden Akzent, der Dilahr zum Schmunzeln brachte. »Mir ist bewusst, dass wir einander kaum kennen, dennoch vertraue ich dir vollkommen. Ich weiß, dass du niemanden jemals absichtlich in Gefahr bringen würdest«, sagte sie ernst.

Thalahs spürte den Sog, als die anderen Meister seinem Beispiel folgten und nun ebenfalls mit einem Stuhl hinter ihm erschienen. Er empfand ungeheure Anspannung und verfluchte sich dafür, dass er Dilahr aufgefordert hatte, zu siegen. Er gab sich die Schuld an ihrem Übermut. Ihre Worte, ihr Flehen, ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Bitte. Ich brauche Euer Vertrauen, das Eure ganz besonders.

In diesem Moment hätte er sie gerne an sich gezogen, festgehalten, sie gebeten, es nicht zu tun, und sie augenblicklich fortgebracht.

Vertrauen.

Dieses Wort ließ ihn nicht wieder los. Darum hatte sich bisher kaum jemand bemüht.

Bei Taalie.

Er versuchte es ja, wahrhaftig, doch er empfand einfach zu viel Furcht – um sie. Papilo und Katall nahmen links und rechts von ihm Platz und er grinste, als er ihre Stühle bemerkte. »Bei Taalie, was hat sie vor? Möchte sie wissentlich unterliegen?« Papilos Verärgerung war nicht zu überhören.

»Sie wird nicht scheitern«, zischte Thalahs nicht weniger wütend, was Papilo überrascht nach Luft schnappen ließ, Katall hingegen brachte seine Reaktion zum Lachen.

Dilahr wandte sich um und betrachtete ihre Gegner, die ihnen gegenüberstanden, weit verteilt, damit ihre Schilde sich nicht berührten.

Auch ein Vorteil für uns.Einige müssen mit ihren Schlägen lange Wege zurücklegen.

»Als Herausforderin obliegt mir nun das Recht des ersten Schlages. Da wir jedoch ohnehin siegen, treten wir dieses Anrecht an euch ab«, rief sie kurz und trat wieder zurück. Ihre Gefährten standen locker um sie herum, das machte es einerseits leichter für sie, alle gleichzeitig abzuschirmen, andererseits hielt es jeden Einzelnen hoffentlich davon ab, das eigene Schild zu aktivieren.

Wir sind stark!

Dilahr hoffte, betete, dass sie nicht gerade einen schwerwiegenden Fehler beging und sich völlig überschätzte.

»Du musst dir selbst vertrauen«, flüsterte Cam direkt in ihr Ohr, als hätte er ihre Unsicherheit gespürt. Sie zuckte zusammen und blickte zu Thalahs, bat erneut um seines. Sie konnte nicht sagen, weshalb es ihr so wichtig war, denn dieses Bedürfnis entsprang nur einem Gefühl. Doch mit Ausnahme von Cam, der mehr als genug davon besaß, war es ihr das Bedeutendste, dass auch Thalahs an sie glaubte. Als spürte er ihre Bitte, neigte er schließlich leicht seinen Kopf in ihre Richtung. Sie lächelte. Für ihn erschuf dieses kleine Lächeln die Sonne in seinem Herzen, und er entspannte sich ein wenig.

Vertrauen ...

Furchtsam atmete er tief durch.

Also gut, vertrau ihr, verdammt. So schwer kann das wohl nicht sein!

»Ich warte sechzehn Schläge ab, dann mache ich unser Schild für alle sichtbar. Also bleibt konzentriert und erschreckt nicht. Wollen wir doch mal sehen, ob wir dieses Spielchen nicht zu unseren Gunsten nutzen können.« Bei diesem Gedanken grinste sie. »Ihr könnt beginnen«, rief Dilahr. Es kehrte mit kurzer Verzögerung eine unheilvolle Stille ein. Dilahr aber bemerkte es nicht mehr, zu tief versunken war sie schon in ihrer Magie, fuhr das Muster der Castara in ihrem Gedächtnis nach, verwob es neu und schloss schließlich einen starken Schild um sich und ihre Gefährten.

