Kapitän Roloff und der Betrüger: See-Abenteuer 3 - Horst Weymar Hübner - kostenlos E-Book

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Horst Weymar Hübner

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Beschreibung

Jost Roloff ist ein Kapitän, der auf den sieben Weltmeeren zu Hause ist. Ein gefährlicher Auftrag wartet auf ihn: Der Verleger Leverton ist spurlos verschwunden, und mit ihm das Geld, das er Roloff schuldig ist. Die Suche nach dem Betrüger führt Roloff bis nach Kap Hoorn. Auf einer abgelegenen Insel entdeckt Roloff schließlich den Verleger. Jenseits aller Zivilisation entbrennt dort ein gefährlicher Kampf um Leben und Tod!

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Seitenzahl: 180

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Kapitän Roloff und der Betrüger: See-Abenteuer 3

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Inhaltsverzeichnis

Kapitän Roloff und der Betrüger: See-Abenteuer 3

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Kapitän Roloff und der Betrüger: See-Abenteuer 3

von Horst Weymar Hübner

Jost Roloff ist ein Kapitän, der auf den sieben Weltmeeren zu Hause ist. Ein gefährlicher Auftrag wartet auf ihn: Der Verleger Leverton ist spurlos verschwunden, und mit ihm das Geld, das er Roloff schuldig ist. Die Suche nach dem Betrüger führt Roloff bis nach Kap Hoorn. Auf einer abgelegenen Insel entdeckt Roloff schließlich den Verleger. Jenseits aller Zivilisation entbrennt dort ein gefährlicher Kampf um Leben und Tod!

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

1

Das Kaminfeuer prasselte, Buchenscheite knackten, und im ganzen Zimmer war der Duft von Harz und Holz. Die Flammen warfen einen zuckenden Schein auf die Gesichter der drei Männer, dass es schien, als leuchte ihre Haut und funkelten ihre Augen. Im übrigen Zimmer war es dunkel.

„ Ich warne Sie, Kapitän Roloff! Sie wetten mit dem Teufel! Diese Wette gewinnt keiner“, sagte Dr. Colbert eindringlich. Colbert war Anwalt, aber er hätte gut und gerne als Schauspieler auftreten können, sagte sich jedenfalls Kapitän Roloff. Denn Colbert sah gut aus, wie ein Mann Ende Vierzig überhaupt aussehen konnte. Weißes Haar, eigentlich phänomenal weiß für sein Alter. Graumelierter Schnäuzer, Brille, tadelloses Aristokratengesicht. So stellen sich Millionen frustrierter Frauen einen Chefarzt vor, oder wem sonst sie ihr Vertrauen und insgeheim ihr Herz schenken, ohne dass derjenige etwas ahnt.

Kapitän Roloff war ein ganz anderer Typ. Jedenfalls wirkte er nach einer siebenwöchigen Seereise nicht so distinguiert wie Dr. Colbert. Sein Haar war trotz bester Pflege infolge des Seewassers borstig, sein Gesicht tief von Sonne und Wind gebräunt, und um Augen und Mundwinkel lagen tiefe Fältchen, die verrieten, dass Kapitän Roloff oft und gerne lachte.

„ Ich fürchte den Teufel nicht“, sagte der Kapitän mit sonorer Stimme, die wie der dunkle Ton einer Bassgeige durch den Raum schallte.

Der dritte Mann vor dem Kamin war Leif Paulsen. Ein Berg von einem Mann, groß, wuchtig, breit. Er war zwischen fünfzig und sechzig, hatte kaum noch Haare auf dem Schädel und lag mehr als er saß in seinem Sessel, so dass sein weit gewölbter Falstaffbauch noch mehr in Erscheinung trat. Alles an diesem fettleibigen Menschen war erfülltes Leben, wie es schien. Wein, Weib und Gesang schienen zu ihm zu passen wie zu keinem anderen. Aber noch mehr als das liebte er genussvolles Speisen. Seine Schlemmermahlzeiten wurden von Kennern gerühmt. Die Spuren davon trug er in Form seines Körpergewichtes spazieren.

