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Tom Carrington ist inkognito unterwegs nach Las Sabinas. Er soll herausfinden, wer den aufständischen Comanchen Waffen liefert und damit das Leben aller Siedler in der gesamten Region bedroht. Als Tom jedoch in Las Sabinas ankommt, gerät er zwischen die Fronten eines Weidekriegs. Man hält ihn für einen Detektiv, den der Rancher Moses Fairfield kurz vor seinem Tod angeheuert haben soll. Zunächst spielt Tom dieses Spiel mit – auf seine Weise. Aber nur so lange, bis er weiß, wer hinter den Waffenlieferungen an die Comanchen steckt.
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Seitenzahl: 151
Veröffentlichungsjahr: 2025
Kampf um die Fairfield-Ranch: Western
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von Horst Weymar Hübner
Tom Carrington ist inkognito unterwegs nach Las Sabinas. Er soll herausfinden, wer den aufständischen Comanchen Waffen liefert und damit das Leben aller Siedler in der gesamten Region bedroht. Als Tom jedoch in Las Sabinas ankommt, gerät er zwischen die Fronten eines Weidekriegs. Man hält ihn für einen Detektiv, den der Rancher Moses Fairfield kurz vor seinem Tod angeheuert haben soll. Zunächst spielt Tom dieses Spiel mit – auf seine Weise. Aber nur so lange, bis er weiß, wer hinter den Waffenlieferungen an die Comanchen steckt.
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Alfred Bekker
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Mochte der Teufel wissen, was Old Loony bewog, den Kopf zu heben.
Er starrte auf die grauen und rostbraunen Felsen links über dem Weg und der eine Blick genügte ihm dann auch.
Jemand zielte auf ihn!
Gleißendes Sonnenlicht lag auf einem Gewehrlauf.
Halb verborgen hinter Lauf und Fels sah Old Loony den Hut und ein Stück Achsel.
Unaufgefordert hielt er an. Die Hände faltete er gut sichtbar auf dem Horn des Maultiersattels. Das war eine Situation, in der es sehr schnell zu Missverständnissen kam.
Wegen eines Versehens wollte er keine Kugel aufgebrannt bekommen.
Und außerdem war der Morgen zu schön, um mit einem Knall zur Hölle zu fahren.
Clara, der Maultierdame, behagte die Situation auch nicht gerade. Erst rüttelte sie an der Gebisskette, um Old Loony verständlich zu machen, dass sie es für besser hielt, schnell aus der Gegend zu verschwinden.
Dann klappte sie mit den ausgefransten Ohren und lauschte zu den rotbraunen Felsen hinauf. Und als das immer noch nicht genügte, um Old Loony von der Bedenklichkeit des Ortes zu überzeugen, peitschte sie mit dem Schweif nach ein paar eingebildeten Fliegen, warf den Kopf hoch, witterte und schnaubte warnend.
Hier roch es nach Tod und Verderben.
Eine so feine Nase wie sie hatte Old Loony nicht. Der rechnete damit, dass der Mann da oben ihn anrief.
Vielleicht war der Bursche ein Wegelagerer - einer von der höflichen Sorte, der nicht gleich losballerte.
Oder er hockte als Wächter zwischen den Felsen.
Es war allerdings sehr eigenartig, dass er sich noch immer nicht rührte. Gerade, als hätte er den Hufschlag verschlafen.
Old Loony zog die Augen zusammen. „He?“
Seine Stimme war so scharf, dass Clara zusammenzuckte.
Der Mann rührte sich nicht. Auch der Gewehrlauf bewegte sich keine Daumenbreite aus der Richtung.
In seinem langen Leben hatte Old Loony schon die sonderbarsten Dinge erlebt, um sich überhaupt noch über irgend etwas groß zu wundern. Wie es aussah, hatte der Mann in den Felsen nichts mit ihm im Sinn.
Der Alte fand, dass der Kerl ihm das dann wenigstens sagen konnte.
„Ein unhöflicher Tropf!“, brummte er vor sich hin, und weil Clara unruhig auf der Stelle stampfte, bekam sie auch noch gleich die Meinung gesagt: „Tanz nicht herum, als hättest du einen halben Eimer Ameisen verschluckt! Benimm dich wie eine Dame, wenn du überhaupt weißt, was das ist, du geschwänzte Fledermaus! He, was meinst du, sollen wir’s riskieren und einfach verschwinden?“
Für diese Lösung war Clara von Anfang an.