Zeitgleich sprangen Thalahs und Katall auf die Füße, zu überrascht von dem, was sie erblickten. »Bei Taalie«, flüsterten beide wie aus einem Munde. Die anderen Meister sahen sich währenddessen ungeduldig und beunruhigt um, konnten sie doch nichts erfassen, was es nicht auch schon vorher zu erblicken gab. Es entstand Unruhe bei allen, selbst auf den Rängen, bemerkten sie schließlich sehr wohl die Reaktionen der Obersten Meister und erhoben sich ebenfalls in der Hoffnung, mehr wahrnehmen zu können.

»Halt«, rief Dilahr verärgert und wartete einen Moment, um sicherzugehen, dass nicht bereits jemand einen Schlag ausführte. Sie wandte sich zu den Meistern um und marschierte voller Zorn auf sie zu, durch den Schild, der ihre Gefährten noch immer sicher umschloss.

»Wie ist das möglich?«, flüsterte Katall.

Auch Thalahs sah dies bei einem Abwehrschild zum ersten Mal. Er wusste es nicht, war jedoch nicht in der Lage, seine Gedanken laut zu äußern, zu gebannt starrte er auf die sich nähernde Frau, die vor Wut beinahe überschäumte.

Kriegerin! Voller Leidenschaft.

Fasziniert und ehrfürchtig zugleich blickte er ihr entgegen. Direkt vor ihm baute sie sich auf, stemmte die Hände in die Hüften, ihre Augen funkelten furchtlos. »Auch auf die Gefahr hin, dass ich mal wieder ...«, bei diesen Worten warf sie Xahrs einen herausfordernden Blick zu, »... respektlos erscheine: Was, in Taalies Namen, tut Ihr hier? Wollt Ihr unbedingt, dass dieser Kampf beendet ist, bevor er überhaupt beginnt?«

Thalahs hätte am liebsten laut gelacht, sie gepackt und herumgewirbelt, so sehr faszinierte sie ihn, beeindruckte ihn ihre Furchtlosigkeit ihm selbst gegenüber, wagte es doch sonst niemand, ihn so unerschrocken anzufahren.

Ich würde sie jetzt so unglaublich gerne küssen.

Erstaunt über seine eigenen Gedanken zog er eine Braue in die Höhe. »Wenn Ihr schon kein Vertrauen erübrigen könnt, dann tut wenigstens so, als ob und bleibt auf Eurem Hintern sitzen, verflucht! Gelingt Euch das jedoch nicht, kehrt zurück auf Eure verdammte Empore. Ihr stört die Konzentration aller«, zischte Dilahr zornig. Ihr kleiner Leib erbebte förmlich. Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern drehte sich einfach um und begab sich zu ihren Gefährten.

Katall kicherte. »Thalahs, dies ist nun der Augenblick meiner Beantwortung: Jetzt, ja, genau in diesem Moment wünschte ich, wahrhaftig sehen zu können, wie nur ein gesunder Mensch es vermag. Noch nie erschien es mir ein Bedürfnis, doch dies, bei Taalie, Dilahr und dich begehrte ich soeben fürwahr zu betrachten. Sie muss ein Bild für die Göttin Taalie gewesen sein«, ergänzte er leise genug, dass nur Papilo und Thalahs ihn hörten. »Und ich glaube, ihre Worte galten mehr dir als mir, da bin ich mir äußerst gewiss sogar«, fuhr er lachend fort.

Thalahs aber rieb sich unbewusst über sein Herz, bis er es selbst bemerkte und die Hand hastig sinken ließ. Er wäre gerne zu ihr gegangen, um das Missverständnis mit ihr zu bereinigen, ärgerte sich, dass das nicht möglich war, und schüttelte den Kopf. Sie setzten sich wieder und Dilahr ging erneut in Stellung. »Sie hielt den Schild die ganze Spanne, warum nur? Sie hätte Kraft gespart, viel Kraft, ließe sie ihn fallen«, grübelte Katall nachdenklich.