Als Paulsen jetzt lachte, klang es, als käme Donnergrollen aus einem Gewölbe. Der riesige Bauch begann zu beben und zu wogen wie ein Vulkan, dessen Ausbruch unmittelbar bevorstand. Und die winzigen Augen im Gesichtsspeck des Menschgiganten verschwanden nun völlig unter den Wülsten, die nach tausend kulinarischen Orgien entstanden waren.

Schnaufend und noch immer von Heiterkeit erfüllt, beugte sich dieser Koloss nach vorn, ergriff seinen Zinnbecher, der in der riesigen Pranke des Mannes winzig wirkte, trank und polterte dann mit glucksender Stimme:

„ Ich bin nicht der Teufel! Aber Sie verlieren die Wette trotzdem, Kapitän, und womöglich verlieren Sie Ihr Leben. Sie sind ein Mann, für den Frauen Selbstmord begehen oder sich zu Dirnen machen. Sie sehen wirklich gut aus, ich habe nie so trainiert, so gelungen wie ein Adonis ausgesehen. Ich war immer ein Fass, Kapitän, schon als Kind. Es wird Ihnen aber nichts nutzen. Sie finden Leverton nie. Ihn nicht und auch sein Geld nicht. Niemals!“

Dr. Colbert warf ein Buchenscheit in die Flammen, dass die Funken aufsprühten und neuerlich ein Duft von Harz aus der Feuerstelle quoll und die Luft schwängerte wie ein kostbares Parfüm.

„ Ja, so unrecht hat er nicht“, meinte Dr. Colbert und sah den Kapitän an, der ihn lächelnd musterte, ungläubig und überlegen. „Kapitän, Paulsen hat recht. Ja, er hat wirklich recht. Sehen Sie doch: Leverton hat doch nicht nur das Geld einkassiert, das er mit Ihrem Buch und den Fernsehrechten eingenommen hat. Leverton ist ein erfolgreicher Verleger, und nach meiner Schätzung sind es gut drei Millionen, die er kassiert und mitgenommen hat. Die siebzigtausend von Ihnen sind nur ein geringer Teil. Entschuldigen Sie, aber als Ihr Anwalt muss ich es doch in dem Rahmen sehen, der sich hier zeigt. Leverton hat insgesamt zwanzig oder noch mehr Autoren geprellt und ist mit ihrem Geld weg. Dass man sein Flugzeug gefunden hat, sagt nichts. Es kann ein Trick sein. Die Briten, die es auf den Falklandinseln gefunden haben, fanden bis heute keine Leichen. Nur das Wrack der Maschine. Trotzdem, ich würde nicht mit Paulsen wetten.“

Er blickte Paulsen an, der satt lachte wie ein Junge, der auf das Resultat eines Streiches wartet.

„ Er hat schon gewettet, dass er Leverton findet und ihn zur Kasse bittet. Hat er schon!“, polterte der Menschberg Paulsen und geriet wieder in wabernde Bewegung.

Colbert, der Paulsen schon seit zwei Jahrzehnten kannte, sagte: „Er ist auch mein Mandant, Kapitän. Aber gerade deshalb rate ich, ziehen Sie die Wette zurück. Paulsen gehört zu der Sorte Mensch, die Geld verdient, ob sie will oder nicht. Sein Kapital vermehrt sich stündlich, und er kann nie und nimmer ausgeben, was hereinkommt. Allein die Zinsen sind jährlich mehr, als manch tüchtiger Geschäftsmann in seinem ganzen Leben einnimmt.“

Paulsen hörte auf zu lachen und wurde ernst. Er beugte sich vor, zeigte mit seinem wurstartigen Zeigefinger auf den Kapitän, der gegen ihn wie ein olympischer Zehnkämpfer wirkte. „Nichts da, nichts wird zurückgezogen! Sie haben mein Wort, dass Sie alle Kosten ersetzt bekommen, dass ich Ihnen alle Mittel zur Verfügung stelle, um Leverton zu finden. Finden Sie ihn, zahle ich Ihnen hunderttausend in bar. Dass Sie, Kapitän, das Geld zum Teil für irgendeinen humanitären Humbug verwenden..