Sie wartete gar nicht den Schenkeldruck ab, sondern trottete los. Und Old Loony schielte nach dem Gewehrlauf hinauf. Bis er sah, wie verrutscht der Mann den Hut auf dem Kopf hatte. Kein Mensch auf der Welt sah auf diese Weise etwas.
Außerdem zeigte der Gewehrlauf noch immer unverwandt in eine Richtung.
„Der Teufel soll mich holen, wenn mir das gefällt!“, knurrte Old Loony und griff schon in die Zügel. Er stieg umständlich ab, rückte die Hose zurecht und überquerte humpelnd die staubige Piste.
Noch immer reagierte der Mann dort oben nicht.
„Wenn das ’ne Falle ist, liegt jedenfalls der richtige Köder drin“, brummte Old Loony und war auf einiges gefasst.
Ein Dutzend Schritte weiter fand er einen Aufstieg, der es ihm gestattete, mit dem steifen Bein in die Felsen hinaufzukommen.
Schräg von hinten näherte er sich dem Mann.
Bis auf zehn Schritte, weiter nicht. In der Entfernung blieb er erst einmal wie angewurzelt stehen.
Angerußte Patronenhülsen lagen herum. Der Mann hatte sich eine miserable Deckung ausgesucht gehabt. Deshalb hatte er an diesem trostlosen Ort auch seinen letzten Kampf verloren.
Das linke Bein hatte er an den Körper gezogen, als hätte er aufspringen und sich hinter einen größeren Stein werfen wollen.
Der Gewehrlauf ruhte auf einer Felszacke, die Kolbenplatte hatte er noch an der Schulter. Es sah aus, als zielte er immer noch auf einen imaginären Gegner.
Ein paar Schritte hinter ihm bemerkte Old Loony eine Satteltasche, aus der alles Gepäck herausgerissen war und verstreut herumlag. Die persönliche Habe des Toten.
Entweder war nach einem ganz bestimmten Gegenstand gesucht worden, oder die Dinge hatten dem Mörder nicht gefallen.
Old Loony seufzte. Dann ging er ganz an den Toten heran.
Seine Augen bekamen einen messerscharfen Blick, als er eingetrocknetes Blut im Nacken des Mannes sah - unter dem hochgerutschten Hutrand. Er fasste den Hut und hob ihn hoch.
Er hatte es schon befürchtet. Nach der Lage des Toten war es auch gar nicht anders möglich - der Mann hatte die Kugel von hinten in den Kopf bekommen. In der Anspannung des Kampfes war das Gesicht stehengeblieben, das linke Auge noch zugekniffen.
Der Mann hatte seine Haut teuer verkauft, die Patronenhülsen verrieten es.
Aber er hatte eine tödliche Gefahr in seinem Rücken übersehen.
Seine Mörder waren wenigstens zu zweit gewesen.
Old Loony begrub den Mann auf die einzige Art, die hier möglich war - er rollte ihn in eine Felsspalte und häufte Steine auf ihn, damit nicht Javelinas, die widerlichen kleinen Wildschweine, oder hungrige Coyoten ihn herausscharrten.
Außer einem Taschentuch, einem Klappmesser und etwas Kleingeld hatte der Tote nichts in den Taschen gehabt. Old Loony hatte ihm diese Dinge gelassen, weil sie doch nichts darüber aussagten, wer der Mann war.
Außerdem war schon gründlich nachgesucht worden. Die Hinweise darauf waren eindeutig.
Nach der Kleidung zu schließen stammte der Tote nicht aus der Gegend und war außerdem nicht gezwungen gewesen, jeden Dollar dreimal umzudrehen, bevor er ihn ausgab. Die Kleidung hatte jedenfalls eine Menge Geld gekostet und war von städtischem Zuschnitt. Die Stiefel sahen aus, als seien sie in Kansas oder Missouri gemacht worden, der Absatz war nicht hoch genug für einen Texaner. Außerdem waren sie noch ziemlich neu und kaum zerkratzt.