»Sie gewahrte es nicht«, antwortete Thalahs erstaunt, da er im selben Moment spürte, dass er mit dieser Einschätzung richtig lag.

»Du bist dir sicher«, stellte Katall überrascht fest, weil er wusste, dass Thalahs andernfalls niemals laut darüber gesprochen hätte.

»Ja. Wie man solch einen Kraftverbrauch nicht verspürt, ist mir allerdings ein großes Mysterium«, entgegnete er leise, mehr zu sich selbst. Aufgebracht fuhr er sich über das Gesicht und durch die Haare, versuchte verzweifelt, sich zu entspannen, vergeblich.

Katall seufzte und reichte seine Hände nach links und rechts. »Verhaltet euch still, wenn ihr gleich seht. Sonst schließe ich euch aus, alle, ich warne nur dieses eine Mal.« Dann ließ er zu, dass Thalahs und auf der anderen Seite Raghas zugriffen, ehe sie ihre zweite Hand jeweils ihrem Sitznachbarn hinstreckten.

Ein Beben ging durch ihre Reihe. Sie erblickten nun ebenfalls den Schild von Dilahr, strahlend hell erleuchtet, in allen Schattierungen des Regenbogens, vor Kraft und Macht strotzend, wunderschön, so unglaublich wunderschön fand ihn Thalahs, dennoch gab niemand einen einzigen Ton von sich.

Er war froh, dass seine eigene Gabe von Katall abgeschnitten wurde. Wie genau das vonstattenging, hatten sie bereits mehrfach zu ergründen versucht, bisher ergebnislos. Was jetzt allein zählte, war, dass er sich auf Dilahr konzentrieren konnte, ohne befürchten zu müssen, dass er ungebetene Gedanken von Papilo oder Katall empfing.

Der erste Schlag fiel und alle bis auf Dilahr zuckten zusammen. Sie stand einfach nur da, wunderschön und stolz, vollkommen in Konzentration versunken, stellte er sich ihre Augen vor, leuchtend, so strahlend blau, tief wie Seen. Er seufzte. Da sie seitlich der Gruppen saßen, konnte er ihr nicht in die Augen schauen.

»Vertraut mir«, flüsterte Dilahr in die Stille hinein. »Habt Vertrauen und entspannt euch.« Sie hatte ihr Jalah wieder nach innen gewandt. Ihr Neues! Sie hoffte, dass ihre Selbsteinschätzung stimmte und dieses Jalah sie nicht eines Besseren belehrte, doch es blieb Schwarz. Die nächsten Schläge krachten auf den Schild, mittlerweile standen alle auf den Rängen, niemand saß mehr. Nur die Meister wagten es nicht, auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen, verfolgten erstaunt das Geschehen durch die Gabe Katalls.

Allmählich entspannten sich Dilahrs Gefährten ebenfalls, zuckten nicht länger zusammen, sondern beobachteten fasziniert die Schläge, sobald sie auf die Barriere krachten. Ihre Gegner aber wurden unruhig, merkten sie doch, dass die Schläge sehr viel weiter oben oder seitlich trafen und nicht, wie eigentlich üblich, näher an den anvisierten Kämpfern.

Schlag um Schlag ging auf Dilahrs Schild nieder, sie spürte die Vibration, die jeder Angriff erzeugte. Ihre Magie dehnte sich ihnen entgegen, nahm sie auf, trank sie. Dilahr wehrte sich nicht, hieß sie willkommen, erkannte allerdings nicht, dass sie so einen stetigen Kreislauf aus magischem Strom erschuf. Dessen gar nicht bewusst floss die Magie ihrer Gegner, die Kraft ihrer Schläge in sie hinein, unentdeckt, selbst durch die Gabe von Katall. Er hätte es zu erblicken vermocht, mit seiner Macht allein, doch auf Grund seiner Großzügigkeit der Teilung blieb ihm und allen anderen dieses Wunder verborgen. Dilahr aber verstand es ebenfalls nicht, hörte nur auf ihr Gefühl und zählte die Schläge, jeden Einzelnen, während sie ängstlich ihr Jalah betrachtete.