„ Stopp! Ich verbiete Ihnen, Mr. Paulsen, meinen Plan vom Heim für ehemalige alte Seeleute einen Humbug zu nennen!“, unterbrach ihn der Kapitän jäh. „Es wäre viel nützlicher, Sie würden von selbst darauf kommen, dass es Tausende alter Seemänner auf der Welt gibt, die früher auch einmal kräftig, gesund und unternehmungslustig waren, jetzt aber krank und alt und vielleicht hilflos sind. Auch Sie werden älter. Vielleicht sind Sie schon in ein paar Jahren in derselben Lage.“

„ Ich kann mit meinem Geld die besten Ärzte der Welt bezahlen.“

„ Aber Ihr Geld kann Ihre Seele nicht glücklich machen. Kein Geld kann es. Und jetzt reden Sie weiter, Doktor!“

Der an Londons Gerichten so berühmte Dr. Colbert lächelte zustimmend und sagte: „Mir gefällt auch Paulsens Bedingung nicht. Auf die Gefahr hin, dass er mir sein Mandat entzieht, das ich seit elf Jahren für ihn innehabe, ich sage es trotzdem: Die Bedingung, dass Kapitän Roloff Maud Leverton mitnehmen soll, ist schlicht gesagt unmenschlich.“

Paulsen lachte. „Unmenschlich! Sie Narr! Ist es unmenschlich, wenn ich einem Mann eine Frau zur Begleiterin delegiere, die aussieht wie die personifizierte Sünde? Deren Anblick einen Mann alles andere um sich vergessen lässt. So eine Frau macht einen Eunuchen zum Casanova!“

Wieder lachte Paulsen.

„ Aber sie hasst ihn!“, rief Colbert. „Sie hasst ihn, weil er der erste Mann ihres Lebens ist, der sie verschmäht hat. Der ihr nicht zu Füßen lag ..

Der Kapitän winkte ab. „Das ist glatt übertrieben, Doktor. Ich habe diese Frau behandelt wie jede andere. Und das missfiel ihr. Sie wollte wie eine Königin bewundert werden. Da ich eine ganze Menge Königinnen kenne, die englische inklusive, die sich wie völlig normale Menschen benehmen und nicht solche übergeschnappte Vorstellungen haben, kann ich nicht den Clown spielen, wie das Mrs. Leverton offenbar vor allen Männern erwartet.“

„ Eben, und deshalb würde sie alles tun, um Sie zu bekämpfen.“ Colbert sah den dicken Paulsen vorwurfsvoll an. „Das ist, was ich unmenschlich nenne.“

„ Papperlapapp, Doktorchen!“, widersprach Paulsen und nahm einen Schluck aus dem Zinnkrug. „Leverton hat seine schöne Frau betrogen. Sie, die Königin, wie der Kapitän sagt. Er hat sie betrogen mit einer Sekretärin. Und wenn sie den Kapitän noch so hasst, sie wird mit ihm zusammengehen, um ihren Mann zu finden und sich an der Sekretärin zu rächen.“

Der Kapitän lachte plötzlich schallend, und auch Colbert lächelte amüsiert. Als Paulsen die beiden verblüfft und ein wenig unwillig ansah, meinte Colbert: „Die Sekretärin ist Mrs. Levertons Schwester Ruth, lieber Freund. Sie ist nicht ganz so hübsch wie Maud Leverton, aber vielleicht doch ein paar Sünden wert. Trotzdem, lieber Paulsen, streichen wir doch das alles. Die Geschichte könnte zu einer tödlichen Sache ausarten. Wer weiß, in welcher Einöde sich Leverton vergraben hat, um abzuwarten ...“