Die Sache konnte schon ihre Richtigkeit haben. Old Loony wusste, dass der nächste bedeutende Postweg von Kansas herunter zwei Tagesritte entfernt war und sich zwischen dem Weg und der Gegend hier keine nennenswerten Buschfelder befanden. Jedenfalls keine mit Dornbüschen, die einem Reiter die Stiefel zurichteten.
Der Mann war zu Pferd unterwegs gewesen. Hier kamen keine Kutschen vorbei und nur ganz selten Frachtfuhrwerke. Der Gaul war allerdings fort. Mitsamt dem Sattel und was er vielleicht sonst noch getragen hatte.
Old Loony wollte sich nicht festlegen, ob man den Gaul mitgenommen oder freigelassen hatte. Der Felsboden hatte keine vernünftigen Spuren aufgenommen, mit denen er etwas beginnen konnte.
So klar wie Quellwasser war nur, dass der Mann in eine Falle gegangen war. Man hatte ihn von vorn angegriffen, und während er diesen Angriff mit dem Gewehr beantwortete, war jemand in seinen Rücken gekommen und hatte ihn mit einer Kugel in den Kopf getötet.
Was den Schluss zuließ, dass der Mann gefährlich gewesen war und man ihm nur auf diese Weise hatte beikommen können. Ein Mann mit einem gewissen Ruf vielleicht.
Dafür sprach, dass er immerhin noch vom Weg herunter und hier herauf zwischen die Felsen in bessere Deckung gekommen war. Jemand mit Erfahrung und Überblick also. Nur hatte ihm das auch nicht mehr genützt.
Old Loony prägte sich das alles ein, während er die verstreute Habe einsammelte und in die Packtasche stopfte. Das meiste war Trockenproviant, dazu noch etwas Wäsche, Rasierzeug und eine angebrochene Schachtel mit Patronen für einen Revolver.
Die Munition passte nicht für das Gewehr. Da hatte der Mann mit Sicherheit auch noch einen Revolver dabei gehabt, bloß war der ebenso fort wie das Reittier.
Old Loony brachte die abgewetzte Stelle am linken Oberschenkel der Hose mit dem Revolver in Verbindung. Ein Linkshänder demnach!
Einer, der vermutlich aus Kansas heruntergekommen war, aus einer größeren Stadt, der als gefährlich galt - und den man erwartet hatte!
Das war eine ganze Menge, überlegte der Alte. Damit ließ sich schon etwas anfangen. In jedem Falle reichte es aus, um in San Saba nachzufragen. Das war die nächste Ansiedlung am kleinen Fluss mit dem gleichen Namen in südlicher Richtung am Weg.
Der Mann wäre dort durchgekommen.
Vielleicht wusste man etwas über ihn. Oder über die Schießerei.
Oder man wusste etwas über ein fremdes reiterloses Pferd.
Einen halben Tagesritt südlich begann ordentliches Weideland, und es zog sich bis weit hinter San Saba hin. In dieser Gegend gab es große Ranches, die ihre Existenz allerdings nur den Wasserlöchern und Quellen verdankten. Die Nähe der Llano-Wüste machte sich doch schon sehr nachhaltig bemerkbar.
Wenn in besonders trockenen Jahren der San Saba versiegte und die meisten Wasserstellen austrockneten, dann verloren die Rancher eine Menge Vieh, und dann gab es immer heftigen Streit um die paar Quellen, die noch Wasser spendeten.
Zudem trieben sich gerade in der Nähe der Wasserstellen gewisse Gentlemen herum, die, wenn man sie erwischte, kurzerhand als Viehdiebe aufgehängt werden. Diese Burschen machten sich zunutze, dass das Vieh nun mal die Nachbarschaft der Wasserlöcher und Quellen besonders schätzte, weil es dort auch die beste Weide im ganzen Land gab.
Genau aus diesem Grunde ließen die Rancher ihre Cowboys ein ganz besonders wachsames Auge auf die Wasserplätze haben.
Und ein herrenloses Pferd war vielleicht vom Durst getrieben an so einer Wasserstelle aufgetaucht. Oder ein paar aufmerksame Cowboys hatten noch weit aufschlussreichere Beobachtungen gemacht.
Schaden konnte es jedenfalls nicht, die Ohren zu putzen und die Augen aufzusperren.
Old Loony schleppte Satteltaschen und Gewehr auf den Weg hinunter und schaute sich rein gewohnheitsmäßig auf der staubigen Piste um.