Mit jedem Schlag wuchs die Unruhe der Zuschauer, bei Dilahr hingegen schürten sie die Zuversicht. Sie richtete ihre Sicht wieder nach außen und begegnete Loerds Blick. »Wir verbrauchen gar keine Magie, all unsere Jalah sind und bleiben schwarz. Das ist unglaublich.« Sie lächelte. »Verzeih mir bitte, Dilahr. Ich vertraue dir«, entgegnete er ernst und sie verstand es. Wie hätte er vertrauen können, ohne zu begreifen, zu erleben, dass sie es wirklich zu bewältigen vermochte?

»Ich vertraue dir«, stimmte Ehmeer zu. »Verzeih.«

Dilahr grinste, empfand unendliche Dankbarkeit für diese Worte, die jetzt nacheinander von all ihren Gefährten folgten. Sie wusste, dass sie es nun ehrlich meinten. Lächelnd blickte sie zu Thalahs. Sie begriff, dass ihr Wutausbruch, ihr Vorwurf, nicht wirklich fair oder begründet gewesen war. Wie hätte sie irgendjemandes Vertrauen verlangen können, wenn sie dies nicht einmal selbst besaß?

Er erwiderte ihren Blick und neigte leicht seinen Kopf, als verstünde er, welche Überlegungen sie gerade beschäftigten. »Fünfzehn«, zählte sie laut, als ein weiterer Schlag auf ihr Schild krachte, während sie weiterhin nur Thalahs ansah. Der nächste Hieb traf.

Kraftvoll, wunderschön!

Verwirrt von diesem letzten Gedanken, überlegte sie, ob sie die Magie oder eigentlich Thalahs damit meinte, konnte es aber nicht mit Gewissheit beantworten. »Sechzehn«, rief sie laut, hielt noch immer seinen Blick gefangen, genoss sein unglaubliches Funkeln. Sie holte tief Luft und zeichnete, für alle erkennbar, das Muster des Spiegels, wie sie ihn bei der Erprobung gesehen hatte, fühlte und lernte. Kurz bevor der siebzehnte Schlag sein Ziel erreichte, gab sie es frei.

Für die Anwesenden, die nicht die Gabe des Sehens besaßen, begann es unbemerkt, Wabe um Wabe wurde sichtbar, leuchtete, verknüpft mit der davor, bis es sich schließlich strahlend schön wie ein Netz um den eigentlichen Schild schmiegte. Nur die Meister, die weiterhin die Hand ihres Nachbarn fest umklammert hielten, vermochten noch durch das Netz des Spiegels zu blicken.

Dilahr lachte über den Tumult, der ausbrach, selbst unter ihren Gefährten. Waren sie zwar vorgewarnt, doch nun, das ganze Ausmaß dessen tatsächlich auch zu erblicken, versetzte sie in großes Erstaunen.

»Dilahr«, flüsterte Loerd fassungslos. »Das ist unglaublich.«

»Jetzt müssen wir uns entscheiden.« Sie grinste. »Wollen wir sie sehen lassen, oder uns verstecken?« Sie lachte, glücklich und stolz.

»Was würdest du tun?«, fragte Ehmeer mit so viel Ehrfurcht in seiner Stimme, dass sie innerlich aufstöhnte.

»Ich bin noch immer die, die du kennenlerntest«, sagte sie traurig. »Ich bin noch immer die, die ich vor wenigen Augenblicken war, für euch alle, einfach nur eure Freundin.« Flehend sah sie in die Runde und hoffte so sehr, dass sie verstanden. Sie wollte kein Podest, jetzt noch weniger als zuvor, wenn das überhaupt möglich war.