Paulsen schüttelte den Kopf. „O nein, nirgendwo ist ein Mann so wenig sicher wie in einer Einöde. Dort fällt er auf. Sicher ist ein Flüchtling mitten in New York oder mitten in Paris. Aber niemals dort, wo außer ihm nur ein paar Leute leben. Nein, ich sehe das nicht so gefährlich an. „Nun“, wandte er sich direkt an Kapitän Roloff, „Sie bekommen, was Sie brauchen, und ich zahle eine Prämie. Denn mir, lieber Freund, schuldet Leverton weit mehr als Ihnen.“

Paulsen wurde todernst. „Mir schuldet Leverton meinen Ruf ...“

Der Kapitän sah Paulsen an. Also hat ihn Levertons Buch doch tief getroffen, dachte er. Ein Buch über die Reichen dieser Welt. Leverton hatte es geschrieben und im eigenen Verlag herausgebracht. Den Prozess gegen Leverton verlor Paulsen in allen Instanzen. Und das, obgleich er nachweisen konnte, dass sehr viele Leute nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten, dass ihm Schaden entstanden war und weiter entstehen würde. Man hatte sogar versucht, ihn zu erpressen. Seitdem zogen ihn auch nachträglich noch viele Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtenmagazine durch den Kakao. Er lebte jetzt völlig zurückgezogen in seinem englischen Schloss und ließ seine amerikanischen Geschäfte von Beauftragten ausführen. Den Kontakt zur Außenwelt hielt Anwalt Dr. Colbert aufrecht. Das kleine Schloss war von Wächtern bewacht, die scharfe Hunde mitführten. Die Angst vor einem Attentat wuchs eher, als dass sie nachließ. Und warum? Weil Leif Paulsen nach Levertons Schilderung ein skrupelloser, über Leichen gehender Geschäftsmann und Bankier gewesen war... und noch immer sein sollte. Weil er auf eiskalte Manier Tausenden und aber Tausenden in der Wirtschaftskrise die Luft zugedreht hatte. Wer die Kredite nicht pünktlich zurückzahlte, wurde gepfändet, wurde auf Grund von haarsträubenden, aber legalen Verträgen ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Leif Paulsen erwarb Ölquellen, Fabriken, Aktien, aber auch die kargen Vermögen kleiner Leute. Und gerade letztere waren am meisten erbost, seit sich das herumgesprochen hatte, was Leverton veröffentlicht hatte.

Der Kapitän kannte Leverton, weil der sein Verleger war. Und er kannte auch Paulsen, den er für einen der schlimmsten Ausbeuter und kaltschnäuzigsten Finanzbetrüger hielt, die er je gesehen hatte. Und er kannte eine ganze Menge. Denn dieses Fass von einem Menschen war keine gemütliche Seele, keine Frohnatur wie Falstaff. Dieser Menschberg war in seinem Innersten so skrupellos, wie ein Mann nur sein konnte, der Aufstände und Kriege finanzierte und riesig daran verdiente. Denn im Waffengeschäft war Paulsen auch, und zwar ganz groß. Je mehr putschende Afrikaner oder andere Menschen in Entwicklungsgebieten sich gegenseitig totschossen, um so öfter klingelte Paulsens Ladenkasse. Seine Agenten sorgten dafür, dass immer Grund zum Schießen vorhanden war. Paulsen belieferte grundsätzlich beide Parteien eines Krieges.

Dr. Colbert verdiente als Anwalt seinen Anteil, denn der Prozesse waren nicht wenige.

Kapitän Roloff aber hatte sich vorgenommen, Paulsen einmal zur Abwechslung zur Weihnachtsgans zu machen. Der Fall Leverton war nur der auslösende Anlass. Denn auf dem Kicker hatte der Kapitän den kaltschnäuzigen Fleischberg schon lange. Paulsen aber glaubte, der Kapitän sei sein Werkzeug einer Rache an Leverton. Weil er des Kapitäns Mentalität zu kennen meinte, hatte er eine Wette ausgesetzt, und der Kapitän war ohne weiteres darauf eingegangen.