Seit Wochen hatte es nicht geregnet, der Grund hatte die Trittsiegel aller vorbeigekommenen Reittiere aufgenommen. Da die richtigen Fährten herauszulesen schaffte nicht mal ein Comanche auf dem Kriegspfad, und das wollte schon einiges heißen.
Weil Old Loony nichts übersehen wollte, ritt er auf Clara zweihundert Längen den Weg zurück, den er gekommen war. Das Maultier prustete und schnaubte entrüstet, weil es nun auch noch eine zusätzliche Satteltasche und ein Gewehr zu schleppen hatte. Aber Old Loony ließ sich auf keinen krummen Handel ein und drohte mit dem zusammengeknüllten Hut. Mit angelegten Ohren fügte sich Clara; aber ihr Gesicht behielt den boshaften Ausdruck bei.
Der Alte fand eine Stelle, wo Stiefelabdrücke zu einer zerstampften Stelle am Wegrand führten. Hier war jemand zu Fuß unterwegs gewesen, und zwei oder drei Pferde hatten in höchster Unruhe einige Zeit hier verbracht.
Gerade so viel vielleicht, wie erforderlich gewesen war, um dem unbekannten Linkshänder hinterrücks eine Kugel in den Kopf zu schießen.
Old Loony sah ein paar Messinghülsen matt blinken. Sie waren fast in den staubigen trockenen Grund getreten. Er stieg ab und hob sie auf. 45er Gewehrpatronen. Dasselbe Kaliber besaß die fremde Waffe an Claras Sattel. Damit ließ sich nichts anfangen. Jedes zweite Gewehr in dieser Gegend war ein 45er. Wegen der Reichweite und der Durchschlagskraft.
Old Loony warf die verschmauchten Hülsen zurück. Von hier aus war der unbekannte Linkshänder mit Kugeln eingedeckt und zwischen den Felsen festgenagelt worden, und irgendein verdammter Hundesohn hatte damit die Gelegenheit verschafft bekommen, die Felsen zu umgehen, in seinen Rücken zu gelangen und ihm die Kugel zu verpassen.
Ein Linkshänder mit dem Revolver und ein Rechtshänder mit dem Gewehr, denn er hatte ja das Gewehr noch an der rechten Schulter gehabt.
Der Alte fand, dass er immer mehr über den Toten herausfand, je schärfer er beobachtete und je gründlicher er nachdachte.
Der Kampf musste sich in aller Herrgottsfrühe abgespielt haben. Fast noch in der Dunkelheit. Denn ein Mann, der Erfahrung hatte und gefährlich war, hätte bei etwas Tageslicht keinen Gegner übersehen, der in seinen Rücken zu kommen trachtete.
Vielleicht kamen auch noch die letzten Nachtstunden in Frage. Und der Mörder hatte sich am Mündungsfeuer orientiert.
Vor Mitternacht oder gar am Abend war es in keinem Fall passiert. Das Nachtgetier hätte von dem Toten nicht viel übriggelassen. Was das betraf, hatte er jedoch sehr gut erhalten ausgesehen.
Old Loony zog sich umständlich in den Sattel und klopfte Clara liebevoll auf den Hals.
„So ergeht es einem, wenn man nicht vorne und hinten gleichzeitig aufpasst“, brummte er. „Das ist ein schlimmes Land, Mädchen!“
Er ritt zurück und passierte ziemlich schnell die Stelle, wo er oben den Toten unter die Steine gelegt hatte.
Vielleicht, dachte er, vielleicht ist das eine Sache, um die sich Tom kümmern könnte! Der ist doch in dieser Gegend unterwegs, wenn mich nicht alles täuscht. Um diesem Händler auf die Zehen zu treten, von dem behauptet wird, er verscherbelt Gewehre an die Comanchen!
Tom Carrington von den Texas Rangern war tatsächlich wegen einem Dutzend Gewehre unterwegs, das auf dunklen Wegen in die Hände einer Comanchenhorde geraten war.
Büffeljäger hatten diese Gewehre zu sehen und die Kugeln daraus auch zu spüren bekommen. Ein Kutscher von der Butterfield Overland Stage Coach Line und sein Begleitfahrer hatten die Roten mit den Gewehren in verdächtiger Eile auf die Kutsche losrücken sehen und waren nach einem kurzen Gefecht mit knapper Not entkommen.