Ehmeer grinste. »Dilahr, ich mag dich, weil du du bist. Aber du musst anerkennen, dass dies hier für uns wahrlich unglaublich ist.« Seine Augen funkelten vergnügt. »Ich würde sie sehen lassen, lass sie ihren Untergang erblicken«, rief er laut und lachte. Die anderen nickten begeistert, ließen sich von seinen Worten anstecken und entspannten sich.

Der Angriff war mit Erscheinen des Netzes ins Stocken geraten. Ihre Gegner blickten immer wieder von dem Schild zu den tobenden Zuschauern auf den Rängen. Die Castara erzitterte. Dilahr konzentrierte sich, formte die Maschen, das Muster der Castara stärker heraus, verwob es neu, zupfte es zurecht. Sie bearbeitete diesen Zauber in ihren Händen, sah hinauf und gab ihn lächelnd frei, dauerte dies doch nicht mehr als ein paar kurze Augenblicke.

Thalahs krallte seine rechte Hand in die Stuhllehne, kämpfte mit allem, was ihm an Kraft zur Verfügung stand darum, sitzen zu bleiben, sah, wie sie formte und verwob, konnte es nicht glauben, gar nicht fassen.

»Unglaublich«, flüsterte Katall, als der Schild sich veränderte und schließlich anfing zu leuchten, zu strahlen, in hellen Farben und den Blick auf die Herausforderer wieder freigab. Die Barriere, nun für jeden sichtbar, sorgte für einen Aufschrei der Menge, unverständliche Rufe. Sie applaudierten, trampelten mit den Füßen vor Begeisterung, sodass die Castara immer mehr erzitterte.

Dilahr sah sich um, erblickte Thalahs und grinste. Er betrachtete sie einen Augenblick, erhob sich, ging einige Schritte und drehte sich dann einmal im Kreis, während er »Ruhe!«, rief, verstärkt durch seine Magie. Dieser Klang durchfuhr Dilahr wie ein leichtes Kribbeln. Seine Stimme vibrierte in ihrem Innern nach wie ein Hall. Der ohrenbetäubende Aufruhr erstarb zu einem leisen Gemurmel. Er trat zurück und setzte sich. Dankbar schlich sich ein erneutes Lächeln in ihre Züge, erstaunt, weil er sie ohne Worte verstand. »Fahrt fort«, gebot er. Sie blickte auf ihr Jalah hinab.

Vollkommen schwarz.

Sie konzentrierte sich wieder auf ihre Magie, ließ sich hineinsinken und vergewisserte sich, dass wirklich alles in Ordnung war. Weiterhin ohne Vertrauen in sich selbst, weil sie nicht glauben wollte, nicht glauben konnte, dass ihre Kräfte derart außergewöhnlich sein sollten, traute sie auch diesem neuen Jalah einfach nicht über den Weg. Erleichterung durchflutete sie. Ihre Magie strahlte hell und stark.

»Wenn du noch einmal meine Hand loslässt, Thalahs, in einem solch spannungsvollen Augenblick, bei Taalie, ich füge dir wahrhaftiges Leid zu«, zischte Papilo halb belustigt halb erzürnt.

Irritiert betrachtete Thalahs ihn, bis er seinen Fehler erkannte. Als er sich losgerissen und an der Armlehne festgeklammert hatte, waren von dem Moment an alle auf dieser Seite von Katalls Gabe abgeschnitten. »Verzeih«, bat er entschuldigend.

Als der nächste Hieb auf Dilahrs Barriere traf, fuhr sie zusammen. Drängender, gewaltsamer drangen sie nun vor. Verärgert über sich selbst, weil sie erfasste, wie unverantwortlich sie eigentlich mit der ganzen Situation umging, schüttelte sie den Kopf und zwang sich zur Konzentration. Wenn ihr Schild brechen würde, hätte das furchtbare Folgen. Sollte ein Schlag erfolgen, obwohl ein Jalah bereits rot leuchtete, und ihre Barriere zusammenbrechen – unvorstellbar! Sie könnte einen solchen Fehler niemals wieder auslöschen.

Ich darf mich nicht so ablenken lassen!