Roloff lächelte. Es war das Lächeln eines Mannes, der schon harte Nüsse geknackt hatte und der auch die Hölle nicht fürchtete. Und es war das Lächeln eines Pokerspielers. Niemand sah, was er dachte.

„ Wir sind uns einig. Ich kenne die Fakten und werde sie kurz repetieren, liebe Freunde“, sagte er. „Die Flugzeugtrümmer sind auf den Falklands gefunden worden, und da diese rund 500 Kilometer vor der argentinischen Küste liegen, könnte Leverton dort gelandet sein. Ein Boot wurde im ehemaligen Ausrüstungshafen von Stanley vermisst, ein solches aber bei Rio Gallegos gefunden. Das würde heißen, Leverton ist tatsächlich mit dem Boot mit Westkurs nach Argentinien gefahren, dort gelandet und hält sich nun irgendwo dort auf. Oder ist schon sonstwo. Gut, ich kenne diese Dinge. Und warum soll nun Maud Leverton tatsächlich mitfahren? Weil Sie mich ärgern wollen, Paulsen?“

Paulsen zuckte jedes mal zusammen, wenn der Kapitän ihn einfach mit dem Familiennamen anredete. Aber er verbiss sich eine scharfe Antwort, sondern sagte: „Eine schöne Frau wird für Abwechslung sorgen. Außerdem hat sie mein Wort, dass sie mit Ihnen fahren kann. Sie war nämlich schon dabei, eine eigene Expedition auszurüsten.“

Der Kapitän begriff, was Paulsen wirklich wollte. „Ich habe verstanden. Sie wollen zu Ihrer Rache auch ein Familiendrama. Nun, ich behalte mir vor, Mrs. Leverton nach Hause zu schicken. Und nun zu den Bedingungen. Sie zahlen sofort dreißigtausend in bar. Als Ausrüstungsgeld.“

Colbert sah den Milliardär an. Der nickte. „Einverstanden. Veranlassen Sie das, Doktorchen!“

Der Kapitän fuhr fort: „Meine Helfer und ich fliegen mit einer Linienmaschine und öffentlichen Flugzeugen zunächst bis Rio Gallegos. Andere Transportmittel ...“

Paulsen unterbrach ihn. „Ich habe ein Interesse daran, dass Sie Leverton finden. Die Wette, falls Sie die gewinnen, betrachten Sie bitte als Finderlohn. Weil ich ein Interesse daran habe, bekommen Sie einen von meinen Jets, und in Argentinien wird einer meiner Agenten dafür sorgen, dass Sie auch ein hochseetüchtiges Schiff mitsamt der Mannschaft zur Verfügung haben. Davon hören Sie in Rio Gallegos, wo mein Agent Sie erwartet. Es ist...“ Er sah Colbert an. „Ja, wen schicken wir denn dorthin?“

„ Cartenas, würde ich sagen“, schlug Colbert vor. „Er ist doch ein guter Mann, wie Sie selbst sagten

„ Also gut, nehmen wir Cartenas. Doktorchen, veranlassen Sie bitte alles Notwendige.“ Er sah wieder den Kapitän an. „Noch eine Frage?“

„ Was wollen Sie mit Leverton machen, wenn ich ihn habe?“, fragte Kapitän Roloff.

Paulsen winkte wild ab. „Erst fangen, dann hangen!“

„ Wenn er lebt, Paulsen, bekommen Sie ihn. Also ?“

Paulsens Gesicht verzog sich. „Er wird meinen Ruf wieder in Ordnung bringen - das wird er!“

„ Sie wollen ihn doch nicht etwa ein kleines bisschen umbringen lassen, wie? Sozusagen im Anschluss an seinen Widerruf?“ Der Kapitän lächelte kühl.