Außerdem lag der Bericht eines Kuriers der Armee vor. Wenn der Soldat nicht übertrieb, waren ihm mindestens zwanzig Comachen eine ganze Nacht und einen halben Tag lang auf den Fersen gewesen, bevor er sie auf dem oberen San SabaTrail hatte abhängen können.
Die Aufgabe der Texasranger war es, dafür zu sorgen, dass die Comanchen und Apachen ruhig blieben und nicht über die weißen Siedler oder die Reisenden herfielen. Dazu gehörte andererseits auch, ein wachsames Auge auf die Weißen zu haben, denn unter ihnen gab es Leute, denen eine Menge daran lag, die Indianer zu ärgern und zu reizen.
Weil aus solchen Situationen nämlich schnell ein handfester Streit entstand und aus einem Streit ein Krieg.
Abgesehen davon, dass dabei immer eine Menge Leute umkamen, waren kleine Siedler und vor allem die Indianer die Dummen. Hinterher hatten sie nämlich immer ein Stück Land weniger, und seltsamerweise gehörte dieses Land dann irgendeinem mächtigen Mann, auf dessen Lohnliste gerade jene Burschen standen, die als Stänkerer und Unruhestifter den Krieg überhaupt erst angezettelt hatten.
Tom kannte einige große Familien in Texas, die auf diese Weise ihren Besitz zusammengestohlen hatten. Denn etwas anderes als Diebstahl war es nicht. Bloß durfte man das heute nicht mehr laut von eben diesen Familien sagen. Höchstens hinter der vorgehaltenen Hand. Und dann war es noch gefährlich.
Aus diesem Wissen heraus hatte er eine eigene Meinung über die Tatsache, dass eine gutbewaffnete Comanchenhorde im Land herumstreifte und Raubzüge unternahm.
Vielleicht hatte wirklich ein Händler die Gewehre an die Roten verkauft. Oder aber ein Weidepirat hatte sie ihnen in die Hände gespielt, damit es einen Grund gab, eine Kampfmannschaft gegen die Roten in den Sattel zu bringen.
Tom war deshalb so misstrauisch, weil man auch gleich den Namen eines Verdächtigen mitgeliefert hatte. Felipe Navarro sollte der Mann heißen und in Las Sabinas mit allem Handel treiben, mit dem man noch einen rostigen Cent verdienen konnte.
Ein Mexikaner also. Mexikaner waren so wenig gelitten wie Indianer, obgleich sie lange vor den ersten Weißen im Land gewesen waren und die Mehrzahl der Bevölkerung stellten. Ihnen flickte man auch gern etwas am Zeug.
Auf den Zahn fühlen musste er diesem Felipe Navarro in jedem Falle.
Es gab keinen Händler, der ein reines Gewissen hatte, auch keinen weißen.
Und wenn das nichts brachte, musste er sich eben in den Sabinas-Hügeln umsehen. Das war ein ziemlich finsterer und verrufener Winkel zwischen dem Sabinas River, dem San SabaTrail und der LlanoWüste im Westen. Zudem waren die Hügel in drei Tagesritten von Las Sabinas aus zu erreichen.
Dorthin sollten sich die gutbewaffneten Comanchen jedesmal nach einem Überfall zurückziehen. Außerdem hausten dort weiße Viehdiebe und andere Leute, die gute Gründe hatten, einen großen Bogen um jede Stadt zu machen.
Vielleicht wussten diese Burschen, aus welcher Quelle die Gewehre gekommen waren. Solche Leute besaßen mitunter verblüffend exakte Informationen.
Während Tom Carrington auf Las Sabinas zuritt, behielt er das Land links und rechts vom knochentrockenen Weg im Auge. Hitzeseen waberten über dem Gelände wie flüssiges Blei, verzerrte Gestalten tauchten auf und waren beim Näherkommen doch nur ein paar Fettholzbüsche oder verkrüppelte Mesquitegruppen, nicht einmal hoch genug, um dem Hengst den Bauch zu kitzeln.