Die Angreifer trafen weiterhin, doch nun kamen die hinteren zehn Gegner dran, die anscheinend Schwierigkeiten hatten, die Entfernung einzuschätzen und dadurch nicht mehr ganz so sicher und kraftvoll das Ziel erreichten. Sie schlugen schwach, fast schon erbärmlich kraftlos ein. Der letzte Junge dieser Gruppe kam an die Reihe, unsicher und ängstlich sah er von den Meistern zu ihr und gab schließlich, völlig verkrampft, seinen Schlag frei. Statt jedoch Dilahrs Schild zu treffen, rutschte ihm seine Hand seitlich weg und er krachte ausgerechnet auf Thalahs’ Barriere.

Stille!

Die augenblicklich herrschende Totenstille in der Castara brachte Dilahr zum Lachen. Sie war unfähig, sich zu beherrschen, zu absurd wirkten der Junge und die Blicke der Meister, zu sonderbar die Reaktion aller. Was glaubten sie, würde er jetzt tun?

Die Meister selbst sind schuld an dieser Situation, schließlich sitzen sie hier, statt in ihrer verdammten Empore.

Dilahr lachte noch immer. Sowohl ihre Freunde als auch ihre Gegner blickten entsetzt von Thalahs zu ihr, besaß die Gegebenheit doch keineswegs irgendetwas Spaßiges. Der Junge, der das Pech hatte, der Schuldige zu sein, verkroch sich hinter seinen Gefährten.

»Es tut mir leid«, rief Dilahr, mühsam beherrscht. »Ich lache nicht über dich oder dein Missgeschick. Es ist ja gar nicht deine Schuld. Wie lautet dein Name?«

Zögernd sah er an seinem Vordermann vorbei. »Mein Name lautet Aleji«, antwortete er stockend und zog eilig seinen Kopf wieder ein.

»Aleji, du solltest dringend deinen Platz mit jemandem weiter vorn tauschen, der höher eingestuft ist als du selbst. Wer von euch hier kam auf die dumme Idee, dich ganz nach hinten zu stellen?« Sie lachte noch immer und nahm dadurch die Schärfe aus ihren letzten Worten. Die Gruppe geriet in Bewegung, sie sahen einander an, einige zuckten mit den Schultern, bis drei von ihnen begriffen, dass sie recht sprach.

Irritiert schauten ihre eigenen Gefährten zu Dilahr. »Das hier ist eine Herausforderung, wohl wahr. Dennoch soll es Spaß machen. Ich rechne es jedem hoch an, den Mut und Stolz in sich zu tragen, vor aller Augen mit seinem Erscheinen zuzugeben, Unwahrheiten über mich verbreitet zu haben. Aufgrund der geringen Anzahl, die tatsächlich hier stehen, ist es umso beeindruckender und jedem von euch gebührt mein Respekt. Sollten sich die Unerfahrenen oder Schwächeren unter euch jedoch davor fürchten müssen, einen Fehler zu begehen, ist der Spaß dahin. Lasst eure Schilde sinken und stellt euch neu auf, wir warten. Wenn wir siegen und das werden wir, will ich einen ehrlichen Sieg und keinen geschenkten.«

Fassungslos starrten ihre Gegner sie an. Selbst auf den Rängen herrschte noch immer Totenstille, dann brach der Beifall aus. Die Jubelrufe erklangen ohrenbetäubend. Die Meister lauschten ebenso sprachlos ihren Worten. Thalahs jedoch betrachtete sie fasziniert und tief beeindruckt, hatte sie ihn doch nun schon mehrfach in Erstaunen versetzt.

Zwar lautete seine Empfehlung, sie solle siegen, in der festen Überzeugung, dass es für sie gleichermaßen eine Niederlage sein würde, begründet durch die Ehrfurcht der anderen. Sie aber stieß dieses Podest einfach um, mit Worten oder Taten, fand sie immer wieder hinunter, ohne es überhaupt selbst zu bemerken. Das bewunderte er am meisten. Für sie wünschte er sich von Herzen, dass es ihr tatsächlich dauerhaft gelang.