„ Sie sind wohl verrückt, Kapitän? Ich glaube, Sie sind von Levertons Lügenbuch auch schon angesteckt! Ich habe noch nicht einmal einer Fliege etwas angetan in meinem ganzen Leben. Nicht mal ’ner Fliege!“

„ Nein, Sie persönlich vermutlich nicht. Finde ich Leverton nicht, schulde ich Ihnen hunderttausend.“

„ Dollar, Kapitän, Dollar!“, schnaubte Paulsen.

„ Natürlich. Aber dazu wird es niemals kommen. Unser Freund Colbert bürgt dafür, dass Sie nicht vergessen, die Hunderttausend zu bezahlen. Unser Vertrag ist ja wohl in Ordnung?“ Er sah Colbert an, und der nickte.

„ Ich fürchte nur, Kapitän“, sagte der Anwalt, „dass Sie es nicht schaffen. Leverton konnte sich gewiss denken, dass man ihn verfolgt. Und seine Frau ... Nun, Sie müssen wissen, was Sie tun.“ Er. zuckte die Schultern.

Der Kapitän nickte. „O ja! Ich weiß, was ich tue.“ Er sah dann auf Paulsen und meinte lächelnd: „Ist Ihnen auch der tote Leverton etwas wert?“

Auf einen verdeckten Wink des Kapitäns hin stand Colbert auf und ging aus dem Zimmer, als müsste er einmal auf die Toilette: Als Roloff mit Paulsen allein war, fragte der Milliardär:

„ Was soll das heißen, Kapitän?“

„ Es könnte doch sein, dass mein Zusammentreffen mit Leverton für ihn tödlich endet.“

Paulsen lehnte sich weit in den Sessel zurück, starrte gedankenverloren zur Decke, ohne zu antworten. Schon glaubte der Kapitän, Paulsen wollte nichts sagen oder wollte nicht begreifen, da erwiderte Paulsen langsam, fast zögernd, als müsste er jedes Wort abwägen:

„ Ja, so etwas kommt vor. Das würde mir aber nur dann etwas nützen, wenn es vorher noch einen Widerruf von ihm gäbe. Ein Bekenntnis, dass er habe Rufmord begehen wollen. Selbstkritik, und es müsste glaubhaft bewiesen sein.“

„ Was wäre es wert?“

„ Fünfmal das, was unsere Wette ...“

Der Kapitän begann zu ahnen, dass Leverton eigentlich mehr wusste. Er glaubte Paulsen die Sache mit dem Widerruf nicht. Paulsen wollte Leverton töten lassen. Das musste es wirklich sein, und der Kapitän spürte förmlich, wie richtig diese Vermutung war.

„ Sie scherzen, lieber Freund. Fünfhunderttausend für einen Mord?“

„ Wer sagt Mord?“

„ Niemand. Es lag auf der Hand. Eine Million!“

„ In Argentinien stirbt man, weil man ein Paar neue Schuhe besitzt.“

„ Nicht unbedingt. Aber in der Wildnis könnte es sein. Schicken Sie doch solche, die es für ein Paar neue Schuhe machen. Warum also mit mir reden, Paulsen?“ „Siebenhunderttausend. Und ich will nie wieder über ihn nachdenken müssen.“

„ Welchen Beweis wünschen Sie?“

„ Seine Leiche, was sonst?“

Kapitän Roloff lachte leise. „Das kann für Sie ins Auge gehen. Je nachdem, wo wir ihn finden. Schicken Sie Colbert dorthin, wohin wir ihn bestellen. Er kann ihn sich ansehen.“

„ Einverstanden. Wann fliegen Sie?“

„ Das muss ich erst mit meinen Partnern abstimmen. Und vorher muss erst der Scheck eingelöst sein, den mir Colbert gleich gibt. Der Scheck über die dreißig Mille!“

Paulsen nickte. Sein Robbengenick wölbte sich dabei wie eine Speckseite im Rauch. Die kleinen Schweinsäuglein blitzten den Kapitän listig an. Aber er sagte nichts.