Aus einer Trockenbachrinne trabte Sam, der Schwarztimber, der unverwüstliche Begleiter und Freund von Tom. Der Halbwolf hatte sich auf eigene Faust umgetan, was besagte, dass er nach jagdbarem Wild Ausschau gehalten hatte.
Wie es aber aussah, hatte er kein Glück gehabt Jedenfalls schielte er nach dem Stand der Sonne und dann nach Toms Gepäckrolle, als wollte er sagen, dass es Zeit zur Rast sei und Tom schon immer damit beginnen könnte, die nahrhaften Dinge aus dem Gepäck hervorzukramen.
Tom hatte andere Dinge im Sinn. Seit einiger Zeit beobachtete er eine ferne Staubwolke, die sich fast parallel zum Weg bewegte, vier oder fünf Meilen entfernt.
Für einen Reiterpulk war sie nicht groß genug, wenn sie sich auch auffallend schnell bewegte.
Wer sie verursachte, konnte er noch nicht sehen. Zwischen dem Weg und der Gegend, wo jemand den Staub aufwirbelte, zog sich eine Hügelkette hin. Nicht sehr hoch. Gerade soviel, dass er nicht erkennen konnte, was sich dahinter verbarg.
Immerhin wies die Bewegung der Staubwolke auf Las Sabinas hin, und das war Toms vorläufiges Ziel.
Der Hengst legte die Ohren an und äugte in die Richtung der fernen Staubwolke. Prustend machte er seinen Reiter darauf aufmerksam, dass sich außer ihnen noch etwas in dieser gottverdammten Wildnis und Einöde befand.
„Schon gut, Thunder, schon recht, die Staubfahne beobachte ich schon eine Weile. Keine Gefahr, Bursche, wir sind schon zu dicht an der Stadt“, sagte Tom und schob den Hut aus der Stirn.
Der Blauschimmelhengst stellte sofort die Ohren. Stadt - das kannte er. Das bedeutete Rast und gutes Futter, Schatten und reichlich Wasser.
Sam hatte das auch verstanden und stellte sich einen großen Batzen Fleisch vor und Hühner, die sich leicht überlisten ließen. Deshalb blickte er verächtlich einer entsetzten Springmaus nach, die sich vor ihm unter Dorngestrüpp in Sicherheit brachte, und er nieste einen buntschillernden Schmetterling nur an, der ihm vor der Nase herumschaukelte.
In weniger aussichtsreichen Zeiten pflegte er solche Beute bedenkenlos zu verputzen. Das Land war hart und karg, man nahm, was man kriegen konnte.
Tom grinste verhalten. Das veränderte Benehmen von Thunder und Sam entging ihm nicht. Mit einem Aufenthalt in einer Stadt war er selber auch einverstanden. Er wusste schon bald nicht mehr, wie es war, wenn er in einem richtigen Bett schlief. Und außerdem wollte er gerne mal wieder etwas essen, das er nicht selber gekocht hatte.
Die ferne Staubfahne bewegte sich bereits schräg vor ihm und näher beim Weg. Das sah ganz so aus, als würde voraus im spitzen Winkel ein Pfad einmünden.
Die Gegend wurde schlagartig auch etwas gemütlicher. Es gab größere Flächen mit Blaugras und ausgedehnte Buschinseln, ein untrügliches Zeichen für das Vorhandensein von Wasser.
Und dann entdeckte Tom auch die Spuren von Rinderklauen.
Wie es aussah, wechselten hier unbekümmert Rinder über den Weg.
Zwar sah er jetzt keine Tiere, aber das wollte nichts bedeuten. Es ging auf den hohen Mittag, da suchten sie sich Schatten oder taten sich widerkäuend an einem Wasserloch nieder.
Die Staubfahne war plötzlich fort wie weggeweht.
Tom richtete sich auf und reckte obendrein den Hals.
Die Hügelkette war immer flacher geworden, jetzt konnte er weit ins nördliche Hinterland blicken. Die dunklen Säume von Buschinseln und Waldflächen verrieten, dass es dort oben noch viel mehr Wasser gab. Da lag gutes Land, denn wo Büsche und Bäume gediehen, wuchs erst recht fettes Gras.
Eine Pferdegruppe, auf die Entfernung winzig anzusehen, erregte seine Aufmerksamkeit. Sie hielt etwa in der Gegend, wo die Staubfahne so plötzlich verschwunden war.