Dilahr

Ich hob die Hand und die Menge verstummte. Unsere Gegner hatten sich neu aufgestellt und Aleji strahlte mich nun aus der vordersten Reihe an. Ich lächelte. Nun waren wir selbst am Zug, und ich überprüfte erneut mein Jalah. Die meiner Gefährten leuchteten, dank meines Schildes noch immer schwarz, und Hoffnung, es tatsächlich schaffen zu können, keimte in mir auf.

»Na, dann mal los«, forderte ich. »Jeder so, wie er glaubt, am besten durchzuhalten. Ein Sieg, bei dem wir alle gemeinsam hier stehen, wäre mir am liebsten«, rief ich grinsend.

Zögernd trat Cam auf mich zu. »Wir müssen unserem Gefühl vertrauen, nicht wahr?« Ich musterte ihn, mir sehr wohl bewusst, dass ich ihm versprochen hatte, es immer zu versuchen. »Berühr mich mit deiner Magie«, verlangte er schlicht.

»Wie? Ich soll dich ... Cam? Ich verstehe nicht.«

»Ich trage Magie in mir, erinnerst du dich? Du musst sie nur antasten, Dilahr. Du bist fähig, sie zu erwecken, ich weiß es einfach.« Flehend ergriff er meine Hand. »Bitte, erblicke mich mit deiner Gabe, vertrau deinem Gefühl, so wie ich es tue. Ich spüre, dass du es vermagst, und zwar genau hier und jetzt. Vertrau mir und meinem Gespür.« Ich gebe es zu, ich bekam Angst und wusste nicht, wie er sich das vorstellte. »Bitte. Versuche es wenigstens.«

Ich holte tief Luft und nickte. Wie hätte ich das auch ausschlagen können? Er ist mir stets ein wahrer Freund gewesen, ein Vertrauter, der einzige hier, der all meine Geheimnisse kannte.

Mein kleiner Bràhær.

Ich schloss die Augen, legte aus einem Impuls heraus meine Hand auf sein Herz und versank in meiner Magie, sah die Kraft um mich herum. Cam aber sah ich nicht.

»Vertrau deiner Gabe, vertrau dir selbst, Dilahr. So wie ich dir vertraue«, flüsterte er auffordernd, zuversichtlich. Erneut holte ich Atem.

Ich vertraue meiner Magie, ich vertraue meiner Kraft, ich vertraue meinem Gefühl, ich vertraue mir.

Ich sah noch immer nichts, kein Leuchten.

Glaube daran, dass alles möglich ist.

Thals Worte schwirrten durch meinen Geist.

Vertraue deinem Gefühl, vertraue dir selbst.

Ich atmete tief durch, ließ alle Bedenken und Ängste einfach los und begann, verwob intuitiv und erkannte bald ein Netz. Ohne nachzudenken, Masche für Masche, schob, drückte und zog ich so lange, bis es passte, innerhalb weniger Augenblicke. Ich gab es frei, von der absoluten Gewissheit erfüllt, das Richtige zu tun.

Ich sah, wie es sich um seine Gestalt legte, die durch meine Sicht nur als blasser Schatten glomm. Als sich die Enden wie von allein miteinander verwoben, leuchtete es kraftvoller, die Maschen erstrahlten immer heller, nahmen allmählich alle Farben eines Regenbogens an. Fasziniert beobachtete ich, wie das Netz in Cam versank, spürte keine Angst mehr, denn pures Glück erfasste mich. Cam erstrahlte, kaum dass das Netz verschwunden war, zwang mich beinahe dazu, den Blick abzuwenden, zu grell erglühte er, als es ganz plötzlich wieder nachließ, bis er selbst vollkommen bunt zu schimmern begann, strahlend klar und hell, wunderschön, in verschiedenen Schattierungen, unbeschreiblich und einzigartig. Seine Magie war erwacht.

»Erblickt jemand ihr Jalah?«, fragte Thalahs, obwohl er die Antwort bereits ahnte.