Dann kam Colbert wieder ins Zimmer. „Draußen gießt es in Strömen“, sagte er und rieb sich die Hände. „Bei solchem Wetter schickt man keinen Hund vor die Tür, nicht wahr, Kapitän?“

Roloff sah ihn ungerührt an. „Der Regen, der mich ins Haus treibt, ist noch nicht erfunden. Vor Kap Hoorn erleben wir es bestimmt anders.“

„ Ich denke, Leverton ist längst nicht mehr dort unten. Der sitzt vielleicht unter falschem Namen im Waldorf Astoria und löffelt Kaviar, seine Lieblingsspeise ...“

2

Sie hieß LEANDER und gehörte einem Mann, dessen Haut so faltig war wie uraltes Leder, und in dessen Augen das gelbe Fieber dunkle Flecken hinterlassen hatte, so dass kaum noch etwas weiß am Augapfel war.

Er hieß Ariano, oder er nannte sich nur so, war sechzig, oder vielleicht auch siebzig, und auf seinem Lederkopf thronte eine Kapitänsmütze, die in allen Farben schillerte und offenbar nur noch vom Dreck zusammengehalten wurde.

Die LEANDER war sein Schiff. Ein Zweimastschoner, wie man sie in der Südsee kannte, schnell, mit relativ viel Tiefgang für einen Schoner dieser Art und schnittigem Rumpf. So alt wie Arianos Mütze schien sie nicht zu sein. Solche Art Schiffe waren für reiche Leute gebaut, die auf große Fahrt gehen wollten - entsprechend luxuriös waren Kabinen und Kajüte. Wie der vor Schmutz starrende Ariano an dieses Schiff gekommen war, interessierte den Kapitän mehr als das Schiff selbst, obgleich die LEANDER das war, was ein Segelschiffer einen Traum nannte.

Ariano hockte auf dem Ankerspill, blickte mit seinen fleckigen Augen auf Kapitän Roloff, der seinen Regenmantel über den Arm trug, so dass Ariano die blaue Jacke sah, auf der sich ein goldenes Zeichen auf der Brusttasche befand, das auch Ariano kannte: den Anker mit den drei Sternen und dem C und dem H, die für Cape Hoorn standen. Von dem Augenblick an, als er das gesehen hatte, veränderte sich Arianos Benehmen. Er stand auf, tippte höflich an den Schirm seiner Mütze und fragte:

„ Was steht zu Diensten, Senor?“

Der Kapitän wusste, was Arianos Benehmen so verändert hatte. Ariano sah nicht nur wie ein alter Seebär aus, er war einer. Und jedem Seemann imponierten Männer, die zehnmal mit einem Segelschiff Kap Hoorn von Ost nach West umrundet hatten. Genau das besagte jenes aufgestickte Zeichen. Das bekamen Seeleute, die ein Schiff zehnmal um Kap Hoorn führten, wohlbemerkt ein Segelschiff, und mindestens zehn Mann Besatzung musste es haben.

Der Kapitän bot Ariano eine Zigarre an, der nahm sie, und danach zündeten sie sich beide die Havanna an. Während Ariano noch genießerisch den ersten Zug tat, ließ der Kapitän seinen Blick über den Hafen von Rio Gallegos schweifen.

Grelle, fast weiße Sonne schien auf die noch regennassen Kais und Schuppen herab. Vorhin war ein mittlerer Wolkenbruch niedergegangen, und bei den Fischerbooten drüben schöpften Männer und Frauen schon seit einer Viertelstunde Wasser aus den Booten. Vor den Häusern kehrten Leute das vom Regen herabgepeitschte Laub zusammen, das von den Bäumen heruntergedroschen war. Es waren übrigens kleine, sehr hässliche Häuser, zum Teil mit Wellblech gedeckt, und alles das erinnerte noch an die große Zeit des Walfangs. Auch die total verrosteten Tanks und Kräne gaben Zeugnis von einer Zeit, da hier große Fangschiffe Frischwasser und Treibstoff bunkerten, Proviant übernahmen und letzte Überholarbeiten vornehmen ließen. Jetzt war der Hafen nur noch eine Erinnerung, ein Stück Walfanggeschichte.

Der Kapitän sah Ariano an. „Ich bin in einem Geschäft gewesen, hier im Hafen. Dort sah ich einen Ring, einen Ring mit einem Rubin, in Platin gefasst. Ein herrliches Stück. Innen ist eine Gravierung. Da steht englisch: Maud 1960.“

Ariano grinste, und sein Ledergesicht ähnelte einer zerknautschten Handtasche. „Senor, das alles hat mir der Detektiv von Scotland Yard auch schon gesagt. Die Engländer haben ihn hergeschickt. Er war mit einem von unserer Polizei bei mir. Auch wegen des Ringes. Ihm hat Parielo auch gesagt, dass er den Ring von mir gekauft hat. Aber denken Sie mal nach, Senor! Denken Sie gut nach, wenn Sie auf die Wahrheit kommen wollen. Wir können unten in meiner Kajüte ein Glas trinken und dabei noch besser überlegen. Die Zigarre von Ihnen ist sehr gut.“

Er stand auf und ging nach achtern. Sie kamen dabei an zwei Matrosen vorüber, die entweder Chilenen oder Argentinier waren, sehr betulich die Messingreling putzten und sich verständnisinnige Blicke zuwarfen, als der Kapitän mit Ariano vorbeiging. Im Gegensatz zu ihrem Kapitän sahen die beiden immerhin halbwegs manierlich gekleidet aus.

Die Kajüte befand sich in einem tadellosen Zustand. Auch das passte nicht zu dem ziemlich lumpig gekleideten Schiffer.

„ Wie lange führen Sie das Schiff schon?“, fragte der Kapitän, als Ariano zum Schrank ging, um eine Flasche und zwei Gläser zu holen.

Ohne sich umzuwenden, sagte Ariano: „Ich bin damit überhaupt noch nicht gefahren und will auch nicht damit fahren. Ich habe sie vor zwei Monaten gekauft, um sie eines Tages mit Gewinn wieder zu verkaufen. Oder ich verleihe sie an irgendeinen Reichen. Sie kommen jetzt öfters hierher. Das sind die, denen man nur noch am südlichen Polarkreis etwas Neues bieten kann. Erst hatte ich gedacht, Sie wären so einer. Aber Sie sind wieder ein Detektiv, der wissen will, wo dieser Leverton abgeblieben ist. Ich sage Ihnen, was ich auch dem Detektiv gesagt habe und unserer Polizei schon zehnmal sagen musste: Er ist zusammen mit einer Frau, einer sehr jungen und hübschen Fraü, von den Falklands gekommen. Mit der PRINCESS ANN, das ist eine Hochseefähre, die alle zwei Wochen kommt. Er kam wie ein Passagier, schien aber nicht viel Geld zu haben. Jedenfalls hat er Schmuck gegen Geld getauscht. Bei mir diesen Ring. Ich habe ihn wieder weiterverkauft.“

„ Was haben Sie ihm dafür gegeben?“

„ Ich spreche nicht über Geschäfte. Genug jedenfalls hat er bekommen.“ Ariano kam mit der Flasche und den Gläsern zum Tisch, goss ein und setzte sich. „Er ist bei mir nicht mehr aufgetaucht.“

„ In einer kleinen Stadt wie dieser weiß doch jeder, wo ein Fremder bleibt. Sie wissen also, wohin er gegangen ist“, sagte der Kapitän.

Der Alte nickte. „Natürlich weiß ich das. Er ist mit einem Boot weg, das ihm Parielo verkauft hat. Es hat einmal mir gehört.“

„ Was für ein Boot?“