»Nein«, erklang es von allen Seiten. Aufgebracht fuhr er sich mit der Hand über sein Gesicht.

Es ist zum Verzweifeln. Ich will ihr Vertrauen, ich muss!

Aber es fiel ihm verdammt schwer. Wusste er selbst doch viel besser als sie, was all das an Kraft verschlang.

Meine kleine Kriegerin ...

Still lachte er in sich hinein.

Wohl eher groß!

Schmunzelnd betrachtete er sie, seufzte dann jedoch, plötzlich verärgert.

Und meine schon gar nicht!

Besorgt über seine eigenen Gedanken, fuhr er sich wiederholt über sein Gesicht.

Ich hege ihr gegenüber keinerlei Absichten. Sie ist ein respektloses Weibsbild!

Laut seufzte er und bemerkte es zu spät. Papilo betrachtete ihn äußerst verstimmt, hob jedoch fragend eine Braue. Erst jetzt nahm Thalahs dessen Hand wahr, die er ihm ausgestreckt und auffordernd entgegenhielt. Unbehaglich zuckte er mit den Schultern und fasste abermals zu. Erneut blickte er zu Dilahr, die eine Handfläche auf Cams Herz legte und in völliger Konzentration versank, während sie ihre Magie verformte. Erstaunt gewahrten nun wieder alle Meister diese außergewöhnliche Vorgehensweise.

In wenigen Augenblicken hatte sie ein Netz verwoben, als wüsste sie genau, was sie da vollbrachte. Schließlich gab sie den Zauber frei und sandte ihn zu Cam.

Thalahs Stuhllehne brach unter seinem verzweifelten Griff entzwei, ohne dass er es bewusst wahrnahm. Papilo riss an dessen Arm, packte hastig seine Hand, ignorierte die Splitter, die sich in ihre Handflächen bohrten und im letzten Moment erblickten sie noch, wie ihr verwobenes Geflecht vollständig in Cam versank.

 

 

 

Dilahr

 

»Ich sehe sie, ich kann sie wirklich sehen. Sie ist so unglaublich, wunderschön.« Dilahr staunte wieder mit dem Blick im Hier und Jetzt.

Cam zitterte am gesamten Körper. »Dilahr, das ist unbeschreiblich, ich spüre die Magie, alles ist so, so andersartig, so warm.« Behutsam löste er ihre Hand und sein Zittern verebbte. »Ich wusste, dass du es vermagst«, flüsterte er voller Ehrfurcht über sie und seine neue Gabe. Dann erstrahlte er, nickte bedächtig, erfüllt von absoluter Gewissheit. »Jetzt ist es so, wie es schon längst hätte sein sollen.«

»Loerd?«, rief sie, blickte, suchte und forschte jedoch weiterhin in Cams Gesicht nach dem Anlass des Geschehens.

»Was soll ich tun?« Neugierig sah Loerd zwischen Cam und ihr hin und her.

»Wie lernt ihr einen Schlag?« Irritiert schaute er sie an, verstand den Grund ihrer Frage nicht. »Cams Magie ist erwacht. Damit er uns helfen kann, benötigt er das Wissen darum, wie er ihn ausführt.«

Verwundert sah Loerd von Cam zu Dilahr. Da aber keiner von beiden es weiter erklärte, zuckte er schließlich mit den Schultern. »Sollte Cam es sich zutrauen, willig und mit einer raschen Auffassungsgabe gesegnet zu sein, vermag der 2. Oberste Zauberer und Meister Thalahs ihn zu unterweisen. Er ist der Einzige, der ihn in einer solch kurzen Spanne lehren kann. Es wäre zwar nur ein einfacher, gewöhnlicher Schlag, uns aber durchaus dienlich. Ihr müsstet Thalahs allerdings erst einmal dazu bewegen, dies wirken zu wollen.«

Erneut musterte sie Cam und nicht nur Thalahs, sondern auch alle anderen, verfluchten diese Stille. Kein Wort war zu verstehen, zu weit weg standen und zu leise sprachen die Herausforderer miteinander.